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Bleibende Schäden (Showtalent pimped)

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06.06.2005
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Bleibende Schäden (Showtalent pimped)

Ich lag, wie eigentlich jeden Tag auf der verdreckten Matratze in meinem Zimmer und zappte mich durchs Nachmittagsprogramm.
Länger als fünf Minuten blieb ich bei keinem Sender stehen, denn so lange brauchte ich um meine Bong – selbst entwickelt aus einer Plastikflasche, einem Aluröhrchen und jeder Menge Fensterkitt - zu stopfen und zu rauchen.
Illona Christen, Hans Meiser und Co. flimmerten an mir vorbei und würgten einen Schwall Gesellschaftskotze durch meinem 72er Blaupunkt, direkt auf meinen Flokati und hinterließen einen grünlich schimmernden Fleck.
„Du hast doch mit der rumgemacht, nicht ich!“
„Aber nur weil du auch mit dem Typen rumgemacht hast!“
„Wollen wir Andreas mal reinholen?“
„Der hat doch auch mit der rumgemacht!“
„Das Kind ist aber von Diddi!“
„Du hast doch gar kein Kind!“
Mischung fertig!
Der Zug drückte mich zurück in den Berg von Kissen, den ich zur Optimierung des Sitzkomforts am Kopfende meiner Matratze errichtet hatte.
Die Luft surrte und meine Gesichtsmuskeln erschlafften, während sich der Rauch langsam verteilte.
Ich entschloss mich, nur ein Auge zu schließen, um die Kontrolle über das Programm zu behalten.
Mein Zimmer wurde zu einem Tunnel, dessen Licht am Ende bunt flackerte.
Das Flackern wurde zu Gesichtern, die Gesichter wurden zu Gespenstern und diese zu Streifen.
„Arbeitslos und Spaß dabei. Einfach per Telefon oder Postkarte bewerben. Teilen Sie uns mit, was Sie mit dem ausgewähltem Thema verbindet. Wir melden uns dann bei Ihnen.“
Das war mein Ding.
Ich hatte gehört, dass man für Auftritte in solchen Sendungen ein paar Kröten bekommt und die konnte ich gut gebrauchen.
Ich suchte ohne mich von der Stelle zu rühren nach dem Telefon, das wie alle häufig benötigten Gegenstände meines Haushalts auf meiner Matratze seinen Platz hatte.
Meine Hand glitt vorbei an Keksschachteln, Supermarktprospekten, Bröselschalen und dem ganzen anderen nützlichen Dingen, die mich durch den Tag brachten.
„Da!“
Es verlangte mir einiges an Anstrengung ab, die Nummer mit nur einem offenen Auge zu entziffern.

„Pro Sieben Entertainment Group Mörschel. Was kann ich für Sie tun?“
„Ja, äh ...“
Das Gespräch verlief schleppend, da mein Zustand es zu einigen Missverständnissen kommen lies.
„Wir werden uns dann bei Ihnen melden“
„Hä?“ Was meinte die?
„Hallo, wer ist da?“ Aufgelegt.

Eine Woche später kam die Einladung.
„Ein Faulenzer, der sich sein Arbeitslosengeld mit Gelegenheitsdealereien aufbessert“
So hatte ich mich wohl dargestellt, und das glaubwürdig.
Es ist ja nicht so, dass ich es nie mit Arbeit versucht hätte, war einfach nicht meine Welt. Das frühe Aufstehen, der Stress, ach ...
Es ist auch nicht so, dass ich faul war. Letztes Jahr erst hatte mich ein Kumpel gebeten ihm beim Umzug zu helfen, da habe ich doch nicht nein gesagt. Allerdings fehlt mir jegliche Erinnerung an diesen Tag und der Thorsten hat sich seit dem auch nicht mehr bei mir gemeldet, aber ich hatte ihn ja auch nicht darum gebeten, eine Kiste Bier bereit zu stellen.

Der Tag der Show war gekommen.
„Zu ihrer eigenen Sicherheit werden wir Ihre Stimme und Ihr Aussehen nachträglich verfremden“, sagte der Typ, der sich mir als Regieassistent Jo Hermanns vorgestellt hatte.
„Geht klar!“
Eine halbe Stunde saß ich in der Maske. Warum eigentlich, wenn mein Gesicht eh ...? Na egal.
Dann ging es los.
„Wann hast du das letzte mal gearbeitet?“, fragte Arabella.
„Wie war die Frage?“
„Guck dir den Penner doch mal an! Der liegt uns allen auf der Tasche!“
„Guck dich selber doch mal an!“
„Und du guck dich doch mal an, wie du rumläufst!“
„Aber du, wie du aussiehst, so würde ich mich nicht auf die Straße trauen!“
Es ging heiß her. Ich war der Einzige, der die Position der Sozialschmarotzer übernahm und dafür hatte ich mich eigentlich wacker geschlagen.
Ich bekam 150,- deutsche Mark bar auf die Kralle, nicht schlecht für den Anfang.
Im Anschluss an die Aufzeichnung kam ein Agent zu mir und fragte mich, ob ich nicht Lust hätte in anderen Shows aufzutreten.
„Sie sind ein Naturtalent“, sagte er.
In seiner schwitzigen Halbglatze spiegelten sich die Scheinwerfer des Studios, was bei mir einen vertrauenserweckenden Eindruck hinterließ, ich weiß auch nicht warum.
Ich überlegte nicht lange.
„Na klar, da bin ich dabei!“

Ein paar Wochen später wurde die Sendung dann ausgestrahlt.
Ich war nicht wieder zu erkennen.
Meine Stimme und mein Gesicht waren durch Verzerrungen unkenntlich gemacht und meine Name war „Hans“.
„Solche Schmarotzer wie Dich würde ich ausräuchern! Wir gehen arbeiten und Du liegst auf der faulen Haut!“
„Guck Dich doch mal an du Schlampe, wie Du schon aussiehst!“ Ein voller Erfolg.
Ich konnte mich vor Anfragen kaum retten. Gleich in mehreren Shows war ich zu verschiedenen Themen eingeladen.
Meine Schwiegermutter will was von mir, was soll ich tun?
Ich bin verwickelt in den Mord an John F. Kennedy
Wer ist mein Vater, etwa ich selbst?

Für die wenigsten Themen musste ich nüchtern sein, was für ein Leben.
Es war eine wilde und aufregende Zeit. Ich wurde wie ein Superstar behandelt, hatte meine eigenen Garderoben, bekam kostenlos zu Essen, natürlich auch zu Trinken (um mich in Stimmung zu bringen) und ich hatte einen unglaublichen Erfolg bei den Frauen, zumindest bei denen, die auch in den Shows auftraten.
Die meisten dieser Frauen, hatten zwar keine Zähne, und konnten nur durch lauter werdende Wiederholung argumentieren, dafür hatten sie aber auch keine Hemmungen, was den Spaß für mich erhöhte.
Keiner konnte mich aufhalten, ich war der Mann der Stunde.

Bis ich mich eines Tages nicht mehr wiedererkannte.
Ich erwachte irgendwann am Vormittag. Neben mir auf der Matratze lag Uschi; eine mehrfach geschiedene, fette Kuh mit Tätowierungen am ganzen Körper und einem Arsch, weich wie Götterspeise.
Ich blickte in den Spiegel, den ich über meiner Matratze angebracht hatte, ich sah Uschis Arsch unter der Decke hervorquellen und ich sah mich, das heißt, ich sah meinen Körper.
Mein Gesicht war irgendwie unscharf.
Ich rieb meine Augen um den Schleim zu beseitigen, der sich ja gelegentlich da einnistete, doch es änderte sich nichts.
Alles war klar wie immer, nur mein Gesicht war nicht zu erkennen.
Ich rüttelte Uschi wach.
„Wat ist los Mensch?“ Ihr Atem roch nach Scheiße und Korn.
„Mein Gesicht, kannst du mein Gesicht sehen?“
Jetzt hörte ich es; meine Stimme klang nach einem tiefen Zug Helium.
Uschi fuhr sich über die Augen und starrte mich ungläubig an.
„Wat ist mit dein Gesicht und deine Stimme? Du siehst aus wie in TV!“
Sie fing an zu lachen, das musste der Restalkohol sein. Ich schlug ihr mit der Faust auf die Nase –Eine Methode, die mein Vater mich lehrte.
„Hör auf zu lachen Du Schlampe, mein Gesicht ist weg und ich klinge wie Papa Schlumpf! “
Uschi lachte unter Tränen weiter, Blut rann ihr Kinn herab.
„Alter, Du hast Dein Gesicht verloren!“

Nachdem ich Uschi mit einem Arschtritt aus meiner Wohnung befördert hatte, rannte ich ins Badezimmer um den Schaden unter die Lupe zu nehmen.
„Scheiße Mann!“ Diese Stimme.
Je angestrengter ich versuchte mein Gesicht zu erkennen, desto mehr verschwamm es vor meinen Augen.
„Was ist das? Was?“ Ich schlug mit der Faust auf mein Spiegelbild, was jede Menge Scherben und eine zerschnittene Hand mit sich führte.
Eilig wickelte ich mir Toilettenpapier um die Wunden und rannte zurück ins Zimmer, wo gerade eine Wiederholung der Rickyshow lief.
„Manchmal schiebe ich mir Nägel in die Harnröhre“
„So siehst du auch aus!“
„Aber wie du aussiehst!“
Ich angelte das Telefon aus den blutigen Laken und wählte die Nummer der Agentur des Halbglatzigen.
„Agentur Frä ...!“ Weiter kam sie nicht.
„Was ist mit meinem Gesicht?“, schrie ich in den Hörer.
Klick ...
„Scheiße!“
Ich drückte die Wahlwiederholung.
„Agentur Fräse, was kann ich für sie tun?“
„Hören Sie, ich bin es!“ Ich versuchte meine Stimme so tief wie möglich zu halten.
„Wer ist da, Paul Panzer?“
„Nein, ich, Woizik, Bernd Woizik. Geben Sie mir bitte schnell den Chef, ja. Hier stimmt was nicht.“
„Moment!“ Ich hörte ein Rascheln, dann ein Kichern.
Eine andere Frauenstimme meldete sich, nur mühsam ein Lachen unterdrückend.
„Ja bitte?“
„Geben sie mir sofort Herrn Fräse, es gibt hier ein Problem!“
„Ja, okay!“ Wieder ertönte ein Rascheln, dann ein Prusten.
Klick ...
„Scheiße!“
Ich musste irgendwie in die Agentur kommen.
Nachdem ich erfolglos bei drei Taxiunternehmen einen Wagen zu bestellen versuchte, gab ich es auf.
Ich zog mir die Sachen vom Vortage an, durchwühlte meinen Schrank nach einem möglichst großen Hut und machte mich, als ich schließlich den Sierra Sombrero fand, den ich damals von Britt geschenkt bekommen hatte, zu Fuß auf den Weg durch den Regen.

„:.. ja genau, kein Gesicht mehr! Und die Stimme müssten Sie hören!“
Ich saß im Büro von Guido Fräse, dem Halbglatzigen. An den Wänden hingen Bilder von Frauen auf Motorrädern.
„Sag mal was!“ Er hielt mir den Hörer vor den Mund.
„Hallo!“ Mehr hatte ich momentan einfach nicht zu sagen.
„Wahnsinn, oder? Da kann man doch was draus machen!“
Die schlechte Verarbeitung meines Sombreros kam in diesen Minuten ans Licht. Blau tropfte er auf den Teppich und die Krempen hingen schlaff an meinem Kopf herunter.
„Zieh doch das verdammte Ding aus!“ Fräse hatte das Gespräch beendet und stand mit breitem Grinsen vor mir.
„Das war Joachim Sidklfritzn von der TV/Interforma, die sind interessiert. Weißt du was das heißt? Die produzieren alles, Stern TV, Explosiv, den ganzen Scheiß. Jetzt geht es erst richtig los, wir steigen auf, aus der Kreisklasse direkt in die Championsleague!“
Er packte mich bei den Schultern und schüttelte mich.
„Championsleague! Championsleague!“ Das Schütteln wurde stärker, je mehr er sich in die Trance aus Geldgeilheit und Selbstüberschätzung steigerte.
„Championsleague!“ Mein Sombrero riss in der Mitte, - zu weich war die Pappe geworden um solchen Belastungen standzuhalten – und entblößte das was mal mein Gesicht war.
Fräse hörte auf zu schütteln und wich erschrocken einen Schritt zurück. Ich hatte es ihm, als ich kam nur flüchtig gezeigt.
„Mann, das sieht schon Scheiße aus!“

„Er war der Star, der Mittagstalkshows. Keine Sendung in der er nicht mindestens einmal gewesen ist. Doch über Nacht verlor er sein Gesicht.
Was machte ihn zu dem, was er heute ist? Wie meistert er sein Leben?
Das werden wir ihn nun selber fragen können. Begrüßen Sie mit mir Bernd Woizik.“
Das Publikum hielt die Luft an.
„Nach der Werbung ...!“
Sie hatten mir eine Langhaarperücke und eine Nasenbrille, wie man sie vom Karneval kennt, aufgesetzt. Im Verlauf des Gespräches sollte ich sie dann abnehmen und den vollen Umfang des Schadens präsentieren. Für meine Stimme hatten sie mich Brom inhalieren lassen, was sie auf eine halbwegs normale Tonlage brachte, sich in meiner Kehle aber anfühlte, als hätte ich mit Poppers gegurgelt.
Das waren die Ideen von Regieassistent Jo Hermanns, der anscheinend ebenfalls den Aufstieg in die Championsleague geschafft hatte. Auch seine Idee war der Spendenaufruf, der im Anschluss an das Interview gestartet werden sollte, in Zusammenarbeit mit der Stiftung einer bekannten deutschen Brauerei, die sich anscheinend auch für den Regenwald einsetzte.
Nicht seine Idee war es, dass nur Zwanzig Prozent der eingegangenen Spenden an mich gehen sollten, was mich nicht weiter störte, da ich ja Zweihundert Euro für das Interview gezahlt bekam.
„So, da sind wir wieder.“
Mein Auftritt in Stern TV war der Höhepunkt der vergangenen Woche: Blitz, Fuzz; Promt, Bizz, Akte XY, Explosiv, Extra, Live, Kerner und wie sie alle heißen. Sie alle hatten mich als Aufhänger, ganz zu schweigen von der Titelstory in der Bild am Sonntag, wo es hieß: Talkshowkönig verliert Gesicht, Mediziner ratlos.
„Begrüßen Sie nun mit mir Bern Woizik!“ Der Sessel war sehr bequem, besser als diese Harten Stühle in den Talkshows, ist halt schon ne andere Liga gewesen, das merkte man sofort.
„Guten Abend!“ Einige im Publikum lachten.
Der Sessel neben mir war frei, wohl für den Überraschungsgast, den sie mir vorher ankündigten.
„Herr Woizik, Sie haben mir vor der Sendung erzählt, dass das Leben sehr schwer für sie geworden ist, seit die Veränderungen bei Ihnen eingetreten sind!“
„Wir haben doch gar nicht ...!“ Gar nichts hatte ich ihm erzählt, wir haben uns vorher noch nie gesehen.
„Herr Woizik ...!“ Jauchs Hamsterbacken zuckten.
„Ja, es ist alles schon etwas schwerer geworden. Ich musste einen neuen Personalausweis beantragen, weil das Foto nicht mehr passte, ich ...!“
„Begrüßen Sie nun mit mir Frau Uschi Neugebauer!“ Grelle Scheinwerfer und laute Musik begleiteten Uschi in das Studio, wo sie auf dem Sessel neben mir Platz nahm. Ihr Gesicht war geschwollen und einen Gips trug sie auch.
„Guten Abend Frau Neugebauer. Wie stehen sie zu Herrn Woizik?“
„Verprügelt hat er mich der ver Piepste Piepser!“
„Aber nur weil du Piep mich Piep gePiep nach Piepst.“
„Schau dich jetzt doch mal an, wie du aussiehst!“
„Schau dich doch mal an du fette Sau!“ Das Publikum johlte und pfiff mich aus.
„Sie hat angefangen!“ Ich sah Fräse in der ersten Reihe sitzend, wie er mir panische Zeichen gab.
„Nun Herr Woizik, sie werden mir sicher Recht geben, wenn ich sage, dass auch ihre Situation sie nicht dazu berechtigt Gewalt anzuwenden.“ Bejahendes Klatschen, verständnisvoll nickende Köpfe, ein im Erdboden versinkender Fräse.
„Sie hat mich ausgelacht, Sie Piepser“
„Ich bedanke mich bei Herrn Bernd Woizik und Frau Uschi Neugebauer. Nach der Werbung geht es weiter mit Sebastian Venoort, der uns zeigen wird wie man aus Pferdemist einen wohlschmeckenden Brotaufstrich anfertigen kann.
Ich würde mich freuen, wenn sie dranbleiben.“ Ein Flüstern in seinem Ohr hatte ihn wohl angemahnt das ganze abzubrechen.
„Kamera aus!“
Uschi eilte aus dem Studio, begleitet von ein paar Bodygards. Der Jauch schaute mich abschätzend an und schüttelte den Kopf.
„Wie können Sie nur?“
„Aber ich habe doch kein Gesicht mehr, was soll ich denn jetzt tun?“
„Gehen Sie arbeiten, oder tun sie sonst irgendetwas, aber lassen sie mich bitte mit Ihren Problemen in Ruhe!“

Beim Spendenaufruf kamen Fünfzehn Euro zusammen, zwanzig Prozent davon bekam ich.
RTL2 nahm das Angebot, in den Big Brothercontainer ziehen zu können, zurück und auch meine MTV Show „Face off“ wurde nicht genehmigt. Alles in allem, lief es nach diesem Auftritt beim Jauch nicht mehr so prima.
Uschi habe ich ein Jahr später noch mal in einer Talkshow gesehen, ihr Freund wollte einen Vaterschaftstest machen lassen, weil sie ihn angeblich zur Zeit der Befruchtung betrogen haben sollte. Mal ganz abgesehen davon, dass das Gesicht des Kindes wirklich schwer zu erkennen war, sah auch der Rest von ihm nicht aus, wie sein indischstämmiger Scheinvater.
„Du hast doch die ganze Stadt auf dich drauf gelassen, du Schlampe!“
„Ist doch nich wahr, du bumst doch auch alles was sich bewegt!“
Ich schaltete weiter und weiter. Mir kam der Gedanke, beim Arbeitsamt vorbeizuschauen, konnte ja nicht schaden. Das habe ich dann aber auch schnell wieder verworfen.
Ich drückte die Mischung in die Öffnung meiner Bong, steckte sie an und saugte sie blubbernd durch das Röhrchen, bis sie mit einem Zischen im Wasser landete. Rauch verteilte sich im Zimmer. Ich sackte zurück in meinen Kissenstapel und entschloss mich, nur ein Auge zu schließen, um die Kontrolle über das Programm zu behalten.
Mein Zimmer wurde zu einem Tunnel, dessen Licht am Ende bunt flackerte.
Das Flackern wurde zu Gesichtern, die Gesichter wurden zu Gespenstern und diese zu Streifen.
„Geile Streifen!“

 

Hi krilliam Bolderson

Ein paar Buchstaben zuviel:

die einzig vernünftige Reaktion auf einen Anruf dieser Art war.
Wiederherstellung des Zimmers, mitsamt seiner Kochnische
Der Anfang ist sehr gut und sehr realistisch. Ob die Shows im fernsehen wirklich so ablaufen - ich kanns mir vorstellen, aber da ich sie prinzipiell nicht anschaue, habe ich keine Erfahrungen.
Das Ende finde ich etwas wirr. So wie du es darstellst, stellt sich der Prot ja nicht vor, sein Gesicht verloren zu haben, sondern er hat es tatsächlich nicht mehr. Dann aber sind Neuroleptika eher Unfug. Und bei einer so leichten Störung, die so schnell behoben werden kann, würde er ja wohl auch nicht in der Geschlossenen bleiben. Dieser Teil gefällt mir (noch) nicht.

LG

Jo

 

Hallo krilliam,

diesmal klappt das mit dem Verriss noch nicht.
Was als Stimmungsbild eines Alltagskiffers beginnt, dann einen ungewöhnliche Karriereweg skizziert, um dann in Gesichtsverlust zu enden, ist wirr wie ichs mag und dabei treibend beschrieben. Allerdings kann ich mich auch noch nicht richtig mit dem Neuroleptikum anfreunden, wie ohnehin nicht mit dem Ende in der Psychiatrie. Da ist mehr drin, als den Prot einfach anerkannt verrückt sein zu lassen, das Ende schwächelt.

Doch gerne gelesen, hat Spaß gemacht !

Grüße,

C. Seltsem

 

hallo ihr 2,

diesmal klappt das mit dem Verriss noch nicht.
schön! aber kommt bestimmt noch.

ich hatte eher im sinn, dass herbeigerufene polizeibeamte einen mann mit verschwommenem gesicht vorfinden, der seine wohnung auseinandernimmt. mit dieser situation sind sie überfordert und weisen ihn in ihrer hilflosigkeit ein.
ähnliche vorfälle gab es ja bis dahin noch nicht. die medikation überarbeite ich dann auch nochmal. aber was gibt man einem gesichtslosen randalierer, bei dem man ncht weiß wie man vorgehen soll?
ich habe das aber anscheinend nicht gut rübergebracht. werde das ende also nochmal überarbeiten.

ich danke euch auf jeden fall, für den hinweis!

beste grüße
krilliam Bolderson

 

Hallo krilliam,

den Anfang finde ich sehr lustig und amüsant. Und es ist ja auch bekannt, dass es solche Vögel gegeben hat und wohl immer noch gibt.

Aber ab "Uschi" und der verschwommenen Wahrnehmung des eigenen Spiegelbildes funzt es nicht mehr so richtig. Irgendwie hätte das irgendwas anderes kommen müssen, etwas richtig Verrücktes, Durchgeknalltes ...

Wenn mir noch eine brauchbare Idee einfallen sollte, dann lasse ich es dich wissen. Ich war schon dicht dran, hatte eigentlich schon eine bestimmte Erwartungshaltung, wie die Story weitergehen könnte, hab sie dann aber über deine Lösung irgendwie vergessen.

Grüße von Rick

 

hi Rick,

schön von dir zu lesen.

es war ja eigentlich nicht als verschwommene wahrnehmung gedacht, sondern als für jeden sichtbarer schaden.
das blöde ist, dass genau dieser teil, der von euch dreien bisher bemängelt wurde, das ist was ich gepimped habe. :sad:
ich werde mir das ganze nochmal durch den kopf gehen lassen, aber gründlich.

der gesichtsverlust muss bleiben, das ist die grundidee gewesen, aber deinen tip mit nach uschi wird es blöd, den greif ich auf und mach was neues draus.

wenn dir was total abgefahrenes einfällt, bin ich natürlich gespannt.

beste grüße
krilliam Bolderson

 

Wow, was bist dur produktiv

Mir hat deine Geschichte (mal wieder) gefallen. Du entwirfst hier ein Szenario, das auf seine überzogene Art ein schonungslos ehrliches Bild unserer Gesellschaft wiedergibt.
Erschreckend könnte man meinen, obwohl man natürlich beim Lesen schmunzeln muss. Aber heute weiß man ja so oft nicht mehr, ob man lachen oder weinen soll.
Das mit dem Verlieren des Gesichts, finde ich übrigens ein fantastisches Bild! Man könnte es als Verlust der Identität, des Ichs, auffassen. Das Ich wird ausgesaugt von den gierigen Massen, die vor den Bildschirmen hocken um Leben präsentiert zu bekommen, weil sie selbst nicht mehr wissen, wie es geht zu leben...
äh... ich stoppe mich mal an dieser Stelle, :sealed: sonst finde ich wieder kein Ende...

wie du merkst, die Kg hat Eindruck hinterlassen

grüßlichst
weltenläufer

 

Hallo krilliam Bolderson!

Es gibt bei mE verschiedene Möglichkeiten, was denn nun geschehen ist.
a) Der Prot hat tasächlich sein Gesicht verloren, das wird aber von den Polizisten, Ärzten etc. gar nicht wahrgenommen, da sie dieses Erscheinungsbild durch die TV-Prägung für real halten - sie behandeln ihn also als psychisch gestörten Menschen - ich denke, das war deine Absicht, ist dann aber nicht deutlich genug.
b) Der Prot hat seine Identität verloren und erkennt dies durch ein einschneidendes Erlebnis und versucht, seine Identität wiederzugewinnen und wird deshalb als verrückt und nicht mehr brauchbar weggesperrt.
c) Der Prot bildet sich ein, sein Gesicht verloren zu haben und kann von diesem Wahn nicht geheilt werden, da er den Grund - den Verlust der Persönlichkeit - nicht erkennt.

Ich fände Möglichkeit b) am spannendensten, aber wohl auch am schwierigsten umsetzbar.

LG

Jo

 

hallo weltenläufer,

in sachen produktivität: ist ja wie gesagt ne alte geschichte aus meinen anfangstagen, habe sie nur etwas aufgemotzt. freut mich aber sehr dass sie dir (wiedermal :) )gefällt!
werde mich aber wohl nochmal an das ende machen. das ist tatsächlich etwas plump. und so komme ich auch schon zu

jobär und Rick:

ich bin mittlererweile bei einer ganz neuen idee für die entwicklung der story angekommen. (hab mir über nacht gedanken gemacht) die eine nicht ganz so krasse wendung hat, aber den tatsächlichen gesichtsverlust miteinbezieht. (da muss ich einfach dranbleiben, das ist die grundidee)
sollte das alles nicht hinhauen, werde ich mir vorschlag b vornehmen.

danke euch allen

beste grüße
krilliam Bolderson

 

Meine Schnellkritik des Tages: Witzige Kurzweil.

Richtig konsequent wäre die Geschichte allerdings, wenn die Gesichtslosigkeit/Schizophrenie des Protagonisten auch noch vom Fernsehen vermarktet würde: Von der Klapse in die Abendshow. Vielleicht filmen sie sogar seinen Selbstmord? Als Doku-Reihe?

Gerne gelesen!

 

so, ich habe mich jetzt für diese variante entschieden, die das ganze etwas alltäglicher löst.


hier nochmal das alte ende:

Nachdem ich Uschi mit einem Arschtritt aus meiner Wohnung befördert hatte, rannte ich ins Badezimmer, um den Schaden unter die Lupe zu nehmen.
„Scheiße Mann!“ Diese Stimme.
Je angestrengter ich versuchte mein Gesicht zu erkennen, desto mehr verschwamm es vor meinen Augen.
„Was ist das? Was?“ Ich schlug mit der Faust auf mein Spiegelbild, was jede Menge Scherben und eine blutende Hand mit sich führte.
Eilig wickelte ich mir Toilettenpapier um die Wunden und rannte zurück ins Zimmer, wo gerade eine Wiederholung der Rickyshow lief.
„Manchmal schiebe ich mir Nägel in die Harnröhre“
„So siehst du auch aus!“
„Aber wie du aussiehst!“
Ich angelte das Telefon aus den blutigen Laken und wählte die Nummer der Agentur des Halbglatzigen.
„Agentur Frä ...!“ Weiter kam sie nicht.
„Was ist mit meinem Gesicht?“, schrie ich in den Hörer.
Klick ...
Erst heute wird mir klar, dass Auflegen die einzig vernünftige Reaktion auf einen Anruf dieser Art war. Mit einem tollwütigen Schlumpf legt man sich besser nicht an.
An diesem Tage jedoch machte mich die jähe Abwürgung meines Anliegens noch rasender, was eine Komplettumgestaltung meiner Wohneinheit zur Folge hatte, was wiederum dazu führte, dass die WMP Sozialbaugesellschaft nach meinem Auszug - der schon sehr kurze Zeit später unfreiwillig erfolgte- eine Menge Geld in die Wiederherstellung des Zimmers, mitsamt seiner Kochnische und der Duschtoilette, investieren musste.
Was meinen Auszug betrifft, so hatte wohl einer meiner freundlichen Nachbarn den Einfall, dass es mir mit fremder Hilfe besser gehen würde.
Dafür nochmals Danke!

Heute geht es mir besser denn je.
An meinem Äußeren hat sich zwar nichts geändert, und auch meine Stimmlage ist noch die gleiche, aber dank der intensiven Betreuung und meinem ständigen Begleiter Atosil, habe ich gelernt mit der Situation umzugehen und mich auf die wesentlichen Dinge in meiner Umgebung zu konzentrieren.
Kontakt zu den Fernsehanstalten habe ich keinen mehr, die stellen meine Anruf einfach nicht weiter.
Letzte Woche ist Kai zu uns gestoßen.
Ich kenne ihn von einigen Aufzeichnungen aus der guten alten Zeit.
Vor seinem Gesicht tanzen Quadrate und seine Stimme sprengt jede Vorstellung von einem satten Bariton.
Kai wird wohl noch einige Wochen und Tropfen brauchen um sich an die neue Situation zu gewöhnen, aber manchmal wenn die Zeit es zulässt, sitzen wir gemeinsam wippend im Fernsehraum und zappen durch das Nachmittagsprogramm.
"Heute bei Britt: Aussehen ist nicht so wichtig!"
zapp ...


bin gespannt

gruß
krilliam Bolderson

 

Werter krill,

jetzt finde ich es zumindest konsequenter, Dein Ende. So richtig warm werde ich damit nicht, weil - für meinen Geschmack - die Idee des Gesichtsverlustes großartig ist, großartiger als sie mit einer Nabelschau des Boulevardjournalismus verdümpeln zu lassen. Du ziehst die Krawallregister des Quoptenfernsehens, schilderst die nochmal in farbenfrohe und Ausführlichkeit.
Warum gehst Du nochmals so detailverliebt und abstrus auf die Unsinnigkeiten im TV ein, statt die Story auf dem eigentlichen Plot (genauer: dem Plot, den ich als eigentlich sehe), nämlich den Gesichtsverlust anzusetzen ?

"Er war der Star, der Mittagstalkshows. (...)
Den ganzen Absatz würde ich rausnehmen, der passt stilistisch zum einleitenden älteren Teil, ist fluffig zu lesen, doch nicht mehr treibend. Das geht knapper, präziser und behält dann trotzdem seine Form, Aussage, Stimmung.

Doch die Richtung jedenfalls stimmt, besser als Rev. 01 ist das Ende allemal.

Grüße,
C. Seltsem, heute besonders kritisch im Büro

 

allerwertester kritischer C.,

du hast natürlich recht mit dem verdümpeln der eigentlichen idee. mal sehen wie ich das mache.
dass die richtung stimmt, ist ja schonmal gut.

ich mach noch was draus. jawoll!!

thanx für de helpe
best grütings
krilliam Bolderson

 

Also ich würde da abbrechen, wo sich die Angestellten amüsieren. Ergebnis ist aber, dass der Prot feststellen muss, er wird ebenso fallengelassen wie die abgehalfterte Hure - vielleicht kriegt er hier und da noch mal einen kleinen Auftritt für einen Heiermann, aber letztlich ist seine 'Karriere' vorbei - und damit ist dann Schluss, denn sonst wird die Geschichte wirklich zu langatmig und unübersichtlich.

LG

Jo

 

hmmm ... hallo jobär,

ich glaube, ich muss mal ein paar nächte darüber schlafen, bevor ich mich nochmal dransetze.
die idee ist eigentlich nicht schlecht, nach dem versuch die agentur zu errechen, feststellen zu müssen, dass die leute ihn nicht mehr brauchen.

ich muss mir das alles nochmal durch den kopf gehen lassen, auf jeden fall scheint es noch nicht die optimale lösung zu sein.

dank und grüße
krilliam Bolderson

 

Allerdings fehlt mir jegliche Erinnerung an diesen Tag und der Thorsten hat sich seit dem auch nicht mehr bei mir gemeldet, aber ich hatte ihn ja auch nicht darum gebeten, eine Kiste Bier bereit zu stellen.
:lol: (obwohl, von nur einer Kiste Bier so hacke, dass er sich an nichts mehr erinnert und auch noch irgendwas macht was seinen Freund so verärgert?)
Für meine Stimme hatten sie mich Schwefelhexalfluorid inhalieren lassen
ich kenn den Effekt von SF6 nicht, aber von Brom weiß ich, dass es die Stimme derbe senkt, eben sozusagen umgekehrtes Helium. Also, mit dieser Information wollte ich eigentlich größtenteils nur angeben, aber man könnte es hier eigentlich schon verwenden

Hi krilliam,

ja, dieser Gedanke kam mir bei der Originalgeschichte, dass er aus dieserm Zustand etwas herausschlagen könnte mit weiteren Talkshows etc.

Logischerweise habe ich für diese Geschichte keine Fehlerliste angefertigt :dozey: Die meisten sind aber Kopierfehler, die ich dir bei der anderen angemerkt habe.

Das Längermachen hat der Geschichte sehr gut getan! Obwohl das mit dem plötzlich Aufstieg und am Ende dann Abstieg zwar sehr abgedroschen ist, finde ich die Geschichte richtig gut.

Die Dialoge sind dir hier gelungen, vor allem die Wiederholungen schau dich an, schau dich mal an etc.

Tserk!

 

Hey Tserk,

jetzt ham wa den salat. ich muss kreuz und quer auf die alte und die neue antworten. hält die finger fit.
brom habe ich übernommen du alte laborwurst, klingt auch besser als hexfluaoridalsementini oder wie das hieß. hatte ich aus dem netz.

schön dass es dir gefallen hat, ich werde die liste auf diese hier anwenden.

danke dir
krilliam

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo krilliam
Vielleicht liege ich falsch, aber der Ausdruck das Gesicht zu verlieren ist für mich nicht gleichbedeutend mit dem was ich aus deiner Geschichte lese.

Ein Gesicht zu verlieren ist für mich eigentlich der Verlust der Fassade nicht der Identität.

Edit:
Aber vielleicht war das gerade der Witz?

 

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