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Copywrite Nachkriegskind

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14.08.2008
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Nachkriegskind

Wenn Gott einen strafen will, lässt er die große Schwester freitagabends ein Franzackenkind kriegen, während alle Wege ins Dorf meterhoch verschneit sind. Aber warum um alles in der Welt sollte Gott ausgerechnet ihn, Walter, strafen wollen? Er hatte nicht vor dem Volkssturm gekniffen wie Klaus, dem sein affektierter Arztonkel den rechten Arm eingegipst hatte. Und was hatte es ihm gebracht? Ein Blindgänger hatte ihm just jenen rechten Arm zerfetzt. Nun musste er in der Schule ganz neu mit links schreiben lernen, während das Aas Feininger ihn antrieb, knuffte und schubste, wenn es nicht schnell genug ging. Den schönen großen Hof würde er so nie übernehmen können. Und den Ärzteonkel mit seinem Goldrandzwicker hatten die Franzacken mitgenommen. So war das, wenn Gott einen strafte.

Walter stolperte weiter; anfangs hatte er sich dicht am Waldrand gehalten, wo der Schnee nicht so hoch lag, doch war er bei jedem Schritt im Unterholz eingebrochen, an Brombeerranken hängen geblieben, die wie Fußangeln kreuz und quer schossen. Da ging es mitten auf der Straße doch schneller. Warum hatten diese Stuttgarter Fabrikanten Gerda auch nicht früher aus ihrer Stellung zurückschicken können! „Wir haben das Mädchen gerne, deswegen haben wir es solange mir ihr versucht. Aber seit die Franzosen da waren, ist sie einfach zu nichts mehr zu gebrauchen.“
„Zu spät“, hatte die sofort gerufene Engelmacherin nur noch sagen können, nachdem sie hemdsärmelig und mit rotem Gesicht aus Gerdas Schlafkammer gekommen war. „Sie muss es so bekommen. Was Sie danach machen, ist mir egal. Auf der Alb haben sie früher eine Woche Sauermilch gegeben.“ Als die Mutter ihr die Granatbrosche förmlich aufgedrängt hatte, hatte sie doch noch ein braunes Fläschchen da gelassen. „Wenn das nicht hilft, können Sie nur noch beten.“
Der Saft hatte nicht geholfen, beten genauso wenig, deswegen musste Walter jetzt, Mitte Januar, im Dunkeln durch den kniehohen Schnee stapfen und die Hebamme holen. Wo er lieber die Füße in den Wollsocken an der Kachel wärmen und Zichorienkaffee mit Milch trinken würde. Und endlich neue Riegel für den Hasenstall schnitzen.

Die Hebamme wohnte in einem hohen, schmalen Haus, das man irgendwann in die Lücke zwischen der Bäckerei der Zieglers und einen seit langem leer stehenden Wagenschuppen gebaut hatte. Walter klingelte, schob die Schiebermütze aus dem Gesicht und wartete. Nichts rührte sich. Vielleicht war die Glocke kaputt, er hatte es nicht schellen gehört. Er trommelte mit der Faust gegen die Tür. Irgendwo schlug ein Hund an.
Blöde Töle, dachte er. Endlich öffnete eine gebückte Alte.
„Junge, was machst du um diese Uhrzeit so einen Krach? Weckst mir das ganze Haus auf!“
Weckst mir das Haus auf, um diese Zeit!, dachte Walter, dann sah er es: In der Diele, auf einem abgewetzten Chintzsofa, lagen drei Daumenlutscher und schliefen. Gebückt schlurfte die Alte zum Sofa und zupfte die gehäkelte Decke über den zusammengerollten Leibern zurecht. Walter kannte die Kinder nicht – die der Hebamme waren es nicht, sie war eine alte Jungfer. Doch in den letzten Monaten waren hier und in den umliegenden Ortschaften so viele Nichten, Neffen, Enkel, Geschwister gekommen oder gegangen, dass er es kaum noch zählen konnte. Je nachdem, ob sie hier eine Familie verloren hatten oder suchten.
„Na steh hier nicht wie eine Salzsäule, komm schon rein!“
Walter sah, dass sie keine Schuhe trug, nur zwei Paar Wollsocken übereinander, in die sie die Beine einer alten Arbeitshose gestopft hatte. Darüber trug sie einen wadenlangen Filzrock.
Der Raum war bestimmt seit dem Nachmittag nicht mehr geheizt worden; obwohl im Haus, fröstelte Walter. „Ich suche eigentlich Hedwig Wenzel.“
„Meine Tochter ist nicht da. Ist beim Truchseß Schorsch, seine Kuh kalbt. Das kann die ganze Nacht dauern. Wenn du zu ihr willst, kannst gleich wieder nach Hause gehen, das wird heut nichts mehr.“
„Meine Schwester kriegt ein Kind. Seit heute Mittag liegt sie schon …“, wie hieß das Wort noch mal, das seine Mutter gebraucht hatte? „Also, es kommt und kommt halt nicht, und ihr geht es nicht gut. Sie schreit und heult die ganze Zeit. Könnt man Ihre Tochter vielleicht doch holen? Schließlich ist es ja nur 'ne Kuh …“
Die Alte zog spöttisch die Augenbrauen hoch. „Siehst nicht gerade aus, als würdet ihr mit Zigaretten und Kohlen bezahlen.“
Damit hatte er gerechnet. Der Truchseß war schon vor dem ersten Krieg der Großkopf im Dorf gewesen, daran hatten weder die Fliegerbomben noch Franzacken und Amerikaner etwas geändert. Die halbe Kuhherde hatten die Franzen ihm fortgetrieben, dennoch stand ihm schon wieder der Stall voll. Klar, dass der auch Zigaretten hatte.
Walter stand ratlos. Der Arzt war in der Stadt, viel zu weit weg. Unter der Woche, bis zum frühen Abend, fuhr ein Bus. Aber weder hatte Walter Geld bei sich, noch war bei diesem Wetter an ein Durchkommen für Autos zu denken.
„Deine Eltern werden wohl Vieh haben, oder? Sollen die deiner Schwester doch helfen. Schafe, Menschen, Kühe, ist doch alles gleich. Welche ist es denn, die Gerda oder das Annele?“
Mein Vater ist Waldwirt, wir sind keine stinkenden Kuhbauern, wollte er sagen, doch dann zuckte er nur mit den Achseln.
„Willst du sonst noch was?“, fragte die Alte ungeduldig. „Stilltee kann ich dir mitgeben.“ Sie lachte rau. „Aber den braucht sie ja erst später.“
Walter hatte keine Ahnung, um was für einen Tee es sich dabei handeln sollte, also schüttelte er den Kopf und kehrte der Alten und ihren Hosen den Rücken. Hosen! Bei einer Frau! In dem Moment fiel noch einmal ein schwacher Lichtschein über seinen Rücken auf die Straße.
„Geh doch zu dem Banater, bei Grässles im Auszugshaus. Der soll in Rumänien Arzt gewesen sein.“

Missmutig stapfte er den Weg zurück. Die nassen Füße, die klammen Finger, alles für nichts. Hoffentlich hatte Gerda es inzwischen allein geschafft, er mochte nicht nach Hause kommen und noch ein paar Stunden ihr Gestöhne anhören müssen. Sogar Mutter verlor inzwischen die Nerven.
Dabei war seine Schwester sonst nicht so zimperlich gewesen. Früher, bevor sie von der Volksschule ab- und in Stellung gegangen war, hatte sie ihm gezeigt, wie man Angelruten zuschnitzte, ohne sich zu schneiden. Heimlich natürlich, keiner durfte erfahren, dass sie mit dem Messer umging. Sie hatten gemeinsam den kleinen Bach zum Mühlweiher hin aufgestaut, auf dem Heimweg war Gerda in einen Dorn getreten und hatte nicht weiterlaufen können. Sie hatte den Dorn mit einem Messer aus der Fußsohle herausgedreht, ohne die Miene zu verziehen.
Und einmal hatte sie die drei Waller-Burschen verdroschen, als die ihm die Schultasche geklaut und in den Straßengraben ausgeleert hatten. Ihre nussbraunen Zöpfe waren so schnell geflogen wie ihre Fäuste, und die Wallers hatten schnell das Weite gesucht. Sonst ärgerte es ihn oft, wenn sie ihn spüren ließ, dass sie vier Jahre älter war. In dem Moment war es ihm grade recht gewesen.
Ob man am Kinderkriegen auch sterben konnte?
Also doch zu den Banatern gehen, die ausgerechnet bei Klaus’ Eltern zur Untermiete wohnten. Nachdem Klaus’ Großvater gestorben war, hatten sie die Hofknechte dort einquartiert; die jüngeren Brüder seines Vaters zuerst, später Lohnknechte. Doch die jungen Männer, die jetzt Lohn und Brot suchten, waren genauso unnütz zur Arbeit wie Klaus selbst. Also hatten seine Eltern die Ostflüchtlinge aufgenommen, „Banater“, wie alle sie nannten. „Wer weiß, wie viel bei denen noch deutsch ist“, hatte Vater oft gesagt. „Die halten sich für was Besseres!“, zischte Mutter oft, weil sie selbst die Mädchen aufs Gymnasium in die Stadt schickten. Nur deswegen seien sie aus dem Hinterland hergezogen, mit ihren fünf blassen, hohlwangigen Blagen. Walter wusste nicht einmal, wie sie hießen. Und deren Vater sollte Arzt sein? Na, das konnte ja was werden!

Im Grässlehof brannte noch Licht in der Wohnstube. Walter machte einen weiten Weg ums Haus, nicht dass die alten Grässles ihn noch entdeckten und aushorchten, was er um diese Zeit ums Haus schleiche. Außerdem wusste man bei ihrem Hund nie. Wotan war zwar alt und faul, besann sich aber doch manchmal darauf, wozu man ihm die Essensreste hinschüttete, und verbellte jeden Ankömmling, mochte er ihn noch so lange kennen.
Das Auszugshaus beherbergte seit Jahrhunderten den Hofbauern und seine Frau, so sie sich nicht am letzten Kind totgetragen hatte. Ein Schlafraum, eine Wohnstube, eine Küche mit Vorratskammer. Die Banater lebten wie die Maden im Speck. In der Stadt teilten sich oft drei Familien eine Wohnung.
Bevor Walter klingelte, spähte er durch die Ritzen in den Fensterläden. In der Wohnstube war nur schwacher Lichtschein zu sehen, der von einigen Kerzen herrührte. Er zählte vier Schattenspiele an den Wänden, die beiden Ältesten, Zwillingsmädchen mit hüftlangen schwarzen Zöpfen, waren wohl noch wach. Eine Männerstimme murmelte in einer Sprache, die er nicht verstand, unterbrochen von albernem Gegacker und Gekicher. Mädchen!
Er klingelte, drückte den Knopf bis zum Anschlag hinein. Sollten sie ruhig hören, dass es wichtig war.
Die Stimmen verstummten, dann ein Geräusch hinter der Tür, die nur einen misstrauischen Spalt breit geöffnet wurde.
„Ja?“
Der Banater war groß und hager; so groß, dass er beinahe im Türstock anstieß. Er hielt sich leicht gebeugt, als sei er vom vielen nach unten sprechen schon ganz krumm geworden. Hinter einem buschigen, dunklen Vollbart, der fast das ganze Gesicht bedeckte, blitzten zwei kleine, wachsame Augen. Walter wusste mit einem Mal nicht mehr, was er sagen sollte.
„Bist du nicht der Junge vom Waldbauer? Ist etwas passiert? Du bist ja ganz blass!“ Er hatte eine tiefe Stimme, mit grollendem R, wie ein herbstmüder Bär. Trotz seinem freundlichen Blick wurde Walter feuerrot.
„Sind Sie der Arzt?“, brachte er schließlich hervor, und dann sprudelte alles aus ihm heraus. „Schwester“, „Geburt“ und „es kommt nicht“ wartete der Banater noch ab; während Walter von Franzacken und Stuttgartern erzählte, winkte er bereits nach seiner Frau. „Charlotte! Du wirst gebraucht.“
„Nein, meine Schwester braucht einen Arzt!“, Walter hängte sich an den Arm des Mannes, und zu seinem eigenen Entsetzen merkte er, dass ihm Tränen über die Wange kullerten. „Bitte, Gerda stirbt sonst bestimmt, und die Hebamme will nicht kommen, weil wir keine Zigaretten haben, und …“
„Beruhig dich schon“, der Banater gab ihm einen kleinen Klaps auf den Hinterkopf, woraufhin Walter ihn peinlich berührt losließ. „Meine Frau ist der Arzt. Ich bin bloß Volksschullehrer. Da kommt sie!“
Eine Frau, mehr als einen Kopf kleiner als der Banater, betrat die Diele. Sie schlang hastig einen Schal über ihr dickes, lockiges Haar, schlüpfte in Männersandalen und folgte Walter in den Schnee hinaus.
Eine Frau? Arzt? „Haben Sie keine Tasche?“, fragte Walter, eine Spur zu vorlaut.
„Die ist in Steierdorf geblieben. Kennst den Weg durch den Wald, oder müssen wir ein Licht mitnehmen?“
Natürlich kannte er den Weg, was für eine Frage! Wortlos schritt er weiter aus, rannte fast, doch die Frau hielt mühelos Schritt. Während sie noch durchs Dunkel hasteten, die Teufelsstiege hinauf, über die Gallenklinge, deutete er nach vorn, obwohl die Banaterin seinen Finger unmöglich sehen konnte.
„Da ist es!“

„Wo bleibst denn so lange!“, herrschte sein Vater ihn an, noch während er in der Tür stand, und zerrte ihn herein.
„Deine Mutter sagt, beeil dich, und du treibst dich in der Gegend herum …“
„Ich hab mich doch …“, heulte Walter und wich vor seinem Vater zurück.
„Lüg nicht! Und warum kommst allein?“
In dem Moment trat die Banaterin aus dem Schatten des Holzstapels neben der Tür. „Wo finde ich das Mädchen?“, fragte sie kühl.
Der Vater musterte sie abschätzig von oben bis unten. „Sinds auch eine Hebamm?“
„Ärztin. Ich komme aber nicht zu Ihnen, oder?“ Sie warf den Schal achtlos über einen Stuhl, ihr dunkelbraunes Haar flammte im Licht aus der Wohnstube leicht kupfern auf. Walter nutzte die Gelegenheit, um sich in der Stube zu verdrücken.
„Sie sieht aus wie eine Jütt“, knurrte der Vater, als er wieder in die Stube kam.
Kann nicht sein, dachte Walter, sie hat keine Hakennase, und keine krummen Beine. Wenn er es recht überlegte, war sie richtig hübsch. Längst nicht so verschafft und verknittert wie seine Mutter. Und nicht so grantig.
„Nun halt nicht Maulaffen feil. Warst lange genug wach. Wasch dich, und ab ins Bett!“
„Gibt sie dem Kind dann Sauermilch?“, fragte Walter, während er hastig einen Becher Apfelmost hinunterschüttete.
„Mal sehen. Und jetzt trödel nicht.“

Seine Schlafkammer grenzte direkt an Gerdas, wenn er das Ohr an die Wand presste, konnte er außer ihrem Gewimmer auch die Mutter und die Banaterin reden hören.
„Stell dich nicht so an!“, zischte die Mutter einmal. „Ich hab bei euch dreien nicht so gebrüllt, wie du bei einem!“, und: „Als er dir’s gemacht hat, hast da auch so geschrien?“
Von der Banaterin hörte Walter fast nichts.
Schließlich schlief er doch ein, und schreckte erst wieder hoch, als Gerda brüllte wie eine gestochene Sau.
Und dann der entsetzte Schrei der Mutter: „Das ist ja schwarz!“
Gerda heulte.
„Das muss weg!“, schrie die Mutter hysterisch. „Die Schand muss aus dem Haus!“
Die Banaterin war eine ganze Weile still. Dann sagte sie, leise, aber sehr deutlich: „Ich kenne eine Familie, die keine Kinder bekommen kann … der Mann wurde operiert.“
So klar redete sonst nur die Frau Pfarrer, wenn sie bös war, weil er wieder in ihren Obstgarten gestiegen war. War die Banaterin etwa bös? Und was meinte sie mit operiert? Das war doch etwas Gutes, oder nicht?
Sie sagte noch mehr, das er nicht verstand, schließlich erwiderte die Mutter: „Ja, ja, aber heut noch!“
Dann ging sie nach unten, und kurz darauf spannte der Vater den Rappen vor den kleinen Schlitten. Die Banaterin trug ein in Decken gewickeltes Bündel heraus und setzte sich in den Schlitten. So fuhr sie heim. Wie eine Königin.
Gerda heulte noch immer. Ob sie so schlimm aussahen, die kleinen Neger?

 
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So, hier meine Version zu xadhooms "Der Arzt - die neue Praxis".

Mit dem Titel bin ich nicht glücklich, mir fällt aber kein besserer ein. Vorschläge werden dankend erbeten.

 

Hey Pardus!

Es ist nicht leicht, diese Geschichte als Copywrite zu sehen. Um ehrlich zu sein, hat sich mir der Zusammenhang nicht erschlossen. Das liegt nicht daran, daß Du aus einer Fantasy- eine Nachkriegsgeschichte gemacht hast, es liegt an allem. Ich erkenne keinen der Protagonisten, sehe den Ansatz nicht; da muß extreme Verschlüsselung im Spiel sein (oder die Metaebenen stapeln sich bis unter die Decke). Klar gibt es verschiedene Ethnien (Franzacken!) in problematischer Verstrickung, einen Notfall, eine Art Ärztin. Trotzdem wüßte ich gern, wie Du die beiden Geschichten in Zusammenhang siehst bzw. wie ich als Leser den finden soll. Mich hat Deine Geschichte vor allem an Szenen aus Schlafes Bruder erinnert, aber heftig.

Wenn ich zu den o.g. Dingen klarer sehe, will ich auch gern auf Einzelheiten in Deiner Geschichte eingehen. Da wüßt ich schon einige. :D

Lieben Gruß,
Makita.

 
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Mach mal gleich mit den Einzelheiten.

Über meine Probleme, ein copywrite zu xadhooms Geschichten zu schreiben, habe ich mich schon im gleichnamigen Thread ausgelassen - seine wenigen "Realgeschichten" haben nicht mit mir gesprochen, und von den Fantasygeschichten bleibt, wenn man die fantastischen Anteile wegstreicht, oft nicht viel übrig.
Dies ist mein gefühlter zwanzigster Versuch, und die neunzehn davor waren noch weiter weg vom Original.

In diesem Versuch habe ich einen Teil von xadhooms Geschichte in eine andere Zeit und ein anderes Genre übertragen, und erzähle aus einer anderen Perspektive. Mehr Metaebene ist da eigentlich nicht.

Gruß und Kratzfuß,
der Leopard

 
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Okeh, Pardus,

In diesem Versuch habe ich einen Teil von xadhooms Geschichte in eine andere Zeit und ein anderes Genre übertragen, und erzähle aus einer anderen Perspektive.
Dann will ich halt mal ein laaaa-a-a-a-anggezogenes Nagut von mir geben. Ich kann meinetwegen z.B. Shiniias Wunde und Gerdas Schwangerschaft unter dem Sammelbegriff "Verletzungen, die nicht hätten passieren dürfen" zusammenführen, um meinem Logikbedürfnis ein kärgliches Futter hinzustreuen. Trotzdem ... egal. Du wolltest Einzelheiten.

freitagabends
aus ihrer Stellung zurückschicken
die sofort gerufene Engelsmacherin da nur noch sagen können
Engelmacherin ohne s. Das da kann raus.
ein braunes Fläschchen dagelassen
„Wenn das nicht hilft“, hatte sie mit den Achseln gezuckt
"Ob man das nicht anders formulieren sollte?", rang Makita die Hände.
Der Saft hatte nicht geholfen kein Komma und beten genauso wenig, und deswegen musste Walter jetzt, Mitte Januar, im Dunkeln durch den kniehohen Schnee stapfen und die Hebamme aus dem Nachbarort holen, wo er lieber die Füße in den Wollsocken an der Kachel wärmen kein Komma und Zichorienkaffee mit Milch trinken würde. Und endlich neue Riegel für den Hasenstall schnitzen.
Ein Ungetüm von Satz. Das "wo" ist umgangssprachlich, zwar egal, aber es scheint sich erstmal auf den Nachbarort zu beziehen. Ich würde hier ein paar und streichen und das ganze Gebilde straffen, es ist zäh.
in die Lücke zwischen die Bäckerei der Zieglers und einen seit langem leer stehenden Wagenschuppen
da wird der Akkusativ seltsam verschleppt. Klarer wäre: ... in die Lücke zwischen der Bäckerei und einem ...
Der Grundriss mochte kaum mehr Platz als für ein Zimmer und das Treppenhaus auf einer Etage bieten.
Sehr holprig. All diese Einsilber, und die Wortstellung ist kraus. Den Satz würde ich streichen. So wichtig ist er nicht.
dann sah er es: In der Diele, auf einem abgewetzten Chintzsofa, lagen drei Kinder zwischen einem und zwei Jahren kein Komma und schliefen
Gebückt schlurfte die Alte zum Sofa kein Komma und zupfte
„Na steh hier nicht wie eine Salzsäule, komm schon rein!“, winkte die Alte ihn zu sich
"Da ist ja schon wieder sowas!", traute Makita ihren Augen kaum.
nur zwei Paar Wollsocken
obwohl im Haus, fröstelte Walter. „Ich suche eigentlich Hedwig Wenzel“, klapperte er
"Das war jetzt aber hoffentlich das letzte Mal", guckte Makita flehentlich.
zu dem Banater, bei Grässles auf im Auszugshaus. Der soll beim bei sich zuhause Arzt gewesen sein
Hey, Mr. Fix-it!
hatten sie die Hofknechte dort einquartiert; die jüngeren Brüder seines Vaters zuerst, später Lohnknechte. Doch die jungen Männer, die jetzt Lohn und Brot suchten, waren genau so unnütz zur Arbeit wie Klaus selbst. Also hatten seine Eltern die Ostflüchtlinge aufgenommen
Das muß man zweimal lesen, um zu kapieren, wo jetzt welche Knechte und sonstigen Leute in welcher Reihenfolge waren. Klingt auch sehr hölzern.
Vorschlag für eine satzrettende Sofortmaßnahme: "... hatten sie Hofknechte in seiner ehemaligen Wohnung/Kammer ...",
Wotan war zwar alt und faul, besann sich doch manchmal darauf, wozu man ihm noch die Essensreste hinschüttete
Hölzern. Vorschlag: doch durch jedoch ersetzen oder sowas wie:
"... besann sich aber manchmal doch noch darauf, wozu man ihm die ..."
mit hüftlangenschwarzen Zöpfen
Ich will auch hüftlangenschwarze Zöpfe!
als sei er vom vielen nach unten sprechen schon ganz krumm
Nach-unten-Sprechen oder Nachuntensprechen, zweiteres ist umstritten und gefällt wahrscheinlich kaum jemandem (aber mir).
Hinter einem buschigen, dunklen Vollbart
Obwohl er ihn freundlich ansah, wurde Walter feuerrot
Wer jetzt? Nee, is schon klar, aber schön ist es nicht. Möglicher Ausweg: "Unter seinem freundlichen Blick"
wartete der Russe noch ab, während Walter noch von Franzacken und Stuttgartern erzählte, winkte er bereits nach seiner Frau
Das zweite noch streichen und das Komma durch Punkt oder Strichpunkt ersetzen, dann wird es flüssiger zu lesen.
die Hebamme will nicht kommen, weil wir keine Zigaretten haben
sie hat keine Hakennase kein Komma und keine krummen Beine
„Stell dich nicht so an!“, herrschte die Mutter einmal. „Ich hab bei euch dreien nicht so gebrüllt kein Komma wie du bei einem
"Argh!", verhüllte Makita gramgebeugt ihr Haupt.
herrschte die Mutter sie an, das würd ich noch kaufen. Aber dann stünde da zweimal an, das klänge auch nicht schön. "Mach nicht so ein Getue" o.ä. wäre eine Alternative, ich würde aber das herrschen ersetzen.
Schließlich schlief er doch ein kein Komma und schreckte erst wieder hoch
Ja ja, aber heut noch
Jaja oder Ja, ja

So. Das waren Einzelheiten. Allgemeinheiten zur Geschichte hab ich auch noch. Zuallererst denk ich dauernd, das spiele in Österreich, erstmal wegen der fatalen Assoziation zu Schlafes Bruder (ab der Szene, wo der Junge mit der Hebamme ankommt und die Ohrfeige bekommt), wofür Du nichts kannst, dann wegen des Dialekts, wobei mir auch schon Österreicher gesagt haben, davon verstünde ich nichts. Österreich wäre ja auch komisch. Dann eben Bayern, aber was machen die Franzosen in Bayern? Okay, meinetwegen Schwaben, aber dieser Begriff, Banater, das hab ich als Schimpfwort nie gehört, das sind doch die Donaschwaben, oder? Wo sagt man denn sowas als Schimpfwort? Ich bin ja nicht gerade ein As in Geschichte, vielleicht kannst Du mich schlaumachen.

Besonders gefallen hat mir die Geschichte nicht, obwohl sie nicht schlecht geschrieben ist. Ich empfand sie beim Lesen als stickig, als sei die Luft darin zu oft geatmet worden und der Raum zu eng. Die Enge hat in mir aber keine Spannung, auch kein Mitgefühl erzeugt, sondern Ungeduld.
Rausreden will mich damit, daß ich schon viele dialektdurchsetzte Geschichten über Nachkriegsschandkinder in dumpf gebeuteltem bäuerlichen Milieu gelesen habe und es mir irgendwann gereicht hat. *schäm*

Außerdem kann ich nach wie vor nur ganz ganz lose Verbindungen zum Original entdecken, und das, obwohl (oder weil) ich mich in Xadhooms Geschichten gut auskenne. Ich meine nicht nur logische Brückenschläge, sondern auch die Stimmung, die Charaktere, die Umgebung. Wie kann ich Gerdas Leute mit den Lin (oder gar ihre Familie mit den Daykîn) in Verbindung bringen außer durch hanebüchene Verzweiflungshaarziehereien? Noch viel weniger kann ich Shiniia in der hilflosen, passiven Gerda erkennen. Dabei bin ich eine gute und willige Assoziiererin (Assozieuse? Assozia?). Mir bleiben nur Stichworte und bröckelige Planken: Die Ärztin gehört einem anderen Volk an, sie war nicht immer dort, sie tut ihr bestes für Einheimische, die sie innerlich vielleicht ablehnen etc pp. Damit muß ich mich aber wohl zufriedengeben, da Du Deine Verzweiflung und Haarzieherei schon im Vorfeld angesagt hast.

Lieben Gruß,
Makita.

 
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Salve Assozia Makita,

besten Dank für die Kleinarbeit. Hätte ich die KG noch ein paar Tage liegen gelassen, hätte ich viele Fehler wohl selbst entdeckt. Aber nachdem ich an diesem Copywrite seit Wochen rumkämpfe, war ich nur noch froh, es fertig geschrieben zu haben und posten zu können.
Das Meiste habe ich umgesetzt, nur an ein paar Stellen war mein Lobus Grammaticus im Widerstreit mit Makita, wer nun Recht habe.

Summa summarum: Mein königlich dankbarster Hofbückling!

Die Banater gehören neben den Ungarndeutschen schwäbischer Abstammung, den Sathmarer Schwaben und den Jugoslawiendeutschen schwäbischer Abstammung zu den Donauschwaben. Sie lebten im sogenannten Banat, einer Region, die heute je teilweise zu Rumänien, Serbien und Ungarn gehört.

Viele von ihnen hatten das Glück, nach dem WK2 in den Westen fliehen zu können, z.B. im Gegensatz zu den Russlanddeutschen, die, als Deutschland Russland den Krieg erklärte, nach Sibirien, Tadschikistan, Kasachstan etc. verschleppt wurden.
Wenn die Ortsansässigen die Familie penetrant "die Banater" nennt, dann betonen sie nur, dass es "die anderen" sind - so, wie man in einem urschwäbischen Nest einen zugezogenen Bajuwaren auch noch nach zwanzig Jahren "den Bayer" nennen wird.

Wegen Deiner Aversion gegen sumpfluftige Geschichten musst Du DIch nicht schämen. Ich hatte mir eigentlich einmal vorgenommen, nie, nie eine Geschichte über den WK2 zu schreiben (und jetzt ist es schon meine anderthalbte, shame on me!), eben weil man fast schon durch die Thematik zur Betroffenheit verpflichtet wird.
So nach dem Motto: Willst Du einem banalen Plot Tiefsinn aufzwingen, dann siedle ihn in Europa zwischen 1939 und 1945 an.

Aber was sollte ich machen: Da saß ich nun verzweifelt und vergrämt vor meinem Laptop, nachdem ich Entwurf Nummer neunzehn gelöscht hatte; und auf einmal springt mich dieser Plot an. Natürlich habe ich mich mitreißen lassen!

Vielleicht kann ich zu meiner Entschuldung anmerken, dass mir die meisten von xads Protagonisten zutiefst unsympathisch waren (hoffentlich liest er das nicht). Sympathie hinzuzudichten, die ich nicht empfinde, ist eine Herausforderung, die ich, wie ich gemerkt habe, noch nicht bewältige.

Danke auf jeden Fall nochmals für die Klein- und Feinarbeit. Und nächstes Mal gibt es weniger Sumpfluft - ich verspreche wenigstens hoffnungsschwangere Schwermut!

LG, Pardus

PS: Verzichte lieber auf hüftlangeschwarze Zöpfe. Das verführt nur zum dran ziehen.

 

Hallo Pardus,

schön erzählte, gut zu lesende Geschichte ... wenn es kein Copywrite wäre.

Als alleinstehende Geschichte finde ich sie sehr gut. Sie ist flüssig erzählt und nähert sich dem schwierigen Thema gut an.

Allerdings, und da gebe ich Makita recht, fehlt mir der Bezug zu den Charakteren bei xadhooms Geschichte. Vielleicht entgeht mir da auch etwas, weil ich solchen Geshcichten in der Regel nicht viel abgewinnen kann und deshalb eher einen Bogen darum mache.

Fazit meinerseits: als Geschichte schön, als Copywrite ...

lg
Dave

 

Fazit meinerseits: als Geschichte schön, als Copywrite ...
*stirnrunzel* Wenn das sich als einhellige Meinung am Horizont abzeichnet, erwäge ich ernsthaft, sie in "Gesellschaft" zu verschiebe, und die Zweitschussoption zu wählen.

 

Hallo Pardus,

stilistisch hat mir die Geschichte gut gefallen. Die Figuren, na ja, Walter ist okay, die anderen fand ich seltsam und/oder blass. Aber jetzt mal ganz abgesehen vom Bezug zur Vorgeschichte, fand ich den Text sehr ueberladen. Das Negerkind am Ende - puh, das hat dem Ganzen echt den Rest gegeben. Ein einfach uneheliches Kind haette es im Dorf doch getan, da muss es doch nicht doppelt (Franzos) und dreifach (schwarz) untragbar sein. Ueberhaupt, das ganze Nachkriegsdings (Arm ab, Doktor weg bla bla bla) hat mich gestoert, weil ich nicht richtig verstehe, was es da soll und Nachkriegsdings ist eben nie nur unverfaengliches und leises Umfeld. Im Grunde haette es doch gereicht, wenn da so ein Arzt ins Dorf zuzieht und man misstraut ihm eben, weil er ein Zugezogener ist. Der Rest waere halt duestere Heidiatmosphaere und grauslich-urtuemliche Chirurgie - da passt uebrigens die von Makita beschriebene Enge und Muffigkeit gut zu. Ich mag das auch gerne.

In der Diele, auf einem abgewetzten Chintzsofa, lagen drei Kinder zwischen einem und zwei Jahren und schliefen.
Das ist eine seltsam praezise Angabe

„Wo bleibst denn so lange!“, herrschte sein Vater ihn an, noch während er in der Tür stand. Er zerrte ihn herein und gab ihm eine schallende Ohrfeige.
Das fand ich sehr absehbar - sowas muss so ein Vater in solchen Texten ja immer tun.

Also, wenn das raus waere, was ich nicht mag, faende ich die Geschichte wahrscheinlich gut.

Bis demnachst,
fiz

 

Salve feirefiz,

Aber jetzt mal ganz abgesehen vom Bezug zur Vorgeschichte, fand ich den Text sehr ueberladen.
Dieser Kritikpunkt klebt an mir wie eine Klette - manche finden gerade das gut, andere fühlen sich, als müssten sie Brühpulver trocken löffeln. Ich selbst muss noch einen Weg für mich finden, wie ich das Problem löse - ich versuche mein Bestes, versprochen, aber nicht mehr mit dieser Geschichte. Dazu knete und würge ich das Copywrite schon zu lange.
und Nachkriegsdings ist eben nie nur unverfaengliches und leises Umfeld.
Ich wär froh, ich könnt einmal eine unverfängliche und leise Geschichte schreiben. Aber irgendwie will es nie, die Dramen häufen sich bis zum Schornstein - Hut ab vor jedem, der unaufdringlichen Tiefsinn schreibt. Ich hoffe nur, ich lern es noch.
Also, wenn das raus waere, was ich nicht mag, faende ich die Geschichte wahrscheinlich gut.
Meinst Du jetzt Ohrfeige und Altersangaben, oder die zuvor erwähnten Elemente?

Jedenfalls, danke fürs lesen und den Komm. Nächstes Mal wird alles besser. Oder wenigstens anders schlimm.

LG, Pardus

 
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Salve Pardus,

Ich wär froh, ich könnt einmal eine unverfängliche und leise Geschichte schreiben. Aber irgendwie will es nie, die Dramen häufen sich bis zum Schornstein - Hut ab vor jedem, der unaufdringlichen Tiefsinn schreibt. Ich hoffe nur, ich lern es noch.
Das Drama der Geburt kann ja ruhig extradramatisch bleiben (glaub mir, fuer leise gibts auch Dresche). Mir war halt nur nicht klar wozu die Geschichte das Nachkriegsumfeld braucht, ob das nicht eher vom Wesentlichen ablenkt.

Meinst Du jetzt Ohrfeige und Altersangaben, oder die zuvor erwähnten Elemente?
Ich mein vor allem den Nachkrieg und das Negerkind, das andere sind ja bloss Peanuts.

Nächstes Mal wird alles besser. Oder wenigstens anders schlimm.
hehe, ich freu mich drauf

Pardusfan feirefiz

 
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Aloha!

Vorab erst mal vielen lieben Dank, dass Du Dich durch meine Erzählungen gewurschtelt hast. Dass Deine Wahl dabei ausgerechnet auf die Arzt-Serie fallen würde, habe ich zugegebenermaßen nicht erwartet und war deshalb auch positiv überrascht. Wie üblich, habe ich die bereits vorhandenen Kommentare nicht vorab gelesen, es mag also durchaus angehen, dass ich mich hier wiederhole.

Nachkriegskind ist eine stimmungsvolle Erzählung mit einer schönen Sprache und sehr klar umrissenen Charakteren und Szenen. Eine Momentaufnahme aus einer Zeit, die wir – aus so vielen verschiedenen und sicher auch guten Gründen - gerne verdrängen oder vergessen. Bedauerlicherweise hat sich da hier und dort bis heute lediglich dran geändert, dass die medizinische Versorgung besser ist. Mit anderen Worten: Trotz der Tatsache, dass mir normalerweise die Beziehung zu solchen Geschichten fehlt, hab ich sie dennoch gerne gelesen, weil sie eben Bilder vermittelt. Außerdem gefällt mir die Einbindung der Umgebung, die nicht nur einfach da ist, um Stimmung zu klotzen, sondern integraler Bestandteil wird.

Nun, Der Arzt – Die neue Praxis mag Dich zwar inspiriert und damit Nachkriegskind zu Bildschirm gebracht haben, ein Copywrite im Sinne der Vorgaben sehe ich allerdings nur bedingt. Bedingt, weil eine klare, einfache Erkennbarkeit des Originals durch eine gleich ablaufende Handlung oder Charaktere m.E. nicht gegeben ist. Ich sehe die schmerzhafte Schwangerschaft als die Verletzung, ich finde die Analogie in der „Wertung“ Hebamme/Arzt (bei Dir) zu Heiler/Arzt (bei mir), da ist „das Haus in der Lücke“ (bei Dir), welches dem (meinem) kleineren, aus dem Rahmen der üblichen Bauweise fallenden Haus entspricht und ich erkenne in Walters Wanderschaft durch die Umgebung zwar auch Firfin bis zu einem gewissen Punkt wieder, allerdings entlehnt das dem ersten Teil der Arzt-Serie.

Mein Fazit ist, dass Nachkriegskind erst einmal eine ganz hervorragende Erzählung ist; zudem ist es grundsätzlich durchaus ein Copywrite aus einer schwierigen Grundlage heraus, da eine Übertragung aus dem phantastischen Genre ohnehin schon eine gewagte Nummer darstellt. Nur … "einfach" ist das Copywrite sicher nicht zu erkennen. Da ich aber durchaus auch ein Vertreter der Auffassung bin, dass sich Leser/in nicht nur dem Easy-Reading hingeben, sondern auch mal vertiefen darf, kann und mag ich eigentlich nicht groß meckern. Trotzdem „bedingt“ erfüllt … warum, schrieb ich bereits.

Dinge, die mir auffielen:

Du gehst sehr großzügig mit Ausrufezeichen um. Die sollen aber besondere Textstellen hervorheben oder eine kräftige wörtliche Rede unterstützen, sofern sich das nicht ohnehin schon durch den Beisatz oder die Art und Weise selbst erschließt. Sieh bitte nochmals drüber, wo Du vielleicht verzichten oder umstellen, möglicherweise einen Beisatz anfügen kannst. Es sind viele Ausrufezeichen im Text!

Als die Mutter ihr die Granatbrosche förmlich aufgedrängt hatte, hatte sie doch noch ein braunes Fläschchen da gelassen.
-> Wiederholung: hatte

Der Raum war bestimmt seit dem Nachmittag nicht mehr geheizt worden, obwohl im Haus, fröstelte Walter.
-> worden; obwohl (Die zwei Sätze hängen zwar kausal zusammen, können aber durchaus auch missverstanden werden, da sie m.E. durch das Komma doch zu dicht aneinander stehen.)

Ist beim Truchseß Schorsch, seine Kuh kalbt.
-> Truchsess

Der Truchseß war schon vor dem ersten Krieg der Großkopf im Dorf gewesen, …
-> Truchsess

… , waren genau so unnütz zur Arbeit wie Klaus selbst.
-> genauso

Von der Banaterin hörte Walter fast nichts,
Schließlich schlief er doch ein, und schreckte erst wiederhoch, als Gerda brüllte wie eine gestochene Sau.
-> nichts.
-> wieder hoch


Nochmals meinen Dank!
shade & sweet water
>x<

 

Salve xad,

vor der Kritik des Originalautoren bammelte es mich am meisten, darum freue ich mich umso mehr, dass die Geschichte im großen und ganzen Dein Placet gefunden hat.
Dass ich nichts gemäß den Copywrite-Regel abliefern würde, war mir beim Schreiben längst klar. Doch nachdem ich wochenlang kämpfte, überhaupt einen vernünftigen Plot zu Papier zu bringen, und sämtliche vorhergehende Versuche noch weniger dem Original ähnelten, habe ich es schlussendlich in Kauf genommen.

Und dafür, dass ich die Geschichte überhaupt geschrieben habe, brauchst Du Dich nicht zu bedanken, das sollte bei diesem Spiel selbstverständlich sein :).

Zu den von Dir bemerkten Auffälligkeiten:

Ein paar Ausrufezeichen habe ich durch Punkte ersetzt.
Den Truchseß Schorsch kann ich nicht zum Truchsess machen, da Truchseß ein Nachname ist, und somit der von der neuen RS geforderten ß-Metamorphose entgeht.
Die RS-Fehler sind selbstredend beseitigt.

Ansonsten: Gerne geschehen.

Der Leopard

 

Das ging schnell. ;)

Und dafür, dass ich die Geschichte überhaupt geschrieben habe, brauchst Du Dich nicht zu bedanken, das sollte bei diesem Spiel selbstverständlich sein :).
Jaaaa … selbstverständlich sollte das Schreiben einer Geschichte schon sein, wenn man sich denn meldet und es nicht gute Gründe gibt, nichts abzuliefern. Der Dank mag vielleicht nicht nötig sein, ist aber trotzdem Ausdruck meiner Wertschätzung, dass Du Dir einerseits meine Erzählungen vorgeknöpft hast und Dich „trotz wochenlangem Kampf zu einer Geschichte hast hinreißen lassen“, mit der Du Dich zudem auch noch der Kritik aussetzt, den eigentlichen Kriterien nicht zu genügen.

Den Truchseß Schorsch kann ich nicht zum Truchsess machen, da Truchseß ein Nachname ist, und somit der von der neuen RS geforderten ß-Metamorphose entgeht.
Hah! Das akzeptiere ich gerne so. Mir hätte auch so auffallen können, dass es ziemlich sicher keinen Truchsess im Sinne des Wortes mehr gab, allerdings bin ich mit den Gepflogenheiten in der Gegend dann auch nicht so vertraut. Als Familien- und damit Eigenname bleibt es selbstmurmelnd beim ß.

Einen Vermerk und Link habe ich unter dem Original angebracht.

LG
>x<

 

Hallo Pardus,

; obwohl im Haus, fröstelte Walter.
Gut gemacht, muss man aber trotzdem 2,3 mal lesen, bis man den Satz kapiert und das reißt aus dem Lesefluss.

Der Banater war groß und hager; so groß, dass er beinahe im Türstock anstieß. Er hielt sich leicht gebeugt, als sei er vom vielen nach unten sprechen schon ganz krumm geworden. Hinter einem buschigen, dunklen Vollbart, der fast das ganze Gesicht bedeckte, blitzten zwei kleine, wachsame Augen. Walter wusste mit einem Mal nicht mehr, was er sagen sollte.
„Bist du nicht der Junge vom Waldbauer? Ist etwas passiert? Du bist ja ganz blass!“ Er hatte eine tiefe Stimme, mit grollendem R, wie ein herbstmüder Bär. Trotz seinem freundlichen Blick wurde Walter feuerrot.
Das ist alles sehr gut gemacht, ist eine dichte, plastische Geschichte. Gefällt mir ausgezeichnet bis hierhin.

Wirklich eine ausgezeichnet, dicht erzählte Geschichte, am Ende fehlt fast ein wenig das literarische, wird dann eigentlich nur zu passiv geschildert, was passiert, weil ja auch der Erzähler komplett in der passiven Rolle verschwindet, und man die Pointe dann auch nur in seiner Psyche findet, auf die man als aufgeklärter Mensch ein wenig herabsieht, weil man hier als Leser mehr weiß als der etwas einfältige Protagonist.

Doch wirklich, Kompliment, sehr starke Nummer.
Quinn

 

Salve Quinn,

Zitat:
; obwohl im Haus, fröstelte Walter.

Gut gemacht, muss man aber trotzdem 2,3 mal lesen, bis man den Satz kapiert und das reißt aus dem Lesefluss.

Was soll daran unverständlich sein? Das ist 'ne klassische Ellipse, nicht mehr.

Am Ende - ja, da häte ich noch eine stundenlange, blutige Zangengeburt mit Dammschnitt und Drehung des Kindes im Mutterleib erzählen können. Ich habe es zugegebenermaßen nur ausgelassen, weil bei mir die Luft raus war, und das rächt sich immer.

und man die Pointe dann auch nur in seiner Psyche findet, auf die man als aufgeklärter Mensch ein wenig herabsieht, weil man hier als Leser mehr weiß als der etwas einfältige Protagonist.
Der ist ja auch noch ein Kind. Und für aufgeklärt halten wir uns alle so lange, bis die eigene Tochter mit einem unehelichen Mischlingsbaby nach Hause kommt, oder der Sohn zum Islam konvertiert :D.

LG und schönes WE,
Pardus

Doch wirklich, Kompliment, sehr starke Nummer.
Danke!

 

Salve Alter!

Fiz meinte die Charaktere wären blass - nee, ich muss dich da eigentlich loben, die sind, in dem was sie tun und nicht tun schon stark beschrieben oder ich konnte sie mir einfach gut vorstellen - wobei die Ohrfeige ja in solchen Texten zu Obligatorik gehört. :D
Hab die Geschichte eigentlich wegen dem Titel vermieden, Kriegsgeschichten kann ich schon länger nicht ab, die hier könnte ja auch in einer anderen Zeit spielen, muss nicht unbedingt nach dem Krieg sein. Tjo, mir bleibt nicht viel zu sagen, mir hats auch gefallen, besonders die Sprache (passend zur Thematik, ansonsten würde mir so eine dickflüssige Sprache überhaupt nicht gefallen).

JoBlack

 

Shalom Jo,

erst mal Danke für das Lob. Es ist schon witzig, wie unterschiedlich die gleiche Geschichte bewertet wird - was der eine blass findet, findet der andere stark. Ich muss dabei an Quinns Kommentar zu feirefiz' Copy denken: die Wörter, die er als NoGo markiert hat, sind für mich die schönsten.

wobei die Ohrfeige ja in solchen Texten zu Obligatorik gehört.
Die ist längst weg. Wobei solches in jener Zeit alltäglich gewesen sein muss; zumindest wenn ich den Erzählungen meiner Mutter über ihre fünfzehn Jahre spätere Schulzeit glauben darf.

mir hats auch gefallen, besonders die Sprache (passend zur Thematik, ansonsten würde mir so eine dickflüssige Sprache überhaupt nicht gefallen
Nach so viel Lob traue ich mich kaum mehr zuzugeben, dass mir der Erzählton überhaupt nicht mundet. Nur: Walter ist schuld. Der wollte seine Wahrnehmung so präsentiert sehen.
Salve Alter
Lass ein r weg, dann passt's.

LG und schönes WE,
Panthera et cetera

 

Grüß dich, Pardus!

Insgesamt ist das eine sehr getragene Geschichte, die mir zu viel Gewicht zumutet. Das ist, als ob man lieber drei Tonnen Süßigkeiten und einen Laster voll Rosen zum Valentinstag schenkt, weil man fürchtet, eine schöne Rose wäre zu wenig.

Will sagen: Ja, ich habs verstanden, aber dass alles so gründlich schief laufen muss, das wirkt auf mich dann schon wieder unglaubwürdig. Da zieht das schwarze Kind am Ende nicht, weil meine Aufmerksamkeit schon ermüdet ist. Ahja, schlimm, aha, noch schlimmer, oh, aha, dann noch ne Frau, mhm, okay, ja, und dann ist das Baby eben schwarz. Klar, alles andere wäre sinnlos gewesen, weil die Geschichte mit einer solchen Wucht auf eine Katastrophe zusteuert, dass alles Andere am Ende schlichtweg unmöglich wäre. Aber Geschwindigkeit nimmt nicht mehr zu durch die Katastrophe, finde ich, es ist ja vorher schon so viel passiert.

Naja. Die Charakterisierung der Leute fand ich gut, wobei mir der Banater am längsten im Kopf geblieben ist. Der Erzähler selbst ist mir zu passiv, zu sehr Spielball. Und am Ende hört er ja nur noch zu.

Auch der Plot ist in sich stimmig und nachvollziehbar.

Die Sprache ist mir zu maniriert. Als hättest du versucht, möglichst seltsame Sätze zu bilden, damit man auch ja konzentriert beim Text bleiben muss. Klar, das ist vielleicht ein Stilmittel und durch die Sprache wirkt der Text alt, aber eben auch fern - das hat mir zumindest den Zugang erschwert.

Etwas, was du ganz besonders oft machst, ist, dass du deine Sätze mit Belanglosigkeiten beginnst und dann erst am Ende wirklich etwas sagst.

Aber warum um alles in der Welt sollte Gott ausgerechnet ihn, Walter, strafen wollen?

Der Saft hatte nicht geholfen, beten genauso wenig, deswegen musste Walter jetzt, Mitte Januar, im Dunkeln durch den kniehohen Schnee stapfen und die Hebamme holen.

Die Hebamme wohnte in einem hohen, schmalen Haus, das man irgendwann in die Lücke zwischen der Bäckerei der Zieglers und einen seit langem leer stehenden Wagenschuppen gebaut hatte.

Gebückt schlurfte die Alte zum Sofa und zupfte die gehäkelte Decke über den zusammengerollten Leibern zurecht.

Hm, das klingt jetzt alles sehr nach Kritik, aber ich habe die Geschichte trotzdem gern gelesen. :)

Schöne Grüße,

yours

 

Salve yours,

schade dass Du mit meiner sprach und dem Satzbau nichts anfangen konntest.
Allerdings, nachdem ich mir die von Dir angeführten Beispiele durchgelesen habe, wüsste ich nicht, wie ich die Sätze umkonstruieren könnte, ohne mir die Grammatik zum Feind zu machen.
Außerdem macht gerade das für mich den Reiz am Schreiben aus: mit Sprache spielen, ein wenig drechseln und drehen.

Das Mischlingsbaby, jo mei, das musst halt sein, damit die Mutter einen Grund hat, es aus dem Haus haben zu wollen.
So furchtbar viele Katastrophen habe ich übrigens gar nicht eingebaut, zumindest nach meinem Geschmack nicht. Es liegt Schnee. Das ist im Winter so. Die Hebamme kommt nicht. Dafür eine Ärztin. Die Einwohner mögen die Zugezogenen nicht. Das kommt vor.
Ist halt von der Athmosphäre ein bisschen wie van Goghs "Kartoffelesser", aber die sind auch bloß dumpf, und nicht tragisch.

Trotzdem freut es mich, dass Du die KG gerne gelesen hast. Vor allem, nachdem Dein Komm tatsächlich zuerst nach negativer Kritik klang :).

LG und schönen Sontag,

Pardus

 

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