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als wäre er was wichtig / Orwells Alltage

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15.03.2008
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als wäre er was wichtig / Orwells Alltage

So standen und saßen sie zusammengedrängt in diesem Bus, der nicht mal zur größten Fahrzeugkategorie des Fuhrparks gehörte. Der zu dieser Zeit auf dieser Linie regelmäßig Fahrgäste stehen lassen musste, weil beim besten Willen kein Platz mehr war. Orwell fuhr seit einigen Monaten mit diesem Bus der Linie 21, zuerst drei Mal, mittlerweile vier Mal die Woche. Gerade hielt der bei der Haltestelle Katzenbachstraße.
Ein dicker Junge rannte mit verkniffenem Gesicht und durch die Luft schneidenden Handkanten auf die 21 zu, sein locker eingestellter Ranzen pendelte von Seite zu Seite. Die Fahrerin sah ihn im Rückspiegel, verzog den Mund und - wartete. Der ankommende Dicke erkannte sofort, dass es keinen Platz mehr gab. Orwell sah das Pfannekuchengesicht vor Enttäuschung noch runder werden, als das dazugehörige Hirn realisierte, dass seine Playsie weitere kostbare zehn Minuten wird warten müssen. Die Großen sahen von oben herab, wie es nun mal ist, wenn sie nach unten blicken müssen, und die Fahrzeugführerin krächzte "watt denn nu?!", bevor sich die Türen schlossen. Es ging weiter.
Als er diese Strecke das erste Mal gefahren war, streng nach den Anweisungen des Verkehrsleitprogramms des öffentlichen Nahverkehrs, war er ungefähr an dieser Stelle von der zunehmend lückenhaften Bebauung alarmiert worden und hatte den Busfahrer erschrocken gefragt, ob die Reise der '21' tatsächlich zu einem Ort namens 'Stadtzentrum' führte.
Es hatte alles seine Richtigkeit: Der vorgestellte heimelige Ortskern hatte sich als ein Neubau herausgestellt, in dem eine Shopping Mall untergebracht war, die den Namen 'Stadtzentrum' trug. Dieses Stadtzentrum war umgeben von Baracken und Betonklötzen, die im Regen dunkelgraue Flecken bekamen – und hier regnete es oft; derweil war nichts in Sicht gewesen, was Orwell unter lebendiger Stadt verstehen konnte. Und das passte dann, irgendwie, zum Stadtzentrum, das keins war.
"Sie müssen hinter die Absperrung", zickte ihn die Fahrerin an.
"Da ist kein Platz", sagte Orwell.
"Das wird schon gehen", beharrte sie. Und, nach etwa zwanzig gefahrenen Metern: "Sonst gibt es Ärger mit der Polizei, wenn die sie hier vorne stehen sieht."
"Ich werde dahin gehen, aber erst beim nächsten Halt, nicht jetzt."
'Ärger mit der Polizei!', dachte Orwell. 'Fahr danieder in die Hölle schlechter Ausreden!" Als sie hielten, stieg er aus und eine Tür weiter hinten wieder ein, schaffte sich Platz in der teilnahmslos wirkenden Fahrgastschaft, die ihn vieläugig und ausdruckslos beglotzte. Als wären die Menschen Automaten, die in Bussen inaktiv sind.
"Dass die Verantwortlichen auf dieser Strecke keinen größeren Bus einsetzen! Der ist doch jedes Mal überfüllt!", rief er von hinten. Und hätte sich am liebsten im selben Moment auf die Zunge gebissen, welches aufrührerische Gen brachte ihn nur immer wieder dazu, in solchen und vergleichbaren Situationen Ärger zu machen, der verlässlich auf ihn zurückfallen und sein Leben unbequemer machen würde.
"Der ist nie so voll wie jetzt. Das ist das erste Mal", entgegnete sie, begleitet von einem Bulldoggen-Blick in den Rückspiegel. Mitte fünfzig, schätzte er. Kurzhaarschnitt mit Pony, einer der drei Frisurtypen, die zugeknöpfte Alte kriegen, wenn sie beim Friseur 'was Flottes' bestellen. Eine nichtssagende runde Brille, ein vielsagender Mund, der gerade jetzt ausdrucksvoll schwieg; sie schien einen unerfreulichen Gedanken zu haben, die Busfahrerin kniff die ohnehin schmalen Lippen noch enger zusammen, was das Netz aus Falten vertiefte, die wie stilisierte Sonnenstrahlen von ihrem Mund abgingen.
Diese Dame ist vor Zeiten auf dem Jahrmarkt der Preußischen Tugenden mit kostenloser Schlechter Laune ausgestattet worden und blieb seitdem ihrem Stil treu. So leben die meisten Leute: ein, zwei gute Jahre und dazwischen nichts als kleinkarierte Schlechtgelauntheit. 'Bürgerliche', dachte Orwell, mit der gleichen verächtlichen Arroganz, wie sie eine höherentwickelte, auf Silizium beruhende Lebensform, die Mario Barths nicht mehr witzig findet, für terranische Stoffwechsler empfinden könnte.
Bei der Haltestelle 'Stadtzentrum' stieg er aus, und machte sich schlechtgelaunt auf dem Weg zu seinem neuen Job. Er verdiente zu wenig, hatte einen zu weiten Arbeitsweg, mochte die meisten Kollegen nicht und sein Betätigungsfeld beschränkte sich aufs Abkassieren.

Er hatte den Fehler gemacht, den Jungspund Mario darauf aufmerksam zu machen, dass neun von zehn Sprüchen, mit denen er die jungen Aushilfen /-innen und Orwell zu beeindrucken versuchte, aus einer Fernsehserie namens 'Breaking Bad' stammten. Anstatt dass er beschämt die Klappe hielt, freute sich der geistlose Kopist, mit jemandem diese Medienerfahrungen teilen zu können. Das war nicht ganz, worauf Orwell spekuliert hatte.
"Das wär doch total geil, eine Unze von diesem Zeug und du kannst von morgens bis abends eine nach der anderen ziehen!" Ein Hippie-Mädchen, das als Einpackhilfe in der Weihnachtszeit angestellt worden war und aufgrund ihrer 'Umgänglichkeit' hatte bleiben können, kicherte. "Kannst du dir das eigentlich vorstellen?", fragte der Jungspund.
"Ja", sagte Orwell. "Klingt furchtbar langweilig." Zwei irritierte Gesichter vermittelten ihm das Gefühl, er hätte eben etwas Verstörendes gesagt. "Und wie Jesse das Lösungsmittel in die Badewanne gekippt hat und die ganze Suppe eine Etage tiefer klatschte!" Mario sah ihn erwartungsvoll an. "Weißt du noch, was Walter dann gesagt hat? Na?"
'ADHS', dachte Orwell. Das war kein gutes Zeichen, wenn er anfing, die Verhaltensmuster seines Umfeldes in Krankheitsbilder zu übersetzen. "Ich werde mit dir nicht die Szenen einer Serie nachsprechen, das habe ich dir bereits gesagt. Vergiss es."
Oberflächenwesen waren das, beide, schillernd und schmierig zugleich, wie Ölpfützen. Solche Gutfinder und Mitmacher werden ihn ersetzen, da ist er sicher. Wie die Filialunternehmen nach und nach Inhabergeführte Buchhandlungen ersetzen; wie Amazon und ein paar große konzerngelenkte Verlage dabei sind, die Vielfalt deutschsprachiger Verlagslandschaft zu verdrängen; wie der allzu glatte und nach Plastik riechende Reader die haptisch und olfaktorisch anschiegsamen Printerzeugnisse überflüssig machen soll. Orwell war einer von vielen, der das sah, und er gehörte ebenfalls zu der Gruppe der Mahner und Warner. Wider die Vernichtung organisch gewachsener Kulturlandschaft! Und wer da alles mitheulte.
Natürlich interessierte Orwells Beitrag keinen. Was ihn allerdings nur motivierte, sich stärker zu engagieren. Schwarzseherei und Untergangsprophetie waren genau seine Sache, was Orwell dafür prädestinierte, tatsächlich und als erster unterzugehen, zumindest im Kaufmannsladen, wo es eher nicht um die ganz großen Themen ging, vor allem nicht für ihn.

Seine Chefin hatte auf seine Bitte nach etwas Abwechslung reagiert. Heute durfte Orwell, dessen Kürzel - mit dem er sich in den Kassencomputer einwählen musste, damit man die einzelnen Vorgänge den verschiedenen Kassenknechten zuordnen konnte - OTZ lautete, dabei helfen, die Inventur vorzubereiten. Die hat mich also auf dem Kieker, dachte er. Und verschwieg, wie gerne er Sachen zählte.
Nach zweieinhalb Stunden Zählen fühlte er sich recht erschöpft. Orwell hielt trotzdem noch eine Stunde durch, ohne Klage!, bevor er die magnetische Plakette mit dem Namensschild an seinen Spind heftete, Mantel und Mütze nahm, und gehen wollte.
Doch ein Gespräch aufgeregter Buchhändlerinnen ließ ihn innehalten. Sie beschnatterten die morgige Inventur und berieten sich, wie den platten Scherzen, dumpfen Anmachen und vor allem dem fachlichen Dreinreden des berüchtigten Assistenten der Geschäftsführung, His Nerdness Lord Faak, am besten zu begegnen wäre.
Orwell registrierte das Maß der Aufregung und spürte erwachende Neugier auf den Prokuristen des mittelständischen Unternehmens, in dessen Filiale er seit kurzem sein Arbeits-Dasein fristete. Der Faak war nach den Eigentümern die höchste Nummer im Laden.
'Kleinheit', beschwor er sich. 'Ausnahmsweise Schnauze halten, den Kelch weiterziehen lassen.' Orwell grüßte die Buchhändlerinnen zum Abschied - die erschrocken zu reden aufhörten, liebenswert unverstellte Geschöpfe, die sie waren – und verließ den Laden, das Stadtzentrum und die Arbeitswelt. Dabei erwog Orwell ernsthaft, ein paar beschwingte Schritte zu machen. Am nächsten Tag war er freigestellt, damit er für die anschließende Inventurnacht fit wäre.

Für den Rückweg wählte er eine andere Buslinie, die eine Haltestelle in der Nähe von Angelas Wohnung anfuhr; dort stieg er aus. Auf dem Weg zu ihr kaufte er ein. Sie hatte sich etwas Frisches gewünscht, damit meinte sie Obst oder Gemüse - er tat ihr den Gefallen.
Nach Hause kommen. Orwell hatte sich seit langem nach Normalität gesehnt: ein Zuhause, eine Frau, die den Haushalt machte und abends mit dem Essen wartete, das sie gegebenenfalls ohne zu Murren aufwärmte, wenn es 'mal später' wurde. Selbstredend durfte sie eine moderne Frau sein, die ihr eigenes Geld nach Hause brachte, sich flott anzog und der man beim Blasen ruhig anmerken sollte, dass sie ein bisschen was von der Welt gesehen hatte. Ja, Orwell seufzte leise, etwas aufgeklärte Normalität, endlich.
Sie begrüßte ihn mit einem Kuss und hängte eine Blumengirlande um seinen Hals, aus dem Wohnzimmer hörte er 'Sex Machine'. "Hallo Ang..." Da küsste sie ihn schon wieder, lang und zärtlich, umspielte mit ihrer Zunge seine Lippen, bis er sich, etwas unwillig, löste und anmerkte, dass seine Füße weiterhin beschuht seien.
Sie bückte sich, ja!, öffnete die Schuhe, schubste ihn spielerisch auf den Flurstuhl, dann zog sie die Lederlatschen energisch über seinen hohen Spann. Als Angela seine Nikes (Airmax) beiseite gestellt hatte, luscherte sie in seinen Einkaufsbeutel – zwei TK-Pizzen. "Ich wollte doch was Frisches!", schmollte sie.
Orwell suchte in seiner Jacke und holte eine Tomate aus der Innentasche, sie war prall und glänzte. "Bio." Sie verzog das Gesicht, auf eine ganz eigentümliche Weise, die Orwell an eine glückliche Mutter erinnerte, die versuchte, streng zu ihrem heißgeliebten Kind zu sein. Er zwickte sie in die Wange und nickte lächelnd in Großvatermanier. "Macht ja nichts", sagte sie, nahm ihn bei der Hand und zog ihn ins Wohnzimmer.
Vor dem Massagesessel dampfte ein Fußbad. Orwell erlaubte, dass sie seine restliche Kleidung auszog, setzte sich nackt in den Sessel, fuhr den Sitz nach hinten und stellte 'Wellenmassage / Rücken, Gesäß' ein. Als er die Augen schloss und endlich, endlich seinen wohlverdienten Feierabend zu genießen begann, spürte er wie von Ferne Angelas so sanfte und doch starke Hände, die seine müden Glieder mit ätherischen Ölen einrieben und seine Füße, nachdem sie sie aus dem Wasser gehoben hatte, voller Liebe mit ihrem Haar abtrocknete, das sie ausschließlich mit Kiefern-Spülung wusch, weil Orwell Kiefer so gern roch.
"Warum können wir nicht einfach wie ein ganz normales Pärchen sein ... ein bisschen streiten, wenn ich nach Hause komme, uns wieder vertragen, Pizza essen und ein Bier trinken und danach irgend eine Sendung sehen ... so machen das doch die anderen Bürgerlichen auch, warum vergötterst du mich so?"
"Willst du denn, dass wir so ein Leben führen?", fragte sie.
"Natürlich", sagte er. "Wieso sollte ich sonst eine Frau abgeschleppt haben, die Angela heißt?"
"Wir können das auch anders machen, wenn du willst."
"Nein, nein. Ich bin da modern eingestellt, es muss nicht alles nach dem Mann gehen, sollst du deinen Willen haben ..."
"Gefällt es dir denn, Orwell?"
"Ich lasse es dich schon merken, wenn etwas nicht in Ordnung ist."

Figgn und Aasch

Schreibtisch und Rückenlehne des Sessels hatten sie schon durch, jetzt war die Waschmaschine dran. Orwell trug Angela, die sich in seinen Nacken verbissen hatte, in Richtung Badezimmer. 'Zwei Jahre noch', dachte er, 'dann bin ich dreißig und dann ist Schluss mit dieser Turnerei!'
"Wir haben ein Sexleben, was?", fragte Orwell, während er sie auf die Waschmaschine hievte. Sie nickte. "Wie oft bist du schon gekommen?"
"Weiß ich gar nicht mehr", behauptete sie. "Es ist so schön!"
"Du musst schon mitzählen. Was soll ich sonst notieren?"
'Dann gibts Missionarsstellung und fertig', dachte er sehnsüchtig.
"Notieren?"
"Klar", sagte er.
Sie sah ihn entgeistert an.
"Passt dir das nicht oder was ist jetzt los?"
"Doch, doch", sagte sie und stöhnte, als er sich, stirnrunzelnd aber schwungvoll, wieder der Kopulation widmete.
Drei, vier Stöße später umfasste er ihren Arsch und hob sie mit einem Ruck von der Maschine - beide hörten es knacken, "Nichts passiert!", presste Orwell hervor, Schweißperlen standen auf seiner Stirn. "Lass mich runter!", rief Angela.
"Nichts da! Alles in Ordnung, wir machen im Schlafzimmer weiter! Alles in bester Ordnung! Wir haben ein Sexleben, was?"
Schritt um Schritt kämpfte sich Orwell zum Schlafzimmer, mittendrin spürte sie 'IHN' aus sich herausflutschen. Orwell schwankte wie ein trunkener Belagerungsturm und Angela befürchtete, dass beide umkippen werden, aber es passierte nichts, außer dass er sie und sich irgendwann ins Schlafzimmer schleppte, wo beide aufs Bett fielen, er obenauf liegend; lange Sekunden gelang ihm nichts, außer Atmen.
"Das tut weh", sagte sie.
"Nein, alles in Ordnung. Es ist nichts."
"Nein, mir tut es weh, wenn du so auf mir liegst."
"Halt das bitte aus jetzt, ich brauch mal nen Moment."

ernste Worte

"Du arbeitest zu viel", sagte sie. "Ist ja klar, dass das irgendwann auf die Knochen geht."
"Meinst du?"
"Frag die Chefin doch, ob du zweistündige Schichten machen kannst. Das mit dreieinhalb geht einfach nicht."
"Ich weiß nicht, meinst du wirklich, das liegt an der Arbeit?"
"Sonst frage ich sie. Ich lass mir doch meinen Mann nicht kaputtmachen!"
"Nein, nein ...", Orwell produzierte ein verkrampftes Lächeln, "... dreieinhalb Stunden, das ist fast nichts!"
"Spiel das jetzt nicht runter!"
"Weißt du, Angela, wie gerne würde ich alles hinschmeißen und einfach tun, wonach mir der Sinn steht. Aber ich kann nicht einfach tun, als wäre ich nicht vertraglich gebunden. Obwohl der Vertrag in diese tragische siebzehneinhalb-Stunden-Woche führte – wo kämen wir denn hin, wenn der kleine Mann nicht mehr die Verträge buchstabengetreu einhielte, in die man ihn mittelbar zwingt? Da habe ich meinen Mann zu stehen, wie der Held, als der ich geboren wurde."
"Wieso siebzehneinhalb?! Arbeitest du denn jetzt vier Tage?!!!!???"
"Ach, Schatz – ich wollte es dir eigentlich nicht sagen, aber vielleicht ist es besser, wenn du es weißt. Wir führen ja eine moderne Beziehung - ich will dir nichts verheimlichen, auch wenn es mein Herz beschwert, zu sehen, wie du dein Herz beschwerst. Mach dir bitte keine Sorgen, es wird schon gehen, irgendwie ..."
"Und was wird mit mir, wenn du nicht mehr bist?" Angela presste das Gesicht ins Kissen, um ihr Schluchzen zu ersticken. "Denk doch auch mal an mich! Du weißt genau, ich verdiene genug für uns beide. Du könntest den Haushalt füh..."
"Auf keinen Fall! Ich putz doch nicht die Wäsche, das ist Weiberarbeit!"
"Vielleicht ... vielleicht könntest du die Haushaltshilfe beaufsichtigen?"
Orwell überlegte. "Ja, das ginge eventuell. Das Personal macht sonst, was es will."
"Na also, siehst du. Genug Geld ist ja da und für dich finden wir eine würdige Beschäftigung."
Damit hatte das Gespräch einen toten Punkt erreicht. Sie schwiegen eine Weile und hingen den Gedanken an möglichen Zukünften nach. Angela wollte ihrem Herrn Trotzli, wie sie ihn bisweilen neckisch nannte, die Vorstellung einer Heimchen-Existenz ein bisschen erleichtern, aber gerade als sie ihre Zunge in sein Ohr stecken wollte, stellte Angela fest, dass Orwells Kopf zur Seite gerutscht war, weil er schlief.
'Dann sorgen wir mal für süße Träume', dachte sie, erfreut, dass sie Herrn Trotzli etwas Gutes tun konnte, und forschte mit ihrer Hand unter der Bettdecke nach seinem Geschlecht, massierte es so eifrig wie zärtlich und saß schon auf seinem Schwengel, als Orwell, dem zeitgleich zu träumen begann, er schwimme durch ein organisches Meer auf einem fremden Planeten, durch eine geheimnisvoll intelligente und zärtliche Materie, die sein Ding liebkoste, wach wurde. Und ein etwas verlegen wirkendes Augenpaar erblickte, ein von Schalk und körperlicher Betätigung ganz rotwangiges Gesicht, gerahmt von wilden Strähnen. "Nimmersattes Weib!", rief er.
Angela lachte mit einem hexenhaften Lachen ihre kleinmädchenhafte Scham hinfort und griff sich mit beiden Händen zugleich wild in das Haar, während sie ihre Kiste auf seinem Penis bewegte wie ein, also in rhythmischem Kreisen. Ihre großen und doch prallen Brüste, die mit eins-A-Silikon gefüllt waren, reckten sich keck nach oben.

Nach dem Sex: Beide liegen heftig keuchend auf dem Rücken. "Ein Pferd – ein Königreich für ein Pferd!", rief Orwell.
Angela: "ha

haha

ha! hahaha!

versteh ich nicht."
"War ein Zitat."
"Ach so."
"Sag mal, das ist doch ein völlig hirnloses Klischee, oder, dass es beim Sex nur auf die Länge des männlichen Geschlechtsteils ankommt?", fragte er.
"mmhmmm, ja, stimmt, das ist ein Klischee."
Orwell streichelte sanft ihre Wange, "ich hab dich lieb, du!"
"Aber wichtig ist das natürlich trotzdem."
"Ja, aha." Orwell hörte mit dem Streicheln auf, verschränkte die Arme hinter dem Kopf, kaute auf einem imaginären Grashalm und besah einen imaginären Sternenhimmel. Hätte er einen zweiten Mund, pfiffe er unverfänglich. "Ihr Frauen seid echt so drauf, oder? Das ganze Gelaber ist nur Tarnung. Wenn man euch entspannt nach dem Vögeln erwischt und die richtige Frage stellt, wenn ihr mal nicht in Harnisch seid, kommt die nackte Wahrheit zum Ausdruck."
"Na, na", sagte sie. "Ruhig, Kleiner - es zählen auch noch andere Werte."
Orwell richtete sich wieder auf und sah sie mit dem erwartungsvollen, zutraulichen Blick eines Welpen an. "Die da sind?"
Angela tat, als überlegte sie. "Na ... Umfang und Technik."
"Ach", sagte er. "Soso, und ...?"
"Und was?"
"Na, bin ich ... äh ... ausreichend?"
Angela seufzte, zeigte auf einen blinkenden Satelliten am imaginären Himmel und fragte, ob der eine Sternschnuppe sei.
"Ja, du kannst dir was wünschen!"
"Brauch ich nicht", sagte sie. "Hab doch alles." Sie streichelte seine Wange, bis sie eingeschlafen war, was nicht sehr lang dauerte.
Orwell hingegen lag noch lange wach, versuchte Angela zu ergründen, ihre unergründliche Antwort auf seine dumme und plumpe Frage – warum hat sie nicht einfach etwas elegantes und harmloses, beruhigendes antworten können? Er zählte die Sterne, bezeichnete eine bestimmte Menge Sterne jeweils als Haufen, addierte dann die Haufen, bis er einen Klops hatte, ja, einen Sternenhaufenklops! aber all das Gezähle konnte ihn nur bedingt ablenken, denn er befingerte permanent seinen Penis (Schicksal) und haderte mit dem Gegebenen und versuchte angestrengt, von dieser etwas albern anmutenden Maßnahme abzusehen und seine Überlegungen zu transzendieren. Nach zwei Stunden Wachliegen die Quintessenz seiner Wandergedanken: Frauen sind Verführung und Geheimnis, mein Penis ist schön, stark und tapfer, morgen werden Bücher gezählt.

Nächste Haltestelle: "Stadtzentrum". Die Busfahrerin mit der flotten Frisur fuhr den Bus so schwungvoll in die Kurve, dass Orwell umgefallen wäre, wenn ihn die hinter ihm stehende Alte nicht gestützt hätte. "Sie müssen die Füße so stellen und den Schwerpunkt weiter nach unten verlagern, wenn sie sich nicht festhalten können", sagte die höchstens fünfundneunzigjährige Hochbetagte und lächelte aufmunternd.
Orwell fühlte sich an eine Situation im echten Winter letztes Jahr erinnert, als er vor der Kunsthalle stürzte und eine noch ältere Frau ihm geraten hatte, Spikes zu tragen. Er hatte gehofft, dass ihm eine ähnliche Erfahrung in diesem Pussy-Winter erspart bliebe. Es war demütigend.
"Müssen se hier nicht raus?", krächzte die Busfahrerin, "hier iss Stadtzentrum!" Orwell griff sich dankend und grüßend zugleich an die Mütze, nickte knapp und drängte sich durch die passive Fahrgastgesellschaft, von denen man kaum glauben konnte, dass sie Teil einer Schwarmintelligenz sein sollte.
Er war anders, Orwell war so voller Gedanken, dass er auch in Bussen intelligent aussah, da war er sicher, er wäre sicher auch nicht hingefallen, wenn die Alte nicht eingegriffen hätte; im letzten Augenblick gefangen hätte er sich, ganz sicher, wenn er den aktuellen Gedanken zuende gedacht hatte, wie ein echter Krieger-Philosoph eben.

 

Hallo Kubus,

interessanter Text, den du da geschrieben hast.

Du hast einen, finde ich, ungewöhnlichen, faszinierenden Stil, der mich in den Bann zieht. Das hat mir gleich sehr gut gefallen. Toll. Ich konnte nicht mehr aufhören zu lesen, obwohl ich leider andererseits beim Lesen immer mehr ins Schleudern geriet. Klingt komisch. Liegt daran, dass du bei mir ein ordentliches Stück Verwirrung hinterlässt mit dem Verlauf deiner Geschichte.

1. Hier ein paar Beispiele für die vielen (nicht zitierten) Stellen, die ich sehr schön finde:

Ein dicker Junge rennt mit verkniffenem Gesicht und durch die Luft schneidenden Handkanten auf die 21 zu, sein locker eingestellter Ranzen pendelt von Seite zu Seite.
Man sieht diesen Jungen richtig vor sich.

Dieses Stadtzentrum war umgeben von Baracken und Betonklötzen, die im Regen dunkelgraue Flecken bekamen – und hier regnete es oft;
Man kann sich die triste Stimmung gut vorstellen.

schaffte sich Platz in der teilnahmslos wirkenden Fahrgastschaft, die ihn vieläugig und ausdruckslos beglotzte. Als wären die Menschen Automaten, die in Bussen inaktiv sind.
Auch hier wird die Stimmung gut vorstellbar.

uswusw

Aber es sind nicht nur die schönen Bilder, die du zu schaffen vermagst, du wechselst auch sehr schön zwischen längeren und kürzeren Sätzen und schaffst damit atmosphärische Dichte.


2. Und hier ein paar Korinthenkackerstellen:

Orwell sieht das Pfannekuchengesicht vor Enttäuschung noch runder werden
Pfannkuchengesicht

kostenloser Schlechter Laune
schlechter Laune

Du vergisst ab und an die Großschreibung bei Substantivierungen von Verben oder Adjektiven.
stellvertretend hier ein Beispiel:

wenn sie beim Friseur 'was flottes'
was Flottes

3. Und jetzt zu meiner Verwirrung:

Den Namen Orwell hast du deinem Protagonisten ja sicherlich absichtlich gegeben. Und ich nehme an, und so geht deine Geschichte dann ja auch los, dass du Orwell in ein alternatives 1984 stecken willst, also in eine Dystopie.
Dazu passt dann auch die Beschreibung der gesichtslosen Menge im Bus, der Arbeitsbedingungen oder auch Orwells Auslassungen über die Entwicklung der Medienwelt etc. Aber die Ausformung der Dystopie also der grauen Endzeit, die wird für mich nicht richtig deutlich.

Ich habe diese Stelle hier als eine zentrale gesehen, für das, was du mit der Geschichte willst, weil er hier über sich selbst spricht/denkt:

Oberflächenwesen waren das, beide, schillernd und schmierig zugleich, wie Ölpfützen. Solche Gutfinder und Mitmacher werden ihn ersetzen, da ist er sicher. Wie die Filialunternehmen nach und nach Inhabergeführte Buchhandlungen ersetzten; wie Amazon und ein paar große konzerngelenkte Verlage die Vielfalt deutschsprachiger Verlagslandschaft ausradieren werden; wie der glatte und nach Plastik riechende Reader die wunderschönen Printerzeugnisse, wie hießen die gleich?, überflüssig machen wird. Er sah das und er mahnte das an. Natürlich interessierte es niemanden, was ihn nur motivierte, sich stärker zu engagieren. Schwarzseherei und Untergangsprophetie waren genau seine Sache, was Orwell dafür prädestinierte, tatsächlich und als erster unterzugehen, zumindest im Kaufmannsladen, wo es eher nicht um die ganz großen Themen ging, vor allem nicht für ihn.

Irgendwie ist die ganze Geschichte mit und um Orwell nicht so richtig entschieden für mich, er selbst kommt mir vor wie ein ziemlich arroganter, eitler Sack, der ohne irgendjemanden zu kritisieren alle für bescheuert und minderbemittelt hält - und dann doch an seinen Liebhaberfähigkeiten zweifelt. Hmmmm.
Seine Freizeit ist definitiv anstrengend und so, dass es den Leser sofort nach einer kühlen Badewanne verlangt. Angela, die ihm freiwillig jeden Wunsch von den Augen abliest - so, dass einem bei der Vorstellung dieser Beziehung gruselig wird - dann das Gespräch zwischen beiden und das Ende der Geschichte.


Du hinterlässt eine einerseits ratlose, andererseits begeisterte Leserin. Was nun?

Liebe Grüße
Novak

 

Ja weiß ich jetzt auch nicht weiter :D Hallo Novak,

Und erst mal vielen Dank für die Blumen, da sind ein paar sehr schöne dabei.

Aber die Ausformung der Dystopie also der grauen Endzeit, die wird für mich nicht richtig deutlich.

die kann der Text meines Wissens auch nicht in Anspruch nehmen, das ist ja hier eher so die aktuelle Zeit, Endzeit höchstens in Hinsicht auf den Maya-Kalender und ob die Erde wirklich untergeht, da sind wir hier auf den Rängen alle skeptisch - das wurd ja schon öfter versprochen. Man will ja auch nicht alle Nase lang enttäuschte Pläne für das nächste Jahr machen müssen. wir werden auf jeden Fall weiterhin Cocktails schlürfen und via Live-Streams die aktuellen Weltuntergänge verfolgen wie das hier schon hübsche Angewohnheit ist.

unsere Welt bietet schon genug an Tristesse, das durch die richtigen Linsen besehen schon was Dystopisches haben kann. und Schwarzseher beschwören doch regelmäßig die nahende Apokalypse oder wenigstens den Untergang des Abendlandes, das hat ja Tradition. aber so eine waschechte Zuspitzung war jedenfalls nicht beabsichtigt, das ist ja hier eher so ne Mischung aus Slapstick, Klamotte und weiß auch nicht. jedenfalls keine der großen Dystopien. geht auch nicht in die Richtung finde ich, wenn ich einen Tipp abgeben müsste, bräuchte man für eine Negativ-Utopie (auch schön in der Übersetzung) eher ein harsches System, als einen meckernden Schlechtfinder, also die Drei Großen haben das doch alle, das krasse System, oder vllt Huxley nicht? jedenfalls ich bin vom Kürzel OTZ ausgegangen, und habe dafür einen Namen gesucht, über 1984 hab ich vor kurzem gesprochen / geschrieben - et voila. ich hab heut nacht aus der Busfahrerin im letzten Absatz eine Big Sister gemacht, um den Text in der Hinsicht anzulehnen.

Pfannekuchengesicht war Absicht, das lass ich, weil mir das vom Klang noch besser gefällt als Pfannkuchengesicht.

Schlechte Laune so geschrieben auch. So wie Herzliches Beileid, ich weiß nicht, wie das heißt, wenn da außer der Reihe groß geschrieben wird.

was Flottes änder ich mal gleich, das mit kleinen Wörtern zur rechten Zeit wachsen lassen ist eine Schwäche von mir.

vielen Dank und lieber Gruß,
Kubus

 

Hallo, ich noch mal, die Novak
ja, manchmal soll man nich so viel denken, sondern lieber einen klam-stick genießen.
Reumütig kehre ich zurück zu meinem Cocktail - in meinem Fall Weißbier - um aktuelle Weltuntergänge zu ventilieren.
PS: Deinen lockeren Schreibstil merkt man sogar in deiner Antwort. Hat Spaß gemacht sie zu lesen und sie hat mich auch ein klein wenig gschamig erröten lassen ... Mann, nur weil einer Orwell schreibt ...

Viele liebe Grüße Novak

 

Hallo Kubus

Bei mir hatte die Assoziation zum Namen Orwell gewisse Sinneseindrücke der Erwartung freigesetzt. Aber es sind zu viele Jahrzehnte her, seit ich Werke dieses Autors gelesen hatte, um es auf Details zu fixieren. So vermeinte ich seinen Geist zu spüren, als der Prot. beim Stadtzentrum ausgespien wurde. Im weiteren Verlauf war ich mir dann nicht mehr sicher, die Skurrilität von Wortschöpfungen, Szenen und Bildern schien mir eigenständiger, anders als sonst, aber eindeutig Original Kubus.

Doch ein Gespräch aufgeregter Buchhändlerinnen ließ ihn innehalten, sie beschnatterten die morgige Inventur und berieten sich, wie den platten Scherzen, dumpfen Anmachen und vor allem dem fachlichen Dreinreden des berüchtigten Asistenten der Geschäftsführung, His Nerdness Lord Faak, am besten zu begegnen wäre.

Da bin ich mir jetzt nicht sicher, ist dies eines deiner ungewöhnlichen Stilmittel, oder einfach vertippe?

tragisch-heroische Figur in Kubus Geschichten,

Ganz klar Hitchcock abgekupfert, der inszenierte sich doch selbst immer in kurz aufscheinenden Nebenrollen? Aber es liest sich amüsant. :D

Das Lesen der Geschichte verdrängte mir die Schweine der Animals Farm, welche mir Orwells Name in Erinnerung brachte, völlig, wie ich erst nach dem Ende bemerkte. Dieser Einblick in das deutsch-gesittete Paarungsverhalten der Partnerschaft, etwa vierzig Jahre nach Kolle, war mir da spannender, die Wortschöpfungen noch triumphierender. Ein heiteres Stück gelebter Ernsthaftigkeit, die Tragik des Alltags einbindend. Habe es gern gelesen und habe auch nichts zu bekritteln, ausser vielleicht, dass ich manchmal ein Wort oder Satz zweimal vornehmen musste, um in meiner Begrenztheit den vollen Sinn zu erfassen. Doch, doch, Orwell lebt!

Schöne Grüsse

Anakreon

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Anakreon

ich habe von George Orwell nur 1984 gelesen und das ist bannig viele Jahre her, also im Verhältnis zu meinen relativ wenigen Lebensjahren. aber auf jeden Fall eine beeindruckende Vision, der wir mehr zu verdanken haben als den Namen für ein bestimmtes Fernseh-Format.
find ich aber verständlich, dass das Dystopische so ein bisschen anklingt, weil hier schon eine unerfreuliche Welt geschildert wird, allerdings ist es doch eher die Wahrnehmung der OTZ-Figur, die aus einer an sich nicht bedrohlichen Welt einige triste Impressionen herauszieht, die größte echte Bedrohung für Leib und Leben dürfte in der körperlich-sexuellen Selbstüberschätzung meines Orwell liegen. Die natürlich dokumentarisch ist, wie du richtig vermutest, so was kommt in deutschen Schlafzimmern ständig vor. und wenn das mit dem sexuellen Leistungsdruck sich weiter zuspitzt, ist noch gar nicht abzusehen, wo das noch hinführt, allein schon die Kosten für Arzt und Knochenbrecher und Psychologen. obwohl ich die Sexualisierung der Medien nicht gutheiße, werde ich mich dieses Themas weiterhin annehmen, um im Bereich der Gefahren aufklärerisch tätig zu werden.

Ganz klar Hitchcock abgekupfert, der inszenierte sich doch selbst immer in kurz aufscheinenden Nebenrollen? Aber es liest sich amüsant.

aha! abgekupftert ja, aber ich kenn das aus Literatur - Pynchon glaub ich ... hm, bin aber nicht sicher.

Habe es gern gelesen und habe auch nichts zu bekritteln, ausser vielleicht, dass ich manchmal ein Wort oder Satz zweimal vornehmen musste, um in meiner Begrenztheit den vollen Sinn zu erfassen.

ja, ähem, das .... äh ... ja das freut mich für mich!

Schönste Grüße,
Kubus

 

Hey Kubus,

Du machst mich fertig! Ich habe die Geschichte gestern zwei Mal gelesen und dachte immer nur, was will er denn, was ist denn das Thema? Und dann noch die Frage, warum Du den Prot. Orwell nennst? Ich meine, bei einem solchen Namen sucht man doch die Parallelen. Ich also 1984 und Animal Farm im Kopf rausgekramt und irgendwie zündete da bei mir nichts. Jedenfalls kein durchgängiges - konsequent geführtes Motiv, was eine Verbindung für mich nahelegt. Aber die beiden vor mir haben ja was gefunden ... mmh.

Jetzt lese ich die Kommentare und lese das:

die aus einer an sich nicht bedrohlichen Welt einige triste Impressionen herauszieht, die größte echte Bedrohung für Leib und Leben dürfte in der körperlich-sexuellen Selbstüberschätzung meines Orwell liegen. Die natürlich dokumentarisch ist, wie du richtig vermutest, so was kommt in deutschen Schlafzimmern ständig vor. und wenn das mit dem sexuellen Leistungsdruck sich weiter zuspitzt, ist noch gar nicht abzusehen, wo das noch hinführt, allein schon die Kosten für Arzt und Knochenbrecher und Psychologen. obwohl ich die Sexualisierung der Medien nicht gutheiße, werde ich mich dieses Themas weiterhin annehmen, um im Bereich der Gefahren aufklärerisch tätig zu werden.

Wat? Ich dachte immer, die Leute beklagen das Gegenteil? Und Medien und Sex - ja, das ist ein spannendes Thema, nur leider vermag ich das hier nicht zu finden. Ich lese eine Geschichte über frustrierende Busfahrten und eine frustrierende Stadt, über eine 3 Stunden Stelle, vier Mal die Woche, über ein komisches, nymphomanisches Weib - das keine eigene Bedürfnisse hat, außer die sexuelle Befriedigung und dann wieder Busfahren und ich kann das ganze überhaupt nicht zu einem ganzen Zusammensetzen. Das mag ja an mir liegen, ich will das gar nicht abstreiten, aber ich steig nicht durch. Vielleicht bin ich auch nur zu faul, mir da weiter Gedanken zu machen.

Ich fand ja dieses Jobdings sehr cool. Das der Arme sich da nicht überfordert, drei Stunden - vielleicht doch besser nur zwei, und um Gottes Willen, geh doch nicht vier Tage, sondern bleib bei den dreien. Also, dass hätte mir Spaß gemacht, wenn daraus für mich was entstanden wäre. So lese ich das als nette Idee, die ohne Rauch und Schall verpufft. Du siehst mich im Tal der Ahnungslosen :D.

Also, ich habe den Text schon gern gelesen, dass kannst Du halt gut, einen so in den Text ziehen und bei der Stange halten und da sind wirklich sehr hübsche Sachen drin, nur leider bleibt mir das Große verschlossen. Naja, erfreue ich mich halt an den kleinen Dingen ;).

Staatssekretär im Außenministerium, Birgit Minichtmayer, Hadschi Halef Omar,

Birgit Minichmayr

Lieben Gruß Fliege

 

Gute Fliege und Lieben Tag,

du, das macht mich auch fertig, wenn hier immer rumgedacht wird und die Leser irgendwelche Verknüpfungen zu dem Herrn Orwell suchen. wenn du das schon machst und extra dafür zweimal liest, dann sag mir das bitte nicht. ;) ich stand gestern abend kurz vor einem schlechten Gewissen, und das kurz nachm Sandmann = Zubettgehen. also ich habe im Gegenzug deine Antwort auch mehrmals gelesen und mir Gedanken gemacht, ich will nicht, dass du am Text verzweifelst.

also hier ist kein Thema, wenigstens kein zentrales, um das sich alles dreht, das sind einfach zwei Alltage einer fiktiven Figur, die ich Orwell nannte, weil der mit O anfängt und mir auf der Zungen lag. ich brauchte einen Namen für das Kürzel OTZ = Orwell Trotzli. möglicherweise werde ich das nie wieder tun, also wenigstens werde ich meinen nächsten Protagonisten nicht Tolstoi nennen, beschließe ich jetzt.

Das mag ja an mir liegen, ich will das gar nicht abstreiten, aber ich steig nicht durch. Vielleicht bin ich auch nur zu faul, mir da weiter Gedanken zu machen.

No no no, alles okay, yay! ich habe einfach angefangen zu schreiben und irgendwann wieder aufgehört, und zwischendurch ein bisschen was geschehen lassen, ohne besonders auf Themen und Rotfäden zu achten. ich dachte wir sind hier in Alltag, da darfs mal eine Alltagsbeschreibung ohne Großes Thema sein. ich hab mich in der letzten Geschichte etwas verhoben und im Ton vergriffen, denke ich jetzt, und Orwells Alltage / als wäre er was wichtig verstehe ich mttlw (auch) als Reaktion auf manche Reaktionen auf Anas Rat. Klischee und Coolnesskitsch - schlimmer machen = schlimmer lachen.

Wat? Ich dachte immer, die Leute beklagen das Gegenteil? Und Medien und Sex - ja, das ist ein spannendes Thema, nur leider vermag ich das hier nicht zu finden.

immer noch zu subtil! :) Sexualisierung der Medien, die ich nicht gutheiße und trotzdem selbst nutze, meint ja diesen Text, der ja auch ein Medium ist, durch das ich aufs altbekannte Motto Sex sells setze, weil hier eben eine Szene geschlechtlichen Verkehrs dargestellt ist. die Kritik ist in der Situation versteckt. das eigentlich ja Freude bewirken sollende Liebesspiel wird durch die gegenseitige (vermutete) Erwartungshaltung der Sexualpartner zu einer anstrengenden Nummer, von der beide nur wollen, dass sie endlich vorbei wäre, was sie sich aber nicht zu sagen trauen, weil jeder vom anderen denkt, dass er das so haben will. bzw Orwell wird da eher von seiner Vorstellung getrieben, was sexuelle Erfüllung bedeute = Varianz, große Dauer, mehrmalige Höhepunkte des Weibes. also nachträglich denke ich das dazu, denke ich.

Also, ich habe den Text schon gern gelesen, dass kannst Du halt gut, einen so in den Text ziehen und bei der Stange halten und da sind wirklich sehr hübsche Sachen drin, nur leider bleibt mir das Große verschlossen. Naja, erfreue ich mich halt an den kleinen Dingen

bei der Stange halten, hihi :) Aber das trotz der Sucherei, ich freu mich! und falls hier was Großes drin stecken sollte, hätte ich es noch lang nicht hineingetan, schöne kleine Dinge sind doch ne ganze Menge wert, finde ich.

Danke für die Liebe Gruß und Kommentar,
Kubus

 
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Hallo Kubus,

Nur der erste Absatz wird im Präsens erzählt ... um uns die spanende Handlung einzuführen? Ist das Absicht?


"Sie müssen hinter die Absperrung", zickte ihn die Fahrerin an.
"Da ist kein Platz", sagte Orwell.

Ab hier, als es wieder mit der Handlung weitergeht, da wusste ich gar nicht, ob es "jetzt" passier, oder immer noch eine Rückblende ist.


was das Netz aus Falten vertiefte, die wie stilisierte Sonnenstrahlen von ihrem Mund abgingen.
Diese Dame ist vor Zeiten auf dem Jahrmarkt der Preußischen Tugenden mit kostenloser Schlechter Laune ausgestattet worden und ist seitdem ihrem Stil treu geblieben. So leben die meisten Leute: ein, zwei gute Jahre und dazwischen nichts als kleinkarierte Schlechtgelauntheit.

Und dann wieder diese Stelle im Präsens. Das musste in der Vergangenheit stehen, finde ich. Und wenn das Orwells Gedanken sind, warum stehen die nicht in so halbe 'Anführungsanzeichen`, wie sonst überall auch.

Okay, die Busfahrt...

Die Fahrerin sieht ihn im Rückspiegel, verzieht den Mund und - wartet. Der ankommende Dicke erkennt sofort, dass es keinen Platz mehr gibt. Orwell sieht das Pfannekuchengesicht vor Enttäuschung noch runder werden, als das dazugehörige Hirn realisiert, dass seine Playsie weitere kostbare zehn Minuten wird warten müssen. Die Großen sehen von oben herab, wie es nun mal ist, wenn sie nach unten blicken müssen, und die Fahrzeugführerin krächzt "watt denn nu?!", bevor sich die Türen schließen. Es geht weiter.

Vielleicht bin ich zu sehr Ulmer Busfahrer gewohnt – mit Sicherheit die unfreundlichsten auf Erden – aber die Busfahrerin wartet, obwohl kein Platz ist? Und fragt dann noch, was der Junge will? Versteh ich nicht. Also bei uns in der Innenstadt, wo sie alle 10 Minuten fahren, da werden selbst Omis die Türen ins Gesicht geknallt, wenn sie's nicht rechtzeitig hinschaffen. Und wenn kein Platz ist, geht's sowieso weiter.

Also die ganze Busszene eigentlich ... weiß nicht so recht.

Als wären die Menschen Automaten, die in Bussen inaktiv sind.

Der Satz ist mir in Erinnerung geblieben, fand ich gut. Also das kennen alle, glaub ich, wenn man morgens mit dem Bus fährt, und dann die Stille; da kann man schon mal die Sinnfrage stellen. In Zügen ist schon weitaus mehr Leben drin, irgendwie. Aber gut, da kann man auch die Geschichte mit "Der Wecker klingelt!" beginnen, das gibt's ja recht häufig, auch Busszenen eigentlich. Und du gehst auch gar nicht so sehr auf diese Einöde ein, sondern dann geht's weiter mit der Innenstadt, die keine ist .. also bei mir zündet das nicht so.

Ansonsten, ja ... das ist alles sehr kubistisch, manchmal ein bisschen zu sehr, finde ich. Orwell und Angela sind Hülsen für deine intelligenten Gedanken, aber so richtige Menschen, mit denen man leidet oder sich indentifiziert, sind sie nicht. Komisch, gestern hatten wir es im Chat vom Foster, da meinte Kew, er sei kalt und distanziert, hätte keine Nähe zu den Charakteren. Also ich mag Fosters Stil (manchmal), gerade wenn er richtig in die Psyche hinabtaucht, und mir nicht stundenlang abnormale Details/Infos vor Augen führen möchte. Da musste ich auch drandenken, als ich das gelesen habe.

Ich habe mal ein interview mal mit Fosters Frau gelesen, da hat man sie auch wegen der Kälte gefragt, und ob er auch anders sein konnte ... und da meinte sie ja, aber es sei schon schwierig für ihn, weil er so verdammt clever war, und immer alles von 20 Seiten her analysieren wollte, eben auch die Emotionen. Das sei quasi wie ein Schutzmechanismus, und den wegzulassen, sei erstmal beängstigend. Es seien auch stets ihre Lieblingsstellen in seinem Schreibe, die Stellen, die er selbst kitschig fand. Gut, das sagt seine Frau ... sie hat schon eine ganz eigene Sicht der Dinge. So geschrieben klingt sie nicht viel anders als jede andere Frau, die gerne mal spüren würde, dass sie geliebt wird. Aber das fand ich interessant.

Also interessant wurde es für mich erst als Angela ins Spiel kam. Da hast du auch das erste Mal so was wie ein Konflikt drin, auch wenn er auch hier irgendwie kalt-intelligent an der Oberfläche spielt. Ich glaube das Problem ist, warum ich nicht so den Zugang habe, oder eben nicht ganz, ist dass du hier schon ernste/traurige Themen ansprichst, sie aber witzig/intelligent behandelst. So als wärst du beim Schreiben zu gut drauf gewesen, als würdest du nicht mitleiden. Oder als hättest du vielleicht, wie du selbst sagst, einfach drauflos geschrieben. Das hier zum Beispiel:

Orwell nahm ihren Arm und bettete ihn so, wie es für Angela bequemer sein musste. Er war hellwach vor innerer Bewegung und bemühte sich, die Frau zu ergründen, ihre unergründliche Antwort auf seine dumme und plumpe Frage – warum hat sie nicht einfach etwas harmloses und beruhigendes antworten können? Eine taffe und sensible Frau hätte eine elegante Lösung finden müssen. Aber war es überhaupt möglich, auf so eine unelegante und direkte Frage geschickt zu antworten - war das von ihm aufgeworfene Problem überhaupt mit den Möglichkeiten der Sprache lösbar? Und wenn die korrekte Taktik in der von ihr begonnenen nonverbalen Kommunikation lag, hätte sie dann nicht durchhalten müssen, bis er schlief, wenn ... sie ihn liebte? Hätte sie, wäre er - könnte es sein, dass des Konjunktivs Zeit für diese Nacht vorbei sein sollte?
Er zählte Sterne, bezeichnete eine bestimmte Menge Sterne jeweils als Haufen, addierte dann die Haufen, bis er einen Klops hatte, ja, einen Sternenhaufenklops! aber all das Gezähle konnte ihn nur bedingt ablenken, denn er befingerte permanent seinen Penis (Schicksal) und haderte mit dem Gegebenen und versuchte angestrengt, von dieser etwas albern anmutenden Maßnahme abzusehen und seine Überlegungen zu transzendieren. Nach zwei Stunden Wachliegen die Quintessenz seiner Wandergedanken: Frauen sind Verführung und Geheimnis, mein Penis ist schön, stark und tapfer, morgen werden Bücher gezählt.

Okay, das klingt jetzt alles so kritisch. Versteh mich nicht falsch, im Grunde finde ich diese Stelle sogar ziemlich gut, aber: Ist da Wut drin? Angst? Richtige Selbstzweifel? Wenn maria ein Mann wäre, wie hätte sie die Stelle geschrieben? Für dein Empfinden bestimmt zu kitschig, okay, so muss es ja auch nicht sein ... und du hast ja auch deinen eigenen Stil ... aber das kannst du schon auch anders, finde ich. Die intelligente Gedankenkälte ist in dieser Story halt schon stark ausgeprägt. Du musst dich immer wieder an Gift messen lassen – aber ja, in Gift, da wird gelitten. Und auch in Anas Rat ist das anders.

ich habe einfach angefangen zu schreiben und irgendwann wieder aufgehört, und zwischendurch ein bisschen was geschehen lassen, ohne besonders auf Themen und Rotfäden zu achten. ich dachte wir sind hier in Alltag, da darfs mal eine Alltagsbeschreibung ohne Großes Thema sein.

Interessant, wie so Geschichten entstehen. Also ich habe manchmal auch eine Idee und fange gleich an zu schreiben ... und dann sind ein zwei Szenen fertig – und wie geht es dann weiter? Wo geht das hin? Damit ich dem Thema gerecht werde, müsste ich dann nicht, keine Ahnung, weitere 50 Seiten schreiben? Oder vielleicht noch mehr? Das ist vielleicht ein persönliches Problem, das ich grad hab .. irgendwie ufert alles aus. Da muss man sich dann für etwas entscheiden und sich richtig hinsetzen. Aber vielleicht poste ich jetzt auch mal was in kubistischem Stil. Das ist dann halt auch ein cooler Ausschnitt aus dem Leben oder so.

Also ich hab's wie immer gerne gelesen, war aber nicht mein Lieblingsteil von dir.

MfG,

JuJu

 
Zuletzt bearbeitet:

Moin Kubus,
man merkt, dass du eine Menge Spaß beim Schreiben gehabt hast. Der Text wirkt, als wenn du ihn in einem einzigen Rutsch runtergeschrieben und dabei das eine oder andere rausgeschrien hast, was dir missfällt an unserer schönen Gesellschaft.
Soweit so legitim. Was fehlt, ist die große Linie an der ich mich als Leser orientieren kann. Damit will ich nicht unbedingt einen stringenten Geschichtsaufbau fordern, überhaupt nicht, aber im ganzen Wirrwarr sollte schon eine emotionale Annäherung des Lesers an den Protagonisten möglich sein und mich (als Leser) mitnehmen in die Welt des Bücherzählers (oder was immer er ist). Dass es bei dir als Autor (und sicher beim einen oder anderen Leser ebenso) funktioniert, kann ich mir gut vorstellen, aber das reicht mir nicht.
Klar, du schreibst ganz gefällig (das war jetzt ein Lob), so dass ich es tatsächlich ohne Probleme die Geschichte zwei Mal lass. Wenn dir das als Autor reicht, ist alles palletti, wenn nicht, wirst du dich wohl um eine intensive Überarbeitung und Strukturierung der Geschichte nicht herumkommen.
Aus meiner eigenen Schreiberfahrung (ich schreibe nur mit einem Grob-Grobkonzept – auch mehrere hundert Seiten) fängt die Arbeit erst nach dem Schreiben an. Was eigentlich auch heißen würde, dass meine Arbeit als Kritiker hier anfangen würde. Leider bin ich heute faul und lass das mal (wäre auch ganz schön viel).

Eigentlich müsste jetzt hier noch stehen „gern gelesen“ oder etwas ähnliches. Da es aber hier im Forum unter so vielen Texten steht und es mir inzwischen so pädagogisch aufmunternd vorkommt, lasse ich es mal.

Herzlichst Heiner

PS. Ich habe die Kritiken unter deinem Text nicht gelesen. Falls sich etwas wiederholt hat …

 

Moinsen Heiner, Juju schreibt ein Kommentar weiter oben, dass eine andere Geschichte von mir besser wäre, da merke man, dass die Figuren leiden würden, und dazu dann deine Feststellung, ich hätte Spaß beim Schreiben gehabt, von der ich irgendwie das Gefühl vermittelt bekomme, das wäre negative Kritik.
emotionale Annäherung ist ein interessanter Punkt, auf jeden Fall, in der Richtung kritisieren einige und bei Geschichten wie dieser hier ist das sicher wichtig, die Figuren werden von außen gezeigt und wenn sie mal in einen inneren Monolog treten oder ich ihre Gefühlswelt beschreibe, dann auf eine Weise, die es vielleicht sogar unmöglich macht, das Leid meiner Figuren ernst zu nehmen. für mich ist alles paletti (Entstehung dieser Wendung in der Hamburger Kneipe "Die Palette" Anfang der Sechziger am Gänsemarkt?), ich habe hier nicht nach den Sternen gegriffen und finde das auch legitim, außerdem behalte ich mir eine weitere Geschichte dieses Jahr vor, die ich nur aus Spaß schreibe und vielleicht sogar veröffentliche.

fängt die Arbeit erst nach dem Schreiben an. Was eigentlich auch heißen würde, dass meine Arbeit als Kritiker hier anfangen würde. Leider bin ich heute faul und lass das mal (wäre auch ganz schön viel).
schade, das hätte interessant werden können! versuchst du mit Gewalt alle Didaktik aus deinen Komms zu entfernen? :) Lehren ist doch was Schönes und Wichtiges. dass das ziemlich schief ist, von mir Überarbeitung zu fordern und dann im selben Moment sich zurückzulegen, weißt du ja bestimmt. sieht ja aus wie Absicht gerade. schreib doch so, wie du schreiben willst, nur Mut. :)

Eigentlich müsste jetzt hier noch stehen „gern gelesen“ oder etwas ähnliches. Da es aber hier im Forum unter so vielen Texten steht und es mir inzwischen so pädagogisch aufmunternd vorkommt, lasse ich es mal.
man kann ja auch etwas sagen, indem man sagt, dass man genau das nicht sagt. ich empfinde das jetzt als meta-gesagt und sage ein halbes Viel Dak. ohne Aufmunterung fehlte hier eine Seite des Kritisierens, das wäre ziemlich ätzend.

Herzlich,
Kubus

Heya Juju,

Nur der erste Absatz wird im Präsens erzählt ... um uns die spanende Handlung einzuführen? Ist das Absicht?

beim ersten Posten fiel mir das nicht auf, aber bei der ersten Überarbeitung, dann wunderte ich mich, warum das niemand thematisiert und seitdem warte ich daruf, dass mal jemand was sagt. :D ich schreib das auch im Präteritum.

Und wenn das Orwells Gedanken sind, warum stehen die nicht in so halbe 'Anführungsanzeichen`, wie sonst überall auch.

ja weil das nicht seine Gedanken sind, das wird unelegant vom Erzähler in die Geschichte hineinerzählt, die wirken ein bisschen wie Fremdkörper so. mich persönlich störte letztens in der Übersetzung von Song of Fire and Ice genau das manche Figuren da zeilenlange ausformulierte 'Gedanken' hatten, das fand ich sehr unrealistisch und hat mir den ganzen Spaß verdorben, auch deswegen hab ich das an der Stelle anders gemacht.

aber die Busfahrerin wartet, obwohl kein Platz ist? Und fragt dann noch, was der Junge will? Versteh ich nicht.

ja, so richtig Platz ist da auch nicht mehr, aber der Junge könnte sich den schaffen, wenn er sich mit Gewalt reindrängt, was er sich aber nicht traut. von vorne sieht man das ja auch anders als aus seiner Perspektive. also die Busfahrerin ist schon entgegenkommend, indem sie auf ihn wartet, das wars aber auch mit ihrer Freundlichkeit, die will ja ihren Fahrplan einhalten, vergewissert sich aber sogar noch einmal, bevor sie losfährt. Orwell später drängt sich ja in fast dieselbe Menge. Menschen sind stauch- und zusammenschiebbar, siehe Videos von U-Bahn Tokio oder Zubringerbusse von Events wie Robbie Williams. aber es ist halt schon ein Unterschied, ob so ein zehnjähriger Steppke da reinwill oder ein Mann. Kindsein, also klein und schwach, hat ja diese Seiten der Hilflosigkeit, das vergisst man schnell mal.

und dann die Stille; da kann man schon mal die Sinnfrage stellen. In Zügen ist schon weitaus mehr Leben drin, irgendwie.

finde ich gut gesagt, das mit der Sinnfrage. :) in Regionalzügen ja, da habe ich im Urlaub während der Fahrt häufig mehr Spaß als in meinem letztendlichen Ziel.
noch gruseliger als Bus kann U-Bahn sein, da hat man zur Partyzeit am Wochenende auf gewissen Strecken immer wieder die Situation, dass mehrere Halbstarke, die sich einig sind, im Zweifel den ganzen Waggon terrorisieren können und die Leute 'Drei Affen' spielen. da frage ich mich immer, wie ich jetzt reagieren würde, wenn das wirklich ausarten würde - im Hinterkopf die Geschichten von U-Bahn(tot)schlägern.

Und du gehst auch gar nicht so sehr auf diese Einöde ein, sondern dann geht's weiter mit der Innenstadt, die keine ist .. also bei mir zündet das nicht so.

ja, das ist so, wie man Umwelt erlebt, man sieht sie, es fällt einem was dazu ein oder nicht, das Eine zieht vorüber, das Nächste kommt ...
hier verzichte ich darauf, da Sachen hineinzudenken und eine Sache aufzuplustern und das Konkrete als Vehikel für etwas Größeres zu nehmen, dass es bei dir nicht zündet finde ich schade.

Ansonsten, ja ... das ist alles sehr kubistisch, manchmal ein bisschen zu sehr, finde ich. Orwell und Angela sind Hülsen für deine intelligenten Gedanken, aber so richtige Menschen, mit denen man leidet oder sich indentifiziert, sind sie nicht. Komisch, gestern hatten wir es im Chat vom Foster, da meinte Kew, er sei kalt und distanziert, hätte keine Nähe zu den Charakteren.

Okay, ich habe ihn mir gerade wieder hervorgeholt - hier auf KG.de sollte man ihn anscheinend immer griffbereit haben, so oft wie der angesprochen wird. ja, also das mit der fehlenden Identifizierung bei FW's Figuren, das kann man schon gelten lassen, glaube ich, das ist so.
Pynchon, von dem wir danach sprachen, dem wurde Ähnliches vorgeworfen, nur dass seine Figuren nicht so arschkaputt sind, sondern meistens auch stets etwas Heiteres bis Albernes haben. das ist ja häufig eher so der sympathische Losertyp bei ihm, also zum Beispiel die Hauptfigur von Enden der Parabel. Wobei ich mich allgemein nur ganz grob an bestehender Literatur orientiere, ich will ja was Neues machen, aber diese Vergleiche bringen mich halt dazu zu sagen, was für mich da tendenziell eher passen würde.

dass du hier schon ernste/traurige Themen ansprichst, sie aber witzig/intelligent behandelst. So als wärst du beim Schreiben zu gut drauf gewesen, als würdest du nicht mitleiden.

ein populäres Beispiel für einen mitleidenden Schreiber wäre Jonathan Franzen, der sagte im Interview mit einer deutschen Zeitschrift, dass er jeden Tag erst mal durchsiebe, warum es ihm an diesem Tag schlecht gehe, und dann versuche er das literarisch fruchtbar zu machen. aber im Gegensatz zu seinem Kumpel FW lebt der noch.
also die Themen hier sind schon echte Themen von mir. ich kann mich im Gespräch furchtbar über Das Bilderdiktat der Werbung aufregen, über die Sexualisierung (ist ja auch kein neuer Prozess) der Medien, über den allgegenwärtigen Leistungsdruck, über das Höher, Schneller, Weiter, ohne dass die meisten sich überhaupt überlegen, wohin es überhaupt gehen sollte.
ich rede auch mit Freunden viel über so was (bis kurz vor Kündigung der FB-Freundschaft :D) und diskutiere mit welchen, die mir am Herzen liegen, wenn ich das Gefühl habe, die sind da irgendwie betroffen (mit fast allen Freundinnen, die sich zu dick fühlen bspw) und ich prüfe und erwisch mich da auch selbst immer wieder - ich nehme die Sache schon ernst, furchtbar ernst, ich nehme das ganze Leben furchtbar ernst und sehr persönlich, auch wenn man nach der Lektüre hier vielleicht einen anderen Eindruck haben könnte.
aber stell dir doch mal vor, wie willst du denn diese Szene, dass einer im Bett liegt, so klassisches Opfer der sexuellen Vergleichskultur, und sich über seinen Penis und die sexuelle Leistungsfähigkeit Gedanken macht, wie willst du die anders darstellen? da steckt doch die maximale Ironie schon drin - ich meine diese Probleme sind - denke ich - echt, und das sind auch welche, die viele haben, aber sie sind gleichzeitig auch furchtbar lächerlich.

Ist da Wut drin? Angst? Richtige Selbstzweifel? Wenn maria ein Mann wäre, wie hätte sie die Stelle geschrieben? Für dein Empfinden bestimmt zu kitschig

ich weiß nicht, warum ich immer wieder auf dieses Kitschige hingewiesen werde. ich finde Gefühle nicht kitschig, und ich finde auch Gefühlsäußerungen, seien es Angst oder Wut oder Liebe, können gar nicht kitschig sein, wenn sie echt sind. Kitschig wird es doch erst durch eine Objektivierung, oder? durch den Beobachter, der das bewertet.
aber hör mal! will wirklich jemand lesen, wie ein rundum properer Westler im Bett liegt und echte Selbstzweifel wegen Penislänge und sex. Leistungsfähigkeit hegt? vielleicht verleide ich mir dadurch Leser, denen es genau so geht, und die diese Einstellung arrogant finden, aber ich finde diese sexuelle Leidenskultur total lächerlich. bei Anas Rat und Gift, da waren Probleme, die ich ernst nehme, die haben in meinen Augen auch nicht diese lächerliche Seite, weil das existenzielle Probleme sind mglw.
in Orwells Alltage beschreibe ich Probleme, die ernstzunehmen sind, weil es die Lebensqualität der Leute durch Selbstzweifel runterzieht, aber die haben gleichzeitig so eine Konstruiertheit, die ihnen die Ernsthaftigkeit nimmt, deswegen habe ich vielleicht so darüber geschrieben. Konstruiertheit, weil gerade im sexuellen Bereich da viel von den Medien gepusht wird und von der gegenseitigen Erwartungshaltung, von Mund-zu-Mund-Propaganda, da wird so viel gelabert und übertrieben, ist mein Eindruck, und das setzt die Leute unter Druck. an sich könnte man das doch völlig gelassen sehen: es geht darum, ein bisschen Spaß miteinander zu haben, neugierig sein und lachen, sauber sein und ein bisschen gelenkig, dann wird es schon gehen, könnte in einer kubistischen Lehrbroschüre stehen.

Also ich habe manchmal auch eine Idee und fange gleich an zu schreiben ... und dann sind ein zwei Szenen fertig – und wie geht es dann weiter? Wo geht das hin? Damit ich dem Thema gerecht werde, müsste ich dann nicht, keine Ahnung, weitere 50 Seiten schreiben?
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um dem Thema gerecht zu werden, musst du keine 50 Seiten schreiben, eine Kurzgeschichte ist ja nicht die Verlegenheit des Schreibers, der keinen Roman kann.
aber ob man einem Thema gerecht wurde, das lässt sich schwer entscheiden, da muss man ja überlegen, was man für Ansprüche an sich hat, in Behandlung des Themas, Stilistik und so weiter, und ob man die erreicht hat. das geht aber auch auf kurzem Weg - die Kurzgeschichte wurde ja auch einmal als Königsdisziplin verstanden. und ob man dem Thema gerecht wurde - das werden spätestens einige Kritiker hier eh anders sehen. da wäre es wahrscheinlich ganz gut, dir einen inneren Kompass zu erarbeiten, dem du vertraust, beziehungsweise einem oder zwei Kritikern dein Vertrauen schenken, damit man irgendwann auch mal zur Ruhe kommt zwischendurch mit dem Gefühl, da ist jetzt wirklich mal was gut und gelungen.

Aber vielleicht poste ich jetzt auch mal was in kubistischem Stil. Das ist dann halt auch ein cooler Ausschnitt aus dem Leben oder so.

ich halte die Augen offen.

Bis die Tage, Juju :)

 

Moin Kubus,

und dazu dann deine Feststellung, ich hätte Spaß beim Schreiben gehabt, von der ich irgendwie das Gefühl vermittelt bekomme, das wäre negative Kritik.

ne ne, das war nicht negativ gemeint - eher umgekehrt - man muss ganz schön mutig sein, um Geschichten "einfach so zu schreiben" ohne ein festgelegtes Drehbuch.
Meine „Faulheit“ ist einfach darin begründet, dass ich gerne auch im Detail kritisiere, aber mir bei deiner Geschichte (selbst) der rote Faden fehlt und da kommt man als Kritiker ganz schön schnell ins Schleudern und schreibt Mist.
Frage: Was willst du für ein Gefühl beim Leser erzeugen? In welche Welt soll er entführt werden? Ich sah da schon den einen oder anderen Ansatzpunkt, aber dann wurde ich im nächsten Absatz der Geschichte wieder ganz irgendwo anders hingeführt. Sprich: Wenn ich die grobe Linie nicht erkennen kann (warum auch immer) lass ich lieber die Detailkritik.
Vielleicht ja bei deiner nächsten Geschichte. Ich bin auf jeden Fall dabei als Leser.

Herzlichst Heiner

PS. Mit Didaktik habe ich es tatsächlich nicht (mehr) so. Weißt ja, die größten Kritiker der Elche …
Ich denke, die entscheidende Arbeit (das entscheidende Lernen) kann nur beim (im) Autor selbst passieren (was überhaupt nicht heißt, dass dieses Portal überflüssig ist – ganz im Gegenteil).

 

Hallo Kubuskowitz!

Ich hab mal den ersten Absatz bisschen zusammengekürzt:

So stehen und sitzen sie zusammengedrängt in diesem Bus, der zu dieser Zeit regelmäßig Fahrgäste stehen lässt, weil beim besten Willen kein Platz mehr ist. Orwell fährt seit einigen Monaten mit. zuerst drei Mal, mittlerweile vier Mal die Woche. Gerade hält der Bus bei der Haltestelle Katzenbachstraße.

Das könnte man mit dem ganzen Text machen, ohne dass er wirklich viel verlieren würde, finde ich. Für mich würde er sogar gewinnen, weil ich besser auf das Wesentliche achten könnte. Es sind nur so kleine Schlenker, die mich rauskicken, die für mich unwichtig sind, weiß nicht, wie du das siehst. Was ist überhaupt das Wesentliche? Ich hab den Text gerade gelesen, aber ich kann keine wirkliche Handlung mehr abrufen: Orwell im Bus, Orwell an der Arbeit, Orwell beim Sex. Dazwischen viele eingeschobene Gedanken, die interessant sind, aber mich nicht dazu zwingen, die Geschichte weiterzulesen. Das sind Gedanken, die nicht unmittelbar mit der Handlung zu tun haben. Ich weiß nicht, Kubus, immer wenn du Geschichten schreibst, wo was passiert, gefallen die mir ziemlich gut (Gift, das mit diesen XTC Typen, die den Dealer aus Langeweile zusammenschlagen, Vier Häfen, Anas Rat .. noch einige mehr) Dann gibt es noch diese Texte, die mir zu viel mit Gedankenmacherei zu tun haben. Also: Mir gefallen manche Stellen gut Z.b die Szenen mit Angela. und manche gefallen mir nicht so gut: Der Anfang...
Insgesamt sind mir einfach zu viele Schlenker drin. Das muss ich jetzt so deutlich wiederholen. Da sind Sätze drin, die mir nicht so wirklich gefallen
Anstatt dass er beschämt die Klappe hielt, freute sich der geistlose Kopist, mit jemandem diese Medienerfahrungen teilen zu können.
Das fettgedruckte stört mich wirklich. Wobei man beschämt noch gut drin lassen könnte. Aber das andere ist doch sehr unschön, finde ich.

Also, insgesamt kommt da bei mir leider nicht viel an. Zu viel Hirnschmalz, aber zu wenig Herzblut. Mir fehlen so die Sachen, die mich berühren. Wo man merkt, dass da Seele hintersteckt und von mir aus auch Leid.

Tut mir leide, dass ich nichts Positiveres sagen kann, aber ich möchte bitte mal wieder was lesen von dir, wo es schmerzt beim Lesen, wo man glaubt, dass die Personen echt so existieren könnten. Ach, verdammt, wo steckt Art eigentlich?

Lollek

 

Hey Kubus!

Also, wenn ich ne Geschichte zwei Mal lese, was auch im Jahr einmal vorkommt, dann muss ich sie mindestens einmal kritisieren.
So geschehen bei dieser Geschichte und trotz Zeitmangel! (ja, ich bin eine moderne Frau mit Verpflichtungen und Terminen, da brauchen wir gar nicht drüber zu diskutieren, ist so.)

Zur Geschichte selbst: Das ist ja ein furchtbares Gepose, ich komme mir tatsächlich wie der große Bruder vor, als würde man bei denen in der Wohnung und im Bus Kameras installieren und sagen, so jetzt spielt euch mal, aber glücklich. (Ich hab übrigens die Kritik so gestaltet, wie ich gerade Lust hatte, wenn mir was eingefallen ist, hab ichs geschrieben hat keine Ordnung, fast so wie deine Geschichte. ;P)

Ich hab bei deiner letzten Geschichte so reingequatscht, ich würd nicht mit den Namen deiner Figuren klar kommen, die sind so artifiziell. Das ist bei mir mit allen Geschichten so, ich erwische mich immer wieder dabei, wie ich Namen, die ich nicht kenne oder die so besetzt sind, dass ich sie dann nur noch lächerlich finden würde, blockiere. Das tut hier ja jeder, wenn ein englischer Name bei einer deutschen Kg auftaucht, da rufen auch alle: wie lächerlich, wir sind hier nicht in New York oder so. Und hier bei dir, Orwell. Natürlich ist die Assoziation so gewollt, aber das ist eben zu gewollt – dieses Gewollte wird durch die Ironie gebrochen Orwell Trotzli oder so, aber ich werde als Leserin immer wieder darauf hingewiesen, dass diese Figur aus einer Geschichte ist – und das macht für mich die Distanz hier aus. Ich werde mit jeder Handlung und mit jeder Namenserwähnung auf die Metaebene hingewiesen – und das möchte ich nicht. Ich will in die Geschichte rein.

Und dein Titel – liegt das an mir oder ist er falsch? „als wäre er was wichtig“ nicht: Als wäre er was Wichtiges`? Oder Als wäre er wichtig.

"Dass die Verantwortlichen auf dieser Strecke keinen größeren Bus einsetzen! Der ist doch jedes Mal überfüllt!", rief er von hinten. Und hätte sich am liebsten im selben Moment auf die Zunge gebissen, welches aufrührerische Gen brachte ihn nur immer wieder dazu, in solchen und vergleichbaren Situationen Ärger zu machen, der verlässlich auf ihn zurückfallen und sein Leben unbequemer machen würde.

Bis da hab ich tatsächlich gedacht, der lebt in einer orwellschen Dystopie, aber der macht sich eigentlich nur Sorgen um sein Image – so lese ich das jedenfalls.

"Der ist nie so voll wie jetzt. Das ist das erste Mal", entgegnete sie, begleitet von einem Bulldoggen-Blick in den Rückspiegel. Mitte fünfzig, schätzte er. Kurzhaarschnitt mit Pony, einer der drei Frisurtypen, die zugeknöpfte Alte kriegen, wenn sie beim Friseur 'was Flottes' bestellen. Eine nichtssagende runde Brille, ein vielsagender Mund, der gerade jetzt ausdrucksvoll schwieg; sie schien einen unerfreulichen Gedanken zu haben, sie kniff die ohnehin schmalen Lippen noch enger zusammen, was das Netz aus Falten vertiefte, die wie stilisierte Sonnenstrahlen von ihrem Mund abgingen

Ich mag die Beschreibung.

Orwell, mit der gleichen verächtlichen Arroganz, wie sie eine höherentwickelte, auf Silizium beruhende Lebensform, die Mario Barths nicht mehr witzig findet,

So, und durch das 'Mario Barth' wird die Geschichte schön in unsere Realität/Alltag einbetoniert. Nix mehr mit alternative Realität oder Dystopie oder zukünftiges Deutschland oder sonst was.

Oberflächenwesen waren das, beide, schillernd und schmierig zugleich, wie Ölpfützen. Solche Gutfinder und Mitmacher werden ihn ersetzen, da ist er sicher.

Mag ich auch und das Traurige ist, er ist es auch.

Oberflächenwesen waren das, beide, schillernd und schmierig zugleich, wie Ölpfützen. Solche Gutfinder und Mitmacher werden ihn ersetzen, da ist er sicher. Wie die Filialunternehmen nach und nach Inhabergeführte Buchhandlungen ersetzten; wie Amazon und ein paar große konzerngelenkte Verlage die Vielfalt deutschsprachiger Verlagslandschaft ausradieren werden; wie der glatte und nach Plastik riechende Reader die wunderschönen Printerzeugnisse, wie hießen die gleich?, überflüssig machen wird. Er sah das und er mahnte das an. Natürlich interessierte es niemanden, was ihn nur motivierte, sich stärker zu engagieren. Schwarzseherei und Untergangsprophetie waren genau seine Sache, was Orwell dafür prädestinierte, tatsächlich und als erster unterzugehen, zumindest im Kaufmannsladen, wo es eher nicht um die ganz großen Themen ging, vor allem nicht für ihn.
Das und wenn ich dann das lese:

Die hat mich also auf dem Kieker, dachte er. Und verschwieg, wie gerne er Sachen zählte.
Nach zweieinhalb Stunden Zählen fühlte er sich recht erschöpft, Orwells tragisch-heroische Natur ließ ihn trotzdem noch eine Stunde durchhalten, ohne Klage!, bevor er die magnetische Plakette mit dem

frage ich mich, was eher ernst gemeint ist oder keins von beidem. Bei dem einen Absatz kritisiert dein Orwell den, nennen wirs Kapitalismus, um dann im nächsten Absatz den Arbeiter zu kritisieren bzw. hier setzt dann die Meta Ebene an, der Erzähler kritisiert Orwells Haltung, weil dieser glaubt, bis zur Erschöpfung zu arbeiten und trotzdem noch ne Stunde durchhalten zu können. So, als würde er tatsächlich arbeiten. Ich blick nicht dahinter, soll das Kritik an der Kritik sein? Wir haben genug Menschen, die das einzig Richtige/Moralische propagieren und sich selbst nicht dran halten können, wie schon in der Geschichte erwähnt, ein gewisser Bundespräsident.
Wie du schon in deinem Kommentar mit dem sex sells sagtest, du kritisierst diese Methode, indem du es selbst darstellst – maßlos übertrieben. Sowas nennt man auch Satire – finde ich grundsätzlich gut, hier mochte ich das aber irgendwie nicht. Ich weiß nicht, ich sag nicht, dass es shclecht geschrieben ist oder sonstwas, ich kann mit der Geschichte nicht viel anfangen. Mit der Frau, die gerne unabhängig wäre, ihre Haare aber mit Kiefershampoo wäscht, weil ihr Freund den Geruch mag, wenn er sich damit die Füße wäscht, pardon, sie ihm damit die Füße trocknet. Also, häääh?

Merkozy stand an ihrer Wohnungstür, ein kleiner Scherz, der außer beim Liebesspiel, wenn sie "Gib es Merkozy, Gibs uns!", schrie, kaum störte.

Hmm, wieder eine Anspielung – hab gehört, Merkel soll die neue eiserne Lady Europas sein – was ich bezweifele und Sarkozy zieht hohe Absätze an (immer noch Männerschuhe!) wenn er mit seiner Frau auftritt und sie darf dann keine Absatzschuhe tragen. Vielleicht ist das jetzt auch zu weit hergeholt, für mich sind diese Menschen jedenfalls so das Asexuellste, was es gibt, und sowas beim Geschlechtsverkehr zu rufen, wooo. :)
Aber bei der Frauenfigur musste ich sowieso an die Frauen von Stepford denken, für mich auch asexuelle Wesen – das Unbild der heutigen Frau.

erste Worte, ähem nee, ernste Worte

Ja, also die Kritik bzw. dieses typische Jammern, was man Deutschen immer gerne vorwirft ist ins Absurde, Lächerliche gezogen, dass es ja fast wehtut.
"Ach, Schatz – ich wollte es dir eigentlich nicht sagen, aber vielleicht ist es besser, wenn du es weißt. Wir führen ja eine moderne Beziehung, ich will dir nichts verheimlichen, auch wenn es mein Herz beschwert. Mach dir bitte keine Sorgen, es wird schon gehen, irgendwie ..."

Ich glaube, egal, wie lächerlich die Figuren sind, man muss sie trotzdem irgendwie ernst nehmen. Kein modernes Paar sagt von sich aus, wir führen eine moderne Beziehung. Und wenn er von sich aus als modern ausgeht, dann wird er das auch nicht sagen, auch wenn wir s als Leser es besser wissen.

*

Orwell griff sich dankend und grüßend zugleich an die Mütze, nickte knapp und drängte sich durch die passive Fahrgastgesellschaft, die wie stets in den überdimensionierten Metallbüchsen der Öffentlichen kaum nach Schwarmintelligenz aussah.
Das schreit sowas von nach Kubus und so gar nicht nach unabhängiger Erzähler, wenn du verstehst.

Ich weiß nicht, wie ich die Geschichte finden soll. Muss ich sie denn überhaupt irgendwie finden? Ob dir jetzt was hilft, wenn ich sage, dass ich die Geschichte nicht unbedingt mochte, sie nicht meinem Geschmack entsprach – wohl kaum. Ich fand's übertrieben künstlich, angefangen beim Namen, die Handlungen, die Meta-Ebene, den Anti-Helden, die Anti-Frau bzw, so ein Mix aus Hausfrau der Fünfziger und einer Schaufensterpuppe und einer Kommunistin. Die Geschichte wirkt überladen mit Gedanken, die du gerade hattest, so gar nicht organisch, die Absätze fügen sich nicht ineinander. Seufz.

JoBlack

 

Ey Lollekowski,

Das könnte man mit dem ganzen Text machen, ohne dass er wirklich viel verlieren würde, finde ich. Für mich würde er sogar gewinnen, weil ich besser auf das Wesentliche achten könnte. Es sind nur so kleine Schlenker, die mich rauskicken, die für mich unwichtig sind, weiß nicht, wie du das siehst.

ich seh das so, dass die kleinen Infos, die Details wichtig sind, um den Text realistisch erscheinen zu lassen, aber natürlich sollen die den Leser nicht rauskicken, gerade bei dem Teil mit der Fahrzeugkategorie habe ich auch überlegt. aber ich finde im ersten Absatz jetzt nichts allzu übertriebenes, das mute ich meinen Lesern zu - für mich sind diese Schlenker auch der Reichtum einer Geschichte, wenn man seinen Stil generell verschlanken würde und nur noch Hauptsätze macht, fallen einem nachher manche Sachen bestimmt auch gar nimmer ein.

Kubus, immer wenn du Geschichten schreibst, wo was passiert, gefallen die mir ziemlich gut (Gift, das mit diesen XTC Typen, die den Dealer aus Langeweile zusammenschlagen, Vier Häfen, Anas Rat .. noch einige mehr) Dann gibt es noch diese Texte, die mir zu viel mit Gedankenmacherei zu tun haben. Also: Mir gefallen manche Stellen gut Z.b die Szenen mit Angela. und manche gefallen mir nicht so gut: Der Anfang...

interessant, dass du die mal so aufführst, bis auf Gift sind das alles Geschichten, bei denen ich mich bewusst hingesetzt habe, um Handlung zu simulieren, weil ich sehen wollte, ob das klappt. aber auch, um nicht nur in dem Ruf eines Schreibers zu stehen, der sich nur so Gedanken macht, in dessen Geschichten nichts passiert. mir gefällt das Image nicht. :D

GEISTLOSER KOPIST / Das fettgedruckte stört mich wirklich. Wobei man beschämt noch gut drin lassen könnte. Aber das andere ist doch sehr unschön, finde ich.

ist das jetzt so ein dezenter Hinweis, dass du dir. ja worauf? ich kommentier mal Die Pate und kuck, obs danach gut ist.

Tut mir leide, dass ich nichts Positiveres sagen kann, aber ich möchte bitte mal wieder was lesen von dir, wo es schmerzt beim Lesen, wo man glaubt, dass die Personen echt so existieren könnten. Ach, verdammt, wo steckt Art eigentlich?

weißt ja wie das ist, was ich stets sage. schreibt alle, was ihr zu schreiben habt. ich bin darauf eingestellt, viel kritisiert zu werden. für Art benötige ich die richtigen tellurischen Kräfte

He Heiner,

ne ne, das war nicht negativ gemeint - eher umgekehrt - man muss ganz schön mutig sein, um Geschichten "einfach so zu schreiben" ohne ein festgelegtes Drehbuch.

ist wohl einfach nur eine andere Herangehensweise, denke ich. :) um Mut geht es beim Schreiben glaube ich nur sehr selten

Weißt ja, die größten Kritiker der Elche …

Verstehe. Dein Kommentar klang genau danach. Verstehe sogar gut, denn den Spruch konnte ich auch schon mehrfach auf mich anwenden, der hängt hier an der Wand.

die größten Kritiker der Molche waren früher ebensolche,
Kubus

 

Hej Kubus,

jetzt bin ich spät dran, kritikmäßig, und ich hab nicht alle Kommentare gelesen, aber ich vermute, Neues hab ich auch nicht zu sagen.
Trotzdem:

Ich find's faszinierend, wie Du einerseits so ein Geschreibsel produzierst und dann plötzlich ein Abschnitt kommt, der wirklich richtig gut ist.

Mit Geschreibsel meine ich so etwas hier:

Die Großen sehen von oben herab, wie es nun mal ist, wenn sie nach unten blicken müssen,
Ob alle groß sind, die da hinunterschauen, das sei mal dahingestellt, aber dass man von oben nach unten blicken muss um zu sehen, was da vor sich geht, das darfst Du Deinem Leser intellektuell schon zumuten, ohne Erklärung. Find ich.

"Sie müssen hinter die Absperrung", zickte ihn die Fahrerin an.
"Da ist kein Platz", sagte Orwell.
"Das wird schon gehen", beharrte sie. Und, nach etwa zwanzig gefahrenen Metern: "Sonst gibt es Ärger mit der Polizei, wenn die sie hier vorne stehen sieht."
"Ich werde dahin gehen, aber erst beim nächsten Halt, nicht jetzt."
Wer zickt hier? Normalerweise würde ihm jede/r Busfahrer/in verklickern, dass er entweder steht, wo er gesagt bekommt oder läuft. Im Zweifelsfall wird einfach mal kurz gebremst, basta.)

Dass die Verantwortlichen auf dieser Strecke keinen größeren Bus einsetzen! Der ist doch jedes Mal überfüllt!", rief er von hinten.
Orwell, Orwell, du zickst nicht nur, du bist auch noch ein Spießer. Das ist nicht aufrührerisch, sondern original der gleiche Aufruhr, den Erna Kawuschke immer verursacht, wenn bei ihrem Penny die fünfte Kasse nicht schnell genug aufmacht. Soll er mal in Bangladesch in einen Bus steigen, aber ehrlich mal.

"Der ist nie so voll wie jetzt. Das ist das erste Mal", entgegnete sie, begleitet von einem Bulldoggen-Blick in den Rückspiegel.
Nein, sie entgegnet nicht, sie rechtfertigt sich.

Eine nichtssagende runde Brille, ein vielsagender Mund, der gerade jetzt ausdrucksvoll schwieg; sie schien einen unerfreulichen Gedanken zu haben, sie kniff die ohnehin schmalen Lippen noch enger zusammen, was das Netz aus Falten vertiefte, die wie stilisierte Sonnenstrahlen von ihrem Mund abgingen.
Runde Brillen find ich nicht unbedingt nichtsagend. Eckige schon eher. Ovale auch. Aber runde haben immer eine ziemlich eindeutige Aussage.
Was ist ein vielsagender Mund? Mir sagt er nichts, das kommt erst später als er wie die Sonne strahlt, der Morgensonnenmund der Busfahrerin.
Wie er ausdrucksvoll schweigt ist mir auch ein Rätsel. Ausdrucksvoll schweigen kann man, wenn man sich kennt. Dann schweigt einer und der andere weiß genau, was das bedeutet.

So leben die meisten Leute: ein, zwei gute Jahre und dazwischen nichts als kleinkarierte Schlechtgelauntheit.
Klingt für mich nach jemandem, der mit "O" anfängt. Bisher hat er sich genauso präsentiert.

Bei der Haltestelle 'Stadtzentrum' stieg er aus, und machte sich schlechtgelaunt auf dem Weg zu seinem neuen Job;
Eh, was hab ich gesagt.

Das wär doch total geil, eine Unze von diesem Zeug und du kannst von morgens bis abends eine nach der anderen ziehen!
Muss man dazu diese Serie kennen, gibt es die wirklich, kannst Du das leserfreundlicher beschreiben? Ich erfahre hier nichts über Orwell, weiß nicht, was er langweilig findet, weil ich ABSOLUT keine Ahnung habe, wovon die reden.

Oberflächenwesen waren das, beide, schillernd und schmierig zugleich, wie Ölpfützen. Solche Gutfinder und Mitmacher werden ihn ersetzen, da ist er sicher. Wie die Filialunternehmen nach und nach Inhabergeführte Buchhandlungen ersetzten; wie Amazon und ein paar große konzerngelenkte Verlage die Vielfalt deutschsprachiger Verlagslandschaft ausradieren werden; wie der glatte und nach Plastik riechende Reader die wunderschönen Printerzeugnisse, wie hießen die gleich?, überflüssig machen wird. Er sah das und er mahnte das an. Natürlich interessierte es niemanden, was ihn nur motivierte, sich stärker zu engagieren. Schwarzseherei und Untergangsprophetie waren genau seine Sache, was Orwell dafür prädestinierte, tatsächlich und als erster unterzugehen, zumindest im Kaufmannsladen, wo es eher nicht um die ganz großen Themen ging, vor allem nicht für ihn.
Den Absatz finde ich gut, obwohl Orwell sich nicht deutlich genug von ihnen abhebt um dabei ganz glaubwürdig zu sein. Aber hier entwickelt er mal etwas Persönlichkeit, er ist anders als im Bus zumindest teilweise ehrlich und kommt besser rüber.

Und verschwieg, wie gerne er Sachen zählte.
:)

'Kleinheit', beschwor er sich. 'Ausnahmsweise Schnauze halten.' Orwell grüßte die Buchhändlerinnen zum Abschied - die erschrocken zu reden aufhörten, liebenswert unverstellte Geschöpfe, die sie waren
Das hier wäre noch besser, wenn ganz klar wird, wie Orwell tickt, dass er sich verstellt, im Gegensatz zu ihnen. Aber er unterdrückt nur.

Als er die Augen schloss und endlich, endlich seinen wohlverdienten Feierabend zu genießen begann, spürte er wie von Ferne Angelas so sanfte und doch starke Hände, die seine müden Glieder mit ätherischen Ölen einrieb und seine Füße, nachdem sie sie aus dem Wasser gehoben hatte, voller Liebe mit ihrem Haar abtrocknete, das sie ausschließlich mit Kiefern-Spülung wusch, weil Orwell Kiefer so gern roch.
Auch gut.

"Natürlich", sagte er. "Wieso sollte ich sonst eine Frau abgeschleppt haben, die Angela heißt?"
Das wirkt nicht mehr wie Handlung, hier wird der Leser angesprochen, unterschwellig zwar, aber es macht etwas kaputt. Orwell steht eben nicht Mario Barth-mäßig auf einer Bühne, sondern hat nur Angela als Gesprächspartner. Die reagiert gar nicht darauf.

Aber ich kann nicht einfach tun, als gäbe es den preußischen Arbeitsethos nicht.
Und ich dachte immer, nur Bayern reiten so auf dem Preußentum rum ...

"Vielleicht ... vielleicht könntest du die Haushaltshilfe beaufsichtigen?"
Orwell überlegte. "Ja, das ginge eventuell. Das Personal macht sonst, was es will."
Zwischendurch ist er mal nicht so ein verdruckster Möchtgernblicker.

Dann will ich keiner sein, was ist schon toll daran, das zu sein, was jeder ist?"
Er möchte nicht sein, was jeder ist, aber niemand möchte gern sein, was jeder ist. Dadurch ist Orwell genau wie alle. ZU Beginn strampelt er im Bemühen, dennoch anders zu sein, ziemlich ineffektiv herum. Später sträubt er sich vllt weniger und wird zum Individuum.

Angela näherte sich mit ihrem Mund seinem Ohr, "
Absatz.

massierte es so eifrig wie zärtlich und saß schon auf seinem (Schwengel)
Wozu die Klammern? Auch nachher, haben die irgendeine Bedeutung. Ich meine, das geht doch schon grammatikalisch nicht.
urch eine geheimnisvoll intelligente und zärtliche Materie, die sein (Ding) liebkoste
Hier auch.

Er zählte Sterne, bezeichnete eine bestimmte Menge Sterne jeweils als Haufen, addierte dann die Haufen, bis er einen Klops hatte, ja, einen Sternenhaufenklops! aber all das Gezähle konnte ihn nur bedingt ablenken, denn er befingerte permanent seinen Penis (Schicksal) und haderte mit dem Gegebenen und versuchte angestrengt, von dieser etwas albern anmutenden Maßnahme abzusehen und seine Überlegungen zu transzendieren. Nach zwei Stunden Wachliegen die Quintessenz seiner Wandergedanken: Frauen sind Verführung und Geheimnis, mein Penis ist schön, stark und tapfer, morgen werden Bücher gezählt.

Nächste Haltestelle: "Stadtzentrum". Die Busfahrerin mit der flotten Frisur fuhr den Bus so schwungvoll in die Kurve, dass Orwell umgefallen wäre, wenn ihn die hinter ihm stehende Alte nicht gestützt hätte. "Sie müssen die Füße so stellen und den Schwerpunkt weiter nach unten verlagern, wenn sie sich nicht festhalten können", sagte die vielleicht Fünfundsiebzigjährige, zeigte ihre vorbildliche Fußstellung, und lächelte aufmunternd.
Orwell fühlte sich an eine Situation im echten Winter letztes Jahr erinnert, als er vor der Kunsthalle gestürzt war und eine noch ältere Frau ihm geraten hatte, Spikes zu tragen; er hatte gehofft, in diesem Winter bliebe ihm eine ähnliche Erfahrung erspart. Es war demütigend.

So müsste es durchgehend sein. Also für meine Geschmack. Ungefähr dieser Tonfall.

Orwell griff sich dankend und grüßend zugleich an die Mütze, nickte knapp und drängte sich durch die passive Fahrgastgesellschaft, die wie stets in den überdimensionierten Metallbüchsen der Öffentlichen kaum nach Schwarmintelligenz aussah.
Bei ihm lag der Fall anders, Orwell war so voller hochvitaler Gedanken, dass er auch in Bussen intelligent aussah, da war er sicher; Orwell wäre sicher auch ohne das Eingreifen der Alten nicht hingefallen. Im letzten Augenblick hätte er sich gefangen, ganz sicher, seine Reflexe hätten das schwankende Gleichgewichtsorgan am Schlaffitchen gegriffen, nachdem er den aktuellen Gedanken zuende gedacht hatte, wie es sein sollte für einen, der gewisse Prioritäten setzte und bestimmten Prinzipien folgte.
Geist über Materie, dachte er auf dem Weg zur nächtlichen Bücherzählerei, der Weg des Krieger-Philosophen.
Und das Ende find ich auch in Ordnung.

Zusammengefasst: Orwell kommt schwer in die Gänge. Wie gesagt, ich vermute, dass Du Dich gegen Ende eingeschrieben hast.
Vielleicht war es auch ganz anders.

Mir ist noch aufgefallen, dass Du den Beginn der wörtlichen Rede ständig klein schreibst, andererseits "Schlechte Laune" anstatt "schlechte Laune" usw.

Und diese Zwischenüberschriften wirken auf mich als hätte der Autor/als hättest Du schlicht vergessen sie zu löschen.

Das war's,

LG
Ane

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Ane,

ich bin ebenfalls spät dran, der Schlaf findet mich nicht, wahrscheinlich wegen der Geschichte und der vielen strengen Blicke, die sie erntete. woher kommt nur diese geballte Verachtung, die dem Orwell hier mittlerweile entgegenschlägt? ich kann ja verstehen, wenn man den Ton nicht witzig findet, aber dass sich die Vorkommnisse ernst genug nehmen lassen, um sich darüber in ernstem Spott zu üben, das wundert mich. mein Möchtegernblicker ist ja keinesfalls als ernsthafte Figur konzipiert, ich habe die Problemfelder - die man hineinlesen kann, wenn man möchte - und warum ich die so unernst beschreibe, genau wie ich Orwell als Untyp beschreibe, erklärt. mir kommt es gerade so vor, als rufe der Wald einfach zurück - Orwell findet alles ein bisschen schlecht, und jetzt finden alle Orwell ein bisschen schlecht. Eigentlich sollte die Geschichte Spaß machen, etwas Entertainment, mehr nicht. Was ist nur mit meinen Lesern los, dass die fast alle nicht lachen wollen?

aber dass man von oben nach unten blicken muss um zu sehen, was da vor sich geht, das darfst Du Deinem Leser intellektuell schon zumuten, ohne Erklärung. Find ich.

es ist nicht so, dass ich das meinem Leser nicht zutraue. dem traue ich generell ne ganze Menge zu. ich mag auch schlechte Witze. wenn ich die mache, heißt das ja auch nicht unbedingt, dass ich glaubte, der Zuhörer verstünde keine besseren Witze. die Doppelbödigkeit dieser Beobachtung liegt natürlich auf der Hand und dass deswegen Arroganz beim Autor gewittert wird, aber interessant ist es schon, dass manche, die sich kleinmachen zum Beispiel, dem Gegenüber gar keine andere Wahl lassen, als von oben herab zu schauen. das ist ja Verführung zur Todsünde! wenn man das so denkt, hätte der Gegenüber sogar eine Pflicht, auf Augenhöhe zu kommen, wenigstens soweit es geht. das funktioniert beim vorliegenden Beispiel natürlich nicht.

Wer zickt hier? Normalerweise würde ihm jede/r Busfahrer/in verklickern, dass er entweder steht, wo er gesagt bekommt oder läuft. Im Zweifelsfall wird einfach mal kurz gebremst, basta.)

zugegeben, das sieht gerade schlecht aus für Ziegenbock Trotzli. die Situation ist aber die, dass er während der Fahrt gar nicht nach hinten kann, ohne da abenteuerlich rumzuturnen. er müsste ja durch die Schranke, durch diesen beweglichen Arm, aber da hinter stehen schon zwei, deswegen steht er ja überhaupt vorn, weil da noch Platz für zwei, drei Leute wäre, im ansonsten proppevollen Bus. das muss ich also genauer beschreiben?!?

Orwell, Orwell, du zickst nicht nur, du bist auch noch ein Spießer. Das ist nicht aufrührerisch, sondern original der gleiche Aufruhr, den Erna Kawuschke immer verursacht, wenn bei ihrem Penny die fünfte Kasse nicht schnell genug aufmacht. Soll er mal in Bangladesch in einen Bus steigen, aber ehrlich mal.

Orwell mag es, wenn man seinen Namen zweimal nacheinander sagt, ihm gefällt, wie der klingt. Spießer ist er natürlich, Pünktlichkeit, Ordnung, Arbeitsdisziplin, das sind ja die Eigenschaften, zu denen er sich heroischerweise bekennt, obwohl sie seinem Leben tragische Züge verleihen. Spießer sein ist gut in Deutschland, als Spießer ist man auf Seiten der Gewinner und befindet sich in quantitativ guter Gesellschaft. Gegen den Spießer an sich ist sowenig zu sagen, wie über ihn zu sagen ist. Bist du keine Spießerin, nur weil du in Bangladesh mal Bus gefahren bist?

Nein, sie entgegnet nicht, sie rechtfertigt sich.

beinhaltet eine Rechtfertigung nicht normalerweise eine Begründung? so verstehe ich den Begriff des Rechtfertigens.

Wie er ausdrucksvoll schweigt ist mir auch ein Rätsel.

Dir sind die Sachen ein Rätsel, mir sind sie klar. Das wäre vllt andersherum, wenn ich deine Geschichte kommentieren würde, was ich vor kurzem, durchaus lobend, tata!
also eine runde Brille kann genauso nichtssagend sein, wie eine eckige, Orwells Welt scheint zwar teils kleinkariert, aber Geometrische haben alle die gleichen Rechte, obwohl ich als Brille ein Viereck wäre. viel von seinem Edelmut bleibt im Schatten, weil ich darüber nicht spreche.
ausdrucksvoll schweigen geht auch bei quasi Unbekannten, kennst du das nicht, wenn die Kawuschke in der Schlange steht und fast kocht, weil die fünfte Kasse nicht geöffnet ist? die kennste auch nur dem Namen nach, aber ihre schweigende Aura ist Ausdruck des Ärgers, der in ihr gärt, so stelle ich mir auch Busfahrerin Bulldogge vor aka Big Sister.

Ich erfahre hier nichts über Orwell, weiß nicht, was er langweilig findet, weil ich ABSOLUT keine Ahnung habe, wovon die reden.

aber es geht doch nicht über das konkrete Thema, sondern eher darum, dass da einer ist, der alle Sprüche, mit denen er die Mädels beeindrucken will, geklaut hat, und der dreist genug ist, sich fürs Erwischtwerden nicht mal zu schämen, sondern sogar darüber reden will so nach dem Motto - "Und dann hat Walter gesagt, und dann hat Jesse gesagt" das Prinzip ist so langweilig, Sachen einfach nachzuerzählen, wie Gespräche 'wortgetreu' wiedergeben. du bist clever genug, das zu verstehen, wenn du willst. du hättest ja auch das mit den Großen, die nach unten sehen, ohne meine Erklärung verstanden.

:-) Zahlen bis hundert kann er richtig gut

Orwell steht eben nicht Mario Barth-mäßig auf einer Bühne, sondern hat nur Angela als Gesprächspartner. Die reagiert gar nicht darauf.

verstehe, das wird mir so langsam deutlich ist ein echtes Problem in diesem Dialog, Orwell spricht mit ihr, als vermutete er einen Zuschauerraum hinter dem Vorhang im Schlafzimmer versteckt. das ist später noch mal, bei dieser Stelle mit "modernes Paar", die JoBlack anspricht. sie hat da natürlich schlechte Karten, Angela kann da kaum was intelligentes drauf antworten. Sie könnte sagen, dass sie ihn glücklich machen will, das geht natürlich immer, auch bei rhetorischen Fragen ... "Ich will nur, dass du glücklich bist, Orwell!"

Er möchte nicht sein, was jeder ist, aber niemand möchte gern sein, was jeder ist. Dadurch ist Orwell genau wie alle.

zumindest bei uns wird Individualismus groß geschrieben. als ob man ohne entwickeltes Ego nicht glücklich sein könnte, mglw geht das als Westler wirklich nicht. er ist dann aber nur in einer Hinsicht wie jeder, da bleibt immer noch genug Differenz, man könnte ja gar nicht wie alle sein, selbst wenn man wollte. alle sind ja auch nicht wie jeder. dieser Selbstverwirklichungstrieb lohnt sich auf jeden Fall zu betrachten, in die Falle geht man ja als Preuße auch, du willst dich bestimmt ebenfalls selbst verwirklichen. letztens rutschte mir im Gespräch mit einer Frau heraus, dass ich schreibe, da meinte sie gedankenvoll, dass sich so viele durch Kunst selbst zu verwirklichen versuchen. ich lehne den Gedanken eher ab.

Wozu die Klammern? Auch nachher, haben die irgendeine Bedeutung. Ich meine, das geht doch schon grammatikalisch nicht.

Das sind Verlegenheitsklammern, weil das tendenziell schweinische Begriffe sind. Dudenkonform ist das sicher nicht.

Okay, die Geschichte kommt schwer in die Gänge, aber zum Ende hin wird sie in Ordnung. Du meinst, ich hätte weiterschreiben sollen, oder? wenn das so weitergehen würde, könnte es ab Seite zwölf richtig gut werden. ;)

Danke für den Kommentar, auch wenn ich nicht so ganz verstehe, warum der so streng ausfiel - weil Orwell so ein Möchtegernblicker ist, weil der Autor arrogant oder schlicht weil der Tonfall nicht fetzig genug ist?

Liebe Grüße,
Kubus

zu tun Liste:

- Beginn in einfache Vergangenheit
- Dialog Angela / Orwell: Orwell dran erinnern, dass er zu Angela spricht, nicht zu einem Publikum
- Busszene detaillierter beschreiben, damit die Busfahrerin wirklich wie ne Ziege aussieht

JoBlack!

schön dass du trotz deiner Vielbeschäftigtheit mal vorbeischaust, klar bist du modern und hast Termine, das haben wir eh schon schwer vermutet.
aha! deine Interpretation zum Big Brother Thema, das ja von mir nicht mal als so eins angelegt war, hat schon was, auf jeden Fall. "spielt euch mal, aber glücklich" das Artifizielle ist da drin, der Punkt, dass du der Geschichte nicht glauben kannst, dass sie so geschehen könnte. Und das gefällt dir nicht. Namen finde ich übrigens auch wichtig, aber ich brauche keine realistischen Namen, um in eine Geschichte reinzukommen. Auf jeden Fall ist das kein bewusstes, beabsichtigtes Distanzspiel hier von mir, da gibt es ja noch ganz andere Kniffe, um den Leser drauf aufmerksam zu machen, dass er eine Geschichte liest. Natürlich sind die Szenen an sich auf weiten Strecken unglaubwürdig in ihrer Übertreibung, aber ich habe schon darauf spekuliert, dass der Leser trotzdem dabei bleibt und will hier niemand bewusst rauskicken.

Und dein Titel – liegt das an mir oder ist er falsch? „als wäre er was wichtig“ nicht: Als wäre er was Wichtiges`? Oder Als wäre er wichtig.

nee, du liegst richtig. der ist nicht grammatisch.

Bis da hab ich tatsächlich gedacht, der lebt in einer orwellschen Dystopie, aber der macht sich eigentlich nur Sorgen um sein Image – so lese ich das jedenfalls.

die Geister, die man rief! ich verstehe es so, dass er sich vor Unbequemlichkeiten zu bewahren versucht, geht in die Richtung, ist aber nicht ganz Image. auf jeden Fall kein Dystopia.

Mag ich auch und das Traurige ist, er ist es auch.

ja das kann sein, haben wir ja hier öfter, dass er Sachen kritisiert, die ihn selbst betreffen. wobei ich Oberflächlichkeit gar nicht prinzipiell schlecht finde, aber das steht ja auf einem anderen Blatt.

soll das Kritik an der Kritik sein?

man kann Kapitalismus schlecht finden, bzw Entwicklungen darin, das heißt ja nicht, alle vom ökonomischen System Ausgebeuteten wären gut. die eine Kritik ist ja auch eine, die man in der Form durchaus ernstgemeint stehen lassen könnte, wohingegen das andere eben die Überspitzung ist, um Orwell durch den Kakao zu ziehen in erster Linie, also das jetzt im Nachhinein zur Kritik umzuerklären, fände ich ein bisschen viel gesagt.

Wie du schon in deinem Kommentar mit dem sex sells sagtest, du kritisierst diese Methode, indem du es selbst darstellst – maßlos übertrieben. Sowas nennt man auch Satire – finde ich grundsätzlich gut, hier mochte ich das aber irgendwie nicht. Ich weiß nicht, ich sag nicht, dass es shclecht geschrieben ist oder sonstwas, ich kann mit der Geschichte nicht viel anfangen

ja Satire, stimmt. ich wusste doch, da gibt es ein Wort für, es lag mir auf der Zunge, kennst du das? :) ist so ein bisschen satirisch oder?

Mit der Frau, die gerne unabhängig wäre, ihre Haare aber mit Kiefershampoo wäscht, weil ihr Freund den Geruch mag, wenn er sich damit die Füße wäscht, pardon, sie ihm damit die Füße trocknet. Also, häääh?

absurd und albern. also diese Stelle: eine Klamotte. wenn man sich da überlegt, was der Autor dabei gemeint haben könnte und was genau er damit kritisieren will, kann der Denkapparat schon nen hübschen Spagat hinlegen, das ahne ich.


Vielleicht ist das jetzt auch zu weit hergeholt, für mich sind diese Menschen jedenfalls so das Asexuellste, was es gibt, und sowas beim Geschlechtsverkehr zu rufen, wooo.

Haha, nee, finde ich gar nicht, alles sehr schön anschaulich und vorstellbar! stimmt schon, wenn man sich das im Einzelnen vorstellt, ist das ein Spitzenklasse-Abtörner.

Kein modernes Paar sagt von sich aus, wir führen eine moderne Beziehung.
ja das ist übertrieben an der Stelle, das ist so was, das den Leser rauskickt. der soll auf diese Weise nicht auf Distanz gehalten werden. ich muss mal sehen, wie sich das ändern lässt.

Ach helfen! sehr interessant ist es, zu lesen, wie du das einschätzt. ich habe mir das natürlich anders vorgestellt - dass man Orwell auf ein Schild hebt und ihm einen Triumphzug durch den Champs-Élysées spendiert! nee, aber entweder laue Reaktionen oder Ablehnung, zumindest auf den letzten Metern, das ist schon ernüchternd. Wobei mich ein bisschen tröstet, dass du ein paar hübsche Sachen zwischendurch gefunden hast wenigstens und der Weg also nicht ganz umsonst gewesen zu sein scheint. Danke jedenfalls für die Zeit und die Mühe und bis die Tage. :)

Kubus

 

Hej Kubus,

auch wenn ich nicht so ganz verstehe, warum der so streng ausfiel
Oh, das tut mir leid, nimm es nicht persönlich, ich urteile im Grunde nicht streng über Deine Geschichte, sondern über meine eigenen. Aber weil alle Geschichten irgendwie zusammenhängen, bekommst Du unverdient etwas davon ab ...

Außerdem saß ich vorhin in der U-Bahn und habe mir Gedanken über Deine Geschichte gemacht (!) und ich dachte, dass es einfach verdammt schwierig ist, jemanden, der spießig und pünktlich und ich-weiß-nicht-wie-"gewöhnlich" ist in einen Bus zu stellen (weil, wer oder was fällt im öffentlichen Nahverkehr überhaupt noch auf, es sei denn er/sie kotzt dem Nebenmann in den Schoß?) und dann zu hoffen, dass er trotzdem auffällt. Interesse erregt.
Verstehst Du, was ich meine?
Das ist sozusagen die schwierigste Startposition, unter den gegebenen Umständen. Und das hat denn weniger mit Deinem Schreiben als mit der Perspektive zu tun.
Wie findest Du die Idee (hat vllt schon jemand geschrieben?).

die Situation ist aber die, dass er während der Fahrt gar nicht nach hinten kann, ohne da abenteuerlich rumzuturnen.
Als hätte das je irgendeinen miesepetrigen Busfahrer interessiert. Ich hab das schon tausendmal gehört: "Ich fahre nicht weiter, bis ... " und dann kann er sich praktisch aussuchen, was ihm nicht passt. Er sitzt am längeren Hebel.

Zu behaupten, dass der Autor, dass Du arrogant bist, würde ich mir nicht erlauben.

Menno, und ich dachte ich hätte deutlich gemacht, dass ich die Geschichte auch (eher gegen Ende) gut finde. :(

Ich wünsch Dir einen schönen Tag,

LG
Ane

 
Zuletzt bearbeitet:

Heya Ane

Oh, das tut mir leid, nimm es nicht persönlich, ich urteile im Grunde nicht streng über Deine Geschichte, sondern über meine eigenen. Aber weil alle Geschichten irgendwie zusammenhängen, bekommst Du unverdient etwas davon ab ...

das ist ja mal ne hübsche Begründung. in erster Linie finde ich es ja gut, dass du dir die Zeit genommen hast, was zu schreiben. das war ja auch interessant zu lesen, ist immer sehr spannend herauszufinden, was die Leser sich zu einer Geschichte denken, und ich sehe das eh eher sportlich und freue mich über ein gutes Spiel, sozusagen. ich habe mich nur gewundert, dass man Orwell so ernstzunehmen scheint, und das wundert mich immer noch. aber ist okay, ich wundere mich ständig über irgend etwas, damit kann ich leben.

Verstehst Du, was ich meine?

klar, was Freundliches. :)

Dir auch nen schönen Tag, machs gut!

Kubus

 

… und drängte sich durch die passive Fahrgastgesellschaft, die wie stets in den überdimensionierten Metallbüchsen der Öffentlichen kaum nach Schwarmintelligenz aussah,
schließt Deine feine Satire,

lieber Kubus,

wobei ich daran erinnern will, um wie viel zutreffender das für den Individualverkehr zutrifft, der die zumeist vereinzelte Person zur Sardine degradiert, was ein schönes ökologisches Gemälde abgäbe, schwimmen die Sardinen doch idR in noch engeren Blechkisten und -

Öl.

Aufgefallen war mir der Text von Anfang an, also genau vom ersten Tag an – und wär’s nur wegen des scheinbar missglückten Starts, da doch Überschriften – selbst beim ollen Brecht, der ja gelegentlich (Tagebuch zB) eine radikale Rechtschreibreform mit absoluter Kleinschreibung praktizierte – denn (der letzte soll es auch merken), grundsätzlich beginnen Überschriften mit Großbuchstaben und wäre das erste Wort noch so klein und / oder kurz und mitten drin

"Gib es Merkozy, Gibs uns!", …
wäre gegenüber der Überschrift inkonsequent, hier das zweite g als Großbuchstaben auftreten zu lassen!?, oder
"mmhmmm, ja, stimmt, das ist ein Klischee."
Selbst hier beginnt’s mit Großbuchstaben … -

nur erwies er sich für eine Besprechung im Internetcafé vor mehr als zwo Wochen als allzu komplex. Aber, da bin ich von überzeugt, es geht auch ohne mich – und dat janz jut, wie ichet seh.

Also alles schon gesagt?
Wir rebellieren, wenn schon keine Revolution, so doch wenigstens bissken Revolte, an die mich schon der Protagonist denken ließ:

Orwell
Nein, an Orwells 1948, pardon, er dreht’s ja um, oder Animalfarm („all animals are equal …“) denk ich weniger als an ein Wortspiel, denn wer Wortschöpfung treibt, spielt manchmal nicht nur mit dem guten Geschmack, sondern vor allem mit Worten und somit Bedeutungen: Sehen wir mal vom mörderischen Orestes und einem säuselnden Orpheus ab: Orelse wäre ein „oder aber“, ggfs. ein „andernfalls“, da ist ein or well schon was weniger zweifelndes: „well“ mag nicht nur gut und / oder gesund sein, ist auch noch Quell’: des Lebens. Und dann noch die Anspielung auf Orwells verkapptes Vorbild Stalismus:
Orwell Trotzli
– Lew or Trotzki, natürlich revisited. Aber Trotzkopf hätt was!
Gerade hält der bei der Haltestelle Katzenbachstraße.
Eine sachliche Anmerkung: Hält der Bus gelegentlich auch an Nichthaltestellen (ich meine da keine rote Ampel oder einen Stau ….)?
Und bei der Namensnennung denk ich – bei mir ist das halt so – automatisch an Jean Paul, wenn die Erfindung der Irrenanstalt und des Pappkameraden (nicht aber der Potemkischen Dörfer) in Doktor Katzenbergers Badereise vorkommt, eine Realsatire auf mitteleuropäische Verhältnisse zu seiner Jahrhundertwende.

Die Fahrerin sieht ihn im Rückspiegel, verzieht den Mund und - wartet.
Dafür gebührt ihr der noble Preis, denn ich kenn’s nur in der Variante, den Hetzenden wenige Meter vorm Ziel einfach stehen zu lassen …

Playsie
Playsier?, excusé moi, klär einen alten Sack auf …

„… , wenn die sie hier vorne stehen sieht."
Busfahrer sind mit Ausnahme des zuvor geschilderten Falles idR höfliche Leute und ich höre den Großbuchstaben zu Beginn der Anrede:
… wenn die Sie hier …

'Fahr danieder in die Hölle schlechter Ausreden!"
Warum die wundersame Verdoppelung der Gänsefüßchen am Ende?
Diese Dame ist vor Zeiten auf dem Jahrmarkt der Preußischen Tugenden mit kostenloser Schlechter Laune ausgestattet worden …
Warum nur schlechte Laune? Warum nicht gleich die Umlautung zu einer Schlächter Laune, schließlich lässt sich eine gerade Linie von Willi zwo zum Gröfaz ziehen …

Aushilfen /-innen
Pc in reinster Form bis hin zu Mensch und Menschin!, und, den Hundehaltern unter den Lesern vielleicht auch schon widerfahren: Rüde und Rüdin.

Haushaltshilfe
Ja, das ist Satire bis hin zur haushaltsnahen Beschäftigung!

schriftstellernder Drache in Moers Wunderwelten
Wenn die Ausstellung, die leider nicht mehr im Ludwigs Museum Schloss Oberhausen ist, woanders auftaucht, durchaus sehenswert! Aber ich bin halt selbst ein Käpt’n Graubart und Blaubart Verehrer.

Wie (fast) immer gern gelesen vom

Friedel,

der auch’n schönes neues Jahr wünscht, denn nach 1/13. Jahr darf & kann man's wohl noch.

 

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