Was ist neu

Copywrite Vollkommenheit

Seniors
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01.07.2006
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Vollkommenheit

Früher habe ich es geliebt, neben Richard im Auto zu sitzen und ihm dabei zuzusehen, wie er die Maschine beherrscht. Seine Hände lagen ruhig und kraftvoll auf dem Lenkrad, nervige, zupackende Werkzeuge, sie schienen mir ein ausdrucksvolles Abbild seiner flinken Intelligenz.
Verstohlen blicke ich ihn jetzt von der Seite an. Noch immer liegen seine Hände beherrschend auf dem Lenkrad, nur die Fingerknöchel treten stärker hervor als früher, so fest hält er es umklammert. Alles im Griff.
Richard genießt das Fahren, er lauscht dem gleichmäßigen Schnurren des Motors, spürt dem Grip der Reifen auf der Straße nach. Es gefällt ihm, diesen schweren Wagen zu bewegen. Das satte, reibungslose Ineinandergreifen aller Teile der Maschine befriedigt ihn.

Er hat sein Maß gefunden, das ist das Problem, und sein Maß ist schlicht die Perfektion. Sie ist der Käfig, in dem ich gefangen bin, und das Schlimme ist, selbst wenn ich es wollte, auch ich kann nicht mehr unvollkommen sein.

Das gemeinsame Einkaufen war das Schlachtfeld, auf dem wir am Beginn unserer Beziehung unsere Machtkämpfe austrugen. Ich hasste es und ich gierte gleichzeitig danach, denn niemals zuvor hatte ich soviel über mich selbst gehört, nirgends stand ich mehr im Mittelpunkt seines Interesses als bei diesen Einkaufstouren durch die teuersten Geschäfte unserer Stadt. All meine körperlichen Vorzüge und Mängel, letztere sah er nicht selten in Verbindung mit psychischen Mängeln, wurden offen und schonungslos diskutiert, und oft tat es weh und ich wehrte mich, aber ich verlor immer. Denn das Idealbild, das Richard von mir entwarf, was ich sein könnte, wenn ich mich wirklich bemühte, war so schillernd, dass ich dem immer mehr entsprechen wollte.

Er braucht mich nicht mehr zum Einkaufen zu begleiten, jetzt beherrsche ich selbst die Kunst, mich geschmackvoll und elegant zu kleiden, regelmäßig bin ich auf der Liste der bestangezogenen Frauen dieses Landes. Nichts ist mehr geblieben von dem wilden Mädchen, das mit Vorliebe alte Männerkleidung getragen hatte und deren krauses Haar niemals mit Rundbürste oder Lockenwicklern in Berührung gekommen war. Ich wende meinen Kopf wieder auf die andere Seite, lasse meine glatt geglissten Haare wie einen schweren, dunklen Vorhang vors Gesicht gleiten. Alles wird mir zu eng, ich streife meine Pumps ab, absichtlich grabe ich dabei den Nagel des großen Zehs in das weiche Leder und hoffe, dass eine Kerbe entsteht. Ich will auch raus aus diesem nachtblauen Kleid, in dem ich immer Haltung bewahren muss, damit es gut aussieht. Ich lasse meine Schultern nach vorne hängen, mit einem Seufzer lockere ich meine Bauchmuskeln und sehe mit Befriedigung, wie sich der matt schimmernde Stoff unterhalb des Magens zu spannen beginnt. Dann beginne ich, mit meinen Fingernägeln gegen die Fensterscheibe zu tippen, weil ich weiß, dass er das hasst.

„Liebling, Kleine“, er legt dabei eine Hand auf mein Knie und lächelt mich von der Seite an, „du kannst mir meine Laune nicht verderben, ich hab heute etwas Besonderes mit dir vor!“
Ich gebe als Antwort einen Grunzlaut von mir und blase mir die Haare aus dem Gesicht.
Jetzt lacht er laut auf und umklammert mein Knie dabei noch fester:
„Ich mag es, wenn du kratzbürstig bist, das fordert mich heraus, und außerdem …“, dabei fasst er meine linke Hand und legt sie sich auf den Schritt, „spür ich das dann hier!“
Ich lege meine Füße auf das Armaturenbrett und beginne möglichst teilnahmslos und weiterhin stumm, seinen Schwanz unter dem Hosenstoff zu kneten. Er soll nicht merken, dass ich es noch immer erregend finde, wenn er so direkt ist. Ich sehe geradeaus auf die Straße und die regelmäßige Abfolge der gelben Mittelstreifen gibt meiner Hand den Rhythmus vor.

Heute Morgen hab ich Richard im Bad beobachtet. Er macht keine überflüssigen Bewegungen, er greift zielgerichtet und kontrolliert nach den Dingen, sie sind in strenger Ordnung aufgestellt, und auch ich habe meinen Platz. Sein Rücken ist schön, ich habe dem Muskelspiel unter der Haut zugesehen, als er sich rasierte, die Linie von der Schulter bis zur Taille hat noch immer einen atemberaubenden Schwung. Aber die ungezügelte Energie seiner frühen Jahre, die seinen Schritten etwas Tänzelndes gab, hat er verloren. Er war wie eine Großkatze, die auf der Jagd noch genug Kraft auch für das Spiel hat. Ich will, dass er mich sofort vor sich her jagt.
„Nicht jetzt“, sagt er, „das heben wir uns für nachher auf, wenn ich dir dein Geburtstagsgeschenk gezeigt habe.“ Dabei fasst er meine Hand und legt sie mir zurück auf den Oberschenkel, den er nicht berührt. Es geht nach seinem Plan, nicht nach meinem. Es ist egal, dass die Festigkeit des Autositzes das Pochen meines Blutes als Echo zurückwirft, welches durch meinen ganzen Körper schwingt.

„Sind wir bald da?“ Wenn ich heiß bin, ist meine Stimme immer tiefer als normal, und ich hasse mich nun dafür.
„Ja, bald! Du wirst etwas sehr Schönes geschenkt bekommen, aber du wirst dafür auch etwas tun müssen. Ich habe es selbst noch nicht gesehen, aber ich verspreche mir sehr viel davon!“ Dann zwinkert er mir zu.
Wir fahren bereits so lange, es ist dunkel geworden. Zwischen den locker stehenden Bäumen leuchten ab und zu die Fenster eines einsamen Hauses. Ich gähne demonstrativ, meine Neugierde soll er nicht merken, wenn ich schon vorher meine Erregung nicht verbergen konnte.
„Müde?“ Wieder lächelt er, ich hasse es, dass er mich so gut kennt. Als ich wieder beginne, mit meinen Fingernägeln gegen die Scheibe zu tippen, gibt er endlich seine Gelassenheit auf. Er steigt hart auf die Bremse.
„Wenn es für Madame zu langweilig wird, dann kann ich auch einfach umdrehen!“ Seine Stimme rasselt wie ein Hund an der Kette.
Ich sehe von der Seite, wie er seinen Kopf vorschiebt, über seiner rechten Augenbraue ist eine tiefe Querfalte entstanden. Ich setze noch eins drauf.
„Ach nein, es bedeutet dir ja offensichtlich so viel!“ Jetzt hab ich gewonnen. Richard knurrt.
„Wieso lümmelst du eigentlich auf deinem Sitz wie ein verdammter Teenager?“ Er gibt wieder Gas.
Darauf sage ich nichts mehr, wedle mit meinen Füßen auf dem Armaturenbrett hin und her, schiebe meinen Arsch noch weiter vor, damit mein Kreuz richtig durchhängt, betrachte fasziniert meine gelackten Nägel und beginne zu singen: „Baby you can drive my car, tonight I´m gonna be a star, Baby you can drive my car, and maybe I love you, beep beep´m beep beep yeah …“
„Uuh, wie rebellisch, uuuh, wie süß, uuuuh, wie kleinmädchenhaft … Das werde ich wohl auf der Liste hinzufügen müssen!“ Er gewinnt wieder Oberwasser, denn ich kann mir die Frage jetzt nicht verkneifen:
„Welche Liste denn?“
„Ich habe eine Liste gemacht über dich, was dich so ausmacht, na ja, es ist wohl mehr als eine Liste, es ist ein ganzer Ordner geworden. Greif mal nach hinten, da liegt er.“
„Eine Liste? Wozu?“, frage ich mit Nachdruck und hol mir den ziemlich dicken Aktenordner nach vorne.
„Das hab ich alles dem Mann gesandt, zu dem wir heute fahren … er braucht das, um das optimale Ergebnis zu erzielen.“
Erstaunt blättere ich die Mappe durch. Es gibt verschiedene Unterordner darin und jeder hat eine Überschrift, die aus einem einzigen Eigenschaftswort besteht: apart, klassisch, elegant, klar, kristallin, filigran, aristokratisch, anarchisch, geheimnisvoll, klimaxisch, …
„Klimaxisch?“
Jetzt hat er wieder alle Fäden des Spiels in der Hand und er amüsiert sich prächtig.
„Zu immer neuen Höhepunkten anregend …“ Er grinst breit.
Jeder Eigenschaftsrubrik sind Fotos von mir beigefügt, einige kenne ich, viele aber nicht. Dazu gibt es kleine Berichte, die mich in wohlgesetzten Worten beschreiben, von meinem Mann verfasst. Dann ist da auch noch eine ganze Serie von Fotos, offensichtlich an aufeinanderfolgenden Tagen aufgenommen, denn in jeder Ecke rechts oben steht groß das genaue Datum. Einen Monat lang hat er jeden Tag ein Foto von mir gemacht, während ich geschlafen habe!

„Du“, sagt er und jetzt legt er seine Hand wieder auf mein Knie, „heute werden wir einen neuen Höhepunkt erreichen. Der Mann, zu dem wir fahren, setzt völlig neue Maßstäbe in der Haute Couture. Es ist ein Spiel, bei dem keiner weiß, wie es ausgeht, oder was dabei herauskommt, mach einfach mit, das wird sicher sehr spannend! O ja, du wirst ein neues Kleid bekommen, aber es wird eines sein, wie du es noch nie besessen hast, und es wird dich vollkommen machen.“
Die Mappe irritiert mich, und ich weiß nicht, ob das meinen Argwohn wecken oder ob ich mich geschmeichelt fühlen soll. Ich bin sprachlos und für meinen Gesichtsausdruck müsste man jetzt wohl den Ordner „blöde“ anlegen.

„Ah, da sind wir ja endlich!“ So aufgeregt hab ich ihn schon lange nicht mehr gesehen. Ich beschließe, das Ganze amüsant zu finden.
Wir bleiben vor der Einfahrt zu einer Villa stehen, der man sofort ansieht, dass sie einem Künstler gehört: Der Garten ist gediegen verwildert, es stehen einzelne Bänke herum, die überhaupt nicht zueinander passen, aber trotzdem gut harmonieren. Das Haus selbst ist ein moderner Bau in schlichtem Weiß, die riesige Holztür scheint jedoch sehr alt zu sein. Während wir den Weg bis zur Tür gehen, sehe ich im Hintergrund des Gartens ein schwarz-weiß geflecktes Pony stehen. Zwischen den Mähnenhaaren lugt es zu uns herüber. Das Haus hat einen gläsernen Anbau, der wie ein Wintergarten aussieht, in dem aber ein unbestimmbares Licht glüht, das die weißen Flecken des Ponys bläulich leuchten lässt.

Die Tür öffnet sich langsam und knarrend, ich erwarte, dass gleich ein Hohepriester der Mode heraustritt, schwarz gekleidet, arrogant, schlank, mit streng nach hinten gekämmtem Haar. Aber da erscheint ein riesiger Mann in der Tür, hellgelbe Wildseide umschmeichelt seine beachtliche Körperfülle. Leichtfüßig, wie auf Zehenspitzen, huscht er die paar Stufen zum Kiesweg hinunter, läuft fast auf mich zu und umarmt mich heftig. Es ist mir nicht unangenehm, er riecht nach süßem Harz, Zigaretten und Thymian.
„Schauen Sie nicht so erschrocken, ich hab schon zu Abend gegessen, ich tu Ihnen nichts!“ Dann lacht er dröhnend, die gelbe Seide bebt, das Pony wiehert.
„Sie sind in Wirklichkeit viel schöner als auf den Fotos, Madame, ich hoffe, meine geringen Mittel können dem gerecht werden!“ Seine braunen Augen haben einen gelben Ring um die Pupille.
Meinen Mann begrüßt er förmlich, indem er sich knapp verbeugt.
„Ich nehme an, Sie wollen gleich beginnen.“ Er dreht sich erstaunlich rasch um, wir folgen der gelben Wolke.

„Ja“, sagt mein Mann im Gehen, „ich bin schon sehr gespannt auf Ihre berühmte Maschine!“
„Es ist keine Maschine im eigentlichen Sinn, sondern ein Sympathetizer, der mit Schwingungen arbeitet. Ich liebe Stoffe, bilden sie nicht in ihrer dichten Verwobenheit das Leben selbst ab? Ich habe mich auch sehr mit der Herstellung von Textilien beschäftigt und schließlich ein Gewebe entwickelt, welches fähig ist, das grundlegende Formprinzip eines Menschen in sich aufzunehmen. Ich brauch dazu auch einen Computer, der die erforderlichen Daten speichert, berechnet und schließlich auf diesen Stoff überträgt. Daher, Madame“, er bleibt stehen und dreht sich wieder zu mir um, „werden Sie einige kleinere Aufgaben bewältigen müssen. Jeder hat ein anderes Formprinzip, es wird oft durch äußere Faktoren überdeckt und muss erst aufgespürt werden. Aber jeder hat eines, das, einmal sichtbar gemacht, vollendet schön ist. Man könnte auch sagen, dass gleichsam das in Ihnen schlummernde, vollkommene Formideal gefunden werden muss, welches dann auf ein Kleid übertragen wird. Das Kleid strahlt dann wieder auf Sie selbst zurück, unterstreicht die Ihnen innewohnende Schönheit. Aber das ist dann nur mehr eine Kleinigkeit.“
Er zwinkert mir zu, ich beginne ihn für einen Scharlatan zu halten. Im Gesicht Richards sehe ich aber keinerlei Zweifel, seine Augen leuchten.

Wir gehen durch einen schmalen Gang, der vor Farben zu glühen scheint. An beiden Seiten hängen Stoffe in langen Bahnen herunter, unwillkürlich streiche ich mit der Hand im Vorbeigehen darüber. Rau, weich, glatt, kratzig, dünn, wollig, kühl, strukturiert, pelzig, metallisch, linnen, warm, leicht, aus Spitze, anschmiegsam, baumwollen, schwer, seidig, hart, samtig, geschmeidig, spinnwebartig, grob, haarig, dick, fedrig, steif, bestickt, fasrig … meine Hand spürt schneller, als mein Kopf die richtigen Wörter bilden kann.
„Und schon haben Sie die erste Aufgabe erledigt!“ Der Meister dreht sich wieder herum und zeigt mit dem rechten kleinen Finger nach oben zur Decke, an der die Stoffe befestigt sind. „Da gehen Leitungen zum Computer weg, die Reaktionen Ihrer Haut auf die verschiedenen Stoffe sind bereits gespeichert!“

Der Raum, in den wir jetzt gelangen, lässt sich unschwer als der gläserne Anbau erkennen, der mir vorher schon auffiel. Eine Breitseite ist völlig mit einem riesigen Bildschirm bedeckt, in einer Ecke steht ein normal aussehender Computer, ansonsten ist der Raum leer.
„Um zum Formprinzip eines Menschen zu gelangen, kann man verschiedene Paradigmen nehmen, aber es genügen ein paar, müssen nicht viele sein. Die folgenden Aufgaben sind leicht zu erledigen. Zuerst möchte ich Sie bitten, bewegen Sie sich einfach durch den Raum.“
Das schwache, bläuliche Licht wird heller und leise Musik beginnt zu spielen. Nun kann ich mich selbst auf dem Bildschirm sehen, wie ich mitten im Raum stehe, noch unsicher und zögerlich, dann beginne ich zu gehen. Als Erstes wird mein Körper genau in der Mitte durch eine Linie geteilt, dann kommen einige Querlinien dazu, die meine Schultern, meine Hüften, meine Knie betonen. Die Linien bleiben vorerst starr, doch dann beginnen sie wie schwarze Schlangen über meinen Körper zu huschen, werden immer mehr, verharren hier und da, um dann, manchmal tastend, manchmal rasend schnell, ihre Position wieder zu verändern. Meine Formen werden in geometrische Formen umgewandelt, Kuben, Würfel, Röhren. Die Musik wechselt, nun sind es afrikanische Trommeln, deren komplizierte, in sich verschlungene Rhythmen mich zu ein paar Tanzschritten animieren. Auch das muss in den Unterlagen gewesen sein, die Richard dem Meister zukommen hat lassen. Meine Tanzleidenschaft. Meine weichen Hügel und Täler werden nun zu einem plastischen, sich bewegenden Rasterfeld, Dann sehe ich mich wieder klar auf dem Bildschirm, unzerteilt und vollständig, schwer atmend. Um mich nicht weiter selbst beobachten zu müssen, sehe ich in den Garten hinaus. Da steht das Pony, schmiegt sich so fest von außen an die Glaswand, dass sein runder Bauch platt erscheint, und rührt nicht einmal ein Ohr. Fragend schaue ich zum Meister.
„Ich hätte irgendein Tier nehmen können, aber ich mag den kleinen Frechdachs nun einmal so gern.“ Wieder bebt die gelbe Seide. Als er sich wieder beruhigt hat, ich glaube, ich hörte die Fenster leise scheppern, setzt er fort: „Wenn man nun bei unserem kleinen Experiment Ihre Daten mit einem animalischen Prinzip mischt, dann tritt die in Ihnen angelegte vollkommene Form leichter zu Tage, denn sie wird vor allem durch kulturelle und zivilisatorische Prozesse verdeckt. Die Daten des Ponys werden über die Glaswand übertragen.
Und nun bitte ich Sie, geben Sie uns eine Probe Ihrer Stimme, damit wir unsere Arbeit fortsetzen können. Ihr Mann hätte gerne, dass Sie diesen Text lesen.“ Richard habe ich inzwischen ganz vergessen, ich sehe zu ihm hinüber, seine Wangen haben eine fiebrige Röte. Ich bin viel zu neugierig auf dieses Spiel hier, für Argwohn hab ich jetzt keine Zeit.

Auf dem Bildschirm erscheint ein Text, den ich laut zu lesen beginne: „ … Siehe, schön bist du, meine Freundin. Siehe, du bist schön! Deine Augen leuchten wie Tauben hinter deinem Schleier hervor. Dein Haar ist wie eine Herde Ziegen, die vom Gebirge Gilead hüpfen. Deine Zähne sind wie eine Herde frisch geschorener Schafe, die aus der Schwemme heraufkommen, jeder Zahn hat seinen Zwilling, keinem von ihnen fehlt er. Wie eine karmesinrote Schnur sind deine Lippen, und dein Mund ist lieblich. Wie eine Granatapfelscheibe schimmert deine Schläfe hinter deinem Schleier hervor. Dein Hals ist wie der Turm Davids, der rund gebaut ist. Tausend Schilde hängen daran, alles Schilde von Helden. Deine beiden Brüste sind wie zwei Kitze, Zwillinge der Gazelle, die in den Lilien weiden. Wenn der Tag verhaucht und die Schatten fliehen, will ich zum Myrrhenberg hingehen und zum Weihrauchhügel. Alles an dir ist schön, meine Freundin, und kein Makel ist an dir …“
Während ich lese, werden meine Laute an der Wand zu Bildern, jedes Zittern und Zögern in der Stimme, alle Höhen und Tiefen, rufen andere Farben und Formen hervor, und als ich während des Lesens beginne, Trauer zu empfinden, Trauer darüber, dass ich niemals diese naive Bedingungslosigkeit der Liebe erfahren werde, von dem dieser sehr alte Text erzählt, und ich mich gleichzeitig aus ganzem Herzen danach sehne, entstehen immer deutlichere Muster. Und dann kommt noch der Ärger hinzu, dass mich Richard diesen Text lesen lässt, was für eine Attitüde, weiß er nicht, dass es zwischen uns niemals so war und auch niemals so sein wird? Wenn ich für ihn so etwas wäre wie die Freundin im Lied, würde ich nicht hier stehen und nach meinem verdammten Formideal suchen. Ich breche ab.

Der Meister tritt lächelnd zu mir, seine gelben Augenringe leuchten und ich beginne mich ein wenig vor ihm zu fürchten. Er kann die Muster an der Wand sicher deutlich lesen. Ich werde rot und höre nur entfernt, was er jetzt zu mir sagt:
„Das Folgende ist ein wenig intim, und Sie müssen es nicht tun, aber es verkürzt das ganze Verfahren erheblich!“ Bei diesen Worten reicht er mir zwei weiße Leinenfleckchen. Ich will jetzt möglichst schnell hier raus und nehme ihm die Stoffteile aus der Hand.
„Reiben Sie sich mit einem fest den Nacken und mit dem anderen, na ja, … den zentralsten Punkt Ihres Körpers, dort, wo Sie am meisten nach sich selbst riechen. Ich gehe solange hinaus.“
Einen Moment lang sehe ich ihn ratlos an, dann nicke ich. Als er draußen ist, stürzt Richard auf mich zu.
„Darf ich das machen?“
Warum ist er jetzt so scharf darauf, mich da mit diesem Stofffetzen zu berühren, sonst greift er mich doch auch nur noch selten an.
„Der Geruch deiner Finger könnte das Ergebnis verfälschen“, antworte ich geistesgegenwärtig und erledige die Aufgabe möglichst rasch. Dann gehe ich zur Tür und sage, dass ich fertig bin. Der Meister tritt wieder ein, nimmt die Leinenstückchen an sich und legt sie auf eine Art Scanner. Das Pony klebt noch immer an der Scheibe.

Auf dem Bildschirm an der Wand erscheint noch einmal mein Bild. Ich trage ein dunkelrotes, weich fallendes Kleid, ich bin wunderschön. Viel schöner als in Wirklichkeit. Richard steht fasziniert davor und starrt und beachtet mich nicht weiter.
„Das ist das Ergebnis?“, fragt Richard heiser.
„Ja, aber etwas fehlt noch!“
„Was denn?“ Und Richard beginnt, die Linien dieser Frau an der Wand mit dem Finger nachzuziehen, dann berührt er voll Zärtlichkeit ihr Gesicht, ihre Brüste, lässt die Hand dann auf einer ihrer Hüften liegen.
Der gelbe Berg wendet sich mir zu und sieht mich ernst an.
„Sagen Sie mir etwas, was aus Ihrer tiefsten Seele kommt, ein Geheimnis! Ich brauche noch ein Stückchen Ihrer Essenz.“
„Ja!“, Richard wendet sich triumphierend mir zu, schiebt sich zwischen den Meister und mich, packt meine Hände und schüttelt sie, „gib etwas von deiner Essenz, damit dieses Kleid Wirklichkeit wird, damit du vollkommen wirst, sag schon, sag es endlich, sag mir, was in deiner tiefsten Seele ruht, sag mir endlich, was ich noch nicht von dir weiß!“ Die letzten Worte schreit er. Nichts ist mehr da vom selbstsicheren, geschmeidigen Tier, er ist ein Fanatiker geworden, der schlecht aus dem Mund riecht.
Ich stehe ruhig und schaue ihm fest in die Augen.
„In meiner tiefsten Seele verabscheue ich dich!“, stoße ich hervor. Dann laufe ich hinaus in den Garten. Ich bleibe auf dem Kiesweg stehen, hole tief Luft, weiß nicht, was ich jetzt machen soll, wie ich von hier wegkomme, beginne zu weinen. Da schiebt sich etwas Warmes, Feuchtes an meine Seite, das Pony stupst mich mit seinem Kopf.
„Warten Sie, Madame, es tut mir leid, ich hab noch etwas für Sie!“ Die Stimme des Meisters ist atemlos.
„Ich will es nicht!“
„Madame, Sie verstehen nicht, zu einer vollkommenen Frau gehört auch ihre innere Freiheit!“ Bei diesen Worten verbeugt er sich und überreicht mir ein in braunes Packpapier eingeschlagenes Paket. Ich reiße es auf, darin ist ein altes, weißes Herrenhemd, das einmal meinem Mann gehört hat.

In der feuchten Nachtluft beginnen sich meine Haare zu kräuseln.

 

Bevor ich mich dem neuen Copywrite-Spiel zuwende, musste ich noch diese alte Schuld abtragen, das Vorbild ist Quinns Perfektion

 

Hey Andy!

Hmmm, ich bin vollkommen überzeugt. Das ist also die Frauen-Version, sie gefällt mir ein bisschen besser als das Original. Soll der Quinn ruhig heulen, hier sind mehr Emotionen drin, dafür ist seine Sprache schöner, und hier gibt es ein anständiges Ende. Eigentlich hasse ich diese Vergleich-Spielchen, deshalb lasse ich das jetzt auch.
Cool ist, dass die Figur wieder eine Rebellin ist. (Wie von dir gewohnt :P) Sie wird von Richard gefangen, ein Opfer seiner Gier nach Perfektion, und als er merkt, dass sie gegen ihn rebelliert, will er sich eine neue erschaffen. Also das wäre die Horror-Version. Die normale bzw. die romantische Version wäre, dass er ihr wirklich dieses perfekte Kleid schenkt, aber sie will das eben nicht, oder nur bedingt, und da kommen halt die letzten Sätze ins Spiel, dass eine perfekte Frau auch eben mit sich selbst zufrieden sein muss und das ist in diesem Fall auch mal mit seinen Ecken und Kanten klar zu kommen.
Ehm, ja, so habe ich es verstanden, wenn es nicht so ist, auch gut, ich habs genossen. Gut gemacht! :P Und jetzt: Husch, husch, schreib die nächste Geschichte. Das kommt davon, wenn man sich verspätet.

aja: etwas Negatives muss ich doch loswerden, die Erklärungen von diesem Künstler ... gähn. Ja, da werden ein paar Leser kommen und sie wünschen sich Erklärungen, man hätte diese aber eventuell kürzer und knackiger darstellen können? Ansonsten hatte ich stellenweise das Gefühl mich in einem SciFi-Roman verirrt zu haben. ;) Aber ja, ich weiß auch, dass du sie brauchst.

JoBlack

 
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Hallo Andrea,

diese Geschichte gefaellt mir ausgesprochen gut. Ich ward ein bisschen an die Stepfordfrauen erinnert, aber das machte mir gar nix, denn der Text hat genug eigenes und vor allem eine hervorragende Geschlossenheit - alles passt zusammen und macht Sinn (ja, ich weiss, dass man "Sinn machen" nicht sagen soll, aber als Autor tut man das doch idealerweise). Ich dachte auch an Tom Cruise und Katie Holmes. Ich bin mir sicher solche Essenzifizierungen, Symphatetisierungen fuehren die bei Scientology auch durch. Ich hatte das mit dem Formenprinzip uebrigens auch schon als Anspielung auf die Essenz verstanden, bevor ich "Essenz" las.
Die Beziehung der beiden Hauptfiguren wird hier feiner ausgesponnen als im Original, das gefaellt mir sehr gut. Ich habs gespuert, es hat mich beruehrt.
Die Sprache tritt hier natuerlich mehr in den Hintergrund, aber das fand ich nicht schlecht. Zu bemaengeln haette ich allerdings, dass man einige Saetze mit Gewinn vereinfachen koennte. Da werden oft so viele Informationen in eins gepackt, dass ich ganz wirr werde.
Das Pony, oh das Pony fand ich super als "das Animalische". Har har. War das eine Antilopen-Persiflage?

Er war wie eine Großkatze, die auf der Jagd noch genug Kraft auch für das Spiel hat. Ich will, dass er mich sofort vor sich her jagt.
hmmmm?

Die Erklaerungen des Kuenstlers sind tatsaechlich etwas ausschweifend.

Kleines:

Seine Hände lagen ruhig und kraftvoll auf dem Lenkrad, nervige, zupackende Werkzeuge, sie schienen mir ein ausdrucksvolles Abbild seiner flinken Intelligenz.
Ich kann mir zwar denken, dass "nervig" hier sowas wie feinfuehlig sein soll, fuer mich ist es aber etwas, was einem auf die Nerven geht, und das war ja damals nicht der Fall.
"ausdrucksvoll" koennte man sich hier uebrigens sparen.

Noch immer liegen seine Hände beherrschend auf dem Lenkrad, nur die Fingerknöchel treten stärker hervor als früher, so fest hält er es umklammert. Alles im Griff.
Da fuehle ich mich als Leser unterfordert. Sowas sehe ich schon alleine.

Denn das Idealbild, das Richard von mir entwarf, was ich sein könnte, wenn ich mich wirklich bemühte, war so schillernd, dass ich dem immer mehr entsprechen wollte.
Das klingt mir nicht gut. Der ganze Satz ist etwas schachtelig.

Sein Rücken ist schön, ich habe dem Muskelspiel unter der Haut zugesehen, als er sich rasierte, die Linie von der Schulter bis zur Taille hat noch immer einen atemberaubenden Schwung.
na ja

Wir bleiben vor der Einfahrt zu einer Villa stehen, der man sofort ansieht, dass sie einem Künstler gehört: Der Garten ist gediegen verwildert, es stehen einzelne Bänke herum, die überhaupt nicht zueinander passen, aber trotzdem gut harmonieren. Das Haus selbst ist ein moderner Bau in schlichtem Weiß, die riesige Holztür scheint jedoch sehr alt zu sein.
Das gefaellt mir.

Das Haus hat einen gläsernen Anbau, der wie ein Wintergarten aussieht, in dem aber ein unbestimmbares Licht zu glühen scheint, das die weißen Flecken des Ponys bläulich leuchten lässt.
Ich wuerde "glueht" vorschlagen. Das fetzt mehr.

Aber da erscheint ein riesiger Mann in der Tür, hellgelbe Wildseide umschmeichelt seine beachtliche Körperfülle.
he he

Rau, weich, glatt, kratzig, dünn, wollig, kühl, strukturiert, pelzig, metallisch, linnen, warm, leicht, aus Spitze, anschmiegsam, baumwollen, schwer, seidig, hart, samtig, geschmeidig, spinnwebartig, grob, haarig, dick, fedrig, steif, bestickt, fasrig
Da sind sie, die Adv... aeh, die Adjektive. Das wollte ich Quinn sowieso noch fragen. Warum zum Henker Adverb(i)en?

Als Erstes wird mein Körper genau in der Mitte durch eine Linie geteilt, dann kommen einige Querlinien dazu, die meine Schultern, meine Hüften, meine Knie betonen.
oder: markieren?

Meine Formen werden in geometrische Formen umgewandelt
Da muss was anderes her.

Da steht das Pony, schmiegt sich so fest von außen an die Glaswand, dass sein runder Bauch platt erscheint, und rührt nicht einmal ein Ohr.
So huebsch!

Warum ist er jetzt so scharf darauf, mich da mit diesem Stofffetzen zu berühren, sonst greift er mich doch auch nur noch selten an.
Weil er schoepfen und kontrollieren will, der Arsch.

In der feuchten Nachtluft beginnen sich meine Haare zu kräuseln.
Genau!

Ja, war schoen. Aber die Sprache koennte man echt etwas entzerren.

lg
fiz

edit: Nachdem ich Perfektion nochmal gelesen habe, fiel mir auf, dass Du ja das uuhh, uhhh daraus uebernommen hast. Jetzt frage ich mich, warum es mir dort ueberzogen, hier aber stimmig vorkam. Es kann ja nicht daran liegen, dass hier der Mann der Arsch ist.

 

Sorry fürs Spammen, Andy, aber ...

Aus meiner ganz subjektiven Sicht heraus würde ich sagen, dass ralfchen durch seine »Aktion« etwas wie einen Fluch aufgelöst haben könnte, der über der deutschen Literatur liegt.
Und jetzt tritt sie hervor in ihrer Schönheit, in ihrer Perfektion.

da muss ich ganz laut lachen. :rotfl::rotfl: einfach zu köstlich.

 

Hallo,

ich kann die Geschichte nicht ab. Dabei fand ich sie zu Beginn gelungen, die Exposition im Auto ist dicht, das mit den Ordnern ist eine schöne Idee, aber irgendwann im Haus reißt für mich der Faden ab, als es auf das Finale zuläuft. Der überzeichnete Kontrollfreak wird fanatisch, will sie nicht mehr nur formen, sondern total besitzen - was er ja bis zu diesem Abend ohnehin schon tat -, der tuckige gelbe Marlon Brando (in der Dr. Moreau-Phase seiner Karriere) hört sich selbst gern reden und die Frau erlebt eine Epiphanie aus dem Nichts und entkommt dann dem Konflikt durch simples Abhauen.
Und es hat auch noch ein Happy-End. Dr Moreau schlägt sich auf ihre Seite, sie hat alles richtig gemacht.
Das ist für mich ein Text, wie ich ihm auf so einen okümenischen Frauenfrühstück erwarten würde, von denen ich immer halb-fasziniert in der Zeitung lese. Na gut, damit tut man ihm auch unrecht, er ist wesentlich besser als durchschnittlich geschrieben, wenn du dir auch manche Spässchen verkneifen solltest. Also ein dreißiggliedriges Adverbien (BASTA!) Dauerfeuer. Wer hält das durch? Und du bleibst auch manchmal auf Szenen zu lange drauf, variierst dann nur in verschwenderischem Überfluss die Verben, ohne der Situation etwas neues hinzuzufügen. Aber das Ende halt.
Die Emanzipation der Frau; da werden die Figuren ein gutes Stück zu Gunsten der Pointe verraten. Ich mag sowas einfach nicht.

Gruß
Quinn

Ach ja, are-efen: Dass ralfchens "Aktion" darin bestand, den Webmaster mit Göbbels zu vergleichen, ist dir nicht entgangen, oder? Und dass Andrea Österreicherin ist und damit keine deutsche, sondern nur deutschsprachige Literatur produziert, Schwamm drüber. Das große Ganze zählt.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey Josi!

Hmmm, ich bin vollkommen überzeugt. Das ist also die Frauen-Version, sie gefällt mir ein bisschen besser als das Original. Soll der Quinn ruhig heulen, hier sind mehr Emotionen drin, dafür ist seine Sprache schöner, und hier gibt es ein anständiges Ende. Eigentlich hasse ich diese Vergleich-Spielchen, deshalb lasse ich das jetzt auch.
Wenn´s zu meinen Gunsten ausfällt, warum nicht? ;)
Cool ist, dass die Figur wieder eine Rebellin ist. (Wie von dir gewohnt :P)
Jo, vielleicht sollte ich mal eine Geschichte mit einem Mäuschen mit Brille schreiben ...
Sie wird von Richard gefangen, ein Opfer seiner Gier nach Perfektion, und als er merkt, dass sie gegen ihn rebelliert, will er sich eine neue erschaffen. Also das wäre die Horror-Version. Die normale bzw. die romantische Version wäre, dass er ihr wirklich dieses perfekte Kleid schenkt, aber sie will das eben nicht, oder nur bedingt, und da kommen halt die letzten Sätze ins Spiel, dass eine perfekte Frau auch eben mit sich selbst zufrieden sein muss und das ist in diesem Fall auch mal mit seinen Ecken und Kanten klar zu kommen.
Schön, dass du gleich mehrere Interpretationen anbietest! :) Aber eine Horrorgeschichte ist es ja eher nicht, hat wohl doch eher auch märchenhafte Züge. Ansonsten, ja, es geht doch vor allem darum, dass in der Perfektion auch eine Gefahr liegt.
Ehm, ja, so habe ich es verstanden, wenn es nicht so ist, auch gut, ich habs genossen. Gut gemacht! :P Und jetzt: Husch, husch, schreib die nächste Geschichte. Das kommt davon, wenn man sich verspätet.
Freut mich wirklich! :) Und: Aye, Aye, Sir!
aja: etwas Negatives muss ich doch loswerden, die Erklärungen von diesem Künstler ... gähn.
Ja, da bin ich etwas übers Ziel hinausgeschossen, geb ich zu!

Danke dir! Und: Du warst die Erste! *bussi*


Hallo Feirefiz!

Ich ward ein bisschen an die Stepfordfrauen erinnert,
Ja, ich mochte den Film auch sehr, vor allem die Originalversion.
aber das machte mir gar nix, denn der Text hat genug eigenes und vor allem eine hervorragende Geschlossenheit - alles passt zusammen und macht Sinn (ja, ich weiss, dass man "Sinn machen" nicht sagen soll, aber als Autor tut man das doch idealerweise).
Ja, ich weiß, einem Text einen Sinn zu geben oder eine offensichtliche Botschaft, das ist peinlich und sollte tunlichst vermieden werden.;)
Ich dachte auch an Tom Cruise und Katie Holmes. Ich bin mir sicher solche Essenzifizierungen, Symphatetisierungen fuehren die bei Scientology auch durch. Ich hatte das mit dem Formenprinzip uebrigens auch schon als Anspielung auf die Essenz verstanden, bevor ich "Essenz" las.
Gut, dann ist das ja auch bei dir richtig angekommen! :)
Die Beziehung der beiden Hauptfiguren wird hier feiner ausgesponnen als im Original, das gefaellt mir sehr gut. Ich habs gespuert, es hat mich beruehrt.
Auch das freut mich sehr!
Die Sprache tritt hier natuerlich mehr in den Hintergrund, aber das fand ich nicht schlecht. Zu bemaengeln haette ich allerdings, dass man einige Saetze mit Gewinn vereinfachen koennte. Da werden oft so viele Informationen in eins gepackt, dass ich ganz wirr werde.
Ja, das kann ich nachvollziehen, ich hab eine Schwäche für lange Sätze. Du hast dann ja auch einige Beispiele angeführt, mal schaun, was ich ändern werde.
Das Pony, oh das Pony fand ich super als "das Animalische". Har har. War das eine Antilopen-Persiflage?
Klar findest du das Pony super, ist ja auch schwarz-weiß gefleckt! ;)
Zitat:
Er war wie eine Großkatze, die auf der Jagd noch genug Kraft auch für das Spiel hat. Ich will, dass er mich sofort vor sich her jagt.
hmmmm?
als erotische Beute, ist wohl etwas unklar hier
Die Erklaerungen des Kuenstlers sind tatsaechlich etwas ausschweifend.
Ja, werd ich kürzen.


Zitat:
Das Haus hat einen gläsernen Anbau, der wie ein Wintergarten aussieht, in dem aber ein unbestimmbares Licht zu glühen scheint, das die weißen Flecken des Ponys bläulich leuchten lässt.
Ich wuerde "glueht" vorschlagen. Das fetzt mehr.
Geht nicht, weil schon vorher verwendet!
Da sind sie, die Adv... aeh, die Adjektive. Das wollte ich Quinn sowieso noch fragen. Warum zum Henker Adverb(i)en?
Frag ihn!
Zitat:
Warum ist er jetzt so scharf darauf, mich da mit diesem Stofffetzen zu berühren, sonst greift er mich doch auch nur noch selten an.
Weil er schoepfen und kontrollieren will, der Arsch.
LOL
edit: Nachdem ich Perfektion nochmal gelesen habe, fiel mir auf, dass Du ja das uuhh, uhhh daraus uebernommen hast. Jetzt frage ich mich, warum es mir dort ueberzogen, hier aber stimmig vorkam. Es kann ja nicht daran liegen, dass hier der Mann der Arsch ist.
Hm, ja, ich denke tatsächlich, dass eher Männer auf diese Art sarkastisch sind ... *zwinker*

Hab mich sehr über deinen Kommentar gefreut! Vielen Dank!


Hallo Are-Efen!

Das ist eine außerordentlich gelungene Geschichte.
Eine völlig andere Qualität!
Schön, dass du das so siehst, aber andere Qualität?
Aus meiner ganz subjektiven Sicht heraus würde ich sagen, dass ralfchen durch seine »Aktion« etwas wie einen Fluch aufgelöst haben könnte, der über der deutschen Literatur liegt.
Und jetzt tritt sie hervor in ihrer Schönheit, in ihrer Perfektion.
Ist nicht dein Ernst, oder? Weder ist Ralfchen imstande die deutsche Literatur mit einem Fluch zu belegen, noch ich, diesen wieder aufzuheben. :schiel:


Hallo Quinn!

Ja, schnell mal das Etikett "Frauengeschichte" draufgeklebt und ab in den Mist damit ...

Der überzeichnete Kontrollfreak wird fanatisch, will sie nicht mehr nur formen, sondern total besitzen - was er ja bis zu diesem Abend ohnehin schon tat -,
Nein, eigentlich nicht, klar besitzt er sie schon immer, aber hier will er noch das Letzte aus ihr raussaugen, nur damit ihr Idealbild endlich Wirklichkeit wird.
der tuckige gelbe Marlon Brando (in der Dr. Moreau-Phase seiner Karriere) hört sich selbst gern reden und die Frau erlebt eine Epiphanie aus dem Nichts und entkommt dann dem Konflikt durch simples Abhauen.
Epiphanie aus dem Nichts? Ja, klar, es wird ja nur in der ersten Hälfte der Geschichte schon die ganze Zeit vorbereitet, dass sie da herauswill. Und auch bei der Stelle, wo sie den Text liest, merkt sie das Missverhältnis zwischen ihrer tatsächlichen Lage und der idealen Liebesbeziehung. Als sie merkt, dass er zu ihrem Idealbild zärtlicher ist als zu ihr, das ist für sie der point of no return. Sie haut nicht ab, ohne es ihm deutlich zu sagen, dass sie ihn nicht mehr will. Was soll sie denn da noch großartig sagen?
Und es hat auch noch ein Happy-End. Dr Moreau schlägt sich auf ihre Seite, sie hat alles richtig gemacht.
Was für ein Vorwurf!
Das ist für mich ein Text, wie ich ihm auf so einen okümenischen Frauenfrühstück erwarten würde, von denen ich immer halb-fasziniert in der Zeitung lese. Na gut, damit tut man ihm auch unrecht, er ist wesentlich besser als durchschnittlich geschrieben,
Ja, hab mich wirklich getraut, einen Text mit einer eindeutigen Botschaft zu schreiben. Wie peinlich! Und hat ja auch heutzutage überhaupt keine Relevanz mehr, heutzutage, wo für viele Frauen Styling und gutes Aussehen das Wichtigste überhaupt ist. Was genau war denn die Botschaft bei deiner Geschichte? Aja, wenn Frauen zickig werden, dann werden sie auf ein Rad geschnallt und gequält, um zu ihrer Essenz zu gelangen. Und am Ende geht der Mann wieder glücklich, weil wieder allein seiner Wege. Hat sich irgendeine Frau hier darüber beschwert? Nein, denn Frauenfeindlichkeit ist ja cool, während emanzipatorische Texte ja immer sowas von peinlich sind. Und damit, mit dem Vorwurf ja nur ein Frauentext zu sein, kann man ihn ja auch ganz schnell niedermachen.
Und du bleibst auch manchmal auf Szenen zu lange drauf, variierst dann nur in verschwenderischem Überfluss die Verben, ohne der Situation etwas neues hinzuzufügen. Aber das Ende halt.
Die Emanzipation der Frau; da werden die Figuren ein gutes Stück zu Gunsten der Pointe verraten. Ich mag sowas einfach nicht.
Ja, bleibt dir unbenommen, aber die Pointe ist von Anfang an in den Figuren angelegt.

Vielen Dank euch allen für eure Kommentare!

Gruß
Andrea

 

Er war wie eine Großkatze, die auf der Jagd noch genug Kraft auch für das Spiel hat. Ich will, dass er mich sofort vor sich her jagt.
hmmmm?
als erotische Beute, ist wohl etwas unklar hier
Also wirklich. Das ist doch so alt ;), das kann doch gar nicht unklar sein. Mein hmmm? bezog sich noch auf die Frage, ob Du Dich bei diesem Jagdthema auf die Antilope bezogen hast, die ja ebenso Maennertext ist, wie dieser hier Frauentext.

Das Haus hat einen gläsernen Anbau, der wie ein Wintergarten aussieht, in dem aber ein unbestimmbares Licht zu glühen scheint, das die weißen Flecken des Ponys bläulich leuchten lässt.
Ich wuerde "glueht" vorschlagen. Das fetzt mehr.
Geht nicht, weil schon vorher verwendet!
Du sollst ja nicht "leuchtet" mit "glueht" ersetzen, sondern "zu gluehen scheint". Und "scheint" ist auch tatsaechlich vorher verwendet.

Ah, Missverstaendnisse!

 

Hi Andy!

Volle Deckung, nu gibt’s Männer-Solidarität! :D

Nein, gibt es nicht, keine Sorge. Die Geschichte hat mir auch ganz ohne Solidarität nicht so gefallen. Dabei fand ich sie von der Idee her richtig gut. Der oberflächliche Kerl, der seine Frau neu verkleiden will, um sie vollkommen zu sehen. Sie, die sie aus der Beziehung ausbrechen will, muss, was auch immer. Diese Zuspitzung bis zum für ihn überraschenden »Ich verabscheue Dich«. Die Pointe mit dem Hemd als Zeichen ihrer Freiheit oder Vollkommenheit. Das ist alles wirklich toll ... in der Theorie.
Leider hat das alles bei mir nicht gewirkt, und das mag nu wirklich wieder an der ollen Mädels/Jungs-Geschichte liegen – ich weiß es nicht.

Den Vergleich zu Quinns Geschichte stelle ich mal nicht an. Dafür sind die beiden zu unterschiedlich in ihrer Absicht. Also, alle Kritik ist losgelöst vom Copywrite!

Warum die Pointe bei mir verpufft ist, liegt denke ich daran: Ich hab die Erzählerin als wirklich nervige, unbefriedigte Zicke wahrgenommen, die selbst nicht weiß, was sie eigentlich will (Beweisführung folgt). Die Charakterisierung Richards erfolgt nu leider zu 80% über ihre Äußerungen, so dass ich ihn als Figur nicht richtig ernstgenommen habe. Ich konnte nie wissen, wie er wirklich ist, weil sie in ihrer unschlüssigen Art (Ich will ihn, ich will ihn nicht, ich find ihn begehrenswert, er soll’s aber nicht merken, ich verabscheue ihn ...) einfach nicht in der Lage war, ihn mir nahe zu bringen. Und am Ende steht die – in meinen Augen :) - unbefriedigte Zicke so orientierungslos da, wie zuvor auch. Ich kann da auch jetzt bei ihr einfach keine Vollkommenheit entdecken, keine günstige Entwicklung, tut mir leid.

Vielleicht muss man tatsächlich Frau sein, um der Erzählerin so zu glauben, dass die Geschichte am Ende funktioniert; oder vielleicht muss man Mann sein, um Richards alleinigen schädlichen Einfluss auf die Beziehung zu übersehen ... keine Ahnung. Aber in meinen Augen sind beide gleich bekloppt, weil sie noch zusammen sind. Genauso gut hätte Richard am Ende ihr Kleid bekommen können, für seine Vollkommenheit. War nicht so gemeint, klar, aber die Figuren hab ich halt so wahrgenommen. Beide schuldig, beide zickig, beide unvollkommen.

Ich versuch mich mal an Anmerkungen:

... von dem wilden Mädchen, das mit Vorliebe alte Männerkleidung getragen hatte und deren krauses Haar ...
dessen krauses Haar

„Ich mag es, wenn du kratzbürstig bist, das fordert mich heraus, und außerdem …“, dabei fasst er meine linke Hand und legt sie sich auf den Schritt, „spür ich das dann hier!“
Jau, hier ist mal eine der Stellen, in denen Richard sich durch seine Äußerungen ungefiltert dem Leser präsentiert. Und dabei so glaubwürdig auftritt, wie ein Weißer in einem Spike-Lee-Film. :D
Das fand ich so überspitzt, dass ich es nur mit einem Augenrollen abgetan hab, und nicht zu seiner Charakterisierung verwendet hab. Und dass er der »Schuldige« an der komischen Beziehung ist: käme er denn auf, dieser Eindruck verflöge gleich in den nächsten Zeilen, wenn sie wieder loslegt:
Er soll nicht merken, dass ich es noch immer erregend finde, wenn er so direkt ist.
Und:
„Nicht jetzt“, sagt er, „das heben wir uns für nachher auf, wenn ich dir dein Geburtstagsgeschenk gezeigt habe.“ Dabei fasst er meine Hand und legt sie mir zurück auf den Oberschenkel, den er nicht berührt. Es geht nach seinem Plan, nicht nach meinem.
Weia ... sie macht’s widerwillig, genießt’s aber, will aber nicht, dass er merkt, dass sie es eigentlich auch will, dann legt er ihre Hand wieder zurück – und sie macht ihm Vorwürfe? Moan ... Und von ihr soll ich mir Richard charaktersieren lassen?

„Ja, bald! Du wirst etwas sehr Schönes geschenkt bekommen, aber du wirst dafür auch etwas tun müssen. Ich habe es selbst noch nicht gesehen, aber ich verspreche mir sehr viel davon!“
Hm, das empfinde ich jetzt mal losgelöst von der Handlung als zu gestelzt für eine wörtliche Rede.

Ich gähne demonstrativ, meine Neugierde soll er nicht merken, wenn ich schon vorher meine Erregung nicht verbergen konnte.
„Müde?“ Wieder lächelt er, ich hasse es, dass er mich so gut kennt. Als ich wieder beginne, mit meinen Fingernägeln gegen die Scheibe zu tippen, gibt er endlich seine Gelassenheit auf. Er steigt hart auf die Bremse.
„Wenn es für Madame zu langweilig wird, dann kann ich auch einfach umdrehen!“ Seine Stimme rasselt wie ein Hund an der Kette.
Ich sehe von der Seite, wie er seinen Kopf vorschiebt, über seiner rechten Augenbraue ist eine tiefe Querfalte entstanden. Ich setze noch eins drauf.
„Ach nein, es bedeutet dir ja offensichtlich so viel!“ Jetzt hab ich gewonnen. Richard knurrt.
Weiter geht’s: Sie zickt, Richard zickt, beide zicken. Ich hab da Sympathien für keinen von beiden. Keine gute Ausgangsposition für die Pointe ...

Die Mappe irritiert mich, und ich weiß nicht, ob das meinen Argwohn wecken oder ob ich mich geschmeichelt fühlen soll. ...
„Ah, da sind wir ja endlich!“ So aufgeregt hab ich ihn schon lange nicht mehr gesehen. Ich beschließe, das Ganze amüsant zu finden.
Das meinte ich mit »orientierungslos«. Sie wankelt da zwischen den Stimmungen hin und her – also ich (als Mann?) kann das nicht nachvollziehen.

Rau, weich, glatt, kratzig, dünn, wollig, kühl, strukturiert, pelzig, metallisch, linnen, warm, leicht, aus Spitze, anschmiegsam, baumwollen, schwer, seidig, hart, samtig, geschmeidig, spinnwebartig, grob, haarig, dick, fedrig, steif, bestickt, fasrig …
Zu viiieeel ... Ich weiß, es erschlägt sie. Aber mich hat’s auch erschlagen. Da würde ich einiges kürzen, oder auch mal was Ausformuliertes dazwischenschieben.

Ich bin viel zu neugierig auf dieses Spiel hier, für Argwohn hab ich jetzt keine Zeit.
...
Ich will jetzt möglichst schnell hier raus und nehme ihm die Stoffteile aus der Hand.
Wankel, wankel ... :)
Also, rein vom Aufbau her hätte ich ein lineares Reinsteigern in die Ablehnung Richards besser gefunden. Dieser Text, den sie da lesen muss, der ist super geeignet für die Stelle kurz vor ihrem Ausbruch! Aber nee, sie reibt sich vorher noch das Tuch an ihrem ... Bauchnabel? :)
Warum macht Frau Wankel das denn alles noch mit? Ich (als Mann?) versteh sie einfach nicht ...

„Der Geruch deiner Finger könnte das Ergebnis verfälschen.“, antworte ich geistesgegnwärtig.
Der Punkt hinter »verfälschen« muss noch weg. Och, und das »geistesgegenwärtig« gleich mit, oder?

„In meiner tiefsten Seele verabscheue ich dich!“, stoße ich hervor. Dann laufe ich hinaus in den Garten. Ich bleibe auf dem Kiesweg stehen, hole tief Luft, weiß nicht, was ich jetzt machen soll, wie ich von hier wegkomme, beginne zu weinen.
Je, jetzt heult sie auch noch ... Oh Mann, so eine tolle Pointe, und doch verpufft sie bei mir. Und alles nur wegen dieser ... Frau. :)

Nee, ja, nee ... mir hat’s nicht so gefallen. Super Idee, sprachlich auch wieder souverän, gar keine Frage ... Aber die Erzählerin ging mir dann doch auf den Keks, so dass sie das ganze schöne Gerüst eingerissen hat. Schade. Ich hoff, Du konntest sehen, warum’s mir nicht so behagt hat.

Bis denne,
Fisch

 

Hi Andrea!

Ich dachte mir, dass das hier wohl ein Copywrite von Quinns "Perfektion" ist, einer Geschichte, die mir sehr gefiel, darum habe ich diese Geschichte natürlich auch gelesen. Ich finde eigentlich das Vergleichen auch blöd, aber ganz kann ich es mir nicht verkneifen, weil ich doch sehr den Eindruck habe, dass das hier als eine "Antwort" auf "Perfektion" gedacht ist.
Deine Version gefällt mir nur bedingt.
Sprachlich ist sie beeindruckend, keine Frage, da bin ich ja nicht die erste, die das sagt. Und die Idee ist super - ja, die Idee gefällt mir eigentlich sogar besser als die der "Originalgeschichte".
Aber insgesamt hat die Geschichte bei mir irgendwie den Eindruck hinterlassen, als hättest du in Quinns Text eine latente Frauenfeindlichkeit ausgemacht und dann eine Art "feministische Revanche"-Geschichte geschrieben. Es gibt da so einen zornigen, bitteren Unterton, und der verleidet mir den Text ein wenig. Die Diskussionsbeiträge haben mir dieses Gefühl dann auch bestätigt.

Andrea schrieb:
Ja, hab mich wirklich getraut, einen Text mit einer eindeutigen Botschaft zu schreiben. Wie peinlich! Und hat ja auch heutzutage überhaupt keine Relevanz mehr, heutzutage, wo für viele Frauen Styling und gutes Aussehen das Wichtigste überhaupt ist. Was genau war denn die Botschaft bei deiner Geschichte? Aja, wenn Frauen zickig werden, dann werden sie auf ein Rad geschnallt und gequält, um zu ihrer Essenz zu gelangen. Und am Ende geht der Mann wieder glücklich, weil wieder allein seiner Wege. Hat sich irgendeine Frau hier darüber beschwert? Nein, denn Frauenfeindlichkeit ist ja cool, während emanzipatorische Texte ja immer sowas von peinlich sind. Und damit, mit dem Vorwurf ja nur ein Frauentext zu sein, kann man ihn ja auch ganz schnell niedermachen.

Diesen aggressiven Tonfall finde ich ehrlich gesagt nicht gerechtfertigt. Ich bin ganz und gar nicht der Meinung, dass Frauenfeindlichkeit cool ist, aber ich bin auch nicht der Meinung, dass man Quinns Text Frauenfeindlichkeit vorwerfen könnte.
Ich empfinde es so, wie Fischstäbchen schon gesagt hat: Die Erzählerin nervt auf die Dauer, und die Figur des Mannes wirkt sehr überzogen, er ist eher eine Karikatur als eine glaubwürdige Persönlichkeit. Und das stört manche Leser. Und auch Leserinnen, wie zum Beispiel mich.
Ich fand in "Perfektion" die Beschreibung von Nicole auch etwas überzeichnet und hab das in meiner Kritik auch gesagt, aber diese Geschichte hat meiner Meinung nach eben keine Botschaft und keine Moral, das ist eine Horrorgeschichte, die der Unterhaltung dient. Und in Horrorgeschichten kommt es manchmal halt vor, dass Leute gequält werden - das hat erstmal nichts mit dem Geschlecht zu tun und heißt schon gar nicht, dass das Foltern irgendwie gutgehießen wird - da ist wirklich nichts mit "Botschaft".

Hier wirkt das Ende eben schon sehr ... pädagogisch wertvoll. Also auch wenn ich den "ökumenisches Frauenfrühstück"-Vergleich ziemlich hart fand, ganz daneben liegt er nicht.
Gegen pädogisch wertvolle Enden hab ich auch nichts, nur setzt die Geschichte damit halt andere Prioritäten als Quinns Geschichte, es geht weniger um Unterhaltung als eben um eine Botschaft. Und darunter leidet die Geschichte schon ein bisschen, insbesondere die Figuren.

Grüße von Perdita

 

So, jetzt wird´s wieder interessant!

@Fizzy: Nein, ich hab bei der "Jagd" nicht an die Antilopen-Geschichte gedacht, und ja, "glühen" ist jetzt ausgebessert, also mit dir zunächst mal ein happy end! :)

@Fisch

Volle Deckung, nu gibt’s Männer-Solidarität!
Jo, Ausnahmezustand ist bereits wieder voll in Kraft! :D
Schön, dass dir die Idee gefallen hat, im Moment bin ich ja auch gar nicht mehr sauer, sondern es beginnt wieder interessant zu werden, und deswegen freue ich mich auch, dass du dich doch ziemlich mit der Geschichte auseinandergesetzt hast, wir wollen ja alle etwas dabei lernen! :p
Wenn ich mir deine Gedanken so ansehe, dass du mit den Protagonisten nix anfangen kannst, weil sie zickig und wankelmütig ist und er konturlos und zickig, dann denk ich mir dabei Folgendes: Ich glaub, ich hab den Fehler gemacht, zwei Dinge zu vermischen: Auf der einen Seite ist es doch irgendwo eine subtile Beziehungsgeschichte, da würde ihre Wankelmütigkeit und Orientierungslosigkeit passen (und unter uns, du kennst schon auch wankelmütigen Frauen, die nicht wissen, was sie wollen, oder?), sie ist halt mehr wie eine Figur aus dem realen Leben, während der zweite Teil natürlich märchenhafter und plakativer ist, und vielleicht passt das einfach nicht zusammen, da hätten vielleicht einfachere und klarere Typen hergehört, vielleicht.
Ich kann da auch jetzt bei ihr einfach keine Vollkommenheit entdecken, keine günstige Entwicklung, tut mir leid.
Na ja, sie verabschiedet sich aus einer für sie belastenden Beziehung, wer weiß denn immer gleich, was er will, sie entscheidet sich aber auch gegen den Schönheitswahn, sie will das Kleid ja nicht mehr, also ich würde das schon als günstige Entwicklung sehen.
Vielleicht muss man tatsächlich Frau sein, um der Erzählerin so zu glauben, dass die Geschichte am Ende funktioniert; oder vielleicht muss man Mann sein, um Richards alleinigen schädlichen Einfluss auf die Beziehung zu übersehen ... keine Ahnung.
Nein, das ist es ja eben, sie gibt sich ganz deutlich selbst auch die Schuld, sie sieht sich nicht nur als sein Opfer, sondern auch als Opfer ihrer Eitelkeit (zur Opferfrage dann auch zu Perdita noch was), da wo sie sagt, dass sie nicht mehr unvollkommen sein kann und die Stelle über das Einkaufen, dass sie das so fasziniert hat, weil sie im Mittelpunkt stand.
Das fand ich so überspitzt, dass ich es nur mit einem Augenrollen abgetan hab, und nicht zu seiner Charakterisierung verwendet hab. Und dass er der »Schuldige« an der komischen Beziehung ist: käme er denn auf, dieser Eindruck verflöge gleich in den nächsten Zeilen, wenn sie wieder loslegt:
Ist immer schwierig zu sagen, ob man was glaubwürdig findet oder nicht, es muss halt innerhalb eines Systems funktionieren, und wie gesagt, er ist nicht der alleinige Schuldige, sicher spielt sie mit, aber entschuldige, man kann doch nicht nur über Leute schreiben, die sich völlig "normal" verhalten
Weia ... sie macht’s widerwillig, genießt’s aber, will aber nicht, dass er merkt, dass sie es eigentlich auch will, dann legt er ihre Hand wieder zurück – und sie macht ihm Vorwürfe? Moan ... Und von ihr soll ich mir Richard charaktersieren lassen?
Widerwillig nicht, sie will ihm nur keine Macht über sie zugestehen, das ist doch ein feiner Unterschied.
Weiter geht’s: Sie zickt, Richard zickt, beide zicken. Ich hab da Sympathien für keinen von beiden. Keine gute Ausgangsposition für die Pointe ...
LOL Gut, du kannst sie nicht verstehen ...

Mit der Liste der Adjektive hast du wohl Recht, da hatte ich grad zuviel Kaffee getrunken ...

Warum macht Frau Wankel das denn alles noch mit? Ich (als Mann?) versteh sie einfach nicht ...
Du hast Recht, aber Frauen sind tatsächlich so ... :schiel: Wenn´s um eine neues Kleid, um ihr Aussehen, um ein neues Spiel geht, wenn sie im Mittelpunkt steht, wieso nicht?
Je, jetzt heult sie auch noch ... Oh Mann, so eine tolle Pointe, und doch verpufft sie bei mir. Und alles nur wegen dieser ... Frau.
Wenn du nicht brav bist, wirst du auch mal so eine Frau bekommen! :D
Nee, ja, nee ... mir hat’s nicht so gefallen. Super Idee, sprachlich auch wieder souverän, gar keine Frage ... Aber die Erzählerin ging mir dann doch auf den Keks, so dass sie das ganze schöne Gerüst eingerissen hat. Schade. Ich hoff, Du konntest sehen, warum’s mir nicht so behagt hat.
Ja, leider ist sie dir nicht auf DIE Art auf den Keks gegangen, dass es gut war, sondern eben falsch auf den Keks, schade, aber net weiter schlimm!


@Perdita

Sprachlich ist sie beeindruckend, keine Frage, da bin ich ja nicht die erste, die das sagt. Und die Idee ist super - ja, die Idee gefällt mir eigentlich sogar besser als die der "Originalgeschichte".
Ist ja schon mal was!
Aber insgesamt hat die Geschichte bei mir irgendwie den Eindruck hinterlassen, als hättest du in Quinns Text eine latente Frauenfeindlichkeit ausgemacht und dann eine Art "feministische Revanche"-Geschichte geschrieben. Es gibt da so einen zornigen, bitteren Unterton, und der verleidet mir den Text ein wenig. Die Diskussionsbeiträge haben mir dieses Gefühl dann auch bestätigt.
Oja, ich bekenne mich schuldig, einen latent männerfeindlichen Text geschrieben zu haben, mein Gott, wie schrecklich. Zur Buße werde ich 10 Mutterunser beten und für eine Woche am kg.de-Pranger stehen mit dem Schild um den Hals: GEFÄHRLICHE KAMPFEMANZE! :D
Ernsthaft: Ich hab mit meiner Geschichte auf einen gewissen Ton in Quinns Geschichte reagiert, und der ist eindeutig frauenfeindlich, nicht nur latent, aber das ist doch nicht schlimm, ich hab die Geschichte doch selbst gelobt! Ein Text darf keinen zornigen, bitteren Unterton haben? Hallo? Und was meine Reaktion auf Quinns Kommentar angeht, wenn man mit scharfer Munition schießt, muss man damit rechnen, dass scharf zurückgeschossen wird.
Im Unterschied zu Quinns Geschichte stell ich die Frau aber nicht nur als Opfer dar, sondern sie sieht auch bei sich selbst einen Anteil an der Misere. Und es ist auch nicht so, dass da nur die einfache Botschaft drinnen ist, dass Männer Ärsche sind, sondern auch die Botschaft, dass Schönheitswahn scheiße ist.
Diesen aggressiven Tonfall finde ich ehrlich gesagt nicht gerechtfertigt. Ich bin ganz und gar nicht der Meinung, dass Frauenfeindlichkeit cool ist, aber ich bin auch nicht der Meinung, dass man Quinns Text Frauenfeindlichkeit vorwerfen könnte.
Wie bitte? War Quinns Kommentar etwa nicht aggressiv? Und hast du seine Geschichte genau gelesen? Da wird ein Mann Opfer einer ach so bösen, zickigen Frau, und weil er selbst nicht Mann genug ist, ihr Herr zu werden, sich demütigen lässt usw., wird diese Riesenszenerie mit dem seltsamen Restaurant gebaut, welches ihm die lästige Arbeit abnimmt, die Frau zu entfernen, und das Restaurant ist ja eine regelrechte Frauenentfernungsanstalt. Und am Ende fährt er wieder glücklich nach Hause.
Ich empfinde es so, wie Fischstäbchen schon gesagt hat: Die Erzählerin nervt auf die Dauer, und die Figur des Mannes wirkt sehr überzogen, er ist eher eine Karikatur als eine glaubwürdige Persönlichkeit. Und das stört manche Leser. Und auch Leserinnen, wie zum Beispiel mich.
Ach, Quinns Figuren sind auch Karikaturen. Gerade weil immer klar ist, wer die Böse und wer der Gute ist - warum es zwischen den beiden nicht mehr funktioniert, wird ja nirgends gesagt, aber es wird nahe gelegt, dass es die alleinige Schuld der Frau ist, er ist ja nur das arme Opfer, während, wie jetzt schon öfter gesagt, in meiner Geschichte die Frau auch eine Mitschuld sieht, und DAS genau ist vielleicht auch der Fehler meiner Geschichte, dass ich das zu wenig überzeichnet habe und es viel zu sehr ans reale Leben angelehnt habe, auf halbem Weg stehen geblieben bin.
Ich fand in "Perfektion" die Beschreibung von Nicole auch etwas überzeichnet und hab das in meiner Kritik auch gesagt, aber diese Geschichte hat meiner Meinung nach eben keine Botschaft und keine Moral, das ist eine Horrorgeschichte, die der Unterhaltung dient. Und in Horrorgeschichten kommt es manchmal halt vor, dass Leute gequält werden - das hat erstmal nichts mit dem Geschlecht zu tun und heißt schon gar nicht, dass das Foltern irgendwie gutgehießen wird - da ist wirklich nichts mit "Botschaft".
Oh, Mann, so ein Unsinn! ALLES hat eine Botschaft, und gerade auch Unterhaltungsliteratur! Du wirst doch nicht behaupten, dass z.B. Rosamunde-Pilcher-Filme keine Botschaft haben? Es ist nicht zufällig oder bedeutungslos, welchen Geschlechts die gequälten Personen haben, sonst würde der Horror doch gar nicht ziehen, er hätte er keinen Inhalt, nichts, worauf er sich bezöge! Das ist wie bei guten Witzen, die sind nur gut, wenn sie sich bösartig auf reale Gegebenheiten beziehen! Für mich ist die Botschaft von Quinns Text ganz klar, Frauen, die zickig und böse sind und NOCH dazu keinen Sex mehr liefern, die werden halt einer anderen "Nutzung" zugeführt! Aber ich hab nirgends gesagt, dass mich das stört, sondern habe eben mit meinem Text darauf geantwortet.

Oja, ich bekenne mich schuldig, der Welt die Botschaft geliefert zu haben, lasst euch von den Männern nicht unterkriegen, Schwestern! Ich geh mich jetzt schämen und meine lila Latzhose einfärben. *augenüberdreh*

Vielen Dank für eure interessanten und anregenden Kommentare! :)

Gruß
Andrea

 

Hallo Andrea!

Zwar spät, aber doch noch gefunden; bin in letzter Zeit nicht viel hier! ;)
Kurz gesagt: Ich finde, es ist ein ausgezeichneter Text, ein hübsches Stück feministische Literatur, und das im besten Wortsinn!
Schon deine neueste Kurzgeschichte "Und sie" hat mich beeindruckt, dieser Beitrag steht ihr aber in nichts nach, mMn. Und noch was: Ich finde, du hast dich in letzter Zeit schreiberisch mächtig entwickelt. Nur weiter so. :)

Drei Stellen deiner Geschichte darf ich herausgreifen:

„Ah, da sind wir ja endlich!“ So aufgeregt hab ich ihn schon lange nicht mehr gesehen. Ich beschließe, das Ganze amüsant zu finden.
Wir bleiben vor der Einfahrt zu einer Villa stehen ...

Da würde ich die direkte Rede an das Ende des zweiten Satzes stellen.
So aufgeregt hab ich ihn schon lange nicht mehr gesehen. Ich beschließe, das Ganze amüsant zu finden.
„Ah, da sind wir ja endlich!“
Wir bleiben vor der Einfahrt zu einer Villa stehen ...

Zwischen den locker stehenden Bäumen fällt ab und zu der Lichtschein eines einsamen Hauses.

... zwischen die locker stehenden Bäume ...

Während wir den Weg bis zur Tür gehen, sehe ich im Hintergrund des Gartens ein schwarz-weiß geflecktes Pony stehen, das zwischen den Mähnenhaaren zu uns herüberlugt.

Der kursiv gestellte Satzteil rumpelt für meinen Geschmack ein wenig.
Würde diesen Satz teilen.
Vorschlag: ... Pony stehen. Zwischen seinen (Adjektiv?) Mähnenhaaren lugt es zu uns herüber.

Lieben Gruß,
Manuela :)

 

Hi Andrea,

Wie bitte? War Quinns Kommentar etwa nicht aggressiv? Und hast du seine Geschichte genau gelesen?

Quinns Kommentar war schärfer formuliert, als nötig gewesen wäre, und schärfer, als ich ihn formuliert hätte. Aber ich kenne das von seinen Kritiken eigentlich nicht anders und finde es auch gut, dass er kein Blatt vor den Mund nimmt.
Außerdem glaube ich nicht, dass es einer Diskussion gut tut, wenn man auf einen harschen Kommentar, quasi aus einem Verteidigungsreflex heraus, noch schärfer reagiert. Dann schaukeln sich die Aggressionen hoch und die Sache gerät aus dem Blick.
Scharf zurückschießen verschafft einem kurzfristig ein Gefühl der Befriedigung, dient aber nicht dem fruchtbaren Meinungsaustausch. Ich würde in so einem Fall einfach sachlich antworten und, wenn es mir nötig erscheint, sagen, dass ich den Tonfall als unnötig aggressiv oder verletzend empfand. Aber das ist nur meine Methode.

Und die Geschichte habe ich aufmerksam gelesen, nur offenbar anders als du.

Ich hab mit meiner Geschichte auf einen gewissen Ton in Quinns Geschichte reagiert, und der ist eindeutig frauenfeindlich, nicht nur latent

Also, ich sehe literarische Figuren nicht automatisch als Vertreter ihres ganzen Geschlechts, sondern - wenn sie gut charakterisiert sind, und das fand ich in Quinns Geschichte durchaus gegeben - als individuelle Persönlichkeiten. Wenn ein Mann in einer Geschichte eine Frau als nervige Zicke beschreibt, dann interpretiere ich da nicht rein, dass a) dieser Mann alle Frauen hasst oder dass b) der Autor die Sicht dieses Mannes teilt. Ich-Erzähler sind doch immer subjektiv, allein diese Form sagt uns doch schon: Wir sehen die Nicole hier durch die Brille eines Mannes, dessen Meinung nicht unbedingt fair oder wahr sein muss. Ich sehe es diesen Punkt ja eigentlich genauso wie du: Der Protagonist in Quinns Geschichte ist ein Arschloch. Der ist schwach, fühlt sich seiner Frau unterlegen, und deshalb nutzt er die Gelegenheit, sie loszuwerden.
Nur steht das dann aus meiner Sicht nicht stellvertretend für die ganze Menschheit und das Verhältnis der Geschlechter an sich, sondern das betrifft erst mal dieses eine Paar, diese eine verkorkste Beziehung. Das muss man doch keinen Geschlechterkampf dran hochziehen, da sehe ich einfach den Sinn nicht.
Bei deiner Geschichte hatte ich eben manchmal das Gefühl, dass deine Figuren stellvertretend für alle Männer oder Frauen stehen sollen - das ist das, was als karikaturenhaft empfinde. Hab ich in Quinns Geschichte nicht so empfunden - natürlich kann es sein, dass es anderen damit anders geht.

Ein Text darf keinen zornigen, bitteren Unterton haben? Hallo?

Ich habe nicht gesagt, er darf das nicht haben, ich habe gesagt, es macht mir persönlich als Leserin weniger Freude, einen Text mit einem solchen Unterton zu lesen, als einen ohne diesen Unterton. Das gilt übrigens auch für Kommentare ;)
Das war lediglich ein persönlicher Eindruck, keine Aussage darüber, was ein Text soll oder nicht soll. Es gibt Geschichten und Filme, die eine ganze ähnliche Aussage haben wie deine - die Stepfordwives wurden hier ja schon genannt - und die trotzdem diesen Unterton nicht haben, und die gefallen mir halt besser. Das muss dich doch nicht anfechten.

Gerade weil immer klar ist, wer die Böse und wer der Gute ist - warum es zwischen den beiden nicht mehr funktioniert, wird ja nirgends gesagt, aber es wird nahe gelegt, dass es die alleinige Schuld der Frau ist, er ist ja nur das arme Opfer,

Das ist deine Interpretation. Die Frau in Quinns Geschichte tut nichts "Böseres" als anstrengend und nervig zu sein - den Grund dafür erfahren wir nicht, aber ich nehme deshalb doch nicht automatisch an, dass das verkorkste Verhältnis "allein ihre Schuld" ist. Der Mann tut am Schluss etwas viel Unmoralischeres. Wenn da jemand eindeutig der Böse ist, dann ist er das.

Für mich ist die Botschaft von Quinns Text ganz klar, Frauen, die zickig und böse sind und NOCH dazu keinen Sex mehr liefern, die werden halt einer anderen "Nutzung" zugeführt!

Wenn jemand zum Beispiel eine Geschichte aus der Perspektive eines irren Axtmörders schreibt, dann ist die "Botschaft" doch nicht, dass Axtmorde okay sind.

Ich geh mich jetzt schämen und meine lila Latzhose einfärben

Ich habe nichts in meinem Kommentar als Vorwurf gemeint, und nirgendwo gesagt, es gäbe etwas, wofür du dich schämen müsstest. Ich bin der Meinung, dass das aus meinem Formulierungen auch deutlich wird, dass es sich nur um persönliche Eindrücke und Meinungsäußerungen handelt. Bei einigen deiner Formulierungen bekomme ich allerdings das Gefühl, du wolltest eigentlich erreichen, dass ich mich schäme. Für mangelnde Frauensolidarität oder so (und wieder: das ist nur ein persönlicher Eindruck, der nicht richtig sein muss).
Das tu ich aber nicht. Wir haben unterschiedliche Meinungen. Na und? So was soll's geben, sogar bei Menschen des gleichen Geschlechts. Das ist lange noch kein Grund für diesen Sarkasmus.

Grüße von Perdita

 

Hallo Andrea H.,

Deine Geschichte wirkt sehr eigenständig, sie ist toll geschrieben und gewinnt dadurch, dass Du das Psychologische glaubhaft rüberbringst.

Als hitchcockmäßigen Krimi könntest Du die Geschichte gestalten, indem Du den Perfektionierer namenlos vom Hintergrund aus die Frau manipulieren lässt, bis es im großen Spannungsbogen der Frau zuviel wird und sie ihn wahlweise erschießt oder schmutzige Teller abwaschen lässt.
Die erste Variante wäre ein Krimi, die zweite eine Feministen-Kg.

An Deiner jetzigen Kg finde ich nichts Feministisches, das liegt vielleicht am Kulturkreis.. Ist es nicht normal, dass eine oder einer aus einer Beziehung geht, wenn sich beide nicht über ein zu großes Ungleichgewicht einigen können? Ein Gleichgewicht von Yin und Yang auch in Beziehungen anzustreben, hat mehr mit Klugheit als mit Feminismus zu tun. Wäre aber für Kg.de langweilig.

Schöne Güße
Gingiko

 

Hallo Perdita!

Ich habe weder dem Protagonisten unterstellt, dass er alle Frauen hasst, noch dem Autor, dass er ebenso denkt, aber es hängen da nicht zufällig dreizehn Frauen auf dem Rad herum. Das ist ein wesentlicher Teil der Geschichte als solcher und hat weder mit dem Helden noch mit dem Autor als Person was zu tun, ich sagte nur, die Geschichte in ihrer ganzen Anlage wäre frauenfeindlich. Um es plakativ zu sagen: Nicht der Held bringt die Frau um, sondern der Plot der Geschichte. Deswegen passt der Vergleich mit dem Axtmörder auch nicht. Natürlich sehen wir Nicole durch die Brille des Mannes, aber das Leserempfinden wird so geleitet, dass man das Gefühl hat, dieser Frau geschieht es eh ganz recht, wenn sie ebenfalls aufs Kreuz kommt. Was ich falsch gemacht hab bei meiner Geschichte, dass ich es zu wenig mit Augenzwinkern gemacht hab, was bei Quinn sehr wohl spürbar ist. Nein, die gut/böse-Rollen sind bei ihm eindeutig verteilt, die Sympathie liegt ganz beim Ich-Erzähler, und er wird ja am Ende mit einem happy end belohnt, die ganze Anlage dieses Restaurants gibt ihm Recht.
Ja, wäre wirklich interessant zu sehen, wo genau du das festmachen kannst, dass in meiner Geschichte sehr wohl alle Figuren für ihre restlichen Geschlechtsgenossen stehen. Im übrigen ist es völlig klar, dass das alles nur deine Meinung ist.

Sorry Manuela, dir antworte ich erst nächste Woche, muss jetzt ins Bett! ;)

Gruß
Andrea

 

Hallo Andrea,

Das ist ein wesentlicher Teil der Geschichte als solcher und hat weder mit dem Helden noch mit dem Autor als Person was zu tun, ich sagte nur, die Geschichte in ihrer ganzen Anlage wäre frauenfeindlich. Um es plakativ zu sagen: Nicht der Held bringt die Frau um, sondern der Plot der Geschichte. Deswegen passt der Vergleich mit dem Axtmörder auch nicht.

Den Gedankengang kann ich ehrlich gesagt nicht nachvollziehen. Ich sehe den Unterschied nicht. Der Axtmörder wäre ja auch ein Teil des Plots der Geschichte. Müssen wir aber nicht bis zum letzten ausdiskutieren :)

Natürlich sehen wir Nicole durch die Brille des Mannes, aber das Leserempfinden wird so geleitet, dass man das Gefühl hat, dieser Frau geschieht es eh ganz recht, wenn sie ebenfalls aufs Kreuz kommt.

Bei "man hat das Gefühl" muss ich widersprechen. Ich hatte nicht das Gefühl. Sagen wir's mal so: Es gibt eine mögliche Lesart der Geschichte, die frauenfeindlich ist. - Wobei es ja noch einen Unterschied gibt zwischen "geschieht der Nicole recht" und "geschieht den Frauen im Allgemeinen recht".

Was ich falsch gemacht hab bei meiner Geschichte, dass ich es zu wenig mit Augenzwinkern gemacht hab

Ja, genau das Wort hat mir gefehlt! Das heißt nicht, dass du was falsch gemacht hast, aber mit einem Augenzwinkern kommt eine Geschichte in der Regel sympathischer rüber. Dieser Sympathiewert geht deiner Geschichte verloren - aber sie kann durchaus auch ohne den leben ;)

Ja, wäre wirklich interessant zu sehen, wo genau du das festmachen kannst, dass in meiner Geschichte sehr wohl alle Figuren für ihre restlichen Geschlechtsgenossen stehen

Ich habe in meinem Kommentar aus gutem Grund "nur" von einem Gefühl gesprochen, weil ich das eben nur schwer an etwas Speziellem festmachen kann.
Und ich kann auch nicht ausschließen, dass mein Blick auf die Geschichte ein anderer wäre, wenn ich die inspirierende Geschichte und vor allem die Diskussionsbeiträge zu dieser Geschichte nicht kennen würde.
Die Szene, wo ich am stärksten den Eindruck hatte, der Mann ist eher ein Stereotyp als eine Figur, war die, die Fischstäbchen schon herausgepickt hat.

Fischstaebchen schrieb:
Zitat:
„Ich mag es, wenn du kratzbürstig bist, das fordert mich heraus, und außerdem …“, dabei fasst er meine linke Hand und legt sie sich auf den Schritt, „spür ich das dann hier!“
Jau, hier ist mal eine der Stellen, in denen Richard sich durch seine Äußerungen ungefiltert dem Leser präsentiert. Und dabei so glaubwürdig auftritt, wie ein Weißer in einem Spike-Lee-Film.

Im übrigen ist es völlig klar, dass das alles nur deine Meinung ist.

Dann ist ja gut. Deine Antwort erschien mir teilweise ganz schön aufbrausend ("Hallo?" und so :)), da dachte ich, ich betone das vorsichtshalber noch mal.

Grüße von Perdita

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Manu!

Dass du eine Fortentwicklung bei meiner Schreibe siehst, freut mich sehr! :) Deine Anmerkungen hab ich großteils berücksichtigt. Vielen Dank fürs Kommentieren und fürs Lob natürlich! :)


Hallo Gingiko!

Ui, ich hab deinen Kommentar fast übersehen, tschuldigung!

Deine Geschichte wirkt sehr eigenständig, sie ist toll geschrieben und gewinnt dadurch, dass Du das Psychologische glaubhaft rüberbringst.
Ein schönes Lob! :)
Als hitchcockmäßigen Krimi könntest Du die Geschichte gestalten, indem Du den Perfektionierer namenlos vom Hintergrund aus die Frau manipulieren lässt, bis es im großen Spannungsbogen der Frau zuviel wird und sie ihn wahlweise erschießt oder schmutzige Teller abwaschen lässt.
Die erste Variante wäre ein Krimi, die zweite eine Feministen-Kg.
Ich gebe die Geschichte gerne für ein weiteres Copywrite frei, scheint dich ja tatsächlich zum Weiterschreiben zu animieren. ;)
An Deiner jetzigen Kg finde ich nichts Feministisches, das liegt vielleicht am Kulturkreis.. Ist es nicht normal, dass eine oder einer aus einer Beziehung geht, wenn sich beide nicht über ein zu großes Ungleichgewicht einigen können? Ein Gleichgewicht von Yin und Yang auch in Beziehungen anzustreben, hat mehr mit Klugheit als mit Feminismus zu tun. Wäre aber für Kg.de langweilig.
Jo, der Kulturkreis ... Sicher ist es auch feministisch, aber ich seh daran nix Schlimmes, wie ich es auch nicht schlimm finde, wenn Männer in Frauen das Böse sehen. Dieser Kampf ist doch was Interessantes. Mit Yin und Yang hab ich nicht viel am Hut, aber sicher soll man immer Gleichgewicht in einer Beziehung suchen, aber man muss auch realistisch sein und sagen, dass das immer nur für kurze Zeit gegeben sein kann.


Hallo Perdita!

Du wirst doch wohl zugeben müssen, dass der Wille oder die Absichten eines Protagonisten sich von der Intention einer Geschichte als Ganzes unterscheiden können, nichts anderes hab ich damit gemeint, dass nicht der Held, sondern die Geschichte die Frau zum Opfer macht.
Im Übrigen gebe ich dir Recht, diese Diskussion führt wohl nicht mehr weiter. Wenn der Diskussionspartner mit vagen Gefühlen kommt, dann kann man schwer argumentieren.

Ich habe in meinem Kommentar aus gutem Grund "nur" von einem Gefühl gesprochen, weil ich das eben nur schwer an etwas Speziellem festmachen kann.
Dabei wäre die Antwort auf meine Frage relativ einfach gewesen: Wenn der Meister sagt, dass zu einer perfekten Frau auch ihre innere Freiheit gehört, dann ist das eine Aussage, die nicht nur für die hier handelnden Personen gilt, sondern sie ist natürlich als allgemeingültige Aussage zu verstehen. Das war es, was Quinn meinte, ich hätte meine Figuren zugunsten der Pointe verraten, und ich denke, er meinte, dass die Geschichte nicht nur ihren Zweck in sich selber hat, sondern eben tendenziös ist, im Sinne des Feminismus. Aber dann wäre Quinns Geschichte "Rosenkranz und Güldenstern sind tot" auch eine tendenziöse Geschichte, nur halt im Dienst einer anderen Sache, aber dazu an entsprechender Stelle mehr. ;)

Ich hab mit meiner Geschichte darauf reagiert, dass in Quinns die Frau zu einem Opfer gemacht wird, ihre Essenz hergeben muss, und in meiner Geschichte wehrt sie sich dagegen. Dass Quinn darauf so vehement ablehnend reagiert hat, hat mich gekränkt, weil er meine Geschichte abzulehnen schien, da er mit dem Feminismus nichts am Hut hat. Ein ideologisch gefärbtes Urteil also. Aber das alles hat nichts damit zu tun, ob der Text gut oder schlecht ist, und deswegen kam mir das unsachlich vor.
Vielen Dank für deine nochmalige Rückmeldung!

Gruß
Andrea

 

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