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Was hältst du von Füchsen? [2. Version]

Kew

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26.05.2009
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Was hältst du von Füchsen? [2. Version]

„Hallo. Kann ich mich setzen?“
Mino sah auf. Sie trug Kopfhörer, kleine Stöpsel in Neongrün, und Thore hörte Geistermusik - ein Schlagzeug mühte sich in weiter Ferne. Ein Schulterzucken blieb die Antwort, Thore setzte sich.
Vor dem Fenster des Cafés dösten Busse in der Hitze. Dahinter breitete sich Asphalt, schwarz und klebrig; Luftspiegelungen verzerrten Häuser und Bäume hinter dem Parkplatz – flimmerndes Bild eines Vororts. Ihr Reiseleiter stand vor einem der Busse und sprach hektisch in sein Handy. Er war ein alter Mann mit Glatze und Schnurrbart. Die Weiterfahrt verzögerte sich wegen technischer Probleme.
Der Kellner kam in Hemd und roter Schürze, und Thore suchte seinen Koreanisch-Führer.
„Was willst du?“, fragte Mino. Sie nahm einen der Kopfhörer heraus, er pendelte vor ihrer Brust.
„Tee.“
Sie bestellte, der Kellner verbeugte sich mit einem Lächeln und ging.
„Danke. Die Verständigung hier ist wirklich schwierig. Sie sprechen ja kaum Englisch und so …“
„Wieso bist du hergekommen, wenn du nicht einmal die Sprache kannst?“ Mino steckte sich den Kopfhörer wieder ins Ohr.
„Nun ja … Meine Eltern haben mir die Reise bezahlt.“
Minos Haare waren schwarz, ihre Augen nebelgrau – ein Herbstmorgen im Wald, wenn alles Stille ist und Wasser von den Bäumen tropft. Sie sah aus dem Fenster, den Kopf in die Hand gestützt. Draußen fluchte der Reiseleiter mit Schweiß auf der Stirn und fliegender Gestik.
„Weißt du, ich, ich würde dich gerne was fragen.“ Mino reagierte nicht, sie spielte nur mit ihrer Serviette, faltete ein Rechteck, ein Segel, eine Pyramide. „Ich weiß, das klingt jetzt vielleicht doof. Aber, ich meine, es ist doch komisch. Du bist schließlich selbst Koreanerin und fährst mit einer Reisegruppe nach Korea.“
„Kannst du nicht still sein?“ Sie sprach als kaue sie Kaugummi.
Der Kellner kam und brachte den Tee. Thore überlegte, ob er gehen sollte, und verbrannte sich beim Trinken Mund und Rachen.
„Meine Damen und Herren, gerade ist unser Ersatzbus angekommen, wir können nun weiterfahren. Bitte entschuldigen sie nochmal die Verzögerung.“

Thore lehnte am Fenster – sanftes Vibrieren der Scheibe, und draußen die Lichter der Autos, rot und weiß. Jenseits der Autobahn erhoben sich Berge, kaum mehr als Umrisse gegen den Mond.
Er saß allein, die Reisegruppe füllte kaum den halben Bus. Die Meisten schliefen schon. Ihre Gesichter wirkten leer und ihr Atmen versank im Brummen des Motors. Es könnten Wachsfiguren sein. Zwei Reihen vor ihm saß Mino. Er sah ihre Haare an den Sitzen vorbei, und das Neongrün der Kopfhörer.
Im Dunkeln flog Thores zweites Ich – eine Möglichkeit, die an der Scheibe lehnte. Dieses Ich stand auf und ging vor zu Mino, setzte sich zu ihr. Sie wandte sich ihm zu, behielt die Kopfhörer auf, aber sie lächelte, lächelte und streichelte ihm die Wange. Die Zeit dehnte sich und das zweite Ich strich Mino die Haare aus dem Gesicht, beugte sich zu ihr, küsste sie – Minos Gesicht in Großaufnahme. Das Bild tanzte fort in der Dunkelheit, wurde ein Derwisch, ein Dämon, der sich in Thores Träume fraß.
Spät in der Nacht hielt der Bus. Das Hotel war ganz roter Teppich und goldene Zimmernummern, ganz gelbes Licht, und Mino erhielt das Zimmer neben ihm. Im Traum klopfte er an ihre Tür.

Mino saß nur einen Tisch entfernt. Sie aß Reis aus einer schwarzen Keramikschüssel, dazu Tofu und Fisch. Die Deckenbeleuchtung malte Glanzlichter auf ihre Nase, ihre Wangen. An den Mundwinkeln franste Lippenstift aus – rosa Wolken auf ihrer Haut. Beim Kauen sah sie gelangweilt aus dem Fenster des Frühstückraums.
„Hallo.“ Neben Thores Tisch stand eine Koreanerin. Sie sprach Deutsch mit leisem Akzent - ein Unterton wie Sandpapier.
„Äh, hallo.“
Sie setzte sich Thore gegenüber. Ihre Haare trug sie zu einem Knoten gebunden, dazu graue Bluse, grauer Rock – sie glich einer Ballerina, Glasknochen-Figur und weiße Haut. Thore fand sie schön.
„Ich heiße Marai. Was hältst du von Füchsen?“
„Füchsen?“ Keine Antwort – sie sah ihn nur an, mit grünen Augen, Moosaugen aus dem Wald. „Nun, ich mag ihre Farbe.“
„Das meine ich nicht. Was hälst von ihrem Wesen?“
„Nun ja, sie sind schlau, geschickt … weise.“
„Du hast also ein positives Bild von ihnen.“
„Ja … Aber weshalb fragst du?“
„Im Tempel hier wird ein sehr schlechtes Bild vermittelt. Und Reiseführer neigen dazu, es unreflektiert wiederzugeben.“ Marai stand auf. „Vielleicht sieht man sich nochmal.“
Sie verließ den Speisesaal, und Mino erhob sich von ihrem Platz, kam zu Thore herüber – ein Kopfhörer hing in ihrem Ausschnitt, neongrün gegen weiß.
„Was wollte sie mit den Füchsen?“
„Keine Ahnung.“
Er wandte sich ab, aß frischen Jogurt und pappiges Müsli.

Sechs Stufen führten zum Tempel. Der Schatten des Schindeldachs verwischte ihre Form, glättete die Kanten und schluckte das Rot der Säulen und Stützbalken. Über dem Tempel stand die Sonne, verschleiert noch von Morgennebel.
„Dieser Tempel ist den Füchsen geweiht. Er wurde zu Beginn der Goryeo-Zeit errichtet.“ Der Reiseleiter gab einen Abriss der Klostergeschichte, während sie den Vorplatz überquerten und hinaufstiegen ins Innere des Tempels.
Hier roch die Luft nach altem Holz und Räucherwerk und Schatten spannen ihre Kleider in Ecken und Winkel. Vor dem Altar standen Gebetskerzen auf einer Eisenplatte, um sie wuchs ein Wachsgebirge.
„Im Volksglauben besitzen Füchse magische Fähigkeiten. Diese nehmen mit ihrem Alter stetig zu, wie auch die Zahl ihrer Schwänze. Hat ein Fuchs neun Schwänze erreicht, so ist er in der Lage, sich in jede beliebige Gestalt zu verwandeln, vorzugsweise aber in die einer jungen Frau. Diese Maskerade benutzt der Fuchs nun, um in die Nähe der Menschen zu gelangen, diese zu beeinflussen und ihnen zu schaden.“
„Inwiefern?“ Es war Mino, die fragte. Sie stand nahe dem Altar und das Flackern der Kerze verzerrte ihr Gesicht.
„Nun, der Fuchs verführt in seiner verzauberten Gestalt Männer, manchmal auch Frauen, um sie während des Geschlechtsaktes zu bestehlen.“
Leises Tuscheln der Reisenden, jemand lachte.
„Dabei geht es nicht, wie sie vielleicht denken, um materielle Güter wie Geld und Schmuck.“
„Stiehlt der Fuchs etwa ihre Seelen?“
„Nicht ganz. Die Legenden besagen, dass ein Fuchs, wenn er mit einem Menschen verkehrt, diesem einen Teil seines Selbst nimmt. Nicht die ganze Seele, sondern nur einen Teil. Eine Illusion, eine Möglichkeit des Erfolges, eine Hoffnung auf Glück. Um sich davor zu schützen, zünden die Menschen Opferkerzen an, wie sie hier sehen können. Sie sollen die Füchse besänftigen und ihnen Ersatz bieten für ihren Diebstahl an den Menschen.“
Ein Lachen aus dem Hintergrund – Thore wandte sich um, aber er sah nur ernste Gesichter, aufmerksam und ohne Humor.
Sie pilgerten weiter. Der Reiseleiter erläuterte Lithographien und den Schatten als Element der Raumgestaltung, Thores Gedanken schweiften ab.
„Gefällt dir die Führung?“
Marai stand neben ihm. Im Halblicht wirkte ihre Haut noch heller, fast unnatürlich.
„Du bist hier?“
„Ich bin dir gefolgt.“
„Aber warum?“
Sie lächelte und strich Thore mit der Hand über die Wange – ein Brennen auf der Haut, er wich zurück.
„Du interessierst mich.“
Flaues Gefühl im Magen – Leere breitet sich aus. Was sollte er sagen?
„Komm. Ich zeige dir was.“
Marai nahm seine Hand und er folgte ihr nach draußen, wo die Sonne schon den Stein versengte und in die Augen stach wie Nadeln. Zwischen Zedern, die Schattenkleckse aufs Gelände warfen, führte sie ihn zu einem kleinen Pfad. Steinplatten wiesen in den Wald.
„Es ist nicht weit. Vielleicht fünf Minuten.“
Thore kam es länger vor. Er verlor sein Zeitgefühl unter lichtflimmernden Blättern, in dampfig-schwüler Luft, und leiser Wind wiegte die Bäume. Ihre Schatten malten Fabelwesen auf Marais Rücken. Hin und wieder das Flappen von Flügeln, sonst Stille im Wald und das Geräusch ihrer Schritte auf dem Stein. Der Weg endete an einem Teich. Auf dem Wasser, das grün war wie Moos, tanzte Sonnenlicht. Ein Mückenschwarm taumelte am Ufer. Im Gebüsch stritten sich Vögel.
„Gefällt es dir?“
„Es ist wunderschön.“
„Die Reisegruppen kommen nicht hier her. Sie haben Angst.“
Von Farn fast verdeckt, lag ein Fuchs aus Stein am Wasser – zusammengerollt, den Kopf auf den Pfoten, als schliefe er.
„Fast wie echt.“
Marai ging zu dem Fuchs, streichelte ihn zärtlich, und Traurigkeit schlich sich auf ihr Gesicht wie ein Anflug von Herbst – Novemberlicht und Eisregen aus grauem Himmel. „Es gibt die Sage, es sei einmal ein echter Fuchs gewesen. Einer der alten und mächtigen. Und ein Magier hat ihn verwandelt. In einen Stein, der Menschen tötet. Frag mich nicht, wie er das macht. Soweit ich weiß, ist noch niemand hier gestorben. Und seit diesem Tag versucht die Geliebte des Fuchses, ihn zu befreien.“
„Wie denn?“
Ein Lächeln vertrieb die Traurigkeit. „Sie muss den Menschen so viel Liebe stehlen, bis der Stein erweicht und ihr Geliebter wieder zum Leben erwacht.“ Sie steht auf, kehrt zurück zu Thore.
„Wie geht das, Liebe stehlen?“
„So vielleicht.“
Marai legte ihm die Arme um den Hals und küsste ihn. Ihre Lippen schmeckten salzig, ihre Finger strichen über seinen Nacken. Er wich zurück, sie ließ ihn frei. Aber ihr Geschmack blieb ihn seinem Mund, und die Erinnerung von warmem Fleisch.
„Was hast du?“
„Nichts.“ Unsicherheit stieg auf wie Nebel.
„Tut mir leid. Wenn es für dich nicht in Ordnung ist.“
„Doch, doch.“
„Na dann.“ Marai küsste ihn noch einmal und er stand hilflos-starr, während ihre Hände unter sein T-Shirt fuhren, schmale Finger über seinen Körper wanderten.
„Jetzt hast du was zu erzählen, wenn du nach Hause kommst.“ Sie zwinkerte ihm zu und verschwand im Wald. Thore blieb allein – leises Zittern der Hände, Taubheit im Mund.

Beim Eingang zum Hotelrestaurant lehnte Mino an einer Säule. Als sie Thore bemerkte, nahm sie ihre Kopfhörer heraus, lächelte ihm zu. „Hast du Lust mit mir Essen zu gehen?“
„Du, mit mir?“ Er ging weiter.
„Bleib doch stehen. Bitte.“ Mino wahrte Distanz – sie stand drei Schritte entfernt, spielte mit dem Kabel der Kopfhörer, suchte dabei seinen Blick. „Es tut mir leid. Ich war genervt vom Wetter, von der Verzögerung, dem Geschwätz der Anderen. Das hatte nichts mit dir zu tun. Mit dem Essen möchte ich mich entschuldigen, okay?“
Die meisten Mitglieder der Reisegruppe saßen bereits an runden Tischen unter Lampen aus bläulichem Glas. Ihr Deutsch wirkte fehl am Platz.
Sie fanden einen Tisch nahe der Panoramascheibe. Es regnete und der Wald ertrank in den Tropfen am Fenster. Ein Kellner brachte die Speisekarten. Thore bestellte Nudeln, Mino Fisch mit Kimchi und Reis.
„Erzählst du mir von der Frau heute Morgen? Du hast sie im Tempel wiedergesehen, oder?“
Marais Bild – ihre Lippen schmeckten salzig. Sein Mund wurde taub. Doch er erzählte – von der Frage nach den Füchsen, dem Teich im Wald, aber den Kuss ließ er aus. Mino lauschte schweigend, und schwieg noch, als er längst fertig war – versunken in ein Puzzle, das kein Bild ergab.
Das Essen kam.
„Bitte reg dich nicht wieder auf. Aber, du hast mir ja nicht geantwortet und es interessiert mich wirklich. Warum fährst du bei dieser Reisegruppe mit?“
„Das ist ganz einfach. Ich war vorher noch nie in Korea. Und es war die billigste Möglichkeit hierher zu kommen. Jetzt schau mich nicht so ungläubig an.“
Thore wurde rot, sah weg.
„Ist schon gut. Meine Familie ist vor meiner Geburt nach Deutschland gezogen. Die paar, die geblieben sind, sind inzwischen gestorben. Ich habe hier keine Verwandten mehr, bei denen ich wohnen könnte.“
Sie schwieg für einen Augenblick, begann ihre Serviette zu falten – Quadrat, Rechteck, Dreieck.
„Es ging mir darum, meine Heimat kennen zu lernen. Meine Familie hat ihre Kultur auch in Deutschland beibehalten, zu Hause wurde fast nur Koreanisch gesprochen. Ich habe mich mehr als Koreanerin gefühlt, denn als Deutsche.“
„Und hat es geklappt mit dem Kennenlernen?“
Mino schüttelte den Kopf und ihr Gesicht wurde traurig – ein Anflug von Herbst.
„Mir sind die Menschen fast so fremd wie dir, auch wenn ich ihre Sprache spreche. Ich bin weder Koreanerin, noch Deutsche.“
Thore schwieg – was sollte er sagen? – und ein Kellner räumte die Teller ab.
Sie bestellten Cocktails, sprachen von seinem Studium, ihren Eltern. Die letzten Gäste gingen, die Kellner standen gelangweilt. „Ich glaube wir sollten gehen. Die Kellner warten schon.“
Mino erhob sich, nahm ihre Jacke vom Stuhl, und Thore folgte ihr aus dem Restaurant, durch die Lobby, die Treppe hinauf. Gelbe Lampen erhellten den Stufenrundlauf. Vor ihrem Zimmer blieben sie stehen. Der rote Teppich dämpfte das Licht, nur die Zimmernummern glänzten.
„Kennst du das?“, fragte Thore. „Man hat den Abend in Gesellschaft verbracht. Und trotzdem. Wenn man schlafen geht, fühlt man sich einsam.“
„Willst du mit aufs Zimmer kommen?“ Sie öffnete ihre Zimmertür. Im Mondlicht war das Bett zu sehen, weißes Laken, zwei Kissen.
„Nein, nein. So war das nicht gemeint. Wirklich.“ Er schüttelte den Kopf – Marais Zunge in seinem Mund, ihre Hand auf seiner Haut.
„Ich weiß.“ Mino lächelte und schloss die Tür hinter sich.

Leises Klopfen – Thore zog sich einem Bademantel an und öffnete die Tür. Vor ihm stand Marai. Sie trug Bluse und Rock, das Haar zum Knoten gebunden. Ihr Blick glitt über seinen Körper – er war nackt unter dem Frotteestoff.
„Kann ich reinkommen?“ Sie schob sich an ihm vorbei, streifte mit den Lippen seine Wange. Ein Hauch von Wald wehte mit ihr – der Geruch von warmem Holz und feuchtem Moos, von Erde und Steinen. „Mach die Tür zu.“
Das Klicken des Schlosses – Unbehagen meldete sich wie fernes Wetterleuchten.
„Möchtest du vielleicht was trinken?“ Er ging ohne Antwort zur Bar, goss Alkohol in zwei Gläser.
Marai saß auf dem Sofa, die Beine übereinander geschlagen. „Komm her.“
Thore setzte sich, hielt Abstand, reichte ihr ein Glas. Sein Blick streifte ihr Gesicht, die weiße Haut, die zarten Wangen, ihre Augen wie Moos und die Erinnerung stieg auf – grüner Wald und grünes Wasser, ihre Lippen, warm und weich. Leises Kribbeln im Unterleib – Thore schlang den Bademantel fester um sich.
Sie trank – kippendes Glas, schwindende Flüssigkeit, und Thore wusste nicht, was er tun sollte. Vor dem Fenster stand der Mond über Baumwipfeln, die im Wind schaukelten.
„Siehst du den Widerschein der Stadt am Horizont?“ Ihre Stimme klang nun weicher, hatte fast den Unterton von Sandpapier verloren. „Manchmal würde ich gerne den Wald und den Tempel hinter mir lassen und einfach gehen. Bis in die Stadt.“
„Und weshalb tust du es nicht?“
„Ach lassen wir das. Wir haben wichtigeres zu tun.“ Marai stand auf, zog die Vorhänge zu, löschte das Licht – die Welt löste sich auf.
Thore lauschte in die Dunkelheit – da war ihr Atem, und das leise Tappen ihrer Füße. Sie kam näher, kam zu ihm, er spürte ihre Wärme irgendwo im Nichts. Ihre Finger berührten seine Wange. Er zuckte zurück.
„Entspann dich. Es ist ganz einfach.“
Leises Rascheln von Stoff, Augenblicke der Stille – Thore wünschte sich fort. Sein Körper wollte bleiben, sein Penis hart wie Porzellan. Marai öffnete Thores Bademantel, streifte ihn von seinen Schultern.
Sie glitt auf seinen Schoß, nahm ihn auf, schmiegte sich an. Sie hob, sie senkte sich – Seufzen wohlig weich. Und sie küsste ihn, nicht zart, nicht liebevoll – sie biss ihn. Thore schmeckte Metall, während sie ihn ins Sofa drückte. Und noch immer kein Licht – nur ihr Atem an seinem Ohr, ihre Haut an seiner, heiß und schweißgebadet. Er kam, und vorm Fenster stand unsichtbar der Mond, milchweiß und rund, und weit am Horizont der Widerschein der Stadt.
Marai stand auf. „Denk dran, Füchse sind schlau, geschickt und weise.“ Sie ging, und Thore blieb allein mit Scham und Ekel.

Thore sah den überholenden Autos nach – silbern, schwarz und blau. Er spürte das Brummen des Busmotors bis in die Knochen. Mino saß neben ihm, ihre Schulter berührte leicht seinen Arm.
„Ich würde dich gerne etwas fragen“, sagte er.
„Nur zu.“
„Bist du schon einmal einem Fuchs begegnet? Ich meine einen wie aus dem Tempel.“
Mino schwieg – er dachte sie würde nicht antworten, und der Herbst hielt Einzug, ein trauriger Begleiter mit Schwefellicht und Nebel.
„Ja, bin ich. Es war in einem deutschen Club. Schon ein paar Jahre her. Ich habe getanzt, schon ziemlich angetrunken, und da ist er zu mir gekommen. Er sah jung aus, kaum älter als ich. Schwarze Haare, schönes Gesicht – ein Koreaner. Er hat mich aufs Klo mitgenommen.“
„Und was hat er dir genommen?“
„Meine Kindheit, was sonst?“

 

Hat zwar gedauert, aber hier ist der zweite Versuch. Hoffentlich habe ich nicht wieder die gleichen Fehler gemacht.

Würde mich freuen, wenn ihr mir noch ne Chance gebt.

Gruß,
Kew

 

Moin,

erst mal nur eine Verständnisfrage: Ist es Absicht, dass der dritte Absatz doppelt ist?

Mino saß nur einen Tisch entfernt. ...

Jo

 

Moin Kew.
Insgesamt gar nicht schlecht. Bei den Dialogen ist es aber noch manchmal schwierig herauszufinden, wer gerade mit wem spricht. Manches ist noch etwas... hölzern, und keiner der Charaktere erschließt sich mir in Gänze.
Das stärkste an Deiner Geschichte ist für mich der Schluss.
Darum gibts trotz Kritik einen Daumen hoch.
Gruß Lord

 

Moin,

und der Herbst erhielt Einzug
ixh würde sagen hielt.

Die Geschichte erklärt mehr in der 2. Version und ist dadurch deutlicher, läßt aber auch weniger Spielraum für die Phantasie des Lesers.

Die abweisende Reaktion von Mino zu beginn hat was mit dem Fuchs zu tun - ich habe dann vermutet, dass sie als in der Tradition aufgewachsene Koreanerin eben die Geschichte kennt und Thore vielleicht retten will.

Der Schluß offenbart dann, dass die Füchsin nicht an eine bestimmte Menschengestalt gebunden ist. Lässt nun Mino die Entwicklung zu, weil sie ihre Unschuld verloren hat? Oder wird ihr deutlich, dass sie der Füchsin nicht gewachsen ist? Da bleibt ja doch noch Raum für eigene Gedanken.

Erinnerung von warmem Fleisch
finde ich eher unpassend, zu grob in dieser Stimmung - ich würde sagen Körper.

Was offen bleibt: Wieso wurde der Fuchs verwandelt und wieso muss seine Geliebte Liebe stehlen. Was hat der Fuchs angestellt? Oder hat sie den Magier verärgert?

Ich finde den 2. Versuch insgesamt besser als den 1.

LG

Jo

 

Moin Kew,

ka, da muss ich maria (und auch Lord Arion) Recht geben, die Personen sind sehr skizzenhaft. Eine Koreaniern erkennt ein Europäer in der Regel sehr schnell zumindest als Asiatin - eine kurze Beschreibung zu Beginn könnte die Unklarheiten verringern. Denn andererseits: Woher weiß Thore, dass Mino Koreanerin ist? Weil sie Koreanisch spricht? Das kann ein Indiz sein, aber sie kann ja auch eine chinesische Studentin sein. Eigentlich ist die Schlussfolgerung von Thore sehr voreilig.

LG

Jo

 

Hi, danke euch für Lesen und Kommentieren.

@jobär

erst mal nur eine Verständnisfrage: Ist es Absicht, dass der dritte Absatz doppelt ist?
Absolut:D

Da bleibt ja doch noch Raum für eigene Gedanken.
Schön, dass ich trotz mehr Erklärung nicht alles tot erkläre.

Ich finde den 2. Versuch insgesamt besser als den 1.
Das ist mal defenitiv das wichtigste. So lange die Richtung stimmt kann ich ja noch die Hoffnung waren. Danke.

Eigentlich ist die Schlussfolgerung von Thore sehr voreilig.
Da berufe ich mich auf die Informationen, die er im Laufe der Reise gewonnen hat.

@Lord Arion

Okay, zu wenig Charakterisierung - versuche ich beim nächsten Mal besser zu machen (ob ich den Nerv hab, hier nochmal alles zu überarbeiten, weiß ich nicht.)
Aber danke für den Daumen hoch.

@maria

weißt du, Fehler nerven nur dann, wenn man beim Lesen ständig ins Stocken kommt.
Jaja, meine Kommasetzung. Dabei ist die schon viel besser geworden, viel viel besser.

Kurz bevor ich zu diesem Satz kam, da wollte ich schon mit dem Lesen aufhören. Erst als Marai so unvermittelt wieder auftaucht, musste ich mir unwillkürlich die Frage stellen, ob sie ein Fuchs ist und BOOM, ich muss weiter lesen
Ohoh, da bin ich aber knapp am Abbruch vorbeigeschrammt. Aber gut, dass du dann doch geblieben bist.

Der Anfang wirkt für mich nicht wie eine vollkommene Geschichte, sondern eher irgendwie skizziert, Stichworthaltig
Da muss ich nachfragen: Meinst du mit skizziert, dass ich mehr Beschreibungen, mehr Information liefern soll, mehr Details. Oder sind die Sache, die schon da sind, nicht genügend feingeschliffen?

Bei der Umsetzung habbert es, vor allem am Anfang.
Was alle gegen meinen Anfang haben:D. Ich find den toll.
Aber gut, vielleicht fällt mir noch was ein zum verbessern. Vielleicht den zweiten Absatz streichen?

Aber freut mich, dass du die Geschichte trotz der Fehler gut findest.

Und den letzten Satz lass ich extra für dich unangetastet.

So, noch mal viel Dank und Gruß
Kew

 

Was alle gegen meinen Anfang haben. Ich find den toll,
ich auch,

lieber Kew,

und noch toller, wenn dieser verflixte erste Fehler nicht wäre - traut sich keiner, den zu benennen oder sind alle auf der Flucht, will sagen: flüchtig:

„Hallo. Kann ich mich setzten?“
Noch nich'?!
„... setzten?“
Ja, aber nicht aufs zwote t!

Und schon motz ich maria an: Nicht jeder kann sich seinen Namen aussuchen (was hierzulande eigentlich Standard ist ...), da kann heut keiner was gegen tun, wenn er Kevin hieße und allein bliebe. Thore ist ein wundervoller Name ...

Es ist eine kleine Romanze mit wunderschönen Passagen wie direkt zu Anfang im Satz

Vor dem Fenster des Cafés dösten Busse in der Hitze.
Gleichwohl könnte einiges an Beschreibung entbehrlich sein wie etwa Hemd und Schürze des Kellners.

„Weißt du ich, ich würde dich gerne was fragen.“
Zuerst las ich und wähnte das Komma an der falschen Stelle. Dann fielen mir zwei ich auf, dass eher ein zweites Komma zur Trennung von du und ich noch hinzugefügt werden sollte ...


Mino reagierte nicht, sie spielte nur mit ihrer Serviette, ...
Ja, so funktioniert die Eigentumsordnung anfänglich: Man nimmt in Besitz. Spielte sie nicht einfach mit der oder einer Serviette?

„Ich weiß, dass klingt jetzt vielleicht doof....
Makita würde jetzt schreien: Schäm Dich! Ich würde ein s beurlauben.

Sie sprach als kaue sie Kaugummi.
Wie klingt das? Wie Texanisches Angloamerikanisch, nur eben auf deutsch.

Es

ging die zwei Reihen vor zu Mino, setzte sich zu ihr
nachdem wir kurz zuvor erfahren haben
Zwei Reihen vor ihm saß Mino.
Da wäre das ertgenannte vor an sich entbehrlich ...

Spät in der Nacht hielt der Bus. Das Hotel war ganz roter Teppich und goldene Zimmernummern, ganz gelbes Licht, und Mino erhielt das Zimmer neben ihm.
Das ganz ist missverständlich - bezieht es sich aufs Hotel (wahrscheinlich), doch was wäre ganz rot, ganz gelb ... gelber als gelb, am gelbsten etwa?

Alles muss man selber machen:

Was hältst von ihrem Wesen?“
Mehr sag ich nich'!

Und Reiseführer neigen dazu es unreflektiert widerzugeben.“
Jetzt kommt was verdammt vertracktes: Die RS-Reform brachte auch neue Regeln bei Infinitivsätzen, die nun nicht mehr unbedingt mit Komma abgetrennt werden müssen - mit einer Vielzahl von Ausnahmen, dazu zählt auch, dass ein Komma zu setzen sei, wenn die Infinitivgruppe vom Substantiv abhängig ist. Das mag man hier nicht auf Anhieb erkennen, das Personalpronomen es ist aber Platzhalter für das schlecht vermittelte BILD. Also besser: Komma!

..., und Mino erhob sich von ihren Platz,...
Dativ: ihrem

„Kein Ahnung.“
Was sag ich dazu!?

Hier roch die Luft nach altem Holz und Räucherwerk, und Schatten spannen ihre Kleider in Ecken und Winkel.
Komma entbehrlich (endlich diese Variante!)

„Im Volksglauben besitzen Füchse magische Fähigkeit. Diese nehmen mit ihrem Alter stetig zu,...
Fähigkeit - diese nehmen, entweder Fähigkeiten oder nimmt ...

..., so ist er in der LageKOMMA sich in jede beliebige Gestalt zu verwandeln, ...
In dem Fall stehts Substantiv direkt bei der Infinitivgruppe.

Einen Lachen aus dem Hintergrund –
Was soll ich sagen?

Und seit diesem Tag versucht die Geliebte des FuchsesKOMMA ihn zu befreien.“
„Ich glaubeKOMMA wir sollten gehen.

Im Mondlicht war das Bett zusehen, ...
Zusehen und zu sehen sind nicht gleich ...

„Ich würde dich gerne etwas fragen.“, sagte er.
Der erste Punkt (vor den auslaufenden Gänsefüßchen) ist entbehrlich.

Mir scheint - aus der Erinnerung - diese Fassung eindeutiger zu sein als die ursprüngliche (ich hab ja schon zwo, denken wir an die Änderungen ...), was selbstverständlich seinen je besonderen Reiz hat. Ich geh aber mal von aus - da die letzte vorherige Fassung hier nicht mehr auf kg.de steht -, dass ich da nicht weiter drauf eingehen brauche (es wäre auch für andere eher langweilig).

So viel oder wenig für heute.

Gruß

Friedel

PS: Dass jetzt alles gefunden sei, wag ich nicht zu behaupten.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Friedrichard,

immer wenn ich dir antworte gibt's Verzögerungen, warum auch immer ... Diesmal war's der Umzug: kein Internet, jedenfalls kein zuverlässiges und nur selten.

Danke dir auf jedenfall.

Für den gemochten Anfang und die Kleinkrämerei. Peinlich, peinlich. Ich überlese wirklich zu viel.

„Kein Ahnung.“
Was sag ich dazu!?
Das ist authentisch :-)

Es ist eine kleine Romanze mit wunderschönen Passagen wie direkt zu Anfang im Satz
Damit kann ich super leben, danke.

Natürlich alles übernommen.

Gruß und Dank,
Kew

 

„Kein Ahnung.“
Was sag ich dazu!?
Das ist authentisch :-)

Das ist ja schon fast absud,

lieber Kew,

aber Du musst Dich nicht entschuldigen ... Ich bin auch nicht immer im Internet, wüsst auch gar nicht, warum. Gibt Wichtigeres.

Gruß und schönes Wochenende vom

Friedel

 

Hi Kew,

mit dem Titel hast Du mich sogar in die Rom/Ero-Rubrik gezogen. Und da bin ich sonst nie. *räusper*
Ich kenne die erste Version nicht, die jetzige hat mir allerdings gefallen. Ich finde sie recht leicht erzählt, flüssig zum lesen und die Dialoge insgesamt auch gelungen. Fehler sind mir auch keine mehr aufgefallen - von daher: gern gelesen, gut gefunden :)

Grüße
Anne

 

Hi Maus,

danke fürs Lesen und deinen Kommentar. Mit deinem Urteil bin ich zufrieden - ich liege nicht völlig falsch. Und das dich der Titel locken konnte, freut mich. Meine Titel wähle nämlich immer als letztes aus und meistens fällt mir nichts ein, bis ich dann irgendwas nehme.

Gruß,
Kew

 

Hey Kew,

„Hallo. Kann ich mich setzen?“
Mino sah auf. Sie trug Kopfhörer, kleine Stöpsel in Neongrün, und Thore hörte Geistermusik - ein Schlagzeug mühte sich in weiter Ferne. Ein Schulterzucken blieb die Antwort, Thore setzte sich.

Ganz ehrlich, als Einstieg würde ich das etwas umstellen, weil ich so erst mal ausklamüsern muss, dass es Thore ist, der die Frage stellt.

„Hallo. Kann ich mich setzen?“ Thore hörte Geistermusik - ein Schlagzeug mühte sich in weiter Ferne.
Mino trug Kopfhörer, kleine Stöpsel in Neongrün. Sie sah auf, ein Schulterzucken kam zur Antwort und Thore setzte sich.

Vor dem Fenster des Cafés dösten Busse in der Hitze. Dahinter breitete sich Asphalt, schwarz und klebrig;

dösten Busse :). Schon klar, aber so ein Nickerchen machender Bus ist schon ein komisches Bild.

entweder es fehlt ein "aus" - breitete sich Asphalt aus oder Du suchst ein anderes Verb

Er war ein alter Mann mit Glatze und Schnurrbart.

Allgemeinbeschreibung, dadurch bekommt er nichts Individuelles.

„Wieso bist du hergekommen, wenn du nicht einmal die Sprache kannst?“ Mino steckte sich den Kopfhörer wieder ins Ohr.

Das ist so eine Geste, als ob sie die Antwort nicht interessiert.

Ihre Gesichter wirkten leer und ihr Atmen versank im Brummen des Motors.

Schön!

Das Hotel war ganz roter Teppich und goldene Zimmernummern, ganz gelbes Licht, ...

Komischer Halbsatz.

„Im Tempel hier wird ein sehr schlechtes Bild vermittelt. Und Reiseführer neigen dazu, es unreflektiert widerzugeben.“

wiederzugeben

Mmh. Ist ja eigentlich eine schräge Situation. Ich würde sie schräg geschrieben, fast spannender finden, diese Marai. So - mit dieser Nacherklärung nimmst Du selbst ein wenig den Wind aus den Segeln.

Der Schatten des Schindeldachs verwischte ihre Form,

ihre Form? Wer ist sie? verwischte die Form - oder? Oder sprichst Du hier schon von der Sonne? Dann sag das auch.

und Schatten spannen ihre Kleider in Ecken und Winkel.

Also manchmal hast Du so Bilder, wo ich nicht weiß, ob ich sie gut finde oder nicht ;).

Nur vor dem Altar standen Gebetskerzen auf einer Eisenplatte, um sie wuchs ein Wachsgebirge.

kann weg

Die meisten Mitglieder der Reisegruppe saßen bereits an runden Tischen mit Lampen aus bläulichem Glas. Ihr Deutsch wirkte fehl am Platz.

an runden Tischen unter Lampen

ein :) für das fehlplatzierte Deutsch

Sie fanden einen Tisch nahe der Panoramascheibe.

setzten sich an - würde ich mehr mögen

Marais Bild – ihre Lippen schmeckten salzig.

... ihre nach Salz schmeckenden Lippen - fände ich eleganter

Sein Mund wurde taub. Doch er erzählte – von der Frage nach den Füchsen, dem Teich im Wald, aber den Kuss ließ er aus.

Er erzählte – von der Frage nach den Füchsen, dem Teich im Wald, den Kuss ließ er aus.
Warum den trockenen Mund erwähnen, wenn er dann doch erzählt. Dann doch lieber eine Geste für das Erinnern einbauen.

Bitte reg dich nicht wieder auf. Aber, du hast mir ja nicht geantwortet und es interessiert mich wirklich. Warum fährst du bei dieser Reisegruppe mit?“
Hat sie sich aufgeregt?

Sie schwieg für einen Augenblick, begann ihre Serviette zu falten – Quadrat, Rechteck, Dreieck.

:)

„Es ging mir darum, meine Heimat kennen zu lernen. Meine Familie hat ihre Kultur auch in Deutschland beibehalten, zu Hause wurde fast nur Koreanisch gesprochen. Ich habe mich mehr als Koreanerin gefühlt, denn als Deutsche.“

Ich weiß nicht, dieser ganze Dialog, gerade wenn Mino redet, wirkt so steif. Ihr reden will mir nicht in das Bild passen, was Du vorher von ihr vermittelt hast.

Er ging ohne Antwort zur Bar, goss Alkohol in zwei Gläser.

Hehe. Sag doch, was für Alkohol. Das klingt so - äh!

Marai saß auf dem Sofa, die Beine übereinander geschlagen. „Komm doch her.“

streichen?

Thore setzte sich, hielt Abstand, gab ihr ein Glas.

reichte ihr ein Glas

„Ach lassen wir das. Wir haben wichtigeres zu tun.“ Marai stand auf, zog die Vorhänge vors Fenster, löschte das Licht – die Welt löste sich auf.

zog die Vorhänge zu

Marai öffnete Thores Bademantel, streifte ihn von seinen Schultern. Er war nackt.

Hatten wir schon vorher. Weiß man noch ;).

Sie glitt auf seinen Schoß, nahm ihn auf, schmiegte sich an ihn.

Auch so ein Streichkandidat.
Er kam, und vorm Fenster stand unsichtbar der Mond, milchweiß und rund, und weit am Horizont der Widerschein der Stadt.

vor dem Fenster
Und wenn Mond unsichtbar, dann auch nicht milchweiß und rund - weil unsichtbar - den Widerschein der Stadt hattest Du auch schon, das wirkt bemüht. Ein neues Bild wäre gut, denke ich.

Das war es an Textkram, was mir während des Lesens so eingefallen ist. Ich mag die Geschichte. Ich mochte sie schon in der ersten Version. Die Geschichte um den Fuchs, Marai, die etwas befremdlich und doch sinnliches an sich hat. Das ist schon eine spannende Figur. Dagegen Mino, die weltliche. Ich hätte es gut gefunden, wenn Du in der Sexszene etwas mehr seinen Trieb vs. seine Befremdlichkeit eingefangen hättest. Also nicht in Erzählerworten, sondern in der Handlung, in seinen Gesten, seinen Taten oder Worten. Also, ein bisschen mehr Raum. Nicht viel mehr, aber eben verstärkt. Der Ekel, beim hinauswerfen - der ist gut.

Soweit von mir. Mir hat es gefallen. Auf jeden Fall das Thema und die inhaltliche Seite.

Beste Grüße Fliege

 

Hallo Fliege,

Ganz ehrlich, als Einstieg würde ich das etwas umstellen, weil ich so erst mal ausklamüsern muss, dass es Thore ist, der die Frage stellt.
Mal sehen, ob mir noch was einfällt. Bei deinem Vorschlag ist für ich das Problem, dass der Zusammenhang zwischen ihren Kopfhörern und der Geistermusik seltsam ist.

Das ist so eine Geste, als ob sie die Antwort nicht interessiert.
Richtig.

Mmh. Ist ja eigentlich eine schräge Situation. Ich würde sie schräg geschrieben, fast spannender finden, diese Marai. So - mit dieser Nacherklärung nimmst Du selbst ein wenig den Wind aus den Segeln.
Also raus.

Also manchmal hast Du so Bilder, wo ich nicht weiß, ob ich sie gut finde oder nicht .
Fail and try. Mehr ist das bei mir noch nicht.

Warum den trockenen Mund erwähnen, wenn er dann doch erzählt. Dann doch lieber eine Geste für das Erinnern einbauen.
Da treffe ich wohl das Bild nicht. Nicht trocken soll es sein, sondern eben die körperlich/psychologische Reaktion auf das Erinnern.

Ich weiß nicht, dieser ganze Dialog, gerade wenn Mino redet, wirkt so steif. Ihr reden will mir nicht in das Bild passen, was Du vorher von ihr vermittelt hast.
Muss ich wohl nochmal drüber. Ich scheitere ja hier (oder allgemein) gerne an den Dialogen.

Soweit von mir. Mir hat es gefallen. Auf jeden Fall das Thema und die inhaltliche Seite.
Das ist ja schon mal was.

Werde die Anmerkungen nächste Woche einarbeiten.

Gruß und Dank,
Kew

 
Zuletzt bearbeitet:

Moikka Kew,

endlich komme ich mal dazu, den Text zu lesen.

Ich hatte Deine zweite Fassung von den Fuechsen schon gesehen gehabt, aber grad erst die Zeit, sie zu lesen. Sie gefällt mir wesentlich besser. Viel sichere Sprache und kein Gefloskel mehr. Dieser Fuchsmythos wird auch deutlicher. Und die Bilder sind sehr viel schöner, enger.

Ich hätte noch ein paar Tips, wobei ich nicht sicher, bin, ob ich was davon beim letzten Mal gesagt hatte. Du wechselst irgendwie oft die Perspektive - nicht die im grossen und ganzen, nicht direkt die des Erzählers. Aber der Focus rutscht oft, und das macht das Bild unruhig, wackelig, obwohl Deine Beschreibungen an sich sitzen. Bsp:

Sechs Stufen führten zum Tempel. Der Schatten des Schindeldachs verwischte ihre Form, glättete die Kanten und schluckte das Rot der Säulen und Stützbalken. Über dem Tempel stand die Sonne, verschleiert noch von Morgennebel.
Stufen > Tempel = fein gefuehrt
Schatten des Daches > hm. Ich bin kein Fan von viel passiv, aber wenn Du konsequent lenken wolltest, muesste es weitergehen wie: Ihre Form wurde von den Schatten des Daches verwischt (Schatten und Schindeldach ...well)
Ok, sehe grad, das geht weiter mit rot und so und kann nicht umgestellt werden.
Schatten Dach machen was auf Stufen zum Tempel > Tempel selbst > Sonne
> Sonne ist verschleiert von Nebel. Puha. Das ist so: Du erklärst etwas ueber etwas Nachgeschobenes, was aber den Begriff/Eindruck aus dem Halbsatz davor konkretisieren soll. Das Bild mit all den Eindruecken ist ja schön. Aber mache doch einfach mal zur Uebung folgendes: Schreib die kleine Szene mal konsequent von einem Eindruck zum anderen. Ganz konservativ. Dann hast Du eine ruhige 'Kamera'. Und dann kannst Du wieder ein bisschen damit spielen, damit es nicht stinkelangweilig ist.
Vereinfacht: Zum Tempel fuehren Stufen, auf die fällt Schatten, dabei sieht das so und so aus, der Schatten fällt vom Dach, und Sonnenlicht fällt darauf, dabei ist die Sonne selbst verschleiert ... bla.
Du beschreibst ein Dach, das Material oder die Temperatur. Ich fuehle mich als Leser sozusagen 'im Dach', fuehle mich da ein, mein Blick liegt darauf. Dann sagst Du etwas ueber die Sonne. Dann ist das Bild zuende. Das ist plötzlich wie ein harter Kameraschwenk hoch, dabei bist Du eigentlich noch beim Dach. Lösung wäre: Du sagst, wie das Sonnelicht auf dem Dach (Holz, Tonschindeln ...) ist: warm, reflektierend ... irgendwie. Dann sagst Du dasselbe ueber die Sonne wie vorher, bleibst aber beim Dach.
Nur zur Konzentrationsuebung, die Folge wie vorgeschlagen klingt natuerlich schrecklich und wäre kein Ersatz fuer Deine Version. Aber vllt schärft es einfach Deinen Blick.

Und gleiches passiert sehr oft bei den Figuren:

„Hallo. Kann ich mich setzen?“
Mino sah auf. Sie trug Kopfhörer, kleine Stöpsel in Neongrün, und Thore hörte Geistermusik - ein Schlagzeug mühte sich in weiter Ferne. Ein Schulterzucken blieb die Antwort, Thore setzte sich.
Jemand sagt was, ich weiss nicht, wer (da muss ich einmal in hundert Jahren Fliege recht geben). Dann wird erst ein Ohrstöpsel, dann eine andere Person beschrieben - ist es die, die sprach? Hm. Da beide Musik hören, ist mir immer noch nicht klar, wer (warum) spricht und wer dann die Schultern zuckt. Die INfo zu den Kopfhörern ist zwar ein netter, etwas angenehm verwirrender Einschub, dient aber nicht der Klärung, auf die ich hier gewartet habe. Warum wird eine Person (Mino) beschrieben, wenn es nur eine Art Ueberleitung zu einer anderen ist? Das sind diese Kameraschwenks, die mich unruhig machen, weil ich nicht an einem Bild bleiben kann. Das anschauen (anhören im Dialog), dann woanders hinschauen, dort eine Weile bleiben, Wechsel.

Das soll nicht lahm werden, keinesfalls! Dein Tempo ist perfekt, auch die verkuerzten Sätze. Ich meine nur: lenke den Blick auf etwas, bleibe dabei. Siehe Dach. Man ist trotz auktorialem Erzähler doch auch immer ein bisschen in einer Figur. Das kann ueberspringen, häufig wechslen. Aber nicht innerhalb eines Halbsatzes immer hin und her.

Ich weiss, das ist kniffelig, weil Du im Kopf beider Figuren und des Erzählers steckst. Mich muss auch niemand an der Hand nehmen und durch eine Szene schleifen, nicht alles auserklären. Aber wenn man die Bilder und Eindruecke geniessen will, muss man sie richtig anschauen können - so ist das, als zupple mir ständig jemand an den Haaren *schau hierhin, nein hierhin, jetzt wieder rueber, hoch, runter*.
Vielleicht wäre es auch ne gute Uebung (nicht zum Posten, sondern fuer Dich), den ganzen Text einmal in 1-Person-Erzähler als Thore zu schreiben. Die Umgebung und Figuren aus seinem Blick. Dann wirst du zum Focussieren gezwungen, weil er sich selbst nicht beschreiben kann (oder: sollte, da sowas lahm wirkt).

Thore lehnte am Fenster – sanftes Vibrieren der Scheibe, und draußen die Lichter der Autos, rot und weiß. Jenseits der Autobahn erhoben sich Berge, kaum mehr als Umrisse gegen den Mond.
Noch ein Bsp.
Wenn Du mit Thore anfängst, erwarte ich, dass gesagt wird, dass er die Scheibe spuert. Du aber springst ueber zur Scheibe - das Vibrieren wird nicht auf den Angelehnten bezogen, sondern freigestellt. Ok. Aber dann kommen die Lichter im selben Satz. Die beziehen sich in der Folge auf die Scheibe (im Sinne sicher, dass sie Thore von den Lichtern trennt), aber der Hauptmerk lag auf dem Vibrieren, das Thore spuert (er war ja Dein Satzaufhänger). Die Lichter stehen aber in keinem sinnvollen Zusammenhang zum Vibrieren, und Thore wuerde sie auch sehen, wenn er nicht an der Scheibe lehnte, sondern nur rausguckte. Rot und weiss ist ohne Schwenk auf die Autos bezogen, obwohl Du aber mit Lichter anfängst ... und dann sind da Berge - nämlich hinter der Strasse, auf der die Autos vom Halbsatz davor stehen - und ueber die Berge wird etwas gesagt, indem etwas ueber den Mond gesagt wird.

Das klingt jetzt nach Erbsenzählen und will will hier auch kein Haar in der Suppe finden! ;) Ich habe aber den Eindruck, es wuerde Dir helfen, Deine Eindruecke besser aufeinander zu beziehen und schöner hervorzuheben, was Hauptsache ist: die Sache, bei der unser Gefuehl bleibt. Ist das Thore? Die Scheibe? Die Strasse mit den Autos und den Lichtern? Oder doch das Ende, der Mond ueber den Bergen?

Es gibt in Horror einen kleinen, rohen Text, der diese Bezugssache bei Beschreibungen perfekt gelöst hat (ueberhaupt eine meiner Lieblingsgeschichten hier). Vielleicht hilft Dir der Vergleich:
http://www.kurzgeschichten.de/vb/showthread.php?t=44042

Man will ja meist mit solchen Bildern etwas ueber die Figuren vermitteln, und nicht nur eine nette Stimmung zaubern. Dass Thore da angelehnt sitzt, ich mir den grummelnden Busmotor vorstellen kann, sehe, was er sieht: Lichter, Berge, Mond. Das vermittelt etwas ueber eine gewisse, nicht unangenehme, Einsamkeit. Passt zu den Kopfhöhrern, der "Geistermusik" (tolles Wort, schön gewählt!), seiner Zaghaftigkeit. Aber fuer mich zerfasten die Eindruecke mehr als es nötig wäre, eben durch diese vor-und nachgestellten Referenzen, die in sich alle gleichwertig sind.

Mino schwieg – er dachte sie würde nicht antworten, und der Herbst hielt Einzug, ein trauriger Begleiter mit Schwefellicht und Nebel.
Mino macht was, er denkt was, der Herbst und Begleiter = alles gleichwertig, das ist unguenstig, man weiss am Ende nicht, was man eigentlich gesehen hat. Muss von vorn anfangen und kann sondieren, alles auseinandernehmen und die einzelnen Bilder geniessen. Das ist schade, zumindest fuer mein Leseauge.
Von Farn fast verdeckt, lag ein Fuchs aus Stein am Wasser – zusammengerollt, den Kopf auf den Pfoten, als schliefe er.
Von Farn fast verdeckt, lag am Wasser ein Fuchs aus Stein – zusammengerollt, den Kopf auf den Pfoten, als schliefe er. Hier wäre fuer mich die Sache schon mit einer Umstellung gelöst.

Guck, hier ist der Blick ganz 'stringent':

Sie verließ den Speisesaal, und Mino erhob sich von ihrem Platz, kam zu Thore herüber – ein Kopfhörer hing in ihrem Ausschnitt, neongrün gegen weiß.
„Was wollte sie mit den Füchsen?“
„Keine Ahnung.“
Er wandte sich ab, aß frischen Jogurt und pappiges Müsli.

Thore blieb allein – leises Zittern der Hände, Taubheit im Mund.
Das mit dem Bindestrich heisst, etwas wird ueber das Subjekt konkretisiert. Thore blieb allein - ein Buendel Unglueck am Wegesrand. :D Entweder trennen mit Punkt oder hm ... Du hast natuerlich schön die Adjektive vermieden. Thore blieb allein. Die Hände zittern, der Mund ist taub. (?) Irgendwie so? Das 'leise' wuerde ich kicken, es wäre 'leicht', aber das ist ein wenig schönes Wort, und wird inflationär benutzt.
Thore zog sich einem Bademantel an und öffnete die Tür.
Marai ging zu dem Fuchs, streichelte ihn zärtlich, und Traurigkeit schlich sich auf ihr Gesicht wie ein Anflug von Herbst – Novemberlicht und Eisregen aus grauem Himmel.
Hier ist der Bindestrich zwar konsequent gesetzt, aber wie an einigen anderen Stellen fände ich die Idee stärker, wenn Du nicht doppelt erklären wuerdest (und einige 'unds' streichen, denn die machen auch alles gleichwertig): nicht erst ein Begriff, der dann in Bilder gesetzt wird, sondern das Bild direkt zum Eindruck: Marai ging zu dem Fuchs, streichelte ihn zärtlich, und Traurigkeit schlich sich auf ihr Gesicht (wie) Novemberlicht, Eisregen aus grauem Himmel. Das wäre fuer mich derselbe Eindruck, aber ein klares, hartes Bild ohne Geeiere.
„Ach lassen wir das. Wir haben wichtigeres zu tun.“ Marai stand auf, zog die Vorhänge zu, löschte das Licht- die Welt löste sich auf.
Thore lauschte in die Dunkelheit – da war ihr Atem, und das leise Tappen ihrer Füße.
Ich mag Bindestriche so als Spannungsmoment, aber im Text sind die zu inflationär. Auch sehr häufig in den Dialogen, und damit erreichen sie das Gegenteil, sie verlangsamen anstatt das Tempo anzuziehen.
Was hälst du davon?
„Ach lassen wir das. Wir haben wichtigeres zu tun.“ Marai stand auf, zog die Vorhänge zu, löschte das Licht. Und die Welt löste sich auf.
Thore lauschte in die Dunkelheit: da war ihr Atem, und das leise Tappen ihrer Füße.
Ansonsten finde ich die Bezuege und Anschluesse hier schön klar und in guter Folge.

Das soll sich nicht krittelig anhören, denn ich finde der Text hat gewonnen. Viele Phrasen sind gekickt, die Dialoge wirken nicht mehr so beliebig, egal wie viel oder wenig Du daran selbst geändert hast, sie sind jetzt besser eingebettet. Irgendjemand meinte hier, die Figuren seien blass, das sehe ich ganz anders. Du zeigst halt sehr viel ueber sie durch die Landschaft, Räume, Farben, Texturen; sowas lese ich sehr gern. Ich habe genug Freiraum und Zeit, ein eigenes Gefuehl zu ihnen zu entwickeln, mir werden keine Eigenschaften (traurig, einsam, verstockt, verschlagen/gerissen ...) vor den Latz geknallt. Ich kann mich auch entscheiden, wie sympatisch ich jede einzelne finde, oder ob ich in Distanz bleibe. Das ist schwer zu schrieben, und es ist Dir wunderbar gelungen.

Die Szene mit dem 'verbotenen' Wald hat mir gut gefallen, die Geschichten um den Fuchs aus Stein - ich finde, es ist in dieser Version viel klarer, auf wen sich das wie bezieht. Das steht nicht mehr so als Thema allein im Raum.

Einzig unklar ist mir, warum er sich nach dem Sex ekelt und schämt. Erklären kann ich es mir durch den anderen Text, wo diese Sexszene etwas Erzwungenes hatte. Hier sehe ich das nicht so, und fuer mich könnte das rausfallen (ich denke mir, es ist Dir sicher sehr wichtig, aber vllt reichen die Szenen voher, damit jeder Leser das fuer sich einordnen kann?)

Fuer mich hast Du in dieser zweiten Version sehr viel besser geschafft, die Absätze aufeinander zu beziehen, folgen zu lassen, und die Beziehungen der Figuren untereinander (und zum Mythos) sind sehr viel stärker und klarer. Falls es Dir gelingt, die selbe Klarheit in die Konstruktion der Bilder (Bezuege Nebensatze/Satzgefuege) zu bringen, hättest Du einen riesen Schritt getan und aus einer schönen Idee einen wirklich tollen Text gemacht.

p.s.
Ich hab nochmal in den alten Text und meinen Komm geschaut:
Wow! Ein riesiges, fettes Lob fuer die neuen Dialoge! (Auch wenn ich oben ueber die vielen Bindestriche gefusselt habe). Ich hatte den ersten Text grad nicht mehr so detailliert im Gedächtnis, aber hier hast Du echt ganze Arbeit geleistet! Hut ab.
Diese gesamte Stichwortgebersache hat sich erledigt, Gespräche sind perfekt gegen/beidseitig und gut gelöst. Richtig lebendiges Personal, das hatte ich ja oben schon gesagt. :-)


Also weniger ein Nölen, als ein Anstoss. ;)
Liebe Gruesse,
Katla

 

Hallo Katla,

danke, dass du auch die zweite Version gelesen hast.

Dein Hinweis auf die "Mikrowechsel" ist sehr hilfreich - hab vorher nie darauf geachtet, aber jetzt glaube ich zuverstehen, was du meinst, und auf was es ankommt. Ob ich das bei dieser Geschichte allerdings noch umsetzte, weiß ich nicht. Ich verliere langsam den Draht zu ihr. Daher werde ich, wenn für mich ein wenig experimentieren, aber sie nicht mehr hier einstellen. Bei zu vielen Kommentaren verliere ich das Gefühl, was von mir ist und was ich eigentlich mit der Geschichte will. Aber für meine nächsten Versuche werde ich es mir merken und umzusetzten suchen.

Schön, dass es dir besser gefallen hat. Die Anmerkungen haben meinen Tag gerettet:).

Leider habe ich nicht sehr viel Zeit, daher wird meine Antwort soviel kürzer als dein Kommentar,
aber nochmal vielen Dank, hast mir sehr Geholfen.

Gruß,
Kew

 

Hallo Kew!

„Hallo. Kann ich mich setzen?“
Mino sah auf. Sie trug Kopfhörer, kleine Stöpsel in Neongrün, und Thore hörte Geistermusik - ein Schlagzeug mühte sich in weiter Ferne.

Da ich nicht weiß, ob Mino ein Jungen oder ein Mädchenname ist, bin ich etwas verwirrt. Irgendwer sagt den ersten Satz, dann sieht Mino auf. Und irgendwer, ein Mädchen, trägt Kopfhörer. Ich denke, dass es Mino ist.
Und Thore, also noch jemand, hört Geistermusik.

Ein Schulterzucken blieb die Antwort, Thore setzte sich.

Jetzt ist es natürlich klar, Thore sagt den ersten Satz. Wobei ich immer noch nicht weiß, wer denn jetzt die Kopfhörer trägt.

Vor dem Fenster des Cafés dösten Busse in der Hitze.

Das ist mir zu lyrisch, dass die Busse dösen.

Dahinter breitete sich Asphalt, schwarz und klebrig; Luftspiegelungen verzerrten Häuser und Bäume hinter dem Parkplatz – flimmerndes Bild eines Vororts.

Der Asphalt breitet sich aus.

Die Weiterfahrt verzögerte sich wegen technischer Probleme.

Das finde ich zu erklärend.

Minos Haare waren schwarz, ihre Augen nebelgrau – ein Herbstmorgen im Wald, wenn alles Stille ist und Wasser von den Bäumen tropft.

Wessen Gedanken sind das? Die des Erzählers offensichtlich. Ich mags nicht, wenn der Erzähler nur ab und zu so blumig beschreibt - entweder er machts von Anfang an und konsequent bis zum Ende, oder er lässt es bleiben. Wenn du das so machen möchtest, dann fände ichs gut, wenn du gleich am Anfang den Erzähler charakterisierst. Stell dir vor, die Geschichte würde mit genau dem Satz anfangen, den ich zitiert habe - dann wüsste man gleich wer erzählt, wie der tickt und womit man im Folgenden zu rechnen hat.

Draußen fluchte der Reiseleiter mit Schweiß auf der Stirn und fliegender Gestik.

Das ist ein halbtoter Satz. Das ist wie: Er flucht, und das sieht so aus: Bla. Zeigs! Seehr überzeichnetes Beispiel: Die Hände fliegen durch die Luft, Schweißtropfen lösen sich von der Stirn, die Augen treten hervor - überhaupt sieht sein Kopf so aus, als würde er in den nächsten Sekunden platzen.

Sie sprach(Komma) als kaue sie Kaugummi.

Thore lehnte am Fenster – sanftes Vibrieren der Scheibe, und draußen die Lichter der Autos, rot und weiß.

Das klingt für mich gewollt literarisch. Da ist die Gefahr, dass man einen oder zwei solche Sätze in einer Geschichte hat und der Rest daneben blass und banal wirkt.

Jenseits der Autobahn erhoben sich Berge, kaum mehr als Umrisse gegen den Mond.

Das klingt jetzt nach Kleinkrämerei aber: Wenn jenseits die Berge sind, wo ist dann diesseits? Das klingt, als wären sie auf der anderen Seite der Autobahn, von den Bergen aus gesehen. Soweit ich das erkenne, sind sie aber AUF der Autobahn. Warum nicht: Am Horizont erhoben sich ...

Die meisten schliefen schon.

Ihre Gesichter wirkten leer und ihr Atmen versank im Brummen des Motors.

Dabei muss ich eher grinsen, als dass es Stimmung erzeugt, weil ich unweigerlich an Leute denken muss, die im Motor versinken. Wie klingt denn ein Geräusch, wenn es versinkt? Soweit ich mir das vorstellen kann, wird ein Geräusch leiser, es wird überlagert, z.B. vom Geräusch des Motors. Aber versinken, nee.

Insgesamt ist die Szene aber schön, die im Bus. Das erste Mal in der Geschichte habe ich das Gefühl, mir wird nichts erzählt, sondern etwas nahegebracht. Durch seinen Eindruck, die anderen wären Wachsfiguren und durch seinen Traum nimmt man seine Einsamkeit wahr.

Nur den Satz verstehe ich nicht:

Im Dunkeln flog Thores zweites Ich – eine Möglichkeit, die an der Scheibe lehnte.

Ihre Haare trug sie zu einem Knoten gebunden, dazu eine graue Bluse, einen grauen Rock – sie glich einer Ballerina, Glasknochen-Figur und weiße Haut.

Was hältst von ihrem Wesen?

Ja, aber weshalb fragst du?

Sie verließ den Speisesaal, und Mino erhob sich von ihrem Platz, kam zu Thore herüber – ein Kopfhörer hing in ihrem Ausschnitt, neongrün gegen weiß.
„Was wollte sie mit den Füchsen?“
„Keine Ahnung.“
Er wandte sich ab, aß frischen Jogurt und pappiges Müsli.

Das geht mir zu schnell und mir fehlen die Gedanken von Thore. Eben noch war der Erzähler in seinem Kopf, und jetzt will ich schon wissen, was er nach der Szene denkt. Das muss schon anfangen, als Marai den Speisesaal verlässt, bevor Mino kommt.

„Dieser Tempel ist den Füchsen geweiht. Er wurde zu Beginn der Goryeo-Zeit errichtet.“ Der Reiseleiter gab einen Abriss der Klostergeschichte, während sie den Vorplatz überquerten und hinaufstiegen ins Innere des Tempels.

Das ist schön knapp dargestellt. Du gibts ein kurzes Detail und deutest an, dass das in dem Ton weitergeht.

Hier roch die Luft nach altem Holz und Räucherwerk und Schatten spannen ihre Kleider in Ecken und Winkel.

Ich stelle fest, du magst diese lyrischen Elemente. Mir gefallen sie dann, wie schon gesagt, wenn sie durchgängig sind, und nicht nur als Schnörkel verwendet werden. Heißt, sie passen nicht zum Resttext.

„Gefällt dir die Führung?“
Marai stand neben ihm. Im Halblicht wirkte ihre Haut noch heller, fast unnatürlich.
„Du bist hier?“
„Ich bin dir gefolgt.“

Das ist gut!

Ein Mückenschwarm taumelte am Ufer.

Mücken taumeln? Nee. Ein Besoffener taumelt. Einer, der geschlagen wurde auch. Aber Mücken? Neee.

Wir haben Wichtigeres zu tun.

Und was dann passiert, naja. Er schläft mit ihr, und am Ende kommt raus, dass auch Mino schonmal so etwas passiert ist. Einerseits ist es nett, dass nichts Größeres passiert, weil es einen Fantasytouch erhält, so etwas Mystisches. Aber auf der anderen Seite hätte ich doch gerne eine Auflösung gehabt. Oder zumindest ein Ende. Kommen sie zusammen? Oder nicht? Oder sind sie es? Oder waren sie es nie?

Es ist ja auch am Anfang nicht wirklich klar, wie die zwei zueinander stehen. Damit weiß ich am Ende nicht, ob es ein Sieg ist, dass sie nebeneinander sitzen, oder nicht.

Bis bald!
yours

 

Danke yours für deinen Kommentar.

Werde mich jetzt wohl doch nochmal dran setzen und die Geschichte überarbeiten. (Will sie eigentlich bei einem Wettbewerb einreichen.)

Die Verwirrung am Anfang wird da eines der Hauptaugenmerke sein.

Schade natürlich, dass der Text nicht so richtig bei dir gezündet zu haben scheint. Aber ein paar Sachen haben dir ja doch gefallen.

Was ich interessant finde, dass deiner Meinung nach die lyrischen Teile nicht zum Rest passen wollen. Ich dachte immer mein Stil sei ohne hin in diese Richtung orientiert. Aber wenn ich dich richtig verstehe, gibt es ja zwei Ebenen: die etwas nüchterne und eben die lyrische. Mal sehen, wie ich die noch unter einen Hut bekomme.

Gruß und Dank,
Kew

 

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