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Arno Geiger: Es geht uns gut

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Arno Geiger: Es geht uns gut

Autor: Arno Geiger
Titel: Es geht uns gut
Jahr: 2005
Verlag:dtv
ISBN: 978-3-423-13562-7
Preis: € 9,50,-- (Taschenbuchausgabe, 389 Seiten)


Arno Geigers vierter Roman kommt langsam in die Gänge. Erst nach dem Anfangskapitel begann mich das Buch zu interessieren und mitzureißen. Es erscheint nicht zufällig, dass Geiger beim Vorlesen des ersten Kapitels, zum Ingeborg Bachmann Preis 2004, kaum positive Resonanz bekam. Wie unterschiedlich Kritiken zu beurteilen sind, wird durch die Tatsache deutlich, dass sein Werk dennoch den deutschen Buchpreis 2005 erhielt, und zum besten deutschsprachigen Buch des Jahres erklärt wurde.
Geiger erzählt unter Verwendung wunderschöner Vergleiche und Metaphern die Familiengeschichte des Hauptprotagonisten Philipp, der das Haus seiner verstorbenen Großeltern erbt. Während er, ein lethargischer Schriftsteller, seinen neuen Besitz entrümpelt und alles wegwirft, was an seine Familienchronik erinnert, wird in tagebuchartigen Rückblicken ebendiese Geschichte über drei Generationen hinweg erzählt. Von der Zeit der Machtergreifung Hitlers bis in die ersten Jahre des neuen Jahrtausends reichen die Bilder.
Philipp Erlach fühlt sich als Versager, als jemand, der nirgends so richtig dazu gehört. Sogar seine Freundin, die mit einem anderen verheiratet ist, aber regelmäßig mit ihm schläft, verlässt ihn zuletzt enttäuscht. Am Ende ist Philipp alleine und ohne Orientierung, leer und inhaltslos, wie sein entrümpeltes Haus.
Dazu ein Zitat aus dem Werk:
Eigentlich ist Philipp auf allen Mauern seines Lebens eine Randfigur, eigentlich besteht alles, was er macht, aus Fußnoten, und der Text dazu fehlt.
Betont gefühlvoll zeichnet Geiger die Figuren seiner Geschichte und ihre Charaktere, immer wieder staunt man über sein tiefes Einfühlungsvermögen. Besonders deutlich wird dies in der Darstellung von Philipps Großmutter, am Ende des Romans, als sie am Bett des hoffnungslos dementen Großvaters sitzt und ihm (uns) gemeinsame Erlebnisse aus ihrer Ehezeit erzählt.
Der Roman ist in einem modernen, mMn, teils experimentellen Stil geschrieben, es gibt viele (für Geiger typische) Klammereinschübe. Zudem ist das Werk gespickt mit österreichischen Umgangsworten, die bestimmt nicht von allen deutschen Lesern sofort verstanden werden.
Dennoch: Wer einen ruhigen, unaufgeregten Schreibstil und diesen Lokalkolorit mag, dem sei das Werk empfohlen. Wer Suspense sucht, möge dieses Buch nicht lesen. Da gibt es in jeder Genre-Ecke Spannenderes zu finden.
Wie sagte Arno Geiger einmal so schön? "Ein Roman ist wie ein großer Dampfer, draußen auf hoher See, der unbeirrbar seinen Kurs hält."
Ich füge hinzu: Bis er den Leser erreicht. Mich hat er jedenfalls erreicht.

Nette Grüße,
Manuela :)

 

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