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Jodi Picoult: Beim Leben meiner Schwester

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04.01.2004
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Jodi Picoult: Beim Leben meiner Schwester

Normalerweise lese ich keine Leidensgeschichten über Krankheit etc. Das hier habe ich als Empfehlung zwischen Thrillern gefunden und auf dem Klappentext wird es sogar von Elizabeth George als fesselnd bezeichnet und ich muss ihr zustimmen: Ich habs verschlungen.
Im Alter von zwei Jahren erkrankte Kate an einer hartnäckigen Form von Leukämie, sie und ihre Mutter verbringen seitdem fast mehr Zeit im Krankenhaus als zu Hause. Weil der ältere Bruder als Knochenmarkspender nicht in Frage kommt, entschließen sich die Eltern, ein drittes Kind zu bekommen, dessen Gene zu Kate passen - ein Retortenbaby um Kate zu retten. Als Anna 13 ist, beauftragt sie einen Anwalt um zu verhindern, dass sie weiter
als Ersatzteillager für ihre ältere Schwester dient. Ich frage mich immer noch, warum die Kitschalarmglocke bei mir nicht angeschlagen hat, und finde mehrere Tricks, die die Autorin anwendet:
- sie beschreibt Gefühl nur indirekt, meist über ausgefallene Bilder, z. B. finden Anna und ihre Mutter Kate „in Tränen aufgelöst auf dem Bett, und schon stürzt die Welt wieder ein. Mein Vater, ein Hobbyastronom, hat mir mal die schwarzen Löcher erklärt. Sie sind so schwarz, dass sie alles in sich aufsaugen, sogar Licht, direkt in ihre Mitte. Augenblicke wie diese sind genauso ein Vakuum; egal, woran du dich festklammerst, du wirst hineingesogen.“
- dabei werden die Bilder so ausführlich beschrieben, dass ich als Leser Zeit habe, zu verarbeiten oder mich sogar abzulenken.
- es wird abwechselnd in Ich-Form aus Sicht der Hauptprots geschrieben, so dass ich alle verstehen kann
- es gibt jede Menge Konflikte drum herum: der Vater ist Feuerwehrmann, der vernachlässigte Sohn Brandstifter, der Anwalt und die Frau, die sich um Anna kümmern soll, hatten mal ein Verhältnis
- Komik und Rätsel: der Anwalt hat einen Servicehund, obwohl er nicht blind ist und erzählt jedes Mal eine andere Lüge, warum er den Hund überall hin mitnehmen muss, z. B.: Ich habe eine eiserne Lunge und er warnt mich vor Magneten. Der Sohn wirft mit coolen Sprüchen um sich
- die Cliffhanger sind meist kleine Geschichten, die nachwirken, z. B. wird Anna gefragt, ob sie Kleingeld braucht und sie denkt: Nein, ich brauche etwas ganz anderes.
- die Prots reden oft wunderbar aneinander vorbei, das keine Dialoge, sondern Musterbeispiele für Wortspiele a la Sol Stein. z. B. fragt Anna den Anwalt: „Haben Sie Kinder?“
Ich lache. „Was denkst du denn?“
“Ist wahrscheinlich gut so. Nehmen Sie’s mir nicht übel, aber Sie sehen irgendwie nicht aus wie ein Vater.“
Das interessiert mich. „Wie sehen denn Väter aus - oder Mütter?“
Sie schein kurz darüber nachzudenken. „Na ja, wie so Hochseilartisten im Zirkus, die so tun, als wäre das ein tolles Kunststück, dabei sieht man ihnen an, dass sie eigentlich bloß hoffen, irgendwie sicher auf die andere Seite zu kommen.“
- Kurz vor dem Ende gibt es eine überraschende Wende. Die allerletzten Seiten sind als zu Hollywood-mäßig bezeichnet worden, aber sie runden alles ab - und ich muss zugeben, dass ich dann doch geheult habe.
- Einzige Kritikpunkte, die ich finde: ich glaube nicht, dass eine 13Jährige so denkt und redet und einiges wirkt konstruiert, aber das ist für die Story notwendig.
Fazit: Lesen und draus lernen!
viele liebe Grüße
tamara

 

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