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Zugvogel

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30.06.2004
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Zugvogel

Draußen frischt der Wind auf und treibt rote Blätter am Fenster vorbei. Sie wirbeln in mein Blickfeld, führen einen hektischen Tanz auf, als wollten sie meine Aufmerksamkeit erregen, bevor sie ihres Weges ziehen. Ich liege auf der Seite, beobachte sie, und wünschte, ich könnte mit ihnen davonfliegen.

An einem Herbsttag wie diesem bin ich einmal von zu Hause fortgelaufen. Kurz nach meinem fünfzehnten Geburtstag, als Mutter angefangen hatte, Männer auf mein Zimmer zu senden. Einen Rucksack mit nützlichen Dingen auf dem Rücken, habe ich mich mitten in der Nacht aus dem Schloss geschlichen. Einem der Wächter hatte ich meine Halskette geschenkt, dafür, dass er mir das Tor öffnete. Doch noch vor dem Wald holten mich die Soldaten meiner Mutter ein und brachten mich zurück in ihre Obhut. Der Torwächter hatte mich verraten.
Seit diesem Tag darf ich meine Gemächer nur noch verlassen, wenn meine Mutter mich vorführen will. Bei ihren Festbanketten sitze ich an ihrer Seite, einen Soldaten hinter meinem Stuhl, und lächele, während sie unauffällig die anwesenden Männer auf deren Tauglichkeit prüft. Wenn die Feierlichkeiten vorbei sind, nenne ich ihr meine Wahl, und wenn sie damit einverstanden ist, lässt sie den Mann auf mein Zimmer bringen. Viermal bin ich seitdem schwanger gewesen. Viermal habe habe ich einen Wächter bestochen, dass er mir Bitterkraut bringt. Sie denken sich nichts dabei. Für sie ist es nur eine Teepflanze. Doch meine Bücher wissen, dass es Leben nimmt. Nicht meines, aber das, was in meinem Körper heranwächst. Ich möchte keine Kinder bekommen. Nicht hier.
Mein Zimmer liegt auf halber Höhe des Turmes. Im Herbst kann man von meinem Fenster aus den rotgoldenen Wald sehen, wenn es stürmisch ist, dringt das Knacken und Rauschen selbst durch die Glasscheiben an meine Ohren. Scharen von Zugvögeln ziehen jedes Jahr an meinem Turm vorbei, ihre heiseren Stimmen singen von Freiheit. Ich weiß überhaupt nicht, was hinter dem Wald liegt, aber in meinen Träumen ist es ein wildes Land, voller Wind und Weite.

Der weiche, warme Körper neben mir regt sich. Der Ruf des Herbstes ist in seine Träume vorgedrungen und hat ihn geweckt. Ich spüre, wie sich der Arm um meinen Körper lockert und schließlich weggenommen wird. Der warme Atem in meinem Nacken verschwindet. Über meinen Rücken läuft eine Gänsehaut, als er die Decke zurück schlägt, aufsteht und auf bloßen Füßen zum Fenster tappt.
Ich bleibe ruhig liegen und betrachte seinen schlanken Körper, bewundere den geraden, braungebrannten Rücken, die kräftigen Schultern und das offene, lange Haar, das so fein und leicht ist wie Daunen. Ich habe sofort erkannt, was er ist, als ich ihn gestern zwischen den anderen Gauklern beim Erntedankbankett sah. Inzwischen habe ich Übung darin. Der Gang, der Blick, die Körperhaltung, es ist immer das Gleiche. Dennoch musste ich sicher gehen, musste ihn mit zu mir nehmen, sehen, wie er auf den Ruf des Herbstes reagiert.
Er stößt das Fenster auf und lässt die kühle Luft herein. Es duftet nach Regen, frischem Lehm und Rauch. Wahrscheinlich brennen unten die Bauern ihre Stoppelfelder ab. Er breitet die Arme aus, als wolle er den Herbst umarmen und schnuppert in den Morgen. Sein lichtbraunes Haar weht schleierartig in den Böen, die auch einzelne Blätter hereintragen.
Plötzlich dreht er sich zu mir um und lächelt. Es schneidet mir jedes Mal ins Herz, wenn sie das tun. So wild und frei, mit einem Anflug von Spott in ihren runden Augen. Immer etwas überlegen, weil sie umherziehen können, wie es ihnen gefällt.
„Herbst“, seine Stimme ist so hell, wenn ich nicht wüsste, was er ist, würde ich mich darüber wundern. Ich lächele, weil er es von mir erwartet. Weil einer wie er einem freundlichen Gesicht nicht widerstehen kann. Sofort leuchten seine Augen noch stärker. Er ist glücklich. Nach einer angenehmen Nacht, beginnt nun für ihn die Zeit der Wanderung. Mein Hals wird eng vor Neid.
Betont langsam wühle ich mich unter den Decken hervor und setze mich auf die Bettkante. Die kühle Luft lässt mich frösteln, doch ich bleibe ruhig sitzen, locke ihn mit meinem nackten Körper zu mir. Meine Hand tastet nach dem Messer, das eingeklemmt zwischen Matratze und Bettrahmen ruht. Ich finde den rauen Griff und schließe meine Finger darum.
Er lässt sich vor mir auf den Knien nieder und streicht mit seinen langen schlanken Fingern durch mein wirres Haar. Ich schaudere, als seine Fingerspitzen an meinen bloßen Schultern ankommen und sacht meinen Rücken hinuntergleiten.
„Du bist sehr schön, Prinzessin.“
Ich ziehe vorsichtig am Messer. Es hat sich irgendwo verhakt. „Danke“, antworte ich, um ihn abzulenken.
Er grinst. „Aber jungfräulich bist du wirklich nicht.“
Ich zucke mit den Schultern. Ich habe diese Unterhaltung zu oft geführt, mit zu vielen Männern, Streunern, wie ihm, Männern aus dem fahrenden Volk, denen sowieso niemand glaubt, wenn sie etwas erzählen. „Nein, das ist nur eine Legende. Du weißt schon, in unserer Familie sind die Prinzessinnen seit Generationen angeblich jungfräulich. Die Gunst der Götter sorgt dafür, dass wir immer wieder Kinder gebären, obwohl wir nie das Bett mit einem Mann teilen. Sie wollen, dass wir über dieses Land herrschen, deswegen segnen sie unsere Körper.“ Mein Lächeln ist bitter.
Er grinst noch breiter. „Ja, diese Geschichte kam mir schon immer etwas seltsam vor.“ Seine Hände sind am Ende meines Rückens angekommen und wandern nun wieder nach oben. „Was wäre, wenn ich es herumerzählen würde?“
Ich lasse den Messergriff los, um ihm durch seine Daunenhaare zu streicheln. Sie kitzeln wunderbar leicht und weich meine Handflächen. „Wer würde dir glauben? Du bist nur ein Mann der Straße.“
Er lacht, nimmt meine Hand und küsst die Fingerspitzen. „Ich werde es nicht weitersagen, jungfräuliche Prinzessin, sei beruhigt.“ Schwungvoll richtet er sich auf und geht zum Fenster zurück. Sofort schiebe ich meine Hand zurück neben die Matratze. Ein paar kräftige Rucke, und das Messer ist frei. Rasch schiebe ich es unter das Kopfkissen, als er sich nochmals zu mir umdreht. Mit einer Hand greift er nach seinem Hemd, um es überzustreifen.
„Ich muss gehen, die Straße ruft mich.“
Ich lächele wieder, unschuldig, wie ich es schon lange nicht mehr bin. „Die Straße? Oder der Herbst?“
Er hält in seiner Bewegung inne, das Hemd noch immer in seiner Hand. Verwunderung tritt in seine Augen, verwirrt schüttelt er den Kopf. Ich bemerke einen rötlichen Schimmer, der sich auf seiner Brust ausbreitet. Ich muss mich beeilen, sonst ist es zu spät. Ich muss ihn noch einmal zu mir locken. Einladend breite ich die Arme aus, doch er bleibt stehen, sieht mich weiterhin fragend an, während sich das Rot auf seiner Brust verdichtet. Man kann schon die einzelnen Federchen erkennen.
Ich senke den Blick, lasse das Haar vor mein Gesicht fallen, versuche, hilflos und traurig auszusehen. „Du bist doch ein Zugvogel, nicht wahr?“ Ich höre seine Schritte auf dem Fußboden, als er zögernd wieder näher kommt.
„Woher weißt du das?“
Ich lächele zu ihm auf. „Märchen, Legenden. Wie die Geschichten über unsere Familie, nur, dass sie bei euch wahr sind.“ Sein Atem geht schnell, ich sehe, wie sich seine Brust hebt und senkt. Ich weiß, dass es ihnen Schmerzen bereitet, sich zu verwandeln, wenn die Federn durch ihre menschliche Haut stoßen. Lange, dunkelbraune Schwungfedern sprießen an der Außenseite seiner Arme. Doch seine Angst überwiegt seine Schmerzen, ich sehe es in seinen Augen.
„Ich dachte, das Wissen um uns sei verlorengegangen.“
„Ich habe es wiedergefunden. Ich habe viel Zeit, in den alten Märchenbüchern zu lesen. Es gibt so viele Geschichten über euch, wie ihr euch im Herbst in Vögel verwandelt und gen Süden zieht, wie euch nichts auf der Welt lange an einem Ort hält.“ Noch immer lächele ich ihm tröstend zu. „Keine Bange, ich werde niemandem von euch erzählen. Du kannst beruhigt weiterziehen.“
Sein dankbares Lächeln geht in seinem schmerzverzerrten Gesicht unter, als er vor mir auf den Boden stürzt. Sein ganzer Körper krümmt sich, ein leises Wimmern dringt aus seiner Kehle. Ich blicke auf seinen Rücken hinab, auf dem nach und nach ein dichtes Federkleid sprießt. Mitleid ergreift mich. Er sollte nicht so leiden. Er war so freundlich, so sanft. Ich zögere, beobachte seine Verwandlung und frage mich, ob ich ihn ziehen lassen kann. Doch dann treibt der Wind einen weiteren Schauer Blätter herein, nasskalt bleiben sie auf meiner bloße Haut kleben. Ich kann den Wald riechen.
Langsam ziehe ich das Messer unter dem Kissen hervor. Er bemerkt es nicht, windet sich mit geschlossenen Augen auf dem Boden. Ich gehe neben ihm in die Hocke, drehe ihn mit einer Hand auf den Rücken.
„Weißt du, was man noch über die Zugvögel sagt? Dass derjenige, der von ihrem Blut trinkt, zu einem der Ihren wird.“ Ich flüstere nur, aber er hätte mich sowieso nicht wahrgenommen. Zu gefangen ist er in seinem Schmerz. Mit geübtem Druck durchtrenne ich seine Kehle. Er schreit nicht, nur ein leises Gurgeln ist zu hören. Blut spritzt auf meine Hände, meinen bloßen Körper, das Bett. Ich presse meine Lippen an die tiefe Wunde und beginne zu trinken.
Vielleicht wird es dieses Mal gelingen.

Die vorgegebenen Wörter waren: rot, Mutter, Lehm, Wald, schnuppern

 

Dies ist eine Wörterbörsengeschichte, bisst am 10.04. zurück in die Wörterbörse

 

Hi Ronja!

Wow. Ich bin begeistert. Eine wirklich sehr schöne und traurige Geschichte. Mir gefällt die herbstliche Stimmung, die du aufbaust, und die Sehnsucht der Prinzessin, die wahrscheinlich nicht erfüllt werden kann. *schnief*

Was ich schade finde, ist, dass man schon ziemlich früh erraten kann, wie die Geschichte endet. Könntest du nicht noch ein Fünkchen mehr Hoffnung hineinbringen, damit man mitfiebern kann, dass sie es nicht tut? :shy:

Mal was kürzeres von dir, aber gerade durch die Kürze finde ich, hast du die Story auf den Punkt gebracht. :thumbsup:

Liebe Grüsse
sirwen (Mist, ich hocke in Schule und sollte eigentlich anderes tun ... ;) )

 

He, felsenkatze

deine Geschichte hat mir echt gut gefallen. Atmosphärisch schön dicht ohne unnötige Ausschmückungen. und ich finde im gegensatz zu Sirwen auch nicht, dass man nicht genug mitfiebern kann *ganzfieberig*
Die einzige Frage, die bei mir offen blieb: wenn die Prinzessin nicht den Turm verlassen darf, wieso gestatten die Eltern dann die zahlreichen Liebhaber (oder wenigstens Besucher)? Kam nr so uaf, hat der Geschichte aber keinen Abbruch getan :)

grüßlichst
weltenläufer

 

Hi sirwen, hi weltenläufer,

freut mich, dass euch die Geschichte gefallen hat. :) Fragt mich nicht, woher ich mitten im Frühjahr Herbstgeschichten nehme... :)

sirwen: jo, ich kann noch ein paar Zweifel der Prinzessin einbauen. Vielleicht ist sie doch nicht so kaltblütig, wie sie denkt. Die Kürze musste übrigens sein, weil ich ja Storys für die Hörbar brauche ;)

weltenläufer: warum sie Männerbesuch kriegen darf? Irgendwoher müssen ja die "jungfräulich geborenen" Kinder kommen, oder nicht? Und da lässt man besser Gaukler und solche Leute ran, denen eh keiner glaubt, beziehungsweise, die niemand vermisst, wenn man sie beseitigt.

Grüße,

Ronja

 

Hey Felsy,
ich hab die Geschichte auch gern gelesen, nur diese Turmgeschichte funktioniert bei mir noch nicht richtig. Du lässt deine Prinzessin irgendwas über Feste und Gaukler erzählen, das wirkt, als wäre sie dabeigewesen. Das passt aber nicht zum Turm. Darf sie sich die Gaukler selber aussuchen?
Ich finde es fast ein bisschen zu kurz, die Geschichte. vielleicht kannst du noch ein bisschen nachlegen?
Interessante Idee fürs Copywrite: Die vögelfressende Prinzessin und der Letzte seiner Art... :D

gruß
vita
:bounce:

 

Hey vita,

ja, kurz sollte sie nun mal sein *seufz* Ich weiß allerdings auch nicht, was ich groß länger machen sollte...

Ich werde auf jeden Fall was zulegen zu dem fest, sie ist ja nicht im Turm eingesperrt. Ein bisschen Sozialleben braucht sie als Prinzessin ja auch, aber mitten auf dem fest kann sie ja nicht abhauen. Ich schreib gleich was dazu, ich dachte, das wäre klar.

Kannst sie ja kopieren, wenn du magst ;)

Grüße,

Ronja

 

Hallo Ronja,
wie schon gesagt: eine schöne kurze Geschichte ist dir hier gelungen, auch wenn sie nicht so recht zum Frühling passen mag. :)
Dass die Prinzessin ab und an "Ausgang" aus dem Turmzimmer hat, wie du es beschrieben hast, hatte ich mir zusammengereimt, ich finde aber, der Absatz, den du zur Klärung eingefügt hast, ist sehr nützlich.
Die Sehnsucht der Prinzessin, ihre Verzweiflung und auch die Herbststimmung kommen klasse rüber, sehr schön fand ich die Beschreibung der Verwandlung.
Insgesamt also mal wieder eine originelle Idee, gut umgesetzt und flüssig zu lesen.
Mist, warum kann ich bei deinen Geschichten eigentlich nie meckern? :lol:
Doch, einen Futzel Textkram hab ich gefunden:

Ich presse meine Lippen an die tiefe Wunde und beginne, zu trinken.
kein Komma
Gerne gelesen.
Liebe Grüße,
ciao
Malinche

 

Hi Malinche,

auch dir danke, fürs Lesen und so. Soll ich dir eine Geschichte zum meckern schreiben? ich fürchte ja, dass ich demnächst eh von irgendwem eins auf den Kopp bekomme, weil ich etwa 1 000 000 Geschichten noch überarbeiten wollte :Pfeif:

Danke für das Kommaraussuchen, nu hab ich mir das Vergleichskomma, abgewöhnt, da wird diese zu einem heißen Kandidaten.
Freut mich, dass es dir gefallen hat.

LÖiebe Grüße,

Ronja

 

Hallo Ronja,

was ist nur mit dir los? Magst du keine Happy Ends mehr?

Leider habe ich auch nix zu meckern und alles Lob haben die anderen schon angebracht. Ich kann mich da wirklich nur anschliessen.
Nur das traurige Ende, das hat mir nicht gefallen. Vielleicht ist es besser, wenn du das Wort "diesmal" aus dem letzten Satz streichst?

Einen Rucksack voll mit nützlichen Dingen auf dem Rücken, habe ich mich mitten in der Nacht aus dem Schloss geschlichen.

Der Rucksack irritiert mich hier. Wann spielt deine Geschichte? Für mich ist ein Rucksack eher etwas Moderneres. Anfangs dachte ich wirklich, dass du ein modernes Märchen über eine jugendliche Ausreißerin schreibst.

LG
Bella

 

Hi Felsenkatze,

hat mir gut gefallen, deine Geschichte, vor allem das Ende.
Da kann ich nicht mal rummeckern, aber ich lass es eine Ausnahme sein, okay? ;)

Dein Stil ist wunderschön zu lesen.

Zwei Details:

Fetsbanketten
:D

Ist es auch, aber ich habe es wiedergefunden.
Das "Ist es auch", würde ich weglassen.

In diesem Sinne
c

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Felsenkatze!

Nur kurz vor dem Schlafengehen. Zwei Fehlerteufel.

Fetsbanketten

Meine Hand tastet in nach dem Messer

Deine Geschichte hat mir gefallen. Sie lässt sich schön flüssig lesen. Du könntest vielleicht ein paar Hinweise auf seine "Vogelhaftigkeit" am Anfang geben. Ach, und das:

weltenläufer: warum sie Männerbesuch kriegen darf? Irgendwoher müssen ja die "jungfräulich geborenen" Kinder kommen, oder nicht? Und da lässt man besser Gaukler und solche Leute ran, denen eh keiner glaubt, beziehungsweise, die niemand vermisst, wenn man sie beseitigt.

Ist bei mir beim ersten Lesen nicht rüber gekommen. SOLL sie Kinder produzieren? Warum hält ihre Mutter Ausschau nach reichen Ehemännern (nehme ich an), wenn ihre Tochter eh Kerle brauch, die man abschlachten kann?

Schlaft schön.
Anna-Fee

 

Hallo Felsenkatze,

Ha, das gefällt mir! Eine Art "Wervogel", eine serienmordende (wenn man so will) Prinzessin, der Herbst mit seiner melancholischen Stimmung, die kreisenden Zugvögelschwärme...

Muss sie ihn eigentlich unbedingt umbringen, um so wie er zu werden? Mir gefällt das Ende zwar, aber immerhin muss sie jetzt die Leiche entsorgen, wenn es doch nicht klappt (und es hat ja schon mehrere Male nicht geklappt). Ich bin ja nicht unbedingt die Verfechterin von Happy Ends, aber so hätten sie ja beide zusammen wegfliegen können.
Ich dachte am Anfang übrigens aus irgendeinem Grund, sie wolle ihm die Flügel abschneiden, um sie sich selbst anzukleben oder so. ;)

Die Suche nach tauglichen Männern hatte ich übrigens auch als Suche nach Heiratskandidaten interpretiert. Vielleicht, weil es so ein Märchen-Allgemeinplatz ist.
Ebenso hat mich irritiert, dass sie einerseits eingesperrt wird, andererseits ohne weiteres auf Liebhabersuche gehen kann. Bei zweitem Durchgehen fiel mir dann auf, dass sie ihn ja auf einem dieser Bankette getroffen hat, aber das ging beim ersten Mal irgendwie unter.

Zum Kritisieren gibt es ja im Grunde nicht viel, aber ein paar Stellen fand ich nicht ganz so rund. Das fällt jetzt wohl eher unter Kosmetik.

Einen Rucksack voll mit nützlichen Dingen auf dem Rücken

Das "voll" finde ich überflüssig und im Lesefluss nicht so schön.

Ich weiß überhaupt nicht, was hinter dem Wald liegt, aber ich bin mir sicher, es ist wunderschön.

Das "es ist wunderschön" ist mir hier zu platt. Ich finde, der Eindruck des Schönen sollte nur beim Leser entstehen, wenn er eine Beschreibung liest. Du kannst das besser. *provozier*

Gegen Ende redet der Mann die Prot zweimal kurz hintereinander mit "jungfräuliche Prinzessin" an. Das fand ich zuviel. Für die Ironie reicht schon das eine Mal.

Doch seine Angst überwiegt seine Schmerzen

Bei dem "überwiegt" bin ich mir nicht sicher, ob das so (transitiv) gebräuchlich ist. Aber so wirklich gestört hat es mich jetzt auch nicht.

Ich blicke auf seinen Rücken hinab, der sich nach und nach mit einem dichten Federkleid füllt.

Das "füllen" würde ja implizieren, dass etwas Hohles/Leeres vorhanden ist, oder?

klatscht sie nasskalt

Mir gefällt diese Kombination aus "klatschen" und "nasskalt" nicht so gut, vielleicht weil die beiden Wörter sich so ähnlich anhören. Nicht, dass du da beim Vorlesen drüberstolperst. ;)

Mit einem geübten Druck

Mir würde "mit geübtem Druck" hier besser gefallen. Aber der letzte Absatz ist klasse!

Schöne Geschichte. Trotz der typischen Märchenhaftigkeit und Romantik enthält sie einen guten Schuss Fremdartigkeit und Horror.

Gruß,
Megries


BTW: Das ist jetzt in kurzer Zeit die zweite Geschichte mit wirbelnden Blättern, die mir hier unterkommt. Ich find's schön, aber kann es sein, dass vor kurzem "American Beauty" im Fernsehen kam? ;)

 

Hallihallo Bella, chazar, Anna-Fee und Megries,

euch allen erst mal vielen Dank fürs Lesen und Kommentieren. Und sorry für die späte Antwort...

@Bella: ich mag Happy Ends noch. Aber das hier hat sich halt so ergeben... :D Sorry. Demnächst gibts wieder was Schöneres... Soviel ich weiß, sind Rucksäcke recht zeitlos... aber vielleicht fällt mir noch was anderes dafür ein.

@chazar: Danke für die Korrekturen, da wäre ich beim Vorlesen drüber gestolpert, fürchte ich. :D Freut mich, dass es dir gefallen hat. Auch das Ende.

@Anna-Fee: Ja, sie Soll Kinder produizieren, sonst geht ja die Dynastie den Bach runter. Die Göttlichkeit der Königinnen beruht darauff, dass sie "jungfräulich" gebären, da das aber nicht geht... Die Mutter hält nicht Ausschau nach Ehemännern, sondern nach zeugungsfähigen Männern. Okay, ich werde noch was dazu schreiben.
Mit der Vogelhaftigkeit lass ich mir was einfallen, mal sehen.

@Megries: Danke dir für deine Korrekturen. Du hast mit allen Recht... :D Das mit der leiche entsorgen... ich dachte, der Mutter macht das nix aus, wenn die Tochter die Männer meuchelt... einer weniger, der an der Legende kratzt. Die Tochter muss ja nicht erzählen, warum sie das tut.
ich werde die Männersuche nochmal klarer machen, sonst klappt das beim Vorlesen wohl nicht.
Vielen Dank für die Verbesserungsvorschläge. :)

Liebe Grüße,

Ronja

 

Hi Ronja,

die Geschichte hat mir außerordentlich gut gefallen. Die roten Herbstfarben ziehen sich durch die ganzen Ebenen: Laub, Haar, Blut.
Die Auflösung habe ich nicht geahnt, ich finde sie sehr konsequent.

Irgendwo stand "übver" statt "über".

Sehr schön!
:thumbsup: Naut

 

Tach Felsenkatze,

meiner Meinung nach eine sehr schöne Geschichte. Ich habe mich schon immer gefragt, ob Rapunzel und Konsorten nach all den Jahren, die sie eingesperrt verbringen, nicht einen massiven psychischen Knacks abbekommen. Deine beiläufig mordende Prinzessin hat mir da sehr gut gefalen. Besonders positiv: es ist eine KURZgeschichte. Gerade hat hier jemand eine Geschichte ("Die Alte Magie") mit unglaublichen 16000 Worten gepostet - das tut sich doch keiner an. Du dagegen hast dich beschränkt und einen logischen Spannungsbogen aufgebaut, eine Geschichte mit Anfang, Mitte und Schluss... sehr gut. Sprachlich lässt das Ganze meiner Meinung nach gegenüber den stimmungsvollen Herbstbildern am Anfang ein wenig nach... ein bisschen mehr sprachliche Variabilität hätte später sein können. Und bei dieser "Ich-bin-schon-einmal-weggelaufen"-Episode bin ich mir nicht so sicher, ob sie im Gesamtkontext überhaupt von Relevanz ist. Ich würde sie weglassen, sie schmälert ein wenig die klaustrophobische Stimmung, die sich durch die Begrenzung auf das Turmzimmer ergibt.

Insgesamt: gelungene Geschichte.

CCC

 

Spectator schrieb:
Gerade hat hier jemand eine Geschichte ("Die Alte Magie") mit unglaublichen 16000 Worten gepostet - das tut sich doch keiner an.
Nicht von dir auf andere schließen, Spectator. Immerhin hat eine Geschichte mit 18.000 Wörtern die Top-2005-Wahlen gewonnen, es dürfte also durchaus Leute geben, die sich so etwas "antun".

 

Ksht, böser Mod!
Nicht spammen! :D

Specator: Lange Geschichten sind ne gute Sache, manche Leute lesen die dann auch. sim hat haufenweise sehr gute lange Geschichten gepostet, Felsy hat auch ein paar tolle (die mit der Zauberschülerin in der Kugel ist nicht gerade kurz). Und jetzt, wo ich das letzte Wort hatte, wieder zurück zur Geschichte! :D

 

Will nicht in Abrede stellen, dass es tolle Geschichten mit vielen Worten gibt. Gerade für die vielen Schreibanfänger, die sich auf Schreibforen herumtreiben, ist die Beschränkung, die kurze Texte mit sich bringen, aber absolut ideal. Felsenkatze und sim kriegen lange Geschichten sehr gut hin - manch anderer nimmt die hohe Wortzahl als Anlass für viel Unnötiges. Restriktion übt...

Egal, wie vita schon sagte: zurück zu der vorliegenden tollen Geschichte.

 

Hallo Spectator, hallo Krittelwölfin,

@Spec: danke dir für das Lob. Ich bin normalerweise nicht so ein held in kurze-Geschichten-schreiben, deswegen freut es mich, dass da hier gelungen ist. Ich finde schon, dass die Fluchtszene drin bleiben muss, es soll ja klar werden, warum sie so eingesperrt ist, und dass sie so dringend weg will.

@Wölfin: Krittel du ruhig, ich hab für alles ne Antwort, wusste aber nicht, dass es wichtig genug ist, es in die Story zu schreiben (ich wollte mal bewusst nicht lange Hintergründe auswalzen)
Ich denke, wenn man nicht schwanger werden will, gibt es (auch zu dieser Zeit) Möglichkeiten (kräuter, oder das Kind durch sportliche Anstrengung abtreiben, vielleicht Turmtreppenjoggen oder so), kann aber dazu was reinschreiben.
Die Zugvögel verwandeln sich im Herbst. Zwischendurch wirds sicher auch andere Männer geben, aber die sind ja nicht wichtig... taufrisch... hmm.. angenommen, die Mutter fängt mit dem "züchten" an, als die Tochter 15 ist, und jetzt wäre sie vielleicht 25. Damit ist sie noch taufrisch genug, um schön zu sein, aber hat schon zehn Morde Erfahrung. Schreibe ich aber gerne auch noch was rein.
Zu der Stimmung vor dem Töten überlege ich mir noch, ob ich das will. Sie tötet ja nicht aus Lust am Töten... hmm mal sehen.
Männerleichen... ich denke, Mütterchen ist es egal, hauptsache, die Typen reden nicht. Mach ich auch noch einen Halbsatz zu.

Danke für die Kritik,

Liebe Grüße,

Vroni

 

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