Was ist neu

Fragen an die Protagonisten

Seniors
Beitritt
23.08.2001
Beiträge
3.004

Fragen an die Protagonisten

Hallo zusammen,

ich bin ein lebendes Fossil oder so und tauche mal kurz aus der Versenkung auf ...
gbwolf triezt mich schon eine Weile über Facebook, dass man nur veröffentlicht wird, wenn man auch schreibt, und irgendwie hat sie wohl Recht.

Was mir so in den Kopf kam, während ich so langsam wieder mit der Idee, zu schreiben, schwanger gehe, ist eine Art Fragenkatalog für die eigenen Protagonisten. Ich leide nämlich gerne mal an dem Syndrom, meine Prots charakterlich viel zu sehr an mir selber zu orientieren, was dann spätestens ab der dritten auftretenden Figur langweilig wird.
Also dachte ich mir, ich sammel mal Fragen, die ich für meine Protagonisten beantworte, um sie zu charakterisieren, außerdem kann man sich dann später beim Schreiben auch gut daran orientieren und fragt sich nicht dauernd, ob Onkel Klaus nun Leberkäse mag oder nicht ...

Vielleicht habt ihr ja Lust, gemeinsam eine Art Fragenkatalog aufzustellen, der natürlich für niemanden obligatorisch sein soll, sondern ein Hilfmittel, das man ganz oder teilweise verwenden kann, wenn man mag.

Ich fange mal mit ein paar spontanen Fragen an:

1. fürchtet er/sie sich vor Spinnen?
2. Fühlt er/sie sich unbehaglich im Dunkeln?
3. Was ist sein/ihr Lieblingsgericht?
4. Ist er/sie schon mal geflogen?
5. Lügt er/sie ohne rot zu werden?
6. Könnte er/sie eine Straftat begehen?
7. Spricht er/sie über seine Gefühle?
8. Wie stellt er/sie sich sein Leben in drei Jahren vor?
9. Hat er/sie erreicht, was er/sie sich vor zehn Jahren erträumt hat?
10. Ist er/sie glücklich mit seiner/ihrer aktuellen Lebenssituation?
11. Was würde er/sie verändern, wenn ihm alle Möglichkeiten offen stünden?
12. Was würde er/sie mit € 1.000.000 machen?
13. Mag er/sie Tiere?
14. Will oder hat er/sie Kinder?
15. Wie isst er/sie sein Frühstücksei?
16. Hat er/sie schon mal fremdgeküsst?
17. Ist er/sie sexuell aufgeschlossen?
18. Sind die zehn Gebote eine moralische Richtlinie für ihn/sie?
19. Singt er/sie unter der Dusche?
20. Welche Hobbys hat er/sie?
21. Kann er/sie sich stundenlang mit der gleichen Sache beschäftigen?
22. Hat er/sie Durchhaltevermögen, auch wenn ihm etwas nicht gefällt?
23. Nimmt er/sie die Führung in die Hand oder lässt er sich lieber führen?
24. Fleischesser oder Vegetarier?
25. Würde er MJ oder den Bus voller Schulkinder retten?

Ich hör erstmal auf und bin auf Eure Fortsetzungen gespannt! :)

Alle Arten von Fragen sind willkommen, denn zum einen sagt jede Antwort etwas über den Protagonisten aus, und zum anderen kann ja jeder selber entscheiden, welche Fragen er ggf. verwenden will und welche nicht.

Liebe Grüße,
chaosqueen

 

Mja, das kommt schon ein bisschen auf die Art Geschichte an, die du schreiben möchtest.
Ich würde da tiefer greifen und nach Fragen suchen, die mehr Konflikt bieten. Man könnte den Prot auch gleich antworten lassen. So in etwa:

Wovor hast du am meisten Angst?
- ich habe vor gar nichts Angst!

Du leugnest deine Angst also?
- was soll denn dieser Psycho-Scheiß?

Fällt es dir so schwer, auf diese Frage zu antworten?
- das geht keinen was an!

Mich geht es schon etwas an, ich bin Gott.
- Gott? Wenn es Gott gibt, muss er ein selbstgefälliger alter Narr sein, dem alles am Arsch vorbei geht.

Wann hast du deinen Glauben verloren?
- Meine Mutter war eine fromme Frau. Hat geschuftet, ehrliche harte Arbeit geleistet. Und immerzu gebetet. Danke hier danke da, für jeden Rotz! Und hat Gott es ihr am Ende gedankt? Hat er sie auf einen Kaffee eingeladen, ihr auf die Schulter geklopft und gesagt, wie geil er es findet, dass sie ständig an ihn denkt? Nee, vor das Auto eines Besoffenen hat er sie geschubst. Da hat Gott bestimmt in die Hände geklatscht, als ihm dieser Einfall kam: Meine Mutter, die nie Alkohol angerührt hat, vor das Auto eines Besoffenen.

Du hast deine Mutter sehr geliebt?
- willst du, dass ich jetzt losheule?

Ich glaube, das stand auch in dem Buch von Frey drin (find ich grad nicht), das hat mich damals ziemlich beeindruckt und ich spiele das immer wieder mal durch. Das macht Spaß und entwickelt oft eine spannende Eigendynamik, die schon viel Stoff für eine Geschichte bietet.

 

hey, Queen! :)

Ich weiß nicht, inwiefern Fragenkataloge was bringen. Wenn im Text keine Spinnen vorkommen, ist die Arachnophobie eines Protagonisten auch wurscht. Es kommt auf die Situation an, der die Figuren ausgestellt sind und wie sie darauf reagieren. Aber das ergibt sich aus der einzig wichtigen Frage: "Was will ich erzählen?"

Schönen Gruß in den Norden
Kasimir

 
Zuletzt bearbeitet:

Deinen Ansatz finde ich kurios, kreativ und witzig, aber ich weiß gar nicht, wie man das praktisch anwenden sollte.

Du sagst, die Helden seien zu stark an Dir orientiert? Das bedeutet doch, daß Du Helden aus lebenden Vorbildern machst, Du benutzt nur zu wenige davon. :)

Lebende Vorbilder laufen überall einzeln und in Mengen herum. Vor denen ist praktisch kein Entkommen. Nimm doch die! Beim Schreiben braucht man nur sein Vorstellungs- oder Erinnerungsvermögen, um zu wissen, wie sie in der jeweiligen Situation agieren und reagieren oder was sie wie sagen würden.

Für seine erfundenen Helden kann man beliebig mischen, notfalls meinetwegen sogar im Vorfeld, wenn der Held nicht schon vor dem ersten Satz Geschichte und Gesicht hat.
Da hätte man dann jemand, der fährt Auto wie der große Bruder von Dingsda, ist aber beim Date so schüchtern wie Sowieso damals. Genau wie Mutti glaubt er eher das, was er im Radio hört, als das, was im Fernsehen erzählt wird, und wenn plötzlich Stromausfall ist, macht er erstmal alle Fenster auf wie das neurotische Frollein aus der Nachbarschaft neulich.

Also, ob das jetzt eine anständige Antwort ist, weiß ich nicht. Ich hatte ja erst gedacht, der Thread sei dazu erfunden worden, Protagonisten aus Geschichten eine Frage stellen zu können, und der Autor muß die dann beantworten. Ich dachte schon: Ha! Das wurde ja langsam Zeit! Jetzt erfahr ich endlich -
Aber denkste. :D

 

Woah! Ich hab das "Wie?" vergessen! Ich glaubs nicht!

Also: "Was will man erzählen und wie?" Der Rest ergibt sich und wenn nicht - wie Makita sagte - menschliche Vorbilder gibts überall.

 

Moin,

ehrlich gesagt finde ich den Ansatz verlockend. Aber wenn ich die Fragen lese und mir Antworten vorstelle, entsteht vor meinem Auge trotzdem noch keine interessante Person. Das hat für mich eher den Charakter einer Rasterfahndung: "Ich suche jemanden, der Spinnen mag, aber keine Hunde und gerne schwimmt, aber nicht taucht ..."

Was weltenläufer gemacht hat, bringt mich da schon eher weiter. Konflikte sind ein wesentliches Element von Kurzgeschichten. Da finde ich finde es naheliegend, die Fragen rauszusuchen, die Konflikte offenlegen. Die Eigendynamik, die sich da entwickelt, kann ich bei weltenläufer sofort sehen. In unseren Geschichten schreiben wir ja auch nicht "Anna hasst Spinnen", sondern wir zeigen lieber, wie sie kreischend auf einen Stuhl springt oder gleich mit dem Staubsauger auf sie los geht.

@Makita: Ich bin auch auf den Titel hereingefallen. Schade eigentlich. :lol:
Vielleicht sollten wir doch mal einen entsprechenden Thread aufmachen.

Gruß,
Peter

 

Ich gewinne auch gerne ein Bild vom Prot, das ich dann aber nicht detailliert im Kopf habe (wohl aber auf Papier), das eher ein "Lebensgefühl" der Figur in mir hinterlässt.

Dazu bediene ich mich bei Klischees und "Schubladen", in die auch profane Normalsterbliche gerne gesteck werden, wie z.B.

Früh- oder Spätaufsteher
Pedant oder Chaot
Weltentdecker oder Vereinsmeier oder Erbsenzähler oder Bürokrat
Welcher Sport würde passen?
Wie bewegt die Person sich? Hüpt sie durchs Leben, schleicht sie, stolziert sie ...
Wie sind die Beziehungen in der Familie? Zu Freunden? Welchen Stellenwert haben andere Menschen? Ist sie Eigenbrötler oder Rampensau oder Partylöwe oder Herdentier? Gesellschaftlich engagiert, Hedonist, Machtmensch, Mitläufer?
Wie arbeitet sie? Was arbeitet sie? Welchen Stellenwert hat die Arbei? Wie sieht die Person sich selbst in Hierarchien?
Wie steht sie zu existenziellen Fragen? (Leben, Tod, Gott, Krankheit, Schicksalsschläge)
Welchen Stellenwert hat Körperpflege, Kleidung, Erscheinungsbild? Was will sie damit zum Ausdruck bringen? Apassung? Dass ihr die Welt egal ist? Elitäres Standesbewusstsein?
Die Liste ließe sich endlos fortsetzen.

 

Hehe, gute Frage, Teetrinker, die kommt mit in meinen Katalog! :D

Ansonsten habe ich bei der Beantwortung meiner Fragen für eine meiner Protagonistinnen festgestellt, dass sie genau die von weltenläufer aufgezeigte Dynamik entwickelt, wenn man sie lässt - und natürlich ging es mir nicht um reine "ja/nein"-Antworten, sondern um Denkanstöße, die dann zu ausführlicheren Beschreibungen führen. Dass man da auch tiefschürfendere Fragen stellen kann, ist klar und bringt bestimmt viel, aber ich wollte einfach haufenweise "Kleinkram" abdecken, denn ich finde, dass der viel zur Charakterisierung beiträgt. Wenn jemand bei einer Spinne hysterisch auf den Stuhl hopst, hat er vermutlich eine Phobie. Aber woher kommt sie? Neigt er generell zu hysterischen Reaktionen? Reagiert er auch so, wenn niemand zuguckt? - Das alles entwickelt sich bei mir automatisch, wenn ich anfange, diese eher banalen Fragen zu beantworten, und das macht am Ende lebendige Charaktere aus, denn auch wenn ich nicht alles in einem Text verwende, hab ich doch noch das Bild im Hintergrund, das ich geschaffen habe, und kann mich daran orientieren. :)

Makita, das Problem ist halt, dass ich ja nur mich wirklich von innen kenne, und daher brauche ich solche Denkanstöße von außen, um meine Charaktere nicht automatisch alle so reagieren zu lassen wie mich selber. Klar kann ich meinen neurotischen Nachbarn als Vorbild nehmen, aber wenn ich die Hintergründe seines Verhaltens nicht hinterfrage, werde ich immer einen Stereotyp erschaffen, aber keinen lebendigen Menschen, der so auch draußen herumlaufen könnte. Das will ich halt mit meinen Fragen erreichen. Mag sein, dass außer mir keiner diesen Weg braucht, dann gehe ich ihn beherzt alleine und schaue mal, wo ich ankomme (und wenn ich ankomme, dürft ihr es gerne irgendwann hier lesen).

Danke für alle eure Antworten, die bringen mich auch schon wieder ein ganzes Stück weiter! Und das Buch von Frey ist vermutlich "wie man einen verdammt guten Roman schreibt", oder? Das steht hier gelesen im Regal. ;)

 

Die ersten 7 Fragen konnten nur einer Frau als erstes in den Sinn kommen. :D Und zusammen mit den restlichen lesen sie sich wie ein Fragekatalog, den rationell denkenden Menschen vielleicht aufstellen, um herauszufinden, ob sie heiraten oder sich doch lieber trennen sollen.

Aber im Ernst: Ich nehme immer lebende Personen aus meiner Umgebung, denen ich manchmal zwar Eigenschaften andichte, die sie nicht haben, sonst aber genauso aussehen und sprechen und sich bewegen ... Klar, für ihr Verhalten muss ich mir einen plausiblen Grund ausdenken, aber dafür reicht die Fantasie allemal, und wenn nicht, kann man immer noch bei Freud und Co. recherchieren - da wird man immer fündig.

 

sehe das genau wie Dion, zumal ich deine Fragen (Chaosqueen) nicht sonderlich wichtig finde um eine Figur "leben" zu lassen. Da hatte Pardus schon besser Ansätze, weil die schon eher einen Charakter definieren.

Ich mache es wie Dion, ich stelle mir meine Freundin, einen Schausspieler oder die Bäckereiverkäuferin von nebenan vor, inkl. Aussehen und wie sie reden, interpretiere einen Charakter in sie rein, stelle mir vor wie die Person in gewissen Situationen agiert. Das klappt bei mir gut. Ich muss definitiv die Person im Kopf haben, wie sie aussieht, wie sie sich bewegt und welche Stimme sie hat.

Man kann auch für jede Person eine Art Lebenslauf/Steckbrief schreiben, etwa so: Karin, 24, schwarze lange Haare, meistens Zopf, nach abgebrochenem BWL Studium eine Banklehre gemacht, arbeitet jetzt als Kundenberater in der Kreditabteilung, Sportsüchtig, war als Jugendliche Magersüchtig, ist schnell eingeschnappt, Single, besondere Macken: stellt die Mülltonne immer zwei Tage vorher schon raus, damit sie das nicht vergisst, ist heimlich in ihren Nachbarn verliebt, ihr grösstes Geheimnis: manchmal klaut sie Lippenstifte im Drogeriemarkt nur um des Kicks willen

lg Engelchen

 

Man sollte die Arbeitsmethoden von anderen Menschen schon respektieren, auch wenn sie einem etwas seltsam vorkommen.
In vielen Geschichten findet sich genau das Problem, das im Eingangsposting beschrieben wird: Die Figuren haben kein klares Profil. Der Protagonist ähnelt dem Autor -zumindest entsteht der Eindruck - und der Rest ist blass oder ein Klischee. Die meisten empfohlenen Geschichten auf der Seite hier zeichnen sich durch orginelle Ideen, Gedanken, gelungene Beschreibungen, Sätze, schöner Sprache und dem Einfangen einer Stimmung aus. Gelungene Figuren außerhalb der Erzähler gibt es natürlich auch, aber sie sind schon seltener.

Diese Methode mit den Fragen dient dazu, ein "ungefähres Bild", das man von einer Figur hat, festzuzurren und festzumachen, und zwingt den Autor, sich damit zu beschäftigen.
Ich denke, es dient vor allem dazu, etwas das nur im Kopf des Autors stattfindet, nach außen zu tragen. In ein "Gespräch" mit der Figur zu treten, das zwingt den Autoren dazu, diese Figur als ein eigenständiges Wesen außerhalb des eigenen Kopfes wahrzunehmen. Das ist ein bisschen esoterisch.

Was die Fragen letzlich sind, ist, glaub ich, gar nicht so wichtig. Es geht eher um den Prozeß, diese Fragen zu stellen, damit man ein so klares Bild von den Figuren hat, dass sie dann wieder - im Kopf des Autors - neue Ideen anregen und - auf dem Papier - plastischer werden und die Fragen, die ihnen die Geschichte dann tatsächlich stellen wird, beantworten können.

Sehr interessantes Thema.

 

Man sollte die Arbeitsmethoden von anderen Menschen schon respektieren, auch wenn sie einem etwas seltsam vorkommen.
Falls es so angekommen sein sollte - ich wollte hier niemandem zu nahe treten.

 
Zuletzt bearbeitet:

Moi chaosqueen,

schöner thread. :)

Solche Listen nehme ich auch zur Hilfe, allerdings hole ich die nicht aus einem Buch oder nehme festgelegte, sondern stelle sie auf, nachdem ich ein kleines Laienprofiling der Figur gemacht habe.

Einfach so Fragen, die dann mit dem Charakter, setting, Epoche etc. nix zu tun hätten, sind fuer mich nicht sinnvoll.
Bei mir ist es eine Mischung aus allgemeinen Vorlieben/Abneigungen (das können auch Farben, Stoffe etc. sein) und Dinge, die ich im Alltag sehe oder die moralische Ueberlegungen sind. Auch Dinge wie: hatte sie/er eine glueckliche Kindheit, war isoliert, misshandelt worden? Viele Freunde <...> Sozialphobie? Hat er eine Sucht ...?

Wenn ich schon eine Art Rohskizze eines Charakters im Kopf habe, gucke ich mich im Alltag so um und sehe meintwegen ne Frau mit nem kleinen Hund an der Leine - ich entscheide erst, wie ich den finde (suess / nervig), dann frage ich mich, wie meine Prot ihn sehen wuerde. Ebenso mit Fragen, wäre sie/er fuer die Todesstrafe und warum / warum nicht? etc.

Gegen meine Erwartung kamen da 'fiktionale Reaktionen und Begruendungen', die ich nicht selbst fuehle, die mich sehr ueberrascht und teils sogar abgestossen haben. Die aber fuer die Figur ihre Logik haben. Das ist auch ein Gegencheck, ob ich zu sehr von mir ausgehe oder es schaffe, eine eigenständige Figur zu entwerfen.

Die Fragen/Antworten mögen sich dann nie als Dialog/Szene im eigentlichen Text wiederfinden, aber damit bekomme ich grössere Sicherheit, meine Figur handeln, sprechen und fuehlen zu lassen, wie der plot (setting ...) es verlangt.

Leute aus meinem Alltag nehme ich nie (oder selten, zumindest wenn nur als kleine Randfiguren, nicht fuer die Prots), weil ich da auch nur Reaktionen beobachte, aber nicht den Grund fuer sie erfahren/erfragen kann. Das wäre fuer mich zu sehr ein Puzzle, das keine runde psychologische Grundlage hätte - und dann kämen mir die Handlungen und Gedanken der Figur nicht schluessig vor.

Solche Fragelisten zu erstellen ist auch ganz schlicht eine gute Konzentrationsuebung, mich intensiv mit meinen Figuren zu beschäftigen und mich an sie anzunähern. Umso wichtiger, wenn man nichts erzählt, was sich so leicht im Alltag erleben liesse.

 

Dein Fragenkatalog ist recht gut, nur in der Sortierung schwer zu handhaben. Ich baue die Figur gern in Stufen auf. Der (zu erwartende) Plot spielt dabei eine untergeordnete Rolle.

Im Grunde geht es zunächst darum, jeweils seine gute und seine dunkle Seite zu finden.

5. Lügt er/sie ohne rot zu werden?
6. Könnte er/sie eine Straftat begehen?
16. Hat er/sie schon mal fremdgeküsst?
17. Ist er/sie sexuell aufgeschlossen?
18. Sind die zehn Gebote eine moralische Richtlinie für ihn/sie?

Als nächstes die Frage klären: Was treibt ihn um oder an?
Wobei die zuvor ermittelte dunkle wie auch die helle Seite eine Rolle spielt. Wie willst du z.B. sonst diese drei Fragen (glaubwürdig) beantworten:

10. Ist er/sie glücklich mit seiner/ihrer aktuellen Lebenssituation?
11. Was würde er/sie verändern, wenn ihm alle Möglichkeiten offen stünden?
12. Was würde er/sie mit € 1.000.000 machen?

Danach Fähigkeiten auflisten, wobei der Plot wiederum unwichtig ist.

20. Welche Hobbys hat er/sie?
21. Kann er/sie sich stundenlang mit der gleichen Sache beschäftigen?
22. Hat er/sie Durchhaltevermögen, auch wenn ihm etwas nicht gefällt?
23. Nimmt er/sie die Führung in die Hand oder lässt er sich lieber führen?

Danach die Feinabstimmung zur Figur.

3. Was ist sein/ihr Lieblingsgericht?
7. Spricht er/sie über seine Gefühle?
Usw.

Für den Plot wichtig sind höchstens Fragen nach Beruf, sehr speziellen Fähigkeiten und besonderen Lebensweg oder Lebensumständen.
Beispiel: Der Prot aus „Das Parfum“ muss halt einen verdammt guten Riechkolben haben und eine beschissene Vergangenheit.

 

  • Wer sind Freunde der Figur? Konkreter, könnte sie mit dem Autor/der Autorin befreundet sein?
  • Was macht sie gegen Langeweile?
  • Wie sähe ihr Profil in einem sozialen Netzwerk, z.B. Facebook, aus, hätte sie überhaupt eines?
  • Wie stünde sie zum GAU von Fukushima / Deep Horizon / etc.
  • In welchen Punkten wäre sie mit dem Autor/der Autorin/Figur B einer Meinung, in welchen nicht, und in welchen Punkten gäbe es am meisten Streitpotenzial.

Der Thread gefällt mir, sehe seinen Nutzen indes nicht als Hauptmittel der Charakterisierung, ich denke, das Risiko sich zu verzetteln und vom Hundertsten ins Tausendste zu kommen, ist groß. Sondern vielmehr Unterstützung, um mit der Charakterschaffung, wenn man mal nicht weiterkommt, ein Stückweit neu aufzurollen, also einfach als eine Möglichkeit, bei Bedarf frische Impulse in den Denkprozess zu bringen.


Viele Grüße,
-- floritiv.

 

Finde ich eigentlich eine interessante Idee.
Bei mir entstehen Figuren meist aus einem Mischmasch realer Personen, wobei ich mir die Eigenschaften und Denkweisen, die ich von anderen Menschen aus Erfahrung kenne, irgendwie so zurecht forme, bis dabei der Protagonist heraus kommt, den ich in der Geschichte verwenden möchte. Allerdings geschieht das bei mir automatisch, ohne klares System.
Für Nebencharaktere fände ich einen solchen Fragenkatalog gar nicht mal übel.

 

Hallo chaosqueen,

schön, wieder mal eine Spur von dir hier zu sehen.

Ein interessanter Thread, da ich schon die Gefahr sehe, bei der Charakterisierung von Personen nicht nur an sich selbst zu denken, sondern überhaupt zu sehr im eigenen Umfeld verhaftet zu sein.

In diesem Zusammenhang finde ich interessant welchen ‚Rahmen‘ man einer (fiktiven) Person zubilligt: Wie extrem kann (darf) die zum Leben erweckte Person sein? Nach welchen Maßstäben entscheide ich, ob eine Handlung oder Äußerung als wahrscheinlich, bzw. unwahrscheinlich eingestuft wird? Um zu Beurteilungskriterien zu kommen muss wohl nicht nur (wie durch deine Fragenliste) abgesteckt sein, welche Eigenschaften einer Person zugeordnet werden, sondern auch das Umfeld, in dem sie sich bewegt. Erst durch das Wechselspiel von ‚personenbezogenen Daten‘ und den Bedingungen des Umfelds lässt sich etwas lebendiges, glaubhaftes konstruieren.


Noch etwas für die Liste:

Denkt er/sie rational oder entscheidet er/sie sich nach dem ‚Bauchgefühl‘?
Ist er/sie Choleriker/Phlegmatiker?
Wie steht es um die Zuverlässigkeit der Person, auch unter Belastung?
Welche Fassade wird der Umwelt gegenüber aufgebaut?


L G,
Woltochinon

 

Moin,

ich fange beim Entwickeln von Charakteren meistens mit der Frage an, welche Eigenschaft die entscheidende für die Geschichte ist. Beispiel: Die Geschichte handelt von einem Alkoholkranken, demnach wäre die Alkoholsucht die entscheidende Eigenschaft. In diesem Fall bräuchte es die Frage nicht unbedingt, da die Geschichtengrundidee ja mit dieser zusammenfällt - aber gerade bei Nebenfiguren/Antagonisten ist das nicht immer der Fall.

Dann kommt die Frage: Was sind die Hintergründe für diese Eigenschaft und sind diese für die Geschichte relevant? Beim Alkoholkranken wären das vielleicht die Trennung von seiner Freundin plus eine gewisse emotionale Anfälligkeit oder der Jobverlust und mangelndes Selbstbewusstsein oder irgendwas ausgefalleneres mit Trauma aus der Kindheit etc.

Danach habe ich einen Charakter, der schonmal seine Aufgabe erfüllt und einen gewissen Hintergrund besitz.

Dann geht es eigentlich noch um das persönlicher machen. Da nehm ich eigentlich alles, was mir so einfällt und schaue, ob das zum Charakter passt bzw. wieso.
Beispiel: Wenn der Alkoholkranke seinen Leben negativ sieht passt das zum Rest und braucht keine Erklärung mehr, sieht er sein Leben dagegen als perfekt, braucht es schon einige Erläuterungen - hat er ein flasches Selbstbild, verdrängt er, oder ist er nur anders?

Beim Äußeren habe ich festgestellt hilft es mir Vorbilder zu haben - mir fällt jedenfalls nicht so viel ein wie ich sehe. Da sind auch Bildbände sehr praktisch (gilt auch für Landschaften, Innen/Außenräume).

Gruß,
Kew

 
Zuletzt bearbeitet:

Wenn ich meine Geschichtenliste durchsehe und mir die Entstehung der Prots betrachte, muss ich für mich feststellen, dass diese KGs, die reale Personen als Vorbild (natürlich leicht verändert) aus meinem Umfeld hatten, die "besten" sind.

Mit der Herangehensweise von chaosqueen kann ich gar nichts anfangen, ich bastle mir die Leute dann beim Drübernachdenken vom genaueren Plot (also noch vor der Schreibphase) im Kopf zusammen und lasse sie wie in einem inneren Film agieren - manchmal unabhängig von der eigentlichen Geschichte. Die bekommen dann während des "Filmes" ihre Ticks, ihr Aussehen etc.

Im Moment komme ich nicht zum Schreiben, habe aber ein Fotoprojekt vor, in dem ich genau diese Fragestellung aufgreife, um mich wieder der Schreiberei anzunähern ;)
Ich fotografiere eine Situation, z.B. eine Frau, die in einem Café sitzt. Dann schneide ich z.B. den Kopf aus und fülle diese Fläche mit der Beschreibung in Textform, wie sie aussehen und was sie denken könnte und überlasse es der Phantasie des Bildbetrachters und gleichzeitigem Lesers, wie das Ergebnis ist. Von daher kommt dieser Thread gerade wie gerufen für mich, vielleicht kann ich da noch was mitnehmen fürs Projekt :)

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom