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HenkersMahl (erste Hälfte 16. Jhdt.)

Lev

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06.02.2007
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HenkersMahl (erste Hälfte 16. Jhdt.)

Nachdenklich betrachtete er die Szene.
Der abgemagerte, junge Mann würde keine Probleme bereiten. Ein Schlag müsste reichen.
Kaum vorstellbar, dass der Jüngling seinen Onkel vergiftet haben sollte. Wahrscheinlich stand er nur irgendwem im Weg. Da ging es um Geld oder, schlimmer noch, um Politik. Gefoltert hatten sie ihn auch - das sah man gleich. Eigentlich seltsam, wo das gar nicht mehr gern gesehen wurde. Die Zeiten änderten sich, die Reformierten waren am Vormarsch.
Seine Sinne nahmen alles in dem fackelbeleuchteten, runden Steinraum wahr. Auch das Zittern der beiden Buben, die ihm der Abdecker als Gehilfen beigestellt hatte. Sie fühlten sich unwohl in den samtenen Gewändern. War ja auch ihr erstes Mal.
Kurz dachte er an sein erstes Mal, damals, als er noch seinem Vater zur Hand ging. Dabei fiel ihm der unrühmliche Tag ein, als sie seinen Vater hängten, weil er fünfmal zugeschlagen und eine ziemliche Sauerei angerichtet hatte.
Da konzentrierte er sich lieber auf die ewig gleiche Litanei des Priesters, der beleibt und hochmütig - wie man wohl wurde, wenn man Gott so nahe war - neben dem halbverhungerten Todeskandidaten stand und Psalme spuckte, als könne er damit das Fegefeuer löschen.
Nicht, dass er selbst Gott verachtete, aber seit er diesen Posten innehatte, musste er oft erkennen, dass sich Gott am allerwenigsten in der Nähe von Römischen Pfaffen aufhielt. Wie die reformierten Fürsten mit diesem Umstand umgingen, würde sich noch zeigen. Der Ruf der Gnade eilte ihnen nicht gerade voraus.
Sein Blick blieb an dem Schreiber hängen, den der Ältere Bürgermeister geschickt hatte. Ein pickeliger Knabe - vermutlich aus einer der besseren Bürgerfamilien. So, wie dessen Adamsapfel nervös hüpfte, erlebte auch er sein erstes Mal. Noch vor kurzem hatte sich niemand um so etwas geschert. Noch so ein Zeichen, dass neue Zeiten herandämmerten. Hauptsache, die Stadtherren standen gut da.
Endlich verstummte das lateinische Geplapper, das sowieso keiner verstand. Ob die Reformierten ihre Messen wirklich in Deutsch abhielten?
Ah, sein Auftritt. Er trat vor und sein morgiger Kunde starrte ihm ängstlich entgegen.
Seine dunkle Kapuze machte allen Angst, selbst den übelsten Gesellen - erst recht solch unschuldigen Jünglingen wie diesem. Herzlich, aber nicht zu kräftig, drückte er die Hand des blassen und zerbrechlich wirkenden, jungen Mannes und sprach seine üblichen Worte.
"So wahr mir Gott helfe. Mein Schwert ist scharf und meine Hand ist sicher. Du wirst keine Schmerzen erleiden. Gott wird sich deiner Seele erbarmen."
Der junge Mann wartete kurz und lächelte verträumt. Schließlich nickte er und ein kaum hörbares "Danke" kam über seine Lippen.
Der Henker war immer wieder verwundert, wie seine Worte die Opfer scheinbar beruhigten. Vermutlich lag es daran, dass ihre Zukunft so ein absehbares Ende bekam.
Noch einmal drückte er die Hand des Verurteilten und stellte sich dann zu seinen Gehilfen.
Gleich darauf brachten zwei Wachen Wein in tönernen Krügen und üppig mit frischem Brot, würzig duftenden Braten und anderen Leckereien bestückte Speiseplatten. Das Henkersmahl.
Ein Blick auf das feiste Grinsen des Priesters sagte ihm schon jetzt, wer Nutznießer des reichlichen Mahls sein würde. Die Gefangenen aßen selten viel zu diesem Zeitpunkt. Mit etwas Glück bekamen die Wachen noch das eine oder andere ab.
Zeit zu gehen. Der Wachkommandant entließ ihn und seine Gehilfen.
Mit knurrenden Mägen gingen sie zu ihren Wohnstätten, zogen sich um und trafen sich dann beim Abdecker wieder, wo sie gemeinsam ihrer blutigen und übelriechenden Tätigkeit nachgingen.
Auch nicht schöner als das Reinigen der städtischen Kloake, aber hier redete wenigstens wer mit ihm.

Nachdem sein Tagwerk erledigt war und er sich gereinigt hatte, machte er sich auf zur Wirtsstube an der Stadtmauer. Als er eintrat, wurde das laute Gelächter und Gerede zu einem Murmeln. Dem einen oder anderen nickte er zu, obwohl er wusste, dass seine Grüße unerwidert blieben. Sein Beruf brachte es mit sich, dass man lieber mit dem Teufel Umgang pflegte als mit ihm. Dafür hatte es den Vorteil, dass im hintersten Winkel immer ein Platz für ihn freigehalten wurde, wo er auch meist unbelästigt blieb.
Kaum saß er, kämpfte sich der närrische Schankjunge durch das Gedränge und brachte einen Krug Bier und eine dampfende Schüssel mit dem üblichen, aber schmackhaften Eintopf. Der Junge rannte wieder weg, bevor der Henker sich auch nur bedanken konnte. Mittlerweile waren wieder alle Gespräche munter im Gange.
Nur kurz währte seine Ruhe. Am erneuten Verstummen der anderen Gäste erkannte er eine neuerliche Veränderung. Als er von seinem Mahl aufblickte, sah er Stadtwachen auf seinen Tisch zukommen - zwischen ihnen ein geknebeltes, gefesseltes, schmutziges und viel zu junges Mädchen. Nach einem rüden Stoß landete sie auf seinem Tisch.
"Mit bestem Gruß der Stadtherren. Sozusagen als kleine Anzahlung, haha. Deinen Henkerslohn bekommst du morgen, aber sauber arbeiten und schnell. Das war's schon. Erstick nicht an dem Fraß."
Der Wächter salutierte spöttisch und ging. Als die Wachen das Wirtshaus verlassen hatten, konnte man spüren, wie die Anspannung der anderen Gäste sank. Da musste er lächeln. Mit ihm wollte man zwar nicht wirklich etwas zu tun haben, aber die angeberische Stadtwache in ihrer schmucken Uniform war verhasst.
Danach betrachtete er nachdenklich das Mädchen, deren gehetzte Augen verzweifelt einen Fluchtweg suchten. So sanft, wie er konnte, fasste er sie am Arm.
"Ruhig, Kleine. Ich werde dir nicht weh tun. Beruhige dich einfach. Ich werde den Knebel herausnehmen und dann können wir reden. Doch beiß nicht, sonst kannst du was erleben! Verstanden?"
Obwohl das Mädchen sichtlich Angst vor ihm hatte, nickte sie. Vorsichtig entfernte er den schmutzigen und speichelnassen Knebel aus ihrem Mund und fragte: "Hast du Hunger?"
Wieder nickte sie und der Henker brüllte eine Bestellung durch den Raum. Wieder versiegten alle Gespräche. Gierige Blicke tasteten das Mädchen ab. Nach einer Weile brachte der Schankbursche das Essen, kicherte blöd und spuckte das Mädchen an. Danach schaute er sich triumphierend in der Gaststube um und wurde mit Gelächter, Gegröle und Beifall belohnt.
Mit einem festen Tritt beförderte der Henker den Jungen quer durch den Raum. Als der Schankbursche in eine Gruppe zechender Gäste flog und dort den ganzen Tisch abräumte, erreichte das Gegröle einen neuen Höhepunkt.
Hauptsache, die Leute hatten etwas zum Jubeln. Immer das Gleiche mit dem Pack. Zuerst verlachten sie die Geschändeten, gleich darauf die Schänder. Morgen würden sie jubeln, wenn der Kopf in den Korb fiel und noch mehr, wenn er daneben fiel. Sie machten die Scheiße, die er nächtens wegräumte und auch sie waren es, die zu den Frauen und Mädchen kamen, die er in der Stadtherren Gnade gefügig machen sollte.
Er beobachtete das Mädchen, das gierig ihr Essen hinunterschlang und scheinbar nicht einmal mitbekam, was um sie geschah. Noch wahrscheinlicher war es nichts Neues für sie. Sie mochte vielleicht dreizehn Jahre alt sein. Eine weitere kleine Bettlerin, die er zur Hure machen sollte, damit die hohen Herren der Stadt noch mehr Geld in ihre prall gefüllten Säcke bekamen. Sie wurden immer jünger. Wohl hatte er schon manches Weib, auch junge, mit aller Gewalt im Auftrag der Stadt abgerichtet, aber eine wie die - in Gottes Namen - sie könnte seine Tochter sein.
Das Mädchen leckte bereits die Schüssel aus. Er machte dem Burschen ein Zeichen. Schnell und unterwürfig brachte er noch Eintopf und einen Krug mit Wasser. Er traute sich nicht einmal, den Henker anzuschauen. Der Tritt von vorhin brannte wohl noch.
Dies war einer der seltenen Momente, wo ihm recht war, dass man ihn fürchtete. Ansonsten war er sowieso von nahezu allem ausgeschlossen. Keine Kirchfeste, kein Wandeln auf Freiersfüßen. Immer nur Scham. Sicher, er wurde gut bezahlt, doch sehen wollte ihn keiner bei seinen Arbeiten. Ob er nächtens Abwässer reinigte, außerhalb der Stadtmauern Kadaver abdeckte, in dunklen Winkeln Dirnen abrichtete oder mit blutigem Schwert am Richtplatz stand. Bürger, Priester, Edelleute - sie brauchten jemanden wie ihn, aber wissen wollten sie nichts von ihm. Auch wenn alle tuschelten, der Vormarsch der Reformierten würde alles zum Besseren wandeln - so wirklich glauben konnte er nicht daran. Die Herren würden weiterhin die besten Stücke abbekommen und der Rest konnte leben oder sterben, das war ihnen egal.
Noch einmal betrachtete er das Mädchen und nickte selbstbestätigend. Nach diesem Essen würde er ihr ein paar Gulden geben und ihr raten, zu verschwinden. Vielleicht in ein besseres Leben. Danach konnte er nur hoffen, sie weder entlang der Stadtmauer noch auf seinem Richtplatz wiederzufinden.
Obwohl ... Ziemlich sicher würde er sie doch wiedertreffen.
Mit dem Löffel kratzte er die bereits kalten Reste seines Mahls aus der Schüssel.

 
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Hallo Lev,
obwohl meine Kentnisse der Historik gewisse Grenzen haben - ahemm - wage ich mich mal an einen Kommentar.
Die Geschichte habe ich in einem Rutsch gelesen, konnte nicht mehr aufhoeren, das ist ja schon mal gut. Ich fand auch die Thematik interessant, weil ungewoehnlich. Bei historischen Texten stellt sich mir immer sofort die Frage : Woher weiss der Autor denn, das das so war? Hier z. B. wuerde mich interessieren, ob das "Henkersmahl" frei von dir erfunden , oder ob du "Beweise" hast, das es wirklich so ueppig ausfiel. Ich dachte immer, das waere eine Erfindung der Neuzeit. Dann dieses Maedchen, das "abgerichtet" werden soll, das habe ich nicht so ganz verstanden. Soll der Henker sie sozusagen entjungfern und dann an die Stadtvaeter weiterreichen? Oder soll sie von da an "anschaffen" gehen?
Deine Intention, den Henker trotz seines schrecklichen Berufes als einen im Herzen guten Mann darzustellen hat etwas und ich kann auch nicht sgen, dass ich es kitschig finde, oder so. Aber so leise Zweifel bleiben da bei mir , einfach weil jemand, der so etwas macht, ja irgendwie seine Gruende hat. Warum werden Leute denn Soldat, Gefaengnisaufseher usw. Eine gewisse Neigung oder Gier nach Macht ist doch da immer dabei, meinst du nicht? Weswegen es mir ein bisschen schwer faellt, in dem Henker einen Mann zu sehen der ja "nur seinen Job macht" und privat den Witwen und Waisen hilft, mal krass gesagt.
eine interessante Geschichte
gruss, sammamish

 

Hallo sammamish, hallo basti

Danke, dass ihr die Geschichte gelesen habt und sie sogar einigermaßen gefallen hat. Ich war schon sehr neugierig, wie darauf reagiert wird, da ich zugeben muß, nicht 100 %ig überzeugt von ihr zu sein.

Zu euren Fragen:

Das mit der Henkersmahlzeit hat Basti schon hinreichend geklärt. Danke dafür.

Sowohl das mit dem "Abrichten" (Zuhälterei), als auch Abdeckertätigkeiten und Kloakenreinigung war sehr oft Henkersarbeit, seltener, was mich selbst überrascht hat, Folteranwendung. Ich gebe allerdings zu, dass eine Vereinigung aller drei Tätigkeiten nur sehr selten vorkam. Aber es hat mir gut in den Kram gepasst.

Tja, warum, wenn er doch sowieso gut verdient?
Es war für frühere Stadträte oder ähnliches sehr schwer, den Henker neben seinen von ihm durchgeführten Hinrichtungen zu beschäftigen. So oft kamen Leute seines Stands nicht zur Ausübung dieser Tätigkeit. Also wurden sie mit diversen Arbeiten betraut, die sonst keiner gemacht hätte, allerdings meist ohne zusätzlichen Lohn. Und den Henkern blieb aufgrund ihrer Ächtung durch alle Gesellschaftsstufen gar nichts anderes übrig, als diese auszuführen. Wie ich schon in meiner Geschichte schrieb, Hauptsache fern der Augen der ehrenwerten Bürger. Irgendwie wiederholt sich ja die Geschichte durchaus in der Jetztzeit. Denn wir allen wollen unseren Müll abgeholt wissen und gar nicht darüber nachdenken, ob Kanäle sauber sind, oder?

Nochmal zu sammamish
Henker und ähnliche haben sich eher nicht freiwillig für ihre Arbeit entschieden. Meist wurde irgendwer irgendwann für diese Tätigkeit bestimmt und ab da war es Familiensache. Männliche Nachkommen mussten, ob sie wollten oder nicht, diesen Beruf weiter ausüben. Es durfte auch nur innerhalb Henkersfamilien geheiratet werden. Sie konnten und durften oft nicht einmal in anderen Gesellschaftsschichten unterwegs sein. Und das Versagen in ihrem Beruf, wie kurz in meiner Geschichte angedeutet, bedeutete ihr Todesurteil. Flucht war oft die einzige Möglichkeit und das war damals, als die Welt noch deutlich größer war, auch recht aussichtslos.
Zum Abrichten: Die Städte standen der Prostitution unterschiedlich gegenüber. Mit Übertragung der Kontrolle an die Henker, dessen bloßes Vorhandensein Todesängste auslöste, hatten die Städte ein mächtiges Kontrollinstrument, welches durch seine Bindung an die jeweiligen Städte auch nicht wirklich rauskonnte, und tatsächlich brachte es der Stadt, vor allem an Markttagen eine nicht unerquickliche Summe Geld.

Hoffe, alle Klarheiten beseitigt zu haben.

LG
Lev

 
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Hallo Lev,

deine Geschichte finde ich interessant. Die Darstellung eines Henkers mit zwei weiteren, ebenfalls nicht gerade erfreulichen Nebenjobs, seine Rolle in der Gesellschaft - ich denke mal, ich kann mich da auf deine Recherchen verlassen - das hast du kurzweilig und unterhaltsam geschrieben, wobei dein Text eher wie ein Fragment wirkt, wie ein Teil, das aus einer größeren Geschichte herausgelöst wurde. Ehrlich gesagt hätte ich auch gern noch etwas weiter gelesen. Aber schon war's vorbei. Schade.

Ein paar kleine Anmerkungen.

Zitat: Seine Sinne nahmen alles wahr, was in dem fackelbeleuchteten, runden Steinraum passierte.

Ich kann dir nicht genau erklären warum, es ist eher ein Gefühl, aber wegen der markierten Stellen liest sich der Satz meiner Meinung nach nicht so gut. Das Aufeinanderprallen von "wahr" und "was" wirkt sperrig, und "passierte" klingt nicht so elegant.

Vielleicht ginge auch: Seine Sinne nahmen alles in dem fackelbeleuchteten, runden Steinraum wahr.

Zitat: Nicht, dass er selbst Gott verachtete, aber während der Zeit in seiner Stellung musste er schon oft erkennen, dass sich Gott am allerwenigsten in der Nähe von Römischen Pfaffen aufhielt.

Ich kann mich mit dem Begriff "Stellung" nicht so anfreunden. Wäre nicht so etwas wie "Stand" korrekter?

Zitat: Sein Beruf brachte mit sich, dass man lieber mit dem Teufel als mit ihm Umgang pflegte.

Wieder so eine kleine "Bauchgefühlnörgelei". klänge es nicht fließender zu schreiben:

Sein Beruf brachte es mit sich, dass man lieber mit dem Teufel Umgang pflegte als mit ihm.

Na ja, das ist sicher Geschmackssache.

Zitat: Am neuerlichen Verstummen der anderen Gäste erkannte er eine neuerliche Veränderung.

Auch wenn ich Dank Quinn gelernt habe (und auch einige gute Beispiele kenne) dass gewollte Wiederholungen als Stilmittel wunderbar funktionieren: Sollte das eine gewollte Wortwiederholung sein empfinde ich sie als störend, das könnte man geschickter schreiben.

Zitat: Noch einmal betrachtete er das Mädchen und nickte selbstbestätigend.

Das liest sich gewollt, aber vielleicht gibt es noch eine bessere Formulierung.

So, das war's mit dem kleinkarierten Gemecker. Ich habe die Geschichte jedenfalls gern gelesen.

Grüße von Rick

 

Hallo Rick,

auch dir Dank für Lesen und Gefallen und ganz besonderen Dank für dein Vertrauen in meine Recherchen.

Fragment, hmm? Nun ja, das ist schon irgendwie gewollt. Es ist mal nur ein Blitzlicht auf eine ganz bestimmte Situation in einem turbulenten Jahrhundert; die Darstellung eines Mannes, der aufgrund gewisser ihm gesetzter Grenzen sehr viel nachdenkt und wenig spricht und mein Versuch, ihm Gehör zu verschaffen. Wenn mir das gelungen sein sollte, freue ich mich.

Die meisten deiner vorgeschlagenen Änderungen werde ich berücksichtigen, weil sie schlichtweg besser als meine eigenen Worte sind.

Mit "Stellung" bin ich in der Tat selbst nicht zufrieden, doch konnte ich leider keine geeigneten Synonyme dazu finden. "Stand" ist im Kontext des Satzes auch nicht ideal.

"selbstbestätigend" muß ich auch drinnen lassen. Vielleicht kommt mir oder irgendjemand noch eine andere Idee. Aber es wird dich beruhigen, dass auch dieser Satz schon oft in meinem Visier aufgetaucht ist. Das Wort ist a.)sowieso eher selten im Gebrauch und b.)zu modern im Klang für die Zeit, von der ich schreibe; und gerade da habe ich mich zur Steigerung der Authenzität um einen sparsamen Einsatz moderner Wörter bemüht.

Danke und
lg
Lev

 

Hallo Lev,
mir hat deine Geschichte auch gut gefallen. Das Thema ist sehr interessant und ich finde, du hast es gut rüber gebracht und den Henker in all seinen Facetten (dass er eben nicht nur hart ist, sondern manchmal auch Mitleid hat, wie hier mit dem jungen Mädchen, dass er "abrichten" soll), beschrieben.

Du schreibst, dass der Vater der Prot. selbst gehängt worden ist, weil er für eine Hinrichtung 5 Schläge gebraucht hat. War es wirklich so krass, dass er gleich hingerichtet wurde, oder wäre es nicht eher so, dass man ihn vertrieben hätte?

Die Dinge, die mir beim Lesen aufgefallen waren, hat Rick schon erwähnt.
Vielleicht solltest du den Text noch mal durchgehen, und ein paar "Füllwörter"streichen (ja, wohl, schon usw.)

Bezüglich des Satzes mit dem Wort Stellung folgender Vorschlag:
"Nicht, dass er selbst Gott verachtete, aber während der Zeit, in der er diesen von jedermann verachteten Posten ausübte, hatte er schon oft erkennen müssen, ...

Warum schreibtst du bei dem Wort "Älterer Bürgermeister" das ältere groß?

Ist das Wort selbstbestätigend so wichtig? Warum schreibst du nicht einfach:
Noch einmal betrachtete er nachdenklich das Mädchen. Nach dem Essen...

Wie gesagt, gerne gelesen.
LG
Blanca :)

 

Hallo Blanca,

mir hat deine Geschichte auch gut gefallen

So etwas hört man gerne.

Du schreibst, dass der Vater der Prot. selbst gehängt worden ist, weil er für eine Hinrichtung 5 Schläge gebraucht hat. War es wirklich so krass, dass er gleich hingerichtet wurde

Diese Frage muß ich mit "Ja" beantworten. Die Beschäftigung eines Henkers war eine Art Statussymbol für Städte jener Zeit. Ein versagender Henker wäre ein Schandfleck gewesen, den sich keiner damals leisten wollte und wo die jeweiligen Stadtoberen mit einer sofortigen Hinrichtung auch ihre Macht demonstrieren wollten.
Noch erklärend hinzugefügt sei, dass nur jene, die mit dem Schwert bzw. der Axt richteten, als Henker bezeichnet wurden. Sie waren also Spezialisten. Selbst dann, wenn ihnen ein Wegkommen von der Stadt möglich gewesen wäre, hätten sie nach einem derartigen Versagen nicht einmal mehr die Möglichkeit gehabt, ihre sowieso schon nur schwachen sozialen Bindungen aufrecht zu halten. Kurzum, sie wären erledigt gewesen - so oder so.

Vielleicht solltest du den Text noch mal durchgehen, und ein paar "Füllwörter"streichen (ja, wohl, schon usw.)

Ich werde den Text sicher noch ein paar Mal durchgehen, finde aber, das Füllwörter so schlimm häufig auch wieder nicht vorkommen.

Bezüglich des Satzes mit dem Wort Stellung folgender Vorschlag:
"Nicht, dass er selbst Gott verachtete, aber während der Zeit, in der er diesen von jedermann verachteten Posten ausübte, hatte er schon oft erkennen müssen, ...

Puh, dann wird der sowieso nicht gerade kurze Satz noch ein wenig länger. Aber ich werde es in meinen weiteren Bearbeitungen miteinbeziehen.

Warum schreibtst du bei dem Wort "Älterer Bürgermeister" das ältere groß?

Weil das eine tatsächlich historische Bezeichnung war. Die kam vor allem dann ins Spiel, wenn ein Bürgermeisterwechsel anstand. Der Scheidende war der "Ältere B.", sein Nachfolger der "Jüngere B." Es hatte auch nichts mit dem Alter zu tun.

Ist das Wort selbstbestätigend so wichtig?

Von der Bedeutung in dieser Situation schon. Er betrachtet sie nämlich nicht nur, sondern bestätigt sich auch in seiner spontanen Meinung, sie mit Geld zu versorgen und laufen zu lassen.

Wie gesagt, gerne gelesen.

Nochmals danke

lg
lev

p.s.: komisch, meine antworten sind schon bald länger als meine geschichte
liegt das daran, das ich so schlecht geschrieben habe oder sollte es mir tatsächlich gelungen sein, ein kleines terra ingocnito in der historischen literaturlandschaft entdeckt zu haben? p.s.ende
lg lev

 

Hi Lev,

sollte es mir tatsächlich gelungen sein, ein kleines terra ingocnito in der historischen literaturlandschaft entdeckt zu haben?


Ich finde schon, dass du ein ueberaus interessantes, noch nicht so durchgekautes Thema gefunden hast.
Ich wuerde fast soweit gehen und behaupten dass man daraus einen guten Roman machen koennte. Warum nicht neben der "Wanderhure" und dem "Medicus" auch den "Henker von Bamberg" oder so was in der Art ( das meine ich jetzt ausnahmsweise mal ohne Ironie!) Das ist doch genau der Stoff, der sich gut verkauft und wenn du so viel darueber weisst und auch noch gut schreiben kannst - why not?
Sichere mit hiermit eine Kopie der Erstausgabe,
sammamish

 

Hi sammamish,

Warum nicht neben der "Wanderhure" und dem "Medicus" auch den "Henker von Bamberg"

Finde ich gut, war zwar noch nie in Bamberg, aber der Titel hat was.

Das ist doch genau der Stoff, der sich gut verkauft und wenn du so viel darueber weisst und auch noch gut schreiben kannst - why not?

"sich gut verkauft" klingt noch besser, brauche ich nur jemanden, der gut schreiben kann ;)

Sichere mit hiermit eine Kopie der Erstausgabe,

Kriegst du!

lg
lev

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Lev!

Eine nette Blitzlichtaufnahme aus dem Alltag eines mittelalterlichen Henkers hast du geschrieben. :)
Der Eindruck einiger Vorkommentare, es würde sich um das Fragment, oder Teil eines größeren Ganzen handeln, entstand auch bei mir, aber dennoch kann dieser Text auch so stehen bleiben, mMn.
Von der Idee her, und atmosphärisch, hat mir dein Beitrag gut gefallen, sprachlich nicht so sehr. Es gibt häufig Wortwiederholungen, die leicht vermeidbar wären. Mag sein, eine persönliche Animosität, aber auch etliche "dass-Konstruktionen" störten meinen Lesefluss. Ich weiß, sie sind halt der einfachste Weg ... ;)
Das häufig hintereinander vorkommende "er", wenn es um den Henker geht, störte mich stellenweise ebenfalls. Da und dort, könntest du statt "war", kräftigere Verben einsetzen, mMn.
So genug gemeckert, hoffe du nimmst es mir nicht übel.

Textkram:

Der abgemagerte, junge Mann würde keine Probleme bereiten. Ein Schlag reichte.
Da musst du im Konjunktiv bleiben: Ein Schlag sollte (müsste) reichen.

Nicht, dass er selbst Gott verachtete, aber während der Zeit, in der er diesen Posten innehatte, musste er schon oft erkennen, dass sich Gott am allerwenigsten in der Nähe von Römischen Pfaffen aufhielt.

Ein Beispiel für dass-Konstrukte und Doppelung. (Gott)
Vielleicht einmal Schöpfer oder Allmächtiger sagen?
"schon" ist hier als Füllwort überflüssig.
... römischen Pfaffen.

Wie die reformierten Fürsten mit diesem Umstand umgingen, würde sich noch zeigen. Der Ruf der Gnade eilte ihnen nicht gerade voraus.
Auch hier wieder Konjunktiv: ... umgehen würden, würde sich ...
Klingt natürlich nicht schön, keine Frage. Aber ... vielleicht formulierst du ja um?
Das "nicht gerade" gefällt mir auch nicht.
Vielleicht: Der Ruf der Gnade eilte ihnen jedenfalls nicht voraus.

Sein Blick blieb an dem Schreiber hängen, den der Ältere Bürgermeister geschickt hatte.
Wennd das kein Berufstitel ist, dann : ... ältere Bürgermeister ...

Die Gefangenen aßen selten viel zu diesem Zeitpunkt. Mit viel Glück bekamen die Wachen noch das eine oder andere ab
WW
Alternative: Mit etwas Glück ...

Mit knurrenden Mägen gingen sie zu ihren Wohnstätten, zogen sich um und trafen sich dann beim Abdecker wieder, wo sie gemeinsam ihrer blutigen und übelriechenden Tätigkeit nachgingen.
Auch nicht schöner als das Reinigen der städtischen Kloake, aber hier redete wenigstens wer mit ihm.

Das "ihm" empfand ich hier als Perspektivfehler.


Mit ihm wollte man zwar nicht wirklich etwas zu tun haben, aber die angeberische Stadtwache in ihrer schmucken Uniform war verhasst.
Das umgangssprachliche "man" und "nicht wirklich", wäre leicht zu umschiffen.
Vorschlag: Mit ihm wollte zwar niemand etwas zu tun haben, aber ...


Eine weitere kleine Bettlerin, die er zur Hure machen sollte, damit die hohen Herren der Stadt noch mehr Geld in ihre sowieso prall gefüllten Säcke bekamen.
Das "sowieso" könnte entfallen, mMn.

Danach konnte er nur hoffen, sie weder entlang der Stadtmauer oder gar auf seinem Richtplatz wiederzufinden.

Müsst eigentlich heißen: ... noch auf seinem Richtplatz ... (weder - noch)

Wie gesagt, als Story gerne gelesen, aber sprachlich kannst du das besser, denke ich mal. ;)

Einen lieben Gruß,
Manuela :)

 

Hallo Manuela,

Von der Idee her, und atmosphärisch, hat mir dein Beitrag gut gefallen, sprachlich nicht so sehr.

Zur Selbstverteidigung: Ist mir bewußt, ist allerdings teilweise beabsichtigt. Ich habe mich für eine Sprache ohne allzu moderne Ausformungen entschieden, um eine gewisse Einfachheit bemüht. Ich hielt das für authentischer. Aber möglicherweise habe ich übertrieben.

So genug gemeckert, hoffe du nimmst es mir nicht übel.

Selbstverständlich nehme ich dir das übel.

Da musst du im Konjunktiv bleiben: Ein Schlag sollte (müsste) reichen.
"schon" ist hier als Füllwort überflüssig.

Wird geändert

... römischen Pfaffen.

Hier irrst du. Im damaligen Sprachgebrauch wurde generell die Kirche und ihre Abgesandten als groß geschrieben Römisch bezeichnet.

Wennd das kein Berufstitel ist, dann : ... ältere Bürgermeister ...
Habe ich bereits weiter oben einmal geklärt. Auch hier ist die Großschreibung richtig.

Alternative: Mit etwas Glück ...

wird geändert

Das "ihm" empfand ich hier als Perspektivfehler.

Möglich, werde ich mir bei Gelegenheit noch genauer anschauen.

Das "sowieso" könnte entfallen, mMn.

wird geändert

Müsst eigentlich heißen: ... noch auf seinem Richtplatz ... (weder - noch)

wird geändert

Danke trotzdem - obwohl - übel nehme ich es dir trotzdem ;)

lg
lev

 

Hey Lev

Mein zweiter Versuch (hab gestern eine Kritik geschrieben, und aus Versehen gelöscht :bonk: )

Deshalb wird diese eher kurz fallen, weil es auch spät ist.
Die Geschichte hat mir gefallen, es wird sehr authentisch und glaubwürdig aus dem Leben eines Henkers erzählt. Der zu der Zeit zum gefürchteten Außenseiter der Gesellschaft gemacht wurde.

Da konzentrierte er sich lieber auf die ewig gleiche Litanei des Priesters, der beleibt und hochmütig - wie man wohl wurde, wenn man Gott so nahe war - neben dem halbverhungerten Todeskanditaten stand und Psalme spuckte, als könne er damit das Fegefeuer löschen.
Sehr gut!
d

Sonst gibts da nicht viel zu meckern.

JoBlack

 

HEy JB,

da bleibt mir nur ein "Dankeschön" *verbeugungandeut*

lg
lev

 

Danke, mein lieber Taucher!

Auch eine Kritik, die ich jetzt mal so stehen lasse. Mögen sich andere über die mir unterstellten Sachen wundern, ich für meinen Teil akzeptiere sie.
Danke fürs Lesen.

lg
lev

 

Diese Geschichte, Lev, ist schon okay. Sie ist nicht nur gut recherchiert, sie ist auch in einem Stil geschrieben, dass man sich das Ganze schon als Henkers Originalton denken kann. Natürlich ist sie nicht jedermanns Sache, und die Fragen in den Beiträgen offenbarten konsequenterweise schon reichlich Unkenntnis, aber tauchers Aussage, die Geschichte wäre historisch gesehen kompletter Unsinn, ist bar jeder Grundlage: Es ist eine bekannte Methode, mit Pauschalurteilen um sich zu werfen („am schiessstand der vorurteile so ziemlich alles abgeräumt“, „kompletter schmarrn“), wenn man nicht in der Lage ist, auf konkrete Fehler hinzuweisen.
Dabei ist die Geschichte beileibe nicht perfekt. So schreibst du „scheinbar“ wo „anscheinend“ hingehört, und der Hinweis auf die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts in der Überschrift ist entbehrlich, denn im Text gibt es mehr als genug Andeutungen und Aussagen, dass neue Zeiten (Reformation) in Anmarsch sind.
Beim Lesen stockte ich außerdem ein paar Mal, leider finde ich die entsprechenden Stellen jetzt nicht mehr, was nur Eines bedeuten kann: Sie waren (und sind) anscheinend nicht so wichtig. :D

Sirius

 

... ein Hinweis auf die Vermeidung von Folter aus ethischen oder religiösen Gründen existiert nach meiner Meinung nicht.
Ja, das stimmt, die Bedenken kamen erst Ende des 16., Anfang des 17.Jahrhunderts (Anton Praetorius, Friedrich Spee von Langenfeld). Wenn die völlig unnötige Zeitangabe im Titel entfiele, würde der Text wieder stimmen.

Hierbei ist zu sagen, dass das Bild des Priesters unserer Zeit gänzlich von dem abweicht, was man sich damals unter einem Priester vorzustellen hatte. Der Zölibat war zwar existent, jedoch kein zwingender Grund, sich dem Priesteramt zu enthalten. Priester, Bischöfe, auch die Päpste hatten Geliebte, Gattinen, Kinder, Ämter wurden mehr oder weniger durch Einfluss oder Geldspenden vergeben. Der Bischof von Brixen war nicht nur einfach Bischof, sondern gleichzeitig Fürst und Herr über die gesamte Umgebung, so wurde dieses Amt auch nur von einflussreichen Persönlichkeiten vergeben, welche mit der röm. Kath. Kirche rein gar nichts am Hut hatten
In der Geschichte wird eindeutig von einem einfachen Priester gesprochen, denn nur ein solcher musste mit auf den Richtplatz, somit sind deine Ausführungen, taucher, zu den Bischöfen und dem hohen Klerus zwar richtig, aber für diese Geschichte ohne Belang, d.h. kein Kritikpunkt.

Zitat:
Nicht, dass er selbst Gott verachtete, aber während der Zeit, in der er diesen Posten innehatte, musste er oft erkennen, dass sich Gott am allerwenigsten in der Nähe von Römischen Pfaffen aufhielt. Wie die reformierten Fürsten mit diesem Umstand umgingen, würde sich noch zeigen. Der Ruf der Gnade eilte ihnen nicht gerade voraus.

Zu diesem noch: die Fürsten wurden nicht reformiert, wie es in diesem Textabschnitt erscheint, im Gegenteil benutzten die Kurfürsten, wie Friedrich von Sachsen, Menschen wie Martin Luther dazu, den Papst und seine politische Stellung zu bekämpfen. Es ging seit jeher um die Kaiserwahl, wer wen zum Kaiser bestimmt, etc., etc. das würde hier zu weit führen-
Kurz: die Fürsten waren nicht reformiert, sie reformierten sich selbst, ähnlich wie Heinrich VIII. in England dies getan hatte.

Ob die Fürsten reformiert wurden oder sich selbst reformierten ist in diesem Zusammenhang ohne Belang: Sie waren reformiert, mehr wird in der Geschichte nicht gesagt.


Vielleicht stört mich an diesem Text generell, dass er sich in so einer Art „Volksdümmlichkeit“ aufhält, während alles politische, religiöse und humanitäre Empfinden sich in dieser Zeit völlig neu orientieren musste.
Eine Art Groschenroman der vergangenen Realität, vielleicht nicht schlecht, das Bewusstsein oder das Interesse für diese Zeit zu fördern, schlecht jedoch wegen seiner „Scheuklappenmentalität“.
Jederzeit hat jeder Mensch die Möglichkeit für den Überblick über die ihn umgebende Politik!
Was erwartest du, taucher, von einem Henker?
Es reicht doch vollkommen, wenn er über sich und seine unmittelbare Umgebung nachdenkt, oder? Er muss aufpassen, dass er nicht den gleichen Fehler macht wie sein Vater. Und er wird wie ein Aussätziger behandelt und hat schon deswegen nicht viel Kontakt zu seinen Mitmenschen. Dazu kommt, dass er als Sohn eines Henkers in einer sehr rigiden sozialen Isolation aufgewachsen ist, denn Henker dürften oft nicht in der Stadt wohnen, sondern nur außerhalb (wer man in Salzburg auf der Burg gegen Süden schaut, kann man noch heute auf einer einsamen Wiese ein einsames Häuschen sehen: Das Haus des Henkers von Salzburg!). Ein solcher Mensch kann nicht anderes, als alle „normalen“ Menschen zu hassen, was sich - wie in dieser Geschichte - in guten Taten gegenüber von diesen Menschen Verstoßenen äußern kann.

Sirius

 

Danke Sirius für die Verteidigung meiner Geschichte,
Danke taucher für die Stellungsnahme
und beiden recht herzlichen Dank für eine derartige Auseinandersetzung mit dem Inhalt meines Textes.

Bei so viel Mühe eurerseits muss ich wohl doch noch einiges zum Text sagen, obwohl ich mir das ehrlicherweise nach tauchers (m.E. provozierenden) Angriff nicht antun wollte.

1.) Jede Situation in meiner Geschichte ist recherchiert, passt also historisch, so denn ich gut recherchiert habe.
2.)@taucher: Das Örtlichkeitsproblem habe ich aufgrund eben des Umstandes, dass zwischen den einzelnen Städten gewaltige Unterschiede in ihrem Vorgehen waren, dahingehend umgangen, keinen definitiven Ort benannt zu haben. Vermutlich Deutschland.
3.) Richtig, aus ethischen oder religiösen Gründen wurde niemals Folter vermieden, manchmal aber aus politischen-profilaktischen. Dieses ist hauptsächlich passiert im frühen 16. Jahrhundert, eben weil die gerade zu neuer Macht gekommenen Städte auf Nummer Sicher gingen.
4.) Ganz generell ging es mir in dem Text um die Befindlichkeit und Gedanken des Henkers in einer Umbruchsituation. Und trotz seiner relativen Machtposition ist er ein einfacher Mann, dessen erstes Denken nicht unbedingt den Hohen Künsten gilt und der ganz sicherlich volksübliche Vorurteile hatte.
5.) @taucher
Was denn nun sein Vater getan hat und warum er aufgehängt wurde, geht sehr wohl aus dem Text hervor (im Übrigen historisch belegbar)
Ein Steinraum ist ein Raum mit Steinfußboden, Steindecke, Steinwänden usw. (zu meinem Bedauern waren die Schuldtürme oder ähnliche Gefängnisse so)
6.) @sirius
Du magst Recht haben mit der unnötigen Zeitangabe. Doch ich habe sie reingeschrieben (nach langem Ringen mit mir selbst), weil es mir nicht so sehr um die Reformationszeit ging, sondern um den schnellen Machtanwuchs der Städte, was eben zu genannten Zeitpunkt passierte. Die Reformation ist nur die Hintergrundmusik.

lg
lev

 

Hallo Lev!

Die Geschichte ist nicht schlecht erzählt, aber sie ist noch etwas zu brav, zu brav wird die Historik einbezogen, was auf Kosten der Geschichte geht. Es wirkt ein bisschen so wie eine nachgestellte Szene fürs Schulfernsehen, im Fach Geschichte. Mir würde so eine Geschichte immer Riesenprobleme bereiten, weil ich denke, dass Leute aus so einer Zeit völlig anders gedacht haben und einen völlig anderen Gefühlshaushalt hatten als wir in unserer Zeit. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass ein Henker sich damals auf diese reflektierte Weise Gedanken über seine "Kunden" gemacht hat. Ich habe es bei meinem Copywrite versucht, auf eine frühere Stufe der Kultur im weitesten Sinne zu kommen, ist mir aber auch nicht gelungen, weil ich natürlich auch nur Kopien von Kopien von Kopien aus dieser Zeit kenne.

Trotzdem hab ich die Geschichte interessant und lesenswert gefunden. :)

Eigentlich seltsam, wo das gar nicht mehr gern gesehen wurde.
besser: Eigentlich seltsam, das wurde doch gar nicht mehr gern gesehen.
die Reformierten am Vormarsch waren
im Vormarsch
Da konzentrierte er sich lieber auf die ewig gleiche Litanei des Priesters, der beleibt und hochmütig - wie man wohl wurde, wenn man Gott so nahe war - neben dem halbverhungerten Todeskandidaten stand und Psalme spuckte, als könne er damit das Fegefeuer löschen.
sehr gut!
Noch vor Kurzem hatte sich niemand
klein: vor kurzem
machte er sich auf zu der Wirtsstube an der Stadtmauer
zur Wirtsstube
Das war's schon. Erstick nicht an dem Fraß. Man sieht sich.
Nein, also das geht nicht "Man sieht sich" - bisschen authentischer könnte die Sprache schon wirken, aber das ist doch Umgangssprache unserer Zeit. ;)


Gruß
Andrea

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Lev,

gut, dass Du nochmal auf Dich aufmerksam gemacht hast;). Da ist mir direkt eingefallen, dass ich Deine Geschichte noch kommentieren wollte.
Es ist eine solide und lehrreiche Geschichte. Ich erinnere mich an solche Kindergeschichtsbuecher, die waren so aehnlich. Ich las sie immer gerne. Der Stil ist im besten Sinne unpraetentioes. Man gewinnt damit wahrscheinlich keine Preise, aber sowas ist mir allemal lieber als missglueckte Kunstversuche.
Obwohl in ihr alles stickig und dramatisch ist, laesst die Geschichte dem Leser Luft und der Henker verbreitet als Prot eine angenehme Ruhe. Ganz schoener Kontrast zu Andreas enger und schwitziger Kopie.

Noch Kleines

Nachdenklich betrachtete er die Szene und überlegte.
kann sowas von weg

Weil sich die Zeiten änderten, die Reformierten am Vormarsch waren.
Wuerd ich nen ganzen Satzt draus machen: Die Zeiten aenderten sich ...

Nicht, dass er selbst Gott verachtete, aber während der Zeit, in der er diesen Posten innehatte
seitdem

üppig bestückte Speiseplatten
sag mir schon, was da drauf ist! Ich will's wissen und riechen.

üblichen, aber schmackhaften
inwiefern ist das ein Gegensatz, der ein aber rechtfertigt?

zwischen ihnen ein geknebeltes, gefesseltes, schmutziges und viel zu junges Mädchen
Bei so vielen Adjektiven, wuerd ich zwei Saetze draus machen.

Gerne gelesen (zum xten Mal),

feirefiz

Ach so PS: Andrea, falls Du das liest, das war jetzt keine hinterrueckse Kritik an Deiner Geschichte, die ich ja schon ordentlich kommentiert hab. Wollte nur wertfrei den Unterschied bemerken.

 

Hallo Feirefiz,

hat mich jetzt doch ein wenig überrascht diese Kritik. Wollte aber bitte bitte bei meiner Bemerkung in Copywrite niemand dazu überreden oder gar zwingen, meine Geschichte zu kommentieren.

So, danke dir trotzdem sehr herzlich für diese deine Kritik.

Es ist eine solide und lehrreiche Geschichte. Ich erinnere mich an solche Kindergeschichtsbuecher, die waren so aehnlich. Ich las sie immer gerne

Da weiß ich jetzt aber nicht, ob ich das als Kompliment oder als Rüffel verstehen soll. :hmm: Ich nehms als Kompliment. Danke.

Obwohl in ihr alles stickig und dramatisch ist, laesst die Geschichte dem Leser Luft und der Henker verbreitet als Prot eine angenehme Ruhe

Also diese Aussage finde ich besonders dankenswert, da ich mir auch nach all den vorangegangenen Kritiken nicht sicher war, ob das irgendwer rausgelesen hat. Weil das wollte ich schon vermitteln. (Ich weiß, im nachhinein kann das jeder sagen)

Um Fehlerbehebung werde ich mich bei Gelegenheit kümmern: Nicht alles, aber manches werde ich übernehmen.

Nur ganz kurz zu deiner letzten Anmerkung (die Adjektivüberfülltheit): Klingt zwar nach fauler Ausrede, ist aber tatsächlich stilistische Absicht. Ich hatte das Gefühl, dass dies unbedingt so sein müsste, um den Takt der Geschichte zu halten. Darum auch keine zwei Sätze.

Gerne gelesen (zum xten Mal),

Ah, ein Rätsel! Soll das heißen, du hast meine Geschichte x-mal gelesen oder weist du nur darauf hin, dass du den Abschluss "Gerne gelesen" bereits zum xten Mal hinschreibst, hä ... ?

Aufrichtiges Dankeschön für Lesung und Kritik meiner Geschichte. Danke.
lg
lev

 

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