Show don't tell - Segen oder Fluch?
In den letzten Monaten habe ich mir öfters folgende Frage gestellt:
"Gehen wir mit dem heiligsten unserer Schreib-Grundsätze nicht etwas zu dogmatisch um?"
Sicher ist der heutige Leser mehr daran gewöhnt ist, dass ihm Beschreibungen und Personen direkt und unmittelbar präsentiert werden, meistens aus der Handlung heraus. Doch schreiben wir keine Filme, sondern Geschichten - sind Erzähler und nicht Kameramann. Mühselig versuchen wir wichtige Hintergrundinformationen in Dialogen oder Gedanken zu transportieren, anstatt einfach mal zwei, drei erklärende Sätze einzuflechten. Oft werden diese Infos einfach gestrichen, weil kein Platz (in der Handlung!) dafür da ist. Warum nicht? Kann man nicht Spannung dadurch erzeugen, dass man die Handlung an geeigneten Stellen aussetzt? Und diese Unterbrechungen nutzen, um die Tiefe einer Geschichte zu verstärken. Stoßen uns erzählende Passagen nur auf, weil wir alle peinlich darauf achten, sie selbst nicht zu produzieren, so als würde jemand äußern: "Rot ist eine böse Farbe!" Noch vor einem Jahrhundert waren erzählende Passagen, auch Einleitungen gang und gebe, im Handumdrehen findet man zahlreiche Beispiele dafür: "Effi Briest" von Fontane, um nur eins zu nennen. Muss alles immer so hektisch sein, unmittelbar rein, unmittelbar raus? Könnte man sich als Autor nicht mehr Zeit nehmen, seine Welt, seine Geschichte mit Details im Erzählstil abzurunden?
Ist unser "Show don´t Tell" ein Segen oder ein Fluch? Das möchte ich euch mal fragen.
Dante