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Die Pianistin

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22.11.2005
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Die Pianistin

Gespielt von Jurek Dakinski


Präludium​


Capuccinotassen schlagen auf Glastische ein. Zigaretten entzünden sich: rechts, links, hinter mir, wieder links. Kellner irren umher. Weine gluckern aus ihren Flaschen. Finger durchstöbern Geldbörsen. Löffel stechen in Kaffees, kreisen gelangweilt, zerreiben Zucker, kratzen Tassenböden wund. Unterhaltungen: Palaver: nichts weiter als Geräusche. Ungleichmäßige, unschöne Kurven auf einem Oszillografen. Erregungen, Heiterkeit: spritzen heraus. Unmittelbar neben mir muss jemand gerade seine Zeitung ficken, denn Lesen kann das nicht sein.

„Dein Wein, Jurek.“
„Danke, Sophie, mein Liebes.“

Ihre Absätze klacken unryhtmisch. Sie trägt Hochhackige. Das ist Pflicht hier. Sie ist noch zu sehr konditioniert, auf den Ballen zu gehen.

Ich fingere nach meinem Weinglas, tippe mit der Fingerkuppe leicht hinein, reibe dann den Rand entlang. Es ist noch unterhalb der hörbaren Frequenz. Dann wird es merklich lauter, die Gespräche abgehackter, verlieren ihren Faden. Es wird leiser, leise gar. Nur noch wenige unterhalten sich. Dann niemand mehr. Ich höre Sophie kichern, höre auf. Es dauert eine Weile, bis die ursprüngliche Geräuschkulisse wieder aufgebaut ist.

Am Tisch vor mir wird ein Apfel zerfleischt. Cocktails werden durch Strohhalme gezwängt. Eiswürfel sterben gemeinsam und langweilig.

Klopfen aufs Mikrofon hackt Stille ins Publikum. Mich ruft noch einmal die Natur, bevor das Konzert beginnt.

„Falsche Tür! Können Sie nicht lesen?“, erschreckt mich eine übertrieben feminine Stimme, als ich die Pendeltür zum vermeintlichen Herrenklo aufstoße. Ich weiche zurück, suche Halt.
„Verzeihen Sie bitte! Als ich vierundfünfzig war, entschied der Allmächtige, mir die Sicht auf die Schönheit dieser Welt zu verweigern.“
Eine Hand fasst mich am Oberarm. „Jurek, komm! Hier entlang.“

„Es liegt nicht mehr daran, dass ich blind bin, Pavel. Das bin ich seit elf Jahren. Und seit zwanzig Jahren gehe ich hier aufs Klo. ... Ich werde alt, Pavel.“
Das Plätschern des Urins untermalt meine Worte.
„Komm, Jurek! Mehr als hören, spielen und trinken hast du noch nie gekonnt“, sagt Pavel.
„Aber ich will sie sehen. Ist sie hübsch, Pavel? Sag es mir!“
„Sie ist jung, Jurek, sehr jung. Vierzehn. Jürgen hat sie nach Deutschland gebracht. Sie ist aus einer kleinen Stadt bei Wladiwostok. Sehr talentiert. Aus der Schule von Nikolai Becker. Du wirst deine Freude haben!“

Pavel setzt sich zu mir an den Tisch. Letzte Getränke werden bestellt. Dann Applaus. Erste Töne durchkratzen die Stille. Als ob sie mehr Stille fordern würden, als vorhanden. Pianissimo. Erste Akkorde. Sie spielt Gabriel Urbain Fauré. 13 Nocturnes. Es erinnert leicht an Jean Martins Auslegung. Lange nicht so nihilistisch wie Germaine Thyssen-Valentin 2002. Aber frei. Virtuos.
Ihre Klänge umgarnen mich, tanzen ein Farbenmeer in meine schwarze Welt. Ende des Präludiums. Fortissimo jetzt. Der Flügel, der Steinway, erbebt mit mir vor Hochachtung. Sie zieht die Zügel stramm, sie bringt den Gaul zum Wiehern.

Nicht aufhören! Ich möchte hier sitzen und sterben können. Ihre Musik hätte mich in den Himmel getragen.

Ich denke an meine Tochter. Wie sie auf meinem Schoß saß, die Klaviatur vor uns, ihre Finger so spielerisch in der Melodie, so zuckersüß erschrocken bei Dissonanzen.

Mit ihr nahm mir Gott mein Augenlicht. Was sollte ich auch noch sehen? Sie, wie sie nicht im Bett liegt? Sie, wie sie mir nicht entgegenlächelt? Sie, wie sie nicht durchs Zimmer springt?

„Jurek? Jurek! Hat es dir gefallen?“ Pavels Stimme ein Lasso, das mich in die Realität zurückzieht. Ich greife nach seiner Hand. Eine Träne platscht in meinen Martini. „Pavel! Hol sie mir her! Bitte, Pavel, hol sie mir her!“
„Ich wollte sie dir ohnehin vorstellen. Ich hatte gehofft, du könntest sie unterrichten.“
„Unterrichten? Ich? Ich kann sie nicht einmal sehen, Pavel. Wie sollte ich sie da unterrichten können?“
„Hast du denn so viel vor in nächster Zeit? Sie ist gut! Sie hat alle Voraussetzungen. Sie hat Disziplin. Mach sie zu deiner Schülerin, Jurek! Sei ihr Mentor! Sie verehrt dich! Sie vergöttert dich!“

Floskeln erklingen, Hände ergreifen meine, eine Kinderhand schüttelt sie hochachtungsvoll. Ich handle ein Gespräch ab. Meine Vergangenheit, mein Ruf, sprechen für mich. Termine werden vereinbart, nach dem Ergehen von Familien gefragt, Getränke genuckelt, spendiert, Witze gemacht.
Sie lacht nicht, sitzt da, die Disziplin muss sie wie ein Gewehr im Rücken drücken, ist ein stiller Pol im Durcheinander des Gespräches ihrer Befürworter. Manchmal ist auch der Musiker nicht mehr als ein Instrument. Dann entfernt sich das Gespräch, mir wird zum Abschied auf die Schulter geklopft. Ihre Hand wieder diszipliniert zum baldigen Wiedersehen. Sie hatten mich überredet.

So blind wie ich; so stumm scheint sie zu sein.

„Wie soll das funktionieren, Pavel. Verdammt, wie? Sie redet ja nicht.“
„Ihr könnt beide hören, Jurek. Ihr könnt beide hören. Was sollte sie noch sagen, wenn du ihr zeigst, wie sie es zu spielen hat? Sie hat es zu spielen! Musikalisch gesehen ist Sprache Ausrede, ein Störfaktor. Das sind deine Worte.“


Fuge 1:

Ich stehe vor meinem Spiegel. Das letzte Mal, als ich mich sehen konnte, war ich unrasiert und von Tränen gezeichnet. Wenn ich jetzt über mein Gesicht fasse, merke ich, dass ich Falten bekommen habe, mein Haar zerzaust und licht. Mein Gesicht ist nicht das Einzige an mir, was alt geworden ist. Ich fasse in Fettfalten, die mir, klein noch, aber fremd vorkommen.

Als ich noch auf den Bühnen Europas war, als ich noch ganze Säle füllte: Da war mein Aussehen egal, Nebensache. Heute sagen sie, man würde es mir ansehen: den Verlust, die Vergänglichkeit, den Verschleiß. Sie schreiben, es läge nicht an meinem fehlenden Augenlicht. Ich hätte den Verlust meiner Familie nicht verkraften können, heißt es. Tatsächlich habe ich seit dem nicht mehr komponiert. Die Komposition, an der ich arbeitete, liegt noch unberührt oben im Arbeitszimmer.

Manchmal höre ich ihr Lachen vor meinem Anwesen, sie im Garten spielen, die Treppe herunterstürzen, weinen, schreien, flüstern.

Meine Frau hatte mich schon lange nicht mehr geliebt. Sie war nur wegen unserer Tochter noch geblieben. Ich war schon immer nur mit der Musik verheiratet gewesen. Zu oft hatte ich zehrende Wochen vor meinen Kompositionen verbracht. Ich sei zu fixiert geworden, hatte sie mir vorgeworfen. Auch in Sachen Erziehung: Unsere Tochter hatte eine frühmusikalische Erziehung genossen. Klavier, Gesang, Saxofon, Komposition, Geige, alles, was dazu gehört. Sie wäre eine großartige erste Geige geworden, und auch ihr Soprangesang konnte sich hören lassen.
Meine Frau und ich hatten oft gestritten, da sie es lockerer angehen wollte. Hätte ich als Kind die Möglichkeiten gehabt, wie meine Tochter sie gehabt hatte, ich hätte es zu weit aus mehr gebracht, als ohnehin schon. In unserer Familie liegt ein unermessliches Talent, dieses zu vergeuden hieße, einen Goldbarren abzulehnen. Damals hat mein Vater sein Klavier behütet wie ein drittes Kind, neben Pavel und mir. Pavel hat es musikalisch nicht weit gebracht. Er ist Kritiker. Obwohl er älter ist als ich, wagt er es nicht, mich zu kritisieren. „Deine Musik ist ein Lebenswerk“, sagt er immer. „Das Einzige, was man an dir kritisieren könnte, ist deine Flucht in die Musik, deine Abwendung von den Menschen."
Es war an dem Abend vor ihrer Aufnahmeprüfung: Sie sollte nach Wien, eine sehr renommierte Privatschule besuchen. Ich ging mit ihr noch einmal "Das wohltemperierte Klavier" durch, welches sie vorspielen sollte. Sie spielte das Ende noch immer falsch. Andauernd betonte sie, wie müde sie doch sei, dass sie ins Bett wolle, zu ihrer Mutter. Dann schrie ich sie an, woraufhin sie das Notenblatt auf den Boden warf. Dann schlug ich sie.
Die Nacht verbrachte ich bei Pavel, besser gesagt: Bei seinem Martini. Auch Johannas Abreise verpasste ich.
Tage später ließ sich meine Frau von mir scheiden, unsere Tochter nahm sie mit.

Ich habe Johanna jetzt schon drei Jahre nicht mehr gesehen, also getroffen. Auch meine Ex-Frau meidet den Kontakt mit mir. Ich weiß, dass Johanna seit dem Tag, an dem ich sie geschlagen hatte, nicht mehr gesprochen hat.

Ein Auto schwemmt die regennasse Einfahrt auf. Begrüßungen platzen in mein Anwesen. Meine Schülerin muss einen ganzen Hofstaat mitgebracht haben. Pavel vorneweg. Eines meiner Dienstmädchen öffnet die Tür, geleitet in den Saal, fragt nach Getränkewünschen. Einer von ihnen hat seine Schuhe nicht ausgezogen, sie begutachten meinen Flügel, meinen Ausblick, rekeln sich in der Garnitur.
„Herr Dakinski! Sie haben Gäste!“ Wie oft habe ich ihr gesagt, dass ich wünsche, geduzt zu werden.


Fuge 2:​

Ich weiß, dass Pavel geblieben ist. Er steht in meinem Rücken bei der Garderobe. Ich kenne seinen Geruch, spüre ihn. Es ist beleidigend, dass er denkt, ich würde ihn nicht bemerken. Vom Vertrauensbruch mal ganz abgesehen. Auch, wenn er es war, der für mich gebürgt, die Verantwortlichen von meiner psychischen Konstanz überzeugt, sich für mich eingesetzt hatte.

Sie sitzt vor dem Flügel, wartet auf den Startschuss von mir, um ihr Programm herunterspielen zu können. Ich spüre sie nicht atmen, nicht zucken. Sie hat meinen Flügel noch nicht einmal angefasst, wartet auf Erlaubnis.

Mein Haus ist still. Langweilig. Kein Tapsen von Kinderfüßen, keine mütterliche Angst, die in Anweisungen durch die Räume hallt, kein Fernseher, vor dem Kinderaugen zu nah sitzen, kein „Stör deinen Vater nicht! Er arbeitet!“, wenn sie vor meinem Arbeitszimmer spielt.

Damals haben sie mich gestört: diese Geräusche des Lebens, unrhythmisch und dissonant, wenn ich vor meinen Kompositionen grübelte. Bald hatte ich Nachts komponiert.
Ich schlief, während sie aufwuchs.

Pavel versuchte lautlos übers Parkett zu huschen, während ich auf ihn zuging, schließlich ein unwichtiges Jackett von der Garderobe nahm.

Zuvor hatte ich der Wachspuppe am Flügel den Startschuss gegeben. Und sie spielt ihr Programm, vollführt einige Saltos in ihrer musikalischen Akrobatik.

„Was befürchtest du? Wieso vertraust du mir nicht?“
„Du weißt warum! Lass dich von mir nicht stören! Ich stehe öfter, als du denkst, hinter dir. Und ich mache das für dich, Jurek. Nicht, weil ich dir nicht vertraue. Ich will mir nur sicher sein können.“


Fuge 3:​

Diesmal sind wir allein. Kein Pavel.
Im Intervall einer Quinte heult ein Krankenwagen die Straßen lebendig. Hunde bellen, Kinder spielen, Familien gehen spazieren, uns wird etwas Sonnenlicht in den Saal gelassen, welches das Leben aufzuwühlen scheint.
Ein Dienstmädchen stellt unachtsam ein Glas auf den Flügel. "Eine Cola für die Kleine", sagt sie. Ich habe nicht einmal gewusst, dass wir so etwas im Hause haben.
Meine Schülerin spielt. Ich kann Fauré nicht mehr hören, sage ihr, sie solle etwas anderes spielen. Sie spielt Mozart. Ich trinke Cola. Schmeckt gar nicht schlecht. Dann schlage ich mit den Fäusten auf die Tasten. Sie erschreckt, fällt beinahe vom Stuhl. Ich lache.
„Spiel mal `Der Mond ist aufgegangen´!“
Keine Töne erklingen.
„`Der Mond ist aufgegangen´!? Kannst du nicht?“
Das eingestrichene D erklingt. (Wir hatten dieses als Ton für „Nein“ vereinbart, den Kammerton als Signal für „Ja“)

Ich spiele das Lied.

Immer, wenn meine Tochter genug von all der Klassik hatte, die ein Privatlehrer und ich ihr eintrichterten, spielte sie dieses Lied, erfreute sich der Schlichtheit. Es war ihr Lieblingslied.

Meine Schülerin tut sich schwer, hat die Abfolge vergessen. Ich spiele es noch einmal. Wieder sie. Wieder ich. Einzelne Stellen. Jetzt sitzt es.
Ich weiß nicht, ob sie lächelt.


Fuge 4:​

„Sie sitzt in der Tat sehr verkrampft, Herr Dakinski. Sehr steif. Rot – braunes Haar, rundliches Gesicht, spitze Nase, Locken, lang: die Haare. Sie hat sehr große Augen, lange, feine Wimpern. Das ist mir aufgefallen.“
„Sieht sie Johanna ähnlich?“, frage ich das Dienstmädchen.
„Was denken Sie?“, fragt sie. „Könnte es Ihre Tochter sein?“
„Nein … nein. Es ist nicht meine Tochter. Wie könnte sie auch?“

Sie ist jetzt seit drei Wochen meine Schülerin.

Der Mond ist aufgegangen“ erklingt, wird abgebrochen. Sie vergisst es immer, kann kaum ohne Noten spielen.
Ich spiele es ihr vor. Jetzt kann sie es wieder. Sie ergreift meine Hand.

Ich ergreife auch ihre Hand, leite sie von der Klaviatur.
„Kennst du schon meinen Garten?“

Der Frühlingswind spielt in meiner Ohrmuschel, Dienstmädchen sind uns gefolgt, tuscheln, ein Springbrunnen spielt mit Wasser. Ich spiele Ball mit meiner Schülerin, die mir so vertraut vorkommt, so bekannt, so ähnlich.

Der Ball, den sie aus dem Schuppen haben muss, fliegt mir gegen die Stirn. Ich lache, sie vielleicht auch, versucht es erneut, wirft ihn langsam zu mir. Ich kann ihn nicht fangen, weiß nicht wann, wo er herkommt. Sie hat ihre helle Freude, schmeißt immer schneller, holt ihn wieder, wirft und wirft. Immer wieder prallt er gegen meinen Kopf, ich haste mit meinen Armen in mein schwarzes Meer, kann die Richtung nur erahnen, versuche ihn zu erhaschen, nachdem er an mich geprallt ist, schaffe es nie, lache dabei.

Und in meiner dunklen und farbenleeren Welt malt sich das Bild eines Mädchens, meiner Tochter, Johanna. Ich beuge mich zu ihr herunter und wir umarmen uns. Unsere Wangen berühren sich, wissen ihrer Zugehörigkeit. Der Wind leitet ihre Haare in mein Gesicht und ich kann sie riechen. Sie umklammert mich, ich umklammere sie und unsere Tränen treffen sich auf unseren aneinander gepressten Wangen.

Ich spüre Leute hinter uns stehen. Es könnte Pavel sein und meine Frau, die auch weint.

Fin​

 
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Hi Aris,

eine der ausgereiftesten geschichten die ich in meiner zeit hier zu gesicht bekam.

ich habe nichts, aber auch garnichts zu bemängeln.

Nachtrag: eine Sache hätte ich schon. ich erkenne das experiment nicht so ganz, da müsstest du mir auf die sprünge helfen.

beste grüße
krilliam Bolderson

 

Hallo Aris Rosentrehter,

da habe ich doch gerade eine Glückssträhne mit guten Geschichten. Insgesamt eine sehr gute Geschichte, ich kann da nur gratulieren.

Der Anfang ist mir etwas zu verspielt, kommt nicht zum Punkt, dann ist die Geschichte bis zu "Fuge 1" ziemlich nahe an dem, was ich großartig nennen würde- also tue ich das auch. Es ist großartig.

Die "Fuge 1" finde ich nicht gelungen. Der Anfang und das Ende sind wieder großartig, aber nachdem du die Rückblende mit seinem Aussehen, Erfolg beginnst, nimmt die Intensität deutlich ab.

Ich hatte sie zum Vorspielen nach Wien geschickt, konnte die Nacht nicht schlafen, drückte ihr die Daumen.

Manchmal höre ich ihr Lachen vor meinem Anwesen, sie im Garten spielen, die Treppe herunterstürzen, weinen, schreien, flüstern.


drückte ihr die Daumen- platt, Standartsatz

Manchmal... dieser gesamte Teil ist Standart, das übliche. Aber kein Bild wie der restliche Text, sondern nur aneinandergereihte Informationen.

Meine Frau hatte mich schon viel früher verlassen. Sie war nur wegen unserer Tochter noch geblieben. Ich war schon immer nur mit der Musik verheiratet gewesen. Ohne Johanna, gab es für meine Frau keinen Grund mehr bei mir zu bleiben. Zu oft war mir die Musik wichtiger gewesen. Zu oft verbrachte ich zerrende Wochen vor meinen Kompositionen. Ich sei zu fixiert geworden, hatte sie mir vorgeworfen. Auch in Sachen Erziehung: Unsere Tochter genoss eine frühmusikalische Erziehung. Klavier, Gesang, Saxofon, Komposition, Geige, alles, was dazu gehört. Sie wäre eine großartige erste Geige geworden, und auch ihr Soprangesang ließ sich hören.
Meine Frau und ich stritten oft, da sie es lockerer angehen wollte. Hätte ich als Kind die Möglichkeiten gehabt, wie meine Tochter sie hatte, ich hätte es zu weit aus mehr gebracht, als ohnehin schon. In unserer Familie liegt ein unermessliches Talent, dieses zu vergeuden hieße einen Goldbarren abzulehnen. Damals, hat mein Vater sein Klavier behütet wie ein drittes Kind, neben Pavel und mir. Pavel hat es musikalisch nicht weit gebracht. Er ist Kritiker. Obwohl er älter ist als ich, wagt er es nicht, mich zu kritisieren. „Deine Musik ist ein Lebenswerk“, sagt er immer. „Das einzige, was man an dir kritisieren könnte, ist deine Menschlichkeit.“

Hier gehst du aus einer sehr eindringlichen Sprache deutlich zurück, viele Standartsätze, viele Informationen, die aber für die Geschichte gar nicht wirklich relevant sind.
Ganz ehrlich: Wie wichtig sind die Informationen zu seiner Frau- wenn die Beziehung nicht stimmte??? Wie die Infos zum Talent in der Familie- wenn es nicht wirklich aufgenommen wird bei der Tochter, sondern beim Bruder und ihm?
Du bringst zu viele Informationen, in suboptimalen Bezug, statt den Verlust des Vaters begreifbar zu machen, das was ihm fehlt, die Entwicklung, die besondere Beziehung zum Vater... Und dort die Information zum Talent einzusetzen...

Es war vor gut zwei Jahren: Ich versuchte Johanna gerade „Das wohltemperierte Klavier“ beizubringen. Sie war spät dran, andere Kinder konnten es schon lange spielen. Sie stellte sich so unbeholfen an, dass es mich ergriff, ich sie so sehr zusammenstauchte, dass sie mich mit großen Augen ansah, die von diesem Moment an nicht mehr das in mir zu sehen vermochten, was Kinderaugen sehen möchten: einen Vater.

Und hier machst du es wieder richtig, wenn auch viel Show- etwas tell könnte die Szene noch aufwerten. Also hier die Töne reinnehmen, statt es unbeholfen zu nennen. Und dann den Blick mit etwas mehr ausstatten, und dann erst den Schluss.
Richtig, weil du wieder in die zentralen Figuren reingehst.

Mein Haus ist still. Langweilig. Kein Tapsen von Kinderfüßen, keine mütterliche Angst, die in Anweisungen durch die Räume hallt, kein Fernseher, vor dem Kinderaugen zu nah sitzen, kein „Stör deinen Vater nicht! Er arbeitet!“, wenn sie vor meinem Arbeitszimmer spielt.

Das sind alles Informationen, die bei vielen Menschen passen würde- individualisiere, so daß es nur hier paßt, dass die Charaktere der Figuren deutlich werden.

Damals hat es mich gestört: Diese Geräusche des Lebens, unrhythmisch und dissonant, wenn ich vor meinen Kompositionen grübelte. Bald hatte ich nachts komponiert.
Ich schlief, während sie wuchs.

Und hier wieder persönlich, großartig.

Dann schlage ich mit den Fäusten auf die Tasten. Sie erschreckt, fällt beinahe vom Stuhl. Ich lache.

Standarts... und wie hört er das... mach es individueller!

„Alle meine Entchen“ erklingt, wird abgebrochen. Sie vergisst es immer, kann kaum ohne Noten spielen.
Ich spiele es ihr vor. Jetzt kann sie es wieder. Sie ergreift meine Hand.

Hier fehlt etwas zum Talent. Wer nur nach Noten spielt, dem fehlt das Gehör eines guten Pianisten.

„Danke, Papa. Es ist schön, wieder bei dir sein zu können.“

Und in meiner dunklen und farbenleeren Welt malt sich das Bild eines Mädchens, meiner Tochter, Johanna. Ich beuge mich zu ihr herunter und wir umarmen uns. Unsere Wangen berühren sich, wissen ihrer Zugehörigkeit. Der Wind leitet ihre Haare in mein Gesicht und ich kann sie riechen. Sie umklammert mich, ich umklammere sie und unsere Tränen treffen sich auf unseren aneinander gepressten Wangen.

Ich spüre Leute hinter uns stehen. Es könnte Pavel sein und meine Frau, die auch weint.


Leider paßt das Ende nicht zu der in Teilen großartigen Geschichte. Es führt die Geschichte nicht logisch weiter, bildet keinen Zirkelschluss, sondern setzt nun in gewisser Weise eine Möglichkeit als Idee ein. Sehr Schade.
Und dazu die vielen Standarts hier, die Tränen, aneinander gepresste Wangen, spüre Leute hinter uns stehen (warum riecht er sie nicht?), ein Standartdialogsatz.
Hier fehlt ein wenig Pathos, gezielt gesetzt, und der Mut dazu. Und vor allem die sehr genauen Beobachtungen, die du als Autor dem Prot. spüren läßt. Ein wenig mehr Gefühl aus seiner Sicht, dass sich zeigt, nicht genannt wird. Damit der Leser den Schmerz des Prot. auch mitfühlen kann, fühlen kann, verstehen- auch wenn er nicht das gleiche erlebt hat.

Trotz all der Kritik:
Teilweise großartig, ich bin wirklich beeindruckt.

Gruss

Bluomo

 

Tag die herren

und danke für die Blumen erst einmal! ist nett von euch.

@krilliam besten dank. das Experiment besteht darin, dass du im Text keine unds finden wirst. so erhält das ganze seine eigene Sprache.
Erst, wenn sich tochter und vater gefunden haben, jurek seine tochter wieder
wahrnehmen kann, sind im letzten absatz unds. als lösendes Element sozusagen. ihr fehlen macht jureks beklemmung, seine tochter nicht zu sehen, deutlich.
außerdem schreibe ich ja aus der sicht eines blinden, was man auch als experiment ansehen kann.
und die form, den text als klassik cd aufgebaut zu haben ist auch neu.

@nacht wieso nichts zum inhalt? nun gut.
das zäh find ich persönlich seht schön. tut mir leid. dieser satz hat an sich auch ganz andere Probleme: der Prot ist blind und wird nie im leben hören können, wie eiswürfel schwelzen. aber ich musste diesen satz trotzdem stehen lassen.
lichtes haar kann man auch fühlen.

@bluomo (hört sich an wie ein waschmittel :D)
danke auch dir für die Blumen. du hast auch recht, mit deinen ausführungen. ich habe bei dieser Kg ähnliche überlegungen. es war schwer, den hintergrund in die Geschcihte zu packen. Es in kleinen häppchen in der Geschcihte zu verteilen, hielt ich für nicht gut, da es mMn den lesefluß stören würde. so, wie es jetzt ist, hat man alles recht schnell abgehandelt.
außerdem ist es halt wie eine klassik cd gestaffelt: das Präludium, mit Spielereien, wo der Pianist zeigt was er kann, wie auch du es ja schon verspielt genant hast, dann die erste Fuge, wo ein Thema, eine Melodie gespielt wird, dann die darauf aufbauenden fugen, die die fuge 1 als Grundlage
haben. die fuge 1 ist das fundament, die anderen fugen interpretieren diese.

aber schön, dass du dich so mit dieser Geschichte auseinander gesetzt hast. du hast größtenteils ja auch recht. nur muss auch ein gewisser hintergrund da
sein. aber ich schau mal, was ich bei der ersten fuge noch streichen kann.

wenn du von standartsätzen sprichst, hast du auch hier sicherlich recht. nur tragen auch diese dazu bei, jurek authentisch zu machen, da sie ihn menschlich machen, verletzlich und man sieht ihn nicht nur als pianisten, sondernauch als mensch.

daumen drücken werd ich streichen. danke

etwas tell könnte die Szene noch aufwerten.
tell?

Wer nur nach Noten spielt, dem fehlt das Gehör eines guten Pianisten.
du sagst es. es gibt dieses Phänomen sehr häufig. nach blatt können so viele spielen, wenn sie dazu gedrillt werden.

besten gruß an alle

 

Hallo Aris,

Es war vor gut zwei Jahren: Ich versuchte Johanna gerade „Das wohltemperierte Klavier“ beizubringen. Sie war spät dran, andere Kinder konnten es schon lange spielen. Sie stellte sich so unbeholfen an, dass es mich ergriff, ich sie so sehr zusammenstauchte, dass sie mich mit großen Augen ansah, die von diesem Moment an nicht mehr das in mir zu sehen vermochten, was Kinderaugen sehen möchten: einen Vater.

Und hier machst du es wieder richtig, wenn auch viel Show- etwas tell könnte die Szene noch aufwerten.

Tell im Sinne von show don`t tell: also zeige es, statt es "nur" zu sagen. In dem Fall statt "unbeholfen" als gesagte Beschreibung, dass unbeholfen nicht zu nennen, sondern es zu zeigen- indem sie sich verspielt- oder das Notenblatt runterfällt,...

Gruss

Bluomo (das Waschmittel ;-))

 

hi aris,

bzgl. experiment. mit den "unds" war mir nicht aufgefallen, muss ich gestehen.
die von dir verwendete form würde ich nicht als experiment sehen eher als stilmittel. ich glaube, dass die geschichte woanders besser aufgehoben wäre und auch mehr leser anziehen würde und das hätte sie verdient.

beste grüße
krilliam Bolderson

 

@ bluomo jetzt hab ichs verstanden. recht haste auch hier. ich setzt mich mal dran.

@krilliam

Der Autor kann sich zum Beispiel in gewissem Rahmen selber eingrenzen (z. B. mit Einschränkungen der Worte oder Buchstaben) und versuchen, auf dieser Basis eine Geschichte zu entwickeln

das steht an an´fang der seite bei experimente.

aber ich hätte diese Kg auch gerne irgendwo, wo sie mehr aufsehen erregt.

Vorschlag? nicht sonstige. da laß ich sie lieber hier. und sonst passt sie nirgens hin.

und auch hatte ich gehofft, hier eine Empfehlung zu bekommen. alle finden sie bisher großartig, aber niemand empfiehlt sie. vielleicht muss ich hier erst mit irgendwen schlafen.

beste Grüße

 

@golio

was hast du denn für eine Laune. ich ejakuliere nicht beim schreiben, soviel kann ich dir sagen! und solltest du mir so etwas noch einmal vorwerfen, Blasiertheit meine ich, dann warst das mit uns beiden!

ich könnte dir gar Neid vorwerfen. aber dafür schätze ich dich zu sehr.

wenns dir nicht gefällt ist ja gut. nur die begründung, es sei zu dicht, zu viele metaphern ... es ist zu gut oder wie oder was. geschmackssache vielleicht.
aber wenn dieser meiner Stil nicht deinem GAumen mundet, dann muss ich dir das selbe sagen, was ich immer lukas gesagt habe: ich habe mehrere arten, geschichten zu schreiben. auch normales story telling. such es dir aus der liste, wenn du magst.
bei porzellan hat dir dieser stil übrigens noch gefallen. aber das nur nebenbei.

und fals du hier keine inhalt finden solltest, bitte ich dich doch, mit beiden augen zu lesen. denn der vorwurf, hier sei kein inhalt ist lächerlich. grins.

ich spiele mit der Sprache, mit den wörtern. das kann man machen, ohne sich dabei einen zu wichsen. mir hat es jedenfalls spaß gemacht, das hier zu schreiben.

gruß

 

einmal noch.

meinte ja nicht dass du gegen die "experimente" regeln verstößt. nur dass "experimente" deiner geschichte vielleicht nicht gerecht wird.
empfehlen tue ich deine geschichte übrigens nicht, weil sie in meinen augen zwar literarisch perfekt ist, inhaltlich meinen trashverwöhnten gaumen aber noch nicht zum äussersten kitzelt. ausgereift halt, für mich aber etwas zu erwachsen.

trotzdem sehr gute arbeit! habs gerade nochmal gelesen

gruß nach düsseldorf
krilliam Bolderson

 

@ krilliam ich hatte dich schon verstanden. ich hätte für diese KG auch gerne eine andere Rubrik. nur, bietet sich da keine an, wie du bestimmt merkst.

zu erwachsen? :D das wird einem 22 jährigen auch nicht alle tage gesagt. aber lassen wir deinen gaumen mal wie er ist. besten dank jedenfalls. ich will dich auch nicht zu meinen geschichten zwingen, aber trashiges wirst du auch bei mir viel finden.

@nachtschatten ich bin ja deiner meinung, aber laß golio und mich das doch bitte machen. er wird sich dabei schon was gedacht haben oder einen schlechten tag.
Er hat in dem sinne recht, dass metaphern schon an den richtigen stellen montiert sein sollten.
nur wirkliche metaphern gibt es hier nicht einmal wirklich. die sprache ist eigenwillig und bildhaft. wobei bildhaft hier schon wieder falsch ist, da der prot ja blind ist :D
metapeher, vergleiche: gleichsetzungen, gibt es hier kaum.

der eine malt einfach einen apfel, der andere geht exeziv mit der farbe um und bringt einen kaum noch zu erkennenden, abstrusen apfel aufs papier. das ist des künstlers eigenart und freiheit.

gruß

 
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Nachdem ich eben die Kritiken gelesen hatte, versuche ich Mal etwas beizusteuern - ich hoffe es hilft ein wenig :Pfeif:

Wenn ich als unbeteiligte Person einen Satz lese wie:

Tut mir leid, aber ich kann deinen Stil gar nicht leiden.
dann klingt das fuer mich nach einer persoenlichen Schelte gepaart mit einer latenten Antipatie - so aus der Ferne und ohne einen der Beteiligten naeher zu kennen. Dagegen eine Formulierung:
Ich persoenlich finde, dass der Stil dieser Geschichte nicht angebracht ist, weil ...
klingt nach einer konstruktiven und fundierten Kritik (jetzt mal ohne Bezug zu der Geschichte gesehen), vor allem weil Gruende gebracht werden und nicht einfach Phrasen ohne weiteren Bezug ausgespuckt werden. Ausdruecke wie "total", "gar nicht", "laecherlich" oder Sentenzen der Art
Das Getue lenkt sowas vom Inhalt (falls überhaupt gar vorhanden) ab, dass man Sympathie wenig gar für den Autor empfindet, der einfach statt auf hohem Niveau zu unterhalten, nur ein gar wahres Ejakulat an manchmal gar billigen, oftmals recht unpassenden Phrasen auf den Leser abspritzt.
wuerde ich nur einem guten Freund - von dem ich weiss, dass er sich darueber amuesiert - als persoenliche satirische Mitteilung schicken. Fuer ein oeffentliches Forum halte ich diese Art der Formulierung und des Umgangs miteinander fuer unangebracht.
Wuerde ich so etwas ein, zwei mal von Dir finden, Golio, dann wuerde ich Dich einfach meiden; sollte es sich haeufen, wuerde ich das an einen der Moderatoren deligieren und um Loeschen der Beitraege bitten.

Kritik darf hart sein, sie sollte aber nicht persoenlich werden. Zudem sollte sie immer konstruktiv sein. Ich denke, darueber wurde hier sicherlich schon genuegend diskutiert - weil sowas in jedem Forum immer mal wieder auftaucht ...

So, das war das Wort zum GruenDonnerstag, sie hoerten der Landesbischof von Ost-Novaja Semlja ... :D


sarpenta

P.S: :baddevil: Das letzte Zitat wuerde auch gut als "pars pro toto" fuer die Kritik durchgehen ... :D ... der musste jetzt sein - sorry, Golio.

 
Zuletzt bearbeitet:

Ich habe eigentlich keinerlei Lust, das hier auszuweiten. Ich weiß nicht, welcher Dämon aus Golio spricht, aber er ist auf Streit aus.
Ich hingegen kann relaxen, denn deine Beiträge hier, Golio, sind das Geschwätz eines neidischen Jungen. ich weiß das, du weißt das, und andere hier scheinen das auch zu wissen.
wenn du in die KG nur hineingeschnuppert hast, dann ...

etwas persönliches hab auch ich allerdings schon: Ich versuche nicht, wie lukas zu schreiben. auch das sage ich dir nur einmal. gerade du solltest wissen, dass ich von anfang an meinen eigenen Stil hatte. und lukas zu kopieren hätte ein wenig was von majestätsbeleidigung.


Nein mal ernst Leute: Komm ich wirklich rüber als hätt ich einen schlechten Tag, wenn ich mal ne negative Kritik schreibe?

du kommst rüber wie ein neidisches Kind, Golio.

Es wird glaub ich Zeit, dass du dich mal für längere Zeit in deine Höle zurückverkrichst, da du Qualität anscheinend nicht mehr erkennen kannst. und ich find es schade, dir das nicht mehr als freund zu sagen.

Ich les auch mal wieder in eine deiner Geschcihten rein. aber: wenn man reingelesen hat, ist man ja auch schon fertig. grins.

@sarpeter auch dich scheint diese grundlose anstachelung auch auf den plan gerufen zu haben. dann noch was zur Kg vielleicht?

 

Hallo zusammen,

hier könnte eigentlich eine interessante Diskussion entstehen, wie Metaphern und Bilder verwendet werden könnten- und warum die betreffenden Autoren sich entschlossen haben so mit Bildern und Metaphern umzugehen.
Auch könnte man über die Vor- und Nachtteile diskutieren, die ein "einfacher" und "Komplizierter" Stil haben, die bei einer genauen Betrachtung jedoch beide nicht einfach zu schreiben sind. Auch stellt sich die Frage, ob Aris Stil in dieser Geschichte wirklich kompliziert sind, oder ob es nach Golios Meinung nur zuviele Bilder sind, die recht schnell hintereinander erwähnt werden.

Statt dessen wird der Inhalt angeschnitten, obwohl der Kritiker einige Postings später erwähnt, er habe nur 4 Zeilen gelesen, und mal in den Text geschaut.
Es wird über die Stilähnlichkeiten des Autors mit einem anderen Autoren gesprochen, sowie über persönliche Beziehungen des Autors mit einem anderen, über andere KGs.
Und dann werden herabwürdigende Aussagen herbeigeholt, ob nun der Neidvorwurf, oder der Vergleich "komplizierter" Stil und Onanieren, sowie die Erwähnung "hast du einen schlechten Tag" oder die Andeutung "wer so schreibt, hat keine Ahnung vom kritisieren".

Insgesamt finde ich beeindruckend, wie sehr an ihr aneinandervorbei diskutiert, und wie stark die Diskussion am Text vorbeigeht. Das ist auch schon eine Leistung bei zwei Autoren, die sich mit Sprache beschäftigen.
Das der Text deswegen ein wenig untergeht ist jedoch tragisch. Weil man aus den unterschiedlichen Meinungen zum Text viel lernen könnte.

Schade

Gruss

Bluomo

 
Zuletzt bearbeitet:

naja du hast wohl recht, bluomo.

Hab mich hier wieder unnötig provozieren lassen. jeder, der diesen Dialog überschaut, kann und wird sich ja schon seinen Teil dabei denken.
ich werde auf dich, Golio, nicht weiter eingehen.
ich reiche dir auch gerne die Friedenspfeife. du kannst mir gerne Textstellen zeigen, die deiner Meinung nach schlecht rüberkommen. wenn dir der Stil im allgemeinen nicht gefällt, wird das sicherlich schwierig sein, aber ich bin der letzte, der diese Geschichte nicht noch verbessern möchte. nur habe ich diesen Stil für diese KG gewählt und finde ihn nach wie vor dem Charakter der Geschcihte, der handlung und der Prots passend.

 

Hallo Aris!

Ich ignoriere einfach mal die vorangegangene "Diskussion" und schreibe, was mir auffiel.

Insgesamt hat mir Deine Geschichte sehr gefallen, finde sie aber an einigen Stellen inkonsistent oder unrealistisch.
Am genialsten finde ich den Anfang. Es ergibt sich eine filmische Perspektive, die intensiv Nahaufnahmen aneinanderreiht, die eigentlich nur Geräusche sind. Die Beeinflussung der konkreten Vorstellungen/Bilder die im Kopf des/der Lesenden entstehenden ist meiner Meinung nach hier erstaunlich wirkungsvoll umgesetzt.
Wunderbar ist, dass sich der Charakter Jureks, allein aus seinen Äußerungen und Kommentaren erschließt. Sie sagen mehr aus, als es viel Beschreibung könnte.
"Ihre Klänge umgarnen mich.."
Diesen Absatz finde ich nicht gelungen. Was soll das Cowboy-Bild? Ihre Töne flattern erotisch weil sie das Publikum bezirzen? Der Absatz bringt einen abrupten Kontrast zum Vorherigen mit sich und verwirrt mich beim Lesen, da er sich nicht ganz erschließt.
Auf einmal findet Jurek das Spiel ganz toll, darauf wird aber gar nicht weiter eingegangen. Vorher wurde es in Bildern beschrieben, jetzt kommt die Wertung, als sei schon längst alles klar. Ich finde hier ist definitiv mehr nötig, z.B., was fasziniert ihn, wie kommt er zu seinem Urteil?
Schon wieder ein Lasso!
Die Stelle für den Rückblick finde ich gut gewählt, es wird klar was ihm wichtig war und man kann auch erkennen, WIE er war. Die Problematik Vater/Lehrer und dann nochmal bei Musik, was das Problem potenziert, und dann noch wenn der Vater sehr erfolgreich ist, finde ich äußerst interessant und wichtig. Du hast das, glaube ich verständlich und eindringlich geschildert, aus der Warte des von Zeit und Unglück geläuterten Vaters heraus, der wieder darüber reflektieren kann.
Mal ehrlich: Alle Meine Entchen muss man nicht spielen können, wenn man ein Bischen Musik macht, dass spielt man einfach, weil man weiß, wie es sich anhört. Das ist bei den meisten Kinderliedern so. Wäre sie wirklich so gut, würde sie es sofort aus dem Gehör spielen, was wirklich nicht schwierig ist und hätte gelernt, dazu eine komplexe Begleitung zu improvisieren, was beim genannten Beispiel ja wirklich bloß Tonika, Dominante und einmal Subdominante ist. Und Noten sind da wirklich überhaupt nicht nötig. Aber egal, ich bin ja nicht kleinlich (oder doch?).
Schön, dass immer wieder dieses Geräusch-Motiv einbricht, wie er die Umwelt wahrnimmt während andere denken, er merke es nicht.
Unpassend finde ich die wiederholte Passage: "Mit ihr nahm mir Gott das Licht meiner Augen..." Für mich wird sie durch die Wiederholung kitschig.

Also, eine schöne und souverän geschriebene Geschichte über Musik, übers Altern, über Sehnsucht und Verluste, über Blicke hinter die Schulter und auf sich selbst. Auch die dunkle Seite der Musik, die Opfer, die ganz besonders die Familien immer zu bringen haben, wird nicht ausgespart. Das finde ich sehr gut. Die musikalische Formeinteilung der Geschichte finde ich originell, erkenne aber nichts weiter an ihr.
Ansonsten - toller Text

schöne Grüße

Xulius

ps: wer ist Sophie?

 
Zuletzt bearbeitet:

gute geschichte

Grüße
Quidam

 

hi Xuliux

Ich ignoriere einfach mal die vorangegangene "Diskussion" und schreibe, was mir auffiel

sehr schön. ich freu mich, dass du dich mit der Kg auseinandergesetzt hast!

auch schön, dass es dir gefallen hat

zu den Sachen mit dem Lasso und so: Es bringt ein bisschen humor in die Sache. jurek ist zwar ein erbitterter Pianist, aber hier kommt auch seine männlichkeit, hier umgesetzt in Laszivität, zum Vorschein. Dieses Stück, was er zu hören bekommt, bewegt ihn mehr, als es Kritikerfloskeln, die sich rein sachlich mit dem Stück befassen, hätten tun können. ... will sagen: Es bewegt ihn über die Musik hinaus.
auch machen ihn diese Aussagen menschlich, angreifbar, transparent.

ansonsten werd ich mir die von dir, und auch die bisher angesprochenen Stellen, noch einmal anschauen. ich hab bereits eine verbesserte Version auf meinem Laptop in Düsseldorf, bin aber über ostern bei meinen eltern in kassel. ohne laptop.
so kommt es auch, dass der name sophi anscheinend noch einmal auftaucht. so hieß die Pianistin mal, bevor ich sie zu jureks tochter gemacht hatte. sag mir mal, wo du diese unachtsamkeit von mir noch gefunden hast.

das du den Rückblick gut gesetzt findest, ist auch interessant. bluomo hatte das ja kritisiert. so kann man es den kritikern halt nie recht machen.

Wäre sie wirklich so gut, würde sie es sofort aus dem Gehör spielen,
Es gibt dieses Phänomen, gerade bei mit der Peitsche gedrillten Kinderpianisten aus den Ostländern. sie werden von ihren Eltern dazu gedrillt, schwierigste Partituren vom Blatt spielen zu können, um die Aufnahmeprüfungen an europäischen musikschulen zu bestehen, haben aber keinerlei gehör óder musikempfinden. es ist sicherlich ein ausnahmefall.
vielleicht ist auch alle meine entchen zu übertrieben gewählt. soltest du ein etwas adäquateres liedchen für diese Stelle kennen, sag es mir doch bitte.

Unpassend finde ich die wiederholte Passage: "Mit ihr nahm mir Gott das Licht meiner Augen..." Für mich wird sie durch die Wiederholung kitschig.
hab ich mir shcon gedacht. ich war auch am überlegen, ob es nicht zu kitschig wirkt. mal sehen, ob ich es noch streiche.

aber gut wiedergegeben hast du, um was sich die Geschcihte dreht. danke.


@Quidam. ich hab dein erstes kommentar noch mitbekommen. ich weiß nicht, ob sich bluomo beleidigt fühlt. er hatte mir ein ;D zurückgeschcikt, als ich diesen witz zum ersten mal machte, und da dachte ich, es sei o.k. außerdem wollte ich die angespannte diskussion, die noch nicht enmal eine war, etwas auflockern.
ich finds schön, dass dir der text gefällt. wenn du noch was zum inhalt sagen möchtest, bin ich gerne offen dafür.

aber erst einmal: frohe ostern

 

dir auch frohe ostern.

ich hab grad nochmal gesucht, wo ich wohl vergessen haben könnte, ein Sophi zu streichen. aber Xulius meint wohl am Anfangsdialog. so heißt die Kellnerin, @xulius. Das er sie mit Vornahmen und auch noch mit mein liebes anredet, macht ihm alt aber sympathisch und zeigt, dass er öffter dort ist.

das mit der wiederholung ist geschmackssache. das mag jeder anders empfinden. für mich selbst ist es eine Wackelstelle. sie ist nicht notwendig und wirkt etwas kitschig. es ist aber im grunde ganz egal, ob sie da steht, oder nicht. das werde ich als autor dann je nach laune streichen oder nicht. eure meinungen dazu zu hören, ist interessant, da ich so erfahre, wie gewisse Stilmittel auf auch wirken.

 

Hallo Aris,

dann möchte ich mich entschuldigen, sofern du das beim zweiten Mal wirklich nicht herablassend gemeint hattest. Ich weiß nicht, ob sich Bluomo beleidigt gefühlt hatte - mir war es ein Dorn im Auge. Aber Schwamm drüber.

Sobald ich wieder Zeit hab, sage ich was genaueres zu deinem text.

Grüße
Quidam

 

schon in Ordnung. Ich hab hier oftmals das Problem, dass es anders aufgefasst wird, als ich es gemeint habe.

ich freu mich, wenn du denn mal zeit hast.

 

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