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Was habt ihr gegen Adjektive?

sim

Seniors
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13.04.2003
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Was habt ihr gegen Adjektive?

Leider nichts wirksames, werden vielleicht einige antworten, ander vielleicht eher auf ihr Radiergumme oder die Delete Taste verweisen, aber genau darin liegt mein Problem.
Es scheint allgemeiner Konses zu sein, dass Adjektive ein Greuel sind, und erschlagen werden müssen, wo immer sie auftauchen.
Immer wieder lese ich in Kritiken hier den Hinweis "Weniger Adjektive", es wird fast dogmenhaft herunter gebetet. Aber warum? Was ist so schlimm an Adjektiven? Gibt es dafür eine rationale Begründung?

Lieben Gruß, sim

 
Zuletzt bearbeitet:

gute adjektive sind gut.

pseudo-poetische adjektive sind schlecht. leute glauben, sie können gut schreiben wenn sie adjektive verwenden. und dann scheissen sie ihren text mit völlig fehlgewählten, unstimmigen, sinnleeren adjektiven zu.

ich glaube der ruf nach weniger adjektiven ist deshalb vorhanden, weil die meisten leute fast nur den adjektiv als stilmittel verwenden. und dadurch zwangsweise eine übermässige und fehlerhafte verwendung stattfindet.

 

Adjektive verleiten den Autor dazu nicht zu zeigen was zu passiert, sondern es bloß zu erzählen. Es ist z.B. leichter über den Protagonist zu schreiben, dass er sich "mutig", "einfallsreich" und "spontan" verhält, aber geschickter ist es, das durch sein Reden und sein Handeln zu zeigen. Die alte Schreibregel "Show, don't tell" wird mM nach durch den Gebrauch zu vieler Adjektive unterbunden.

 

das erste, was mir dazu einfiel: hast Du schon geschrieben: Nix wirksames... :D

nee, im Ernst: Übermäßige Adjektive nerven einfach, weil sie überladen, kitischig und zu viel sind.
Das geht mir aber auch mit übertriebenen Substantiven und Substantivierungen so, ebenso mit übertriebenem Passiv, ständigen (unnötigen) Wortschöpfungen u.ä.

Wenn gute Dinge vom geschickten Autor zur aufdringlichen Aussage gemacht werden, dann auch kann ein noch so geneigter Leser-Kritiker in verstehbares Abschreckungsverhalten gepreßt werden.


Mit Sicherheit auch, weil sie "show, don't tell" außer Kraft setzen.

Gegen Dogmen-Beterei hab ich ebenfalls was. Manchmal müssen Adjektive sein. Manchmal auch massenhaft. Hauptsache, die gehören da auch hin. Das ist Gespür des Autors. Aber Alarm-Glocken sollten - bei Autor und Kritiker - schrillen. Dann überprüfen, was nötig und weiterführend ist, nicht einfach "Fehler" schreien! (das Geheimnis jedes Stilmittels - oder jedes sog. Fehlers)

Ich denke: Adjektive sind gut, aber zu viel des Guten hilft nicht, es schadet...

 

Ein richtig gesetztes Adjektiv entscheidet m.E. maßgeblich mit über die Atmosphäre eines Textes. Dazu muss es allerdings passend sein, an der richtigen Stelle verwendet werden und vor allem sollte es nicht von zahllosen anderen umzingelt sein, die überflüssig sind und dem Leser den Weg versperren. Zuviele Adjektive erwürgen einen Text oft an Stellen wo er (bzw. die Phantasie des Lesers) eigentlich Raum zum Atmen bräuchte.

Es ist eine schwierige Balance. Ich selbst schreibe auch oft sehr adjektivlastig, es wurde mir aber bislang seltenst angekreidet. Vielleicht mache ich ja irgendwas richtig dabei... :D Aber es ist eher eine Gefühlssache, finde ich. Ein kleiner Teil des Mysteriums "Schreiben".

Die von Sim angesprochene dogmatische Forderung nach möglichst wenig Adjektiven stammt z.T. aus dem Journalismus und wurde in die moderne (Unterhaltungs-)Literatur hinübergeschleppt. Oft ist sie jedoch tatsächlich unsinnig, denn die Verwendung von Adjektiven ist auch eine Stilfrage. Jeder so wie er mag, von puristisch bis verspielt.

Allerdings sollte man ruhig ein Auge drauf haben, ob man nicht mit unnötigen Adjektiven um sich wirft.

Ein Beispiel:

"Es war eine dunkle, stürmische Nacht."

Hier ist ein sehr wichtiges und ein total überflüssiges Adjektiv drin. Dunkel sind Nächte in der Regel immer, stürmisch allerdings nur, wenn unsere Atmo das gerade so verlangt.

Ein anderes Beispiel:

"Das ist ein eklektischer Hut, den Sie da tragen, Missus Halfanan!", sagte Bob mit flüsternder Stimme.

Ob ein Hut eklektisch sein kann und was das bedeutet, mag jeder selbst entscheiden. Formulierungen wie "mit flüsternder Stimme" sind allerdings - auch in Kombination mit anderen Adjektiven wie "ängstlich", "mutig" etc. - für mein Empfinden höchst weglassenswert. Dennoch findet man sie sogar in gedruckten und lektorierten Werken immer wieder. Eine der erfolgreichsten Buchreihen des letzten Jahrzehnts z.B. (ich meine "Harry Potter") verwendet dieses (und andere) "Stilmittel" sogar unerträglich oft, was mir die Lektüre an manchen Stellen doch arg verleidet hat.

Ein letztes Beispiel:

"Karen zappelte hektisch und nervös mit allen verfügbaren Gliedmaßen, während sie angespannt zusah, wie Jack konzentriert und schwitzend über die tickende Bombe gebeugt war, die mattschwarz glänzende Flachzange zwischen zwei dünnen Drähten, einem roten und einem blauen, hin und her schwenkte, während die große Digitalanzeige des heimtückischen Zeitzünders dramatisch ihre letzten Sekunden zählte und dabei ihre Gesichter in gespenstisches rotes Licht tauchte."

Solchen Passagen begegnet man häufiger als man glaubt, selbst in gedruckten Werken. Ich behaupte mal, dass man in obigem Text mindestens die Hälfte der vorhandenen Adjektive streichen kann (manche sogar streichen muss!), ohne dass die Passage dadurch verliert - eher im Gegenteil.

Ich hab mir angewöhnt, spätestens beim Überarbeiten jedes Adjektiv unter die Lupe zu nehmen. Wenn es nicht unbedingt nötig ist, fliegt es raus. Worte sollen wie Tropfen des eigenen Blutes sein, heisst es. Dementsprechend sollte man mit ihnen umgehen. ;)

Ist also eine heikle Sache mit den Adjektiven - auf jeden Fall aber eine, die m.E. große Aufmerksamkeit verdient, weil es Stil und Atmosphäre eines Textes entscheidend beeinflußt!

Just my tuppence,
Horni

 

Wenn ich im ersten Absatz eines Textes das Gefühl habe, dass der Autor offensichtlich der Meinung ist, ein Substantiv könne ohne Adjektiv nicht überleben, lese ich nicht weiter!
Die meisten Adjektive sind nichtssagend, wenig bildhaft und kleistern den Text nur zu. Auf solche Anmerkungen wie "grüne Hecke, blauer Himmel und dunkle Nacht" kann ich verzichten, wenn sich jemand nicht für ein bestimmtes Adjektiv entscheiden kann, muss er mir doch nicht gleich zwei Unpassende um die Ohren hauen. Das Bild, welches ich als Autor vor mir habe, wird eh nie 1:1 im Gehirn des Lesers entstehen, da kann man noch so viele Adjektive verwenden.
Wie schon Kafka sagte: Gut wäre es, man müsste gar keine verwenden.

 
Zuletzt bearbeitet:

Dann nehme ich mal die völlige Gegenposition an, wenn sich sonst keiner traut. Ich halte nichts davon, übermässigen Gebrauch von Adjektiven pauschal zu verdammen - es kommt hier auf die Art des Textes an. Meine Lieblingslektüren stammen allesamt aus dem Bereich der "Gothic Novel", wo der Adjektive-pro-Satz-Wert so hoch ist, daß manche hier, ihren Aussagen nach zu urteilen, vor Schreck tot umkippen würden. Und auf Fans heutiger Unterhaltungsliteratur von Hohlbein bis King wirkt das sicher extrem kitschig. Für Menschen jedoch, deren Geschmack sich genau umgekehrt verhält, istd as durchaus nicht der Fall.

Übrigens halte ich auch "Show, dont tell" für einen überaus unsinnigen Ausspruch in Bezug auf unser Genre. Bezüglich Romanen würde ich es jederzeit unterschreiben, aber in einer durchschnittlichen Kurzgeschichte - von etwa 5 DIN A4 Seiten - ist es schlicht und ergreifend nicht machbar, alle erwähnenswerten oder relevanten Eigenschaften genauer auszuführen. Normalerweise beschränkt man sich beim Ausgestalten für eine solche Erzählung auf eine, nämlich die essentiellste Eigenschaft, d.h. die, die für den Fortgang, die Entwicklung oder die Entstehung der beschriebenen Situation von der größten Wichtigkeit ist. Ein guter Autor mag vielleicht auch noch eine zweite Eigenschaft glaubwürdig darstellen können, aber mehr ist aus Platzgründen so ziemlich unmöglich.
Daher halte ich es für völlig legitim und sogar geboten, anderen wichtige oder auch bloß interessante Eigenschaften in wenige Adjektive und Metaphern zu verpacken.


"Es war eine dunkle, stürmische Nacht."

Es gibt aber Nächte, in denen keine Wolke am Himmel, stattdessen aber unzählige Sterne und ein riesiger Mond an selbigem zu finden sind. Da sieht man selbst im Wäldchen ohne künstliche Beleuchtung noch recht gut. Hingegen gibt es auch Nächte, in denen das Firmament von düsteren Wolken blockiert, wie leergefegt aussieht und man dementsprechend keine zwei Meter weit mehr schauen kann. "Dunkel" hat in bezug auf "Nacht" also durchaus einen deutlichen Aussagewert, der noch dazu sehr atmosphärisch wirkt.
So ist es also vielleicht eine gute Idee, zu versuchen, mehrere Ebenen in den Adjektiven zu erkennen, bevor man sie anschwärzt. Speziell, wenn man sie selbst als Beispiel geschrieben hat. ;)

 

Ich danke euch für eure bisherigen Meinungen.
Insgesamt gab es ja recht plausible Gründe gegen die Adjektive, die nicht nur den Geruch der Geschmackspolizei hatten. ;)
Deinen Einwand die dunkkle Nacht betreffnd hatte ich auch, Falk. Es gibt Nächte, die eindeutig dunkler sind, als andere.
Ich nehme mal die Geschichten Wolfgang Borcherts als Beispiel. Ihnen wurde und wird von Literaturwissenschaftlern immer wieder vorgeworfen, Trivialliteratur zu sein. Ihre fundamentale Kraft liegt eindeutig in dem exzessiven Gebrauch von Adjektiven. Ohne diese wären seine Geschichten nicht halb so beeindruckend.
Natürlich werden Stimmungen auch durch richtig angewendete Verben und durch die Satzlänge hergestellt. Aber ich halte die Adjektive für wichtig.
Ob wirklich jedes sinnvoll ist, oder vielleicht das Gegenteil von dem erreicht, was es erreichen soll, darüber würde ich immer nur im Einzelfall urteilen mögen.

 

Moin!

@falk:
Niemand hier hat die generelle Verwendung von Adjektiven verdammt. Der allgemeine Tenor war m.E. bislang: "Ja, wo sinnvoll, Menge ja nach Stil." - es gibt also kein pro oder contra... :dozey:

Zum anderen: Sorry, aber eine "dunkle Nacht" ist für mich schlicht eine Tautologie. Das hat nix mit "Ebenen" zu tun. Denn es geht ja nicht um die Streichung notwendiger oder passender Adjektive, sondern redundanter. Gerade eine Kurzgeschichte sollte ökonomisch angegangen werden, da hier der Platz begrenzt ist. Arbeit des Schriftstellers: Das eine Wort zu finden, das trifft - statt deren vier, die eher schwammig sind, damit der Leser sich eines aussuchen kann...

Man kann z.B. schreiben "mondlose Nacht", "wolkenverhangene Nacht" usw. - allesamt spezifischer und atmosphärischer als "dunkel". Es geht als um die Verwendung des richtigen Adjektivs, so man denn eines verwendet. (Wer schon Beispiele zitiert, sollte zumindest deren Zielsetzung begriffen haben... ;) )

Schönes Wochenende,
Horni

PS: Auch in Deiner Lieblingslektüre gibt es mit Sicherheit Beispiele für guten und für weniger guten Umgang mit Adjektiven - das ist genreunabhängig.

 

Genau das ist der Punkt, Horni,

und ein weiteres:
das Problem der "einfachen" Adjektive ist, dass sie ein statisches Bild beschreiben. Eine Geschichte lebt aber von der Dynamik. Warum also nicht das "stürmisch" in wirkliche Aktivität umwandeln? Der Sturm zerrte an seiner Kleidung, nahm ihm den Atem, usw. Schaut Euch den ersten Absatz von "Das Parfüm" an, da ist man mitten in einer dynamischen Welt und hat gleichzeitig eine Vielzahl von Sinneseindrücken.

L.G.

Joh

 

Hallo sim!

Hier meine - zugegeben: abgedrehte - Meinung:

Adjektive sind was verhältnismäßig komplexes fürs Sprachzentrum. Man lernt erstmal was über DINGE, Nomen, dann über HANDLUNGEN, Verben, und Adjektive kommen danach viel später.

Daran liegt's, dass sich der Satz:

Seine Fingerspitze kroch meine Brust hinauf und schoss Hitze in jeden einzelnen Nerv.

viel direkter und eindruckvoller liest als:

Seine große Hand lag auf meiner warmen, fast heißen Brust.

...obwohl die Ausssagen eigentlich identisch sind.

Wenn ich meine eingenen Texte überarbeite, merke ich, dass Adjektive BREMSEN. Warum, weiss ich nicht genau, meine Vermutung habe ich ja schon geäußert.

Gernot

 

Hi!

ich gebe Markus völlig Recht!

Auch, was die "dunkle Nacht" angeht. Er hat ja nicht gesagt: Niemals macht es Sinn, das zu schreiben...

Ich kann mir sehr wohl Nächte vorstellen, die mehr, oder weniger dunkel sind. Und kann mir auch vorstellen, selbst "dunkle Nacht" zu schreiben. Aber das bedeutet nicht, daß ich damit einfach sagen möchte: Die Sonne scheint nicht. Dann würde ich vielleicht - im Gegensatz zu einer schon geschilderten, anderen Nacht oder Situation? - betonen wollen, daß diese Nacht tatsächlich dunkel war.
Ich bezweifele aber, daß ich selbst dann einfach "dunkle Nacht" schreiben würde. Vermutlich wäre es wenigstens "in dieser wahrhaft dunklen Nacht"... noch schlauer wäre es aber vermutlich, ein Adjektiv mit so wenig Aussagewert hier zu vermeiden.
Wenigstens "finstere Nacht" wäre doch möglich?

Außerdem habe auch ich mich "getraut", Adjektive nicht zu verbannen :D vermutlich aber unter Auslassung sovieler notwendiger Adjektive, daß es nicht verständlich war :confused: ... :D

 

Geschrieben von Gernot
Adjektive sind was verhältnismäßig komplexes fürs Sprachzentrum. Man lernt erstmal was über DINGE, Nomen, dann über HANDLUNGEN, Verben, und Adjektive kommen danach viel später.

Daran liegt's, dass sich der Satz:

Seine Fingerspitze kroch meine Brust hinauf und schoss Hitze in jeden einzelnen Nerv.

viel direkter und eindruckvoller liest als:

Seine große Hand lag auf meiner warmen, fast heißen Brust.

:thumbsup:

Noch ein Wort zum Show, don´t tell. Ich finde nicht, daß es sich mit einer eventuellen Notwendigkeit, den Text kurz zu halten, beißt. Zumindest was die Adjektive angeht, von denen hier die Rede ist. Auch das Show besitzt mehrere Ebenen. Man muß sich nicht gleich eine Szene mit Dialog darunter vorstellen. Hier eine Gegenüberstellung:
SHOW: Er hatte damals als einziger gewagt, dem Chef ins Gesicht zu sagen, daß der Betriebsrat lediglich ein Marionettentheater war, das die Arbeiter ruhigstellen sollte. Die Kollegen applaudierten, Chef feuerte ihn.
TELL: Er hatte seinen Job recht schnell durch zwar mutige und wahre aber nichtsdestotrotz unbedachte Äußerungen gegenüber seinem Chef verloren.

r

 

Niemand hier hat die generelle Verwendung von Adjektiven verdammt. Der allgemeine Tenor war m.E. bislang: "Ja, wo sinnvoll, Menge ja nach Stil." - es gibt also kein pro oder contra...

Falsch.

Guckstu:

Zuviele Adjektive erwürgen einen Text oft an Stellen wo er (bzw. die Phantasie des Lesers) eigentlich Raum zum Atmen bräuchte.

Übermäßige Adjektive nerven einfach, weil sie überladen, kitischig und zu viel sind.

Wenn ich im ersten Absatz eines Textes das Gefühl habe, dass der Autor offensichtlich der Meinung ist, ein Substantiv könne ohne Adjektiv nicht überleben, lese ich nicht weiter!

Im übrigen bin ich durchaus der Meinung, daß in der heutigen Unterhaltungsliteratur viel zu wenige Adjektive verwendet werden. Es kann doch ein schönes Stilmittel sein, Dinge zwei oder gar dreimal zu sagen - und auch Tautologien sind durchaus ein mögliches sprachliches Bild.
Leider aber vertreten (mMn) zu viele Autoren dieselbe Meinung wie ihr, weswegen sich so viele Text - zumindest für mich - völlig gleich lesen. Eine Metapher pro Absatz ist das einzige Stilmittel in 80% aller Texte, die man hier finden kann (und nicht nur hier). Das ist doch langweilig - es mag zwar dem Erzählten dienen, aber dabei bleibt zu häufig das eigentliche Mittel, die meiner Meinung nach eigentliche Kunst, die Sprache, auf der Strecke.

Das ist meine Meinung und deswegen fordere ich eher "unnötige" Adjektive als das Beschränken auf sinnvolle Adjektive.

@dunkle Nacht
Sicher gibt es bessere Alternativen, aber deswegen ist "dunkel" weder sinnlos noch falsch noch unpassend noch irgend etwas anderes derartiges.

 

@falk:

Guckstu:

Geschrieben von Horni
Ein richtig gesetztes Adjektiv entscheidet m.E. maßgeblich mit über die Atmosphäre eines Textes. [...] Ich selbst schreibe auch oft sehr adjektivlastig, [...]Die von Sim angesprochene dogmatische Forderung nach möglichst wenig Adjektiven [...]Oft ist sie jedoch tatsächlich unsinnig,[...] denn die Verwendung von Adjektiven ist auch eine Stilfrage. Jeder so wie er mag, von puristisch bis verspielt. [...]Ist also eine heikle Sache mit den Adjektiven - auf jeden Fall aber eine, die m.E. große Aufmerksamkeit verdient, weil es Stil und Atmosphäre eines Textes entscheidend beeinflußt!
Wieder mal nur gelesen, was gerade so passte? ;)

Ansonsten: Gerade das, was Du hier so vehement verteidigst, nämlich Adjektive um ihrer selbst willen oder weil man sich anderweitig nicht zu helfen weiß, finde ich leider nich so toll. Natürlich braucht man Adjektive, wenn man dies oder jenes beschreiben will. Das ist ja auch ihre Aufgabe. Aber ein Teil der Kunst beim Schreiben besteht m.E. gerade darin, in allen Fällen den denkbar besten und für den Leser interessantesten, eindringlichsten, zutreffendsten Weg zu finden (das waren drei hintereinander! :D ), etwas auszudrücken. Und das ist eben nicht immer unbedingt ein Adjektiv. Sprachkunst und Ästhetik beschränkt und erschöpft sich mMn nicht und zu allerletzt in der möglichst exzessiven Verwendung von Eigenschaftsworten. Ich kenne zahlreiche, u.U. sehr poetische Texte, die mit erstaunlich wenigen oder zumindest durchschnittlich vielen auskommen. Es gibt auch sehr schöne Texte in geradezu "barockem Design", die ebenfalls sehr schön sind - solange die Schnörkel passen!

Überflüssig zu erwähnen eigentlich, dass das natürlich nur meinen persönlichen Ansatz widerspiegelt, den ich sowohl beim Lesen als auch und gerade beim Schreiben verfolge. Letzen Endes bleibt es natürlich jedem selbst überlassen. Aber das Ergebnis muss mir dann halt nicht immer gefallen. ;)

@rel:
Klasse Beispiel! Genau sowas meinte ich u.a.!

Gruß,
Horni

PS: Von Adverbien wollen wir gar nicht erst anfangen... :D

 

Horni schreibt: PS: Von Adverbien wollen wir gar nicht erst anfangen...

Ich glaube, dass für Adverbien das gleiche gilt wie für Adjektive, nur dass man sie ohnenin weniger verwendet. Es schreibt ja eh keiner: "ging schnell" anstelle von "rannte".

Gernot

 

Geschrieben von Gernot
Ich glaube, dass für Adverbien das gleiche gilt wie für Adjektive, nur dass man sie ohnenin weniger verwendet. Es schreibt ja eh keiner: "ging schnell" anstelle von "rannte".
Da wär ich mir aber nicht so sicher... :susp:

r

 

@Horni
Ok, vielleicht hätte ich das Zitat nicht so aus dem Zusammenhang reißen sollen, aber... öh... sorry. :)

Ich finde auch, daß man sprachlich hochwertiges auch ohne Adjektive produzieren kann. Ambrose Bierce ist da mein Lieblingsbeispiel.
Nur Texte wie aus der "schwarzen Romantik" würden bzw. werden heute als kischig empfunden, obwohl sie meiner Meinung nach sehr gut gearbeitet sind. Das hängt eben einfach damit zusammen, daß der heutige Leser mehr diesen King/Hohlbein/Clancy/etc.-Stil gewohnt ist, der genau die entgegengesetzte Richtung verfolgt. Da hilft es auch nichts, wenn ein "Gothic Novel"-Autor handwerklich genial ist - der übermäßige Einsatz von Adjektiven ist quasi per definitionem Kitsch und minderwertig (d.h. wird so empfunden).

Und ich persönlich finde wirklich, daß die Sprache an sich wichtiger ist als die Geschichte. Eine gut erzählte Story (im "King-Stil" also) fesselt mich zwar, aber so schnell, wie ich sie verschlinge, vergesse ich sie auch wieder. Bei einem Buch wie etwa Lewis' "Der Mönch" geht das Lesen wesentlich schwerfälliger voran, aber dafür läßt es mich auch danach nicht mehr los und ich schaue gerne mal wieder nach, welche schön klingenden Passagen ich mir so angestrichen habe. (Ich markiere immer die schönsten Stellen :) )

Aber natürlich stimmen wir überein, daß man Adjektive prinzipiell dem Stil gemäß eisnetzen sollte. Dein letztes Beispiel empfinde ich eben auch nicht als besonders... hübsch... es klingt alles unpassend.

Die Frage ist mMn also: Adjektive für die Formkunst oder die Erzählkunst?

Ich tendiere zu ersterem.

 
Zuletzt bearbeitet:

Asche auf dein Haupt... *streu* :D

Naja, ich bin halt eher der klassische Märchenonkel, d.h. für mich hat i.d.R. das Geschichtenerzählen eher Priorität, daher meine Tendenz zu zweiterem. Besonders schön ist es natürlich, wenn man in einem lichten Moment beides unter einen Hut kriegt. ;)

Was die Kitsch-Frage angeht: Ich wurde auch schon des Kitschs bezichtigt (Frechheit, oder? :D ), und das aus den unterschiedlichsten Gründen - ich denke, dieser Begriff ist leider mittlerweile viel zu inflationär und schwammig geworden, als dass sich damit eine wirkliche Aussage machen ließe. Einigen wir uns auf "verspielt" bzw. "barock" oder sowas?

Neulich z.B. las ich die "Sleepy-Hollow"-Geschichte von Irving (also dem Alten!) und der Text wirkte auf mich furchtbar... umständlich (okay, dass er auf englisch war, verschärfte das natürlich). Das Wort, das mir irgendwann in den Sinn kam, war "unmodern". Moderne Erzählungen haben m.E. einen ganz anderen Ansatz, was die Vermittlung von Inhalten angeht (mal unabhängig von der Entwicklung der Literatur per se), weil moderne Menschen auch anders kommunizieren. Ich denke, dass irgendwo da der Hund begraben liegt. Insofern ist deine "Lust am Adjektiv" vielleicht auch ein bißchen Nostalgie? ;)

PS: Geh mir wech mit Hohlbein... :rolleyes: *Satanas weiche!* :D

 

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