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Thema des Monats Das Blöken der Lämmer

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06.08.2005
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Das Blöken der Lämmer

Natürlich ahnte ich schon, bevor ich mich zwischen Laken und Oberbett schob, dass es keine gute Idee gewesen war von meinem Arzt. Er hatte die Verschreibung meines Schlafmittels abgesetzt und war plötzlich auf einem Natur-Trip.
„Frau Weber, Sie wollen doch nicht süchtig werden.“
Wollte ich nicht? Auf jeden Fall wollte ich eins: Schlafen. Und diese Idee mit dem Schafe zählen kam mir von Anfang an suspekt vor.
„Eins – zwei – drei – vier – fünf ...“
Na gut, vielleicht war es ja doch nicht so schlecht. Mein Atem wurde ruhiger, meine Muskeln entspannten sich, ich sah nur noch die kuscheligen Wesen vor mir mit dem weichen Fell.
„ ... sechs – sieben – acht – neun – zehn ...“
Zehn Schafe? Ein bisschen voll; schließlich ist meine Kammer auch nicht die größte, und dann die Dachschräge ...
„...elf ...zwölf ... dreizehn ...“
Eigentlich ist es kalt in meinem Zimmer, weil ich es nicht beheizen kann. Aber die Temperatur stieg, es wurde sogar fast schwül und ... was war das für ein Geruch?“
Ich versuchte, mich nicht ablenken zu lassen. Klar, dass mein Geist Ausflüchte suchte! Nur auf einen Aspekt zu konzentrieren war schwierig, sonst hätte ich ja überhaupt keine Schlafprobleme gehabt. Wo war ich noch mal?
„Ach ja, dreizehn. Gut, dann vierzehn ... fünfzehn ...sechzehn ... siebzehn ... achtzehn ...“
Der Gestank wurde schlimmer, und bei näherem Hinsehen waren die Tiere auch gar nicht so niedlich. Braune, festgebackene Dreckreste klebten in ihrem Fell, hingen von ihren Woll-Beinen hinab und drohten, auf meinen neuen Teppich zu fallen. Dazu das Geblöke! Wie sollte ich bei dem Lärm schlafen können? Trotzdem fuhr ein Teil von mir fort, wie in tiefer Trance weiterzuzählen:
„ ... neunzehn ... zwanzig ... einundzwanzig ...“
Im Sekundentakt kamen neue Schafe dazu, glotzten mit großen Augen um sich herum und suchten sich einen Platz. Längst war ich nicht mehr allein in meinem Bett. Anfangs fand ich die Wärme, die ihre Körper an meinem bildeten, ja noch angenehm, aber schon legte sich das erste Schaf auf mich drauf. Uff! Wie schwer doch so ein kleines Tier sein konnte.
„ ...zweiundzwanzig ... dreiundzwanzig ... vierundzwanzig ...“, zählte mein entspannter Geist.
„Helft mir, ach, ihr hohen Mächte!“, setzte ein anderer Teil von mir dagegen, ungehört. Stattdessen ungerührtes Blöken.
Ein wollenes Etwas drückte auf meine Brust, so dass ich nur noch flach atmen konnte. Ein anderes legte sich auf mein Gesicht, und dicke Fussel drangen mir in Nase und Mund und versperrten der Luft den Weg. Ich japste. Ich versuchte, klar zu denken, doch der einzige Teil meines Geistes, der dazu noch in der Lage war, sonderte irgendwo in der Ferne Zahlen ab ...

Flucht! blitzte ein Gedanke auf. Kampf! ein anderer.
Auch mein Arm war nicht frei, aber meine Hand glitt über die Oberfläche meines Nachttisches. Wo war der Stielkamm, den ich sonst dort liegen hatte? Ich ertastete nur ein paar Splitter und erinnerte mich, einige Schafe beim Knabbern gesehen zu haben.

Ich röchelte. Zu der Luftnot in meiner Lunge kam noch eine andere Empfindung, die nicht weniger schlimm auszuhalten war. Die Schafe hatten erst meine linke, dann meine rechte Fußsohle entdeckt, und gleichmäßig und immer wiederkehrend strichen ihre rauen Zungen über meine Sohlen. Mein unfreiwilliges Lachen wurde unter ihren Leibern erstickt, stattdessen ertönte ihr Geblöke.

Aufhören! Nur dieser eine Gedanke. Ich brauche Leere im Kopf, Stille.
Die Geräusche um mich treten in die Ferne, ein Glücksgefühl durchströmt mich. Füße? Sind doch nicht meine?
Wer braucht schon Luft zum Atmen? Doch nicht ich.

Weit entfernt erklingt ein Lied, das ich noch am Nachmittag im Radio gehört habe:

Und ich bette meinen Kopf auf das Kissen ganz sacht.
Denn ich habe die Lämmer zum Schweigen gebracht.
Gute Nacht.

 
Zuletzt bearbeitet:

Thema des Monats April / Quickies

Zufällig habe ich heute im Radio auf WDR 5 die Preisverleihung des "Mindener Stichlings" an das Musiker-Duo Weber-Beckmann verfolgt.
Ihr Lied "Dilemma" (Text auch auf der Seite nachlesbar) hat mich zu dieser Geschichte inspiriert, und so habe ich sie mit ihrem Song enden lassen.

 

Huhu Elisha.

Da drängt sich mir doch beinahe der Begriff "Kuschelhorror" im wahrsten Sinne des Wortes auf :D

Irgendwie kam für mich die Panik des armen Menschen nicht so rüber. Durchaus beschreibst du eine erschreckende Vorstellung, sodann sie denn passierte und kein Traum war, doch blieb mir der Prot zu kühl.

Die Frage ist jetzt natürlich: Wie könnte man das in einem so kurzen Text unterbringen?
Ein Vorschlag vielleicht: Die Schafe beginnen nicht die Füße abzulecken, sondern sie anzubeißen. Wenn dann die oberste Hautschicht einreisst und das Blut ... Sorry ;) kleiner Salem-Scherz!

War aber nett zu lesen, deine kleine Gutenachtgeschichte.

Gruß! Salem

 

Hallo Elisha!

He, aber mal was andres. Schafe zählen und dabei sterben - sowas nenn ich einschlafen :lol:
Kreativ, kreativ.
Ok, Salem hat irgendwie recht. Der Prot reagiert etwas zu ruhig. Es kommt die Panik nicht ganz so rüber.
Ansonsten angenehm zu lesen, die Wollknäuel.

@Salem
zzzz....

Gruß,
One

 

Moin elisha,

Nee, gruselig fand ich die Geschichte nicht - dafür aber ziemlich witzig (endlich hab ich mal die Chance, den Satz, den ich selbst immer in dieser Rubrik um die Ohren bekomme, weiterzugeben. Ha! :D)

Im Ernst, die Idee fand ich toll, auch und vor allem weil sie aufgrund vollkommenen Mangels an Erklärung (wo kommen die Sache eigentlich her) ziemlich skurril daherkommt. Dein Protagonisch nimmt die Sache tatsächlich recht cool, aber das find ich nicht weiter wild.

Also, mir hats gefallen - nur gruselig fand ichs nicht. Aber das macht nichts.

 

Kann mich Gnafu nur anschließen *gruselgrins*
- und die Idee finde ich GENIAL!!

kuschlige Grüße
weltenläufer

(PS: und der Titel ist auch absolute Klasse!)

 

Hallo Elisha

Wirklich klasse die Idee, dass sich die Schafe womöglich materialisieren und dem Prot damit zur ewigen Ruhe verhelfen. :D

Vielleicht hättest du das ein oder andere Schaf noch etwas grusliger machen können. Das sind nämlich ziemliche Brocken, ziemlich kräftig sind.

Fazit: :thumbsup:

Grüße
Texter

 

Hallo ihr,
vielen Dank für das Lesen und Kommentieren.
Schon beim Schreiben dachte ich auch, dass es vllt besser in Humor passen würde, aber Quickie war ja nun mal ein Thema in G/H, und so habe ich mich bemüht.

@Salem
Hättest du nicht gedacht, so schnell etwas von mir hier zu lesen, ne? :D

Ein Vorschlag vielleicht: Die Schafe beginnen nicht die Füße abzulecken, sondern sie anzubeißen. Wenn dann die oberste Hautschicht einreisst und das Blut ... Sorry kleiner Salem-Scherz!
Blut, Blut, immer Blut! Wenn dir das gefällt, könnte dich ja meine "Feuchtheiße Nacht (Harmvolle Version)" interessieren. :Pfeif:


@One weak

He, aber mal was andres. Schafe zählen und dabei sterben - sowas nenn ich einschlafen :lol:
Jau, gute N8!


@Zerbrösel-Pistole

Aber: Deine Geschichte ist schon gruseliger als der Witz.
:hmm: Ist das jetzt ein Kompliment?:confused:


@Gnoebel

Nee, gruselig fand ich die Geschichte nicht - dafür aber ziemlich witzig (endlich hab ich mal die Chance, den Satz, den ich selbst immer in dieser Rubrik um die Ohren bekomme, weiterzugeben. Ha! )
Okay, den behalte ich jetzt, bis ich ihn an jemanden weitergeben kann. ...Öhm ...Hast du schon das T.d. M. gepostet?


@Gnafu

PS. Ja ich hab mich wiedergefunden
:lol: Nett, dass du deinen neuen Nick akzeptiert hast!


@weltenläufer

Kann mich Gnafu nur anschließen *gruselgrins*
- und die Idee finde ich GENIAL!!
:( Leider muss ich ja das Lob an Weber-Beckmann weitergeben; bei denen geht die Sängerin auf die Schafe los und killt sie.
(PS: und der Titel ist auch absolute Klasse!)
Na gut, der war zumindest von mir.;)


@Texter

Vielleicht hättest du das ein oder andere Schaf noch etwas grusliger machen können. Das sind nämlich ziemliche Brocken, ziemlich kräftig sind.
Ich überlege nochmal, auch mit dem Ersticken ...


Bis dahin (mit weltenläufer gesprochen) *gruselgrins*

Elisha

 

HI elisha

eher lustig. nicht gruselig. aber kreativ und gut.

vielleicht werd ich mir diese KG hier ja als copywrite geschichte aussuchen.

ich muss erst noch was anderes zuende schreiben, sonst hab ich keine ruhe. ich hoffe, du verstehst das.
ich hab ja auch immer geduld mit dir.

bei dieser geschichte hier, solltest du vielleicht von schäfchen sprechen, da das bett bei ausgewachsenen schafen schon zusammengebrochen wäre.

wir werden sehen ...


gruß

 

Hi Elisha,

Tja, so ist das mit den Geistern die man ruft, und nicht mehr los wird.:D

Ganz nett geschrieben, aber zu wenig Emotionen.
Doch wie ich das mitbekommen habe, bist du ein Neuling inH/G.
Dafür ist die Vorstellung, unter so einem Lamm zu sterben, doch schon recht Horrormässig.;)

Habs gerne gelesen.

lieben gruß, coleratio

 

Hallo Elisha!

Zumindest der Quickie mit dem gewissen Augenzwinkern, wenn ich das richtig sehe.

Eine Story, in der man das Schäfchenzählen zum Hauptereignis macht, das hat schon was, ehrlich. Von der Idee bestechend, die Umsetzung einen Tic zu leger für meinen Geschmack.

Ich hätte schon gern etwas Herzklopfen gehabt und Schweißausbrüche, nur so als Reaktion auf diese ungeheuerlichen Vorgänge, die sich in dem Zimmerchen abspielen. Ist allerdings subjektiv.

Der Titel ist schön.


Grüße von mir!

 

@Aris

eher lustig. nicht gruselig. aber kreativ und gut.
Jau, *gruselgrins*
ich hab ja auch immer geduld mit dir.
Hast du? :Pfeif:


@Coleratio
Hier treibst du dich also rum. Und ich vermiss dich in "Alltag".

Tja, so ist das mit den Geistern die man ruft, und nicht mehr los wird.
Solltest du das Folgende identifiziert haben:
„Helft mir, ach, ihr hohen Mächte!“
???


@Hanniball

Zumindest der Quickie mit dem gewissen Augenzwinkern, wenn ich das richtig sehe.
Ja, so einer: ;)

Ich hätte schon gern etwas Herzklopfen gehabt und Schweißausbrüche, nur so als Reaktion auf diese ungeheuerlichen Vorgänge, die sich in dem Zimmerchen abspielen. Ist allerdings subjektiv.
Ich überlege noch, wie. Irgendwelche Ideen, auch ohne Salems Blut?

Danke an euch alle!
Gruß, Elisha

 

Hi Elisha,

*merk* heut nacht Katzen zählen *merk merk*.

Dachte eigentlich, dass gnoebel das Patent auf Schafe bei KG hat, aber du gehst mit Sicherheit als gnoebeline durch, denn witzig ist's allemal.

Aber ich blöke auch den anderen nach und vermisse das wirklich gruselige und klaustrophobische, so zwischen psychotischen Dreckschafen eingepfercht zu sein, die plötzlich rasiermesserschafe äh -scharfe Kauwerkzeuge entblößen und dich von unten aufmampfen z. B.

Also bleib nicht so lammfromm in dieser Rubrik, sondern schock uns doch mal!

Wollige Grüße
Peter

 

@Peterchen

*merk* heut nacht Katzen zählen *merk merk*.
:hmm: War das wirklich die Alternative? *anzweifel*

Dachte eigentlich, dass gnoebel das Patent auf Schafe bei KG hat, aber du gehst mit Sicherheit als gnoebeline durch, denn witzig ist's allemal.
Na, das ist ja ein dickes Lob!

Also bleib nicht so lammfromm in dieser Rubrik, sondern schock uns doch mal!
Ok, ich habe euch gehört; ich arbeite daran.

Gruß, Elisha

 

Jemand hats bereits erwähnt, es ist irgendwie kuschelhorror.

Eine nette, unblutige Idee. Doch mir fehlt irgendwie der Rahmen der die Geschichte umreisst, wo kamen die Schafe her? Wieso schlaflos? etc.

Die Geschichte ist gut geschrieben und liesst sich flüssig, der Wechsel zwischen Gedanken und dem Zählen der Tiere untermalt die monotone eingeklemmtheit des Prot!

mfg

 

Hallo Christoph M.,

Eine nette, unblutige Idee. Doch mir fehlt irgendwie der Rahmen der die Geschichte umreisst, wo kamen die Schafe her? Wieso schlaflos? etc.
Nun, das Thema des Monats April war Grusel-Quickies, und ich fand es so schön absurd, dass sie sich einfach so materialisieren. ;)

Gruß, Elisha

 

Hallo Elisha,

da mir Schafe nicht ganz unbekannt sind, fand ich die Geschichte ausreichend gruselig (nicht so sehr, dass die Viecher materialisieren, sondern das die Prot sich gar nicht wehren kann. Spätestens bei dem Satz

Braune, festgebackene Dreckreste klebten in ihrem Fell, hingen von ihren Woll-Beinen hinab und drohten, auf meinen neuen Teppich zu fallen.
wäre ich aus dem Bett geschossen und wenn das nicht funktioniert, wäre mir klar geworden, dass es sich um einen Albtraum handeln muss (aber Gerüche im Traum?)
An einer Stelle kam ich ins Grübeln. Stimmt der Satz
Nur auf einen Aspekt zu konzentrieren war schwierig, sonst hätte ich ja überhaupt keine Schlafprobleme gehabt.
Muss es nicht Schafprobleme heißen?

Mir graut vor Horrorgeschichten und ich lese sie deshalb grundsätzlich nicht. Aber hier habe ich mal eine Ausnahme gemacht (wieso hatte ich eigentlich gehofft, dass die Prot von einer Horde Enten gerettet wird?)

Liebe Grüße

Jo
Lieben Gruß

Jo

 

Hallo Elisha

Den langsamen Erstickungstod finde ich eigentlich gar nicht so kuschelig, spätestens als sich ein Schaf auf das Gesicht deiner Prot setzt, wurde mir etwas mulmig. Umso mehr hat es mich verwundert, dass die Frau so cool bleibt. Ich hätte mir ein bisschen mehr Panik gewünscht.
Bist du schon mal von irgendwelchen Witzbolden unter der Bettdecke festgehalten und gekitzelt worden? Ich bekomme noch bei der Erinnerung Atemnot.
Die Geschichte gefällt mir ansonsten gut (damit, dass die Schafe ohne Erklärung auftauchen, habe ich kein Problem), nur die Reaktionen der Prot sind mir zu unglaubwürdig und passen eher zu Humor, finde ich.

Wollige Grüße,
Megries

 

hallo Elisha,

finde schon, dass das eine gelungene gruselgeschichte ist.
vielleicht mit einem kleinen augenzwinkern, aber schon eine krasse vorstellung und gut geschrieben.

mir hats gefallen!

und nun wende ich mich der kopie zu :D

beste grüße
krilliam Bolderson

 

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