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Auf Augenhöhe

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14.08.2008
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Auf Augenhöhe

Immer wenn Kilian es eilig hatte, musste auf dem Sophienblatt Stau sein! Als hätten sich sämtliche Autofahrer der Kieler Förde gegen ihn verschworen, sich zwischen fünf und sechs vor dem Hauptbahnhof zu treffen!
Dabei musste er unbedingt pünktlich zum Training kommen, möglichst sogar früher da sein, und Sieger erwischen, wenn der noch in der Cafeteria sein Pils trank. Eins zwischen jedem Training, Kilian überschlug rasch, einschließlich der Meisterschaftsvorbereitungen und der Einzelstunden für besonders talentierte Athleten kam täglich eine ordentliche Menge zusammen. Immerhin: wenn der Trainer ein Holsten vor sich stehen hatte, war er zugänglich, die einzige Chance, ihn auf den Registrierungsantrag anzusprechen. Endlich ins Wettkampfregister des Deutschen Schwimmverbands eingetragen werden! Beim kommenden Contest der Kurzstreckenschwimmer nicht nur auf der Tribüne sitzen, sondern selbst dabei zu sein, mitten drin! Was spielte es schon für eine Rolle, dass er im Rollstuhl saß; Kirsten Bruhn schaffte den vorgeschriebenen Startsprung vom Block schließlich auch!
Nun galt es nur noch, den jähzornigen Dickopf zu überzeugen.
Sieger, ich habe meine Zeiten mit denen von der letzten Bezirksmeisterschaft verglichen, ich hätte Chancen,
nein -
Sieger, dir fehlen doch immer Staffelmeldungen für die Butterfly-Strecke, du weißt, ich habe mich seit März um fünf Sekunden verbessert …
nein -
Sieger, ich trainiere seit einigen Wochen mit Tillmann den Start, ich denke bis zum Sprintercup könnte ich …
Hätte, könnte, vielleicht, Worte gewichten und verwerfen, Dolmetscherkrankheit! Dabei war Sieger viel simpler gestrickt. Drei Pils und ein Korn, und er konnte sogar witzig sein.

Als Kilian auf den Parkplatz der Gaardener Schwimmhalle einbog, schlug es von der Nikolaikirche her bereits sechs. Sogar die chronisch verspätete Nina hatte es vor ihm geschafft, die unordentlich vollgestopfte, abgestoßene Ledersporttasche geschultert, hastete sie zum Eingang. Kilian stellte den Wagen hinter Tillmanns Hippiezitrone, wie er den gelben Käfer seines Freundes insgeheim nannte, auf den Behindertenparkplatz, und rollte so schnell wie möglich Nina hinterher.
Der Aufzug von der Eingangsebene zur Schwimmhalle im Obergeschoss bummelte, träge öffneten sich seine Türen, schlossen mit widerwillig puffendem Geräusch.
Tillmann kam ihm aus der Dusche entgegen, er spuckte in die Chlorbrille, verrieb den Speichel und pfriemelte die Gummibänder über die unter der gepuderten Badekappe verborgenen Rastas. Entsetzt starrte er seinen Freund an. „Kilian, jetzt erst? Mensch, mach hinne!“ Tillmann manövrierte Kilians verlängerten Körper mit wenigen Handgriffen um eine Ecke und über eine Schwelle, in jeder anderen Situation hätte Kilian sich diese Bevormutterung verbeten, doch diesmal war er dankbar.
Noch auf dem Weg zur Umkleidekabine zerrte er den Trainingsbeutel auf. Duschgel und Shampoo kullerten heraus, die Shampooflasche geöffnet und klebrig verschmiert. Er fluchte, pellte die Jeans über das Gesäß, der Unterbauch sprang ihm trommelhart gespannt entgegen. Was habe ich getrunken, überlegte er, während er hastig die Schleimspur wegwischte, die die ebenfalls shampoonierte Badehose auf den marmorglatten Schienbeinen hinterließ. Zwei Gläser Apfelschorle zum Mittagessen: eins zu viel, dazu der Kaffee mit dem potentiellen Großkunden für Russischübersetzungen. Er fand das Katheterset, die Schutzhülle war, von Shampoo durchweicht, eingerissen. Egal.
Auf den Toiletten suchte er die hinterste Kabine auf – er hasste es, sich vor aller Augen ins Urinal zu erleichtern - schob die Klobrille hoch und befreite den Penis aus der Badehose. Hastig öffnete er das Katheterset und ließ seinen Inhalt auf die Oberschenkel fallen.
Mit der Linken nahm er den Penis auf, desinfizierte die entblößte Eichel mit wenigen routinierten Bewegungen und injizierte das kühle Anästhetikum in die Harnröhre. Sein Glied brannte kurz und wurde schnell gefühllos. Penis. Glied. Ein zu penetrierendes anatomisches Objekt, mehr nicht, dachte er bitter, während er die Einwirkzeit abwartete, dann trennte er mit der Rechten die Folienkappe vom zwischen die Knie geklemmten Katheter ab, fasste das hintere Ende und schlang den PVC-Schlauch einmal um den Handrücken, ohne die entblößte Spitze zu berühren.
Mit der linken Hand hob er das anatomische Objekt an, zog mit Daumen und Zeigefinger die Eichel auseinander, dass sie sich wie ein erstauntes Auge öffnete, wollte mit der Rechten den Katheter einführen – und starrte fassungslos auf dessen schnabelförmig gekrümmte Spitze.
Hatte er etwa den falschen Karton umgetauscht? Und auch die dumme, hübsche Angestellte im Sanitätshaus hatte nicht gemerkt, dass sie nicht die irrtümlich gelieferten Tiemann-Katheter zurückgenommen, sondern eine Packung Nelaton-Katheter gegen eine andere ausgetauscht hatte.
Sie hatte ihn noch mit einem machen-Sie-mir-keine-Umstände-Lächeln überreden wollen, die Tiemanns zu behalten. „Die sind für Männer ohnehin besser geeignet. Sie können die Krümmung der hinteren Harnröhre leichter überwinden, ohne die Schleimhaut zu verletzen.“
Er kam mit Tiemann nicht zurecht, er wollte den durchgängig geraden Nelaton.
„Das ist alles eine Frage der Übung.“
Wie viele tausend Mal sollte er noch Harn ablassen, um selbst wissen zu dürfen, was er bevorzugte? Egal, jetzt musste es mit Dasistvielbesser gehen.
Kilian schob die kugelförmig verdickte Schnabelspitze in die gespreizte Harnröhrenmündung, hob den Penis an, bis er fast senkrecht nach oben stand und schob Zentimeter um Zentimeter der durchsichtigen Gummischlange in sich hinein. Hoffnungslos. Viel zu bald stieß er auf Widerstand, lang bevor er unterhalb des Schambeins angekommen war.
Zornig zog er den Schlauch wieder heraus, schleuderte sämtliches in seinem Schoß liegendes Material in den Müll und eilte ungeduscht in die Schwimmhalle. Jetzt konnte er nur noch hoffen, dass seine Blase entweder dicht hielt, bis er wieder zu Hause war, oder dass sie das Problem diskret unter Wasser löste.

Fast die gesamte Ü-20-Mastersgruppe war anwesend; Sieger gestattete nur in wenigen Ausnahmen unregelmäßige Teilnahme, und auch dann nur, wenn die Leistung stimmte. Ende der letzten Saison hatte er Cilia aus dem Team gedrängt, weil sie mehr Zeit und Energie darauf verwandte, ihren vom Konkurs bedrohten Copyshop zu retten, als ihre Form vom Vorjahr zu halten.
Zwischen Tillmann und Nina entdeckte Kilian eine unbekannte Frau, das Kinn vorgereckt, das Gesicht konzentriert auf Sieger gerichtet, die Hände im Schoß zusammengelegt, kümmerte sie sich nicht um das Geflachse und Geschnatter um sie herum.
„Ach, beehrt uns Herr Beck auch mal wieder! Und so überaus pünktlich!“, ätzte Sieger. „Soll ich vielleicht vor Dankbarkeit auf die Knie gehen, dass du überhaupt noch erscheinst?“
Sich zu entschuldigen oder rechtfertigen machte in der Regel alles noch schlimmer, so bemühte Kilian sich nur um ein möglichst ausdruckloses Gesicht, während er sich hastig am Ende der Bank aufstellte. Sieger räusperte sich kaum hörbar. Sofort wurde es still, nur die Pumpe schlürfte unbeeinduckt weiter Wasser vom Beckenrand.
„Nachdem wir jetzt vollzählig sind, kann ich also unser neues Mitglied vorstellen: Wiebke Heyck. Wiebke, möchtest du selbst etwas über dich sagen?“
Das war keine Frage, sondern eine Aufforderung. Das Mädchen mit der dunkelblauen Badekappe nickte leicht, Gelegenheit für Kilian, sie genauer zu betrachten.
Sie war groß, mindestens einsachtzig. Breite Schultern, ein mächtiger Brustkorb und ein leicht gewölbter Rücken verrieten intensives Training seit frühester Kindheit. Unter der feinen Haut zeichneten sich deutlich die Muskeln der Extremitäten ab, der Bizeps selbst bei gestreckt auf die Bank aufgestützten Armen prominent hervortretend, flache Brüste, so wenig wahrnehmbar, dass sie kaum ihre stromlinienförmige Silhouette störten, große, breite Hände.
„Wie Sieger schon sagte, heiße ich Wiebke. Ich bin neunzehn Jahre alt, Tierarzthelferin und stamme aus Malente in der holsteinischen Schweiz. Seit anderthalb Jahren bin ich auf der Suche nach einem neuen Verein, weil das Trainingsniveau dort nicht ausreichend für meine Ziele und Leistungen war. Ja, und jetzt bin ich da.“
Mit diesen Worten lächelte sie selbstbewusst in die Runde. Das perfekte Material, auf das Sieger bereits lange wartet, durchzuckte es Kilian. Groß, schlank, langgliedrig, muskulös, flach, diszipliniert, zielstrebig.
Wie zur Bestätigung fixierte Sieger einen nach dem anderen, die kleine Phuong, Felix, der unter seinem Blick nervös mit den Füßen zu scharren begann, Stefan, Nils und Mario, die mehr herumalberten als zuhörten, die kurvige Nina mit den kurzen Armen, Ellis, die rauchte, trank und sich von Fastfood ernährte, trotzdem eine der Schnellsten auf kurzen Strecken, aber wie lange noch? Tillmann, der sich weigerte, seine Rastas abzuschneiden und die Beine zu rasieren, obwohl es ihn wichtige Hundertstel Sekunden kostete. Kilian, dessen dünne, weiche Beine nur wenig Kraft entwickelten. Auf niemandem ruhte sein Blick so wohlgefällig wie auf dem Mädchen, das heute erst zu ihnen gestoßen war.
„Ihr nächstes Ziel sind die Landesmeisterschaften“, verkündete Sieger nicht ohne Stolz, als sei das sein Verdienst. „Und zwar eine Platzierung unter den ersten drei.“ Er machte eine bedeutungsschwangere Pause. „Deswegen ist sie zu uns gekommen. Nur dass euch nochmal klar ist, dass wir hier keine Spaßgesellschaft sind. Ab heute hängt der Brotkorb ein Stück höher, Ladies.“
Damit wandte er sich wieder an Wiebke. „Ich habe deinen alten Schwimmverein nochmals schriftlich zur Freigabe aufgefordert. Wenn die sich nicht bald melden, melde ich es dem Landesschwimmverband. Aber bis zum Sprintercup bist du im Lizenzregister auf jeden Fall mit dem Startrecht für den SV Hansa Kiel eingetragen. Ach, und was deinen Registrierungsantrag angeht, Kilian“, setzte er nach, während er die zwei Stoppuhren überprüfte und bei einer die Batterie auswechselte, „so einen Blödsinn weigere ich mich zu unterschreiben. Und jetzt ab ins Wasser mit euch, dass wir heute noch zu etwas kommen. Einschwimmen, zwanzig Bahnen Kraul, zehn Brust, zehn Butterfly.“

So einen Blödsinn, dachte Kilian. Klar, ich an seiner Stelle wäre derselben Meinung. Die Gruppe verteilte sich auf zwei Bahnen, einer nach dem anderen stieg auf den Startblock, krümmte sich zusammen, kippte die Hüfte nach vorn und schnellte los. Kilian tauchte ins Becken, das Wasser war kalt und er hatte keine Zeit gehabt, sich unter der Dusche daran zu gewöhnen. Hoffentlich krampften die Beine nicht.
Zwei, drei schnellere Züge, dann hatte er das Tempo der anderen aufgenommen und den Abstand auf Felix so weit verkürzt, dass er in seinen eigenen Rhythmus finden konnte.
Nach der halben Bahn kam Nina, die die Gruppe führte, auf der linken Längshälfte entgegen, hinter ihr Wiebke. Sie schwamm mindestens zwei Schläge langsamer als Nina, spaltete das Wasser vor sich fast ohne Blasen zu schlagen, und löste beim Rückzug der Arme einen gewaltigen Wirbel aus, der sie weit nach vorn katapultierte. Absolut perfekt.
Anschlag, Wende, drei schnellere Züge. Sieger kniete am Beckenrand, ein massiger, rotgesichtiger Fleischklotz.
„Mirko, die Arme höher! Du schiebst alles vor dir her wie so 'n Schneepflug! Mario, Beinschlag! Du hast doch welche, oder? Ellis, Arsch tiefer, Kopf hoch, du säufst noch ab!“
Kilian schlug unterm Startblock an, wartete auf einen Kommentar Siegers, doch der schrie schon: „Tillmann, Beine zusammen! Herrgott, du schwimmst wie eine Kröte!“
Dann eben nicht. Abstoß, drei schnelle Züge, er war wieder mitten im Becken. Tauchte tief ein und atmete nur noch bei jedem vierten Schlag, um möglichst wenig von Sieger zu hören. Ließ, sobald er die fünfhundert Meter Kraul absolviert hatte, die Hüfte über den Wasserwirbel wippen, den die angewinkelten Arme unter den Bauch schaufelten. Die Welle pflanzte sich bis in die Zehen fort, er spürte das erste Mal an diesem Tag seine Beine auf angenehme Weise, wie sie durchs Wasser flatterten und Vortrieb gaben. Auf der Nachbarbahn kam ihm Tillmann entgegen, sie tauchten gleichzeitig unter, Nacken gesenkt, Kopf zwischen den gestreckten Armen, Atemluft, die gleichzeitig in dicken Blasen nach oben perlte wie Sodawasser.

Gegen Ende des Trainings spannte Sieger eine leere Tabelle auf sein Klemmbrett.
„Alle an den Beckenrand, Paare bilden. Fünfzig Meter Butterfly, auf Zeit. Das werden eure Meldezeiten für den Sprintercup, also strengt euch an! Felix, wenn du bei Sprintercup dabei sein willst, erwarte ich mindestens 0:30,51. Und Ellis: fünf Kilo weniger! Das ist in drei Wochen zu schaffen. Tillmann, du schwimmst als erster gegen Wiebke, dann zum Schluss nochmal gegen Phuong. Ab jetzt, Tempo, Ladies!“
„Wir sind doch vierzehn“, protestierte Tillmann. „Es geht genau auf!“
„Wenn ich sage, du schwimmst zweimal, dann …“
Tillmann ließ ihn nicht zu Ende poltern. „Von wem willst du denn keine Zeit nehmen?“, fragte er, scheinbar ahnungslos, dabei wusste es jeder. Kilian wäre am liebsten im Boden versunken.
„Schon gut“, ging Wiebke dazwischen, die offensichtlich schnell verstand. „Ich schwimme gegen Kilian.“
„Du solltest jemand neben dir haben, der dir ein bisschen Druck machen kann“, brummte Sieger, „und nicht einen …“
„Ich mache mein eigenes Tempo.“
Sieger schnaubte etwas Unverständliches und scheuchte die Gruppe mit einer Handbewegung zu den Startblöcken. Wiebke stieg auf den Betonklotz, kurze, kräftige Zwillingsmuskeln an den Waden, feste Fesseln und hohe Riste, auf denen sich dicke Adern abzeichneten. Kilian wandte den Blick von ihr ab und konzentrierte sich auf das jenseitige Ende der Bahn.
„Auf die Plätze ...“ Nacken senken, tief einatmen, alle Luft aus den Lungen pressen, ein halber Atemzug.
„Fertig …“ Rücken gekrümmt, Bauchmuskeln angespannt, die Kraft oberhalb des Nabels zusammengeballt.
„Los!“
Hüfte und Schultern schnellten auseinander, der Rumpf maximal gestreckt, warf er die Arme nach vorn und traf mit den Fingerspitzen aufs Wasser. Es teilte sich leicht vor ihm, zog sich dezent zurück, perlte samtig um die dünnen Waden.
Anschlag, Abstoß. Kilian tauchte lang unter, Bruchteil eines Augenblicks Bewegungslosigkeit als die nach hinten gestreckten Arme Kopf und Brust aus dem Wasser katapultierten, er genoss den Moment. Wieder mit sichelförmig gekrümmten Rücken in sein Element tauchen, in dem er mit jedem auf Augenhöhe war, zu niemandem aufsehen musste wie ein kleines Kind. Anschlag. Er wäre gern weitergeschwommen.
Wiebke kletterte aus dem Wasser und ließ sich von Sieger ihre Zeit geben. Nina schob Kilian den Rollstuhl hin, strich mit blicklosem Lächeln das Handtuch glatt, sie maß Sieger mit Verachtung, bevor sie sich hinter die Chlorbrille zurückzog und startklar machten.

Nach dem Training blieben nur Kilian, Tillmann, Wiebke und der Trainer zurück.
„Das Krafttraining müssen wir dringend optimieren“, sagte Sieger zu Wiebke. „Hier, der Trizeps, da ist noch viel mehr Potential drin. Und die Ausdauer, beim Einschwimmen bist du nach zwei Drittel einfach eingesackt ...“ Er beachtete Kilian nicht.
Tillmann bedeutete ihm, beiseite zu kommen. „Üben wir noch den Blockstart?“
Kilians Blick fiel auf den rauen, weiß gekachelten Quader, unter dem sich das Wasser zuckend beruhigte. Vor Sekunden noch aufgewühlt kochend, und jetzt schon wieder so unschuldig, nach erneuter Berührung verlangend, und zwischen ihm und der Schwerelosigkeit, rotgesichtig, stiernackig, Sieger.
„Heute nicht mehr“, nuschelte Kilian. „Ich muss noch mit ihm reden.“
„Wegen der Registrierung?“ Tillmann schnaubte zornig, dann flüsterte er: „Sieger ist ein Idiot!“
Kilian wollte protestieren, doch der Freund winkte ab.
„Jaja, er ist ein guter Trainer, er sieht übermüdet und besoffen Fehler, die andere nach drei Videoanalysen nicht bemerken. Mit einem großen Talent kann es bestimmt bis zur Deutschen Meisterschaft und weiter schaffen. Sieht so aus, als hätte er es gefunden.“
Wiebke nickte endgültig zu allem, was Sieger ihr empfahl, der kratzte sich am Bauch, am Kopf, und entließ sie mit kameradschaftlichem Klaps auf die Schulter.
„Du warst schneller als sie“, lachte Tillmann höhnisch. „Nur ein paar zehntel Sekunden, aber du hast vor ihr angeschlagen. Just think about it.“ Damit schulterte er seine Tasche und ließ Kilian mit dem Trainer allein.
Jetzt, hinter Siegers Rücken, bereit, ihn anzusprechen, machte die zum Platzen gespannte Blase sich wieder bemerkbar.
„Sieger“, er räusperte sich. „Nur um auf die Registrierung zurück zu kommen …“
„Vergiss es.“ Sieger stellte die Uhren zurück, sammelte die Listen ein und packte sie weg.
„Falls dir das DSV-Reglement nicht bekannt sein sollte: der Start beim Freistil-Brust-Schmetterlings- und Lagenschwimmen erfolgt vom Startblock. Auf Kommando des Starters auf die Plätze nehmen die Schwimmer sofort Starthaltung ein: mit mindestens einem Fuß am Rand des Startblocks, wo sie sich ruhig verhalten, bis das Signal zum Start erfolgt", zitierte er die Wettkampfbestimmungen fast wörtlich. "Mensch Kilian, du kommst doch nicht mal auf den Block hoch, und falls doch, fliegst du wieder runter, bevor der Kampfrichter piep sagen kann!“
Kilian musste sich räuspern, bevor der Satz über seine Lippen kam. „Bis zum Sprintercup schaffe ich das mit dem Blockstart. Und in Schleswig schwimmen wir auf der Fünfzig-Meter-Bahn, also verliere ich auch keine Zeit bei der Wende.“
Was glaubst du, wie die alle glotzen, ein Rolli macht 'nen Startsprung, mit diesen Worten stachelte Tillmann ihn immer an, wenn er kurz davor war, zu resignieren. Was Kirsten Bruhn kann, kannst du auch!
"Du?", stach Siegers Finger gegen Kilians Augen, kurz vor der Nase blieb er in der Luft stehen. "Vom Block? Das will ich sehen!" Er lachte laut auf, und legte die Mappe auf der Steinbank ab. Die Arme verschränkt baute er sich am Beckenrand auf. "Los, beweis es!"
Darauf war Kilian nicht vorbereitet gewesen. Verunsichert, Sieger nicht aus den Augen lassend, rollte er zur äußersten Bahn, stemmte sich im Rollstuhl hoch und rutschte auf den rauen Betonklotz. Der Stein schrammte unangenehm an den Oberschenkeln entlang, Tillmann hatte ihm immer ein Handtuch untergelegt, doch diese Blöße wollte Kilian sich vor Sieger nicht geben.
Er platzierte die Füße an der Vorderkante, stieß sich mit einer Hand hinten ab, während er sich mit der anderen nach vorn zog. Der Hintern hob sich schwerfällig und rutschte über die Waden nach oben.
Von da ab musste Tillmann ihm helfen: gegen die Knie drücken, dass Kilian nicht wieder einknickte und nach hinten wegsackte. Wenn er die Hände löste, ihm einen dezenten Stoß in die Lenden verpassen, im richtigen Moment den Arm vor den Knien wegziehen.
"Was ist, ich warte!", drängelte Sieger genervt.
Beim Sprintercup hast du auch keinen Starthelfer, ermahnte Kilian sich. Das ist deine Chance! Was Kirsten Bruhn kann, kannst du auch!
Er löste die hintere Hand, griff zur Vorderkante des Blocks um. Das Gewicht von Hüfte und Oberschenkeln drückte ihn in die Knie. Nicht einsacken! Er zog sich mit aller Kraft nach vorn und klatschte bäuchlings ins Waser, wo er sofort wie ein Stein versank.
"Bravo!", applaudierte Sieger zynisch. "Ich sehe, aus dir wird noch echt eine Medaillenhoffnung! Mein Gott Beck, wozu verschwende ich hier meine Zeit! Komm von mir aus weiter ins Training, wenn dein Orthopäde so viel Wert drauf legt, aber kein Wort mehr über Wettkämpfe!" Er wippte ungedulig auf den Zehenballen, während Kilian aus dem Becken kroch. "Sonst noch was, was du unbedingt mit mir besprechen musst?"
Ich habe noch drei Wochen Zeit, wollte Kilian ihm entgegenhalten. Schließlich war ich schneller als Wiebke. Doch er schüttelte nur den Kopf, stemmte sich in den Rollstuhl, den der Trainer mit der Fußspitze heranschob, und rollte rasch aus der Schwimmhalle, damit Sieger nicht mitbekam, wie ein heißes Rinnsal zwischen seinen Oberschenkeln hervorquoll und auf den Boden tropfte. Das nächste Mal, wenn er drei Pils intus hatte, dann konnte Sieger sogar witzig sein.

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Ein Copywrite zu dieser Geschichte gibt es auch: Auszeit von Makita

 

Hallo Pardus,

bei vielen Geschichten lese ich nur die ersten drei Sätze - soviel Zeit hat der Autor, zumindest bei mir, um mich in die Geschichte hineinzuziehen.

Bei deiner habe ich weitergelesen, obwohl gerade der Anfang viele Informationen enthält, die im weiteren Verlauf nicht mehr wichtig sind. Da kann man straffen. Dolmetscher? Platt und Schweizerdeutsch? Unwichtig, kann man streichen. Viel wichtiger wäre es, herauszuarbeiten, dass Kilian unbedingt zur Pause erscheinen möchte, da dann der Trainer zugänglich ist.

Ich als Leser weiß nicht, welche Infos später noch relevant sein werden, du als Autor weißt das schon. Deshalb: Erzähle, was trägt, streiche, was nur der Verschnörkelung dient.

Die einzelnen Personen werden nur wenig charakterisiert, obwohl du dir dabei Mühe gibst. Ich weiß z.B. nicht, wie die Personen aussehen. Nur bei Wiebke erwähnst du Muskeln und ihr Alter. Auch der Trainer, der ja eine sehr wichtige Person ist, verdient, meiner Meinung nach, noch etwas mehr Persönlichkeit. Sonst bleibt er ein stereotyper Charakter, der langweilig ist, weil er keine Tiefe hat. Er mag eben keine Behinderten. Aus. Aber warum nicht? Hat sich das in der Vergangenheit schon gezeigt?

Mir ist klar, dass man nicht beliebig viel Tiefe in eine Kurzgeschichte packen kann, dafür reicht der Platz nicht. Aber die Dinge, die man erwähnt, müssen treffen und eindeutig sein.

Wie z.B. steht Kilian zu Wiebke? Was denkt er über sie? Mag er sie? Findet er sie attraktiv? Oder ist er so sehr Profi, dass ihm das egal ist?

Warum will Kilian unbedingt schwimmen - warum ist das sein Lebensinhalt? Macht er sonst noch etwas nebenbei?

Seine Mitschwimmer bleiben ebenso im Dunkeln. Einmal wird etwas angerissen mit dem gelben Golf, der frecherweise auf dem Behindertenparkplatz steht, aber das wird nicht wieder aufgegriffen. Beim Schwimmen könnte sich der Besitzer des Wagens ebenso hervortun, Kilian z.B. überheblich angrinsen oder gar auslachen. Wenn er nicht so ist und das nicht macht, weil er eigentlich ein netter Kerl ist, was hat dann die Szene mit dem Golf in der Geschichte zu suchen?

Insgesamt verfehlt bei mir die Sache mit dem Pinkeln am Ende die Wirkung. Er ist ja selbst Schuld - denke ich. Zuerst kommt er zu spät, dann hat er die falschen Katheter dabei. Pech. So etwas kann, in einer anderen Form, jedem passieren. Ein Mädchen, das ihre Tage bekommt und auf den Boden blutet - ja, das ist peinlich. Aber es geht nicht in die Richtung "diskriminierung", wie vielleicht von dir beabsichtigt.

Das streut die Aussage der Geschichte ein wenig.

Schöne Grüße,

yours

wenn du bei Sprintercup

"beim".

 

Hallo yours,

Vieles, was Du als fehlend bemängelst, meinte ich in der Geschichte untergebracht zu haben. Offensichtlich bin ich hier von Betriebsblindheit geschlagen, sonst hättest Du es auch herausgelesen :Pfeif:.

Ich werde dich jetzt aber nicht mit Erklärungen belästigen, schließlich bin ich zum Lernen hier, und nicht um meine Geschichte zu verteidigen :D.
Nur eins: die Aussage "Dirkriminierung" ist nicht meine Absicht, obwohl der Schluss einen Touch davon hat. Nicht weil Kilian auf den Boden pinkelt, sondern weil Sieger es lauthals durch die Schwimmhalle posaunt.

Die bedeutungslosen Redundanzen kürze ich raus, sobald ich Abstand zur Geschichte gewonnen habe.

Schönes Wochenende,

Pardus

 

Hallo Pardus!

Ich fange gleich am Anfang an (der Kommentar war zur ersten Version des Textes, also streiche, was nicht mehr passt): Der erste Satz ist gut, Satz zwei und drei sind scheußlich, von Satzbau/Komplexität einerseits und Relevanz für die Geschichte andererseits.

"und flitzte so schnell wie möglich Mirko hinterher." => Flitzte und Rollstuhl passt für mich irgendwie nicht zusammen. Wie wäre es mit "eilte" oder "hetzte"?

"Duschgel und Shampoo kollerten heraus," => Ich brauchte ein Wörterbuch, um mich davon zu überzeugen, dass das kein Tippfehler ist. (Laut Wörterbuch stammst du übrigens aus Mitteldeutschland.)

"Der Unterbauch sprang ihm trommelhart gespannt entgegen, was habe ich getrunken, überlegte er, während er hastig die Schleimspur wegwischte, die die ebenfalls shampoonierte Badehose auf den rasierten Schienbeinen hinterließ." => Diese Mischung aus äußerer Beschreibung und Gedanken innerhalb ein und desselben Satzes überzeugt mich nicht.

"Dazu der Kaffe mit dem" => Kaffee

"Dazu der Kaffe mit dem überaus verbindlichen Mijnheer Wissink, er fand das Katheterset." => Äh, wie? Wirklich, warum machst du nicht zwei Sätze draus?

"Hastig pellte er die äußere Verpackung vom Katheterset, und ließ die Tube mit dem schmerzstillenden Gleitgel, Tupfer, Desinfektionsmittel und den separat verpackten Katheter auf die Oberschenkel fallen." => Okay, der Autor weiß, wovon er schreibt. Aber sind die ganzen Details wirklich wichtig für das, was du erzählen willst? Oft ist weniger mehr. (Die meisten Leute lesen nunmal nicht gerne Ellenlanges über anderer Leute Penisse, Harnröhren und ähnliches - ich auch nicht, daher habe ich den gesamten Abschnitt nur überflogen.)

"Zwischen Tillmann und Nina erkannte Kilian ein neues Gesicht, scharfe Kinnlinie, ein voller sensibler Mund, dichte blonde Augenbrauen, die dunkelblaue Bademütze am Hinterkopf weit hochgewölbt verriet langes, zum Zopf gebunden und hochgestecktes Haar." => Mach zwei Sätze draus oder setzt zumindest hinter die Augenbrauen ein Semikolon (ein so nettes Satzzeichen).

"Ach, beehrt uns Herr Beck auch mal wieder!" => Wie wäre es, wenn du den Nachnamen im ersten Satz des Textes einführst? "Kilian Beck trommelte nervös aufs Lenkrad." So würde der Leser nicht hängenbleiben.

"während er sich hastig am Ende der Bank aufstellte." => Auch hier könntest du sicher anderes Vokabular nutzen, an dem der Leser nicht hängenbleibt.

"Registrierungsantrag angeht Kilian" => Komma vor Kilian.

"her wie so `n" => Das ist ein Akzent, richtig? Das Apostroph sitzt über der Raute!

Okay, inhaltlich: Ich kapiere es nicht ganz. Was macht Kilian in diesem Verein, bei diesem "Trainer", der ihn nicht akzeptiert? Ich kann mich nicht richtig in das Szenario einfinden. Ich denke an den australischen Läufer mit den Beinprothesen, der sich durch Gerichtsverfahren gekämpft hat, um bei den Olympischen Spielen starten zu dürfen - weil er "unter Seinesgleichen" keine Konkurrenz hat, immer nur gewinnt. Willst du auf so etwas hinaus? Falls ja, dann versteckt sich das Thema zu sehr unter deinem doch sehr mit Details angereicherten Text und du solltest da nachlegen.
Falls du auf etwas anderes hinauswillst (die Probleme mit dem Pinkeln nehmen ja einen sehr großen Teil des Textes ein), habe ich gar nichts kapiert.

Grüße
Chris

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Chris Stone,

schade, dass sich Deine ausführliche Kritik auf eine überholte Version bezieht. Die Rechtschreibfehler, die ich auch beim Überarbeiten übersehen habe, sind inzwischen korrigiert.

Vieles, was Du kritisierst, hat sich m.M. nach inzwischen erledigt.

Diese Mischung aus äußerer Beschreibung und Gedanken innerhalb ein und desselben Satzes überzeugt mich nicht.
Mir gefällt es als Stilmittel. Vielleicht ändere ich etwas daran, wenn Du genauer benennst, was Dich daran stört.

Die meisten Leute lesen nunmal nicht gerne Ellenlanges über anderer Leute Penisse, Harnröhren und ähnliches - ich auch nicht, daher habe ich den gesamten Abschnitt nur überflogen.
Ich hätte ihn auch eine Windel tragen ud sich einkoten lassen können :D.
Spaß beiseite, wenn es sich um gesunde Menschen handelt, erspare ich mir und dem Leser das Thema gerne. Bei einem Paraplegiker, bei dem Ausscheidungen nun mal keinen geringen Stellenwert einnehmen, ist das etwas anderes. Aber mal sehen, vielleicht kürze ich die Passage noch.

Laut Wörterbuch stammst du übrigens aus Mitteldeutschland.
Homo suevus sum.

Es gehört sich zwar nicht, um Kritiken zu betteln, trotzdem würde mich interessieren, was Du von der überarbeiteten Version hältst.

Gruß,
Pardus

 

Hallo Pardus!

"Diese Mischung aus äußerer Beschreibung und Gedanken innerhalb ein und desselben Satzes überzeugt mich nicht."
"Mir gefällt es als Stilmittel. Vielleicht ändere ich etwas daran, wenn Du genauer benennst, was Dich daran stört."
=> Puh, da musste ich lange nachdenken. Wie erkläre ich, warum mir etwas nicht gefällt? Okay, ich versuche es: Du wechselst innerhalb ein und desselben Satzes die Perspektive von äußerer Beschreibung zu innersten Gedanken. Solche Sprünge machen flüssiges Lesen unmöglich, da die Leser sich ja ebenfalls umstellen müssen. Und da ich zu den Leuten gehöre, die Unterhaltungsliteratur bevorzugen (und die sogenannte "anspruchsvolle Literatur" meiden), gefällt mir das ganz und gar nicht. Du nennst es ein Stilmittel. Kann sein, dass es eines ist, aber es ist eines, das hier nur sich selbst dient, nicht der Geschichte, die du erzählst.

"Bei einem Paraplegiker, bei dem Ausscheidungen nun mal keinen geringen Stellenwert einnehmen, ist das etwas anderes. Aber mal sehen, vielleicht kürze ich die Passage noch." => Mir ist durchaus klar, dass es im Text eine Rolle spielt, und dass sich "Normale" nicht vorstellen können, wie so etwas abläuft. Allerdings kann es dem Text auch nicht dienlich sein, wenn die Leser bei diesen Beschreibungen abspringen. Es ist sicherlich schwierig, hier ein passendes Maß zu finden.

"Es gehört sich zwar nicht, um Kritiken zu betteln, trotzdem würde mich interessieren, was Du von der überarbeiteten Version hältst." => Also, wer mich nach meiner Meinung fragt, bekommt sie auch. Es hilft einem Autor ja auch nicht, wenn er nur Meinungen zu seiner ersten Version bekommt, aber dann nicht weiß, ob er seinen Text verbessert oder eher verschlimmbessert hat (was mir durchaus schon passiert ist).

Okay, jetzt finde ich den ersten Satz scheußlich. "Stau auf dem Sophienblatt: unentrinnbar. Kilian trommelte nervös aufs Lenkrad." => Ein Gegenvorschlag: "Kilian Beck trommelte nervös aufs Lenkrad. Jetzt auch noch ein Stau! Musste das sein?" Das wäre nicht so kühl-neutral, sondern brächte mehr Emotionen rüber.

Allgemein würde ich sagen, dass sich der erste Absatz zu sehr mit Sieger beschäftigt, aber zu wenig mit Kilian. Bring dem Leser besser erst Kilian nahe, und komme dann auf den folgenden Konflikt zu sprechen.

"Dazu der Kaffee mit dem potentiellen Kunden, er fand das Katheterset." => Wow! Dadurch, dass du alles rausgestrichen hat, was auch nur den geringsten Hinweis auf eine Behinderung Kilians gibt, fühle ich mich als Leser nun irgendwie im falschen Text. Hä, Katheder? Worum geht es eigentlich? Und: Will ich das lesen? (Das ist in etwa so, als wenn ich einen romantischen Text lese und plötzlich tauchen da maschinengewehrschwingende Affenmenschen auf.)

"Wie viele tausend Mal sollte er noch Harn ablassen, um selbst wissen zu dürfen, was er bevorzugte?!" => Gefällt mir sehr gut - wenn man von dem doppelten Satzzeichen am Ende absieht. Ich weiß nie, was das soll.

"mit dasistvielbesser gehen." => Das gefällt mir weniger. Wenn, dann in Anführungszeichen und/oder mit großem Anfangsbuchstaben.

"Kilian, dessen dünne, weiche Beine nur wenig Kraft entwickelten." => Ich finde es für den Leser sehr schwierig, dem zu folgen. Ich weiß von Kilian, dass er einen Katheder braucht, und dass er "weiche Beine" hat. Ich kann mir darunter aber nicht wirklich etwas vorstellen. (Das mit dem Rollstuhl war für mich viel einfacher zu verstehen. Wahrscheinlich, weil es bildlicher ist.)

"Auf niemand ruhte sein Blick" => Auf niemandem, glaube ich.

"Ach, und was deinen Registrierungsantrag angeht, Kilian", setzte er nach, während er die zwei Stoppuhren überprüfte und bei einer die Batterie auswechselte, „so einen Blödsinn weigere ich mich zu unterschreiben." => Auch das hier bleibt schwer verständlich. Da ist Kilian, der Teil der Ü-20-Mastersgruppe ist, also irgendwie qualifiziert sein muss. Was ist da los, warum will der Trainer das nicht unterschreiben?

"Sie schwamm mindestens zwei Schläge langsamer als Nina, spaltete das Wasser vor sich fast ohne Blasen zu schlagen, und löste beim Rückzug der Arme einen gewaltigen Wirbel aus, die sie weit nach vorn katapultierte. Absolut perfekt." => Ich habe keine Ahnung vom Schwimmen. Ich lese aus dieser Formulierung: Sie ist langsamer, aber sie ist schneller? Oder so?
"einen gewaltigen Wirbel aus, die sie weit" => Das passt auch nicht ganz.

"„Von wem willst du denn keine Zeit nehmen?", fragte er, scheinbar ahnungslos, dabei wusste es jeder." => Ich weiß, das habe ich schon erwähnt, aber das solltest du ausbauen. Warum will der Trainer nicht - und auch, dass Kilian ansonsten in der Gruppe akzeptiert ist, kommt nicht ganz rüber. Auch wenn in dieser Version am Ende die "Erklärung" von Sieger kommt - ja, wie sag ich's: es wird von Sieger runtergebetet, aber nicht im Text gezeigt. (Ist eher eine Art Pointe.)

"Nina schob Kilian den Rollstuhl hin, strich mit blicklosem Lächeln das Handtuch glatt" => Rollstuhl? Wo kommt der denn nun wieder her? Den hast du in dieser Version bisher nicht erwähnt.

"Hast du was an den Ohren?", raunzte Sieger. „Wenn ich nein sage, heißt das nein!" => Ja, auch in dieser Version frage ich mich, was Kilian in diesem Verein, dieser Mastergruppe macht, wenn der Trainer ihn doch offensichtlich für beschränkt hält. Sicher gibt's dafür einen Grund, ich kann mir das auch in der Realität vorstellen ("Behindertenquoten" gibt's ja auch im Arbeitsleben), aber im Text fehlt mir dafür die Erklärung.
Vielleicht täte es da was ganz Einfaches, etwa, wenn Sieger sagen würde: "Ich muss dich zwar mit den anderen trainieren lassen, aber niemand kann mich zwingen, dich in einem Wettkampf bei 'echten Sportlern' mitmachen zu lassen."

So, das war's.

Grüße
Chris

 

Hallo Chris Stone,

Schön, dass Du die überarbeitete Version nochmals gelesen hast.

Du wechselst innerhalb ein und desselben Satzes die Perspektive von äußerer Beschreibung zu innersten Gedanken. Solche Sprünge machen flüssiges Lesen unmöglich, da die Leser sich ja ebenfalls umstellen müssen. Und da ich zu den Leuten gehöre, die Unterhaltungsliteratur bevorzugen (und die sogenannte "anspruchsvolle Literatur" meiden), gefällt mir das ganz und gar nicht.
Ich werde hier keinen E-U-Krieg vom Zaun brechen. Habs geändert, auch wenn ich zu dem Stilmittel weiterhin stehe, und zwar weil es m.E. gut zum Ausdruck bringt, wie jemand unter Druck steht, weil gleichzeitig vieles auf ihn einstürmt: Gedanken, Gefühle, Handlungsbedarf, Zeitdruck etc. Aber darüber kann man wohl ausgiebig streiten.

Wegen der Katheterismusszene lass ich mir noch was einfallen.

Wow! Dadurch, dass du alles rausgestrichen hat, was auch nur den geringsten Hinweis auf eine Behinderung Kilians gibt, fühle ich mich als Leser nun irgendwie im falschen Text. Hä, Katheder? Worum geht es eigentlich? Und: Will ich das lesen? (Das ist in etwa so, als wenn ich einen romantischen Text lese und plötzlich tauchen da maschinengewehrschwingende Affenmenschen auf.)
Ich erlaube mir ganz frech, den Leser langsam ahnen zu lassen, dass mit Kilian "irgendwas anders ist" - was darin gipfelt, dass Nina ihm den Rollstuhl hinschiebt. Und wieso im falschen Text? Ich habe niemanden bewusst in eine völlig andere Richtung geführt.
Auch das hier bleibt schwer verständlich. Da ist Kilian, der Teil der Ü-20-Mastersgruppe ist, also irgendwie qualifiziert sein muss. Was ist da los, warum will der Trainer das nicht unterschreiben?
Das versuchte ich zum Schluss hin deutlich zu machen. Man muss sich beim DSV nur registrieren lassen, wenn man an Wettkämpfen teilnehmen will. Bei diesen Wettkämpfen muss man regelkonform schwimmen: mit Blockstart außer beim Rückenschwimmen, Rollwende beim Kraul etc., ansonsten wird man disqualifiziert. Wer das nicht kann, braucht also gar nicht erst anzutreten.
Sieger weiß noch nicht, dass Kilian daran arbeitet, er traut es ihm einfach nicht zu, auch wenn Kilian in der Lage ist, das Tempo der anderen mitzuhalten.
"Sie schwamm mindestens zwei Schläge langsamer als Nina, spaltete das Wasser vor sich fast ohne Blasen zu schlagen, und löste beim Rückzug der Arme einen gewaltigen Wirbel aus, die sie weit nach vorn katapultierte. Absolut perfekt." => Ich habe keine Ahnung vom Schwimmen. Ich lese aus dieser Formulierung: Sie ist langsamer, aber sie ist schneller? Oder so?
Sie braucht weniger Schwimmzüge, um gleich schnell zu sein. Ihre Schlagfrequenz ist langsamer um das gleiche Tempo zu erreichen, d.h. mit leicher Schlagfrequenz ist sie schneller.
Kann sein, dass ich manches aus dem Schwimmsport als zu selbverständlich vorausgesetzt habe, was sich dem Leser nicht ohne weiteres erschließt.
"„Von wem willst du denn keine Zeit nehmen?", fragte er, scheinbar ahnungslos, dabei wusste es jeder." => Ich weiß, das habe ich schon erwähnt, aber das solltest du ausbauen. Warum will der Trainer nicht
Es geht um Richtwerte für den bevorstehenden Wettkampf - Sieger fordert ja von Felix eine bestimmte Zeit, wenn er dabei sein will. (Übrigens legt er die Latte mit ca. 30 sec für 50m Butterfly ziemlich hoch, was sein Ansprucsdenken gegenüber allen Teammitgliedern zeigt, nicht nur gegenüber Kilian). Da Sieger davon ausgeht, dass Kilian nicht am Wettbewerb teilnimmt, muss er keine Meldezeit nehmen.
Ja, auch in dieser Version frage ich mich, was Kilian in diesem Verein, dieser Mastergruppe macht, wenn der Trainer ihn doch offensichtlich für beschränkt hält.
Weil Sieger, wie Tillmann später erwähnt, bis auf seine KdF-Mentalität (er findet ja an jedem seiner Sportler, der nicht so überirdisch perfekt ist wie Wiebke, etwas auszusetzen) ein erstklassiger Trainer ist. Außerdem hat er nichts gegen Kilian persönlich -er hat schon jemand vor ihm rausgeschmissen, weil die Leistungen kurzfristig nicht seinen Erwartungen entsprachen, und Felix steht ebenfalls auf der Abschussliste.

Jetzt habe ich retrograd meine Geschichte erklärt, was ich eigentlich nicht wollte. Aber nun gut. Wegen der anderen Kritikpunkte werde ich in mich gehen, und hören, was der große Diktator im kreativen Teil der Hirnrinde an Veränderungsmöglichkeiten ausspuckt.

Gruß und schönes Wochenende,
Pardus

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Pardus,

zunächst einmal war das Timing deiner Veröffentlichung dieser Geschichte hier natürlich zu den Paralympics ideal.
Ich weiß nicht, ob ich noch die gleiche Version gelesen habe wie Chris Stone, insofern beziehe ich mich ganz normal auf den heutigen Stand.
Und nach dem finde ich die Geschichte sehr gelungen. Die Katheterszene war mir etwas zu lang, wenn auch natürlich wichtig für das Ende. Vielleicht könnte man das Verbleiben Kilians in dieser Gruppe, in der er vom Trainer nicht ernst genommen wird noch herausarbeiten. Zwar ist klar, dass er unter den den anderen Schwimmern Unterstützung erfährt, ich kann mir auch vorstellen, dass gerade die Ablehnung durch den Trainer ihn bleiben lässt, um es dem irgendwann mal endlich zu beweisen, aber in der Geschichte steht leider nichts davon.
Das wäre aber auch der einzige Kritikpunkt bis auf einige winzige Details:

„Schon gut“, ging Wiebke dazwischen, die offensichtlich schnell verstanden
hier fehlt "hatte"
Mit einem großen Talent kann es bestimmt bis zur Deutschen Meisterschaft und weiter schaffen.
und hier "er"

Wirklich gern gelesen
sim

 

Hallo Pardus!

Ich habe nochmals nachgedacht. Diesmal über den Punkt, dass du den Leser langsam an Kilian und was an ihm anders ist, heranführen willst. Bei mir funktioniert das nicht, ich möchte eher dem Autor den Text an den Kopf hauen.
Warum? Weil ich mir natürlich zu Anfang ein Bild von dem Protagonisten mache, so wie der Autor ihn mir beschreibt (das macht der Leser automatisch, um sich mit dem Protagonisten zu identifizieren).
Also: Kilian flitzt durch die Gegend => Er ist ein ganz normaler Typ.
Dann: Katheder, Harnröhre => Hä? Korrektur des Bildes. Kilian ist irgendwie krank, es geht dabei ums Pinkeln.
Dann: weiche Beine => Wieder eine Korrektur des Bildes (und ich finde das echt nervig! Ich will eine Geschichte lesen, und ich will auch wissen, worum es in dieser Geschichte geht). Das Bild ist jetzt übrigens sehr schwammig, weil ich nicht weiß, was ich mir unter "weichen Beinen" vorstellen soll.
Und zum Schluss? Rollstuhl - und wieder muss ich mir ein neues Bild machen.
Diesen "Schreibtrick" könntest du in einem Film nicht bringen, da kannst du Kilian nicht verstecken. Hier tust du es aber. Kilian läuft, bzw. rollt da rum, als hätte man ein Laken über ihn geworfen und der Leser darf da immer nur ein bisschen drunterblinzeln. Sorry, aber damit kann ich gar nichts anfangen.

Grüße
Chris

 

Was spiete es schon für eine Rolle, dass er im Rollstuhl saß; Kirsten Bruhn schaffte den vorgeschriebenen Startsprung vom Block schließlich auch!
Der Satz steht doch ziemlich am Anfang (und es fehlt ein l in spielte).

 

Hallo sim,

danke für Deinen Kommentar, nur verstehe ich zweierlei nicht:
1. an wen richtet er sich und
2. worauf zielt er ab?

Pardus

 

der erste richtet sich doch deutlich an dich, der zweite an Chris.

 

Hallo sim,
Deinen ersten Kommentar hatte ich völlig übersehen - mea culpa, bitte untertänigst um Vergebung!
Deinen einzigen Kritkpunkt lass ich mir noch durchs Hirn fahren.
Schön, dass Dir die Geschichte ansonsten gefällt.

LG, Pardus

Hallo Chris,
Wie Du in der aktuellen Version lesen kannst, hab ich Deine Kritik, ich würde den Leser verhohnepiepeln, indem ich ihm Kilians Behinderung vorenthalte, ernst genommen.
Nur das Filmargument kann ich so nicht stehen lassen. Ich weiß, dass es in der Literatur den Cinematic Style gibt, sehe mich aber frei, so zu schreiben, oder anders.
Zu den weichen Beinen: unter "festen Beinen" kannst Du Dir was vorstellen, oder? Muskulös, definiert usw. Weich: das Gegenteil.

Gruß, Pardus


PS an alle
Katheter schreibt man mit zwei t :teach:.

 

Hallo Pardus,
die Geschichte hält mich auf jeden Fall gut bei der Stange! Ich finde sie spannend, weil sie mich in eine Welt führt, die mir im Grunde völlig fremd ist, nur durch Britta Steffen und die Paralympics jetzt ein wenig näher gebracht wurde. Gutes timing also! Allerdings bleibt die Frage, ob es ohne den guten Zeitpunkt auch funktioniert hätte. Kilian interessiert mich weitaus mehr, als du von ihm preisgibst. Es ist nicht das Katheterproblem, das ich so ausführlich kennen möchte, darüber reduzierst du ihn eher. Sieger als Gegenpart finde ich zu voraussehbar, da dürfte wesentlich mehr drin sein. Dein Schwerpunkt ist aber so gewählt, dass es da endet, wo es erst richtig interessant wird. Vielleicht etwas weniger Schwimmtechnik, dafür deutlichere Charaktere?
Gerne gelesen.
LG,
Jutta

 

Hallo Jutta,

die Geschichte hält mich auf jeden Fall gut bei der Stange! (...) Gerne gelesen.
Das schmeichelt meinem Ego ungemein.

Es ist nicht das Katheterproblem, das ich so ausführlich kennen möchte, darüber reduzierst du ihn eher.
Klar, die Szene bietet Dir als KS nichts Neues unter der Sonne.
Im Ernst, ich merke selbst, dass sie trotz Kürzens noch viel Platz einnimmt. Da ich sie aber gern drinbehalten möchte, und nicht auf "Rolli schiebt sich Schlauch rein" reduzieren will, bleibt sie vorerst unverändert.

Dein Schwerpunkt ist aber so gewählt, dass es da endet, wo es erst richtig interessant wird.
Bisher war keine Fortsetzung geplant. Aber du bringst mich auf eine Idee ...

Vielleicht etwas weniger Schwimmtechnik, dafür deutlichere Charaktere?
Ich gestehe, hier haben mich eigene Erfahrungen verführt, sie episch breit zu treten. Was die Charaktere anbelangt - muss ich sacken lassen, und sehen, was ich mit ihnen anstelle.

Danke fürs Lesen und Kommentieren.

Grüße, Pardus

 

Hallo Pardus,

Nun galt es nur noch, den jähzonigen Dickopf zu überzeugen.
Dickkopf


Sogar die chronisch verspätete Nina hatte es vor ihm geschafft, die unordentlich vollgestopfte, abgestoßene Ledersporttasche geschultert hastete sie zum Eingang.
geschultert, hastete

Diese Katheter-Szene fand ich als Gesunde, die sich mit dieser Thematik nie beschäftigen muss, interessant und auch wichtig. Aber sie wird durch den falschen Katheter einfach zu lang.

Ich würde das insofern kürzen, dass vor lauter Hast irgendetwas Wichtiges aus der Packung des üblichen Katheters (also die Apothekerin fällt völlig raus) auf den shampoo- und seifenverschmierten Boden fällt, völlig verschmutzt und ohne Desinfektion nicht mehr zu gebrauchen ist. Ist das rein theoretisch möglich? Dann würde sich dieser Abschnitt etwas verschmälern.


Ende der letzten Saison hatte er die wie Kilian selbständige Cilia aus dem Team gedrängt, weil sie mehr Zeit und Energie darauf verwandte, ihren vom Konkurs bedrohten Copyshop zu retten, als ihre Form vom Vorjahr zu halten.
selbstständig - aber in dieser Satzkonstruktion verwirrt das mehr, da man das nicht auf den Beruf bezieht, sondern auf ihr Auftreten.

Entweder streichen - aus dem Folgetext wird klar, dass sie es ist. Andererseits ist mir auch dadurch der Einschub, dass Kilian selbstständig ist, hier zu wenig. Denn wenn es schon erwähnt wird, bin ich auch so neugierig, mich zu fragen, WAS er denn dann arbeitet. Von Cilia erfährt man es, obwohl sie weiter keine Rolle spielt. Von Kilian, dem Hauptprotagonisten, nicht.


Sie war groß, mindestens eins achtzig.
einsachtzig, würde ich mal behaupten.

„Du warst schneller als sie“, lachte Tillmann höhnisch. „Nur ein paar zehntel Sekunden, aber du hast vor ihr angeschlagen Just think about it.“
angeschlagen. Just

„Was glaubst du, wie die alle glotzen, ein Rolli macht 'nen Startsprung!“, stachelte Tillmann ihn immer an, wenn er kurz davor war, zu resignieren. "Was Kirsten Bruhn kann, kannst du auch!"
Das verwirrt, da Tillmann bei dem Gespräch nicht anwesend ist. Ich würde das in die indirekte Rede setzen.

Nicht einsacken! Er zog sich mit aller Kraft nach vorn und klatschte bäuchlings ins Waser, wo er sofort versank wie ein Stein.
... sofort wie ein Stein versank.


Doch er schüttelte nur den Kopf und rollte rasch aus der Schwimmhalle, damit Sieger nicht mitbekam, wie ein heißes Rinnsal zwischen seinen Oberschenkeln hervorquoll und auf den Boden tropfte.
Da hätte ich gerne einen Satz zu der Vorgehensweise, wie er in den Rollstuhl kommt, denn das stelle ich mir auch etwas anstrengend vor und dauert doch seine Zeit.

Mir waren die Schwimmszenen nicht zu lange, denn man spürt beim Lesen, dass der Autor weiß, von was er schreibt und dann kann ich auch schon mal den Fachjargon oder eine bestimmte Sichtweise genießen (ich betrachte das dann auch als ein Stück Allgemeinbildung und achte beim nächsten Schwimmwettkkampf, den ich im Fernsehen sehe, vielleicht auf anderes als zuvor).

Dem Kilian hätte ich gerne noch ein paar private Sätze mehr gegönnt, damit er mir näher kommt. So habe ich kaum eine Vorstellung von ihm, außer, dass er im Rolli sitzt und eine ausgeprägte Oberkörpermuskulatur hat.

Sieger ist ja ein Kotzbrocken! Also irgendwas Nettes könnte man dem doch noch verpassen - ihn über Jahre zu ertragen, nur weil er ein Supertrainer ist und aber keine menschliche Seite zeigt - macht das jemand freiwillig? Ich jedenfalls nicht.

Die Geschichte als solche gefällt mir. Unter anderem eben auch, weil sie in einen Bereich eintaucht, den ich nicht kenne, der mir aber durch den Text nähergebracht wird.

Liebe Grüße
bernadette

 

Hallo bernadette,

hätte nicht geglaubt, dass Kilian noch mal aus dem Geschichtenpool gefischt wird. Thanx for reading!

In Bezug auf größere Änderungen muss ich Dich vertrösten, da Quinn mir heute verschlimmerte chaotische Zustände in einer kürzlich überarbeiteten Geschichte attestiert hat.

Besonders freut mich, dass Du der Schwimm- und der Katheterszene etwas abgewinnen konntest. Ich genieße es ebenfalls, beim Lesen neue Lebenswelten kennen zu lernen.

Die Apothekerin werde ich, glaube ich, drin lassen. Sie verdeutlicht den Gegenpol zu Siegers "ich trau dir nichts zu" - nämlich entmündigendes "helfen wollen" - meinen, es besser zu wissen, als der Betroffene selbst. Die weiche Diskriminierung, sozusagen.

Was Sieger betrifft, kenne ich eine ganze Reihe Gegenbeispiele, icht nur aus dem Sport. Jemandem, der brillante Arbeit leistet, lässt man mehr Felgeleien durchgehen, genauso wie man bei einem charismatischen Menschen schon mal über fachliche Mängel hinweg sieht (und sich hinterher ärgert).
Ich erinnere mich an einen Stuttgarter Eiskunstlauftrainer (Faijfr), der vor etlichen Jahren gefeuert wurde, weil er seine Schüler körperlich und physisch fertig gemacht hat. Aber er brachte sie eben auch zu sportlichen Höchstleistungen - auch nachdem seine Methoden bekannt waren, standen Eltern und erwachsene Sportler noch Schlange.

Wie dem auch sei, eine Nachbearbeitung folgt irgendwann demnächst.


Shalom, Pardus

 

Hallo Pardus,

hätte nicht geglaubt, dass Kilian noch mal aus dem Geschichtenpool gefischt wird. Thanx for reading!
Die KG ist ja grade mal zwei Monate alt. Es ist hier immer wieder mal Praxis, dass auch Texte, die mehrere Jahre alt sind, wieder ans Licht kommen, denn nicht immer das Neueste ist unbedingt das Beste ;).

 
Zuletzt bearbeitet:

Guten Abend, Pardus!

Für das Kopierspiel hab ich in dieser Geschichte gewohnt, aber sie war mir immer ungemütlich. Hier Erklärung.

Kacheln, Kacheln, Kacheln. Umkleidekabine. Sportkörperatmosphäre, Sportgeräusche, Schwimmhallenhall, Sportbegriffe. Sportlicher Ehrgeiz, sportlicher Mißerfolg. Sammelduschen, Trillerpfeifen, Trainersprüche: Auf dem Acker ist bei mir noch nie was gewachsen. Manche Fußballgeschichten können funktionieren, Neunte Liga und so. Das ist irgendwie anders. Aber zu Hallensport kann ich nicht.

Dann Sanitär, noch mehr Kacheln, Medizinische Fachbegriffe, Katheternamen, der Held: Ein Hallensportler mit Pipiproblem, aber das darf ich nicht denken, das ist doch ein Behinderter!, diese endlos lange Katheterszene, die nervte mich unglaublich. Es gibt überhaupt keinen Grund dafür, es sei denn, Du wolltest einfach zeigen, daß Du Dich auskennst: Zur Kenntnis genommen! Aber muß man sich da auskennen, um Kilian näherzukommen? Was genau soll überhaupt dieses dominante Pipiproblem?

Um sich in eine Frau hineinversetzen zu können, die gerade im Wald die Landung eines Raumschiffs beobachtet, muß man doch auch nicht lesen, wie sie kurz vorher im Unterholz mit unpraktischem Schuhwerk beim Versuch, einen benutzten Tampon zu vergraben, hintenüber in einen Haufen Rehscheiße fiel und dabei eine Zahnkrone verlor. Obwohl ...
Deinem Helden jedenfalls nützt die Katheterszene gar nichts, sie zeigt genau das, was man aus Respekt nicht gern direkt ansieht, es sei denn, der andere wäre ein Patient, und als solchen soll ich ihn ja gerade nicht sehen. Die Situation erfordert keine solche Detailflut; es hätte gereicht zu erwähnen, daß er keine Zeit mehr für die Katheteraktion (oder eben die falschen Katheter dabei) hat.

Dann waren mir zu allem Überfluß sämtliche Protagonisten unsympathisch, und ich dachte: Mensch, Pardus, wie hast Du's mit denen nur ausgehalten? Das muß doch wehgetan haben.

Die Geschichte an sich ist gut, Intention, Konflikt und so. Mein Kommentar ist auch keine ordentliche Kritik. Du wirst ihn mir also mit einem Lächeln verzeihen, sonst sag ich Deiner Muse, daß sie aus Deinem ollen Schreibpullover heimlich Fädchen rausziehn soll. Jede Nacht sieben.

Lieben Gruß!
Makita.

 

Salve Makita,

ja, was soll ich sagen? Dir war es in der KG ungemütlich. Macht nix, Du konntest ja nach dem Copywrite wieder aussteigen. Wenn es u.a. am Sportumfeld lag, musst Du in Kauf nehmen, dass es kratzt und beißt, udn ich, dass Du als Leser reißaus nimmst.

Es gibt übrigens auch Schwimmbecken, die mit einer Art rauem Putz ausgekleidet sind. Wenn man da beim Tauchen drüber schrammt, fühlt sich das allerdings an, wie eine Bruchlandung auf der Tartanbahn - also aua.

Als ich die Geschichte schrieb, hatte ich einen guten Grund, die Katheterszene mit Zähnen und Klauen zu verteidigen. Jetzt, mit einiger zeitlicher Distanz, bin ich mir nicht mehr sicher.
Zum einen wollte ich bewusst en Detail einen wichtigen Lebensaspekt von Rollstuhlfahrern, der gerne mit peinlichem Schweigen bemäntelt wird, darstellen. Zum anderen zeigt sich hier, im Verhalten der Sanitätsfachverkäuferin (oder welchem Beruf auch immer diese Personen nachgehen) die weiche Diskriminierung. Sie hilft auf entmündigende Art und Weise; das ist keinen Deut besser als Nichtbeachtung oder Verächtlichmachung.

Meine Prots sind mir fast alle sympathisch, die, welche nicht, geraten flach, was mir jeder aufmerksame Leser sofort auf die Matze schmiert.

Mein Kommentar ist auch keine ordentliche Kritik. Du wirst ihn mir also mit einem Lächeln verzeihen, sonst sag ich Deiner Muse, daß sie aus Deinem ollen Schreibpullover heimlich Fädchen rausziehn soll. Jede Nacht sieben.
Untersteh Dich! Oder ich schreib Dir in der nächsten Geschichte Fäule an alle Deine Erdbeeren und Feuerbrand an die Bäume!

Die Geschichte an sich ist gut
Wenigstens das :).

LG und Shabbat tov,
Pardus

 

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