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Copywrite Wasserrüben brauchen Salz (Schnellschussduell)

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26.05.2008
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Wasserrüben brauchen Salz (Schnellschussduell)

Hier zum Original: Makitas "Nacht im Pulverturm"


Sie war jetzt seit fünf Jahren die Frau des Spielemachers, doch davon hatte sie nichts als Wasserrüben. Wenigstens die Rüben gewannen über die Jahre an Schärfe: schmeckten sie zu Anfang noch fade, so trieben sie jetzt Tränen in ihre Augen.
Jeden Abend aßen sie weiße Wasserrüben und dunkles Brot. Falls ihn diese Eintönigkeit störte, so beklagte er sich zumindest nie darüber. Sie beobachtete ihn verstohlen durch einen Tränenschleier, wie er da im Flammenschein saß, die Ellenbogen auf dem Küchentisch. Sein goldener Schopf schimmerte im Kerzenlicht. Selten redete er, dann schimpfte er über die Leute aus dem Dorf und über seine Arbeit. Er redete bitter, aber nicht unbedingt mit ihr. Meist sprach er nicht mal in ihre Richtung.
„Pettka kommt morgen“, sagte er. „Ich will mein neues Spiel mit ihm ausprobieren. Er begreift es nicht, glaube ich. Die Regeln sind wahrscheinlich zu schwer. Jedenfalls kommt Pettka.“ Damit stand er auf und ging zu Bett. Sie saß noch eine Weile am Tisch, blinzelte die Tränen weg und dachte. Pettka, dachte sie, aha. Vielleicht ist noch von dem roten Bier da, das trinkt Pettka ja gerne, bevor er die Regeln nicht begreift und das Spiel verliert.
Früh am Morgen verließ der Spielemacher die Hütte und kletterte zu seinen Spielzeugen hinauf. Seine Werkstatt versteckte sich in einer Trauerweide weiter oben am Bach. Die Leiter in den Baumwipfel war die längste, die man in der Gegend je gesehen hatte. Die Frau des Spielemachers war noch niemals da hochgestiegen. Sie kniete meist in dem Rübenbeet hinter der Hütte und jätete Unkraut. Saftiges Gras bedeckte den ganzen Hang und überwucherte auch hellgrün ihr kleines Beet, in dem sonst fast nichts wachsen wollte. Nur die Wasserrüben, genährt von dem vorbeisprudelnden Bach, gediehen prächtig.
Am Nachmittag kamen die Kinder aus dem Dorf. Der Spielemacher stieg die Leiter hinab, neue Spielzeuge im Arm und frisch ausgedachte Rätsel im Kopf. „Hier hab ich sechs Zweige, genau gleich lang. Wer kann daraus vier gleiche Dreiecke bilden?“ Die Kinder untersuchten das neue Spielzeug. Sie hatten von ihren Eltern gelernt, dem Spielemacher nicht zuzuhören. „Was ist das?“, fragte er wieder. „Es läuft den ganzen Tag von hier zum Dorf und bleibt doch immer neben meinem Baum?“
Die Frau des Spielemachers lächelte, als sie zu dem gurgelnden Wasser hinübersah. Die Kinder tobten entlang der Uferböschung, spielten Verstecken und Fangen und versuchten, sich gegenseitig die beliebtesten Spielzeuge abzujagen. Gerade war es aus irgendeinem Grund ein hölzerner Kreisel. Ein kleiner Junge hatte ihn ergattert und wurde nun von einem Pulk größerer Kinder regelrecht niedergerannt. „Genug, das reicht jetzt!“, ging der Spielemacher lachend dazwischen. Abends war er traurig, weil sich niemand für seine Rätsel interessierte, aber mit den Kindern konnte er einfach nicht böse sein. „Ich werde jedem von euch einen Kreisel schnitzen, ja?“
Seine Frau beobachtete ihn heimlich. Sie begann eben wieder nach den Rüben zu graben, als sie die Stimme ihres Mannes hörte: „Was spricht nicht, denkt nicht, und ist doch ein Mensch?“ Ihr ganzer Körper wurde starr. In solchen Momenten hasste sie seine Stimme, hasste ihn. Das Blut schoss ihr ins Gesicht. Mit einer eckigen Bewegung riss sie zwei Rüben aus der Erde, sprang auf und lief ins Haus.
Als er später zu ihr kam, schälte sie gerade die Rüben. „Du kannst ja nichts dafür“, sagte er. Der Hohn war wieder verschwunden, dennoch sprach er sie nicht an, sondern redete in den leeren Raum hinein. „Wenn deine Eltern nicht darauf bestanden hätten, hätte ich dich nie geheiratet. Sie müssen blind gewesen sein, ein Kind wie dich ausgerechnet mir altem Sack aufzudrängen.“ Er zuckte die Achseln. „Naja, jetzt ist das so. Damit muss ich leben. Das einzige Kind, mit dem ich nichts anfangen kann, ist meine Frau“, stellte er fest und schlug ihr auf die Schulter. „Schade.“
Das Rübenmesser glitt von dem Gemüse ab und schnitt ihr tief in die Hand. Blutstropfen färbten das weiße Fruchtfleisch der Rübe, aber der Spielemacher war schon wieder hinausgegangen.

„Nein, das geht nicht. Warum sollte dein Bauer meinen König schlagen? Ein Bauer kann niemals einen König schlagen, das weißt du doch.“ Pettka kratzte sich den Kopf.
Der Spielemacher stöhnte. „Es ist ein Spiel. Die Bauern zeigen keinen Respekt vor den höheren Figuren. Sie ziehen zwar nicht so mächtig, aber die Figuren sind alle gleichbedeutend. Du musst deinen König von diesem Feld in Sicherheit bringen, mein Bauer bedroht dieses Feld.“
Pettka stützte das Kinn in die Hand. „Wenn das unser König wüsste“, bemerkte er missmutig, aber er bewegte die königliche Holzfigur höflich zur Seite. Wenige Minuten später war das Spiel trotzdem vorbei. „Du verstehst den Witz dabei einfach nicht, oder?“, fragte der Spielemacher.
„Kann sein“, brummte Pettka, „zumindest hab ich noch keinen Gaul über Eck laufen sehen. Was soll das also?“ Er tippte sich an die Mütze, murmelte noch etwas vor sich hin und verschwand dann hinaus in die Nacht. Der Spielemacher blickte ihm nach. Seine Frau legte noch zwei Scheite Holz aufs Feuer, sie hätte gerne etwas gesagt. Sie hätte gerne gesagt, wie tröstlich sie es fand, dass die Figuren alle gleichermaßen wichtig sein sollten. Sie hätte gerne gesagt, dass ihr dieses Spiel vielleicht gefallen könnte. Der Spielemacher trat gegen den Tisch, so dass die Figuren auf dem Spielbrett wild durcheinanderflogen.
„Weißt du, vielleicht brauche ich einfach jemanden, der …“ Weiter kam er nicht. Er lehnte in der Küchentür und sah wütend aus. „Ach, egal.“ Schweigend stapfte er fort zu seiner Werkstatt.

Manchmal war er für Tage verschwunden, nicht in seine Werkstatt, sondern einfach irgendwohin. Obwohl sie sich Sorgen darüber machte, roch er nie nach anderen Frauen, wenn er zurückkam. Dabei wusste sie ganz genau, dass ihm die Frauen aus dem Dorf hinterherstarrten.
Tatsächlich folgte er nur den Fällern in den Wald, um Holz für seine Spielzeuge auszuwählen. Es traf sie wie ein Schlag, als Pettka schreiend gelaufen kam: Es hätte einen Unfall gegeben, eine Axt war ... Sie rannten den Weg ins Dorf hinunter, immer längs des Baches. Der Dorfeingang lag am anderen Ufer. Hier war der Bach so weit, dass sie eine Seilfähre benutzen mussten, um hinüberzugelangen. An dem Seil hangelnd, zog Pettka das Floß über schäumendes Wasser, während sie den Stoff ihres Rockes zerwühlte. Ihre Lippen waren ein blasser Strich, sie konnte nicht mehr denken, nicht noch mehr Angst haben.
Sie fanden den Spielemacher auf dem Marktplatz. Er lag auf dem Boden, eine Gruppe Leute stand schnatternd, aber ansonsten untätig um ihn herum. „… muss aus der Sonne raus … sollten ihn ins Gemeindehaus bringen …“
Sie sah auf ihren Mann hinab, der Arzt hatte den Stumpf schon verbunden, der einmal ein Arm gewesen war. Wahrscheinlich würde sich fortan keine Frau mehr nach dem Spielemacher umdrehen. Er wirkte schmal – war er schon immer so klein gewesen?
„Nein“, sagte sie plötzlich, ruhig und in einer Weise, die keinen Widerspruch duldete. Sie kniete neben ihm nieder und berührte das blonde Haar dort, wo es vom Blut verklebt war. „Er wird das vielleicht nicht überleben. Bringt ihn nach Hause. Wenn er sterben muss, dann bei uns.“
Seine Augen öffneten sich überrascht beim Klang ihrer Stimme, die er noch nie gehört hatte.
Die Holzfäller trugen den Spielemacher aus dem Dorf. „Könnt ihr ihn den Baum hochbekommen?“, fragte Pettka, als sie unter der Weide standen. „Er hat oft gesagt, dass er lieber in seiner Werkstatt sterben als hier unten leben würde.“ Die Fäller äugten misstrauisch zu der Leiter.
„Nein“, entschied die Frau des Spielemachers. „In seine Werkstatt schafft er es jetzt nicht mehr. Bringt ihn ins Haus.“
Die Holzfäller legten den Verwundeten vorsichtig auf sein Bett, nickten seiner Frau verlegen zu und verließen dann eilig die Hütte. Sie setzte sich zu ihrem Mann auf die Bettkante. Aus ihrer Rocktasche holte sie sechs Zweige, genau gleich lang. Geschickt steckte sie die Hölzchen zu einer kleinen dreieckigen Pyramide zusammen, die sie ihm hinhielt. Der Spielemacher sah seine Frau entgeistert an, dann verlor er das Bewusstsein.

„Ich hab mir gedacht, wir könnten zur Feier des Tages eins von deinen Spielen spielen - zusammen, meine ich.“ Sie winkte mit dem karierten Holzbrett, als sie in die Küche kam.
Es war das erste Mal, dass er wieder am Tisch sitzen konnte. Der Spielemacher blickte auf und lächelte schwach, als sie die Figuren aufstellte. „Du, die Regeln, die sind ein bisschen …“
„Schon gut“, unterbrach sie ihn fröhlich. „Ich war dabei, als du sie Pettka erklärt hast – jeden Tag. Ich hab sie mittlerweile begriffen.“
Sie spielten, sie gewann. Dreimal. „Wer immer die Felder in der Mitte des Spielfelds beherrscht, dominiert übrigens das Spiel. Vielleicht werd ich mich kurz ums Abendbrot kümmern“, erklärte sie beiläufig. Sie erhob sich, eine kleine Melodie summend, öffnete Küchenschränke und klapperte mit dem alten Geschirr. Er folgte ihr verblüfft mit den Augen. Zögernd lehnte er sich zurück. Sie strich Butter auf ein Stück Brot und reichte ihm einen Teller mit Rübenscheiben.
„Weißt du, die schmecken viel besser, wenn man etwas Salz drüberstreut“, sagte sie und zwinkerte ihm zu.

 
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Ich rechne fest mit dem Vorwurf, ich hätte die copywrite Regeln nicht eingehalten, aber Leute, ich hab einen Haufen gute Ausreden, warum das hier doch ein okayes copywrite ist. Das ist alles zümbolisch aufzudröseln et voilà - da findet sich verschlüsselt nicht nur die Bahnfahrt, sondern auch der Evolutionssimulator wieder.
(Ganz abgesehen natürlich von all den anderen Anspielungen, und was zwischen den beiden Protagonisten passiert, ist einigermaßen deckungsgleich mit dem Original - oder zumindest ähnlich. Allerdings hab ich den Charakter der Erzählstimme aus dem Original ein bisschen verbogen, und bei mir ist diese Figur eindeutig eine sie.)

Viel Spaß :)

 

Hallo Moechtegern,
das ist eine ziemlich fuerchterliche aber auch schoene Geschichte, den sie geht ja gut aus. Die Frau rettet ihrem Mann das Leben, weil sie seine Einsamkeit durchbricht und seine Spiele versteht. Ich sehe sofort, dass das eine absolut regelkonforme Adaptation ist, weil ich Makitas Themen in ihr erkenne, und es umso besser finde, dass Du sie in eine voellig neue Geschichte gekleidet hast.
Die Einsamkeit des Spielemachers und das Aneinandervorbeileben der beiden schneiden mir ins Herz, und das soll auch so sein. Der Ton ist leicht maerchenhaft aber auch fein ironisch, wie hier,

Vielleicht ist noch von dem roten Bier da, das trinkt Pettka ja gerne, bevor er die Regeln nicht begreift und das Spiel verliert.

Mit den zuembolen guck ich nochmal, schreib ich dann drunter.

Ich wuerde sagen, in Punkto Geschwindigkeit hast Du echt verloren, aber in Punkto Adaptation habt ihr gleichgezogen.

Eine schoene Geschichte!

lg
fiz

 

Guten Abend, Möchtegern,
ich hab die Zümbolik gesehen, und wenn ich auch meine Geschichte kaum wiedererkannt habe, hat sich doch der Held gleich angefühlt, wenn Du verstehst, was ich meine (kryptischer Metaebenenalarm, die Einsamkeit und so).
Ich war auf jeden Fall ganz verdattert, was Du da geschmiedet hast.
Da ich kein Regelfrenet bin, im Gegenteil grenzüberschreitendes Hirntum schätze und mir Deine Geschichte sehr gut gefällt, kauf ich sie sofort.
Schöne, seltsame, traurige Geschichte!
Lieben Gruß,
Makita.

 

Hallo feirefiz,

das freut mich, dass du die Geschichte fürchterlich-schön fandest, deine Interpretation entspricht meinen Absichten :)
Eigentlich sollte der Ton nicht nur leicht märchenhaft sein, sondern märchenhaft - da macht sich bei mir die mangelnde Übung bemerkbar, schätze ich. Ironie, gelegentlich Sarkasmus, scheinen so tief in mir verwurzelt zu sein, die schleichen sich wohl immer in meine Geschichten. In der hier seh ich sie nicht mal mehr selbst, ich war echt der Meinung, das ist meine erste rein ernsthafte Geschichte. Hm.
In Punkto Geschwindigkeit werd ich wohl auch immer verlieren, regelrecht unheimlich, wie sich hier so mancher gut lesbare Geschichten aus dem Ärmel schüttelt. :D

Gute Nacht Makita,

dass du deine Geschichte kaum wiedererkannt hast, wurmt mich ein bisschen. Ganz ehrlich, ich hab ein Haufen Zeug der Vorlage hier reingepackt und war sicher, du würdest es wiederfinden. Okay, die meisten Sachen sind jetzt irgendwie von ganz weit draußen reingeschleift (zum Beispiel das Seil des Zynismus, an dem sich dein Original über würdelose Abgründe langhangelt, das findet sich hier nur in dem Seilfährenseil, mit dem man sich übers Wasser hangelt - da prügel ich das metaphorische Seil in ein tatsächliches hinein, aber ich dachte, ... naja nee, hast wohl recht, is alles viel zu verkryptologisiert).

Aber wenn die Geschichte wirklich so auf dich gewirkt hat:

Schöne, seltsame, traurige Geschichte!
Dann hätt ich's gar nicht besser machen können, so hab ich das Original nämlich auch gelesen gehabt.

 

Hey Möchtegern

Klar ist das eine Copywrite-Geschichte. Ich kann die Charaktere deutlich sehen, die beim Original auch das Zentrum gebildet haben. Die Handlung wird beim Original aufgrund der starken Figurenpräsenz einwenig in den Hintergrund gedrängt, hier ist beides da. Eine starke Handlung und starke Figuren, beides zusammen ergeben deine Geschichte. Mir hat besonders die Frau gefallen, der Typ war undurchdringlich, unsympathisch, fühlte sich zu sehr erhaben, teilweise entwürdigte er seine Frau, mit einem Wort: ein Arsch! (okay, das waren zwei Wörter)
Nun ja, das passt aber zu dem Märchenhaften, was du erzeugen wolltest, also diese klaren Rollenverteilungen. Der Mann hat da noch die Hosen an, die Frau, viel zu zurückhaltend und harmoniesüchtig, als dass sie sich mit ihm anlegen könnte. Diese krassen Gegensätze haben mir gefallen und das habe ich auch bei Makita gefunden. Also durchaus gelungenes Copywrite und eine Geschichte, die mir gefallen hat.

JoBlack

 

Hallo Möchtegern,

ich finde das ganze als sehr wohl regelkonform. Sehr vieles war wiedererkennbar und .... (jetzt wird mich Makita steinigen) um einiges besser als das Original war es auch.
Schöner Märchenton und so wehmütig (Hach!)
Jawoll, gefiel mir ausgezeichnet.

lg
lev

 

Hallo Möchtegern!

weg und dachte.

Und dachte nach, oder sie überlegte.

Die Kinder lachten und schüttelten die Köpfe. Die Leute unten im Dorf schüttelten auch meist die Köpfe über die Ideen des Spielemachers.

Da wird mir ein wenig viel geschüttelt.

„Genug, das reicht jetzt!“, ging der Spielemacher lachend dazwischen.

"sagte er lachend und ging dazwischen."

Ich hab schon einen Kommentar geschrieben, aber seltsamerweise ist der verschwunden. Gut, dann schreib ich eben nochmal.

Deine Geschichte gefällt mir sehr gut. Man fühlt sich in das Märchen hineingezogen, die Sprache passt sehr gut zum Thema. Und - ja, mir gefällt es auch besser als das Original. Lev, schau, wir werden zu zweit gesteinigt. :)

Schöne Grüße,

yours

 
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Hey, Ihr!

wir werden zu zweit gesteinigt.
Wie werd ich denn! Weibsvolk ist doch zur Steinigung gar nicht zugelassen.
Ich wollte hier nur mal betonen, daß ich mit der Aussage, ich hätte meine Geschichte kaum wiedererkannt, nicht gemeint habe, das sei keine richtige Copywritegeschichte. Da sind doch tonnenweise Zümbolik und Bilder, die hab ich ja auch alle wiedererkannt. Es war halt die erste, die ich hier las (die, die ich schrub, zählt ja da nicht), und ich hatte irgendwie gedacht, daß diese Geschichten sicher alle sehr nah am Original sein würden, was weiß ich, was ich gedacht hatte. Ich hab mir zuerst nichtmal die Regeln durchgelesen gehabt habt, so ein Ignorant bin ich.
Zudem möchte ich noch ganz frech behaupten, daß es mich ehrt, wenn jemand aus einer meiner Geschichten etwas macht, das jemand anders dann besser als das Original findet. Zumindest fühlt es sich so an. Ich hab diese Wasserrübengeschichte jetzt schon xmal gelesen, und sie rührt und freut mich jedesmal. Als ich z.B. gestern in meinem Garten ... aber was red' ich.
Aus all den Steinen könnten wir ja auch ein prima prima Steinmännchen bauen.
Liebe Grüße!
Makita.

 

bin gerade ziemlich im stress und ich schulde euch allen noch kommentare unter euren geschichten, wollt mich nur kurz melden und sagen, dass mich das echt freut (ich find das hier nicht besser oder schlechter als das original, das eine ist halt makitas geschichte und das hier ist meine, makitas geschichten leben immer viel mehr von ihrer schreibe, ich muss mit handlung oder irgendwas davon ablenken, dass die bei mir noch nicht so viel "kraft" hat).
yours, ich geh auch nochmal in den nächsten tagen über den text drüber. da ist auch zuviel "lachen" und lächelte drin und so. danke schon mal!

 

Hallo Möchtegern!

Sie war jetzt seit fünf Jahren die Frau des Spielemachers, doch davon hatte sie nichts als Wasserrüben. Wenigstens die Rüben gewannen über die Jahre an Schärfe: schmeckten sie zu Anfang noch fade, so trieben sie jetzt Tränen in ihre Augen.
Die Wasserrüben werden hier als Symbol für das, was zwischen den Eheleuten nicht stimmt, eingeführt, für das Unglück der Frau. Das Bild mit den Wasserrüben wird mir hier zu sehr aufs Aug gedrückt, und es stellt sich bei mir auch eine falsche Assoziation ein: "Wasserrübe", und noch dazu weiße, klingt nach einem unglaublich fade schmeckenden Gemüse, aber es ist ja nicht die Langeweile, die die Frau unglücklich macht, sie langweilt sich nicht, vielmehr weint sie den ganzen Tag, was seltsam ist und tatsächlich nach einer Märchenfigur klingt.
Früh am Morgen verließ der Spielemacher die Hütte und kletterte in seine Werkstatt hinauf. Seine Werkstatt war in dem Wipfel einer Trauerweide weiter oben am Bach
Wie wär´s mit einem Nebensatz, um die unschöne Wortwiederholung zu vermeiden? ;)
Sie kniete meist in dem kleinen Gemüsegarten hinter der Hütte und jätete Unkraut. Wachsen wollte in der matschigen Erde nicht viel, nur die Wasserrüben gediehen prächtig und behaupteten sich sogar gegen das wuchernde Gras, das hellgrün und saftig den ganzen Hang bedeckte.
Dass in steiniger oder sandiger Erde nicht viel wächst, ja, davon hab ich schon gehört, aber in matschiger? Noch dazu scheint ja das Gras prächtig zu wachsen ...
den Arm voll mit neuen Spielzeugen und den Kopf voll mit frisch ausgedachten Rätseln.
besser: den Arm mit neuen Spielzeugen voll und den Kopf mit frisch ausgedachten Rätseln
Am Abend würde er wieder traurig, weil sich niemand für seine Rätsel interessierte, aber den Kindern konnte er einfach nicht böse sein.
Am Abend würde er wieder traurig werden ...
"Was spricht nicht, denkt nicht, und ist doch ein Mensch?“ Ihr ganzer Körper wurde starr. In solchen Momenten hasste sie seine Stimme, hasste es, wenn er höhnisch wurde, hasste ihn, wenn er so etwas tat. Das Blut schoss ihr ins Gesicht. Mit einer eckigen Bewegung riss sie zwei Rüben aus der Erde, sprang auf und lief ins Haus.
Es wäre besser, wen du einfach nur sagen würdest: In solchen Momenten hasste sie ihn. Du solltest es dem Leser überlassen, dass er erkennt, dass das höhnisch ist, oder noch eigenartiger, dass du das extra sagst "wenn er so etwas tat" - der Leser weiß, dass das ein Tun ist. Ansonsten ist das eine schöne Stelle, die nichts Märchenhaftes mehr an sich hat. Das Kommunikationsproblem liegt ja eindeutig bei ihr. Eine Frau, die den ganzen Tag nur weint und sich mit ihren Scheiß-Rüben beschäftigt, wie soll man so jemanden schon behandeln, jetzt mal zynisch gesprochen. ;) Dass er immer nur in den leeren Raum hinein redet, ist ja auch kein Wunder, wenn sie ihm nie antwortet. Und an der Stelle wird sie endgültig zum duldenden Opfer stilisiert, auch das ein Zeichen von Heimatromanen, die Frau als stille Dulderin:
Naja, jetzt ist das so. Damit muss ich wohl leben. Das einzige Kind, mit dem ich nichts anfangen kann, ist meine Frau“, stellte er fest und schlug ihr auf die Schulter. „Schade.“
Das Rübenmesser glitt von dem Gemüse ab und schnitt ihr tief in die Hand. Blutstropfen färbten das weiße Fruchtfleisch der Rübe, aber der Spielemacher war schon wieder hinausgegangen
Tatsächlich folgte er nur den Holzfällern in den Wald, um Holz für seine Spielzeuge auszuwählen.
Vorschlag, um Wortwiederholung zu vermeiden: um Material für seine Spielzeuge auszuwählen
schnatternd aber ansonsten untätig um ihn herum.
Komma: schnatternd, aber ...
Er wirkte schmal – war er schon immer so klein gewesen?
Das wundert mich nicht, bei der Kost! :D
Seine Augen öffneten sich überrascht beim Klang ihrer Stimme, die er noch nie gehört hatte.
vom Klang ihrer Stimme
Die Holzfäller legten den Verwundeten vorsichtig auf seinem Bett ab
warum nicht einfach: "auf sein Bett"?
Die Holzfäller legten den Verwundeten vorsichtig auf seinem Bett ab, nickten seiner Frau verlegen zu und verließen dann eilig die Hütte. Sie setzte sich zu ihrem Mann auf die Bettkante. Aus ihrer Rocktasche holte sie sechs Zweige, genau gleich lang. Geschickt steckte sie die Hölzchen zu einer kleinen dreieckigen Pyramide zusammen, die sie ihm hinhielt. Der Spielemacher sah seine Frau entgeistert an, dann verlor er das Bewusstsein.
jo, das wundert mich nicht ... ;)

Ja, es könnte eine schöne Geschichte werden mit dem unverstandenen Genie und seiner stummen und dummen Frau, die ihm in Wirklichkeit aber doch gewachsen ist, sich aber aufgrund ihrer Jugend bis zum Unfall nicht traut, etwas zu sagen. Die Geschichte wirkt noch etwas halbgar und uninspiriert, du hast zu schnell geschossen anscheinend. ;) Es sind einige Stellen drinnen, die irgendwie blöd sind, tschuldigung, zum Beispiel, das mit dem Bachrätsel: Das müssen schwachsinnige Kinder sein, die das nicht erraten. Und dann der Wunsch der Dorfbewohner, ihn, den Schwerverletzten, in seine Werkstatt im Baum zu bringen. Wie blöd ist DAS denn? Das sind doch keine Schildbürger, oder? Und dann das Ende, die symbolhafte Ansage der Frau, dass ab jetzt Salz auf die Rüben kommt, als Zeichen dafür, dass es jetzt in ihrer Beziehung auch schmackhafter wird. Was für ein toller Einfall der Frau, wirklich, fades Gemüse zu salzen ... Die Frau wirkt auf mich stellenweise tatsächlich schwachsinnig, auch da, als sie einfach beginnt, die Rätsel ihres Mannes zu lösen, als er schwerstverletzt vor ihr liegt, ihr ständiges Weinen. Sicher, der Unfall ist der heilsame Schock, der den Umschwung herbeiführt, aber dass sie dann auf einmal die kluge Frau ist, die selbst ihn beim Schach schlägt und das es völlig durchschaut, wirkt sehr unglaubwürdig. Das müsstest du noch viel besser vorbereiten, du müsstest diesen Umschwung vorher auf sinnliche Weise zeigen, nicht erzählen, was in ihr vorgeht und und vor allem ihren Wunsch, endlich zu sprechen, motivieren. Du hast es mit der Fähre versucht, aber auch die Stelle wirkt etwas wie ein Fremdkörper in der Geschichte, oder besser gesagt: ihre Panik wird mir durch die Einführung der Fähre nicht deutlicher, du müsstest da gar nicht so große Geschütze auffahren. Ein bisschen wirkt auf mich die Geschichte wie diese alten Heimatfilme, in denen auf die Katastrophe das alles auflösende Happy End folgt. Du hast dich nicht wirklich zwischen Märchen und psychologischer Beziehungsstudie entscheiden können, ja vielleicht würde das sogar sehr gut zusammengehen, aber beide Schwerpunkte müssten noch besser akzentuiert werden.
Die Figur des Spielemachers als auch die Figur der Frau wirken auf mich noch etwas zu widersprüchlich, als dass sie glaubwürdig sein könnten.

Gruß
Andrea

 

Hi Andrea,

den Kleinkram hab ich schon geändert. Viele deiner Hinweise waren echt hilfreich, andere hab ich (noch) nicht eingesehen ;)

Was meinst du damit, das Bild mit den Wasserrüben wird dir zu sehr aufs Auge gedrückt?
Das mit der falschen Assoziation tut mir leid, aber das entzieht sich ja irgendwie meiner Kontrolle. Ich denke bei Wasserrüben eher an Rettiche, Radieschen, ... die können, je nach Sorte, erschreckend scharf sein. Jetzt Rettich zu schreiben wär meiner Meinung nach ein schlechter Tausch, das assoziiere ich nämlich mit Blähungen, und das find ich atmosphärisch gesehen ganz ganz ungünstig für den Text.
Das die Frau den ganzen Tag weint, hast du irgendwie reingelesen. Das steht da nicht.

Wie wär´s mit einem Nebensatz, um die unschöne Wortwiederholung zu vermeiden?
Ist geändert, zwar nicht mit Nebensatz, ist aber geändert.

Dass in steiniger oder sandiger Erde nicht viel wächst, ja, davon hab ich schon gehört, aber in matschiger? Noch dazu scheint ja das Gras prächtig zu wachsen
Ach, ich dachte, wenn die Erde zu nass ist, könnten bestimmte Wurzeln/Knollengewächse irgendwie drin verfaulen - aber bevor ich da diskutiere ohne Ahnung zu haben, hab ich's umgeschrieben.

besser: den Arm mit neuen Spielzeugen voll und den Kopf mit frisch ausgedachten Rätseln
Fand ich auch nicht so toll. Ich hab jetzt eine dritte Variante, die ich auch nicht nonplusultra finde, aber im Moment noch am besten.

Es wäre besser, wen du einfach nur sagen würdest: In solchen Momenten hasste sie ihn. Du solltest es dem Leser überlassen, dass er erkennt, dass das höhnisch ist, oder noch eigenartiger, dass du das extra sagst "wenn er so etwas tat" - der Leser weiß, dass das ein Tun ist.
Ist geändert, wobei der Hohn später doch noch auftaucht. Ich weiß nicht, wie soll man beim Lesen sonst auf die Idee kommen, der Spielemacher redet gerade von seiner Frau? Das mit dem "so etwas tun" sollte ein Hinweis sein, dass das häufiger vorkam. Aber ist auch raus.

Autsch, übrigens. Ich hab zwar noch nie einen Heimatroman gelesen, aber wenn die ein bisschen so sind, wie ich mir die vorstelle, dann ist der Vergleich mit denen glaub ich ein ganz bösartiger ;)

Vorschlag, um Wortwiederholung zu vermeiden: um Material für seine Spielzeuge auszuwählen
Material wollt ich nicht benutzen, aus demselben Grund, aus dem ich nicht "Tetraeder" schreiben wollte. Ich hab vorhin von wikipedia gelernt, dass man früher Holzfäller auch "Fäller" genannt hat. Das löst das Problem mit der Wortwiederholung auch.

Das wundert mich nicht, bei der Kost!
Ach Mist, dass ihr jetzt auffällt, wie schmal und klein er körperlich eigentlich ist, sollte etwas anderes bedeuten. Naja, dann hat der bei dir halt nicht geklappt.

vom Klang ihrer Stimme
Komisch, das erscheint mir falsch. Obwohl ich jetzt nicht sagen kann, wieso. Jedenfalls hab ich meins stur nicht geändert :D
Das mit dem Bett ist aber wieder gekauft.

jo, das wundert mich nicht
Äh, was jetzt?

Die Geschichte wirkt noch etwas halbgar und uninspiriert, du hast zu schnell geschossen anscheinend.
Find ich gut, schieben wir die ganzen schlechten Stellen nicht etwa darauf, dass ich das nicht kann, sondern darauf, dass ich nicht genug Zeit hatte, höhö.

zum Beispiel, das mit dem Bachrätsel: Das müssen schwachsinnige Kinder sein, die das nicht erraten.
Nö, das kommt ja wohl darauf an, wie alt die Blagen sind. Und darüber hab ich ja nix gesagt, ich Fuchs. Umgebogen hab ich das trotzdem um dem Vorwurf zu entgehen.

Und dann der Wunsch der Dorfbewohner, ihn, den Schwerverletzten, in seine Werkstatt im Baum zu bringen. Wie blöd ist DAS denn?
Okay, dabei hatte ich mir aber was gedacht. Nur halt blöd geschrieben. Vielleicht ist das jetzt verständlicher.

Und dann das Ende, die symbolhafte Ansage der Frau, dass ab jetzt Salz auf die Rüben kommt, als Zeichen dafür, dass es jetzt in ihrer Beziehung auch schmackhafter wird. Was für ein toller Einfall der Frau, wirklich, fades Gemüse zu salzen
Hm, hier war ich völlig uneinsichtig. Da die Frau diese symbolhafte Ansage ganz bewusst macht (wieso sonst ihr Augenzwinkern?), finde ich das nicht schwachsinnig von ihr.
Möglicherweise hänge ich aber auch nur an diesem Schlusssatz, weil mein grandioser erster Schlusssatz ("am Abend streute sie ihm Salz auf seine Rübe") noch viel viel mieser war ;)

Die Frau wirkt auf mich stellenweise tatsächlich schwachsinnig, auch da, als sie einfach beginnt, die Rätsel ihres Mannes zu lösen, als er schwerstverletzt vor ihr liegt, ihr ständiges Weinen.
Gut, muss ich so hinnehmen, wenn es schwachsinnig ankommt. Ständiges Weinen kommt in der Geschichte aber nicht vor. Auch das Rätsellösen muss ich verteidigen. Immerhin muss sie annehmen, dass ihr Mann jeden Moment stirbt. Ich finde, das Rätsel ist ein wirksames Mittel, "sich zu erkennen zu geben". Was sie damit bezweckt, ob es eine kleine Rache ist oder sie hofft, ihn damit zu trösten, sei mal völlig dahingestellt.

Die Figur des Spielemachers als auch die Figur der Frau wirken auf mich noch etwas zu widersprüchlich, als dass sie glaubwürdig sein könnten.
Ich denk drüber nach. Wenn du mit unglaubwürdig meinst "unrealistisch" - ja, ganz sicher, es ist keine Alltagsgeschichte. Aber ob der Umschwung der Frau wirklich früher vorbereitet sein müsste ... hm, ich bin noch skeptisch.
Inwiefern ist der Spielemacher unglaubwürdig?
Vielleicht muss ich mit der Fährfahrt noch irgendwas machen, die sollte nämlich auch eigentlich was anderes als das, was du dachtest, dass die sollte - äh, du verstehst?

Vielen Dank fürs Lesen und den Kommentar!
Mit sowas kann ich immer besser umgehen als mit "hat mir gefallen"
(obwohl ich am liebsten auch immer mindestens 100 "hat mir gefallen" Zweizeiler unter jeder Geschichte hätte, das versteht sich ja :))

 

Hallo Möchtegern!

Ich glaube, das ist es genau, was mich an deiner Geschichte am meisten stört: Zugunsten der Kraft der Symbole, die sich auch in Handlungen ausdrücken, aber dazu später, wird oft auf Glaubwürdigkeit verzichtet.

Was meinst du damit, das Bild mit den Wasserrüben wird dir zu sehr aufs Auge gedrückt?
Ja, ich fürchte, ich hab mich bei meiner Kritik auch oft unklar ausgedrückt: Irgendetwas stimmt nicht mit diesem Anfangsbild.
Sie war jetzt seit fünf Jahren die Frau des Spielemachers, doch davon hatte sie nichts als Wasserrüben. Wenigstens die Rüben gewannen über die Jahre an Schärfe: schmeckten sie zu Anfang noch fade, so trieben sie jetzt Tränen in ihre Augen.
Der erste Satz wirkt einfach zu plakativ, dieses "doch davon hatte sie nichts als Wasserrüben" - das hört sich für mich so an wie: "doch davon verstand sie Nüsse", ich hoff, du verstehst, was ich meine. Außerdem legst du durch die Betonung nahe, dass nur die Rüben an Schärfe gewinnen, ihr Stand als Ehefrau jedoch nicht, und GLEICHZEITIG ABER sollen die Rüben als Symbol dafür herhalten, dass genau auch die Beziehung an Schärfe des Unglücks gewonnen hat. Da passt irgendwas nicht zusammen.


Das mit der falschen Assoziation tut mir leid, aber das entzieht sich ja irgendwie meiner Kontrolle. Ich denke bei Wasserrüben eher an Rettiche, Radieschen, ... die können, je nach Sorte, erschreckend scharf sein. Jetzt Rettich zu schreiben wär meiner Meinung nach ein schlechter Tausch, das assoziiere ich nämlich mit Blähungen, und das find ich atmosphärisch gesehen ganz ganz ungünstig für den Text.
Ja, ich auch! :D
Das die Frau den ganzen Tag weint, hast du irgendwie reingelesen. Das steht da nicht.
Zumindest am Beginn scheint sie die ganze Zeit vor sich hinzuweinen, und das sind ja nicht nur die Tränen, die ihr der Rettich in die Augen treibt, denn genau auf diese Übertragung zielst du ja auch ab.
Der Spielemacher stieg die Leiter hinab, neue Spielzeuge im Arm und frisch ausgedachte Rätsel im Kopf.
Jo, gut! :)
Ist geändert, wobei der Hohn später doch noch auftaucht. Ich weiß nicht, wie soll man beim Lesen sonst auf die Idee kommen, der Spielemacher redet gerade von seiner Frau?
Ich hab´s sofort kapiert, dass er von seiner Frau spricht, ist doch ganz offensichtlich anhand ihrer Reaktion.
Autsch, übrigens. Ich hab zwar noch nie einen Heimatroman gelesen, aber wenn die ein bisschen so sind, wie ich mir die vorstelle, dann ist der Vergleich mit denen glaub ich ein ganz bösartiger
Ja, ich kann das schon sein! ;) Was mir gerade auffällt, es ist natürlich auch so, dass es historisch mit den Heimatromanen hinkommt, also bei dir ist es doch auch das 19. Jahrundert ungefähr. Die Kinder gehen schon in die Schule, es gibt einen Arzt, aber sonst ist es doch noch nicht sehr fortschrittlich. Gibt keine Autos oder so, auch keine Brücke über den Bach.
Was mir weiter auffällt, und was ebenfalls an Heimatromane erinnert: Die eigentliche Problematik wird zugunsten des Happy ends unter den Tisch gekehrt: Ich mein, der Mann hat nur mehr einen Arm, das wird nicht lustig werden, keine Butter und kein Salz mehr, nur mehr Rüben ... Der wird nicht mehr richtig arbeiten können. Und wenn man die Geschichte zynisch interpretieren wollte: Durch den Verlust seines Armes hat er innerhalb der Beziehung automatisch an Macht verloren, jetzt hat sie die Oberhand (was für ein Wortspiel *augenüberdreh*), am Ende plappert ja nur mehr sie, er darf gerade mal einen halben Satz sagen, und da unterbricht SIE IHN, sie, die vorher überhaupt nichts gesagt hat, wie bezeichnend!
Ach Mist, dass ihr jetzt auffällt, wie schmal und klein er körperlich eigentlich ist, sollte etwas anderes bedeuten. Naja, dann hat der bei dir halt nicht geklappt.
Doch, klar, sie sieht, dass auch er nur ein schwacher Mensch ist, und kein Gott, deswegen kann sie dann ja auch sprechen, weil sie sich nicht mehr so minderwertig vorkommt, war nur ein blöder Witz von mir, ich dachte, Smileys würden allgemein verstanden werden. :p

"Beim Klang ihrer Stimme" hast Recht! Ich mein, es geht beides. ;)

Was die Szene betrifft, in der sie mit Hölzchen zu spielen beginnt, während er wahrscheinlich verblutet - war auch nur ein blöder Witz von mir - bei ihrem Verhalten wär ich auch in Ohnmacht gefallen.

Zitat:
Die Geschichte wirkt noch etwas halbgar und uninspiriert, du hast zu schnell geschossen anscheinend.
Find ich gut, schieben wir die ganzen schlechten Stellen nicht etwa darauf, dass ich das nicht kann, sondern darauf, dass ich nicht genug Zeit hatte, höhö.
Ganz genau, das mein ich ernst!
Das mit den Kindern, da steht deutlich, dass es jüngere und ältere sind, aber du hast es eh geändert. ;)

Zitat:
Und dann der Wunsch der Dorfbewohner, ihn, den Schwerverletzten, in seine Werkstatt im Baum zu bringen. Wie blöd ist DAS denn?
Okay, dabei hatte ich mir aber was gedacht. Nur halt blöd geschrieben. Vielleicht ist das jetzt verständlicher.
Doch, ich hab auch das verstanden, wieso du das so gemacht hast, die Werkstatt ist halt sein eigentliches Zuhause und nicht das Haus, in dem er mit seiner Frau wohnt, aber ich stell mich absichtlich gerne blöd ... Das ist genau so eine Stelle, wo du zugunsten der Symbolkraft auf Glaubwürdigkeit verzichtest. Und sie beansprucht ihn dann aber für sich, weil sie ihre letzte Chance sieht, ihm zu zeigen, dass sie ihn versteht, besser als alle anderen. Trotzdem, ich stell mir das so vor, da liegt einer in den letzten Zügen, und sie beginnt, mit Hölzchen zu spielen, da müsste ihr Außersichsein und ihr unbedingter Wille, ihm ihre Klugheit zu zeigen, schon viel stärker gezeigt werden, damit das eine starke und authentische Szene wird.
Hm, hier war ich völlig uneinsichtig. Da die Frau diese symbolhafte Ansage ganz bewusst macht (wieso sonst ihr Augenzwinkern?), finde ich das nicht schwachsinnig von ihr.
Ja, aber offensichtlich hat sie es bis jetzt nicht gesalzen, was dumm ist. Und was wäre jetzt dieses Salz in ihrer Beziehung? Dass er nur mehr einen Arm hat? :D
Möglicherweise hänge ich aber auch nur an diesem Schlusssatz, weil mein grandioser erster Schlusssatz ("am Abend streute sie ihm Salz auf seine Rübe") noch viel viel mieser war
LOL, ja ich finde ja sowieso, dass der Sex da viel zu sehr ausgeblendet wird, ein weiteres Merkmal, das du mit dem Heimatroman gemeinsam hast.

Die Figur des Spielemachers als auch die Figur der Frau wirken auf mich noch etwas zu widersprüchlich, als dass sie glaubwürdig sein könnten.

Ich denk drüber nach. Wenn du mit unglaubwürdig meinst "unrealistisch" - ja, ganz sicher, es ist keine Alltagsgeschichte. Aber ob der Umschwung der Frau wirklich früher vorbereitet sein müsste ... hm, ich bin noch skeptisch.
Inwiefern ist der Spielemacher unglaubwürdig?
Die Figuren sind zu disparat, und wenn du sie so haben willst, ist diese Widersprüchlichkeit doch zu wenig akzentuiert. Ich kann nicht nachvollziehen, dass eine intelligente Frau einfach nicht spricht, auch wenn sie noch so jung ist. Da muss irgendwas vorgefallen sein, was sie dazu gebracht hat, aber der Text sagt überhaupt nichts dazu. Da muss ein Konflikt gewesen sein, der weit über den Altersunterschied hinausgeht, der in der Geschichte gelöst wird, ohne dass er angesprochen wird. Und der Spielemacher selbst: Er ist bei den Kindern so einfühlsam, aber bei seiner Frau nicht? ER ist zu ihr sogar sehr gemein, zu den Kindern aber eher gutherzig, naiv. Gut, könnte durchaus sein, aber auch dafür muss es Gründe geben, dass er bei ihr seine Sensibilität nicht aktivieren kann, und da ich nunmal immer schmutzig denke, suche ich da die Gründe in ihrer sexuellen Beziehung, die ja völlig ausgeklammert bleibt. Es gibt sie, denn an einer einzigen Stelle, die darauf Bezug nimmt, wird ja deutlich, dass sie ihm manchmal schon so nahe kommt, dass sie riechen kann, ob er mit anderen Frauen zusammen war oder nicht.

Vielleicht muss ich mit der Fährfahrt noch irgendwas machen, die sollte nämlich auch eigentlich was anderes als das, was du dachtest, dass die sollte - äh, du verstehst?
Ja, auch das so ein symbolhaftes Bild, dem aber ein bisschen der glaubwürdige Bezug zur übrigen Geschichte fehlt, und das jetzt da wie ein Fremdkörper steht. Hier bin ich mir nicht sicher, aber ich vermute, dass das Überqueren des Baches das Zeichen dafür ist, dass sie sich selbst überwindet.

Und, naja, wenn die Geschichte nicht doch was Besonderes haben würde, würde ich hier sicher nicht so viel quasseln. ;)

Gruß
Andrea

 

Hej Andrea,

vielen Dank für die Rückmeldung. Ich hab die ein bisschen sacken lassen und drüber gegrübelt. Und ich komme zu folgendem Ergebnis:
Du liest die Geschichte falsch :D
Nee, wart ma einen Moment, bevor du die Messer auspackst. Ich versuch mal zu erklären:

Zugunsten der Kraft der Symbole, die sich auch in Handlungen ausdrücken, aber dazu später, wird oft auf Glaubwürdigkeit verzichtet.
Es ist eine "symbolische Geschichte", es geht um die Symbole. Es sollte eine Art Märchen sein (wenn es nicht auf Anhieb als solches verstanden wird, dann wohl deshalb, weil ich nicht wirklich weiß, wie man Märchen schreibt).

Was mir gerade auffällt, es ist natürlich auch so, dass es historisch mit den Heimatromanen hinkommt, also bei dir ist es doch auch das 19. Jahrundert ungefähr.
Die Geschichte gehört nicht ins 19. Jahrhundert, sie gehört in dieses seltsame Paralleluniversum, in denen Igel Wettrennen gegen Hasen gewinnen.

Da du ja ein alter KG.de-Hase bist: Hätte ich den Text in Alltag gepostet, dürftest du mir den hohnlachend zerfetzen, denn deine Argumente hätten absolute Gültigkeit (warum sollte ein offenbar intelligenter Mensch nicht reden und sich so gängeln lassen, das müsste dem Leser erstmal erklärt werden).
ABER, würde die Geschichte nicht hier in der Kreativwerkstatt stehen, dann hätte ich sie unter Fantasy/Märchen eingestellt. Und hier sind Stiefmütter böse und setzen ihre Kinder aus (oder versuchen sie gleich zu ermorden, die sind ja nicht zimperlich), und auch sonst tun die Figuren völlig überspitzte Dinge, die alle äußerst "unglaubwürdig" sind.
Ich will damit nicht sagen, dass ich mir für meine Figuren vollkommene Narrenfreiheit einfordere. Es wäre zum Beispiel dämlich, wenn der Spielemacher Höhenangst hätte, wo er doch in einem Baumhaus arbeitet. Die Art Widerspruch geht nicht.
Aber die Widersprüche, die du bemängelst, sind meiner Meinung nach in dieser Geschichte nicht fehl am Platz.
(Was den Spielemacher angeht: Jemanden, der gut mit Kindern kann, als Ehemann aber völlig unzumutbar ist, kenne ich im wirklichen Leben. Nein, kein Pädophiler, um dir da gleich den Wind aus deiner schmutzigen Denke zu nehmen. :D Der Mann ist mir erst gestern eingefallen, beim Schreiben hab ich nicht dran gedacht. Will sagen, der Spielemacher ist nicht einmal so verkünstelt. Die Frau - ja, wohl schon. Aber meiner Meinung nach im Rahmen des Erlaubten.)

Deine zynische Interpretation der Geschichte sei dir natürlich erlaubt, auch wenn's nicht so geplant war.

war nur ein blöder Witz von mir, ich dachte, Smileys würden allgemein verstanden werden.
Ach weißt du, ich stell mich auch gerne blöd ;)

Das mit den jüngeren und älteren Kindern - das hätten ja wohl auch Zweijährige und Dreijährige sein können, gell? *unbedingt Recht haben müssen*

Ja, aber offensichtlich hat sie es bis jetzt nicht gesalzen, was dumm ist.
Nein, erhobener Zeigefinger: Er hat sein Essen bis jetzt nicht gesalzen. (Was dumm ist, ja. Das ändert sich ab sofort.)

Und was wäre jetzt dieses Salz in ihrer Beziehung? Dass er nur mehr einen Arm hat?
Das interpretiere ich als weiteren blöden Witz, okay? :D

LOL, ja ich finde ja sowieso, dass der Sex da viel zu sehr ausgeblendet wird, ein weiteres Merkmal, das du mit dem Heimatroman gemeinsam hast.
Und mit dem keuschen Geschichtstyp "Märchen" ebenfalls. Ich bin sehr davon überzeugt, dass da nicht mehr Sex reingehört, als in diesem einen Halbsatz drin ist. Vielleicht ist der schon zuviel (obwohl ich den nicht streichen möchte).

Über ein paar Stellen denke ich noch nach. Zum Beispiel, ob das Rübenbild wirklich so schief hängt, am Anfang. Ich meine eigentlich, nein. So, wie du es interpretierst, ist es unstimmig. Jetzt kann ich dir natürlich schlecht vorkauen, wie du es lesen musst, damit sich das Bild nicht mehr widerspricht ... äh, mal sehen. Irgendwie müsste ichs wohl so umformulieren, dass jeder versteht, was ich denn meinte ... hmmmm, mal sehen.
Also, über die Hälfte der story ist bei dir so angekommen wie von mir geplant, das ist eigentlich ein guter Anfang für mich :D

Und, naja, wenn die Geschichte nicht doch was Besonderes haben würde, würde ich hier sicher nicht so viel quasseln.
Jawoll, zum Schluss noch'n bisschen Zuckerbrot, Danke!

 

Hallo Möchtegern!

Mir gefiel Deine Geschichte schon beim ersten Lesen sehr gut, was sich mit öfterem Lesen und einer gewissen Einwirkzeit aber noch gesteigert hat.
Das Original habe ich bisher nur kurz überflogen, um zu sehen, wie nah Du dran bist, und ich bin froh, daß Du nicht dran kleben geblieben bist (was nichts mit dem Original selbst zu tun hat).

Für mich war es von Anfang an ein Märchen, auch wenn meine Interpretation mehr eine psychologische ist – Märchen sind ja von der Psychologie nicht unbedingt so weit entfernt, vielmehr versuchte man früher oft, Dinge in Märchen zu verpacken, über die zu reden tabu war. Zwar hast Du hier kein Tabuthema aufgegriffen – die sind ja auch so ziemlich ausgestorben –, aber verpackt ist es trotzdem sehr schön! :)

Sie war jetzt seit fünf Jahren die Frau des Spielemachers, doch davon hatte sie nichts als Wasserrüben.
Schon im ersten Satz steht, daß sie ihn liebt – was sollte sie sonst dazu bringen, es unter diesen Umständen so lange bei ihm auszuhalten? Was sie davon nicht hat, ist seine Liebe, er erkennt sie gar nicht richtig, nimmt auch die fade Kost (die zugleich Sinnbild für den Zustand der Ehe ist) nicht wahr, sucht sein Glück bei allen anderen und ist doch immer enttäuscht, weil niemand seine Rätsel und Spiele – ihn – versteht (aber damit greife ich jetzt schon viel zu weit vor …).

Damit stand er auf und ging zu Bett. Sie saß noch eine Weile am Tisch, blinzelte die Tränen weg und dachte. Pettka, dachte sie, aha. Vielleicht ist noch von dem roten Bier da, das trinkt Pettka ja gerne, bevor er die Regeln nicht begreift und das Spiel verliert.
Natürlich ist sie traurig, weil er sie so gar nicht wahrnimmt. Doch sie ist geduldig und versucht weiter, ihm alles recht zu machen, überlegt, ob noch etwas vom Lieblingsgetränk seines Gastes da ist – ein Detail, das zeigt, daß sie aufmerksam ist.
»bevor er die Regeln nicht begreift …« kann man sehr verschieden lesen: Zuerst hab ich es eher als Mitleid mit Pettka gelesen; mit dem Wissen, daß sie die Regeln längst verstanden hat, kann man es auf leicht sarkastische Art verstehen, aber auch ein bisschen Traurigkeit darüber hineinlesen, daß er eben mit Pettka und nicht mit ihr spielt (ebenso in das »Pettka, dachte sie, aha«). Man könnte es auch als Eifersucht bezeichnen.

Seine Werkstatt versteckte sich in einer Trauerweide weiter oben am Bach. Die Leiter in den Baumwipfel war die längste, die man in der Gegend je gesehen hatte. Die Frau des Spielemachers war noch niemals da hochgestiegen.
Hat schon irgendwie was recht Unerreichbares, diese Werkstatt, in der er sich verkriecht. Obwohl die Frau die Leiter natürlich auch hinaufsteigen und die Distanz zwischen den beiden überwinden könnte, aber sie drängt sich nicht auf, und wer weiß, ob er sie dann nicht abweisen würde.

Au, da ist mein erster Kritikpunkt:

Sie kniete meist in dem Rübenbeet hinter der Hütte und jätete Unkraut. Wasserrüben gediehen prächtig in der matschigen Erde und behaupteten sich sogar gegen das wuchernde Gras, das hellgrün und saftig den ganzen Hang bedeckte.
Daß Du das besser findest als die ursprüngliche Variante –
… jätete Unkraut. Wachsen wollte in der matschigen Erde nicht viel, nur die Wasserrüben gediehen prächtig und behaupteten sich …
– kann ich nicht nachvollziehen. In der neuen Version fehlt die Information, daß sonst kaum etwas da wachsen würde; so wirkt es, als wollte sie gern die Wasserrüben anbauen und ist froh, daß sie hier so gut wachsen, während es in der alten Version deutlich als ein Abfinden und Zurechtkommen mit den Umständen rüberkommt, was doch symbolisch für die ganze Geschichte ist (in matschiger Erde würde fast jedes Gemüse verfaulen).

Gegen Mittag kamen die Kinder aus dem Dorf.
Nicht erst nach dem Mittagessen? ;)

Sie hatten von ihren Eltern gelernt, dem Spielemacher nicht zuzuhören.
Also hört ihm eigentlich niemand richtig zu …

»„Was ist das?“, fragte er wieder, „Es läuft den ganzen Tag von hier zum Dorf und bleibt doch immer neben meinem Baum?“«
– Punkt nach »fragte er wieder« und nach »Baum« (Die Frage ist »Was ist das?«, der zweite Satz ist eine Beschreibung.) Alternativ könntest Du natürlich auch einen einzigen Satz draus machen, dann bleibt das Fragezeichen am Ende.

Abends war er traurig, weil sich niemand für seine Rätsel interessierte
Es interessiert sich niemand für ihn als Mensch.

„Ich werde jedem von euch einen Kreisel schnitzen, ja?“
Er versucht, sich ihre Zuneigung zu »erkaufen«.

Seine Frau beobachtete ihn heimlich.
Sie interessiert sich zwar für ihn, zeigt es ihm aber vielleicht zu wenig (was ja bei seiner abweisenden Art auch nicht leicht ist).

„Was spricht nicht, denkt nicht, und ist doch ein Mensch?“
Auch auf ihre Kosten versucht er, sich Aufmerksamkeit zu verschaffen.

Ihr ganzer Körper wurde starr. In solchen Momenten hasste sie seine Stimme, hasste ihn. Das Blut schoss ihr ins Gesicht. Mit einer eckigen Bewegung riss sie zwei Rüben aus der Erde, sprang auf und lief ins Haus.
Wieder nimmt sie alles hin, läßt ihre Wut nur an den Rüben aus und läuft vor der Situation davon ins Haus.

„Du kannst ja nichts dafür“, sagte er. Der Hohn war wieder verschwunden,
Nein, er hat es nicht böse gemeint, er wollte doch nur selbst mehr Aufmerksamkeit …

dennoch sprach er sie nicht an, sondern redete in den leeren Raum hinein. „Wenn deine Eltern nicht darauf bestanden hätten, hätte ich dich nie geheiratet. Sie müssen blind gewesen sein, ein Kind wie dich ausgerechnet mir altem Sack aufzudrängen.“ Er zuckte die Achseln. „Naja, jetzt ist das so. Damit muss ich leben. Das einzige Kind, mit dem ich nichts anfangen kann, ist meine Frau“, stellte er fest und schlug ihr auf die Schulter. „Schade.“
Das Rübenmesser glitt von dem Gemüse ab und schnitt ihr tief in die Hand. Blutstropfen färbten das weiße Fruchtfleisch der Rübe, aber der Spielemacher war schon wieder hinausgegangen.
Du blindes Kind blinder Eltern, sagte der Blinde zur Sehenden, mit dir kann ich nichts anfangen, schade. Ging zu den Blinden und hoffte weiter geduldig, daß sie ihn eines Tages sehen werden.
Und er sieht auch nicht, wie weh er ihr damit tut.

»aber die Figuren sind alle gleich bedeutend.«
– zusammen: gleichbedeutend

„zumindest hab ich noch keinen Gaul über Eck laufen sehen.
:lol:

Sie hätte gerne gesagt, wie tröstlich sie es fand, dass die Figuren alle gleichermaßen wichtig sein sollten. Sie hätte gerne gesagt, dass ihr dieses Spiel vielleicht gefallen könnte. Der Spielemacher trat gegen den Tisch, so dass die Figuren auf dem Spielbrett wild durcheinanderflogen.
„Weißt du, vielleicht brauche ich einfach jemanden, der …“ Weiter kam er nicht. Er lehnte in der Küchentür und sah wütend aus. „Ach, egal.“ Schweigend stapfte er fort zu seiner Werkstatt.
Warum bloß sagt sie es nicht? Vielleicht weil sie nie gelernt hat, ihre Meinung zu sagen – ein Hinweis darauf ist ja auch, daß offenbar die Eltern bestimmt haben, wen sie heiraten soll.
Schade, daß er nicht weiterspricht und womöglich gar ihre Reaktion abwartet, sondern in seine Werkstatt flüchtet.

»Obwohl sie sich Sorgen darüber machte, roch er nie nach anderen Frauen, wenn er zurückkam. Dabei wusste sie sicher, dass ihm die Frauen aus dem Dorf hinterherstarrten.«
– Hier würde ich statt »Dabei wusste sie sicher« (was man fälschlich auch als »vermutlich« lesen kann) schreiben, daß sie es gesehen hat oder sich auch nur denkt.

»um hinüber zu gelangen.«
– zusammen: hinüberzugelangen

An dem Seil hangelnd, zog Pettka das Floß über schäumendes Wasser, während sie den Stoff ihres Rockes zerwühlte. Ihre Lippen waren ein blasser Strich, sie konnte nicht mehr denken, nicht noch mehr Angst haben.
Erst, als sie Angst um ihn hat, kann sie alle Hindernisse überwinden …
„Nein“, sagte sie plötzlich, ruhig und in einer Weise, die keinen Widerspruch duldete.
… und sogar eine Entscheidung treffen.

Er wirkte schmal – war er schon immer so klein gewesen?
Die Stärke, die er ihr gegenüber immer zeigte, war weg, auch seine Rolle als Spielemacher konnte er nun nicht mehr spielen, er war nur mehr Mensch.
Es kann aber auch so sein, daß sie durch den Vorfall innerlich gewachsen ist. Oder beides.

Seine Augen öffneten sich überrascht beim Klang ihrer Stimme, die er noch nie gehört hatte.
Oder zumindest nicht bewußt gehört hat, weil er ja nie richtig mit ihr sprach. Das zeigst Du auch zuvor schon schön im Text, wenn er etwas sagt und dann aufsteht und ins Bett oder in die Werkstatt verschwindet: Ihre Reaktion interessierte ihn nie.

„Könnt ihr ihn den Baum raufschaffen?“, fragte Pettka, als sie unter der Weide angekommen waren. „Er hat oft gesagt, dass er lieber in seiner Werkstatt sterben als hier unten leben würde.“ Die Fäller äugten misstrauisch zu der Leiter.
„Nein“, entschied die Frau des Spielemachers. „Die Wahl hat er nicht. Bringt ihn ins Haus.“
Auch diese Änderung finde ich nicht notwendig, die alte Version …
“Sollen wir ihn in seine Werkstatt raufschaffen?“, fragte einer zweifelnd, als sie unter dem Weidenbaum angekommen waren. Dabei beäugte er misstrauisch die Leiter.
„Nein“, entschied die Frau des Spielemachers wieder. „Er bleibt hier unten. Bringt ihn ins Haus.“
… hat mir viel besser gefallen, denn hier steckt drin, daß die Leute aus dem Dorf in ihm nur den Spielemacher gesehen haben. Weil sie nichts anderes mit ihm verbinden, kommen sie auf den Gedanken, ihn in seine Werkstatt zu bringen. Aber sie macht endlich den Mund auf.
In der neuen Version steht: Es war sein Wille, aber sie läßt ihn ihm nicht.

Sie setzte sich zu ihrem Mann auf die Bettkante. Aus ihrer Rocktasche holte sie sechs Zweige, genau gleich lang. Geschickt steckte sie die Hölzchen zu einer kleinen dreieckigen Pyramide zusammen, die sie ihm hinhielt. Der Spielemacher sah seine Frau entgeistert an, dann verlor er das Bewusstsein.
Sie kommt zu ihm und zeigt ihm, daß sie ihn versteht und schon immer verstanden hat. Das muß er jetzt erst einmal in seinem Unterbewußtsein verarbeiten …

»Sie winkte mit dem karierten Holzbrett, als sie in die Küche kam.«
– Vorschlag: Sie kam in die Küche und winkte mit dem karierten Holzbrett.

»„Du, die Regeln, die sind ein bisschen…“«
– Leertaste vor die drei Punkte (die Leertaste entfällt nur, wenn ein Teil des Wortes dadurch ersetzt wird)

Vielleicht werd ich mich kurz ums Abendbrot kümmern“, erklärte sie beiläufig. Sie erhob sich, eine kleine Melodie summend, öffnete Küchenschränke und klapperte mit dem alten Geschirr. Er folgte ihr verblüfft mit den Augen. Zögernd lehnte er sich zurück. Sie strich Butter auf ein Stück Brot und reichte ihm einen Teller mit Rübenscheiben.
Sie konnte nicht nur ihm zeigen, daß sie es ist, wonach er überall anders gesucht hat (»„Weißt du, vielleicht brauche ich einfach jemanden, der …“«), sondern weiß auch, daß er sie nun richtig sieht und erkennt.

„Weißt du, die schmecken viel besser, wenn man etwas Salz drüberstreut“, sagte sie und zwinkerte ihm zu.
Ja, die Rüben, die ja für den Zustand der Ehe stehen, schmecken nicht so fad, wenn man Salz draufstreut. Außerdem bindet Salz. :)


Wie schon gesagt, hat mir die Geschichte sehr gut gefallen. Und sie läßt sich auch auf verschiedene Situationen im heutigen Leben übertragen, etwa wenn ein Mann seine Erfüllung einzig im Beruf sucht (und nach immer Höherem streben muß, weil er sie nicht findet) und seine Frau und die Kinder eigentlich gar nicht kennt. Erst, wenn ihn irgendwas aus der Bahn wirft, ändert sich etwas daran.

Liebe Grüße,
Susi :)

 

Hallo Häferl,

ich bin beeindruckt (und fühle mich geschmeichelt), wie gründlich du durch den Text gehst. Dein Meckeranteil fällt verhältnismäßig klein aus - bitte keine falsche Scheu ;)

Für mich war es von Anfang an ein Märchen,
Tja, so richtig deutlich hab ich das mit dem Märchen vielleicht nicht machen können. Für den einen klappt's, für den anderen nicht.
Aber ich hab momentan wenig Ambitionen, mich Richtung "Märchen" weiterzuentwickeln, also ist das schon okay.

aber verpackt ist es trotzdem sehr schön!
Freut mich, dass es dir allgemein ganz gut gefallen hat. Und überhaupt finde ich toll, dass sich diese Geschichte anscheinend mehrfach lesen lässt - was will man mehr?

»bevor er die Regeln nicht begreift …« kann man sehr verschieden lesen:
:) Eine deiner Lesarten ist die von mir beabsichtigte. Ich kann mit allen leben, die du genannt hast, da ist keine unpassend.

An der Stelle mit den Wasserrüben in der matschigen Erde hab ich nochmal rumgeprokelt. Die ursprüngliche Aussage müsste wieder erkennbar sein und ich hab mich hoffentlich bedeckt genug gehalten, warum da was wie wächst oder nicht wächst. Irgendwie könnte nämlich auch einer kommen und sagen: Also, wenn das da so richtig sumpfig ist, warum baut sie kein Reisfeld?
Kurz: Ich wollte mich möglichst ganz aus der Affäre ziehen.

Nicht erst nach dem Mittagessen?
Na gut.

Hier würde ich statt »Dabei wusste sie sicher« (was man fälschlich auch als »vermutlich« lesen kann) schreiben, daß sie es gesehen hat oder sich auch nur denkt.
Oh, stimmt. Auf die Lesart mit dem vermutlich bin ich gar nicht gekommen. Mir ist "wissen" lieber als "sich denken", ich hab jetzt einfach das "sicher" rausgekickt, das müsste die Doppeldeutigkeit verhindern.

– zusammen: hinüberzugelangen
Das macht mein blödes Word. Ich schalte die Rechtschreibkorrektur immer aus, und Word schaltet sie immer wieder ein. Und dann schreibt es abenteuerliche Dinge, z. B. auch "noch_mal" und sowas.

Auch diese Änderung finde ich nicht notwendig, die alte Version …… hat mir viel besser gefallen, denn hier steckt drin, daß die Leute aus dem Dorf in ihm nur den Spielemacher gesehen haben. Weil sie nichts anderes mit ihm verbinden, kommen sie auf den Gedanken, ihn in seine Werkstatt zu bringen. Aber sie macht endlich den Mund auf.
In der neuen Version steht: Es war sein Wille, aber sie läßt ihn ihm nicht.
Okay, also ich wollte nicht, dass diese Szene sie "böse" dastehen lässt. Ich will aber auch nicht, dass die Beteiligten alle "blöd" aussehen, wie man die Stelle tatsächlich interpretieren konnte, da hatte Andrea Recht.
Ich hab's jetzt noch ein bisschen anders.

– Vorschlag: Sie kam in die Küche und winkte mit dem karierten Holzbrett.
Och nö. Ich mag meins. :)

– Leertaste vor die drei Punkte (die Leertaste entfällt nur, wenn ein Teil des Wortes dadurch ersetzt wird)
Oha, das erklärst du mir jetzt das dritte Mal, und ich mach es immer noch falsch. :D Aber nicht mehr systematisch. Nur noch manchmal. Um zu gucken, ob die Leute denn auch aufpassen.

Vielen Dank fürs Lesen & Kommentieren & Zeit & Mühe!

 

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