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Horror - Wie viel ist zu viel?

Seniors
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09.05.2004
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Horror - Wie viel ist zu viel?

hi hallöchen!

also, die meisten storys, die ich schreibe, sind in der kategorie Horror unterzuordnen.

bei manchen geschichten liest man oft: mir kommt das essen hoch, die brutalität in der gesch. ist zu hoch, usw.

da ich grad selbst an einer ziemlich blutigen story schreibe ist meine frage:

wie viel ist zu viel?

wenn z. b. eine geschichte von gedärmexplosionen (nicht bildlich gemeint, also alle ekelhaften szenen) überquillt, wird sie dann zu krass?

wär für hilfe dankbar

Tama

 

Kann man nicht so pauschalisieren. Zuviel ist es für mich, wenn ein Text nur um der Schockwirkung wegen Ekelszenen enthält und die Handlung ihretwegen unnötig auswalzt.

 

Ich kann auch keine wirkliche Grenze defenieren, allgemein sowieso nicht, aber auch für mich persönlich nicht.
Ich gflaub, es kommt immer darauf an, wie die Gewalt dargestellt wird.

Ein Vergleich, der vielleicht ein wenig hinkt: In Kill Bill werden massenhaft Gliedmassen abgetrennt, Blut tritt in Meeren auf, dennoch fand ich die Brutalität nicht schockierend, da Tarantino das ganze so unwirklich erscheinen lässt, dass man sogar über das ein oder andere Bein das durch den Raum fliegt lachen kann. Ähnlich Jacksons Braindead.
Anders aber eine KG von Clive Barker, die ich neulich gelesen habe, und wo es mir echt beinahe hochkam: Der Mitternachts-Fleischzug. In dieser Geschichte wird weitaus weniger entstümmelt, als in den beiden Filmen, da aber jegliche witzige/satirische Komponente fehlt, wirkt sie weitaus widerlicher, verstörender.

Ich selbst werde in meinen Geschichten denke ich keine Konsesionen beim Thema Gewalt eingehen. Jede Geschichte bekommt bei mir die Portion Gewalt, die sie verdient hat und die sie zu einer guten Geschichte werden lässt. Ob wir jetzt auf 30 Seiten einen Toten oder auf 15 dreißig, dass ist dann scheißegal.

Ginny möchte ich widersprechen. Für mich kann Gewalt auch Mittelpunkt einer Geschichte sein - z.B. From Dusk Till Dawn.

Anders sehe ich das aber bei sexueller Gewalt, ich glaube, da sollte der Schlussstrich dann doch ziemlich früh gezogen werden. Man sollte, finde ich, z.B. keine drei Seiten Vergewaltigung oder Kindesmissbrauch in einer Geschichte haben.

 
Zuletzt bearbeitet:

Ginny möchte ich widersprechen. Für mich kann Gewalt auch Mittelpunkt einer Geschichte sein - z.B. From Dusk Till Dawn.
Ich hab nichts dagegen, wenn Gewalt ein oder das Hauptthema in einem Film/in einer Geschichte ist. Und auch "From Dusk till dawn" besteht mM nach nicht aus sinnlosem Rumgemetzel, ebensowenig wie z.B. der Roman "Misery" von King trotz expliziter Gewaltschilderungen zuviel davon enthält. Die Filme, die im Free-TV laufen, übersteigen meine Grenze noch nicht. ;-)
Deswegen kann auch bei mir Gewalt durchaus der Mittelpunkt einer Geschichte sein, es kommt auf die Aufbereitung an.

Meine Grenze definiere ich in etwa so: Wenn die Schilderung so ausführlich ist wie sie sein muss, damit der Leser begreift was da vor sich geht, dann ist sie in Ordnung. Wenn der Leser bereits ein klares Bild vor Augen hat was geschieht und die Schilderungen trotzdem kein Ende nehmen _und nur noch Selbstzweck_ sind, dann ist es zuviel und verfehlt seine Wirkung bei mir.

 

hi!

@ kevin:
mitternachts-fleischzug wollte ich auch nennen. die erste richtige story, die ich von barker gelesen hab, und dann die stelle, wo sie ihm die zunge rausreißen, er ohnmächtig wird und als er aufwacht, kann er seinen mund nicht öffnen, da geronnes blut darin ist.
das war beinah zu viel. diese stelle hat sich in mein gehirn gebrannt. trotzdem fand ich die geschichte klasse, einfach spitze geschrieben, und ich konnte es noch nicht ins "perverse" verschieben.

Man sollte, finde ich, z.B. keine drei Seiten Vergewaltigung oder Kindesmissbrauch in einer Geschichte haben.
das finde ich auch. das ist einfach zu schlimm, wahrscheinlich weil es einfach zu alltäglich ist.

 

also, die meisten storys, die ich schreibe, sind in der kategorie Horror unterzuordnen.
Sehr gut! :D
wenn z. b. eine geschichte von gedärmexplosionen (nicht bildlich gemeint, also alle ekelhaften szenen) überquillt, wird sie dann zu krass?
'Zu krass' ist einerseits Ansichtsache und mMn heute kaum mehr möglich. Es kommt viel mehr drauf an, ob es billig (erzwungen, sinnlos, zum tausendsten Mal gelesen) ist oder wirksam, passend (vor allem zur Situation, zum Protagonisten oder zum Wesen, das den Schmerz verbreitet). Auch beim 'Bluten' muss der Autor seine Phantasie aktivieren. Das ist für mich das Wichtigste.

Vielleicht sag ich nochmal was dazu...

mfg und bis dann,

Van

 

Es gibt kein »zuviel«.

Es gibt nur ein wie.

From Dusk till Dawn zelebriert die Lust an klassischem Horror durch totale Überhöhung der Effekte, durch Blut und Ekel- aber schön ironisch das Ganze.

Tarantino hat seinen eigenen Bonus, aber er hat auch ein Problem: Er darf sich niemals wiederholen. Ich liebe Tarantino, und hoffe er hört nie auf- aber eine Schlitzerei wie in Kill Bill kann er nicht mehr bringen, denke ich.

Stephen King, Wegbereiter der realistischen Gewalttaten, schockierte durch absolute Nüchternheit bis ins Detail- Clive Barker gab uns jede Brutalität in geschliffener und poetischer Weise.
Thomas Harris Gewalt beruht auf Notwendigkeit, ist bei aller Brutalität sehr zurückhaltend und unparteiisch geschrieben. Die Morde Dr. Lecters sind nie Selbstzweck, außer für Dr. Lecter natürlich. Die Balkonsszene mit Pazzi in »Hannibal« ist krass, aber großartig.
Diese Leute haben auch mindestens (mit Ausnahme Barkers, der ein absolutes Genie ist und geile KG schreibt) 500 Seiten Zeit, der Gewalt den entsprechenden Rahmen zu geben.
In einer Kurzgeschichte richtig Blut fließen zu lassen, ist schwierig, finde ich.
Es gilt, Klischees zu vermeiden, sowohl was die allzu explizite Ausschmückung von Details als auch den Zweck der Gewalt angeht.
Sich im Ekel zu steigern und zu übertreffen, finde ich pupertär; und was noch bedenklicher ist: Wenn ein neues Feld betreten wurde ( z.b Süße Fäulnis) ist es meiner Meinung nach verbrannte Erde. Es sollte weder versucht werden es zu steigern, noch zu übertreffen.
Damit versucht man nur, eine Idee aufzublähen.

Für mich hat Horror schon immer Unbehagen und Spannung bedeutet, aber niemals Ekel.
Ekel ist ein isoliertes Empfinden.
Süße Fäulnis (Wenn ich noch einmal auf die Story hinweise, gewinne ich einen Brotbackautomaten) ist der einzige Fall, der mir je untergekommen ist, indem sich Abscheu und Faszination nicht gegenseitig torpedieren.

Aber was solls: Schlimmer als explizite Gewalt sind Formulierungen wie:
»Ihm gefror das Blut in den Adern«
»Ich bin ein Vampir- ein Geschöpf der Nacht. Ich bin untot, mich kann man nicht töten, ich bin bereits tot«, und alles andere, was mir mit der Brechstange in den Schädel drischt, dass wir es mit einem VAMPIR! Zu tun haben.

Und alle Geschichten, in denen einer von einem Fremden zugelabert wird, der dann plötzlich verschwindet- und dann erzählt die neunzigjährige Haushälterin, dass dieser Fremde schon vor 10 Jahren gestorben ist. Buh.


J.

 

Moin allerseits!

"Dawn of the dead", "Day of the dead", "Kettensägenmassaker", "Freitag der 13." - alles Filme, die den Tabubruch produzieren, und das sind keineswegs die schlechtesten Filme. Die Grenzen des guten Geschmacks, des Teiles, der erzählt werden darf, weiter zu stecken, auch das ist ein Anliegen des Horrorfilms (der Roman hat es da schwerer, meist kommt es ziemlich platt rüber, wenn ich Brutalitäten wertungsfrei und ohne Innovation erzähle).
Was ich ablehne und rundweg furchtbar finde sind Filme à la "Gesichter des Todes" - rein plakative Sachen, die nur den Gaffer in uns ansprechen. Wenn es nur das wäre (natürlich spricht die Szene in "Omen", in der die Scheibe mit dem Kopf obendrauf durch die Luft segelt, unsere Gaffermentalität an, aber da beruht nicht der Film drauf!), ginge es ja noch, aber die unsägliche Reihe beruft sich auf ein pseudowissenschaftliches Interesse.

Im Übrigen kommen Szenen, in denen Gewalt unverhüllt dargestellt wird genau so scheiße rüber, wie Sexszenen, in denen alles gezeigt wird. Abtörnend sowas.
Ich für meinen Teil finde die Darstellungen besser, die sich auf die Reaktionen der Prots "beschränken" viel besser, zum Beispiel.
In Relysiums Werk "Sehen Sie es ein" gibt es eine Szene, in der der Böse immer wieder mit einer Spritze in sein Opfer sticht. Die Vorstellung ist schlimm. Doch wie bringe ich dieses Bild in meinen Rezipienten hinein? Ich kann schreiben: Und er stach immer wieder zu. Das kann ich, ja. Wirkt aber nicht so toll, wie auf die Art, die Rel. angewandt hat. Lest es euch durch - ihr könnt etwas lernen!

Oder eine andere Methode, die Brutalitäten zu beschreiben, der Prot ist eines Teiles seiner Sinne beraubt, er kann nicht mehr sehen, zum Beispiel, und ist auf seine Ohren angewiesen und lauscht angestrengt, welche Brutalitäten wohl abgehen. :D

Also niemals die Gewalttaten selber beschreiben, das kann jeder, sondern die Auswirkungen, den Schmerz, das Leid. Vielleicht kriegt ihr es dann sogar fertig, etwas Hochwertiges zu schreiben.

Viele Grüße von hier!

 

JackTorrance schrieb:
Und alle Geschichten, in denen einer von einem Fremden zugelabert wird, der dann plötzlich verschwindet- und dann erzählt die neunzigjährige Haushälterin, dass dieser Fremde schon vor 10 Jahren gestorben ist. Buh.
Full ACK
Hey, von diesen Geschichten gibt es bedrohlich viele.

Meine nächste Erzählung wird die Grenzen des Erträglichen möglicherweise ein wenig weiter ziehen als man sie bisher kannte, aber es wird dennoch keine Gewalt-Pornographie werden - hoffe ich.

Aus meiner Sicht gibt es kein "zuviel". Es gibt nur gut und schlecht.

r

 

relysium schrieb:
Meine nächste Erzählung wird die Grenzen des Erträglichen möglicherweise ein wenig weiter ziehen als man sie bisher kannte, aber es wird dennoch keine Gewalt-Pornographie werden - hoffe ich.
Solange keine Kratzspuren drin vorkommen ...

;)

 

Zu dem Thema fällt mir ein, wie Stephen King mal auf die Frage, warum er so scheußliches Zeug schreibe und ob es für ihn auch irgendwo eine Grenze gebe, antwortete (sinngemäß): "Solange ich beim Schreiben nicht kotzen muss, ist alles in Ordnung..." ;)

 

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