Was ist neu

Thema des Monats Morsch

Beitritt
06.06.2005
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Morsch

5:30-Alarm.
Der Scheißwecker klingelt, ich muss raus.
Ich wühle mich aus den Deckenknäuel, auf der Hut, Marion nicht zu wecken.
Mann, fühle ich mich schlecht.
Der erste Weg führt mich ins Bad vor den Spiegel, Aussehen checken.
Müde und alt, wie immer.
Nur eines ist neu, dieser Fleck auf meiner Nase.
Ich greife nach meinem Zinken, um den Dreck zu beseitigen.
„Aua! Tut das weh!“ Ich blicke verdutzt auf meine rechte Hand, die den Schmerz verursacht.
Das obere Glied meines Zeigefingers zeigt irgendwie in die falsche Richtung, der dazugehörige Knochen ragt stumpf aus dem entstandenen Loch.
„Was ist denn das für ne Scheiße?“ Aus dem Augenwinkel sehe ich noch älter aus ...
„Hey, Moment!“ Fassungslos starre ich in den verschmierten Spiegel.
Mein Riechorgan hat sich aufgekrempelt und gibt die Sicht frei auf mein Nasenbein. Wie ein Ast ragt es aus meinem Gesicht.
„Scheiße, was ist hier los?“ Die Kraft meiner Stimme drückt meine Zähne nach außen, ein paar fallen aus.
„Oh Mann!“ Ich bücke mich nach den Beißerchen und stoße mit der Stirn an den Waschbeckenrand.
„Scheiffe!“ Meine Stirn liegt frei.
„Ich muff fur Arbeit, muff arbeiten!“ Ganz vorsichtig, um nichts weiter zu beschädigen, greife ich nach dem Deoroller und will mir die Achseln parfümieren. Eines meiner Achselhaare verfängt sich in der Kugel, was mich eine Menge Haut kostet. Ich greife nach der entstandenen Öffnung und bleibe mit den Fingern stecken.
„Oh Mann!“ Ich hätte nicht mit dem Fuß aufstampfen sollen, ich kippe seitlich weg, mein Schienbein bohrt sich seinen Weg durch das Knie. Das Geräusch ist unbeschreiblich. Unterwegs auf den kalten Badezimmerboden, nimmt mir der Toilettenrand den Unterkiefer und die Lamellen der Heizung spalten mir den Kopf wie ein Eierschneider, bremsen aber vorerst meinen Fall.
Ich versuche in der Stellung auszuharren. Ich muss irgendwie Marion wecken.
„Öööhhööö!“ Gar nicht so einfach ohne Kiefer.
Der Stiel der Klobürste kommt mir bedrohlich nahe, so will ich nicht enden.
„Man fand ihn ohne Kiefer, gepfählt durch eine Klobürste, sehr geehrte Damen und Herren!“
Ich hätte mehr für meinen Körper tun sollen, zu lange habe ich Raubbau betrieben.
Tränen steigen in mir hoch und spülen mir die Augäpfel aus den Höhlen.

 

Ein Lesegenuss!
Aber wie Nacht- schon meinte, an manchen Stellen unfreiwillig komisch.
Das der Prot ständig scheiße sagt, klingt tatsächlich etwas monoton...

Ich hätte mehr für meinen Körper tun sollen, zu lange habe ich Raubbau betrieben

Dieser Satz hat mich beim Lesen irgendwie gestört. Klingt zu sehr nach einer erzwungenen Erklärung und will nicht so recht zu deinem schonungslosen Stil passen...

ansonsten Top!

grüßlichst
weltenläufer

 

unfreiwillig komisch?

die ganze Geschcihte ist doch wohl eher amüsant anstatt grusselig. und unser trashfan krilliam wird es auch nicht anders beabsichtigt haben. auch ich hab meine freude an diesem kleinen erguß gehabt.

gruß

 
Zuletzt bearbeitet:

liebe freunde,

@Nachtschatten: habe "einige" durch "ein paar" ersetzt, klingt besser denke ich. das ironische muss bleiben. kann nicht anders.
bei erneutem betrachten gefällt mir der titel tatsächlich auch sehr gut. höhö

@weltenläufer: hatte den quasimoralischen einwurf eingebaut um ne überleitung zu seinen tränen zu bauen. stehe sonst auch eher nicht auf erklärungsversuche (zumindest nicht in den geschichten)
das "Top" freut mich. danke.

@aris: schön das du dich in die unerwachsene trashwelt vom bolderson begeben hast, und mir so viel verständnis entgegenbringst. ich habe es ja tatsächlich nicht anders beabsichtigt.

danke euch für eure komentare

beste grüße
krilliam Bolderson

P.S. ein "Scheiße" habe ich entfernt.

 

Ola krilliam.

Die wörtliche Rede fand ich scheiße :D aber der Rest war zum Brüllen komisch (hoffe, es war von dir beabsichtigt)

„Scheiffe!“ Meine Stirn liegt frei.
:lol:

Fazit: Kranke, gelungene Idee. Beim Schienbein musste ich beinahe ein Spray nehmen, um mich wieder einzukriegen. Sehr gut!

Gruß! Salem

 

jeah salem,

nee da hast du schon richtig reagiert, soll schon neben krank auch lustig sein.
die wörtliche rede naja. fand ich irgendwie reizvoll.

ok danke dir fürs lesen und ablachen

beste grüße
krilliam Bolderson

 

Hallo krilliam,

irgendwie -ich konnte es nicht verhindern- habe ich beim Lesen deiner Geschichte den beginnenden Auflösungsprozess von Jeff Goldbloom in "Die Fliege" vor Augen gehabt.

Die Vorstellung, dass man sich einfach in seine Bestandteile auflöst ist absurd gruselig. Du hast das mit der nötigen ironischen Distanz beschrieben und die Vorgabe des TdM sehr gut gelöst. Kurz und knackig. Eine Horrorvorstellung. Die konsequenteste Schilderung von Persönlichkeitsverlust.

Ein unterhaltsamer Schnellschuss für zwischendurch.

Grüße von Rick

 

Hey!

Fand die Story auch recht unterhaltsam, für mich persönlich nichts wirklich großartiges, aber das ist bei diesem Thema des Monats wohl auch nicht unbedingt beabsichtigt.

Für mich ist dieses TdM überhaupt nichts, aber dir scheint es zu gefallen und das merkt man.

Eine Sache jedoch:

Das Geräusch ist unbeschreiblich.
Würd ich als Autor nicht zugeben, es ist schließlich deine Pflicht etwas zu beschreiben. Dieses Wort hat mich sofort an Lovecraft erinnert, und schon bei ihm fand ich das merkwüdig...

Bis dann!

 

im urlaub darum kurz,

danke euch fürs lesen. vergleich mit die fliege, muss ich mit leben gewisse ähnlichkeiten gibt es natürlich, die sorge hatte ich beim schreiben auch, dafür ist die idee aber schon eine andere.

zu dem "klingt unbeschreiblich" auch das habe ich beim schreiben befürchtet, mal se3hen ob ich da noch was eleganteres finde.

beste grüße
krilliam Bolderson

 

:D...

sehr geil, krill.

Kurz und witzig. Ich habe gelacht. Was will ich mehr.

Hat gut gefallen, das Teil.

Mein Liebling:

Ich muss irgendwie Marion wecken.
„Öööhhööö!“ Gar nicht so einfach ohne Kiefer.

 

Hi Krill,

ich fand's auch gut, besonders die Stelle mit der Heizung.
Thema perfekt umgesetzt!

Grüße,
Naut

 

hallo Krill, nun bin ich so lange nicht mehr hier gewesen...fast vier Jahre, soweit ich das sagen kann, und die erste Geschichte, die ich hier nun gelesen habe ist deine.
ICh hab immer noch Tränen in den Augen vor Lachen.
Ich kann dir nur danken, dass du mir einen so herrlichen Wiedereinstieg in die KG bescherrt hast.
Frag mich bitte nicht warum, aber ich musste einen flüchtigen Augenblick an "Die Fliege" mit Jeff Goldblum denken.

Wie dem auch sei, wirklich erfrischend, deine Story.

Rub.

 

hi Rub.,

dass ich die heimkehrerüberraschungsparty ausrichten durfte und sie dir auch noch die tränen in die augen trieb, freut mich!

die fliege, ja schon irgendwie, nur halt, dass der sich verwandelt. hier wird einfach nur zerfallen. der ist halt morsch.

also nochmal willkomen daheim, auf dass du nun länger verweilest

beste grüße
krilliam Bolderson

 

Hi krilliam !

Zwischen immer mehr Gewalt über mich und Gestalt annehmender (ist en Zeugma, wenn ich Woltos Liste richtig in erinnerung habe) Weihnachtsstressigkeit eine echte Horrorvision, die aber komische Elemente enthält. Irgendwie muss der Prot noch so benebelt sein, dass er nicht vor Schreckensstress einen Herzinfarkt bekommt.

nimmt mir der Toilettenrand den Unterkiefer und die Lamellen der Heizung spalten mir den Kopf wie ein Eierschneider

Ideen hast du …

Ich sehe das Ganze mehr auf der Black-Humor-Schiene, war mal was anderes als sonstige für Zwischendurch-Geschichten.

- Sebastian

 

Hey Sebastian,

ich brauchte ein wenig um den einstiegssatz zu verstehen, jetzt sitzt er aber. (größten Teils :) ) was ist denn Woltos Liste?

hat mich gefreut, dass du die story abgestaubt hast und sie dich ein wenig von der härte des saisonal bedingten geschäftsterrors ablenken konnte.

humorig sollte sie schon sein, schwarz durch den horror. ach was rede ich hier?
ich bin das erste opfer dieses adventswahnsinns :silly:

danke dir vielmals

krilliam Bolderson

 

Ohne die letzten drei Zeilen wäre es noch besser. Sehr kurz und seltsam, der Text. :)

Der Typ löst sich in seine Bestandteile auf und denkt trotzdem nur daran, rechtzeitig in die Arbeit zu kommen????

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey Berg,

Ohne die letzten drei Zeilen wäre es noch besser.
du hast föllig recht, promt gestrichen. hat glaube ich eh niemand so verstanden, wie ich es gedacht hatte

Der Typ löst sich in seine Bestandteile auf und denkt trotzdem nur daran, rechtzeitig in die Arbeit zu kommen????
so ist das als pflichtbewusster arbeitnehmer. man macht sich tot für die maloche, ein kernthema dieser geschichte. ;)

danke dir

krilliam

 

Hi krill,

ich weiß jetzt nicht mehr, was zu der Zeit TdM war (du etwa noch? ;) ), aber schon damals hat mir diese Geschichte gefallen.
Aus der heutigen Zeit gelesen merkt man ihr aber erst den 'alten Bolderson'-Stil an, der mich immer noch zum Schmunzeln bis Lachen bringt.
Versteh mich nicht falsch, das soll nicht bedeuten, dass du heute nur Rotz schreibst ;)
Aber früher hattest du eben dieses absurd-kranke Element. Ist aber vllt besser, dass es jetzt draußen und dein Stil reifer ist. :hmm:

Tserk!

 

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