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Realismus in Horror-/SciFi-/Fantasygeschichten

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Realismus in Horror-/SciFi-/Fantasygeschichten

Gerade in Horror fällt mir immer wieder auf, dass Diskussionen über Realismus aufkommen, zum Beispiel ist es hier wieder Thema. Daher der Thread, Ihr könnt Euch ab nun off-topic unter den Geschichten ersparen. ;)

Meine Meinung dazu:
Natürlich liegt es schon in der Natur der im Topic erwähnten Genre, dass die Geschichten dort sehr phantasievoll sind, bzw. sein müssen. Trotzdem hat alles seine Grenzen.
Klar sind auch Vampire, Elfen, Monster, Aliens nicht gerade realistisch, aber die Welt, in der sie leben, sollte das im Kontext sein - oder muss vom Autoren plausibel erklärt werden. Wenn der menschliche Held trotz Kopfschuss noch ein paar Monster vermöbelt, ein Kind das Wissen eines Physikprofessors hat, ein Hund an einem Tag von Frankreich nach Afrika schwimmt, ein zuvor Verstorbener plötzlich wieder - und das nicht als Geist - auftritt, etc., kann ich darüber wirklich nur den Kopf schütteln. Als Autor darf man einfach nicht die Logik vergessen, und sich rauszureden, indem man sagt, das Genre sei ja auch unrealistisch, ist mE einfach schwach.

So, freudiges Diskutieren.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo zusammen!

Also, erst einmal muß ich Bibliothekar recht geben. Die Logig darf in einer Horrorstory natürlich nicht fehlen, dafür hat er auch schon reichlich Beispiele gegeben. Aber,
Logig und Realismus sind in Welt des Horrors zwei völlig unterschiedliche Begriffe. Ich finde, gerade in dieser Ruprik "Horror" ist das Wort "Realismus" sehr dehnbar. Ich denke, da darf man nicht jedes Wort zweimal rumdrehen, sondern man muß dem Autor auch seine Freiheiten eingestehen. Denn das ist es gerade, was eine Horrorgeschichte so unterhaltsam macht. Ohne groß über Sinn und Unsinn nachdenken zu müssen, lese ich diese Geschichten nur, um dabei das gribbelde Gefühl der Furcht zu erleben. Will ich eine Geschichte zum Nachdenken lesen, schaue ich unter der Ruprik "Gesellschaft" nach, dort erwarte ich Realismus.

Liebe Grüße
Anja

 

Ohne groß über Sinn und Unsinn nachdenken zu müssen, lese ich diese Geschichten nur, um dabei das gribbelde Gefühl der Furcht zu erleben
Das ist Dir als Leserin auch gestattet, aber für den Autoren ist es tabu!

Ich nehme jetzt mal Nightmare on Elmstreet als Beispiel, bietet sich ganz gut an.
Die Welt, in der die Prots im wachen Zustand leben, ist absolut real, alltäglich und logisch. Wenn sie allerdings schlafen, gelangen sie in eine surreale Welt, in der alles möglich ist. Da ist es auch okay, wenn Logik und Realismus nebensächlich sind und allerlei seltsame Dinge geschehen. Wenn aber in der realen Wachwelt plötzlich ein Mann zum Auto wird oder seine Zunge wie eine Schlange aussieht, ist das schlicht daneben.

Und so ist das auch in den Geschichten. Wenn der Autor eine reale Welt als Umfeld wählt, muss es da auch eine reale Logik geben. Egal, ob da nun irgendwo ein Werwolf rumhüpft. In "American Werwolf In Paris" ist Paris ja auch real gezeichnet, obwohl es Zombies, Werwölfe, etc. gibt.
Wenn dort also etwas total Unrealistisches passiert, bsp. ein Mensch eine Enthauptung überlebt oder ein Mensch trotz Ausbruch des HIV-Virus hundert Jahre alt wird, ist das einfach scheiße.

Wenn aber eine surreale Welt gewählt wird, kann man auch seine eigene Realität erfinden. Dann können von mir aus alle Häuser aus Wackelpudding sein oder die Menschen zwanzig Beine haben.

Mich nervt es einfach, wenn Autoren schlechte Recherchen oder Unlogik mit der Wahl des Genre rechtfertigen wollen.

 

Na ja, das ist ja alles gut und schön, was Du da schreibst, Du nimmst verschiedene Filme als Beispiel, doch was ist z.B. mit dem Film "Arrak Attak"? Der spielt auch in einer realistischen Welt, die auch anfänglich als solche dagestellt wird, doch die Story drum herum ist so unralistisch, wie es eben nicht unrealistischer sein könnte. Und trotzdem schaut man ihn sich an, weil er einfach Angst ereugt. Dabei darf man auch nicht über Logik nachdenken, sonst macht das ganze Anschauen-, bzw. auf unsere geschriebenen Geschichten übertragen, Lesen keinen Spaß mehr.

 

Ich persönlich halte einen gewissen Realismus in Fantasy-, SF-, Mystery- und auch Horrorstorys schon für erforderlich. Klar, dass man bei diesen Genres etwas freier mit der Realität umgehen kann; trotzdem sollten die Geschichten im Allgemeinen der Realität zumindest angelehnt und natürlich in sich logisch sein, damit sie überzeugend beim Leser rüberkommen. Ansonsten wirken solche Geschichten für mich unglaubwürdig.

Fantasy, etc. benötigt meiner Meinung nach einen gewissen Bezug zur Realität. "Herr der Ringe" ist hierfür ein gutes Beispiel, wie ich finde. Man hat ein wenig den Eindruck, geschichtliche Ereignisse zu lesen bzw. zu sehen, so als ob sich wirklich alles so zugetragen hat und weniger der Fantasie entsprungen ist, und trotzdem ist alles erfunden. Das hat Tolkien wunderbar hingekriegt.

Man kann auch Elfen oder Vampire realistisch erscheinen lassen, da muss ich Bib zustimmen.

Stephen Kings "Duddits" zum Beispiel fand ich an einigen Stellen inhaltlich gesehen etwas übertrieben, und trotzdem kam die Geschichte so überzeugend für mich rüber, dass ich sie schon wieder gut fand.

Soweit meine Meinung.

Viele Grüße,

Michael :)

 
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Hallo nochmal zusammen!

So, jetzt melde ich mich noch einmal zu Wort, und dann ist gut.
Ich finde es nur schade, daß Geschichten, die nicht hundertprozentig der Realität entsprechen, einfach als blöd abgetan werden, obwohl sie eingentlich den Leser erschreckt, und damit ihr Ziel erreicht haben.
Liest man Stephen Kings Geschichte "Nachtschicht", so ist es für mich auch nicht besonders glaubwürdig, von einer riesigen Ratte angegriffen zu werden und doch erschreckt mich diese Vorstellung.
Genauso ist es bei der Geschiche, die dieses Thread ins Leben gerufen hat. Sicherlich mag der Hintergrund etwas unrealistisch sein, doch darum geht es in erster Linie doch gar nicht. Erschreckend finde ich nur die Tatsache, jahrelang in dieser Kanalisation zu leben, mit der Beulenpest oder was auch immer am Bein. Wenn das dann glaubhaft und realistisch geschrieben ist, so hat die Geschichte meiner Meinung nach ihr Ziel erreicht.

Liebe Grüße
Anja

 

@ Anja:

Die Rattengeschichte "Spätschicht" hab' ich gelesen. Ist zwar nicht Kings beste Kurzgeschichte; gefallen hat sie mir aber ganz gut.

Grüße – Michael :)

 

arc en ciel hatte mal in einem ganz anderen Thread geschrieben:

Wenn Du meinst, daß es so sein soll, dann erzeuge eine Situation und Atmosphäre, die es dem Leser nahe bringt. Die es glaubhaft macht. Wenn man es gut genug hinbekommt, stolpert auch niemand über eine Elfe, einen Geist oder ein sprechendes Klavier. Du mußt eben nur dafür sorgen, daß der Leser versteht, daß es eben so und nicht anders sein muß.
Das fand ich sehr gut gesagt. Es dürfen ja gerne Außergewöhnliche Sachen passieren, aber sie sollten dem Leser logisch erscheinen. Gerade bei Horror heißt das für mich: Wenn mir etwas absolut unplausibel erscheint - und zwar nicht, weil es so ein seltsames Ereignis ist, sondern weil es dem Autor nicht gelingt es für mich nachvollziehbar und nicht an den Haaren herbeigezogen darzustellen -, dann grusele ich mich nicht so leicht, sondern es lässt mich kalt. Weil ich dann am meisten Angst bekomme wenn ich beim Lesen plötzlich befürchte, mir könnte selbst etwas Ähnliches passieren.
Wenn ich es als unrealistisch im Gesamtkontext empfinde, dann schreckt mich die Geschichte überhaupt nicht.

 
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Hallo,

mal abgesehen davon, daß Stephen King alles in allem ein genialer Schriftsteller ist (der natürlich auch ein paar schwächere Sachen geschrieben hat), leben gerade seine Stories von den absolut realistischen Charakteren. Ich glaube, es läßt sich mit dem Satz zusammenfassen (weiß nicht mehr genau, von wem er stammt): Leser haben keine Angst vor Monstern, sie haben Angst um Menschen.

Für Tolkien gilt Entsprechendes für die Zwerge, Hobbits oder Elfen, die unglaublich "menschlich" sind.

Und "Star Trek" wurde sicher nicht zuletzt deshalb zur Kultserie, weil die Protagonisten ihre ganz realistischen Schwächen haben - man denke nur an die ewigen Reibereien zwischen "Pille" und Spock oder an Picards problematisches Verhältnis zu Kindern in der "Next Generation".

Schöne Grüße
Roy

 
Zuletzt bearbeitet:

Wenn ich abends mal wieder stundenlang wach im Bett liege, passiert es mir in letzter Zeit öfters, daß in meine eigentlich äußerst entspannenden Wachträume höchste seltsame, zumeist groteske Bilder hineinspringen, Bilder, deren Erscheinen ich nicht befohlen habe und deren Herkunft mir absolut schleierhaft ist. Es sind meistens absurde Gestalten oder Gesichter, die für wenige Sekunden auftauchen, mich angrinsen und wieder verschwinden. Ich kann sie danach nicht zur Wiederkehr bewegen, kann mich Null an ihr konkretes Aussehen erinnern, und doch weiß ich, daß sie sich, während ich sie sehe, äußerst detailiert zeigen. Warum das so ist, weiß ich nicht. (Mit Drogen hat es jedenfalls nichts zu tun ;) )
Diese Bilder sind realistisch und doch nicht. Sie sind Traum, aber ohne Schlaf.

Und so müssen für mich gute Schauergeschichten sein. Die Verschmelzung von Traum und dem, was man gemeinhin Realität nennt, muß die düstere, furchterregende Atmosphäre erzeugen. Nichts macht einen mehr zittern als das Gefühl, die eigene Definition von Realität ad absurdum geführt zu sehen. Dann zerfließt die eigene, kleine Welt und ein Gefühl des Verlassen- und Hilflosseins macht sich breit.
Es kommt eben darauf an, den Leser im Unklaren zu lassen, wo der Traum anfängt und ob der Traum überhaupt Traum ist oder gar Realität. Ist der Traum die Realität und die Realität bloß ein Traum?

Das Paradebeispiel und die mit einiger Sicherheit mit Abstand beste Geschichte dieser Art ist Lewis Carrols "Alice im Wunderland". Natürlich ist das ganze keine Horrorstory, aber die Traum-Realität-Problematik wird nirgendwo so genial dargebracht wie in Alice' Abenteuern. Niemand käme auf die Idee, sprechende Greifen, Raupen und Skatkarten in Frage zu stellen.

Ein anderes genialisches Werk ist Strindbergs "Traumspiel", ein Drama, das sich ebenfalls mit dem Thema Traum auseinandersetzt.

In der Schauerliteratur sind vor allem Klassiker wie Lovecraft oder dessen Vorbilder aus dem Gothic Novel-Genre zu nennen. Meiner Meinung nach ist der Einbruch der Traumebene in die Realität im Grunde das, oder ein Teil dessen, was "Kosmisches Grauen" meint. Die Unsicherheit muß den Leser überfallen und fesseln, so daß sich sein Kopf nach der story dreht wie mit 3 Promille im Blut. (Gut, die Frage ist, ob sich dann überhaupt noch was dreht, aber egal...)

Deswegen ist das Irrationale und Surreale und Groteske für mich der Grundstoff einer guten Horrorstory.
Deswegen mag ich auch solche 0815-Horror"literatur" wie King nicht, weil er dahingehend mMn einfach nicht weit genug geht, zumal verglichen mit Lovecraft oder Poe.

Logik (mit "k" übrigens ;) )ist natürlich etwas ganz anderes. Wenn die Logik in sich unstimmig ist, zerstört sie auch die beste Traumatmosphäre. Das ist wie, wenn man des Nachts aufwachen würde, weil einen die Logik der eigenen Träume nicht überzeugt.

 

Naja, das einzige King-Buch, daß ich über eine größere Anzahl Seiten lesen konnte, war "The Green Mile". Und rein stilistisch konnte ich nichts besonderes finden. Meiner Meinung nach typisch amerikanischer Stil, wenn ich das mal so nennen darf. Aber naja, ist Geschmackssache (Scheißspruch *g).
Ein anderer Autor, den ich hier nennen möchte, ist Ambrose Bierce. "Ein Mann mit zwei Leben" zB ist ebenfalls ein geniales Beispiel für den Überfall des Unmöglichen auf die Wirklichkeit. Und Bierce zeigt wie kein zweiter, daß auch ein eher simpler, kalter Stil ohne großartige Ausschmückungen diese Art von kosmischem Grauen erzeugen kann.

 

Nun, was könnte ich zu dieser Diskussion beitragen, was nicht bereits gesagt wurde bzw. noch gesagt werden wird?
Meiner ehrlichen Meinung nach gibt es kein heikleres Genre als Horror.
Lass einen Typen seiner Freundin einen Heiratsantrag auf Hawaii machen, während "die Sonne wie ein Feuerball im glutroten Meer versank und sie sich leidenschaftlich küssten" (wollte ich immer schon mal schreiben - danke für den Thread!) und du erzeugst Romantik.
Lass die Freundin von einer herabfallenden Kokosnuss sterben, während sie ein "Ja" haucht und du erzeugst Dramatik.
Lass den Typen sich beim Reden verhaspeln und du erzeugst Komik.
Aber wie erzeugst du Horror? ECHTEN Horror? Nicht einfach einen Ekeleffekt, ein "Oh! Das hätte ich jetzt aber nicht gedacht, dass ein Hai aus dem Wasser springt und ihm den Schniedelwutz abbeißt"?

Das Gefühl des Horrors ist das am Schwierigsten zu Erzeugende. Leider verwechseln viele Horror mit Ekel. Natürlich ist es eklig, eine Seite lang darüber zu lesen, wie jemand von einem Monster ausgeweidet wird oder bei einem Untoten die obligatorischen Maden sich durch das verwesende Fleisch fressen.

Aber Horror???
Da musst du den Leser direkt an der Gurgel packen. Und wie geschieht das? Meiner Erfahrung nach dadurch, indem man einen realistischen Hintergrund mit bizarren Elementen durchdringt.
Es gibt wohl Millionen Vampir-Geschichten, aber nur ein "Brennen muss Salem"! Worin unterscheidet sich Kings Werk von allen anderen? Natürlich darin, dass er sich auf den von ihm bewunderten Lovecraft besann und das Übernatürliche einfach in den "Alltag" integrierte. Wir fiebern nur dann mit, wenn wir das Gefühl haben: Das könnte auch uns passieren! Eines seiner besten Werke lieferte er mit "Der Nebel" ab. An sich eine dämliche Monster-Geschichte, die aber von einer uns wohl allen bekannten Prämisse lebt: Was verbirgt sich hinter dem Nebel, den wir schon als Kinder als DAS Synonym für das Geheimnisvolle erachteten, vor dem wir uns doch, seien wir ehrlich!, auch als Erwachsene noch fürchten ... Wenn man alleine auf der Straße unterwegs ist ... Dichter Nebel herrscht ... Stille, nur von den eigenen Schritten durchbrochen, deren Widerhall akustisch verzerrt klingt ... Und urplötzlich merken wir, dass wir nicht alleine unterwegs sind ... Klack - Klack -...

Meine allererste Geschichte war - wie überraschend! - eine Horrorgeschichte. Damals hielt ich sie für gut, und noch heute finde ich den Plot eigentlich recht ansprechend. Aber die Ausführung! Grauenhaft! Eine der miesesten, jemals geschriebenen Geschichten. Und fast allen Anfängergeschichten ähnlich, indem zwar die Zutaten stimmen, aber nicht die Mischung.
Selbstverständlich ist die Grundstimmung "realistisch": Normale Familie in einer normalen Stadt. Dann kommt das Monster - huh! Und die Geschichte ist nur noch Müll, weil sich das Übernatürliche völlig lächerlich in das "Realistische" einfügt, und zwar mit der Brechstange und so subtil wie ein Schlag auf den Kopf. Das Problem mit solchen Geschichten ist, dass sie entweder eine idiotische "Gruselstimmung" erzeugen wollen, die allenfalls zum Lachen reizt, oder krampfhaft versuchen zu erklären, wie das bei erwähnter Geschichte der Fall war. Erst später merkte ich, dass man auch "zu viel" erklären kann. Irgendwann merkt selbst der dümmste Leser, wie unbedarft die Erklärungen sind, wie weitmaschig das geknüpfte Netz der Logik ist.

Der springende Punkt ist also der, eine halbwegs realistische Situation zu schaffen, die dem Leser halbwegs vertraut ist. Nur so kann er sich die Story "hineinversetzen" und sich der Situation wie auch den Protagonisten vertraut fühlen.
Aus diesem Grund mag ich auch weder Fantasy-Stories noch SF à la StarWars: Diese Welten lassen mich emotional völlig kalt. Wie schön - der Hexer X reitet auf seinem Drachen ins Land Y und kämpft gegen die böse Z-Wesen. Gähn... Oder ein amerikanischer Held teleportiert sich auf einen fremden Planeten und killt mit seiner Laserkanone ein schröckliches Ungetüm... Gähn...
Ungleich spannender zB die "Alien"-Reihe: Ein paar völlig "normale" Raumfahrer werden mit einem Monster konfrontiert. Und obgleich die Handlung auf einem fremden Planeten bzw. in einem Raumschiff spielt gelingt es ihr, "realistisch" zu bleiben. Die Crew benimmt sich "menschlich", streitet herum, wächst einem ans Herz. Das Monster lässt einen deshalb um so mehr gruseln...

SF ist meiner Ansicht nach ungleich "einfacher" zu konstruieren: Ich abstrahiere in meinen Geschichten Gegenwart sowie Vergangenheit, weshalb die "Zukunft" nicht darin besteht, dass alle Menschen in fliegenden Autos reisen oder sich jeder eine Reise zum Mars oder einen eigenen Haushalts-Androiden leisten kann.
Die Wirklichkeit der Zukunft besteht für mich darin, dass es - wie in allen westlichen Kulturen seit jeher! - eine kleine Schicht an Reichen, Mächtigen gibt, die sich dem technischen Fortschritt hingeben können, während der Rest bescheiden dahin dümpelt bzw. die Segnungen der Technik nicht mal wahr nehmen können. Milliarden Menschen auf dieser Welt haben NOCH NIE einen Telefonanruf getätigt, sind ohne Stromanschluss, werden niemals im Internet surfen können, geschweige denn, ein Flugzeug von innen sehen.
Das ist Realität. Und solche Welten halte ich für glaubwürdig.

Wenn ich einem Anfänger einen Rat geben könnte dann diesen: Fange NIE mit Horrorgeschichten an!!!

 
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Jupp, offne Türen...
"*Abstruß" mit s bitte... spätestens bei "abstruses" wird deutlich, daß es sich um ein stimmhaftes s handelt, was du merken würdest, sprächest du es laut aus... somit fällt ein scharfes, und damit stimmloses s schon mal weg... ;)
(Hoffentlich schreibt man's wirklich mit s... :rolleyes: )

 

Da picke ich mal ein Wort raus:

Geschrieben von Existence
Poe mit seinen absolut abschweifenden Gedankengängen vermittelt immer eine so surreale Atmosphäre, dass diese allein den Horror ausmacht.

Atmosphäre.

Auf die kommt es an. In einem Film ist sie leicht zu vermitteln. Dunkle Kulissen, so dass man nur Schemen sieht und eine langsame Musik gemischt aus tiefen und schrillen Tönen. Und das Opfer schaut immer in die andere Richtung, wenn das Monster kommt, dreht sich im letzten Moment um und schreit.

Wie bringt man das in einer Geschichte rüber? Man muss die Bilder in Worte verwandeln.

Vielleicht durch Häufung von Adjektiven wie "grau", "düster", "dunkel", "schmal", "vesteckt", "tot", "verwest", "morsch"... und durch eine intensive Schilderung, d.h. der Erzähler steckt mitten drin in der Handlung. Er nimmt den Leser mit, zum Beispiel spricht er ihn direkt an. Poe macht das auch gelegentlich, er fängt eine Geschichte etwa so an: "Ich wage nicht zu hoffen, dass der geneigte Leser meinen nun folgenden grauenvollen Schilderungen Glauben schenkt."

Entscheidend ist nicht, ob die beschriebenen Geschehnisse realistisch sind, sondern, dass der Leser sich in ihr, in der erzählten Realität zu befinden glaubt. Und das funktioniert nicht, wenn sie logische Brüche hat. Das Monster darf frei erfunden sein. Aber nicht der Fußboden, auf dem es läuft. Er muss zum Beispiel zusammenbrechen, wenn er morsch ist und das Monster übergewichtig. Hinterher mit irgendwelcher Antischwerkraft-Magie zu argumentieren, ist billig und zeigt nur, dass man sich beim Schreiben nicht besonders viele Gedanken gemacht hat.

Noch ein anderer Punkt, der mir zuletzt mehrfach hier aufgefallen ist:

Science Fiction.

Man nehme den Namen eines Sterns (z.B. Alpha Centauri), den man mal irgendwo aufgeschnappt hat und besiedle ihn mit Alien-Gesocks. Gleich mehrere Fehler stecken da drin: Es ist ein Stern, kein Planet. Die Aliens haben einen eigenen Namen für den Stern und verwenden nicht unseren. Alpha Centauri sind in Wirklichkeit drei Sterne (A, B, C bzw. Proxima), nur einer davon ähnelt der Sonne (A). Ob in einem Dreifachsystem stabile Umlaufbahnen für erdähnliche Planeten existieren können, ist zumindest umstritten.

In SF-Storys kann man schneller als das Licht fliegen, keiner wird sich darüber beschweren. Der Autor muss dazu nicht einmal lang und breit erklären, wie das seiner Ansicht nach funktioniert. Darauf kommt es nicht an, es sei denn, das ist das einzige Thema der Geschichte. Man postuliert einfach den Hyperraum oder ein Phasentriebwerk, fertig. Aber Proxima Centauri ist und bleibt ein roter Zwergstern, ihn als Riesen zu bezeichnen oder Neutronenstern ist schlicht und einfach falsch. Prof. Google weiß alles über die bekannten Sterne, außerdem gibt es preiswerte Astronomie-Bücher mit hübschen, inspirierenden Bildchen im Buchladen Deiner Wahl, ach ja, und nimm direkt "17 Kurze" auch noch mit ;)

Uwe

 

Nun ja... Ich nehme an, du kennst Lovecraft? Seine Geschichten wimmeln vor "grauenhaft", "düster", "blasphemisch", "entsetzlich" usw. Und dafür hat ihn das Gros der Kritik niedergemacht. Ich liebe ihn dafür und sehe mich in seiner Tradition. Nicht, dass ich auch nur im Entferntesten sein Genie erreichen könnte, nein, aber ich glaube, der gute Mann wusste, wie man Geschichten spannend und interessant erzählt. Etwas, das leider in der Horrorliteratur abhanden zu kommen scheint.

Zum Alpha-Centauri-Beispiel: Stimme dir da bedingt zu. Natürlich kann man eine Sonne nicht besiedeln.
Ich habe mal eine Geschichte geschrieben, in der ein Alien von Peg 51, dem ersten entdeckten Planeten, eine Art "Brieffreundschaft" mit einem Erdenmenschen hat.
Natürlich ist auf Peg 51 keinerlei Leben möglich. Trotzdem hielt ich es für legitim, ihn zu bevölkern.
Genau so wenig wäre es wohl möglich, dass ein Alien unsere Sprache ein bisschen spricht, dass ein Computer direkt die Alien-Sprache in Englisch transferiert, dass sich unsere Kulturen tw. gleiche.
Das sehe ich dann unter künstlerischer Freiheit. :D

Das Problem mit zB den Flugzeiten übergeh ich einfach. Kennst du Phil Dick? Der scherte sich auch nicht drum! Und trotzdem sind seine Geschichten das Beste, was du in der SF finden kannst.
Man kann sowohl zu wenig, als auch zu viel erklären. Das Kunststück besteht darin, das richtige Maß zu finden: Was erzähle ich dem Leser und was verschweige ich ihm?

 

Ich finde wir sind in einer Zeit, in der es einem Autor gestattet ist seine Geschichten zu gestalten, wie er Lust darauf hat. Stichwort: Künstlerische Freiheit. So ist es doch egal wie realistisch oder unrealistisch er seine Geschichten schreibt. Die einen mögens, die anderen nicht. Ob so oder so. Es gibt immer geteilte Meinung.

FLOBO

 

Wem egal ist wie eine Geschichte beim Leser ankommt und auf sowas keine Rücksicht nimmt sollte meiner Meinung nach aber gar nicht erst veröffentlichen ...

 

Für mich ist der beste Horror immer noch der, der unversehens in eine (für mich) reale Welt einbricht. Die wahre Kunst ist doch, eine Welt aufzubauen, an die der Leser glaubt und in der er sich als Akteur vorstellen kann, egal ob Fantasy oder real gehalten. Und das gelingt King in einigen seiner Frühwerke sehr gut, auch Lovecraft, obwohl das für mich eher "Grusel" ist und kein Horror.

 

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