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Was hältst du von Füchsen? [2. Version]
„Hallo. Kann ich mich setzen?“
Mino sah auf. Sie trug Kopfhörer, kleine Stöpsel in Neongrün, und Thore hörte Geistermusik - ein Schlagzeug mühte sich in weiter Ferne. Ein Schulterzucken blieb die Antwort, Thore setzte sich.
Vor dem Fenster des Cafés dösten Busse in der Hitze. Dahinter breitete sich Asphalt, schwarz und klebrig; Luftspiegelungen verzerrten Häuser und Bäume hinter dem Parkplatz – flimmerndes Bild eines Vororts. Ihr Reiseleiter stand vor einem der Busse und sprach hektisch in sein Handy. Er war ein alter Mann mit Glatze und Schnurrbart. Die Weiterfahrt verzögerte sich wegen technischer Probleme.
Der Kellner kam in Hemd und roter Schürze, und Thore suchte seinen Koreanisch-Führer.
„Was willst du?“, fragte Mino. Sie nahm einen der Kopfhörer heraus, er pendelte vor ihrer Brust.
„Tee.“
Sie bestellte, der Kellner verbeugte sich mit einem Lächeln und ging.
„Danke. Die Verständigung hier ist wirklich schwierig. Sie sprechen ja kaum Englisch und so …“
„Wieso bist du hergekommen, wenn du nicht einmal die Sprache kannst?“ Mino steckte sich den Kopfhörer wieder ins Ohr.
„Nun ja … Meine Eltern haben mir die Reise bezahlt.“
Minos Haare waren schwarz, ihre Augen nebelgrau – ein Herbstmorgen im Wald, wenn alles Stille ist und Wasser von den Bäumen tropft. Sie sah aus dem Fenster, den Kopf in die Hand gestützt. Draußen fluchte der Reiseleiter mit Schweiß auf der Stirn und fliegender Gestik.
„Weißt du, ich, ich würde dich gerne was fragen.“ Mino reagierte nicht, sie spielte nur mit ihrer Serviette, faltete ein Rechteck, ein Segel, eine Pyramide. „Ich weiß, das klingt jetzt vielleicht doof. Aber, ich meine, es ist doch komisch. Du bist schließlich selbst Koreanerin und fährst mit einer Reisegruppe nach Korea.“
„Kannst du nicht still sein?“ Sie sprach als kaue sie Kaugummi.
Der Kellner kam und brachte den Tee. Thore überlegte, ob er gehen sollte, und verbrannte sich beim Trinken Mund und Rachen.
„Meine Damen und Herren, gerade ist unser Ersatzbus angekommen, wir können nun weiterfahren. Bitte entschuldigen sie nochmal die Verzögerung.“
Thore lehnte am Fenster – sanftes Vibrieren der Scheibe, und draußen die Lichter der Autos, rot und weiß. Jenseits der Autobahn erhoben sich Berge, kaum mehr als Umrisse gegen den Mond.
Er saß allein, die Reisegruppe füllte kaum den halben Bus. Die Meisten schliefen schon. Ihre Gesichter wirkten leer und ihr Atmen versank im Brummen des Motors. Es könnten Wachsfiguren sein. Zwei Reihen vor ihm saß Mino. Er sah ihre Haare an den Sitzen vorbei, und das Neongrün der Kopfhörer.
Im Dunkeln flog Thores zweites Ich – eine Möglichkeit, die an der Scheibe lehnte. Dieses Ich stand auf und ging vor zu Mino, setzte sich zu ihr. Sie wandte sich ihm zu, behielt die Kopfhörer auf, aber sie lächelte, lächelte und streichelte ihm die Wange. Die Zeit dehnte sich und das zweite Ich strich Mino die Haare aus dem Gesicht, beugte sich zu ihr, küsste sie – Minos Gesicht in Großaufnahme. Das Bild tanzte fort in der Dunkelheit, wurde ein Derwisch, ein Dämon, der sich in Thores Träume fraß.
Spät in der Nacht hielt der Bus. Das Hotel war ganz roter Teppich und goldene Zimmernummern, ganz gelbes Licht, und Mino erhielt das Zimmer neben ihm. Im Traum klopfte er an ihre Tür.
Mino saß nur einen Tisch entfernt. Sie aß Reis aus einer schwarzen Keramikschüssel, dazu Tofu und Fisch. Die Deckenbeleuchtung malte Glanzlichter auf ihre Nase, ihre Wangen. An den Mundwinkeln franste Lippenstift aus – rosa Wolken auf ihrer Haut. Beim Kauen sah sie gelangweilt aus dem Fenster des Frühstückraums.
„Hallo.“ Neben Thores Tisch stand eine Koreanerin. Sie sprach Deutsch mit leisem Akzent - ein Unterton wie Sandpapier.
„Äh, hallo.“
Sie setzte sich Thore gegenüber. Ihre Haare trug sie zu einem Knoten gebunden, dazu graue Bluse, grauer Rock – sie glich einer Ballerina, Glasknochen-Figur und weiße Haut. Thore fand sie schön.
„Ich heiße Marai. Was hältst du von Füchsen?“
„Füchsen?“ Keine Antwort – sie sah ihn nur an, mit grünen Augen, Moosaugen aus dem Wald. „Nun, ich mag ihre Farbe.“
„Das meine ich nicht. Was hälst von ihrem Wesen?“
„Nun ja, sie sind schlau, geschickt … weise.“
„Du hast also ein positives Bild von ihnen.“
„Ja … Aber weshalb fragst du?“
„Im Tempel hier wird ein sehr schlechtes Bild vermittelt. Und Reiseführer neigen dazu, es unreflektiert wiederzugeben.“ Marai stand auf. „Vielleicht sieht man sich nochmal.“
Sie verließ den Speisesaal, und Mino erhob sich von ihrem Platz, kam zu Thore herüber – ein Kopfhörer hing in ihrem Ausschnitt, neongrün gegen weiß.
„Was wollte sie mit den Füchsen?“
„Keine Ahnung.“
Er wandte sich ab, aß frischen Jogurt und pappiges Müsli.
Sechs Stufen führten zum Tempel. Der Schatten des Schindeldachs verwischte ihre Form, glättete die Kanten und schluckte das Rot der Säulen und Stützbalken. Über dem Tempel stand die Sonne, verschleiert noch von Morgennebel.
„Dieser Tempel ist den Füchsen geweiht. Er wurde zu Beginn der Goryeo-Zeit errichtet.“ Der Reiseleiter gab einen Abriss der Klostergeschichte, während sie den Vorplatz überquerten und hinaufstiegen ins Innere des Tempels.
Hier roch die Luft nach altem Holz und Räucherwerk und Schatten spannen ihre Kleider in Ecken und Winkel. Vor dem Altar standen Gebetskerzen auf einer Eisenplatte, um sie wuchs ein Wachsgebirge.
„Im Volksglauben besitzen Füchse magische Fähigkeiten. Diese nehmen mit ihrem Alter stetig zu, wie auch die Zahl ihrer Schwänze. Hat ein Fuchs neun Schwänze erreicht, so ist er in der Lage, sich in jede beliebige Gestalt zu verwandeln, vorzugsweise aber in die einer jungen Frau. Diese Maskerade benutzt der Fuchs nun, um in die Nähe der Menschen zu gelangen, diese zu beeinflussen und ihnen zu schaden.“
„Inwiefern?“ Es war Mino, die fragte. Sie stand nahe dem Altar und das Flackern der Kerze verzerrte ihr Gesicht.
„Nun, der Fuchs verführt in seiner verzauberten Gestalt Männer, manchmal auch Frauen, um sie während des Geschlechtsaktes zu bestehlen.“
Leises Tuscheln der Reisenden, jemand lachte.
„Dabei geht es nicht, wie sie vielleicht denken, um materielle Güter wie Geld und Schmuck.“
„Stiehlt der Fuchs etwa ihre Seelen?“
„Nicht ganz. Die Legenden besagen, dass ein Fuchs, wenn er mit einem Menschen verkehrt, diesem einen Teil seines Selbst nimmt. Nicht die ganze Seele, sondern nur einen Teil. Eine Illusion, eine Möglichkeit des Erfolges, eine Hoffnung auf Glück. Um sich davor zu schützen, zünden die Menschen Opferkerzen an, wie sie hier sehen können. Sie sollen die Füchse besänftigen und ihnen Ersatz bieten für ihren Diebstahl an den Menschen.“
Ein Lachen aus dem Hintergrund – Thore wandte sich um, aber er sah nur ernste Gesichter, aufmerksam und ohne Humor.
Sie pilgerten weiter. Der Reiseleiter erläuterte Lithographien und den Schatten als Element der Raumgestaltung, Thores Gedanken schweiften ab.
„Gefällt dir die Führung?“
Marai stand neben ihm. Im Halblicht wirkte ihre Haut noch heller, fast unnatürlich.
„Du bist hier?“
„Ich bin dir gefolgt.“
„Aber warum?“
Sie lächelte und strich Thore mit der Hand über die Wange – ein Brennen auf der Haut, er wich zurück.
„Du interessierst mich.“
Flaues Gefühl im Magen – Leere breitet sich aus. Was sollte er sagen?
„Komm. Ich zeige dir was.“
Marai nahm seine Hand und er folgte ihr nach draußen, wo die Sonne schon den Stein versengte und in die Augen stach wie Nadeln. Zwischen Zedern, die Schattenkleckse aufs Gelände warfen, führte sie ihn zu einem kleinen Pfad. Steinplatten wiesen in den Wald.
„Es ist nicht weit. Vielleicht fünf Minuten.“
Thore kam es länger vor. Er verlor sein Zeitgefühl unter lichtflimmernden Blättern, in dampfig-schwüler Luft, und leiser Wind wiegte die Bäume. Ihre Schatten malten Fabelwesen auf Marais Rücken. Hin und wieder das Flappen von Flügeln, sonst Stille im Wald und das Geräusch ihrer Schritte auf dem Stein. Der Weg endete an einem Teich. Auf dem Wasser, das grün war wie Moos, tanzte Sonnenlicht. Ein Mückenschwarm taumelte am Ufer. Im Gebüsch stritten sich Vögel.
„Gefällt es dir?“
„Es ist wunderschön.“
„Die Reisegruppen kommen nicht hier her. Sie haben Angst.“
Von Farn fast verdeckt, lag ein Fuchs aus Stein am Wasser – zusammengerollt, den Kopf auf den Pfoten, als schliefe er.
„Fast wie echt.“
Marai ging zu dem Fuchs, streichelte ihn zärtlich, und Traurigkeit schlich sich auf ihr Gesicht wie ein Anflug von Herbst – Novemberlicht und Eisregen aus grauem Himmel. „Es gibt die Sage, es sei einmal ein echter Fuchs gewesen. Einer der alten und mächtigen. Und ein Magier hat ihn verwandelt. In einen Stein, der Menschen tötet. Frag mich nicht, wie er das macht. Soweit ich weiß, ist noch niemand hier gestorben. Und seit diesem Tag versucht die Geliebte des Fuchses, ihn zu befreien.“
„Wie denn?“
Ein Lächeln vertrieb die Traurigkeit. „Sie muss den Menschen so viel Liebe stehlen, bis der Stein erweicht und ihr Geliebter wieder zum Leben erwacht.“ Sie steht auf, kehrt zurück zu Thore.
„Wie geht das, Liebe stehlen?“
„So vielleicht.“
Marai legte ihm die Arme um den Hals und küsste ihn. Ihre Lippen schmeckten salzig, ihre Finger strichen über seinen Nacken. Er wich zurück, sie ließ ihn frei. Aber ihr Geschmack blieb ihn seinem Mund, und die Erinnerung von warmem Fleisch.
„Was hast du?“
„Nichts.“ Unsicherheit stieg auf wie Nebel.
„Tut mir leid. Wenn es für dich nicht in Ordnung ist.“
„Doch, doch.“
„Na dann.“ Marai küsste ihn noch einmal und er stand hilflos-starr, während ihre Hände unter sein T-Shirt fuhren, schmale Finger über seinen Körper wanderten.
„Jetzt hast du was zu erzählen, wenn du nach Hause kommst.“ Sie zwinkerte ihm zu und verschwand im Wald. Thore blieb allein – leises Zittern der Hände, Taubheit im Mund.
Beim Eingang zum Hotelrestaurant lehnte Mino an einer Säule. Als sie Thore bemerkte, nahm sie ihre Kopfhörer heraus, lächelte ihm zu. „Hast du Lust mit mir Essen zu gehen?“
„Du, mit mir?“ Er ging weiter.
„Bleib doch stehen. Bitte.“ Mino wahrte Distanz – sie stand drei Schritte entfernt, spielte mit dem Kabel der Kopfhörer, suchte dabei seinen Blick. „Es tut mir leid. Ich war genervt vom Wetter, von der Verzögerung, dem Geschwätz der Anderen. Das hatte nichts mit dir zu tun. Mit dem Essen möchte ich mich entschuldigen, okay?“
Die meisten Mitglieder der Reisegruppe saßen bereits an runden Tischen unter Lampen aus bläulichem Glas. Ihr Deutsch wirkte fehl am Platz.
Sie fanden einen Tisch nahe der Panoramascheibe. Es regnete und der Wald ertrank in den Tropfen am Fenster. Ein Kellner brachte die Speisekarten. Thore bestellte Nudeln, Mino Fisch mit Kimchi und Reis.
„Erzählst du mir von der Frau heute Morgen? Du hast sie im Tempel wiedergesehen, oder?“
Marais Bild – ihre Lippen schmeckten salzig. Sein Mund wurde taub. Doch er erzählte – von der Frage nach den Füchsen, dem Teich im Wald, aber den Kuss ließ er aus. Mino lauschte schweigend, und schwieg noch, als er längst fertig war – versunken in ein Puzzle, das kein Bild ergab.
Das Essen kam.
„Bitte reg dich nicht wieder auf. Aber, du hast mir ja nicht geantwortet und es interessiert mich wirklich. Warum fährst du bei dieser Reisegruppe mit?“
„Das ist ganz einfach. Ich war vorher noch nie in Korea. Und es war die billigste Möglichkeit hierher zu kommen. Jetzt schau mich nicht so ungläubig an.“
Thore wurde rot, sah weg.
„Ist schon gut. Meine Familie ist vor meiner Geburt nach Deutschland gezogen. Die paar, die geblieben sind, sind inzwischen gestorben. Ich habe hier keine Verwandten mehr, bei denen ich wohnen könnte.“
Sie schwieg für einen Augenblick, begann ihre Serviette zu falten – Quadrat, Rechteck, Dreieck.
„Es ging mir darum, meine Heimat kennen zu lernen. Meine Familie hat ihre Kultur auch in Deutschland beibehalten, zu Hause wurde fast nur Koreanisch gesprochen. Ich habe mich mehr als Koreanerin gefühlt, denn als Deutsche.“
„Und hat es geklappt mit dem Kennenlernen?“
Mino schüttelte den Kopf und ihr Gesicht wurde traurig – ein Anflug von Herbst.
„Mir sind die Menschen fast so fremd wie dir, auch wenn ich ihre Sprache spreche. Ich bin weder Koreanerin, noch Deutsche.“
Thore schwieg – was sollte er sagen? – und ein Kellner räumte die Teller ab.
Sie bestellten Cocktails, sprachen von seinem Studium, ihren Eltern. Die letzten Gäste gingen, die Kellner standen gelangweilt. „Ich glaube wir sollten gehen. Die Kellner warten schon.“
Mino erhob sich, nahm ihre Jacke vom Stuhl, und Thore folgte ihr aus dem Restaurant, durch die Lobby, die Treppe hinauf. Gelbe Lampen erhellten den Stufenrundlauf. Vor ihrem Zimmer blieben sie stehen. Der rote Teppich dämpfte das Licht, nur die Zimmernummern glänzten.
„Kennst du das?“, fragte Thore. „Man hat den Abend in Gesellschaft verbracht. Und trotzdem. Wenn man schlafen geht, fühlt man sich einsam.“
„Willst du mit aufs Zimmer kommen?“ Sie öffnete ihre Zimmertür. Im Mondlicht war das Bett zu sehen, weißes Laken, zwei Kissen.
„Nein, nein. So war das nicht gemeint. Wirklich.“ Er schüttelte den Kopf – Marais Zunge in seinem Mund, ihre Hand auf seiner Haut.
„Ich weiß.“ Mino lächelte und schloss die Tür hinter sich.
Leises Klopfen – Thore zog sich einem Bademantel an und öffnete die Tür. Vor ihm stand Marai. Sie trug Bluse und Rock, das Haar zum Knoten gebunden. Ihr Blick glitt über seinen Körper – er war nackt unter dem Frotteestoff.
„Kann ich reinkommen?“ Sie schob sich an ihm vorbei, streifte mit den Lippen seine Wange. Ein Hauch von Wald wehte mit ihr – der Geruch von warmem Holz und feuchtem Moos, von Erde und Steinen. „Mach die Tür zu.“
Das Klicken des Schlosses – Unbehagen meldete sich wie fernes Wetterleuchten.
„Möchtest du vielleicht was trinken?“ Er ging ohne Antwort zur Bar, goss Alkohol in zwei Gläser.
Marai saß auf dem Sofa, die Beine übereinander geschlagen. „Komm her.“
Thore setzte sich, hielt Abstand, reichte ihr ein Glas. Sein Blick streifte ihr Gesicht, die weiße Haut, die zarten Wangen, ihre Augen wie Moos und die Erinnerung stieg auf – grüner Wald und grünes Wasser, ihre Lippen, warm und weich. Leises Kribbeln im Unterleib – Thore schlang den Bademantel fester um sich.
Sie trank – kippendes Glas, schwindende Flüssigkeit, und Thore wusste nicht, was er tun sollte. Vor dem Fenster stand der Mond über Baumwipfeln, die im Wind schaukelten.
„Siehst du den Widerschein der Stadt am Horizont?“ Ihre Stimme klang nun weicher, hatte fast den Unterton von Sandpapier verloren. „Manchmal würde ich gerne den Wald und den Tempel hinter mir lassen und einfach gehen. Bis in die Stadt.“
„Und weshalb tust du es nicht?“
„Ach lassen wir das. Wir haben wichtigeres zu tun.“ Marai stand auf, zog die Vorhänge zu, löschte das Licht – die Welt löste sich auf.
Thore lauschte in die Dunkelheit – da war ihr Atem, und das leise Tappen ihrer Füße. Sie kam näher, kam zu ihm, er spürte ihre Wärme irgendwo im Nichts. Ihre Finger berührten seine Wange. Er zuckte zurück.
„Entspann dich. Es ist ganz einfach.“
Leises Rascheln von Stoff, Augenblicke der Stille – Thore wünschte sich fort. Sein Körper wollte bleiben, sein Penis hart wie Porzellan. Marai öffnete Thores Bademantel, streifte ihn von seinen Schultern.
Sie glitt auf seinen Schoß, nahm ihn auf, schmiegte sich an. Sie hob, sie senkte sich – Seufzen wohlig weich. Und sie küsste ihn, nicht zart, nicht liebevoll – sie biss ihn. Thore schmeckte Metall, während sie ihn ins Sofa drückte. Und noch immer kein Licht – nur ihr Atem an seinem Ohr, ihre Haut an seiner, heiß und schweißgebadet. Er kam, und vorm Fenster stand unsichtbar der Mond, milchweiß und rund, und weit am Horizont der Widerschein der Stadt.
Marai stand auf. „Denk dran, Füchse sind schlau, geschickt und weise.“ Sie ging, und Thore blieb allein mit Scham und Ekel.
Thore sah den überholenden Autos nach – silbern, schwarz und blau. Er spürte das Brummen des Busmotors bis in die Knochen. Mino saß neben ihm, ihre Schulter berührte leicht seinen Arm.
„Ich würde dich gerne etwas fragen“, sagte er.
„Nur zu.“
„Bist du schon einmal einem Fuchs begegnet? Ich meine einen wie aus dem Tempel.“
Mino schwieg – er dachte sie würde nicht antworten, und der Herbst hielt Einzug, ein trauriger Begleiter mit Schwefellicht und Nebel.
„Ja, bin ich. Es war in einem deutschen Club. Schon ein paar Jahre her. Ich habe getanzt, schon ziemlich angetrunken, und da ist er zu mir gekommen. Er sah jung aus, kaum älter als ich. Schwarze Haare, schönes Gesicht – ein Koreaner. Er hat mich aufs Klo mitgenommen.“
„Und was hat er dir genommen?“
„Meine Kindheit, was sonst?“