Für WEN schreibe ich?
Hi,
angefangen hat alles mit der Frage "Warum schreibe ich".
Ich hab´s mit sim vor der Veröffentlichung etwas andiskutiert. Es gibt schon einige Threads zu diesem Thema hier im Forum, da sich aus dieser Grundfrage viele weitere Themen ergeben.
Aus dem „Warum“ folgt häufig das „Wie“, denn am Ende hat jeder ein Ziel, dass er versucht auf bestimmte Art zu erreichen. Ebenfalls eng verbunden ist dann das „Worüber“ bzw. die Themen, denn irgendwie kreisen die Gedanken und Inhalte doch immer wieder um das eine oder andere Thema und man findet eine Richtung, die einem besonders am Herzen liegt.
Später interessieren dann noch solche Dinge wie:
[post=6760]Wie gehe ich ran? Wo hole ich die Ideen? Wie motiviere ich mich?
[/post] oder auch Wie oft schreibe ich? Oder wie oft sollte ich schreiben?
Und ganz am Ende kommt dann auch „Wie oder was kritisiere ich“. Jedenfalls beobachte ich das bei mir. Ich versuche so zu kritisieren, wie ich auch selbst kritisiert werden will. Ich suche das, von dem ich hoffe, dass man es bei mir sucht. Ich gebe das, von dem ich hoffe, daß es mir gegeben wird.
Meine Motivation für die Diskussion rührt daher, dass bei meinen letzten Kritiken sehr oft an den Punkt gestoßen bin:
Was will der Autor mit dieser Geschichte erreichen?
Warum erzählt er sie mir? Warum sollte ich mich damit beschäftigen?
Was ist anders, als bei den anderen Geschichten, was ist das Neue, die Intention?
Und oft kam es dann ehrlicherweise zurück:“ Nichts, es soll nichts. Ich zeige einfach, wie ich es sehe. Nicht mehr und auch nicht weniger.“
Das ist aber für mich dann wenig erbaulich, denn ab einem gewissen Niveau erwarte ich einfach, daß der Autor der Geschichte eine gewisse persönliche Note gibt. Damit meine ich nicht den Stil, sondern den Inhalt. Etwas Neues, nicht dagewesenes, ein Zugewinn. Oder sagen wir es lapidar: "Ein Nutzen" auch wenn das vielen die Stirn in Furchen legt.
Also:
Warum hat sich jemand einen Nachmittag hingesetzt und es aufgeschrieben?
Doch nicht, damit man es auf kg.de liest, oder?
Da muß doch ein Ziel sein, eine Absicht.
Und darauf aufbauend könnte man dann die Diskussion anfangen: Ob dieses Ziel erreicht wurde oder wie man dem Autor helfen könnte, dieses Ziel besser zu erreichen? Oder ob was ganz anderes herauskommt und woran das liegt.
Wenn da allerdings kein „Warum“ ist, wenn der Autor gar kein Ziel hat, dann braucht man eigentlich auch nicht helfen. Dann kann man tatsächlich bei den Kommas und bei der Perspektive ein bisschen technisch rumfummeln, aber dann erreicht man irgendwann eine Grenze, wo der Autor die Wirklichkeit gut kopieren kann, ebenso, wie jedes andere Medium auch und wo dann gerne mal das Klischee-Wort fällt, weil alles schon mal da war.
Es ist wie ein Maler, der irgendwann so gut geworden ist, daß das Bild aussieht, wie eine Fotografie und die Leute stehen vor dem Bild und schauen auf´s Original und sagen: Na warum hat er nicht gleich geknipst.
Und der Maler sagt:" Ich wollte es aber malen, das war mir wichtig."
Seine Freunde stehen daneben und nicken bedächtig, denn der Maler ist ein Talent, das kann man ja sehen.
Aber die Leute! Die Leute zucken die Schultern, drehen sich um und gehen.
Und der Maler schaut den Leuten kurz nach, dreht sich zu seinen Freunden um, und sagt:" Ist doch gut geworden, oder?"
Und freut sich über das Nicken der Freunde.
Aus meiner Sicht ist dies aber zu wenig (das werden viele anders sehen). Gerade der Autor hat ja die Möglichkeit, über die Art und Weise und den Inhalt etwas zu zeigen, was über das Dargestellte hinausgeht. Ein Autor kann im Leser Emotionen wecken und Prozesse anstoßen und diese Fähigkeit herauszuarbeiten, das gilt es doch auch voranzutreiben.
So ist für viele eine Geschichte grundsätzlich etwas ganz anderes.
Die einen suchen in der Geschichte einen Grund, einen Inhalt und kritisieren es, wenn sie nicht fündig werden.
Andere sind froh, wenn es eine Handlung mit Figurenentwicklung gibt, die sich spannend verfolgen läßt.
Und so entstehen dann Missverständnisse beim Kritisieren, die sich in der Diskussion über den Inhalt einer Kritik entladen.
Ich glaube der grundsätzliche Unterschied liegt hier:
Die einen Schreiben primär für sich
- weil sie Spaß haben
- weil sie in jede Figur schlüpfen können, träumen und etwas erleben können
- weil sich sich weiterentwickeln wollen
- weil sie etwas erschaffen wollen, worauf sie stolz sind
oder aber
sie schreiben für Andere
- damit es von denen gelesen
- damit es von denen verstanden wird
- damit die etwas lernen oder vor Lachen vom Stuhl fallen
-> kurz: damit die was für sich herausziehen können
Das heißt nicht, daß letztere keinen Spaß wollen oder nicht drauf stolz sind. Das haben und sind sie wohl, aber das primäre Ziel ist ein anderes.
Ich denke aufgrund der unterschiedlichen Zielrichtung (innengerichtet/ außengerichtet) ist auch die Herangehensweise der Autoren (was ich ganz am Anfang mal versuchte zu kategorisieren) verschieden.
Erstere genügen sich sich häufig selber. Ihnen ist der Prozess wichtig und die eigene Zufriedenheit, die teilweise auch von wichtigen Personen der näheren Umgebung beeinflußt wird und die Auseinandersetzung danach eher ermüdend. Eher schreibt man etwas anderes, dann eben vielleicht anderes.
Letztere haben aber ein Ziel, sie wollten etwas ganz bestimmtes mit dieser Geschichte und nur mit dieser Geschichte und darum müssen sie dran bleiben an der Geschichte und wenn sie unter Schmerzen die Hälfte noch mal umschreiben.
Es ist ein anderes Arbeiten, weil es unterschiedliche Maßstäbe gibt
Wenn aber einer der letzteren einen der ersteren trifft, dann kann es passieren, daß die beiden sich ab einem bestimmten Punkt nicht mehr verstehen, weil sie nicht die gleichen Ziele haben.
Und darum ist einer der wichtigsten Aspekte "Für wen schreibe ich"?
Denn jeder, der für andere schreibt, der muß sich mit den Argumenten jedes Lesers auseinandersetzen und er muß abwägen. Ist dieser Kritiker dort der Leser, den ich für meine Geschichte im Auge hatte und muß ich mich mit seinen Argumenten tiefer befassen, auch wenn es mir wehtut oder ist es möglicherweise jemand, den ich nicht auf der Agenda hatte und wo ich jetzt noch mal überlegen muß, ob mir das wichtig ist oder ist es jemand, den ich bewußt vernachläßige.
Darum also würde mich interessieren, warum und für wen Ihr schreibt und was Ihr von kg.de erwartet.
Evtl. könnte jeder mit einer Antwort so anfangen:
Ich schreibe hauptsächlich, für... andere, was bedeutet, daß ich möglichst viele Leute erreichen will und auch darauf hinarbeite.
Ich schreibe, weil... ich glaube, den Menschen irgendwann etwas geben zu können, wenn sie meine Geschichten lesen. Einen Augenblick des Erinnerns, einen Gedanken, der neu ist, einen Aspekt, der bis dahin noch noch nicht so bewusst war. Ich glaube, ich sehe gewisse Details, die nicht alle sehen und ich würde diese gern mehr Leuten zugänglich machen.
Von kg.de erwarte ich mir...dahingehend Feedback zu meinen Geschichten, wie diese auf den Leser wirken. Ob sie überhaupt wirken und was sie auslösen. Gerne auch die Diskussion, wie man es besser machen könnte/ an welcher Stelle es langweilig wird/ wo unglaubwürdig etc.. Ich erhoffe die ernsthafte Auseinandersetzung mit einem Text, aber auch einer Kritik vor allem in Bezug auf die Gesamtaussage.
Und vor allem hoffe ich auf die realistische Einschätzung von Lesern. Nicht von Kritikern, die sich Mühe machen, die Geschichte zu deuten, von Autoren, die das Handwerk begutachten. Sondern von Menschen, die irgendwo mal ein Buch in die Hand nehmen sollen und dann von der Geschichte angezogen und berührt werden müssen, ansonsten ist sie noch nicht gut genug.
Evtl. könnte man solche strukturierten Informationen dann doch im Profil hinterlegen (auch diese Diskussion hatten wir schon in ähnlicher Form) und dann passiert es eben nicht mehr so häufig, dass manche sich missverstehen, weil sich dann die treffen, die ungefähr die gleiche Herangehensweise und das gleiche Ziel haben.
Wenn jemand als Grund angibt:“ Ich schreibe
- um meine Zeit sinnvoll zu verbringen oder
- um etwas zu verarbeiten oder
- um über meinen Alltag zu berichten oder
- weil ich Anerkennung suche oder
- weil ich denke, dass ich´s kann oder
- weil ich das Mädel aus der Parallelklasse beeindrucken will
dann sind das alles sehr persönliche und nach innen gerichtete Gründe und das wäre für mich z.B. ein Hinweis, die Geschichten auch dementsprechend anders zu betrachten. Ich würde nicht nach einem Sinn oder einer Aussage suchen, wenn der Autor keinen versucht hat reinzulegen und wenn der Autor nur meine Meinung will, ob es mir gefallen hat oder nicht, dann bekommt er die trotzdem mit Begründung. Aber ich würde dann den Aufwand einer Analyse nicht betreiben und wäre auch nicht entsprechend demotiviert, wenn sich herausstellt, dass ich zur Erbauung des Autors mehr reingedeutet habe, als drin ist.
Um möglichen Gegenargumenten vorzubeugen:
1. Mir geht es nicht darum, daß jeder alles offenlegen muß oder um die Bevormundung freier Individuen. Es geht um optionale Angaben, die helfen, könnten, daß die Leute mit gleichen Interessen und Zielen einander besser finden, bevor sie sich entnervt und entkräftet in eine Ecke zurückziehen und schmollen
2. Mir geht es nicht um Elitenbildung und daß jeder bei seiner "Gruppe" bleibt. Jeder hat doch nach wie vor die Möglichkeit, sich dort zu engagieren, wo er mag, aber es ist nun mal so, daß ab einem bestimmten Niveau (vor allem bei den Schreibern für ein breites Publikum) ein ernsthafteres Arbeit einsetzen muß, um eine weitere Entwicklung zu ermöglichen und warum sollen diese Leute sich nicht leichter finden?
Möglicherweise ist alles noch etwas wirr und aus dem Zusammenhang gerissen, aber vielleicht kommen wir im Laufe der Diskussion dazu, die Dinge zu ordnen. Und vielleicht finden wir auch Lösungen, um hier ein wenig voranzukommen.
Grüße
mac
p.s. ich entschuldige mich im voraus bei allen, deren Posts oder Threads ich sinnverkehrt verlinkt habe und deren eigentliche Grundmeinung gar nicht in meine Argumentationskette paßt.