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Was ist ein Klischee?

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04.01.2004
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Was ist ein Klischee?

Nachdem ich die Kritik, eine KG sei zu "klischeehaft" bei eigenen und fremden Geschichten sooo häufig gesehen habe, ist mir immer noch nicht so ganz klar, was ein Klischee denn nun genau ist. Bei meinen laienhaften Überlegungen habe ich mal so folgende Punkte gesammelt (ohne Anspruch auf wissenschaftliche Exaktheit :D):

1. Ein Vorurteil, ein Stereotyp wird verwendet, z. B. die dumme Blondine, dadurch werden alle Blondinen diskriminiert.
2. Ein Prot wird zu einseitig dargestellt, z. B. ist er nur reich und arrogant. Solche Menschen gibt es zwar im wirklichen Leben, das kann in der Literatur jedoch platt, langweilig wirken, zwiespältige Charaktere sind spannender.
3. Der Plot selber ist schon tausendmal geschrieben worden. Ich denke, hierbei kommt es immer noch auf die Umsetzung an.
4. Die Kg wirkt unglaubwürdig, der Autor hat zwar einen vielschichtigen Prot vor Augen, aber das kommt beim Leser nicht an. Also schlicht schlecht geschrieben.
5. Es ist Geschmackssache, der eine Leser mag es, der andere hat so etwas schon zigmal gelesen und findet es langweilig.
6. Crazy Janey ergänzte noch, dass eine Figur, die z. B. nur einen Satz sagt, austauschbar sind. Das nennt sich dann "missbrauchte" Figur.

(Nachtrag:) In einer Schreibwerkstatt haben ich einmal den Tipp bekommen, die einzelnen Figuren erst schriftlich zu skizzieren und dabei für Aussehen, Mimik, Gestik, Beruf, Wünsche, Ängste etc. jeweils einige klischeehafte und nicht-klischeehafte Eigenschaften zu definieren. So wird eine Figur farbiger, interessanter. Danach habe ich kapiert, was an Klischees so schlecht ist: Natürlich gibt es den bösen Ausbeuter etc., aber er ist in der Literatur langweilig! Zwiespältige Charaktere sind interessanter.

Die einzelnen Punkte hängen wohl oft zusammen. Meine Bitte an alle Kritiker:
Bitte schreibt konkret, was euch an einer KG stört, was ihr als klischeehaft empfindet! Nur damit kann der/die Autor/in etwas anfangen.
Bin gespannt auf eurer Wissen, eure Erfahrungen und eure Meinungen!
tamara

 
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Ich verlinke noch einmal eine Definition von wissen.de

sorry, ich meinte natürlich diese hier ;)

 

Das Duden-Bedeutungswörterbuch sagt dazu:

... eingefahrene, überkommene, in der Konvention befangene Vorstellung von etwas, die jmds. Denken beherrscht: viele Menschen denken in Klischees. Syn.: Binsenwahrheit, Binsenweisheit, Gemeinplatz, Schablone.

 

Hallo,
im Lexikon habe ich auch schon nachgeschlagen. Worum es mir geht ist, genauer zu ergründen, wann, wo, wie, warum eine KG klischeehaft wirkt, ist es der Prot, der Plot oder die Umsetzung oder immer alles? Ich habe bei Wikipedia eine Definition gefunden, die auch auf die Literatur eingeht und eine lange Liste lustiger Beispiele im Film: Klischee
Aber mich interessiert auch eure Meinung! Seht ihr in jeder zweiten Geschichte ein Klischee oder gefällt sie euch auch, wenn sie Klischees benutzt, aber gut geschrieben ist? Vielleicht habe ich zuviel gefragt oder zuwenig!

@Sim: dein erster Link führt nur zu der drucktechnischen Definition, der zweite rödelt endlos rum.

 

nanu, hatte sie doch beide ausprobiert.

ich fand die drucktechnische Definition allerdings gar nicht so uninteressant, sie könnte uns auch dort hin führen, was es in unserem Sinne bedeutet.

 

Meiner Ansicht nach trifft es Punkt 1 am ehesten. Ich sehe auch keinen Unterschied zu Punkt 2, diese Stereotypen halt.

Was mich auch stört, sind Formulierungen wie "ihre Tränen glitzerten wie Diamanten auf ihrer seidigen Haut". Keine Ahnung, ob es als eine Klischee-Formulierung gilt, aber auf jeden Fall ist es eine abgedroschene Metapher in meinen Augen.

Bei 3 stimme ich Dir zu, es ist sicher so, dass es kaum wirklich neue Plots gibt, aber es kommt entscheidend auf die Umsetzung an.

 

Ha, jetzt ist mir eingefallen, was ich vorhin vergessen habe (ich werde wohl doch älter! :dozey: ): In einer Schreibwerkstatt haben ich einmal den Tipp bekommen, die einzelnen Figuren erst schriftlich zu skizzieren und dabei für Aussehen, Mimik, Gestik, Beruf, Wünsche, Ängste etc. jeweils einige klischeehafte und nicht-klischeehafte Eigenschaften zu definieren. So wird eine Figur farbiger, interessanter. Danach habe ich kapiert, was an Klischees so schlecht ist: Natürlich gibt es den bösen Ausbeuter etc., aber er ist in der Literatur langweilig! Zwiespältige Charaktere sind interessanter.

 

Klischee-Figuren sind auch so vorhersehbar in ihrem Handeln. Ich glaube nicht, dass es viele Menschen gibt, die einem Klischee zur Gänze entsprechen. Daher denke ich, dass solche Figuren einfach vom Autor reduziert werden auf ein, zwei Eigenschaften, was dann sehr schnell langweilig ist.

 

Das meiner Meinung nach schlimmste Klischee ist die Unterteilung in "gut" und "böse".

Wahre Kunst bedeutet, einen Protagonisten für seine Geschichte zu erfinden, der kein Held ist, und einen "Bösewicht", in den man sich hineinversetzen kann, so dass er plötzlich gar nicht mehr böse erscheint.

Dieses schwarz-weiß denken ist meiner Meinung nach grauenvoll.

Andere Klischees, die ich nicht leiden kann:

Ausgelutschte Metaphern, die man sich irgendwo zusammengeklaut hat.

Übertriebene, kitschige Gefühlsduselei, um beim Leser zwanghaft Emotionen zu wecken.

Ausgetretene Pfade noch weiter auszutreten, in Ermangelung des Mutes, etwas anderes zu schreiben als das, was von einigen als "gute Literatur" eingestuft wird.

 

Ich würde noch ergänzen, dass klischeehafte Figuren solche sind, bei denen es keinerlei Widersprüche oder Überraschungen gibt, die genau so sind, sich die ganze Zeit genau so verhalten, wie der Leser es bei ihrem ersten Auftraten bereits erwartet. Hm, vielleicht sind das aber auch einfach langweilige Figuren. Ist aber genauso schlimm

 

Ja, ja, stimmt alles! Warum rutsche ich und andere dann bloß immer wieder in den Sumpf irgendeines Klieschees? Vielleicht will ich den Leser zu sehr mit der Nase drauf stoßen: HIER, sieh mal, so böse ist der, so lieb dieser! ???
Anderseits fallen mir viele Klischees gar nicht auf. Sehr aufschlussreich und lustig war die Liste von Klischees in Filmen bei Wikipedia. Mein Lieblingsbeispiel:

In Verfolgungsjagden in Vorstädten im Mittelmeerraum werden Obstkarren oder Obststände (wahlweise: ein ganzer Obstmarkt) niedergefahren, worauf der Bauer (etc.) schimpfend seine Faust hebt
Wenn da auch überall immer Oststände rumstehen! :D

 

Wirklich erschreckend wie oft man diese Szene schon gesehen hat...

Ich glaube, ich bau die mal in meine nächste Geschichte ein :D

 

Man muss wohl seine Texte auf Klischees hin überprüfen, wobei es Eigenschaftsklischees und Handlungsklischees gibt. Ein Klischee kann aber auch zur Pointierung dienen, bis hin zu parodistischen Effekten (da kann auch die Grenze zur Satire überschritten werden).

Meines Erachtens nach ist der ‚Hauptschaden’, den ein Klischee anrichtet, das Verzerren der Wahrheit (Realität).

 

Ich glaube ein Klischee ist ein Plot., eine Person..., die schon von vorneherein vorhersehbar sind. Alles ist genauso, wie man es erwartet und das macht eine Geschichte dann langweilig, bzw. für den Leser zu vorhersehbar.

 

Hehe,

sehr schön auch:

Alle Betten haben spezielle L-förmig geschnittene Bettdecken, welche bis zu den Achseln einer Frau, aber jedoch nur bis zur Taille des Mannes reichen, der neben ihr liegt.

Zu Klischees:

-Klischees kann man verwenden, wenn man eine Satire oder Persiflage schreibt (gibt's da egentlich einen Unterschied?)

- eine Klischeevorstellung kann auch ganz nützlich sein, wenn man einen Charakter entwickelt. Ist mir schon passiert, dass ich einen klischeehaften Charakter entworfen habe und ihn dann entweder weiter entwickelt oder versucht habe, die klischeehaftogekeit zu begründen (gelingt mir aber auch nicht immer).

- extrem fällt es mir (das mag auch an meiner Lektüre liegen) auf, bei Fantasy oder Horror. Hier scheinen die Pfade manchmal regelrecht vorgetrampelt zu sein, jedenfalls kann ich keine edlen Elfen, sturen Zwerge und Teenager-Zicken, die dem Monster zu Opfer fallen mehr sehen (oder lesen)

 
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Alle Betten haben spezielle L-förmig geschnittene Bettdecken, welche bis zu den Achseln einer Frau, aber jedoch nur bis zur Taille des Mannes reichen, der neben ihr liegt.
Das hat mE einen triftigen Grund: Die weibliche Brust gehört in unserem Kulturkreis zu den Geschlechtsmerkmalen, die männliche nicht. Also eine Vorkehrung, damit die FSK so niedrig wie möglich bleiben kann, und dennoch, zumindest für die weiblichen Zuschauer, ein bisschen Erotik aufkommt.

FLoH.

 

Ich glaube ein Klischee ist ein Plot., eine Person..., die schon von vorneherein vorhersehbar sind. Alles ist genauso, wie man es erwartet und das macht eine Geschichte dann langweilig, bzw. für den Leser zu vorhersehbar.

Langeweile ist nicht zwangsläufig. Ich verwende gern Klischees, weil ich nicht das Rad neu erfinden will und meine Fähigkeiten dafür auch nicht reichen täten. Ich kenne Klischees auch aus der Drucktechnik und da sind sie ganz praktisch.
Klischees ermöglichen es, mit wenigen Worten das Bild einer Person, einer Situation oder eines Ortes zu erzeugen und man spart langwierige Beschreibungen. Dadurch kann eine Geschichte straffer werden, denn der Autor konzentriert sich auf den Hauptpunkt. Offen gesagt, liebe ich Klischees - auch die mit den Obstkisten.

Viele Grüsse vom gox

 

Damit urteilst du jetzt aber konsequent aus der Sicht eines Autoren. Mir als Leser bringt diese wohlwollende Begutachtung von Klischees dagegen nichts ein.
Und der Leser schreibt sich seine Geschichten ja in der Regel nicht selbst.


Klischees haben für mich problematischen Charakter, da sie sich mit großer Wahrscheinlichkeit mit der Wirklichkeit, die ich vorfinde, nicht wesentlich deckungsgleich verhalten. Sie geben naturgemäß eine vereinfachte und verkürzte Wahrheit wieder.

Andererseits ergibt sich weiterhin aber die Frage, wie klischeehaft ich meine Umwelt im Wesentlichen wahrnehme.

Sollte sich die Klischeehaftigkeit einer Erzählung und die Klischehaftigkeit meiner allgemeinen Wahrnehmung decken, werde ich keine Klischees erkennen können, obwohl diese der Erzählung von einem anderen Standpunkt aus von vornherein inhärent waren.

Deshalb glaube ich, dass man gar nicht allgemein beantworten kann, was ein Klischee ist, außer dass es sich dabei um eine Abstraktion von der Wirklichkeit in unterschiedlicher Graduierung handelt.

 

Damit urteilst du jetzt aber konsequent aus der Sicht eines Autoren. Mir als Leser bringt diese wohlwollende Begutachtung von Klischees dagegen nichts ein.
Und der Leser schreibt sich seine Geschichten ja in der Regel nicht selbst.

Das halte ich für eine unzulässige Verallgemeinerung.

Gerade als Leser schätze ich Klischees (natürlich nicht eine ganze Geschichte lang), weil mühelos Bilder im Kopf entstehen, ohne dass ich ellenlange Erklärungen lesen muss.
Es geht doch auch nicht nur um Kongruenz mit der Realität, zuweilen reicht auch Kongruenz mit Vorurteilen, Meinungen oder Wünschen des Lesers. Ich empfinde es auch nicht als unangenehm, wenn ich ein Klischee als solches erkenne - vorausgesetzt, der Autor hat es bewusst und gekonnt eingesetzt und nicht nur, weil er nichts anderes kann. ;-)

Viele Grüsse vom gox

 

Mit Klischees kann man gut spielen, und wer die gesammelten Beamtenklischees von gox schon einmal gelesen hat, weiß, wie unterhaltsam das für den Leser sein kann.
Klischees bedeuten auch einen Wiedererkennungswert. Sie entstehen ja nicht aus dem Nichts heraus, sondern aus einem wahren Kern, der selbstverständlich nicht für alle immer zutreffen muss, der aber eine doch häufigen Erfahrung entspricht.

Klischees, die in Filmen oder Literatur gerne immer wieder genutzt werden sind zum Beispiel der schwule Maskenbildner oder der schwule Balletttänzer. Aber das heißt doch im Umkehrschluss nicht, dass dieses Bild auf alle zutrifft.

Schöne Beispiele für das Spiel mit Klischees finde ich ja immer wieder in Texten von Thommie Bayer, etwa wenn er feststellt: "Vielleicht hab ich mein Herz in Heidelberg verloren, oder im Kino oder irgendwo im Traum". Sein gesungenes Klischee "Ich hol dir keine Sterne mehr vom Himmel - Die liegen nachher doch nur bei uns rum" ist inzwischen schon selbst zu einem Klischee geworden.

 

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