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Kusslos

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19.05.2008
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Kusslos

Ihr seht eine Frau - Rückansicht. Ihr Po, eingezwängt in hautengen Röhrenjeans, formvollendet und zum Reinbeißen einladend. Überhaupt eine Figur, die man sonst nur zweidimensional zu sehen bekommt. Und ihr wollt eigentlich gar nicht, aber eure Augen kullern ständig gierig in ihre Richtung. Ihr scannt das vor Weiblichkeit strotzende Geschöpf und sperrt sie ein in eure Phantasie. Ihre Kleidung schmilzt unter der Sonne eurer Lust. Ihr wollt sie, ihr wollt ihre Dreidimensionalität. Aber im Augenblick, da ihr nach ihr greift, fasst ihr ins Nichts. Ihr zerreißt eure Phantasie, die ohnehin von kurzer Haltbarkeit war, und kehrt zurück in die Wirklichkeit, zu jenem Ort der bitteren Wahrheiten. Zurück zu dem Ring an ihrem Finger, zurück zu dem Mann, der ihr gegenüber sitzt, zurück zum Strohhalm, der euch mit übereiswürfelter Coke versorgt.

Immer diese Blicke. Unauffällig gesandt und doch spürbar schwer, versehen mit einer Vorliebe für nackte Haut. Alex leiht mir selten seine Augen, ständig nach Fremdfleisch suchend, wie er ist, wie jeder ist. Im Moment jedoch gehören seine Sinne ganz dem synthetischen Geschmack importierten Fleisches. Seinen Genuss kann ich nicht nachvollziehen, ebenso wenig seinen Gesichtsausdruck. Als verstoffwechsle das Junkfood jeglichen Kummer in seinem Blut. Mir ist jeder Bissen zuwider. In einem Restaurant, das keines ist, in den man sich das Essen selbst holen muss und keine Sekunde länger bleibt als nötig, sind meine Erwartungen wahrlich nicht hoch. Aber der Perversling hinter mir schafft es, selbst die niedrigsten zu enttäuschen. Ich habe es satt!

Sie steht auf. Einen kurzen, aber schrecklichen Augenblick fürchte ich, sie hat mich gesehen. Mich und meine neugierig, lüsternen Augen. Ich verstecke sie hinter Lidervorhängen - Kopftheater: Ich sehe sie eine Ohrfeige transportieren zu mir gleiten, spüre ihre harte, strafende Haut auf meiner, gefolgt von einer beschämenden Erfrischung, die halb ausgetrunkene Coke in meinem Gesicht. Meine Augen öffnen sich. Natürlich nicht. Sie geht Richtung Toilette. Ich folge ihr. Ihr Mann mampft zufrieden und blickt teilnahmslos hinterher. Erst seiner Frau, dann mir.

Im Spiegel suche ich nach irgendetwas, das unangenehme Blicke auf sich zu ziehen vermag. Finde nichts, natürlich nichts. Ich zupfe mir eine Strähne aus dem Gesicht und versuche mir meine Bluse nach oben ziehend das Dekoltee zu verkleinern.

Selbst verliebt und verspielt. Ihr Seitenprofil ein S in Schönschrift, Brust und Po brechen großzügig aus. Ich wünschte, ich hätte mir einen Eiswürfel aus dem Becher gefischt - der Beule wegen. Ich will sie. Jetzt!

“Wie viel?”Jetzt höre ich schon Stimmen. Doch als ich jenen Blickjunkie sehe, die Beine überkreuzt im Türrahmen lehnend, scheint mir diese Befürchtung angenehm, ja nahezu willkommen. Immerhin kann dich eine Stimme nicht vergewaltigen. Beruhige dich, sage ich mir. Du kannst schreien. Jeder wird dich hören. Alex wird dich hören, diesen Bastard fertig machen.

Sie hat Angst. Ich sage ihr, sie braucht keine zu haben.

Sagen die das nicht immer? Dabei ist Angst keine Entscheidung, sondern ein Gefühl. Etwas, das zur Situation gehört, ja, sie überhaupt ausmacht. Erst jetzt erreichen mich seine Worte. Wie viel? Hat er mich tatsächlich nach meinem Preis gefragt? Will er mich kaufen?

Nervös dreht sie ihren Ehering.

Dieses Schwein will mich kaufen.

Lidzucken.

Okay. "6.000 €", sage ich, ohne zu wissen, wie es klingt. Der Klang ist mir auch einerlei. Die Summe soll wirken.

Hat sie 6.000 gesagt?

Ich nicke, gehe auf ihn zu, das Portemonnaie aus seiner Hose fischend. Als vollführe ich einen schlechten Zaubertrick streiche ich Scheine heraus und lasse sie wie herbstgestorbene Blätter zu Boden fallen.

Lippen lallen mir Dinge entgegen. Sie fordern meine Entblößung, sofort. Ich gehorche, verliere meinen Anzug wimperngleich, wünsche mir ihre Oberweite in die Hände.

Kalte Hände. Meine Brustwarzen erhärten, fälschlicherweise als Erregung interpretiert.

Ich fühle meinen Geist und meinen Körper darum ringen, wer sie mehr begehrt, und selbst will ich sie nur für mich allein. Denn im Anblick ihrer entkleideten Schönheit zieht sie mich an wie einen Satelliten, der zu lange schon um einen fernen Planeten kursiert, falsche Reize empfangend, immerfort vorbei fallend. Doch nun falle ich in sie, bedingungslos und alles scheint nur noch für diesen einen Moment, für diese eine Sache zu existieren ...

“Entschuldigung, aber Sie haben da Senf auf ihrem Sakko.”

 

Hallo Markus

Verwirrend dachte ich mir beim Lesen, mich fragend, wer da nun in den Zeilen jeweils spricht.
Ein Lustmolch, klar, wer überschreitet sonst die Grenzen der gegebenen Ästhetik und schaut mit Röntgenblick durch Synthetisches und Baumwollgewebe, die Kurven und Formen der Haut erfassend. Auf das reale Erscheinungsbild beschränkt, sind es wohl jeder Mann und jede Frau, wenn die Fantasie gereizt wird, vage einer Ahnung frönend. Darüber hinaus ist die Idee jedoch nicht ganz neu, es gab schon mal eine solche Story, in denen ein Mann mit einer solche Stoffe auflösenden Brille lüstern Frauen nachstellte. Doch bei dir ist es die selbstinszenierte Fantasie des Prot., welche ihn der Realität enthebt, und ihn in Tagträumen schwelgen lässt.
Bei einem zweiten Durchgang, die Zeilen analysierend wurde mir klar, es ist sein Rollenspiel, das die Verwirrung stiftet, da er beide Part innehat.
Zu lesen nicht ganz einfach, vom Inhalt her … na ja, für so zwischendurch, ein Amüsement.

Schöne Grüsse

Anakreon

 

Hallo,

Passiert euch das auch manchmal?

sprichst du nun bewusst alle Leser an, egal ob Frau oder Mann? Ich kam mir als Frau etwas abseits gelassen vor, denn mich würden Männerkörper mehr faszinieren ;).

Ich fand es sehr mühsam, mich durch deinen Text zu lesen und erst beim zweiten Mal habe ich die Wechsel verstanden. Vielleicht wäre es sinnvoll, eine Person kursiv zu setzen?

Ich nicke, auf ihn zu, das Portemonnaie aus seiner Hose fischend.

Da fehlt etwas ;).

Mich hat der Text nicht mitgenommen, aber vielleicht muss man da Mann sein?

Viele Grüße
bernadette

 

Hi Anakreon,

Verwirrend dachte ich mir beim Lesen, mich fragend, wer da nun in den Zeilen jeweils spricht.
Zu lesen nicht ganz einfach
Das habe ich befürchtet. Eine gewisse Verwirrung war beabsichtigt, aber ein erschwertes Lesevergnügen natürlich nicht. bernadette hat hier einen guten Vorschlag geäußert, der dieses Problem nicht beseitigen, aber doch etwas lindern dürfte.

vom Inhalt her … na ja, für so zwischendurch, ein Amüsement.
Dass du meiner Geschichte etwas Belustigendes abgewinnen konntest, freut mich.
Danke für deinen Kommentar, den du - nebenbei gesagt - recht wohlklingend formuliert hast. =)

+++

Hi bernadette,

sprichst du nun bewusst alle Leser an, egal ob Frau oder Mann? Ich kam mir als Frau etwas abseits gelassen vor, denn mich würden Männerkörper mehr faszinieren.
Der Ausspruch "Passiert euch das auch manchmal" richtet sich vorwiegend an Männer, da hast du recht. Insofern vernachlässige ich tatsächlich die werte Leserin. Aber ich hatte gehofft, euch Damen zu zeigen, wie wir euch mit Männeraugen sehen. Wer weiß, wie viele Männerhirne dich schon ausgezogen haben? =)

Ich fand es sehr mühsam, mich durch deinen Text zu lesen und erst beim zweiten Mal habe ich die Wechsel verstanden. Vielleicht wäre es sinnvoll, eine Person kursiv zu setzen?
Das ist natürlich schade. Da dies auch Anakreon bemängelt hat, denke ich, dass dies wohl allen Lesern so gehen wird. Für deinen Vorschlag bin ich dankbar, den habe ich gleich mal befolgt. Hoffentlich wird mein Text damit weniger mühsam.

Mich hat der Text nicht mitgenommen, aber vielleicht muss man da Mann sein?
Dass ich dich nicht mitnehmen konnte, tut mir leid.

Aber auch dir vielen Dank für deinen Kommentar.

Beste Grüße
markus.

 

Das totale Kontrastprogramm zu Des Liebenden Versprechen

lieber markus -

dominiert dort der Formwille mit seiner Strenge und keinem überflüssigen Wort, so verfängt sich hier die Geschichte in ihren eigenen Strängen und stranguliert sich selber im Plauderton, der (ganz bewusst?) locker daherkommt und sich selber parodiert durch Ajektivitis („hautengen Röhrenjeans, formvollendet, zweidimensional, Dreidimensionalität, ständig gierig, Weiblichkeit, Geilheit“ usw.) bis hin zu Wortschöpfungen wie dem „übereiswürfelten Coke“, die dann „halb ausgetrunken“, „verstoffwechseln“ usf.… nun ja, auch substantivierte Adjektive „Fremdfleisch“, Perversling …

Bemerkenswert eine Satzfolge für einen Icherzähler:

Sie geht Richtung Toilette. Ich folge ihr. Ihr Mann mampft zufrieden und blickt teilnahmslos hinterher. Erst seiner Frau, dann mir.
Wie kann ich das Geschehen verstehen: Der Icherzähler folgt der Frau, ohne ihr nachzuschauen, denn sein Augenmerk gilt „ihrem Mann“. Anders kann ich mir die Szene nicht erklären, denn wie sollte der Erzähler sonst wissen, was der Mann da gerade täte,m es sei denn, er hätte hinten Augen …

Was von der Idee her gut sein mag, muss in der Ausführung nicht immer gelingen. Kürzung täte gut, ein Gegenmittel gege Adjektivitis vor allem. Gelegentlich wird mir auch zu häufig mit Pronomen gearbeitet, slbst da, wo kein Besitz angezeigt werden bräuchte.

Wie gesagt: die Idee gefällt -
und die Pointe natürlich!

Gruß & ein gutes 2012 (bevor's wieder 'rum is')!

Friedel

 

Das totale Kontrastprogramm zu*Des Liebenden Versprechen
Da hast du wohl recht,

Lieber Friedrichard,

und ich trau mich immer noch nicht, Friedl zu sagen. =)

Du schreibst, meine Geschichte

stranguliert sich selber im Plauderton
Wenn man sich würgt, kann man nicht mehr sprechen. Das ist schlecht, lässt den Leser würgen.

parodiert durch Ajektivitis
Eben das und das Überschwängliche sollen dem Leser das Gefühl geben, nicht in der Realität zu sein. Einerseits faktisch dargestellt, aber eben auch traumhafte Elemente, die sich gegen Ende häufen. Hat anscheinend nicht geklappt, schade eigentlich.

Wie kann ich das Geschehen verstehen: Der Icherzähler folgt der Frau, ohne ihr nachzuschauen, denn sein Augenmerk gilt „ihrem Mann“. Anders kann ich mir die Szene nicht erklären, denn wie sollte der Erzähler sonst wissen, was der Mann da gerade täte,m es sei denn, er hätte hinten Augen …
Also hier sehe ich kein Problem. Der Ich-Erzähler kann doch aufstehen, der Frau folgen und sich kurz umdrehen, um nachzugucken, ob der Mann das mitbekommt. Das sieht man doch ganz oft in Filmen und liest man ganz oft: Jemand tut etwas Verbotenes und prüft kurz davor noch einmal, ob er tatsächlich nicht beobachtet wird.

Was von der Idee her gut sein mag, muss in der Ausführung nicht immer gelingen. Kürzung täte gut, ein Gegenmittel gegen Adjektivitis vor allem.
Also: Bevor ich jetzt Floskeln, wie “Provozierend rot verfärbte Lippen“, rauswerfe … Krankt es denn nur an zu viel Adjektiven und zu viel Sprachwirrwarr oder überhaupt an der ganzen Ausarbeitung?

Wie gesagt: die Idee gefällt -
und die Pointe natürlich!
Freut mich, dass dir der Senf geschmeckt hat.

ein gutes 2012 (bevor's wieder 'rum is')
Vielen Dank! Ein glückseliges 2012 wünsche ich dir und bisschen was dazwischen, zwischen heut und 2013.

Beste Grüße
und Vielen Dank für deinen Kommentar
markus.

 

Hallo M. Glass,

nette, kleine Episode für zwischendurch. Mich hat sie unterhalten, wenn auch nicht bewegt. Denn wir haben hier ja keinen spannenden Charakter oder wirkliches Drama. Man erhält lediglich einen Einblick in die Tagträume von jemanden, der es einer schönen Frau besorgen will, die sich erst wehrt und sich dann als "wahres Luder" entpuppt. Und so ungewöhnlich, sind ja so Gedanken nicht. Der Schnitt geht mir übrigens ein bisschen schnell. Da hatte ich Probleme dem folgen zu können. Von "Drecksschwein" zu "zieh dich aus" - dazwischen liegen ja kaum Zeilen.

Ihre Kleidung schmilzt unter der Sonne eurer Geilheit.

Ich weiß nicht, aber dieses Bild fällt irgendwie aus dem Ton dervorangegangenen. Mir ist es zu ... also, Geilheit will mir da nicht gefallen.

Ihr wollt sie, ihr wollt ihre Dreidimensionalität.

Hier dagegen :)

Aber im Augenblick, da ihr nach ihr greift, fasst ihr nach nichts, nach Luft.

"nach nichts, nach Luft" ist ja irgendwie Doppelpack. "fasst ihr ins Nichts" könnte ich anbieten.

Ich sehe sie eine Ohrfeige transportieren zu mir gleiten,

Das ist ein Schwurbelsätzchen. Eine Ohrfeige transportierend zu mir gleiten - meine Herren. Wer redet oder denkt denn so. Also manchmal fällst Du einfach aus dem Ton ;).

Ich nicke auf ihn zu, das Portemonnaie aus seiner Hose fischend. Als vollführe ich einen schlechten Zaubertrick streiche ich Scheine heraus und lasse sie wie herbstgestorbene Blätter zu Boden fallen.

Ich nicke auf ihn zu ? Darunter kann ich mir gar nichts vorstellen. Und der Sprung geht mir zu schnell. Erst noch "dieses Schwein" und dann hält sie gleich die Scheine in der Hand. Verwirrt bin ich. Sagte ich aber schon.

Fastfood-Geschichte im doppelten Sinne. Ich mag es von Zeit zu Zeit :).

Beste Grüße Fliege

 

Hallo Glass,

Ich denke mit diesen ständigen Perspektivwechseln hast du dem Text keinen gefallen getan. Kann als Kunstgriff funktionieren, hier fand ich es eher sperrend. Wie meistens übrigens, da gehört schon eine Menge zu, find ich, um das so locker hinzubekommen, wie es letztlich sein muss (und eigentlich auch aussieht).
Inhaltlich finde ich das Thema auch nicht genug ausgelotet. Die schnelle Nummer in einem schnellen Text war wohl dein Anliegen. Für so zwischendurch in Ordnung, aber nahe gehen, das passiert mir hier nicht. Dafü ist es doch zu rasch passiert und die Lust nicht genug hochgeköchelt.
Die einstiegsfrage ... Ja, da Spalten sich die Gemüter, ich mag diese Ansprachen nicht so sehr. Das liest sich in den meisten Fällen eher so kolumnenartig. Und passiert ihm genau das,also das drumbumbang auch häufiger, also die erfüllung der Lust?


Grüßlichst
Weltenläufer

 

Hi Fliege,

danke für deinen Kommentar. Dass dir mein Hamburger trotz “Schurbelsätzchen” geschmeckt hat, freut mich. Dich scheint weniger der Perspektivwechsel, sondern mehr das Tonproblem zu stören. An einer konsequenten Erzählstimme muss ich noch arbeiten. Ich habe irgendwie den Hang zu unnötigen Formulierungen. Hab ich schon damals in Schulaufgaben statt “Schrei der Nachtigall” “spezifischer Vogellaut” geschrieben. Ich werde auf jeden Fall versuchen, dies zu reduzieren. Töten kann man so etwas glaube ich nicht. =)

Der Schnitt geht mir übrigens ein bisschen schnell. Da hatte ich Probleme dem folgen zu können. Von "Drecksschwein" zu "zieh dich aus" - dazwischen liegen ja kaum Zeilen.
Ja, der Einwand ist berechtigt. Allerdings war der Gedanke beim Schreiben ein anderer: Durch ihr eigenartiges Handeln soll klar werden, dass sie keine echte handelnde Person ist, sondern eher Spielpuppe des Ich-Erzählers. Aber der Kontrast von “Oh mein Gott!” im ängstlichen und “Oh mein Gott!” im sexuellen Sinne ist hier zu krass. Mal sehen, ob sich da ein besserer Übergang findet.

Ich weiß nicht, aber dieses Bild fällt irgendwie aus dem Ton dervorangegangenen. Mir ist es zu ... also, Geilheit will mir da nicht gefallen.
Hab es durch Lust ersetzt.

"fasst ihr ins Nichts" könnte ich anbieten.
Ist gekauft!

Ich nicke auf ihn zu? Darunter kann ich mir gar nichts vorstellen.
Ich mir auch nicht mehr. =) Ist geändert.

+++

Hi weltenläufer,

vielen Dank auch für deinen Kommentar und deine Anregungen. Den ersten Satz habe ich gleich mal runtergespült. Dass dich mein Text nicht überzeugen konnte, ist natürlich schade. Umso mehr freut es mich, dass du mir zeigst, woran er krankt.

Ich denke mit diesen ständigen Perspektivwechseln hast du dem Text keinen gefallen getan.
Das glaube ich auch langsam. Ein egoistisches Schauspiel mit Perspektivwechsel ist schon eine Herausforderung, war auch irgendwo ein Experiment. So frisch wie bei Frisch klingt das leider nicht.

Für so zwischendurch in Ordnung, aber nahe gehen, das passiert mir hier nicht. Dafür ist es doch zu rasch passiert und die Lust nicht genug hochgeköchelt.
Das ist ein wichtiger Punkt. Die Geschichte gibt dem Leser also wenig Raum für Gefühle, weil da die geile Frau ist und dann ist es auch schon passiert. Vielleicht schaffe ich es ja noch, die Stelle zwischen “DAS SCHWEIN WILL MICH KAUFEN!” und “NIMM MICH!” etwas auszukleiden und gleichzeitig mehr Kohle aufzulegen.


Beste Grüße
markus.

 

Entschuldige, dass ich erst heute wieder Zeit für kg.de finde,

lieber Markus,

und somit direkt zur Frage

Krankt es denn nur an zu viel Adjektiven und zu viel Sprachwirrwarr oder überhaupt an der ganzen Ausarbeitung?

Ich will das Pronlem am ersten Abschnitt aufzeigen;

Ein guter Einstieg:

Passiert euch das auch manchmal? Ihr seht eine Frau – Rückansicht,
dem freilich sofort der Überfluss folgt:
Ihr Po, eingezwängt in hautengen Röhrenjeans, formvollendet und zum Reinbeißen einladend.
Sicherlich wäre kein Attribut überflüssig, wären die „Röhrenjeans“ ausgeleiert, denn sind nicht an sich Röhrenjeans als hauteng definiert? Ähnliches gilt fürs Reinbeißen, denn dass dort ein knackiger Arsch beschrieben werden soll, kann der Leser sich doch denken.

Überhaupt eine Figur, die man sonst nur zweidimensional zu sehen bekommt.
Spielt auf die Medienwelt an, der wir alle erliegen, ob man will oder nicht, was noch durch den Folgesatz verstärkt wird. Es folgt die proniminale Flut: ihr (sing.: die Frau, plur. wir / eure / ihre / sie usw.), als könne vergessen werden, um wen und was und wessen es geht.

Und dann, wie zur Antwort auf die papierene Vorstellung die Dreidimensionalität

Ihr wollt sie, ihr wollt ihre Dreidimensionalität,
- als reichten nicht schon die drei ersten Wörter!

So viel bzw. wenig für heute,

Friedel

 

Lieber Friedrichard,

Entschuldige, dass ich erst heute wieder Zeit für kg.de finde.
bitte entschuldige dich nicht. Es gibt absolut keinen Grund dazu. Ich kann deinen Kommentaren immer viel entnehmen. Da ist es doch mehr als egal, ob der Kommentar heute, morgen oder in einer Woche kommt. Ich freue mich überhaupt über jedes einzelne Wort über meine Geschichten.

Nun wi(e)der sachlich:
Ich verstehe deinen Kritikpunkt, versuche demnächst weniger prall zu schreiben. Bei meinem Copy von herrlollek hab ich das jetzt einmal versucht, mal sehen ob dass dann so funktioniert hat.

So viel bzw. wenig
Viel! Langsam, aber unaufhaltsam werde ich von meiner Adjektivitis und meinem Morbus Pronomen geheilt werden. Und du bist der Arzt gewesen, der mir gesagt hat, lieber Herr, wenn sie nicht bald aufhören, so viele Adjektive reinzuschmeißen, wird das böse enden. Mit ihnen und ihrem Werk. Insofern: Vielen Dank!

Beste Grüße
markus.

 

Hallo Markus,

dein Text hat mir gefallen – pointenorientierte Geschichten sind selten geworden und bei deinem Text funktioniert die Pointe, da man sie nicht erwartet. Passend sind die ‚metaphernorientierten Überlegungen‘, sie stellen die Phantasien gut dar und lockern den Text auf.


Das ist besonders schön formuliert:

„Ihr Seitenprofil ein S in Schönschrift, Brust und Po brechen großzügig aus“

„Denn im Anblick ihrer entkleideten Schönheit zieht sie mich an wie einen Satelliten, der zu lange schon um einen fernen Planeten kursiert, falsche Reize empfangend, immerfort vorbei fallend“

+


„Ihr Po, eingezwängt in hautengen Röhrenjeans, formvollendet und zum Reinbeißen einladend. Überhaupt eine Figur, die man sonst nur zweidimensional zu sehen bekommt“

Das finde ich gelungen – erst wird der Leser ‚gezwungen‘ sich in voller Dreidimensionalität einen Fluß in Italien vorzustellen ;), dann wird er in die Realität zurückgeworfen: So etwas bekommt der Normalbürger üblicherweise nur auf Papier/Bildschirm zu sehen.


Hier einige Änderungsvorschläge:

„aber eure Augen kullern ständig gierig in ihre Richtung“

„gierig“ und „kullern“ passt nicht, es klingt kindlich, spricht man doch auch versüßlichend von Kulleraugen.

„Alex leiht mir selten seine Augen“

Wegen „leiht“ hatte ich die unpassende Assoziation, es ginge um Glasaugen …
Vielleicht ist der Ausdruck unnötig poetisch, warum sollte man das nicht direkt ausdrücken?


"Ich sehe sie eine Ohrfeige transportieren zu mir gleiten, spüre ihre harte, strafende Haut auf meiner"

Komma nach „transportieren“

„Lippen lallen mir Dinge entgegen. Sie fordern meine Entblößung, sofort. Ich gehorche, verliere meinen Anzug wimperngleich, wünsche mir ihre Oberweite in die Hände.“

„wimperngleich“ – das kommt mir so weiblich, sanft vor. Ich denke, ein energetischerer Begriff passt besser.

Liebe Grüße,

Woltochinon

 

Lieber Woltochinon,

herzlichen Dank für deine Kritik!

dein Text hat mir gefallen – pointenorientierte Geschichten sind selten geworden und bei deinem Text funktioniert die Pointe, da man sie nicht erwartet.
Das höre ich gerne. Da sehe ich, dass der Leser wirklich aus der trügerischen Phantasie gerissen wird.

Passend sind die ‚metaphernorientierten Überlegungen‘, sie stellen die Phantasien gut dar und lockern den Text auf.
Auch das freut mich. Vor allem deine Auflistung, welche Abschnitte du am besten fandest. Selbst kann man das ja immer schlecht einschätzen.

Das finde ich gelungen – erst wird der Leser ‚gezwungen‘ sich in voller Dreidimensionalität einen Fluss in Italien vorzustellen, dann wird er in die Realität zurückgeworfen: So etwas bekommt der Normalbürger üblicherweise nur auf Papier/Bildschirm zu sehen.
Fluss in Italien, sehr schön. =) Ja, das waren auch meine Überlegungen beim Schreiben. Bei meinen Vorrednern wird dieser Abschnitt aber teilweise als überladen empfunden. Dass er bei dir seine geplante Wirkung erzielt hat, macht mich glücklich.

Wegen „leiht“ hatte ich die unpassende Assoziation, es ginge um Glasaugen …
Vielleicht ist der Ausdruck unnötig poetisch, warum sollte man das nicht direkt ausdrücken?
Das ist natürlich ganz schlecht. Ich habe zwar Glassaugen, aber der Charakter sollte normale haben. =) Danke für den Hinweis! Muss ich mir ein antipoetisches Synonym suchen.

Komma nach „transportieren“
Bei dem Komma bin ich mir nicht sicher.
Ich gehe eine Torte tragend in die Arbeit, das ist doch so ein Partizipialdings, oder?

„wimperngleich“ – das kommt mir so weiblich, sanft vor. Ich denke, ein energetischerer Begriff passt besser.
Weiblich soll es nicht rüber kommen. Ich wollte damit das unrealistische Element in meiner Geschichte stärken. Die Phantasie Phantasie sein lassen. Und wenn man eine Wimper verliert, darf man sich etwas wünschen. Hier sind es die Brüste. So war es gedacht, insofern nicht zu substituieren.

Habe deinen Kommentar gerne gelesen.

Beste Grüße
markus.

PS: In Chemie behandeln wir gerade Chinone. Haben die etwas mit deinem Namen zu tun?

 

Hallo Markus,

Zitat:
Komma nach „transportieren“
Bei dem Komma bin ich mir nicht sicher.
Ich gehe eine Torte tragend in die Arbeit, das ist doch so ein Partizipialdings, oder?“

Du schreibst aber „transportieren“, nicht ‚transportierend‘.

"Ich sehe sie eine Ohrfeige transportieren zu mir gleiten, spüre ihre harte, strafende Haut auf meiner"

Im Moment ist es eine Aufzählung, die ein Komma braucht.

„Lippen lallen mir Dinge entgegen. Sie fordern meine Entblößung, sofort. Ich gehorche, verliere meinen Anzug wimperngleich, wünsche mir ihre Oberweite in die Hände.“

„Und wenn man eine Wimper verliert, darf man sich etwas wünschen. Hier sind es die Brüste. So war es gedacht, insofern nicht zu substituieren.“


Diese Überlegung zu dem zitierten Text zeigt mir, worauf du hinaus willst. Trotzdem – ich will dich zu nix überreden – halte ich die Metapher für ungünstig: Einen Anzug so zu verlieren, wie eine Wimper ist nicht gerade ein Bild, das sich aufdrängt. Schreibt man: ‚Er ist ein Löwe in der Schlacht‘ weiß jeder, welche Eigenschaften damit gemeint sind. Verliert man einen „Anzug wimperngleich“ ist die Frage, ob man wirklich an Wimpernverlust – Wunsch denkt (entdeckt er eine Wimper auf ihrer Brust – das wäre doch ein Omen!). Aber: Natürlich kann ein Schriftsteller eine neue Metapher einführen und vielleicht ist sie für die meisten seiner Leser sofort verständlich – bis auf so ein Woltochinon (bist der erste, der das ‚Chinon‘ bemerkt. Das geht auf eine Spielerei aus Studententagen zurück. Die Existenz von Woltochinonen aht man sicher im Unterricht unterschlagen - deshalb heißt es wohl 'Unter'richt, es ist ein Jammer!).

L. G.,

Woltochinon

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo M.Glass,
Der Titel verspricht, es wird keine romantische, sondern eine erotische. Der Einstieg schreckt mich jedoch ab. Ich hätte es besser gefunden nicht direkt als Leser angesprochen zu werden. Also lieber gleich etwa so: Ihre Rückansicht zog die Blicke der Männer auf sich ... Dann die 1. Passage weiterschreiben, wie du es dann auch im dritten Absatz fortführst. Der Erzähler will diese Frau, nicht das Publikum, es will nur Voyeur sein. Ich bin außen vor, wenn du verstehst was ich meine. Es ist die Beobachtung, die mich mitreißt , nicht die Vorstellung so zu sein, wie der Erzähler, weil ich es definitiv nicht bin! Der Text steigert sich, daher bin ich nah dran und ein wenig prickelt es auch, gleich auf dem Klo, das ist eine geile Schlampe und er besorgt es ihr. Doch leider traut sich die Geschichte nicht, dies zu erzählen. Der Schluss, die Auflösung, ist für mich, als wenn der Erzähler die Essenz der Geschichte wieder ungeschehen machen möchte. Bieder möchte man meinen. Das traue ich mich zu sagen, da ich auch in diesem Genre schreibe und weiß, welchen Mut ein Autor braucht, "alles" zu erzählen.
LG, GD

 

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