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Selbsterlebtes??

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20.09.2007
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Selbsterlebtes??

Hallöchen!

Mich würde mal interessieren, was ihr davon haltet, selbsterlebte Dinge in eine KG zu packen und das dann zu veröffentlichen. Interessiert das? Kann das überhaupt gut werden?

Als ich angefangen habe zu schreiben, habe ich immer über eigene Erfahrungen und Erlebnisse und so geschrieben, eigentlich bin ich so zu schreiben gekommen. :D Aber ich glaub ich würde nicht im Traum eine von diesen Geschichten veröffentlichen. :p Ich denke, man kann nicht erwarten, dass andere diese Sachen auch nur halb so spannend finden wie man selbst.
Das heißt aber nicht, dass ich denke, dass alles Selbsterlebte langweilig und blöd ist (die besten Geschichten passieren ja im wirklichen Leben ;)), es erfordert nur großes Können, das interessant zu verpacken und es einzigartig wirken zu lassen.

Also was denkt ihr? Habt ihr schonmal selbsterlebtes Veröffentlicht und wenn ja, welche Erfahrungen habt ihr damit gemacht?

Es grüßt,
Apfelstrudel

PS: Wenn es diesen Thread so oder so ähnlich schon gibt, bitte ich um Verzeihung. ;)

 

Es gibt einen Thread, der von der Thematik her ähnlich ist, allerdings nicht von der Fragestellung her. ;)
http://www.kurzgeschichten.de/vb/showthread.php?t=31337

Ich denke, in jede Geschichte fließt mehr oder weniger Selbsterlebtes ein, da ja alle Erfahrungen und Erkenntnisse auf Selbsterlebtem aufbauen, und man sein Schreib-Ich nicht vom normalen Ich abtrennen kann.

 

Ich benutze höchstens kleine Elemente aus meinem Leben für eine Geschichte, schreibe aber nichts wirklich Autobiographisches. Das hat mehrere Gründe. Viele Dinge sind mir einfach zu privat, zu intim, als dass ich sie öffentlich machen möchte (und das sind wahrscheinlich gerade die, die interessant genug für eine Geschichte wären <g>). Außerdem wäre ich dann noch empfindlicher in Bezug auf Kritik. Wenn man ein Erlebnis aufschreibt, das einem selber viel bedeutet, ist es natürlich besonders kränkend, wenn Leser es als langweilig empfinden. Es kann für Außensteheden interessant sein, durchaus, aber es ist schwer, das selber zu beurteilen, schwerer als bei einer ausgedachten Geschichte. Und blöd ist es dann auch, wenn Leser dazu raten, etwas an der Handlung zu verändern, um es etwa spannender zu machen. Da ist man dann nicht so frei. Es gibt zwar Themen und Szenen, die ich öfter aufgreife in Geschichten, etwa den Tod eines nahestehenden Menschen, weil ich damit Erfahrungen gemacht habe und es mich beschäftigt. Aber bis auf das allgemeine Thema ist alles konstruiert, ich würde nie das tatsächliche Erlebnis in eine Geschichte verarbeiten.

 

Die Kunst des Schreibens ist es ja auch, das Selbsterlebte so zu verfremden und mit Phantasie auszuschmücken, dass die Leser meinen, man hätte sich das „nur“ ausgedacht, aber so authentisch ausgedacht, dass es wiederum glaubwürdig wirkt. Die eigenen Erlebnisse literarisch veredeln, ihnen Tiefe und Sinn geben, sie so beleuchten, dass sie auch andere interessant finden. In JEDER meine KG steckt etwas Selbsterlebtes/Selbstempfundenes/Selbsterlittenes. Mal mehr, mal weniger. Ich finde es gut und wichtig und ich glaube, es ist ein wesentlicher Teil des Schreibens, auch wenn man selbst meint, man habe sich die ganze Geschichte einfach nur ausgedacht.

Eine rein biografische Geschichte sollten Leute schreiben, die etwas zu sagen haben, aus ihrem Leben über ihr Leben. Das Interesse der Leser ist naturgemäß viel größer, wenn ein Promi schreibt, wobei bei den Promis die meisten Leser ihre Nase nur neugierig in irgendwelche sensationellen Enthüllungen tunken wollen. Es gibt natürlich auch jede Menge guter (Auto)Biografien von bekannten Leuten, die es sich zu Lesen lohnt.

Aber unsere Lebensgeschichte interessiert in der Regel keine Sau. Wobei das ja auch wieder verwundert, bei dem ganzen Doku-Soap-Mist, der heutzutage gesendet wird.

Meine Erfahrung/Empfehlung ist jedenfalls: Das Schreiben macht am meisten Spaß, wenn man Ereignisse aus dem eigenen Leben nimmt, und daraus was völlig anderes macht. Das ist berauschend und macht echt Freude. Auf diese Art kann man wunderbar bei sich selbst Schicksal spielen.

Grüße von Rick

 

Erstmal danke euch allen für die Reaktion!

@Andrea: Danke für den Link und deine Meinung. So ganz neu war meine Frage also nicht aber die Thematik unterscheidet sich dann doch ;)

@Ginny-Rose:

Außerdem wäre ich dann noch empfindlicher in Bezug auf Kritik. Wenn man ein Erlebnis aufschreibt, das einem selber viel bedeutet, ist es natürlich besonders kränkend, wenn Leser es als langweilig empfinden.
Ja das denke ich auch. Aber es ist dann auch schwierig zu kontern, irgendwo wird die Kritik ja ihre Begründung haben aber ich kann mich ja auch schlecht hinstellen und sagen: Hier, du kannst meine Geschichte kritisieren aber nicht meine Gefühle! Und irgendwo ist das ja dann eng miteinander verwoben.

@Rick:

Die Kunst des Schreibens ist es ja auch, das Selbsterlebte so zu verfremden und mit Phantasie auszuschmücken, dass die Leser meinen, man hätte sich das „nur“ ausgedacht,
Hm... interessante Ansicht. Ich glaube es ist noch spannender, wenn man es schafft, etwas ausgedachtes zu schreiben, von dem der Leser denkt, er hätte das selbst erlebt, weil so viel Gefühl drinsteckt, dass man sich das gar nicht ausgedacht haben kann. Ein Beispiel was mir dazu einfällt wäre "Der Vorleser" von Bernhard Schlink.
Aber unsere Lebensgeschichte interessiert in der Regel keine Sau. Wobei das ja auch wieder verwundert, bei dem ganzen Doku-Soap-Mist, der heutzutage gesendet wird.
Wohl war. Wenn ich überlege, wer mittlerweile alles eine Biografie schreibt, weil er glaubt, irgendwen an seinem ach so tollen Leben teilhaben lassen zu müssen... So nach einem Monat Karriere ;)

 

Grüß Dich, Apfelstrudel,

Deine Frage(n) „was [wir] davon halte[n], selbsterlebte Dinge in eine KG zu packen und das dann zu veröffentlichen. Interessiert das? Kann das überhaupt gut werden?“ Und: „Also was denkt ihr? Habt ihr schon mal selbsterlebtes veröffentlicht und wenn ja, welche Erfahrungen habt ihr damit gemacht?“, kann ich für mich wie folgt beantworten:

Ich schreib sowohl fiktiv (erfunden, erstunken & erlogen) als auch nach Selbsterlebtem. Beides kann in die Hose gehen (fiktiv „Forschers Glück“ wie autobigrafisch „Man schreibt wie man spricht“) oder gut ausgeh’n (autobiografisch „Kurze Beschreibung …“ wie fiktiv „Ikarus“), wobei man beachten sollte, dass selbst der fiktivste Text Elemente enthält, die man selbst erlebt hat/haben könnte und sei’s nur, dass man sie irgendwo und irgendwie „wahrgenommen“ und sich „gemerkt“ hat, und wenn’s im Unbewussten schwämme.

Da ich i. d. R. meine eignen Träume mit dem Aufwachen wieder vergessen hab, trifft diese Aussage allein auf andere Texte/Bilder zu, die mehr oder weniger verdaut in den eig’nen Texten auftauchen. Wenn ich dann alles, was wahrzunehmen ist, prinzipiell verarbeite(n kann), dann gibt es keinen „rein“ fiktiven Text mehr.

In Andreas „schriftstellerische Moral versus menschliche Moral“ wird auch auf den Ärger hingewiesen, den sich einer einhandeln kann, wenn nachgewiesen werden kann, dass genau eine bestimmte Person/bestimmte Personen in dem Text aufgeführt werde/n. Da ist Maxim Biller nur der aktuellste Fall. Bekannt ist mir ähnliches vom „Campus“ (Schwanitz) und von „Holzfällen“ (Bernhard).

Gruß & gute Nacht

friedel

 

apfelstrudel schrieb:
Ich denke, man kann nicht erwarten, dass andere diese Sachen auch nur halb so spannend finden wie man selbst.
Das heißt aber nicht, dass ich denke, dass alles Selbsterlebte langweilig und blöd ist (die besten Geschichten passieren ja im wirklichen Leben ), es erfordert nur großes Können, das interessant zu verpacken und es einzigartig wirken zu lassen.
Ich finde es sogar gut, Autobiographisches zu schreiben, gerade für Schreibanfänger. Es ist natürlich eine andere Herangehensweise, als bei fiktiven Geschichten; man hat eine Handlung und will diese ansprechend verpacken, während man sich bei fiktiven Geschichten alles zurechtbiegen kann, wie man es braucht. Aber man lernt dabei meiner Meinung nach am besten, Gefühle zu beschreiben, weil man die eigenen am besten kennt, und wenn man es schafft, die glaubwürdig rüberzubringen, dann tut man sich auch mit fiktiven Charakteren leichter.

Ginny schrieb:
Außerdem wäre ich dann noch empfindlicher in Bezug auf Kritik.
Das ist vor allem dann der Fall, wenn man es selbst noch nicht ausreichend verarbeitet hat. Deshalb sollte man sich beim Schreiben so lange Zeit lassen, wie man braucht, daß man etwas Abstand dazu bekommt, und erst dann posten.
Meine ersten Anna Irene-Geschichten hab ich auch viel zu schnell gepostet und konnte dann mit der Kritik nicht umgehen. Als ich dann anfing, mir Zeit zu lassen, ging es mir wesentlich besser damit. Inzwischen schreibe ich an der zwanzigsten Folge, und das seit zwei Jahren …

Wenn man ein Erlebnis aufschreibt, das einem selber viel bedeutet, ist es natürlich besonders kränkend, wenn Leser es als langweilig empfinden. Es kann für Außensteheden interessant sein, durchaus, aber es ist schwer, das selber zu beurteilen, schwerer als bei einer ausgedachten Geschichte. Und blöd ist es dann auch, wenn Leser dazu raten, etwas an der Handlung zu verändern, um es etwa spannender zu machen. Da ist man dann nicht so frei.
Es geht eben beim autobiographischen Schreiben mehr um das Wie, und dementsprechend sollten auch Kritiker nicht die Handlung kritisieren, sondern sich auf das Wie konzentrieren. Dem Autor zum Beispiel sagen, warum die Gefühle nicht so ankommen, wie sie sollen, oder was sie glauben, daß für die Geschichte überflüssig ist. Man empfindet die Gefühle ja selbst und merkt dann u. U. gar nicht, daß sie in der Geschichte nicht drinstehen, und so oft man sie auch liest, sind sie für einen selbst da, deshalb braucht man den Kritiker gerade dafür. Oder man hält vielleicht eine Szene für wichtig, die, objektiv betrachtet, für die Geschichte selbst gar keine Bedeutung hat. Oft sieht man auch die wertenden Stellen im Text nicht, während sie Kritikern ins Auge springen – schade, wenn sie es dann nicht sagen, weil sie meinen, einen damit zu verletzen, denn durch Schweigen wird der Text nicht besser.

Rick schrieb:
Die Kunst des Schreibens ist es ja auch, das Selbsterlebte so zu verfremden und mit Phantasie auszuschmücken, dass die Leser meinen, man hätte sich das „nur“ ausgedacht, aber so authentisch ausgedacht, dass es wiederum glaubwürdig wirkt.
Ich glaube, das kommt darauf an, um welche Erlebnisse es geht. Etwas, das verarbeitet werden muß, will nicht jeder verfremden, und das ist auch nicht unbedingt zielführend, weil es dann ja jemand anderer ist, über den man schreibt.
Handelt es sich aber um ein nettes, positives Erlebnis, wird es einem leichter fallen, es der ansprechenderen Gestaltung wegen ein bisschen umzumodeln und auszuschmücken oder ganz zu verfremden.

Liebe Grüße,
Susi :)

 

Ich schließe mich Rick an. Das trifft ziemlich genau auch meine Meinung. Eigen Erlebtes kann man als Quelle nutzen, als Steinbruch, für die eigenen Geschichten. Muss man wahrscheinlich sogar, denn auch die anderen beiden, großen Quellen (die Phantasie und die Werke anderer) resultieren ja aus "selbst Erlebtem". Die Phantasie speist sich stark aus dem Unterbewußtsein und wie man die Werke anderer sieht, hängt auch mit der eigenen Person zusammen.

Das "verarbeitende" Schreiben, das therapeutische Schreiben, würde ich jedoch klar von dem "literarischen" trennen. Ist wie mit Tagebucheinträgen und Zeitungsartikeln. Die einen schreibt man für sich, die anderen für anderen. Die einen sollen dem Leser "dienen", die anderen einem selbst.
Ich finde es äußerst unangenehm, mich mit den persönlichen Tragödien von Menschen auseinanderzusetzen, die ich nicht kenne. Und die zu ihrem eigenen Stoff keine Distanz aufgebaut haben, wahrscheinlich gar nicht aufbauen können.

Gruß
Quinn

 

Das "verarbeitende" Schreiben, das therapeutische Schreiben, würde ich jedoch klar von dem "literarischen" trennen. Ist wie mit Tagebucheinträgen und Zeitungsartikeln. Die einen schreibt man für sich, die anderen für anderen. Die einen sollen dem Leser "dienen", die anderen einem selbst.

Was mich betrifft, ist es nicht nur ein therapeutisches Schreiben, dafür müßte man es nicht veröffentlichen. Obwohl das Schreiben natürlich auch Therapie ist. Aber ich verstehe darunter keine Tagebucheinträge, sondern ich habe auch viel aufzuzeigen, und es ist mir wichtig, die Geschichten bis ins letzte Detail auszufeilen - bei autobiographischen Geschichten mehr als bei fiktiven.
Daß ich die Geschichten nicht nur für mich schreibe, zeigen mir auch die PMs, die ich zu meinen Anna Irene-Geschichten schon öfter erhalten habe. Einmal hat sich eine Frau nur registriert, um mir eine PM schicken zu können, in der sie schrieb, daß ich ihr mit meinen Geschichten sehr viel aufgezeigt habe, was sie erst jetzt erkennt - sowohl in ihrer eigenen Kindheit als auch in der Erziehung ihrer eigenen Kinder. - Sowas gibt mir die Bestätigung, daß es richtig ist, was ich mache.

Und meiner Überzeugung nach geht es die Gesellschaft auch etwas an, denn weggeschaut wurde ja schon, als es passiert ist und es sie interessieren hätte sollen!
Und es ist auch die Gesellschaft, die mit den Folgen leben muß. Denn jeder Mißhandler oder Mißbraucher, jeder Mörder und jeder Amokläufer könnte keiner sein, wenn er rechtzeitig in eine Therapie gefunden hätte, was am ehesten dann geschieht, wenn der Betreffende getriggert wird, was wiederum durch solche Geschichten geschehen kann, und ihm auch der Mut gemacht wird, aus sich herauszugehen, und das können natürlich solche autobiographischen Geschichten auch, denn da ist ja schon jemand, der sich das traut.

Auch denke ich, daß man durch das Lesen solcher Geschichten ein feineres Gespür bekommen kann, um eventuelle Mißhandlungen (insbesondere auch psychische) oder Mißbrauch in der eigenen Umgebung besser zu erkennen, wenn man auch selbst nicht davon betroffen ist.

Ich finde es äußerst unangenehm, mich mit den persönlichen Tragödien von Menschen auseinanderzusetzen, die ich nicht kenne. Und die zu ihrem eigenen Stoff keine Distanz aufgebaut haben, wahrscheinlich gar nicht aufbauen können.
Wenn es nicht dabeisteht, Du es also nicht weißt, beschäftigst Du Dich ja auch damit, wo also ist der Unterschied? Nur, weil einer es offen zugibt, der andere nicht? Theoretisch kann jede authentisch wirkende Geschichte auch autobiographisch sein oder zumindest autobiographische Teile oder Wurzeln haben.

Zur Distanz: Verarbeitet sollte, wie gesagt, spätestens während des Schreibens werden, und je länger man sich mit dem Text beschäftigt, desto eher bekommt man auch Distanz. Natürlich nie so ganz, aber man sollte zumindest soweit sein, daß man sich nicht persönlich angegriffen fühlt, wenn ein Kritiker etwas ankreidet.
Das lernt man aber spätestens, wenn man es zwei-, dreimal falsch gemacht hat. :D

Liebe Grüße,
Susi :)

 

Ich bin der Auffassung, dass man Autobiographisches nur dann gut verarbeiten kann, wenn man es schafft über sich selbst so zu schreiben, als sei man ein Fremder, der alles beobachtet und mitfühlend erlebt hat. Nur dann hat man die Chance, nicht peinlich zu wirken.

Ich denke an die hier auf kg ab und zu mal auftauchenden Geschichten über das Verlassenwerden, Liebeskummer, die allesamt nach ein paar Sätzen schon offenbaren, wie tief der Autor verfangen ist in seinen Sehnsuchtsgefühlen. Ich fühle mich dann als Leserin immer peinlich berührt und mir wird unangenehm, weil ich weiß, dass mich soviel intimes Seelenleben nichts angeht.

Dennoch bin ich fest davon überzeugt, dass jeder Autor, mehr oder weniger freiwillig viel von sich und seinem Inneren preis gibt.
Man sollte kunstvoll das Selbsterlebte so verpacken, dass es wirkt wie eine erfundene Geschichte, die den Leser fesselt und in den Bann schlägt.

 

Ich glaube auch, wenn man schon eine Geschichte über persönlichen Liebeskummer oder so veröffentlicht, sollte man sich bewusst sein, dass (auch wenn es im Moment für einen selbst so scheint) es an sich nichts Außergewöhnliches ist, weil jeder es mal auf seine Weise durchmacht. Also sollte man sich nicht hinstellen und denken, dass andere das total berührend und traurig usw. finden, so wie man selbst. Es spricht ja nichts dagegen, eine solche Geschichte zu schreiben, aber man sollte es dann verstehen, das Ganze so zu verpacken und auszuschmücken, dass andere nicht das Gefühl haben, einen Tagebucheintrag zu lesen. Das kann nämlich schnell peinlich werden.

 

Da stimme ich dir zu, apfelstrudelchen ;) JEDOCH ist unerlässlicher Bestandteil von Liebeskummer der verankerte Gedanke, dass einen das schlimmste Schicksal der Welt ereilt hat und man mindestens so schwer verletzt ist, als hätte einen der Auswurf einer Magnum mitten ins Herz getroffen. :D

Und so etwas Sensationelles ist ansich eine Story wert.

 

dass einen das schlimmste Schicksal der Welt ereilt hat und man mindestens so schwer verletzt ist, als hätte einen der Auswurf einer Magnum mitten ins Herz getroffen. Und so etwas Sensationelles ist ansich eine Story wert.
Na logo, dagegen hab ich ja auch gar nichts gesagt, aber man muss es halt verstehen, anderen das zu vermitteln, warum gerade mein Liebeskummer der allerallerschlimmste ist und nicht DEINER! :D

 

Das liebs Apfelstrudelchen, wäre ja mal ein feiner Plot zu einer Geschichte: ein Wettstreit zwischen ganz unterschiedlichen Personen,wessen Liebeskummer der heftigste, der tragischste, der unerträglichste, der allerallerschlimmste ist. :D

 

Die Schwierigkeit liegt für mich immer darin, das persönliche Erlebte so zu präsentieren, dass ich es literarisch zum Allgemeinen erhöhe. Aus dem persönlichen Liebeskummer zum Beispiel einen treffenden Schmerz zu formulieren, den jeder sofort versteht und anhand seiner eigenen Erfahrungen nachvollziehen und mitleben kann. Es geht also nicht darum, zu vermitteln, warum mein Liebeskummer der allerallerschlimste ist und der der anderen nicht, sondern darum, über meinen Liebeskummer den Liebeskummer der anderen zu beschreiben.
Ich greife oft und gern auf eigene Erlebnisse und Erfahrungen zurück, dabei gehe ich unterschiedlich vor. Manchmal transportiere ich Erlebnisse in einen anderen Kontext, aus dem Konfirmandenunterricht könnte dabei ein Sportverein werden. Manchmal erfinde ich die Erlebnisse, lasse die Protagonisten dabei aber Gefühle erleben, die ich in anderen Situationen hatte. Meistens ist es eine Mischung aus beiden.
Der Grund dafür liegt zum einen in dem Versuch, die eigenen Erlebnisse literarisch ins Allgemeine zu erhöhen, zum anderen auch in meinem Schutzbedürfnis. Es wäre mir einfach unangenehm, wenn zum Beispiel jeder in mir den sehen würde, der einen Orgasmus bekam, weil Klassenkameraden ihn auf dem Schultisch festhielten, während andere sein Geschlechtsteil mit Edding angemalt haben oder den, der sich in düsteren Träumen eine sexuelle Beziehung zu einem geistig Behinderten wünscht (Inhalt von Geschichten, ob autobiografisch, verrate ich jetzt natürlich nicht).
Damit komme ich zu einem wichtigen Punkt. Gegen Autobiografisches in reiner Form spricht die Rücksichtname sowohl auf sich selbst, als auch auf die Leser. Wenigstens in einem Forum, in dem über die Geschichten hinaus auch kommuniziert wird, Bekanntschaften entstehen und, wenn auch nur virtuell, auch persönliche Bindungen. Als Autor schone ich mich instinktiv, wenn ich unverschlüsselt autobiografisch schreibe. Ich lasse Details weg, die für das Verständnis wichtig sind, weil ich sie entweder für nicht so wichtig halte oder weil sie mir bewusst oder unbewusst peinlich sind. In unverschlüsselter Autobiografie bin ich ein Exibitionist, der nicht davon ausgehen kann, dass ihm nur Voyeure gegenübersitzen. Ich kann sowohl mich als auch das Gegenüber mit zu großer Offenheit überfordern. Die fiktive Autobiografie mit verschlüsselten Protagonisten in gänzlich anderem Kontext ermöglicht mir, schonungsloser zu schreiben. Ich verarbeite meinetwegen sogar dabei, oute mich aber nicht. Ein Leser möchte von sim möglicherweise gar nicht wissen, was der erlebt hat, von dessen Protagonisten aber schon. Ein Leser möchte von sim ganz sicher nicht die Details des Liebeslebens aufgetischt bekommen und schon gar nicht das Stöhnen des Orgasmusses hören oder den Gesichtsausdruck dabei sehen - von dessen Protagonisten aber möglicherweise schon (wenn es die Geschichte denn bereichert). Und das ist nicht so, weil sich der Leser für sim nicht interessiert, sondern weil sim für ihn ein Mensch ist, der Grenzen hat und zu dem er sich Grenzen setzt. Was in einer Autobiografie grenzverletzend ist, ist es in einer fiktiven Geschichte nicht.
Ich räume ein, dass ich, was Grenzverletzung betrifft, aufgrund meiner Biografie sehr empfindlich reagiere, vielleicht übertreibe ich es, aber mir sind Grenzen und deren Einhaltung wichtig.

 

D'accord, lieber sim !
Ich finde, das hast du wunderbar präzisiert, ab wann persönlich Erlebtes die Schamgrenze erreicht und in eine Verpackung, sprich Verhüllung gegeben werden muss, um nicht peinlich zu wirken.

Es geht also nicht darum, zu vermitteln, warum mein Liebeskummer der allerallerschlimste ist und der der anderen nicht, sondern darum, über meinen Liebeskummer den Liebeskummer der anderen zu beschreiben.
JA!
Genau in diesem Punkt bin ich deiner Meinung und apfelstrudel hab ich auch so verstanden. Wir hatten die Beantwortung des Themas nur ein wenig lockerer mit Ironie gewürzt. ;)

 

Hallo sim und lakita!

Zitat:
Es geht also nicht darum, zu vermitteln, warum mein Liebeskummer der allerallerschlimste ist und der der anderen nicht, sondern darum, über meinen Liebeskummer den Liebeskummer der anderen zu beschreiben.
JA!
Genau in diesem Punkt bin ich deiner Meinung und apfelstrudel hab ich auch so verstanden. Wir hatten die Beantwortung des Themas nur ein wenig lockerer mit Ironie gewürzt.
Ja ganz genau. Freut mich lakita, dass wir nicht aneinander vorbeigeredet haben. Ich habe leider manchmal Schwierigkeiten, das auszudrücken, was ich meine ;) Zum Glück gibts sim der kann das :D

 

Gegen Autobiografisches in reiner Form spricht die Rücksichtname sowohl auf sich selbst, als auch auf die Leser. Wenigstens in einem Forum, in dem über die Geschichten hinaus auch kommuniziert wird, Bekanntschaften entstehen und, wenn auch nur virtuell, auch persönliche Bindungen.
Das kann man eben verschieden sehen. Ich finde nicht, daß ich als Opfer auf jemanden Rücksicht nehmen muß - ich wurde auch nicht gefragt, ob ich das alles erleben will. Ich sehe auch keinen Grund, mich dafür zu schämen, weil ich es mir nicht ausgesucht habe.
Ich will auch keine persönlichen Bindungen zu Menschen, die sich nicht dafür interessieren, weil sie sich dann nicht für mich interessieren, und geheuchelte Freundschaften brauche ich nicht.

 

Nach dem Lesen des Eingangspostings hatte ich so einen schönen Spruch in den Fingern: Der Leser will nicht deine Geschichte lesen, sondern eine Geschichte. Eigentlich wollte ich ihn näher erläutern, aber das brauche ich ja nicht mehr. ;)

 

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