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Der Herr Meier, seine Schafphobie und jede Menge Erotik
Verdächtig weit außerhalb der Stadt wohnte der Herr Meier. Durch herbstlichen Morast schleppte er sich und das Mädchen, nippte hastig an der Flasche. Verfallen und au…
„Nichts da, ich nippe an keiner Flasche, wer weiß, wo die rumgelegen hat.“
„Die ist sauber, also mach gefälligst das, was ich hier schreibe.“
„He, blas mich gefälligst nicht so an. Was bist'n überhaupt so gereizt?“
„Ich bin nicht gereizt. Ich hasse es nur, wenn meine Protagonisten nicht das machen, was ich ihnen sage.“
„Da scheiß ich drauf. Trink selber aus deiner blöden Flasche.“
„Muss ich erst grob werden?“
„Grob? Du bist ein Mädchen.“
„Gut, dann verschieb ich die Datei mit den nackten Tatsachen in einen Ordner an den du nicht drankommst. Und den Torrent sperr ich gleich ganz.“
„Das machst du nicht.“
„Und wie ich das mache. Pass mal auf.“
„Stopp. Is ja schon gut, ich nippe ja an deiner dämlichen Flasche.“
Einsam und verfallen war das Haus, in das er sie zerrte. Groß und licht. Nicht notwendig und in seiner Funktion unnütz, der löchrige Holzzaun, da Niemand weit und breit, der Anspruch auf Grund hätte erheben können.
Mit Blättern spuckten sie, die Bäume warfen mit Ästen, und Wind, der um die Wette rannte.
Blick ins schweigende Tal hatte man, weit u…
„Wäh, sag mal, wer hat dir denn das Schreiben beigebracht? Bäume die Blätter spucken, Wind, der um die Wette rennt … so ein Schwachsinn!“
„Wenn ich deine Meinung hören will, dann frag ich danach. Klar?“
„Ich bin ein Individuum. Ich muss nicht erst gefragt werden, um meine Meinung zu sagen.“
„Du bist mein Protagonist und hast hier gar nichts zu melden.“
„Ich bin in der Gewerkschaft, ich muss mir von dir gar nichts gefallen lassen."
„Wenn du nicht gleich die Klappe hältst, schreib ich dich in eine andere Story.“
„Von mir aus, solange der Autor da nicht so unfähig ist wie du, ist mir das vollkommen wurscht.“
„Ach ja? Dir ist das also egal? Gut. Ich sage da nur: Schaaaaafe. Oder wie wäre es mit …"
„Schafe? Nee, alles, bloß keine Schafe. Weißt du, der Autor bei dem ich voher gearbeitet habe, der hat immer nur Schafe … weiß gar nicht, was er an diesen vierbeinigen, braune Kugeln in die Gegend scheißenden Wollköpfen, so unheimlich toll …"
„Klappe.“
… und ich hab da ein richtiges Schaftrauma gekriegt, deshalb hab ich da ja auch gekündigt … und weil ich ja auch mal was Dramatisches spielen wollte, so mit Mord und Sex … nicht immer nur Humor … verstehste … da wird man ja ganz weich in der Birne … also ich mein, wenn man die Weiber nie flachlegen darf, die einem vorgesetzt werden … verstehste … das hält ein Mann nicht länger als drei Sekunden aus … und überhaupt …"
„Schnaaaaaaaauuze!“
„Haaaach, is ja gut. (Heut liegt wohl Eisprung in der Luft. Scheiß Weiber. Möchte mal wissen, was mich geritten hat, bei der hier anzufangen?)“
„Hast du was gesagt?“
„Ich? Nö, das war nur die Festplatte von deinem Laptop, die hat gerattert.“
„Ach so. Dann kann's ja weitergehen.“
„Auwa! Verdammte Scheiße verdammt nochmal.“
„Was ist denn jetzt schon wieder?“
„Irgend so ein Penner hat hier ne Schaufel hingestellt und ich bin drüber geflogen. Kannste deine Schauplätze nich besser aufräumen, bevor de mit dem Schreiben anfängst? Bei gnoebel is das nie passiert.“
„Tschuldigung, ich stell sie ja schon beiseite.“
„Das is ein Arbeitsunfall, is dir schon klar oder?“
„Jaha, ich hab's vernommen. Können wir jetzt?“
„Ja! Was tut man nicht alles, um seinen Job zu behalten.“
„Also:“
Aufs Bett legte er sie; behutsam. Eingerichtet wie von besorgter Mutter, dieses Zimmer, dieses eine. Das Haus abwartend und prüfend. Das Licht wie nach dem Tode.
Das türkisfarbene Kleid, unbeholfen zog er es ihr aus.
Waschen tat er sie und …
„Waschen? Ich tu die doch nich waschen. Wenn die das nich selber kann, dann schreib hier gefälligst ne Krankenschwester rein, die das macht.“
„Kannst du nicht einmal machen, was man schreibt? Ein einziges Mal nur?“
„Wenn du was Vernünftiges schreibst, dann mach ich's auch, aber waschen … bin ich beim Pflegedienst oder was?“
…
„Betrachte es doch als Vorspiel.“
„Vorspieeeel? Du meinst, wenn ich damit fertig bin, darf ich sie vögeln?“
…
„Ähm … ja … genau.“
„Geil! Ich mein: Okay, reich mal ne Badewanne und Kernseife rüber.“
„Na vielleicht ist Kerns …“
„Was is?“
„Ach egal, nicht so wichtig.“
Waschen tat er sie und eincremen.
„Eh sag mal, riechst du das auch?“
„Ich sitze am Laptop. Was soll ich denn da riechen?“
„Ach so ja. Aber irgendwie riecht die komisch. Kann ich'n bisschen Parfum kriegen?“
„Sicher kannst du.“
Mit Parfum sprühte er sie ein.
Über ihren Körper schabten sie, die Schwielen an seinen Händen. Vom schnellen Graben hatte er sie, diese Schwielen.
Krume in den Haaren noch sowie Schweiß in den Pressstellen seines Körpers und in den Ritzen und Haaren an seiner recht deformierten Gestalt; noch Erde kalt wie sie.
„Moment mal. Schweiß in Pressstellen? Deformierte Gestalt? Du hast sie doch nich mehr alle:
An mir ist kein Gramm Fett zuviel, alles Muskeln, da gibts keine Pressstellen. Und mein Körper ist so was von perfekt, dass das Wort Adonis, für mich neu erfunden werden musste. Wenn du was zum Kinder erschrecken brauchst, dann frag doch mal bei diesem Hugo nach, vielleicht kannst du seinen Hausmeister kriegen."
"Hugo? Hausmeister? Ich weiß nicht was du meinst?"
"Du hast wohl gar keine Ahnung von Literatur, wie? Also: Der Penner is Hausmeister in irgend einer Pariser Kirche, und weil er so hässlich ist, wird er von allen verspottet, aber irgendwann, kommt so ne Tussi - die ist bestimmt blind - und verliebt sich in den. Na, klingelts?"
"Ach so. Du meinst: Victor Hugo 'Der Glöckner von Notre Dame'."
"Mir doch scheiß egal wie der Typ heißt. Auf jeden Fall kannste mich nich deformieren, da mach ich nicht mit."
„Aber das ist äußerst wichtig für die Handlung. So ähnlich wie beim Froschkönig, der am Anfang ja auch erst mal total hässlich ist. “
„Wie? Was ist denn das für ein beschissenes Konzept für ne Story?“
„Hehe, das ist nicht von mir, ich kopiere das nur. Das Original ist von Aris Rosentrehter.
Beschwer dich halt bei ihm.“
„Ach is ja auch wurscht. Darf ich sie jetzt endlich flachlegen?“
„Gleich.“
„Gleich? Wann is gleich? Mir wächst hier nämlich gerade ein Problem; ein sehr großes.“
„Ja ja, ich muss erst noch einen Spannungsbogen basteln.“
„Spannungsbogen, pah, ich bin schon gespannt genug.“
„Hetz mich nicht, ein guter Plot braucht Zeit.“
„Is ja schon gut.“
Durch die Nacht kratzen Blitze, Standbildaufnahmen des Zimmers machten sie.
Als wolle er hinein durchs Dach; so hämmerte der Regen.
Fürsorglich strich er ihr die langen, weißen Haare aus dem Gesicht.
Ihre kalten Brüste liebkoste er.
Küsse hauchte er, auf die blauen Lippen.
Dann schüttelte er das Kiss …
„Scheiße … wart mal … durch den Schlamm musste ich die Tussi schleppen, waschen, kalte Brüste hat se, blaue Lippen, die ganze Zeit sacht die kein Mucks und dann dieser komische Geruch? … verdammte Scheiße, die is doch tot … hinüber … abgenippelt.“
„Und das merkst du jetzt erst?“
„Das kann doch wohl nicht … scheiße verdammt, … ich vögel doch nich mit ner toten Leiche rum.
„Doch natürlich wirst du …“
„Nee, das mach ich nich. Das steht nich in meim Vertrag. Du machst jetzt sofort, dass die Tussi lebt, oder ich schmeiß den Krempel hin und du kannst sehen, wie du die dämliche Copywritegeschichte alleine hinkriegst.“
„Aber das kannst du doch nicht machen.“
„Klar kann ich. Und wie ich kann.“
„Okay, okay. Schon gut. Du kriegst ja, was du willst.“
„Na bitte. Warum denn nicht gleich so?“
„Aber ich muss erst noch ein bisschen … Atmosphäre … Spannungsbogen … weißt schon, weil ja bisher alle denken, dass sie tot ist … die Pointe vorbereiten … verstehst du …?“
„Ja klar. Mach ruhig. (War wohl doch gut, dass ich den Autor gewechselt hab. Weiber sind einfach leichter zu erpressen.)“
„Hast du was gesagt?“
„Iiiiich? Nee.“
„Hm, dann wars wohl wieder die Festplatte. Okay, dann mal los:“
Herr Meier schüttelte das Kopfkissen auf. Sturm fauchte um die Ecken. Und im Stroboskoplicht der Blitze drehte er sie auf den Rücken.
Seine Hände glitten über ihre weiche, weiße Haut und er begann, vor Erregung zu zittern. Zwischen ihren Beinen kniend, hob er ihr Becken an. Von Weitem grollte Donner und beim nächsten Zucken eines Blitzes, sah man eine Schaufel – geführt von unsichtbarer Hand – mit Schwung auf seinen Hinterkopf zu rasen. Dann hörte man einen dumpfen Knall. Beim nächsten Blitz lag er regungslos und nur noch halb auf dem Bett.
…
Prolog:
Mit einem umwerfenden Lächeln betrachtete ich dieses grandiose Werk, die fertige Copywritegeschichte. Dann schweifte mein Blick durch die unendlichen Weiten des Arbeitszimmers und blieb an einer kleinen Marmortafel kleben.
„Kein blöder Protagonist, quatscht mir in meine Geschichte rein“, dachte ich, während ich ein Zitat meines Lieblingsautors laß, das in goldenen Lettern auf dem Schild stand:
Ich bin der Autor! Der Autor ist Gott! Und damit basta!