Was ist neu

Imagepflege

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04.02.2007
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Imagepflege

Der Schatten folgte der blonden Joggerin durch den verschneiten Park, huschte mal links, mal rechts an ihr vorbei und wieder zurück, sorgte für ein Frösteln, wenn er ihren Arm oder ihr Bein streifte, blieb aber ansonsten unbemerkt.
Nach der dritten Runde um den Ententeich glitt der Schemen zu Boden und nahm die Gestalt eines in einen altertümlich-eleganten Anzug gekleideten Herren mit melierten Schläfen an, der sich auf einen silberbeschlagenen Spazierstock stützte. Leichtfüßig trat er hinter ein Gebüsch.
Kurz bevor die Läuferin sein Versteck erreichte, schnellte er hervor und versperrte ihr den Weg. Mit einem Schrei blieb sie stehen und stützte sich auf ihre Oberschenkel. Sie entfernte ihre Ohrhörer und betrachtete ihn schnaufend. „Mein Gott. Sie haben mich aber erschreckt.“
Ein Lächeln zog sich in das faltige Gesicht. „Das lag in meiner Absicht.“
„Schon gut. Kann ja mal passieren.“ Erst dann drang das gehörte in ihr Bewusstsein und sie richtete sich auf. „Sie wollten mich erschrecken?“ Sie straffte das Zopfgummi über ihrem Pferdeschwanz.
Er nickte bedächtig. „In der Tat. Ich liebe den Geschmack von Adrenalin im Blut.“
Langsam zog die Frau sich von ihm zurück. „Blut? Welches Blut denn?“
„Deines, Sterbliche, deines!“ Schrittlos folgte er ihr, so dass sich der Abstand zwischen ihnen nicht verringerte.
Sie schaute auf ihre Hände, drehte sie in alle Positionen, dann tastete sie ihr Gesicht und den Körper ab und untersuchte nochmals die Hände. „Aber ich blute doch gar nicht.“
Vlad öffnete den Mund und ließ die Reißzähne im Sternenlicht funkeln. „Dafür werde ich schon sorgen.“ Seine Augen blitzten vor Freude.
Erschrocken fiel die Joggerin rückwärts zu Boden. Sie schlug sich die Arme vor das Gesicht und spähte zwischen ihnen hindurch. „Du, …, du bist, …, du bist ein Vampir?“
Wieder das bedächtige Nicken. Vlad leckte sich über die Lippen.
„Cool!“ Sie sprang auf. „Riechst du im Sonnenlicht nach Veilchen?“ Blassblaue Augen stierten ihn erwartungsvoll an.
„Wie bitte?“
„Na, du riechst doch wohl in der Sonne, oder? Kannst du mir das mal zeigen?“
„Nein. Nein, ich rieche nicht. Und du wirst …“
„Oh, schade. Dann hast du bestimmt ein Amulett dagegen, oder?“, fiel sie ihm ins Wort. „Ich wollte schon immer mal einen Vampir treffen. Ich bin voll der Fan, weißt du?“ Sie hielt ihm ihren Ohrhörer hin. „Hier hör mal. Band sieben!“
„Was soll denn das?“ Vlad gab seine drohenden Gesten auf. „Ich gebe mir hier alle Mühe, dich stilvoll auf deinen grausamen Tod einzustimmen, und du willst mir Musik vorspielen?“
„Nee. Doch keine Musik. Das ist das Hörbuch. Ganz neu. Die beiden brennen durch und heiraten auf der Bundesgartenschau, weil da der Geruch nicht auffällt, weißt du.“ Sie hüpfte. „Das ist ja so krass, dass ich dich treffe. Es gibt so viel, was ich dich fragen will. Zum Beispiel, wenn …“
Ein erstickter Schrei beendete ihr Geplapper als Vlad seine Zähne in ihre Aorta schlug und gehetzt das nicht mehr allzu adrenalingesättigte Blut aussaugte.

„Das hat sie tatsächlich gesagt? Unglaublich.“ Die Frau im schwarzen Abendkleid nippte aus ihrer Sektflöte.
„In der Tat. Sie hat mir völlig die Freude am Akt genommen.“ Vlad griff nach seinem Brandy. „Die Menschen von heute, Lil, haben keinen Respekt mehr vor uns Untoten.“ Er unterbrach sich für einen Schluck. Seine Gesprächspartnerin ließ ihren Blick durch die dämmerige Hotelbar schweifen.
„Lilly, hörst du mir überhaupt zu?“
„Wie bitte, mein Lieber?“ Sie wandte sich ihm zu und drehte eine aus ihrer Hochsteckfrisur herausbaumelnde Locke um den Finger. „Aber natürlich. Furchtbare Sache, die dir passiert ist.“ Sie schüttelte den Kopf. „Furchtbar. Wirklich. Aber davon muss ich mir doch nicht den Appetit verderben lassen, oder?“ Sie deutete mit ihrem Glas in Richtung der Bar. „Sieh mal den Armani da drüben.“
Er drehte ihren Kopf mit seinem Spazierstock zurück in ihr Separee und beugte sich über den Tisch. „Lil, ich habe einen Plan, wie wir den Respekt zurückgewinnen, den wir verdienen!“
„Nein!“ Sie stellte ihr Glas ab, drückte den Spazierstock weg und wedelte mit den Händen. „Nein, nein, nein, Vlad. Ich mache da nicht mit.“
Überrascht lehnt ihr Gegenüber sich zurück. „Aber du hast meinen Plan nicht angehört!“
„Das muss ich nicht; ich kenne deine Pläne. Was war denn als du Präsident des DRK werden wolltest, um Blutspenden abzufangen?“ Sie nahm ihr Glas.
„Nun ja, mir war nicht klar gewesen, dass ich tagsüber so viel arbeiten müsste.“ Verlegen drehte er seine goldenen Manschettenknöpfe zwischen den Fingern.
„Und als du ein Dopinglabor gegründet hast, um an Blutproben zu kommen?“
Er nickte. „Ja, das hat mir ein für alle Mal den Geschmack an Profisportlern verdorben. Aber“, er hob seinen Zeigefinger, „dabei ging es um Blut. Wenn es um Blut geht, denke ich gelegentlich nicht gründlich genug nach. Ich habe auch gute Ideen. Zum Beispiel der Vampirland-Vergnügungspark. Der gefällt dir doch.“
Mit schiefgelegtem Kopf blickte sie ihn an. „Ja, und seit 43 Jahren machst du 'erste Skizzen' dafür. Inzwischen sind wir über die Dampfmaschine weit hinaus, Vlad.“
„Ach“, winkte er ab, „lass uns nicht über die alten Geschichten reden. Diesmal“, er stieß seinen Spazierstock auf den Boden, „geht es um das, was uns zusteht. Uns allen. Ich werde nur einige Wochen deiner Zeit und deiner Fähigkeit im Umgang mit diesen neumodischen Textschreibgeräten benötigen.“ Als sie von ihrem Sekt aufblickte, hatte er sie am Haken.

Der Mann im Cordsakko legte der Frau einen Stapel Umschläge auf den Schreibtisch. „Hier sind die Absagen für heute, Karin. Ich mache Schluss.“
„Alles klar, Martin, schicke ich raus. Bis morgen dann.“
Er wendete sich zur Ausgangstür und schreckte zusammen. Der Mann vor ihm sah aus wie siebzig und trug einen Frack. Seine Begleiterin war mindestens dreißig Jahre jünger und in einen modischen Hosenanzug gekleidet.
Lilly hakte sich bei Martin unter. „So, Sie verschicken Absagen? Dann müssen Sie hier Lektor sein?“, schnurrte sie.
„Ja, aber ich habe Feierabend.“ Martin streckte sich, um einen Blick auf den Karton in Vlads Armen zu werfen und schluckte. „Sie haben ein Buch geschrieben?“
„Ja.“ Vlad trat einen Schritt vor und hielt ihm den Karton hin. „Wir haben Ihren Verlag ausgewählt.“
„Nun, eigentlich wählen wir aus … Lassen Sie doch einfach eine Leseprobe hier, wir melden uns dann.“
„Ach wissen Sie“, Lilly schüttelte ihr Haar zurück, „wir – vor allem ich - haben so viele Mühen auf uns genommen für dieses Buch. Es wäre sehr, sehr nett, wenn Sie jetzt gleich mal einen Blick auf das Manuskript werfen könnten.“ Sie schmiegte ihren Kopf an seine Schulter. „Und wer nett zu anderen ist, zu dem sind auch andere nett.“
Martin warf einen Blick auf seine Armbanduhr. „Na ja, ich kann mal kurz schauen. Vielleicht geht die Entscheidung ja schnell.“
Vlad öffnete ihm den Karton. „Sicher wird sie das.“
Martin nahm einige Blätter heraus. „Das ist ja eine sehr kleine Schrift.“ Er wendete den Stapel. „Und beidseitig bedruckt …“ Er beäugte den Karton. „Und so viele …“.
„2017“, warf Vlad ein.
Lilly strich mit ihren langen Fingernägeln über seine Wange und hauchte ein „Bitte“.
Martin begann zu lesen. Seine Augen weiteten sich erschrocken. Er fingerte einen Korrekturstift aus der Innentasche seines Sakkos und hinterließ seine Anmerkungen auf dem Papier.
„Oh, Mann, Sie haben aber zwei oder drei Rechtschreibreformen verpasst oder? Da müssen Sie doch wenigstens mal eine Rechtschreibprüfung drüber laufen lassen.“
„Ja, das haben wir. Aber ihm“, Lilly deutete auf Vlad, „gefielen die roten Kringel unter den Worten so gut. Sie erinnerten ihn an Blut. Daher durfte ich nichts korrigieren.“
Stirnrunzelnd ignorierte Martin diese Erklärung und las weiter. Nach drei Seiten steckte er den Stift ein.
„Wissen Sie, das können wir nicht verkaufen. So etwas liest doch keiner. »Ich bin einer derer, die Vampyr genannt sind. In meiner Existenz fraß ich zehntausende Weiber, tötete tausende Recken und verstümmelte hunderte Bälger.«“ Er warf die vollgeschriebenen Blätter auf den Tresen. Vlads Augen verengten sich, doch Martin ließ sich nicht abhalten.
„Da kommt doch keine Sympathie rüber. Ein Protagonist, der Menschen tötet. Das geht im Vampirgenre nicht. Da müssten Sie sich schon was anderes ausdenken. Mal sehen …“
Martin begann, vor dem Empfangstresen auf und ab zu laufen. Dabei massierte er sich die Schläfen. „Tiere trinken ist ausgelutscht, Kunstblut auch.“
Vlad warf Lilly einen fragenden Blick zu, den sie mit einem kurzen Kopfschütteln beantwortete.
Martin blieb stehen und schnippste mit den Fingern. “Vielleicht könnte ihr Vampir sich von Ozon oder CO2 ernähren, dann wäre er auch noch gut für die Umwelt? Ökologisch bewusste Frauen sind eine relevante Zielgruppe!“
Die Vampire schauten sich an. Sie nickte kaum merklich und trat zur Seite.

„Weißt du, Lil, wir haben es falsch angefangen.“ Vlad drückte den Rufknopf für den Fahrstuhl.
„Ach, mach dir nichts daraus.“ Sie tupfte sich mit einem Taschentuch die Lippen ab. „Immerhin gab es eine warme Mahlzeit. Und es gibt andere Verlage.“
„Nein, nein, Lilly. Heutzutage lesen die Sterblichen nicht mehr.“ Der Fahrstuhl kam und die beiden stiegen ein. „Die wirklichen Meinungsmacher sind Filme.“ Vlad wählte das Erdgeschoss. „Horrorfilme laufen gut. Neulich erst sah ich Folterkeller 7 in 3D, sehr inspirierend.“
Die Tür schloss sich.
„Lilly, wir gehen nach Hollywood!“
Lillys Seufzen fuhr mit ihnen in die Tiefe.

 

Hallo Teetrinker,

ein amüsantes Setting. Habe auch gerade das Vampir-Thema mit meiner aktuellen Story durch und konnte mich deshalb in deinen Text gut einfühlen. Allerdings meine ich, dass er in der falschen Rubrik gelandet ist. Horror, nur weil Vampire vorkommen, nee, da muss schon Horror in der Geschichte auftauchen. Und das ist hier nicht der Fall. Das ist ja schon beinahe eine Persiflage. Die Szene mit der Joggerin grenzt ja schon an Klamauk.

„Das lag in meiner Absicht.“
„Schon gut. Kann ja mal passieren.“ Erst dann drang das gehörte in ihr Bewusstsein und sie richtete sich auf. „Sie wollten mich erschrecken?“ Sie straffte das Zopfgummi über ihrem Pferdeschwanz.
Er nickte bedächtig. „In der Tat. Ich liebe den Geschmack von Adrenalin im Blut.“
Langsam zog die Frau sich von ihm zurück. „Blut? Welches Blut denn?“
also das ist schon hart an der Grenze. Da muss man sich eine Kelly Bundy vorstellen, um das zu schlucken ;)
Erschrocken fiel die Joggerin rückwärts zu Boden.
für den Gag brauchst du das, aber das erschrocken ist natürlich Betrug am Leser. Zudem ist das ein wirklich grusliger Satz. Das bekommst du bestimmt besser hin

a, und seit 43 Jahren machst du 'erste Skizzen' dafür. Inzwischen sind wir über die Dampfmaschine weit hinaus, Vlad.“
lustige Idee, aber 43 Jahre und Dampfmaschine, da musst du wohl noch ein paar Jährchen anhängen

„Na ja, ich kann mal kurz schauen. Vielleicht geht die Entscheidung ja schnell.“
yeah, das werde ich jetzt auch mal probieren :D

„gefielen die roten Kringel unter den Worten so gut. Sie erinnerten ihn an Blut. Daher durfte ich nichts korrigieren.“
hrhr, aber das fette ist übererklärend und schwächt die gute Idee ab

„Lilly, wir gehen nach Hollywood!“
Lillys Seufzen fuhr mit ihnen in die Tiefe.
guter Ausstieg.

Etwas übergangslos wird zu Beginn aus dem dauernden er plötzlich Vlad. Das dürfte nicht so brechen, sondern müsste durch eine wichtige Szene eingeleitet werden.

Ansonsten gern und mit einem Schmunzeln gelesen

grüßlichst
weltenbeißer

 

Hallo bissiger weltenläufer,

vielen dank für das Lesen und Kommentieren meiner Geschichte.
Besonders freut es mich natürlich, dass sie dir auch gefallen hat.

Allerdings meine ich, dass er in der falschen Rubrik gelandet ist. Horror, nur weil Vampire vorkommen, nee, da muss schon Horror in der Geschichte auftauchen. Und das ist hier nicht der Fall. Das ist ja schon beinahe eine Persiflage.

Ich habe auch überlegt, in welche Rubrik ich damit soll. Eigentlich am ehesten in Satire, aber irgendwie habe ich das Gefühl, das Satiren auf phantastische Themen dort vielleicht nicht das richtige Publikum finden. Zum Glück fand ich dann im "Was passt in diese Rubrik"-Thread von Katla folgende Aussage:

Auch Satire und Humor sind willkommen.
Deswegen hoffe ich, dass ich hier nicht rausgeschmissen werde ;) (Wenn die Moderatoren ernsthaft der Meinung sind, dass die Geschichte woanders besser aufgehoben ist, lasse ich mich natürlich auch der Rubrik verweisen … )

Die Szene mit der Joggerin grenzt ja schon an Klamauk.
also das ist schon hart an der Grenze. Da muss man sich eine Kelly Bundy vorstellen, um das zu schlucken ;)
Findest du? Hm, dann verfehlt sie ihre beabsichtigte Wirkung. Kennst du es nicht, dass man im ersten Moment meint, das gehört zu haben, was man in einer Situation erwartet? Ich halte es für plausibel, dass die automatische Fehlerkorrektur des Gehirns ein "nicht" in "Das lag in meiner Absicht" einzuschleusen versucht.
Oder meinst du das mit dem Blut? Auch da denke ich, dass man bei so einer unerwarteten Aussage im ersten Moment etwas perplex reagieren kann, und nicht weiß, worauf das Gegenüber hinaus will. (Es ist ja in dem Setting nicht bekannt, dass es tatsächlich Vampire gibt.)
Aber es ist sehr gut, zu erfahren, dass diese Szene zu albern wirken kann. (Vielleicht hätte ich keine Blondine nehmen sollen.)

für den Gag brauchst du das, aber das erschrocken ist natürlich Betrug am Leser. Zudem ist das ein wirklich grusliger Satz. Das bekommst du bestimmt besser hin
Tja, das eine oder andere Adverb rutscht mir dann doch mal durch die Überarbeitung. Schau ich mir mal an.

lustige Idee, aber 43 Jahre und Dampfmaschine, da musst du wohl noch ein paar Jährchen anhängen
Das war von Lilly eher ironisch gemeint, um Vlad wegen seiner Fortschrittsfeindlichkeit und seiner Sprunghaftigkeit zu sticheln. Historische Korrektheit halte ich da nicht für notwendig. Aber vielleicht fällt mir noch eine bessere Formulierung ein.

yeah, das werde ich jetzt auch mal probieren :D
Viel Erfolg.

hrhr, aber das fette ist übererklärend und schwächt die gute Idee ab
Ich halte selbst nichts von zu viel Erklärungen von Seiten des Autors. Aber manchmal bin ich mir unsicher, wie viel Erklärung notwendig ist. Wenn ich jetzt von dir so darauf gestoßen werde, leuchtet mir auch ein, dass sich jeder Leser selbst zusammenreimen kann, was einem Vampir an roten Sprenkeln so gut gefällt :Pfeif:

guter Ausstieg.
Danke.

Etwas übergangslos wird zu Beginn aus dem dauernden er plötzlich Vlad. Das dürfte nicht so brechen, sondern müsste durch eine wichtige Szene eingeleitet werden.
Werde ich auch noch mal einen Blick darauf werfen.

Ansonsten gern und mit einem Schmunzeln gelesen
:shy: Nochmals danke für deine konstruktive Kritik.

Viele Grüße,
Teetrinker.

 
Zuletzt bearbeitet:

Moikka Teetrinker,

jahaa, ich hab das schon mit ängstlichem Blick verfolgt, ob Du hier gleich wieder stiften gehen willst. ;) Genau, Humor hat hier auch seinen Platz, zumal es ja um nix anderes als Vampire geht.

(Den Text von Weltenläufer muß ich auch noch lesen --- wehe das ist Horror und soll nicht hierher. Mennö. :schiel:)

Ich finde, aus diesem Text hättest Du ein bissl mehr rausholen können, Komik hin oder her - zumal das Intro im Vergleich zum Hauptteil sehr lang ist, und dann nur die Funktion hat, ihn a) als Vampir zu outen und b) die moderne Welt zu zeigen. Apropos: Du hast für meine Leseweise nicht einen Hauptteil, sondern zwei gleichgewichtete: Die Sache mit der Genervtheit um die Pläne bzw. die Beziehung zu der Vampirin (die außerdem verglichen mit der Ausführlichkeit der Beschreibung/Charakterisierung zur Joggerin schlecht abschneidet).
Und dann die Sache mit dem Verleger. Klar, hat Chronologie, hängt zusammen, folgerichtig - aber: Es ist ziemlich wahllos. Und das läßt eine Geschichte flacher wirken, als sie sein müßte.

Erst ist Vlad (mußte das sein?) noch ganz naiv - was, so sind die Kids von heute?
Dann hat er schon kapiert, daß man was Neues braucht, findet aber keine Ausdrucksmöglichkeit seiner Ideen/Kreativität.
Dann ist er schon so gewitzt, sich mit dem Verleger einen Scherz zu erlauben, ganz der Mann von Welt.
Warum findet diese Entwicklung nur in der Erzählzeit statt, plötzlich?

Das fällt mir bei sehr vielen zeitgenössischen Vampirfiguren auf: Er war ja die gut 560 Jahre "unterwegs", d.h. er hat keine Zeitlücken. Wieso fällt ihm das mit der Jugendkultur erst justamento zur Erzählzeit auf? Wo es Vampir-Romantik als Populärkultur seit 1750 gibt? Und hat er die letzten 80 Jahre (> Kino) total gepennt?
Das geht nicht ganz auf, von der Logik der Figur her; da braucht es nichtmal das Problem mit der Dampfmaschine.

Komischerweise ist die Vampirin ja viel fitter - woraus erklärt sich das?

Das wäre also viel witziger, wenn hier eine Logik reinkäme. Und vllt nicht grad das abgelutschte "der Typ ist grad aus dem Sarg neuerwacht und hat nun keinen Plan von gar nix".
Dann wäre der Beginn etwas gekürzt knackiger (vieles sieht man ja kommen); und das, was Du als Hauptteil haben möchtest, erweitert. Da gäbe es viele Möglichkeiten - schließlich ist der Vampir eine stark durch die Literatur geprägte Gestalt, da könntest Du was mit dem von ihm geschriebenen Buch verknüpfen. Ich will hier gar nicht auf mehr Ernst oder Tiefgang raus, sondern auf ein paar Punkte, die den Text runder machen würden.

Zwar nicht mein persönlicher Geschmack, aber was ich hier gut fand war die Leichtigkeit der Erzählstimme, die das alles flüssig und auch unterhaltsam zu lesen macht. Würde das mal mit einigen SciFi-Geschichten von Uwe und Dave vergleichen, die auch nette, leichte Unterhaltung mit ein paar Gags bringen.

Zu Vlad: Ich finde es problematisch, in einem Humortext ohne guten Grund mit einer so 'mächtigen' Figur aufzufahren, zumal ich Deinen tapsigen Quasitrottel nicht mit jemand in Verbindung bringen kann, der unter ein paar hundert gepfählten Leuten seinen Mittagstisch aufbaut. Wenn der Name fällt, müßte hier eine Konsequenz in der Figurenzeichnung sein - wie wird aus dem Kriegstreiber ein Stubentiger? Darum geht es aber nicht.
Klar, Du willst umgehen, daß Du viel über den Vampir sagen mußt, aber so dusselig sind wir nicht, daß wir die Blutsache nicht schnallen. Da könnte er einen völlig unbelegten Namen bekommen.

Nur ein paar Anstöße. Finde es aber ausgesprochen schön, wenn die Rubrik durch sowas bunter wird - blutrot, eingeweidepink, eckzahngelb, augapfelweiß ...
:wein: Katla

 

Hi Katla,

vielen Dank, dass ich bleiben darf ( ;) ) und für deine ausführliche Rückmeldung.
Da stecken einige Fragen und Anregungen drinnen, über die ich sicherlich erst noch ein wenig nachdenken muss.

Dennoch ein paar spontane Antworten:

zumal das Intro im Vergleich zum Hauptteil sehr lang ist
Stimmt, ich hatte auch vorhin den Gedanken, da später einzusteigen.

nicht einen Hauptteil, sondern zwei gleichgewichtete
[Lilly,] die außerdem verglichen mit der Ausführlichkeit der Beschreibung/Charakterisierung im Vergleich zur Joggerin schlecht abschneidet
Gute Punkte.

Wieso fällt ihm das mit der Jugendkultur erst justamento zur Erzählzeit auf?
Dass die Joggerin keine Angst vor ihm hat sollte der Tropfen sein, der das Fass zum Überlaufen bringt.

Dann ist er schon so gewitzt, sich mit dem Verleger einen Scherz zu erlauben, ganz der Mann von Welt.
Eigentlich meinte er alles ernst …

Komischerweise ist die Vampirin ja viel fitter - woraus erklärt sich das?
Woraus erklärt sich, dass einige Menschen fitter sind als andere? Individualität, Charakter, Erziehung, Interessen …

Würde das mal mit einigen SciFi-Geschichten von Uwe und Dave vergleichen
Das nehme ich schon mal als großes Kompliment :shy:

Zu Vlad: Ich finde es problematisch, in einem Humortext ohne guten Grund mit einer so 'mächtigen' Figur aufzufahren,
Eigentlich ist es nicht der Vlad, sondern ein ukrainischer Loser namens Vladimir, der sich lediglich im Ruhm des besagten Pfählers suhlen will. Aber du hast recht: da der Hintergrund in der Geschichte nicht vorkommt, werden die Leser auf eine falsche Fährte geführt.
Obwohl, eigentlich hattest du es ja:
zumal ich Deinen tapsigen Quasitrottel nicht mit jemand in Verbindung bringen kann
Aber da fehlt wohl noch ein kleiner Stoß zur Erkenntnis.

Ich danke euch beiden wirklich sehr für die kompetente Darstellung der Leserperspektive zu meiner Geschichte. Äußerst hilfreich!

Gruß,
Teetrinker.

 
Zuletzt bearbeitet:

Eigentlich ist es nicht der Vlad, sondern ein ukrainischer Loser namens Vladimir, der sich lediglich im Ruhm des besagten Pfählers suhlen will. Aber du hast recht: da der Hintergrund in der Geschichte nicht vorkommt, werden die Leser auf eine falsche Fährte geführt.
Wie gemein, Ukrainer. :D Nee, aber die Idee finde ich wirklich geckig und passend. Anstatt daß ein Autor sich bedient, tut es die Figur, netter Trick, mach das.

Das ist aber ein großes Faß, nach so langer Zeit - der Mann muß ja ne Engelsgeduld haben.

Hmm, das beim Verleger klingt schon amüsiert, oder Du mußt an Pathos nachlegen - aber mach ihn nicht zu unsympatisch, er muß ja nicht alles vergeigen. Die Mischung hier fand ich am stimmigsten von den drei Teilen.

Viele Grüße nochmal,
Katla

 

Hallo Teetrinker

Bei dieser Geschichte, die mit einer Leichtigkeit und wohlbekömmlicher Heiterkeit durch das Kabinett des Gruselns streift, habe ich mich köstlich amüsiert. Die sympathisch gezeichneten Figuren, liessen mir allerdings kein Schauer über den Rücken aufkommen. Am Schluss war ich beinah enttäuscht, es sah nach einem Rückzieher aus, doch dann kam die Erwähnung der warmen Mahlzeit. Sehr subtil serviert, ganz für meinen Geschmack.

Gruss

Anakreon

 

Hallo Anakreon,

vielen Dank fürs Lesen und Kommentieren. Es freut mich, dass die Geschichte dir gefallen hat.

Viele Grüße,
Teetrinker.

 

Ich finde, den Text komisch. Er hat aber in Horror nichts zu suchen, der muss nach Humor.

Ehm: Der erste Absatz war nix, der fing erst gegen Ende an, vor allem weil die Joggerin immer mit Joggerin bezeichnet wird. Aber ein guter Gag hier: Bundesgartenschau.

Dann im zweiten Absatz fand ich die Ideen saukomisch. Blutbank, Doping-Zentrum, Vampirland. Fand ich alle drei ausgezeichnete Pointen.

Und im letzten Absatz war das mit den Ozon-fressenden Vampiren auch saukomisch, es waren also wirklich vier oder fünf sehr gelungene Pointen auf so engem Raum, das ist schon schön und gut auch, wenn man so häufig schmunzeln kann.

Dem Text selbst merkt man leider an, dass er nur so um diese Pointen herumgebaut wurde, er ist in der Struktur her schon sehr holzschnittartig, auch in der Schlußpointe, deshalb würde ich dringend empfehlen das Ding in Humor zu posten, weil es eben keine "echte Horrorgeschichte mit Witz erzählt ist", sondern ein Pointenvehikel, wenn man so will. Das tut die Geschichte aber durchaus gut, ich hab sie gerne gelesen.

Gruß
Quinn

 

Hallo Quinn,

vielen Dank für deine Kommentare.

der muss nach Humor.
:dozey: :hmm: Ja, jetzt wo du es sagst. Ehrlich gesagt habe ich an Humor gar nicht gedacht. Ich hatte nur Horror und Satire (und am Rande ein wenig Fantasy) auf dem Sender. Aber ich glaube, Katla lässt mich jetzt nicht mehr weg. ;) Das ist halt der Nachteil der starren Rubrikenstruktur.

Ehm: Der erste Absatz war nix, der fing erst gegen Ende an,
Ja, das ist mir inzwischen auch klar geworden.

es waren also wirklich vier oder fünf sehr gelungene Pointen auf so engem Raum,
Danke.

ich hab sie gerne gelesen.
Das freut mich sehr.

Viele Grüße,
Teetrinker.

 

Hallo Teetrinker!

Ich schließe mich Quinns Kommentar an. Es war lustig, aber kein Horror. Allerdings kann man befürchten, dass man in der Rubrik Humor mit einer anderen Erwartung ran geht und die Pointen deswegen anders ankommen als so. Ich denke du kannst sie ruhig hier stehen lassen, weil man eben mal überrascht wird.

Das muss ich nicht; ich kenne deine Pläne. Was war denn als du Präsident des DRK werden wolltest, um Blutspenden abzufangen?“
Da hab ich wirklich gelacht!

Wissen Sie, das können wir nicht verkaufen. So etwas liest doch keiner. »Ich bin einer derer, die Vampyr genannt sind. In meiner Existenz fraß ich zehntausende Weiber, tötete tausende Recken und verstümmelte hunderte Bälger.«“ Er warf die vollgeschriebenen Blätter auf den Tresen. Vlads Augen verengten sich, doch Martin ließ sich nicht abhalten.
„Da kommt doch keine Sympathie rüber. Ein Protagonist, der Menschen tötet. Das geht im Vampirgenre nicht.
Das fand ich auch klasse!

Also insgesamt kurzweilige Unterhaltung

Herrlollek

 

Hallo Herrlollek,

schön, dass die Geschichte dich amüsiert hat, und danke dass du es mich wissen lässt.
Ich denke auch, dass ich die größere Zielgruppe für die Geschichte hier in Horror finde als in Humor.

Viele Grüße,
Teetrinker.

 

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