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Copywrite Sie werden bald kommen

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24.04.2003
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Sie werden bald kommen

Ich mag Eindringlinge nicht.

Manuel sitzt mir gegenüber auf dem Sessel und versinkt darin wie ein resignierter König, dem die Krone mitsamt ihrer vergoldeten Zacken irgendwie nach oben gerichtet in den Arsch gerutscht ist. Diese Art von "Ich hab da glaub ich was verloren und woanders penetriert es nun aufs Übelste" Doofsache halt, über die man lieber Schweigen bewahrt. Gerade Sonntags.
Nervös dreht und wendet er die DVD Hülle. Ich glaube nicht, dass er den aufgedruckten Klappentext, oder die Namen der Macher des Films, liest. Es wirkt eher so, als hätte er das vorläufige, verkleinerte Modell seines eigenen Grabsteins aus Pappmaché gefertigt zur Hand, und posiert damit rum, weil er noch nicht weiß, in welche Richtung die Füße nach dem Tod zeigen sollen.
Geht das eigentlich ... umgekehrt begraben zu werden?
"Ich habe Motten in der Wohnung", stelle ich fest, als spräche ich übers Wetter.
Er nickt, und endlich legt er die bescheuerte Hülle beiseite.
"Deshalb hast du mich angerufen", gibt er schamhaft zurück, den Blick dabei begierig auf der Hülle klebend. - "Geil, da spielt ja Dustin Hoffmann mit!"
Ich tippel mit den Füßen über das Laminat. Das macht Geräusche. Geräusche, die andere Menschen zwangsweise zum weiterreden zwingen.
"Also", räuspert sich Manuel, "Ich seh hier aber grad gar keine Motten."
Ich muss lachen. Dieser Naivling.
"Sie kommen nur", beginne ich. Dann setze ich melodramatisch nach: "Sie kommen nur, wenn ich allein bin."
Er greift nach der Hülle.
"Wusste ich echt nicht, dass da Dustin Hoffmann mitspielt."
Ich schlage ihm das Plastikteil aus den Griffeln und brülle in sein entsetztes Gesicht: "Ich mag Motten nicht. Sie sind unkontrolliert, machen so hektische Richtungswechsel, von quer nach da, gegen die Lampe, gegen mich, prallen mir ins Gesicht. Immerhin prallen sie ab. Weil ich sie abprallen lasse, weil ich das bestimmen kann. Wenn sie mir aber doch irgendwann anhaften?"
Jetzt will er gehen.
Er steht auf und will gehen, prallt zwischendurch an der Wand ab, und schaukelt zwischen Flurtür und Kommode umher; er macht unkontrollierte Richtungswechsel, knallt mit dem Kopf vor die Stehlampe. Er beginnt zu flattern; von seinen Flügeln regnet Pulver; jetzt ist er total unkontrolliert in der Luft. Er springt von einem Punkt zum anderen, und ich schlag zu, doch die Motte will nicht sterben. Sie kreiselt einfach immer weiter. Dann fällt sie gegen mich, wird zurück geschmissen und landet mit dem Teil des Mottenkopfes, der zum Hirn hin offen liegt genau an der Kante meines neuen Getränkerollwagens.
"Bist du blöd oder was?"
Da guckt der Manuel irritiert aus der Wäsche. Die Whiskyflasche ist heruntergefallen, und überhaupt sind überall Scherben. Der macht hier echt alles kaputt.
"Du Motte ... dich saug ich mit dem Staubsauger auf!"
Da hängt noch ein Stück Iris dran. Die Flügel sind nicht durchs Rohr gegangen. Die Iris.
Immer für eine Überraschung gut.
"Siehst du sie? Siehst du sie ... die Motten sind überall!"
Ich schalte den Staubsauger ein. In einem Stück geht das nicht.
Motten muss man mit Messern portionieren.

Hier der Link zum Original.

 

Hi Cerberus81,

Dein Werk überzeugt mich nicht. Der Wahnsinn des Helden, der im Original so aalglatt rüberkommt, fehlt hier völlig. Das ist brav und schwunglos, der langweilt sich ja beim Morden, ich nehme ihm das mit den Motten nicht ab, das hat er nur so dahergesagt, glaube ich. Alles ist überhaupt so daherge ... dings.
Und dann der Staubsauger. Das ist doch gehaarzogen.
Ich will aber jetzt hier nicht zu laut meckern. Vielleicht liegt das auch einfach daran, daß ich das Original so herzerfrischend paranoid, irre, stimmig, wuchtig und neurotisch fand und davon hier gar nichts bemerke.
Vielleicht war das von Dir gewollt. Dann vergiß meine Meinung, erklär mir, wie Du es gemeint hast (wahlfrei) und nimm ein wenig Klugschiß:

dem die Krone mitsamt ihrer vergoldeten Zacken irgendwie nach oben gerichtet in den Arsch gerutscht ist.
"dem die Krone verkehrtrum im Hintern steckt" hätte ich gekauft. Aber so ... neien. Auch nicht den "resignierten König".
Diese Art von "Ich hab da glaub ich was verloren und woanders penetriert es nun aufs Übelste" Doofsache halt
Hier will ich das Layout bemängeln, das Kursiv und die Gänsefüßchen. Lieber 2876 Gedankenstriche, so:
Diese Art von Ich-hab-da-glaub-ich-was-verloren-und-woanders-penetriert-es-nun-aufs-Übelste-Doofsache
DVD-Hülle
dass er den aufgedruckten Klappentext, oder die Namen der Macher des Films, liest.
die Kommata weg
als hätte er das vorläufige, verkleinerte Modell seines eigenen Grabsteins aus Pappmaché gefertigt zur Hand Komma weg und posierte damit rum,
"aus Pappmaché gefertigt würde ich entweder streichen (und anders einfügen, z.B. als "Pappmachémodell") oder in Kommas setzen.
umgekehrt begraben zu werden?
verkehrtrum, oder? Umgekehrt begraben ist eher ... ähm ... ausbuddeln.
als spräche ich übers Wetter.
das klingt doof, aus der Ichperspektive. "Beiläufig" wäre eine Alternative.
gibt er schamhaft zurück, den Blick dabei begierig auf der Hülle klebend.
Das ist arg. Schamhaft? Den Blick begierig klebend? Nee.
zum Weiterreden zwingen.
"Also", räuspert sich Manuel,
"Das ist nicht schön", schlägt Makita eine Änderung vor.
prallt zwischendurch an der Wand ab kein Komma und schaukelt
Dann fällt sie gegen mich, wird zurückgeschmissen und landet mit dem Teil des Mottenkopfes, der zum Hirn hin offenliegt Komma genau an der Kante meines neuen Getränkerollwagens.

Lieben Gruß,
Makita.

 

Hallo Cerberus81,

mir hats hingegen gefallen. Der Wahnsinn ist zwar anders, aber trotzdem noch vorhanden. Mir gefällt gerade diese Beiläufigkeit, dieses "Dahingesage". Alles wirkt rein von der Sprache her so unbedeutend, als würde man erzählen, wie man einen Kuchen backt - und doch geschieht ein Mord. Auch das mit dem Staubsauger erinnert mich an den trockenen Humor aus Monty Python.

Die Geschichte wirkt so skurril, so abgehoben, dass ich bei jedem Satz lachen musste.

Schöne Grüße,

yours

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Cerberus,

fuer mich zerfaellt dieser doch recht kurze Text qualitativ in zwei Teile. Den ersten finde ich tatsaechlich auch extrem holperig. Den zweiten fand ich ganz gut.

Der Anfangsparagraph mit der Doofsache ist mir echt so sei-lustig-oder-ich-hau-dich. Zum verquasten Kronensatz hat Makita schon gesprochen, der haette in praegnanterer Form echt mehr Schlagkraft.

Dann dies:

Ich glaube nicht, dass er den aufgedruckten Klappentext, oder die Namen der Macher des Films, liest. Es wirkt eher so, als hätte er das vorläufige, verkleinerte Modell seines eigenen Grabsteins aus Pappmaché gefertigt zur Hand, und posiert damit rum, weil er noch nicht weiß, in welche Richtung die Füße nach dem Tod zeigen sollen.
Vom doppelten Genitiv (die Namen der Macher des Films) bis zum aus Pappmache gefertigten Wurmsatz umstaendlich formuliert.

"Deshalb hast du mich angerufen", gibt er schamhaft zurück, den Blick dabei begierig auf der Hülle klebend.
Ich weiss nicht, was mir "schamhaft" hier sagen will und was spricht eigentlich gegen "und klebt den Blick begierig auf die Huelle"?

Geräusche, die andere Menschen zwangsweise zum weiterreden zwingen.
ist das Absicht? Find ich trotzdem unnoetig.

Und dann faengt es an gut zu werden. Zum Beispiel gefaellt es mir, wie du das Originalzitat einsetzt, das hier vor Publikum ploetzlich ganz anders wirkt. So augenrollend irre.

Und dann kommen kurze, zynische, gute Saetze:

Jetzt will er gehen.

Auch das Ende mit dem Staubsauger, der Iris und dem Portionieren gefaellt mir. Da emanzipiert sich die Geschichte vom Original.

lg
feirefiz

Ach so, ich vergass: Der Titel ist auch nicht grad ne Schlagzeile.

 

Hey Cerb

Der Anfang passt nicht zu dem Rest. Es sind wie hier schon gesagt: Zwei Teile. Das Ende ist dann halt so möchtegern und der Anfang ist Cerb und dazwischen sind halt beide. Ich weiß nicht, ich finde die Kombination nicht gelungen. Anfangs ist er ein kleines bisschen die Labertasche, er beobachtet seinen Freund und nimmt alles richtig und gesund wahr! Und am Ende dreht er durch. Der Bruch war mir zu stark und zu krass, ist also keine Einheit. Und den Anfang kannst du jetzt uach nicht wie das Ende umändern, weil es dann einfach nur Möchtegerns Geschichte wäre, und es soll ja ein Copywrite sein. Also mit anderen Worten: Es hat mir nicht gefallen.

JoBlack

 

Hallo Cerberus

Der erste Teil ist leider auch für mich nicht sehr überzeugend, aber ab

"Ich mag Motten nicht. Sie sind unkontrolliert, machen ...

finde ich die Idee konsequent durchgezogen und ab da gefällt's richtig.

lg
lev

 

Hi Cerberus,

komm ich jetzt auch endlich hier vorbei ;)
Okay, was ich toll fand - äh, nee, erstmal was ich nicht toll fand (is psychologisch geschickter, stimmt's?):
- Den Gag mit der Krone, da musste ich nichtma grinsen, der war mir zu bemüht.
- "schamhaft" in "gibt er schamhaft zurück". Warum sollte Manuel das schamhaft sagen? Auch der begierig klebende Blick, aber naja ...

Irgendwie niedlich fand ich das "Geil, da spielt Dustin Hoffmann mit". Ich überleg mir die ganze Zeit, welche Generation in welchem Alter Dustin Hoffmann "geil" findet/fand. :)

Dann wollte ich dich nach dem ersten Lesen unbedingt von den "Originalzitaten" abbringen, also sowohl das "Ich mag Eindringlinge nicht" als auch insbesondere das "Ich mag Motten nicht. Sie sind unkontrolliert ..." Ich fand, dass besonders dieser Ausbruch gar nicht zum Ton des Erzählers passt und wie ein Fremdkörper wirkt. Wollte vorschlagen, dass das umformuliert werden muss. Allerdings haben inzwischen meine Vorkommentare genau diese Stelle gemocht :susp: - also, weiß nicht. Vielleicht besser doch so lassen. Vielleicht auch nicht.

Irgendwie müsste das hier auch mal jemand lesen, der das Original nicht kennt. Den Kommentaren unter dem Original nach wurde meistens der Überraschungsmoment am Ende für gut befunden. Leider sind hier jetzt alle schon vorbelastet, das ist deiner Geschichte gegenüber nicht ganz fair. Man weiß halt, was kommt.

Eine Stichelei kann ich mir nicht verkneifen:

Der Titel ist auch nicht grad ne Schlagzeile
Mönsch, der wurde bei mir doch auch schon gehasst. Warum musstest du ausgerechnet den recyclen? :D Wenn du einen wirklich guten gefunden hättest, hätt ich mir den für meine story klauen können. ;)

Okay, zum Schluss die Stellen, über die ich gelacht hab:
Jetzt will er gehen.
Der macht hier echt alles kaputt.
Die Iris. Immer für eine Überraschung gut.
In einem Stück geht das nicht. Motten muss man mit Messern portionieren.
:thumbsup:

 

Hallo Cerb!

Manuel sitzt mir gegenüber auf dem Sessel und versinkt darin wie ein resignierter König, dem die Krone mitsamt ihrer vergoldeten Zacken irgendwie nach oben gerichtet in den Arsch gerutscht ist. Diese Art von "Ich hab da glaub ich was verloren und woanders penetriert es nun aufs Übelste" Doofsache halt, über die man lieber Schweigen bewahrt. Gerade Sonntags.
Sehr bemühter Anfang, Komma: ... da, glaub ich, was ...klein: sonntags
zwangsweise zum weiterreden zwingen
groß: zum Weiterreden
Das mit Manuel ist so eine in Nichts führende Spur, was für ein Problem hat der Junge eigentlich, verdammt? Du beschreibst es zwar wortreich, aber es führt nirgendwo hin. Oder soll damit angedeutet werden, dass er schon von vorneherein Angst vorm Ich-Erzähler hat?
Dieses Copywrite gefällt mir gar nicht, uninspiriert übernimmst du einfach Plot und Pointe von Möchtegern. :thdown:

Aber anscheinend geht dir die Geschichte eh selbst am Arsch vorbei, da du nicht antwortest. ;)

Gruß
Andrea

 

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