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Wendepunkt

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16.03.2011
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Wendepunkt

Sie konnte nicht einschlafen. Es war mitten in der Nacht und sie lag im Bett, wälzte sich von einer Seite auf die andere. Das war ungewöhnlich. In der Regel schlief sie gut. Ja, manchmal fragte sie sich sogar, ob alles in Ordnung war. Kaum hatte sie sich hingelegt, wurde sie auch schon schläfrig. Dicke Bücher las sie im Bett nicht mal mehr, weil sie oft nach fünf oder zehn Minuten vor Müdigkeit die Augen schloss und für gewöhnlich nicht mehr als drei, vier, höchstens zehn Seiten lesen konnte, bevor sie richtig einschlief. Am nächsten Abend musste sie die Seiten dann noch einmal lesen, da sie sich nicht mehr erinnerte, was sie am Abend zuvor gelesen hatte. Kurze Geschichten, das ging gerade noch.

Heute Nacht war es jedoch anders. Sie hatte viel gelesen und sich dann gesagt, dass nun endlich Schluss sei, hatte das Licht ausgemacht und versucht, zu schlafen. Schließlich musste sie morgen früh wieder zur Arbeit und durfte nicht übermüdet dort auftauchen. Gerade morgen nicht, stand doch ein wichtiger Kundentermin bevor. Aber der Schlaf wollte nicht kommen.
Mittlerweile war es mit Sicherheit schon nach drei Uhr morgens. Sie öffnete die Augen, die sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, konnte die Konturen des Schreibtischs und des Schranks klar ausmachen. In der Stadt war es anders als auf dem Land. Hier herrschte nie richtige Dunkelheit. Auf dem Land war die Nacht pechschwarz, die Hand nicht vor den Augen zu erkennen. Und die Stille auf dem Land! Etwas dergleichen gab es in der Stadt nicht.
Sie schloss die Augen. Das Summen der Stadt drang durch die geöffneten Fenster in ihre Ohren. Hatte sie das vorher überhaupt schon einmal so wahrgenommen? Dieses Rauschen von unidentifizierbaren Maschinen, der monotone, mechanische Grundton einer Stadt, die zwar schläft, aber doch lebendig ist; das Herz schlägt, das Gehirn erspinnt wirre Abenteuer und Geschichten, die Eingeweide verrichten ihre Arbeit. Die Stadt schien ihr auf einmal als ein organisches Ganzes zu funktionieren. Dies war das Geräusch des schlafenden Molochs. Sie musste unwillkürlich an ”Metropolis" von Fritz Lang denken. An die Scharen von Arbeitern, die im Untergrund dafür sorgten, dass an der Oberfläche alles so ablaufen konnte, wie es ablaufen sollte. Irgendwo tief im Innern der Stadt gab es das Herz und die Lunge, die rund um die Uhr arbeiteten. Und nur in den Stunden der tiefen Nacht konnte man sie hören. Für gewöhnlich war das alles ein Hintergrundgeräusch, dessen man sich nicht bewusst war. Tagsüber ist der Lärm der kleinen aktiven Zellen um ein Vieles größer und deckt dieses Zeichen des vegetativen Lebendigseins zu.

Ihre Gedanken hüpften von einem Thema zum anderen. Sie dachte an Thomas und das Ende ihrer Beziehung vor drei Monaten. Fünf Jahre waren sie zusammen gewesen. Im Grunde genommen hätte sie schon viel früher Schluss machen sollen. Die letzten zwei Jahre hatten sich dahingeschleppt wie ein müder alter Körper, der nicht mehr in der Lage war, das Gewicht ihrer Beziehung zu tragen. So hatten sie mit der Zeit immer mehr über Bord geworfen, Erwartungen, Wünsche, Pläne - bis sie dann merkte, dass es gar keine Beziehung mehr gab, nur noch ein Gerippe aus Routinen und immergleichen Worthülsen.
Mit ihrer Arbeit ging es ihr seit einiger Zeit ebenso. Oder waren das Anzeichen einer Depression? Wie schön die Zeit mit Thomas in den ersten beiden Jahren war. Ihre Urlaube, die Wanderungen auf La Palma und in Portugal. Die Natur, einfach nur Wälder, Berge und Flüsse, keine anderen Menschen, nur sie zwei und die Stille. Wie sehr vermisste sie das!

Hatte sie für morgen alles vorbereitet? Der Termin stand schon seit Wochen fest und alle nötigen Unterlagen waren vorhanden - warum musste sie also daran denken? Aufhören zu denken, einschlafen, abschalten. Was war nur los mit ihr? Woher kam diese Unruhe? War alles in Ordnung mit ihr? Körperlich schon - war es also doch eine Depression? Oder die Anzeichen eines Burnouts? Ihr Job verlangte ihr doch nicht viel ab, das konnte es nicht sein.
Nein, sie spürte eine tiefe Unzufriedenheit, eine Unzufriedenheit mit ihrem jetzigen Zustand, mit ihrem Leben im Allgemeinen. Irgendwie befand sie sich in einer Tretmühle, bewegte sich auf ausgetretenen Pfaden, die sich mit jedem Tag tiefer eingruben und denen somit immer schwerer zu entkommen war. Sie spürte, dass sie mit dem Ende ihrer Beziehung nur einen Schritt aus diesem eingefahrenen Weg gemacht hatte. Danach war sie sehr schnell wieder in den alten Trott verfallen, hatte ihre gewohnten Bahnen durchlaufen. Die Gewohnheit hat etwas Beruhigendes, sie ermöglicht es uns, abzuschalten, uns keine Gedanken darüber zu machen, ob das, was wir tun, sinnvoll ist, ob es das ist, was wir wirklich tun wollen.
Warum kann man nicht immer so etwas Außerordentliches erleben wie im Urlaub? Das ganze Jahr über arbeiten und auf zwei, drei Wochen warten, in denen man Außerordentliches erlebt - sollte es nicht eher andersherum sein? Wie kann man überhaupt den Wert eines schönen, sonnigen Tages am Meer oder in der klaren Luft der Berge bemessen? Wie viel Geld müsste man ihr wirklich geben, damit sie einen solchen Tag stattdessen im Büro verbringt, in Kundengesprächen und beim Erstellen von Präsentationen? Dieser Tag ist verloren, es gibt keinen Ersatz für diese Lebenszeit, sie ist unwiederbringlich abgelaufen und man kann sie nicht zurückkaufen.

Auf einmal verspürte sie die unbändige Lust, aus dem Bett zu springen und in die Nacht hinauszugehen, den schlafenden Körper der Stadt zu durchlaufen und die brummende Stille tief in sich aufzunehmen. Aber was ist mit der Arbeit morgen? Ein Teil ihres Bewusstseins kleidete sich in das Gewand der Vernunft. So eine Kinderei, Du bist erwachsen, nicht einmal mehr die Jüngste, und führst Dich auf wie eine Jugendliche, verantwortungslos, denk doch an Deine Zukunft. Was wird denn aus Dir, wenn Du das alles fallen lässt? Alles, was Du Dir über die Jahre aufgebaut hast, so einfach mir nichts dir nichts zerstörst? Noch einmal von vorne anfangen? Das ist doch lächerlich! Alles, was Du in den letzten 20 Jahren gemacht hast, wäre umsonst.
Ja, es wäre vernünftig, abzuschalten, einzuschlafen und morgen dann wenigstens einigermaßen fit ins Büro zu gehen. Es fühlte sich nur nicht so an. Ganz im Gegenteil, sie wurde sich immer klarer darüber, dass sie ihren Job hasste, dass alles, was ihr einmal an ihm gefallen hatte, nicht mehr vorhanden war. Der Gedanke daran, auch nur für einen weiteren Tag dieselben Gesichter zu sehen, dieselben öden Tätigkeiten auszuüben, erfüllte sie mit tiefem Abscheu. Nein, sie konnte es nicht mehr. Die so genannte Stimme der Vernunft in ihr war ein Konglomerat aus sozialen Erwartungen und Vorstellungen, das sie seit frühester Kindheit in sich aufgenommen hatte, dessen alleiniger Zweck es war, die bestehende Ordnung der Dinge aufrecht zu erhalten. Ihre Vernunft sagte ihr ganz klar und deutlich, dass sie sich mit jedem weiteren Tag auf dem Job von sich selbst entfernte, sich eines Tages auflösen würde, eine leere Hülle, die ein gelungenes Leben führt. Ein gelungenes Leben! Wer bestimmt denn, was ein gelungenes Leben ist? Wer hat überhaupt das Recht, sich zum Richter über das Leben eines anderen zu machen? Können wir nicht selbst bestimmen, was ein gelungenes Leben für uns bedeutet? Wer sagt, dass es nur eine Ordnung der Dinge gibt?

Sie warf die Decke von sich, streifte ihr Nachthemd ab, in der kühlen Luft stellten sich ihre Haare auf, ihre Brustwarzen zogen sich zusammen und wurden hart, ihr Herz schlug kräftig und schnell. Aus dem Schrank griff sie sich eine Hose, ein T-Shirt und einen Pullover. Sie ging in den Flur, zog sich die Schuhe an und streifte ihre Jacke über. Dann öffnete sie die Tür. Wenn Du jetzt hinausgehst, dann endet Dein altes Leben, dachte sie. Während dieser Gedanke sie vor einer Stunde noch mit abgrundtiefer Angst erfüllt hätte, durchströmte sie jetzt ein Gefühl unsäglicher Erleichterung und unbegrenzter Freiheit, als wäre ein schweres Gewicht von ihren Schultern genommen. So muss sich jemand fühlen, der von einer hohen Klippe ins Meer springt, ein Bungee-Jumper, der sich von der Brücke schwingt, zurückgeworfen auf sich selbst, ganz im Einklang mit seiner Angst und seiner unbändigen Freude, am Leben zu sein. Mit dem Gefühl, dass alles möglich sei, schritt sie durch die Tür hinaus in die tiefe Nacht.

 

Hallo Michael

Alltäglich, ja das ist sie diese Geschichte einer Frau in mittleren Jahren, die mehr oder weniger Bilanz zieht über ihr Leben. Aussergewöhnlich ist es nicht, diese Erfahrung machen alle Menschen in verschiedenen Lebensabschnitten. Was Kinder in der Pubertät heftig erfahren, lebt in anderen Formen in den Lebenszyklen wieder auf. Hinterfragungen seines Selbst, verschüttete Erwartungen, Illusionen und Erfahrungen. Es sind so weder Zeichen einer Depression noch eines Burnout, jedoch Befindlichkeiten einer Unsicherheit, ein Zustand von Desillusionierung und ungeklärter Erwartungen.

Es liest sich flüssig und glaubhaft. Ein individuelles Leben, das an diesem Punkt aber bereits wieder beginnt, neue Erwartungen aufzubauen.

Wer bestimmt denn, was ein gelungenes Leben ist? Wer hat überhaupt das Recht, sich zum Richter über das Leben eines anderen zu machen? Können wir nicht selbst bestimmen, was ein gelungenes Leben FÜR UNS bedeutet?

Hat die Protagonistin diese Gedanken in dieser Konzentration und Kombination? Dies bezweifle ich etwas. Eher plausibel schiene mir, dass ihr die Stimme ihres ehemaliger Partner im Kopf mitschwingt. Er hatte vielleicht in einigen Dingen andere Vorstellungen entwickelt. Die individuelle Entwicklung schaltet mit der Partnerschaft ja nicht ab. Ob es Synchronität und Kontinuität erlaubt, weist sich mit der Zeit. Ob sie vielleicht verpassten, daran zu arbeiten? Oder ihre Mutter, die aus ihrem eigenen Erfahrungsschatz ihre Lebensordnung der Tochter anpreist. Der Rückschluss ist schon richtig, jeder Mensch muss für sich selbst die Eckpunkte und Inhalte finden, die sein Leben ihm gelungen erscheinen lassen.

IHRE Vernunft sagte ...

¨... was ein gelungenes Leben FÜR UNS bedeutet?


Es weist sich in literarischen Texten besser, kursive Schrift statt Grossbuchstaben zu verwenden.

Es ist mir eine nette Geschichte, ohne grosse Spannung, aber einfühlbar und mit sympathischer Wahrnehmung zu lesen. Insofern habe ich mich daran erfreut.

Gruss

Anakreon

 

Hallo Anakreon,

danke für Deinen Kommentar und Deine Anregungen. In meinen Augen stellt diese kleine Geschichte etwas Außergewöhnliches dar, denn selbst wenn jeder Mensch im Laufe seines Lebens seinen Lebensentwurf in Zweifel zieht, die wenigsten haben den Mut, dann auch tatsächlich einen Einschnitt vorzunehmen. Dass die Protagonisten diesen Mut aufbringt und ins Ungewisse aufbricht, sehe ich schon als außergewöhnlich an und ich hoffe, dass sich diese positive Energie auch in der einen oder anderen Form auf die Leser der Geschichte überträgt.

Gruß,
Michael

 

Hallo Michael

Und willkommen hier im Forum :)

Eins vorweg, ich hab die Geschichte gern gelesen. In einigen Sätzen finde ich meine eigenen Gedanken wieder, das machte es einfach, mit der Protagonistin zu fühlen.

Mir würde es allerdings besser gefallen, wenn du in einigen Punkten konkreter werden würdest. Auch wenn ich mit der Protagonistin fühlen kann, bleibt sie mir doch irgendwie fremd - eine Hülle mit zwar bekannten Gedanken, aber gerade aus diesem Grund auch austauschbar. Mir fehlt hier die individuelle Note.

Ich mache das mal an Beispielen fest:

Die letzten zwei Jahre hatten sich dahingeschleppt wie ein müder alter Körper, der nicht mehr in der Lage war, das Gewicht ihrer Beziehung zu tragen. So hatten sie mit der Zeit immer mehr über Bord geworfen, Erwartungen, Wünsche, Pläne - bis sie dann merkte, dass es gar keine Beziehung mehr gab, nur noch ein Gerippe aus Routinen und immergleichen Worthülsen.

Nein, sie spürte eine tiefe Unzufriedenheit, eine Unzufriedenheit mit ihrem jetzigen Zustand, mit ihrem Leben im Allgemeinen. Irgendwie befand sie sich in einer Tretmühle, bewegte sich auf ausgetretenen Pfaden, die sich mit jedem Tag tiefer eingruben und denen somit immer schwerer zu entkommen war.

Beides sind Gedanken, die vielen Lesern bestimmt bekannt vorkommen - aber einfach aus dem Grund, weil sie so allgemein gehalten sind. Ich fände es besser, wenn du an konkreten Beispielen festmachst, woran sowohl die Beziehung als auch ihr Leben gescheitert sind / scheitern. Gab es schon Bemühungen, beides zu retten? Waren diese vergeblich, und wenn ja, warum? Gab es kürzliche Misserfolge im Beruf, die die Frau alles in Frage stellen lassen? Wenn du hier mehr ins Detail gehst, wird die Figur für den Leser anschaulicher, plastischer. Denn dann sind es zwar noch dieselben bekannten Gedanken, aber aus individuellen Gründen.

Der zweite Punkt, den ich noch für ausbaufähig halte, sind die Wünsche der Frau, ihre Sehnsüchte. Was genau fehlt ihr im Leben? Du erwähnst zwar die Urlaube, die sonnigen Tage am Meer oder die klare Bergluft, aber das reicht mir nicht ganz: Ihr sollte klar sein, dass ein Tag am Meer nur so lange etwas Besonderes ist, wie man ihn nicht jeden Tag erlebt.

Das ganze Jahr über arbeiten und auf zwei, drei Wochen warten, in denen man Außerordentliches erlebt - sollte es nicht eher andersherum sein?

Hier gehen mir ihre Gedanken nicht weit genug - das Außerordentliche ist ja gerade deshalb das Außerordentliche, weil man es nur in 2 oder 3 Wochen im Jahr erlebt. Hat man es jeden Tag, wird es zum Gewöhnlichen. Ich halte die Frau anhand der Beschreibungen für so intelligent, diesen Punkt zumindest in Betracht zu ziehen.

Ja, das wären die Punkte, die man meiner Meinung nach noch ausbauen könnte. Ansonsten aber wie gesagt hat es mir gut gefallen, vor allem dank des flüssigen Stils liest sich die Geschichte sehr gut. Auch erwähnen möchte ich die Schilderungen über die "lebendige" Stadt, ich finde, die hast du sehr gut getroffen.

Viele Grüße.

 

Hallo Schwups,

ich danke Dir für die ausführliche und konstruktive Kritik. Es ist sehr animierend, Rückmeldungen von Lesern zu bekommen. Die Punkte, die Du genannt hast, finde ich sehr wichtig und sie könnten die Geschichte bestimmt noch interessanter machen bzw. die Figur und ihre Welt konkreter.
Als ich die Geschichte geschrieben habe, ging es mir allerdings wirklich darum, den Bruch mit der Vergangenheit, den Neuanfang ins Zentrum zu stellen. Wenn die Figur dabei nur eine Hülle bleibt, so ist es in diesem Zusammenhang nicht schlimm, sondern sogar gut; sie bietet so eine breitere Projektionsfläche. Das Scheitern der Beziehung oder die Gründe für dieses Scheitern sind in diesem Falle, genauso wie die Frage, ob im Job etwas schief gelaufen ist, zweitrangig, sie sind in die Vergangenheit gerichtet, während die Figur gerade mit dieser Vergangenheit bricht und in die Zukunft schaut.
Was die Sehnsüchte der Figur betrifft, so bleibe ich in der Geschichte an der Figur. Die Geschichte wird durch ihre Augen erlebt. Und da scheint es mir nicht verkehrt, die eigenen Bedürfnisse und Sehnsüchte etwas verschwommen darzustellen. Wir können davon ausgehen, dass es nur das diffuse Gefühl gibt, etwas Neues zu machen, einen Bruch mit dem Bisherigen zu vollziehen. Was genau daraus werden soll, bleibt natürlich offen, darum geht es hier nicht.

Nochmals herzlichen Dank für Dein Feedback. Wenn ich die Geschichte ausbaue, werde ich Deine Punkte mit Sicherheit berücksichtigen.

Beste Grüße,
Michael

 

Hallo Michael Hanik,

es freut mich doch zu sehen, dass Du Leser gefunden hast, die diese Geschichte mochten. Das ist gut, denn jetzt folgt ein unbefriedigter Leseeindruck. Herzlich Willkommen bei KG.de :gelb:.

Geschrieben ist sie gut, keine Frage. Sprachlich wirkt sie sehr routiniert.
Aber :)

Mit dem Gefühl, dass alles möglich sei, schritt sie durch die Tür hinaus in die tiefe Nacht.

Weißt Du, was ich glaube, so wie ich Deine Prot. erlebt habe, dass sie da jetzt raus geht, drei Runden um den Block macht, nicht so recht weiß wohin mit sich und wieder zurück in ihr Bett, am nächsten Morgen ins Büro - sprich, zurück in ihr altes Leben kehren wird.
Für mich kam es überhaupt nicht durch, dass sie eine von denjenigen ist, die über eine kurze Phase des Aufstandes hinauskommen. (Ihre Gedanken lassen sich ja auch auf die Hälfte alle übertragen, die unseren Lebensstandart teilen. Der Rest hat keine Zeit, für solche Luxusgedanken. Die haben echt Sorgen.) Daher wird sie universell und die wenigsten brechen ja tatsächlich aus. Das sind starke Charaktere. Den seh ich nicht.

Wenn die Figur dabei nur eine Hülle bleibt, so ist es in diesem Zusammenhang nicht schlimm, sondern sogar gut; sie bietet so eine breitere Projektionsfläche.

Ich finde das also schlimm, und so gar nicht gut :).

Würde sie also tatsächlich ausbrechen, dann wäre doch die Geschichte, die nach Deinem letzten Satz folgt die viel Spannendere gewesen! Da gibt es doch so viel zu erzählen. Innere Konflikt, äußere Konflikte, ich könnte mitleiden und mit ihr hoffen, dass sie es schaffen wird. So ist sie eine von den vielen, die sich ein wenig selbstbemitleiden. Nagut, bei Dir versucht sie es wenigstens ;).

Beste Grüße Fliege

 

Hallo Fliege,

recht herzlichen Dank für Deinen Input. Ich finde es außerordentlich interessant, welche Gedanken und Gefühle diese Geschichte hervorruft.
Du magst Recht haben, vielleicht dreht sie ein paar Runden um den Block, weiß dann nicht weiter und kehrt in ihr altes Leben zurück. Ein solches Ende wollte ich aber weder der Protagonistin noch dem Leser zumuten. So, wie es ist, erscheint mir das Ende positiver - und wie der Leser es weiterspinnt, bleibt ihm überlassen; das finde ich persönlich sogar sehr gut.
Ja, diese Gedanken mögen tatsächlich auf eine - zumindest bei uns ziemlich große - Menge Menschen zutreffen; diese Menschen leiden auf einem hohen Niveau. Dennoch leiden sie, und dass andere Menschen auf eine viel brutalere, physische Weise leiden, mag diese Leiden relativieren, trotzdem sind es echte Leiden.
Wenn sie gut erzählt ist, wäre die Geschichte, die nach dem letzten Satz dieser Geschichte folgt, vielleicht wirklich die interessantere. Es gäbe in der Tat viel zu erzählen, denn die "Phase des Aufstands", wie Du es nennst, wäre eine permanente; man hätte sozusagen eine unendliche Geschichte, in der es immer wieder um die äußeren und inneren Konflikte der Protagonisten geht. Vielleicht spürst Du ja den Wunsch, diese Geschichte weiter zu erzählen. Das würde mich sehr interessieren und freuen, weil ich damit den Leser inspiriert habe, die Geschichte weiterzuspinnen. Genau das ist ein in meinen Augen wünschenswertes Ziel dieser Geschichte. Aber, und das ist, denke ich, der wesentliche Punkt: es wäre eine andere Geschichte.

Nochmals vielen Dank und viele Grüße,
Michael

 
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Hallo, Michael Hanik,

mich hat Dein Text gelangweilt.
Zuerst lese ich eine Ansammlung banaler Sätze mit dem Informationsgehalt Frau kann nicht schlafen. Dann sowas:

Dieses Rauschen von unidentifizierbaren Maschinen, (...) das Geräusch des schlafenden Molochs.
Davon abgesehen, daß ein schlafender Moloch ein doofer Moloch ist, dem ich den Moloch nicht abnehme: Morgens um drei hört man keine unidentifizierbaren Maschinen in einer normalen deutschen Großstadt, und wenn man noch so vom Land kommt. Hier wird nach dem langatmigen Anfang mit Kanonen auf Spatzen geschossen.
Die letzten zwei Jahre hatten sich dahingeschleppt wie ein müder alter Körper, der nicht mehr in der Lage war, das Gewicht ihrer Beziehung zu tragen.
Dieses Bild, finde ich, hängt ganz schief. Wenn ich mir die gebeugten zwei Jahre vorstelle (Herr und Frau Jahr!), die die Beziehung der beiden tragen ... und die beiden Menschen laufen hinterher (oder nebenher?) und werfen Ballast ab! Da mußte ich lachen, aber bestimmt nicht im Sinne des Erfinders. :aua:

Warum kann man nicht immer so etwas Außerordentliches erleben wie im Urlaub
Es gibt noch mehr so Stellen. Unzufriedenheit hier und Außerordentliches da. So, wie das dasteht, klingt es nicht, als erlebe sie in jedem Urlaub die irrwitzigsten Abenteuer. Ist halt Urlaub, im Gegensatz zu Unzufriedenheit im doofen Büro. Lauwarme und handzahme Halbgefühle überall.
Als dann plötzlich ihre Brustwarzen aufs Tablett kamen, dachte ich: Sie geht nackt spazieren. Aber nein.

Der Text ist wie seine Heldin: Durchschnittlich, nichtssagend. Da wird nicht viel bleiben. Es tat aber auch nicht weh, ihn zu lesen. :)

Gruß,
Makita.

 

Hallo Makita,

danke für Deine ungeschminkte Meinung. Das war meine erste Geschichte und ich bin mir sicher, dass ich noch allerhand dazulernen kann. Natürlich besonders durch solche kritischen Anmerkungen wie die Deinen. Das Bild mit den Jahren und dem alten Mann ist wohl tatsächlich etwas schief, da gebe ich Dir Recht. Wenn ich die Geschichte überarbeite, werde ich mir ein besseres einfallen lassen müssen.
Ich wohne jetzt seit 17 Jahren in Hamburg und muss leider zugeben, dass ich nicht alle maschinellen Geräusche identifizieren und eindeutig zuordnen kann, die ich nachts höre. Wollte ich es noch weiter ausformulieren, würde die Sache noch langatmiger werden als sie Deiner Meinung nach jetzt schon ist. Hier kann ich also bloß meine Erfahrung als Beleg der Glaubwürdigkeit anführen.
Was die lauwarmen und handzahmen Halbgefühle betrifft, kann ich es nur bedauern, dass ich es in Deinem Fall nicht geschafft habe, das erhebende Gefühl einer von der Protagonistin als einschneidend empfundenen Entscheidung zu vermitteln. Die Heldin ist durchschnittlich, was den Text betrifft, so bin ich nicht ganz überzeugt, ich hoffe aber, dass Dir eine meiner nächsten Geschichten besser gefallen wird.

Viele Grüße,
Michael

 

Hallo Michael,

also ich muss sagen, mir hat deine Geschichte gefallen - bis sagen mir mal - auf den Schluss. Dass sie sich nur anzieht und nachts durch die Straßen spaziert, das fand ich ein bißchen unspektakulär. Sie muss ja nicht gleich nackt durch Hamburg spazieren - smile. Aber eine ausgefallenere Wendung, wie z. Bsp., sie putzt sich schick heraus und geht in einen angesagten Club tanzen - und das ganz spontan - nimmt dann den nächsten Tag Urlaub oder kündigt ihren öden Job, das wäre meiner Meinung nach, auch nicht schlecht gewesen.

Gruß
Leia4e

 

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