Was ist neu

pH-neutral

Seniors
Beitritt
13.02.2008
Beiträge
1.091
Zuletzt bearbeitet:

pH-neutral

Kati sitzt im Schneidersitz am Küchentisch, auf dem sich seit Wochen ihre Soziologiebücher stapeln. Alles ist Statement. Die Stapel, die jeden zweiten Tag umgeschichtet werden, damit es keine Spinnweben gibt, und die Haare, die mit einem Kugelschreiber möglichst stratzelig hochgesteckt gehören.
Wer wollte sich da noch über mumifizierte Teebeutel in der Garfield-Tasse beschweren?
Der Schneidersitz ist sogar politisches Statement. Genauso wie barfuß. Schon so lange Statement, dass es gar keines Publikums mehr bedarf.
“Was?”, fragt sie böse aber nicht besonders artikuliert, weil sie mit den Eckzähnen die Plastikschlinge eines Preisschildes durchbeisst.
Ich befülle Garfield mit Einweichwasser.
“Ich sag’ ja gar nichts.”
Und ich sagte wirklich nichts und guckte auch gar nicht, denn es ist mir egal, dass sie einkaufen war. Das denke ich zumindest, bis ich sehe, dass sie nicht ausschließlich gesichtslose Dinge gekauft hat.
“Pastateller”, sagt sie. “Villeroy und Boch ist doch irgendwie anders als Ikea.”
Ich nicke unkonzentriert und lasse den steifen Teebeutel knistern.
“Brauchst du die Blasenfolie noch?”, frage ich und versuche so nebenbei zu klingen, weil ihr sonst gewiss noch einfällt, dass es immer ein Fehler ist, Blasenfolie wegzugeben.
“Blasenfolie fünfzig Cent”, sagt sie und dann, als ich mich mit verschränkten Armen gegen die Spüle lehne und schweige, “haha, nee, kannste auch so haben.”
Sie reicht mir die Folie mit gönnerhaftem Gestus, denn sie weiß genau, dass ich wenn nötig auch siebzig Cent bezahlt hätte.
“Danke”, sage ich und überlege, ob ich mir die Bläschen rationieren soll. Aber manchmal verdirbt Rationieren eben auch die ganze Freude.
So bin ich wieder unkonzentriert, als Kati ihre Errungenschaften auf den Bücherstapeln zur Präsentation arrangiert.
“Hier, riech mal. Mandelpeeling. Riecht wie Marzipan. Lecker”, sagt sie und schließt träumerisch die Augen.
Es riecht nicht wirklich nach Marzipan. Wie eine Warnung riecht es eben so nach Marzipan, wie WC-Ente nach Zitrusfrische duftet. Und mit WC-Ente würde ich mir schließlich nicht einmal dann den Rachen ausspülen, wenn ich eines Morgens im Bett neben Kati aufwachen sollte.
“Kind, du hast Alzheimer”, hat meine Mutter immer gesagt, wenn sie mir mal wieder ein Goofy-Pflaster auf die Nase kleben musste. “Ich hab dir schon tausendmal gesagt, dass du Kasimir nicht gegen den Strich bürsten sollst.”
Aber mit dem Gedächnis hat es nichts zu tun. Ich erinnere mich zum Beispiel ganz genau daran, dass "Milch und Honig" nicht gut war. Ich hatte es nicht einmal anders erwartet, denn es ist auch keine Dummheit im klassischen Sinne.
Und trotzdem, als Kati jetzt den Verschluss wieder zuschnappen lässt und eine ungeduldige Bewegung mit der Hand macht, um mich aus der Küche zu verscheuchen, weil es wieder Zeit zum Umschichten ist, weiß ich ganz genau, dass ich höchstens zwei Duschvorgänge widerstehen werde. Dann muss ich wieder spucken und mir den Schaum aus dem Mund spülen. Ph-neutral hin oder her.

 

Hallo Feirefiz,

“Kind, du hast Alzheimer”, hat meine Mutter immer gesagt, wenn sie mir mal wieder ein Goofy-Pflaster auf die Nase kleben musste. “Ich hab dir schon tausendmal gesagt, dass du Kasimir nicht gegen den Strich bürsten sollst.”
:lol:

Ich habe mich die letzten Tage ein wenig durch Deine Geschichten gelesen und sitze bei jeder mit einem mehr oder weniger breiten Lächeln vor dem Bildschirm. Bitte sag mir Bescheid, wenn Du Deinen ersten Roman fertig hast, das sollte ein Hornbyscher Genuss werden. Jede Deiner Geschichten liest sich wie das Kapitel eines Romans und man möchte einfach nur weiterlesen.

Du hast ein Talent, das nicht viele haben. Man spürt, dass Du die Menschen und das Leben eigentlich (mein Lieblings-Unwort :D) sehr gerne hast und machst aus ganz kleinen Dingen mit ganz reduzierten Mitteln, ohne stilistische Effekthascherei etwas Bleibendes.

Liebe Grüße
melisane

 

Hallo feirefiz!

Ehrlichgesagt werde ich aus der Geschichte nicht schlau. Ich hab sie jetzt drei Mal gelesen und nicht kapiert. Vielleicht bin ich nur zu doof oder ich steh auf der Leitung, keine Ahnung. Die WC-Ente hat irgendwas mit dem Protagonisten und Kati zu tun und einem Fehler, den er immer wieder macht, aber es macht nicht klick bei mir.
Dein Stil gefällt mir aber. Du schreibst auf jeden Fall sehr gut, ziemlich witzig und locker, das mag ich. Ich würde auch was Längeres von dir lesen. ;)
Also, die Geschichte würde mir gefallen, wenn sie ein wenig verständlicher wäre. Ich bin nicht dafür, dass dem Leser alles mundgerecht serviert wird, im Gegenteil, aber ein Tick mehr Hinweise wären schon gesund in dem Falle. :p Vielleicht gehts ja auch nur mir so.

Bisschen pingelig muss ich doch sein:

damit es keine Spinnweben gibt, und die Haaren,
Haare
Und ich sagte wirklich nichts und guckte auch gar nicht
Tempus: ich sage, gucke
“Pastateller”, sagt sie
Punkt. ;)
frage ich und versuche so nebenbei zu klingen
Du meinst sicher beiläufig, oder?
gegen die Spüle lehne und schweige, “haha,
Ehm, ich würde schreiben: ... und schweige. "Haha, ... "
manchmal verdirbt rationieren
Rationieren
wieder zuschnappen läßt
lässt
weiss ich ganz genau,
weiß

Ich habe fertig.

Liebe Grüße,
apfelstrudel

Achja ... was ist denn stratzelig? ;)

 

Hallo Apfelstrudel,

ist ja schoen, dass meine Geschichte zumindest stilistisch ueberzeugt. Nun ja, mit der Pointen-Erklaerei halte ich mich noch mal etwas zurueck und warte, ob da nicht andere Leser weiterhelfen koennen. Ich wollte eigenlich gar nicht besonders reatselhaft sein. Dass du das Geschehen nicht nachvollziehen kannst, spricht auf jeden Fall fuer Deine geistige Gesundheit.
Wenn's gar nicht mehr geht, sag Bescheid, dann gibt es Hinweise per PM. Ich will ja keinen vierten Lesedurchgang erzwingen, obwohl man an Ostern ja ruhig mal ein bisschen Suchen darf.

Zitat:
Und ich sagte wirklich nichts und guckte auch gar nicht
Tempus: ich sage, gucke
Har har! Nein, das war extra, weil es sich auf das bezieht, was er einen Moment vorher nicht getan hat.

Zitat:
frage ich und versuche so nebenbei zu klingen
Du meinst sicher beiläufig, oder?
Ja, genau das meine ich, fand ich aber langweilig :p

Alles, andere: Ja, wird sofort geandert.

Und stratzelig, so sehen Haare aus, wenn man im Pruefungsstress ist.

Hallo Melisane,

Bitte sag mir Bescheid, wenn Du Deinen ersten Roman fertig hast, das sollte ein Hornbyscher Genuss werden. Jede Deiner Geschichten liest sich wie das Kapitel eines Romans und man möchte einfach nur weiterlesen.
Arek hat ja schon verraten, dass "dann ist es Liebe" sich an einen Roman anlehnt, den ich vor fuenf Jahren geschrieben habe. Das Problem ist, dass ich immer nur so kleine Ideen habe, die einen laengeren Text nicht wirklich tragen wuerden, aber ich hoffe, da kommt bald mehr. Ich hatte jetzt naemlich auch fuenf Jahre Schreibpause.

Du hast ein Talent, das nicht viele haben. Man spürt, dass Du die Menschen und das Leben eigentlich (mein Lieblings-Unwort ) sehr gerne hast und machst aus ganz kleinen Dingen mit ganz reduzierten Mitteln, ohne stilistische Effekthascherei etwas Bleibendes.
Das ist ein sehr schoenes Kompliment, da es mir wirklich wichtig ist, nicht einfach nur zynisch zu sein. Da ist mir jetzt grad vorm Bildschirm ganz warm geworden, als ich das gelesen hab. Vielen Dank.

lg
feirefiz

 
Zuletzt bearbeitet:

*lach* ungefähr mit diesen Worten wollte ich Apfelstrudel vorhin noch einen Hinweis zur Auflösung der kleinen Pointe geben:

Ich wollte eigenlich gar nicht besonders reatselhaft sein. Dass du das Geschehen nicht nachvollziehen kannst, spricht auf jeden Fall fuer Deine geistige Gesundheit.

Wäre es zu viel geholfen, wenn ich behaupte, dass es eigentlich :D gar nicht kompliziert und geheimnisvoll ist und dass der Schlüssel zur Persönlichkeit Deines Prots in dem von mir in Beitrag #2 zitierten Textausschnitt liegt? ;)

Und, nein, dieser Text muss unbedingt so bleiben. Jeder weitere Hinweis würde die Leichtigkeit absolut kaputt machen. Als Autor muss man manchmal damit leben, dass nicht alle alles verstehen. Vielleicht verstehe ich den Text ja selber nicht? *g*

Liebe Grüße
melisane

 

Dass du das Geschehen nicht nachvollziehen kannst, spricht auf jeden Fall fuer Deine geistige Gesundheit.
Das ist gut zu wissen, aber jetzt fühl ich mich erst recht geistig zurückgeblieben. :D
Ehm, klar melisane, soweit habe ich es ja auch geschnallt, ich hab die ganzen Fäden aber ich kann den Knoten nicht finden, quasi. Ich glaubs zumindest.
Meine Interpretationsansätze schicke ich vielleicht mal per PM, falls ich völlig danebenliege muss das ja nicht gleich die Öffentlichkeit wissen. :D

strudel

 
Zuletzt bearbeitet:

So, jetzt habe ich doch noch zwei Hinweise eingebaut und hoffe, jetzt klappts. Ich wollte es ja nicht grundsaetzlich hermetisch machen, sondern bloss die Pointe nicht vor dem Schluss verraten.
Und noch eins zur WC-Ente: Die ist ja nicht pH-neutral.

Cheers
feirefiz

PS: nee, doch lieber nur einen

 

Hallo feirefiz,

ich habe deine Geschichte sehr gerne gelesen, auch wenn mir der Protagonist ein kleines Rätsel bleibt. Gefällt mir aber so!

Ich habe sie gelesen, bevor der Hinweis da stand, und eine Weile gebraucht, bis ich das Ende verstanden habe, dann war es aber plötzlich offensichtlich und hat mir sehr gefallen!

Ich würde den Hinweis allerdings wieder entfernen, so erscheint es mir zu plump.

Wenn es für einige andere noch unverständlich bleibt, vielleicht könntest du dann eher "Milch und Honig" ändern, in "Ingwer-Bambus" oder so...


Grüsse
Papierkugel

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Papierkugel,

danke fuer den Hinweis. Hab ich schnell geandert, bevor alles mit Plumpheit verdorben wird. Ich lass zwar Milch und Honig, weil es halt der Klassiker ist, uebernehm aber Deine tollen Gaensfuesschen.

Danke
feirefiz

 

Hey feirefiz,

ich will niemandem die gute Laune verderben, aber ... das ist keine Geschichte, sondern ein Text.
Ich finde er hat einen guten Ansatz, das mit der Frau da im Schneidersitz. Das ist so ein Protoyp und dann könnte man mit der Frau irgendwas anfangen, die könnte sich in irgendeine Richtung bewegen, aber das war's dann auch schon fast. Und es bleibt so eine simple Personenbeschreibung , klar, die Handlung, wenn man so will, ist dann das kleine Rätselspielchen mit der WC-Ente und ja, er poppt sie halt, okay, aber das macht noch keine Geschichte.

Gruß
Quinn

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Quinn,

okay, das mit eher Text als Geschichte stimmt je nach Definition wohl. Vor allem zeigt mir Deine Interpretation mit dem Poppen aber, dass der WC-Enten-Vergleich wohl zu stark ist. Das scheint bei den meisten haengenzubleiben und zu verwirren. Ich gehe jetzt einfach mal davon aus, dass das meine Schuld ist.
Der Prot hat keinen Sex mit seiner Mitbewohnerin. Es geht hier um das Mandelpeeling. Es riecht zwar genau so chemisch wie WC-Reiniger, im Unterschied zum WC Reiniger, den er nur in hoechster Not gurgeln (jetzt geaendert zu: ueberhaupt nicht gurgeln wuerde), reicht diese olfaktorische Warnung beim Peeling und auch bei "Milch und Honig" jedoch nicht aus.
Insofern ist der Text tatsaechlich nur eine mini-Handlung, die den Prot in seiner kleinen Verstoertheit charakterisiert, Dinge wider besseres Wissen ausprobieren zu muessen. Und Texte mit mini-Handlung, die ich je nach Ausfuehrung uebrigens sehr mag, habe ich *raeusper* in Deinem oeuvre auch schon entdeckt.

An der Beseitigung der Raetselhaftigkeit muss ich wohl tatsaechlich noch etwas feilen. Daher schoenen Dank fuer die Rueckmeldung

feirefiz

 

Yes

Hallo!

Eine symphatische Geschichte insgesamt, auch wenn ich sie ehrlich gesagt nach 2 mal lesen noch nicht ganz erfasst habe. Aber das macht nichts, weil man auch so was aus ihr ziehen kann, in ihr schwingt eine Sympathie mit - die mich an Tocotronic Zeilen erinnert, wohlgemerkt nur erinnert. d.h der Stil ist sehr authentisch und das Gefühl das der Inhalt vermittelt auch - auf jeden Fall keine marktstrategische Kunstgriffe. Deswegen würde ich dir auch nicht nahelegen sie zu vereinfachen, ich glaube ihre Rätselhaftigkeit und das unverkennbar Suggesitve machen eben den Reiz der Geschichte aus, erzeugen ja überhaupt erst das, was meiner Meinung nach gelungen ist. Was jedoch die Idee anbelangt einen ganzen Roman in so einem Stil zu schreiben, so würde ich davon abraten, aber alleine nur deswegen, weil ich absoluter Vertreter der Klarheit bin. Auf jeden Fall hat diese Geschichte nun nichts mehr mit der Alex Geschichte zu tun!

Grüsse
Arkadius

 

Hi Arek,

danke fuer das Lob. Allerdings bin ich jetzt mittlerweile doch recht verzagt und muss mich fragen: Was zum Kuckuck? Hat denn ausser mir tatsaechlich noch niemand ausprobiert, ob Mandelpeeling nicht doch nach Mandeln schmeckt? Hauptsaechlich nach Sand und Seife schon klar, aber nur so ein ganz klein bisschen nach Mandeln vielleicht? Die Antwort ist: Nein. Und Milch und Honig auch nicht. Und Ingwer Bambus muss ich noch probieren.

So, dahin habt ihr mich jetzt getrieben mit all eurer Sturheit: Da liegt der Wahnsinn nun blank.

feirefiz

 

mal eine Frage, weil ich glaube ich habe was nicht ganz richtig gemacht, hast du in den letzten fünf Tagen eine Nachricht von mir bekommen?

 

*lach* feriefiz,

Du solltest die Sache so sehen. Wer sich noch niemals diese Gedanken gemacht hat, der wird den Charme der Geschichte auch nicht herauslesen können, wenn Du das Rätsel erzählerisch auflöst.

Ist jetzt nicht abwertend gemeint. Jeder hat halt so seinen eigenen Fetisch. :D

Mit Schaum vor dem Mund:aua:
melisane

 

Jetzt mal Hand auf's Herz, Melisane. Ich weiss, dass das jetzt nachdem wir festgestellt haben, dass man es nur versteht, wenn man selbst verrueckt ist, einem outing gleichkaeme, aber ich wuesste doch gerne, ob Du es direkt so verstanden hast.

Hallo Arek,
Du machst alles richtig. Antwort kommt.

feirefizzz

 

Hi feirefiz,

ich bin in einem Alter, wo man sich hemmungslos outen kann, weil einem fast nix mehr peinlich ist. Ich habe es direkt so verstanden. Als Kind war ich auch immer der orale Typ und habe öfter mal Schaum und anderes gespuckt. *ggggggg*

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo feirefiz,
Hier mein unkonstruktives, kurzes und ratloses Kommentar:

Das Faszinierende für mich an dieser Geschichte ist, dass sie offensichtlich etwas erzählt – aber was? Es scheint aber Leute zu geben, die’s verstehen.


Gruß
Kasimir

PS 1: Das mit der WC-Ente bleibt tatsächlich hängen – find ich auch gut.
PS 2: OK, jetzt hab ich die Erklärung gelesen. Trotzdem: Was ist eine Bläschenfolie?

 

@ Kasimir

OK, jetzt hab ich die Erklärung gelesen. Trotzdem: Was ist eine Bläschenfolie?

Das glaub ich jetzt nicht! Hast du nie mit Begeisterung diese Verpackungsfolien ... du weißt schon ... es knallt so schön, wenn die Luftblasen ... und wenn man mal angefangen hat, kann man nicht mehr aufhören ... :D

Ich würde mich nicht wundern, wenn ich meinen Kindern langsam peinlich würde *gggggg*

 

habe ich ja nie verstanden. Wie kann man sowas toll finden? Bläschenfolie :D lol

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom