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Der Perspektivenwechsel, dieser Schuft!

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05.05.2004
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Der Perspektivenwechsel, dieser Schuft!

Ich wage jetzt mal die dreiste Behauptung, dass mein Schreibstil mittlerweile nicht mehr so ganz schlecht ist. Aber ein stilistisches Element, bei dem ich immer noch völlig auf der Seife stehe, wie das in Wien so schön heißt, ist der Perspektivwechsel, oder die Tatsache, dass ich solche mache. Das wurde auch hier im Forum schon bekrittelt.
Ich selbst sehe darin aber keinen Fehler, wenn ich eine Geschichte schreibe, nicht mal, wenn ich sie nachher lese. Ich muss mich gehörig anstrengen, meine Perspektivenwechsel überhaupt zu finden. Mich stören auch solche "Fehler" in Büchern anderer nicht - Philip Pullman macht das in der "Dark-Materials-Trilogie" pausenlos, und die ist preisgekrönt und wird grad verfilmt, kann also so schlecht nicht sein.
Aber es ist nunmal so, dass so ziemlich jeder den man dazu fragt, meint, man dürfe auf keinen Fall einen Perspektivenwechsel innerhalb einer Szene machen (und meistens wird das auch als Anfängerfehler bezeichnet, na super!). Mir fällt es aber unheimlich schwer, das zu vermeiden bzw. auszubessern. Meine Perspektivwechsel entstehen ganz von selbst, ich mach das nicht absichtlich.

Meine Fragen also: Sind solche Perspektivwechsel wirklich so eine schlimme Sache? Wenn ja, warum eigentlich? Wenn nein, unter welchen Umständen und Bedingungen kann man sie doch machen? Was gilt überhaupt als Perspektivwechsel?
Oder ist das ganze nur wieder eine dämliche Pseudoregel, die alle nachplappern?

Gruß, Woodwose, auf der Suche nach Perspektive

 

Tach Wood,

Du regst hier immer interessante Diskussionen an, sehr schön!

Die wichtigsten Stichworte zur Beantwortung Deiner Fragen lieferst Du schon selbst:
Pullman macht das in seinem Buch so. Hier geht es aber um Kurzgeschichten. Aber von vorne:
Ein Perspektivwechsel bewirkt zunächst eine Irritation beim Leser, weil dieser erwartet, der Handlung durch die Augen einer Person zu folgen. Man kann natürlich eine auktoriale Perspektive wählen, beraubt sich aber dann meist der Möglichkeit, Gefühle zu beschreiben. Daher die Beschreibung aus Sicht einer Person. Natürlich kann man auch die Gefühle aller beschreiben, aber das ist entweder irritierend oder erschwert dem Leser die Identifikation mit dem Geschehen.

Perspektivwechsel mitten in der Szene werden vom Leser nicht erwartet und sind oft schwer auszumachen. Der Leser liest zunächst weiter, in der Annahme das Geschehen durch dieselbe Person wie zuvor zu sehen, bis ihm eine Unstimmigkeit auffällt. Dann muss er evtl. zurück, um den Bruch zu finden. Das behindert den Lesefluss.
An einem Absatz bzw. Szenenwechsel wird der Leser eher einen solchen Wechsel erwarten, da ist das dann eher OK.

Zusammengefasst: "Verboten" ist (wie immer) ein Perspektivwechsel nicht. Man kann ihn einsetzen, um den Leser bewusst in die Irre zu führen, auf etwas aufmerksam zu machen usw. Im Rahmen einer Kurzgeschichte kann das gefährlich sein, weil man riskiert, den Leser damit zu verprellen (er fühlt sich veräppelt oder verliert einfach den Faden).
Ein Beispiel für einen bewusst eingesetzten Wechsel ist Dantes "Little Boy".

Grüße,
Naut

P.S.: Achja, das ist natürlich alles meine persönliche Meinung, keine universelle Wahrheit.

 

Man kann ihn einsetzen, um den Leser bewusst in die Irre zu führen,

Ich würde das eher nennen, den Leser zu fordern. :D

Hallo!

In Kurzgeschichten ist der Perspektivenwechsel wirklich etwas ungewöhnlich (aber keinesfalls unmöglich), in Romanen sicher eher anzutreffen.
Ich kann nicht sagen, dass ich ein Freund der P.s bin, weil ich mich immer noch als der...na ja...Lagerfeuer-Geschichten-Erzähler ansehe. Ich weiß, das schränkt ein, aber formale Dinge standen in der Hinsicht bei mir schon immer hinter dem Inhalt zurück. Unbestritten ist, dass man mit den P.s Sichten verdeutlichen, Figuren schattieren und Szenen plastischer präsentieren kann. Es gibt da eine KG von Sheckley (ziemlich lange her, das ich sie gelesen habe), in der er einen Vorgang aus ich-weiß-nicht-mehr-wie-vielen Augen beschreibt, und jedes Mal, wirklich jedes Mal, präsentierte sich dieselbe Szene vollkommen anders. Faszinierend.
Deshalb:
Lesen würde ich Perspektivenwechsel gern mehr, immer her damit, solange sie sinnvoll sind und gut gemacht. Aber Lukas hat schon Recht, sie strengen an. :D


Viele Grüße von hier!

 
Zuletzt bearbeitet:

Danke für die schnellen Antworten
@ Naut:
Du hast vermutlich Recht, wenn du schreibst, es ist ein Unterschied, ob es um eine (klassische)Kurzgeschichte oder eine längere Erzählung oder einen Roman geht. Sicher ist es verwirrend, wenn man nahtlos von der erlebten Rede einer Person zu jener einer anderen springt, ohne im ersten Satz deutlich zu machen, dass jetzt jemand anderes "denkt".
Aber - Beispiel:
Er überlegte. Jetzt war womöglich die Zeit gekommen, ihr die ganze Wahrheit zu sagen. Deshalb tat er genau das. Sie war davon offenbar völlig verblüfft. Damit hätte sie wohl niemals gerechnet.

bzw.

Er überlegte. Jetzt war womöglich die Zeit gekommen, ihr die ganze Wahrheit zu sagen. Deshalb tat er genau das.
Sie war davon völlig verblüfft. Damit hätte sie niemals gerechnet.

Was ist denn bitte hier an der zweiten Fassung verwirrender als an der ersten? Vielleicht bin ich ja begriffsstutzig, aber ich versteh nicht, was hier das Problem sein sollte.

@ Lukas:

Ich erkläre mich solidarisch mit Perspektivenwechslern *g*
Na wenigstens einer. Ich hoffe bloß, dass diese Meinung auch ein paar Lektoren und Juroren teilen.
Die Frage ist, ob der Autor den Perspektivenwechsel beherrscht
Diese Frage stelle ich mir bei meinen Texten leider auch. Ich finde meine Perspektivwechsel durchaus okay. Aber wenn ich dann in schlauen Büchern und Internetseiten lese "Machen sie bloß keinen Perspektivwechsel innerhalb einer Szene, sonst fahren sie sofort zur Hölle der erfolglosen Autoren und ihre Bücher werden höchstens beim Verlag Satan & Beelzebub veröffentlicht :baddevil: ." macht mich das schon nachdenklich. Soll ich wirklich Sachen in meinen Texten ausbessern, die ich nciht als falsch empfinde?

@ Hanniball:

Unbestritten ist, dass man mit den P.s Sichten verdeutlichen, Figuren schattieren und Szenen plastischer präsentieren kann
Ganz genau. Einen Kampf auf Leben und Tod zum Beispiel aus der Sicht einer dritten Person zu schilden, damit man ja nicht die Perspektive wechselt, ist doch wesentlich lahmer, als in den Kopf eines Kämpfers zu springen und den Leser an seinen Gefühlen teilhaben zu lassen.

PS: Ich gebe aber durchaus zu, dass Perspektivenwechsel nervend sein können. Ich habe mal Illuminatus von Robert A. Wilson gelesen (nicht zu verwechseln mit Illuminati von Dan Brown) und ab der Hälfte eigentlich nur noch Bahnhof verstanden. Ständig beginnen Szenen mit irgendwelchen Ich-Erzählern, und man hat keine Ahnung, welche der zahlreichen Protagonisten da grade erzählt.
Aber vielleicht muss man auch nur stoned sein, wenn man dieses Buch lesen will.

Gruß, Woodwose, der in der Vorhölle der Möchtegernautoren schmort

 

Hey Wood, Lukas et al.

ich wollte damit nur erklären, warum man das Perspektivwechselverbot allenthalben liest. Das ist genauso wie mit dem "Ich-Erzähler-Verbot": Es ist nicht ganz leicht, dieses Stilmittel so einzusetzen, dass es
1. seinen Zweck erfüllt,
2. nicht so aussieht, als wäre es aus Versehen da rein geraten.

Wenn Du Dir absolut sicher bist, dass der Perspektivwechsel da hin gehört & das Risiko mit Lektoren & Juroren eingehen willst, lass Dich nicht abhalten. Als Leser bin ich da flexibel, ich habe meist keine Probleme mit Lukas' Texten, ich habe aber sehr wohl Probleme mit Texten von Jungautoren, denen man anmerkt, dass sie sich einfach nicht für eine Seite entscheiden konnten. Das nenne ich dann fehlende Textstruktur.

Ansonsten gilt (ich sag's gern nochmal): Mach was Du willst, wenn Du Dir sicher bist, dass Du es willst.

 

Da ich ja meistens gegen das "Ich-Erzähler-Verbot" verstoße, komme ich natürlich selten mit dem "Perspektivwechselverbot" in Berührung.
Ich stelle aber eines ganz grundsätzlich immer mehr für mich fest. All diese Gebote können eventuell gute Hilfsangebote sein. Liest man aber auch außerhalb dieser Seite viel, zum Beispiel Bücher, dann wird man feststellen, dass genau die Brechung dieser Verbote oft die Würze von Geschichten ausmacht.
Wenn dir, Woodwoose, deine Perspektivwechsel um die Ohren geschlagen werden, ist damit auf alle Fälle doch schon einmal erreicht, dass du dich noch einmal damit beschäftigst. Die Entscheidung dafür ist dann noch einmal eine bewusste, überlegte und begründbare Entscheidung, noch einmal eine Bestärkung des Ich.
Du kannst aber daran vielleicht auch sehen, dass das Timing deines Perspektivwechsels noch nicht ganz stimmt. Denn vielen ist das einfach zu bequem. Es wird lieber gesagt, verzichte ganz drauf, als Hinweise zu geben, an welcher Stelle er vielleicht angebrachter wäre. Eine Möglichkeit auf solche Kritiken, wäre also auch, den Perspektivwechsel in dieser Hinsicht noch einmal zu überprüfen.

sim, eh solidarisch mit allen Regelbrechern (dieser Art) ;)

 
Zuletzt bearbeitet:

@ Naut:

& das Risiko mit Lektoren & Juroren eingehen willst
Tja, genau das ist das Problem. Das will ich eben nicht.
Andrerseits möchte ich mich auch nicht nach einer Regel richten, die ich nicht recht nachvollziehen kann. Ein Dilemma
@sim: Na um die Ohren gehauen ist zum Glück maßlos übertrieben.
Du schreibst viel Wahres. In der Tat habe ich mich mit dieser Frage überhaupt erst durch das "Verbot" auseinandergesetzt. Ohne das wären meine Perspektivwechsel vielleicht wirklich sauschlecht. (Na ja, vielleicht so auch).
Danke nochmal an alle Antworter

 

lukas_iskariot schrieb:
*lacht* tu was du willst, sei das einzige gesetz!
Ey! Pack den Crowley weg, eh das jemand sieht! :D

 

Ich möchte noch einen mMn nicht nur nicht verwirrenden, sondern äußerst gelungenen Perspektivwechsel nachreichen. Er stammt aus dem "Bernsteinteleskop", dem dritten Teil der schon erwähnten "Dark Materials Trilogie".

Lyra war verwirrt. Wann hatte Pan sie jemals um Verzeihung gebeten? Sie schaute zu Will hinüber und sah die gleiche Verwirrung in seiner Miene.
"Sprecht nur", sagte er, "habt keine Angst."
"Es geht um Staub", begann Wills Daemon. Will stellte entzückt fest, wie ein Teil seines eigenen Wesens ihm etwas enthüllte, was er noch nicht wusste.
Das nenne ich einen schleichenden Perspektivenwechsel. Anfangs die Gedanken und Gefühle von Lyra aus ihrer Perspektive. Dann schaut sie Will an und beschreibt aus ihrer Sicht seine Gefühle, womit sich die Aufmerksamkeit auf ihn zu verschieben beginnt. Der nächste Satz beschreibt in neutraler Perspektive wie Will etwas sagt, wodurch sich die Aufmerksamkeit noch mehr auf ihn konzentriert. Dann sagt der Daemon etwas zu Will und schließlich bekommen wir Wills gedankliche und emotionale Reaktion darauf direkt aus dessen Perspektive mit.

 

Ich hab da vorkurzem so etwas Ähnliches gelesen. Ein Professor für irgend so etwas wie Germanistik wurde interviewt. Und zwar lehrt er wohl auch anderen, wie man schreiben lernt. Dabei sagte er sowas wie, dass wohl die am Schlimmsten seien, die eine Geschichte völlig ohne Spannung schreiben und als er sie später darauf hinweißt, dass die Geschichte "völliger Schwachsinn" ist, sie ihn wiederum darauf hinweisen, dass Gottautor XY (Namen vergessen) auch solche Geschichten schreibt und damit riesigen Erfolg hat. Worauf der Professor nur den Kopf schütteln konnte. Er sagt, diese Autoren können konventionelle Regeln brechen, WEIL sie Erfolg haben. Ein niemand sollte erstmal versuchen, konventionelle Geschichten zu schreiben.
Sicher ist das nicht der Weisheit letzter Schluss und ich habe das Interview auch nur noch so halb im Kopf und kann es daher nicht so überzeugend rüberbringen wie der Autor, aber dran ist was, denke ich mal.

Damit will ich allerdings nicht sagen, dass du keine perspektivischen Wechsel vornehmen solltest. Vielmehr schlussfolgere ich daraus einfach nur: Schreib geile Geschichten, die von Anfang an den Leser fesseln. Wenn du da drin perspektivische Wechsel einbauen kannst, dann mach es. Dann wird es den Lesern auch egal sein, was du sonst da drin verzapfst. Werden deine Geschichten aber nix, dann versuch doch einfach mal die konventionelle Methode. Sollten deine Geschichten danach auf bessere Kritik stoßen, würde ich mich lieber auf diesen Pfad begeben. Wenn nicht, kannst du ja wieder zurückwechseln. So ein Stilmittel ist ja nur ein Mittel zum Zweck und keine Philosophie. Oder?

Lg

Thomas

 

Schreib geile Geschichten, die von Anfang an den Leser fesseln. Wenn du da drin perspektivische Wechsel einbauen kannst, dann mach es. Dann wird es den Lesern auch egal sein
Diese Meinung kann ich nur unterschreiben. Und es beruhigt mich auch durchaus, dass gerade die Geschichte, in der der PW kritisiert wurde trotzdem in die Empfehlungsliste kam und dritte bei der Best-of-Spannungsrubrik-2004-Abstimmung wurde.
Trotzdem irritiert es mich einfach, dass ich diese Regel - offenbar im Gegensatz zu den allermeisten anderen - nicht mal verstehe.

 

Ich halte Perspektivwechsel ebenfalls für ein erlaubtes Stilmittel, das ich auch einsetzte, wenn ich es an einer Stelle für angebracht halte. Jüngstes Beispiel ist "Neujahrsfahrt", wo ich am Ende die Perpektive wechsle...

 

Ich habe auch bei meiner ersten Geschichte Perspektivenwechsel eingebaut, weil ich es damals ganz nett fand, das Geschehen aus mehren Sichtweisen zu beschreiben. Da dieses Stilmittel hier (gelinde gesagt) auf wenig Gegenliebe gestoßen ist, habe ich Perspektivenwechsel innerhalb von Absätzen aufgegeben.
Jetzt verwende ich sie nur noch, wenn es absolut notwendig ist und mache einen Absatz, um den Leser nicht zu verwirren. Das obige Beispiel ist zwar gut, aber man muss schon sagen, dass solche schönen Perspekivenwechsel die absolute Ausnahme sind - meistens sind es einfach Fehler von Anfängern, die sie nicht bewusst einsetzen.

 
Zuletzt bearbeitet:

@ Blaine:
Wow, das ist gewagt. nicht einmal ich habe PWs innerhalb eines Absatzes gemacht. Ich denke einen neuen Absatz sollte man mindestens machen. Und vor allem sollte der erste Satz oder eigentlich das erste Wort unmissverständlich klarstellen, wessen Perspektive nun "gilt". Wie in dem Beispiel aus dem Bernsteinteleskop oben: Die ersten Wörter der jeweiligen Perspektive sind "Lyra" bzw. "Will".

Aber ich denke, ich werde nun endgültig den Schwanz einziehen und die Lehre ziehen, die auch Blaine gezogen hat: Perspektivwechsel nur noch wenn er wirklich, wirklich unbedingt sein muss. Alle anderen Szenen werden umgeschreiben, auch wenn ich den Eindruck habe, dass sie dann an Intensität verlieren. Diese nicht verloren gehen zu lassen, wird wohl die nächste Herausforderung sein.

Gruß, Woodwose, der Herausgeforderte

 

Auch auf die Gefahr hin, dass man mir vorwirft meine eigenen Threads künstlich wieder hochzupushen, muss ich noch etwas zu diesem Thema ergänzen: Das meiste in diesem Thread gesagte ist zwar richtig, gilt aber nur für personale Erzähler. Da sollten PW Ausnahmen sein und am besten überhaupt nur bei Kapitelwechseln vorkommen.
Bei einem auktorialen Erzähler allerdings, auch einem eingeschränkt auktorialen Erzähler, ist es sogar ein Wesensmerkmal, dass er in die Köpfe aller oder vieler Prots schauen kann und das auch tut, so oft es die Handlung erfordert.
Es kommt also ganz drauf an, welche grundsätzliche Erzählhaltung der Text hat.

 

naja, es geht doch um perspektivensprünge. wer will schon in einer geschichte lesen "tom war verliebt, anna auch, tom hatte schmetterlinge im bauch, anna auch"? das klingt schlicht langweilig (und erinnert mich an das "orakel von oonagh", bei dem die autorin das innenleben ihrer prots im gatling-telegrammstil abklapperte)...

 

Hallo zusammen,

das größte Problem sind nicht die geplanten Perspetivenwechsel bei einem personalen Erzähler, der die Innensicht mehrerer Personen umfasst.
Schwierig sind auktoriale Anmerkungen bei personalen Erzählern, und dergleichen bei Ich-Erzählern.
Ein fast so großes Problem sind die häufigen Perspektivenwechsel bei personalen Erzählern. Also wenn der Kameramann bei einer Verfilmung mit der Kamera ständig neue Positionen beziehen müsste, oder mit Handkamera Schuhsohlenzulage bekommen müsste. Das mag bei einigen Stellen eine gute Wirkung haben. Wenn das aber nicht gezielt eingesetzt wird, ist das wie Achterbahnfahren mit geschlossenen Augen. Kann einem schlecht von werden.

Gruss

Bluomo

 

wer will schon in einer geschichte lesen "tom war verliebt, anna auch, tom hatte schmetterlinge im bauch, anna auch"?
Keiner wahrscheinlich, ist völlig richtig. Selbstverständlich sollten die Perspektivenwechsel keine plumpen Sprünge sein, sondern gut gemacht, oder am besten unmerklich schleichend (wie eben in dem Beispiel oben von Pullman). Aber gut gemacht sollte beim Schreiben sowieso alles sein.
Mir ging es mehr darum, festzustellen, dass die oft zitierte Regel "Machen sie bloß keinen Perspektivenwechsel innerhalb einer Szene, oder sie fahren sofort zur Hölle!" auf auktoriale Erzähler schlicht nicht zutrifft.
Schwierig sind auktoriale Anmerkungen bei personalen Erzählern, und dergleichen bei Ich-Erzählern.
In den meisten Fällen sogar unlogisch oder inkonsequent (um nicht zu sagen "falsch"). Der Ich-Erzähler könnte zwar noch Dinge sagen wie "Später erst sollte ich herausfinden, dass ich damals vollkommen im Irrtum war", weil er aus zeitlicher Distanz erzählt und mittlerweile sein Wissen über die Geschichte vergrößert, also "auktorialisiert" haben kann. Aber ein echter personaler Erzähler "darf" eigentlich nichts schreiben wie:"Hinter ihr stieg Tommy mit tränennassem Gesicht auf sein Rad ..." "Der Abdruck von Mommas Hand auf ihrer Wange war zuerst weiß, dann blutrot." Beides Zitate aus "Carrie" und beides erzählt "aus Ihrer Perspektive". Aber beides kann sie unmöglich gesehen haben. Im Grunde kann man während der Geschichte nur von auktorial zu personal wechseln und nicht umgekehrt. Nur der auktoriale Erzähler hat die Möglichkeit aus seiner allmächtigen Position sich auch mal eine personale Perspektive zu wählen. Wenn der personale Erzähler das macht, ist es eigentlich keine personale Erzählung mehr.
Ein fast so großes Problem sind die häufigen Perspektivenwechsel bei personalen Erzählern
Richtig. Ich habe früher meine Geschichten auch wie Filme erzählt, mit permanenten PW. Damit sollte mans auf keinen Fall übertreiben.
PS: Die Zitate aus Carrie halte ich trotzdem nciht für "Fehler", weil das Buch als ganzes sogar sehr auktorial ist und permanent alle möglichen Perspektiven einnimmt, inklusive Tonbandabschriften und Autopsieprotokollen.

 

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