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Tomatensaft

Beitritt
05.02.2003
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65
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Tomatensaft

Rentner Karl Weber saß in der Concorde und beobachtete, wie der 30jährige Jurist Klaus Hansen aufgrund einer unerwarteten Flugbewegung der Maschine Tomatensaft auf die graue Hose einer Frau verschüttete.

Weber hatte zufällig ein Stofftaschentuch bereit, und ohne lange zu fragen, nahm er selbiges und versuchte sofort jener Dame den Tomatensaft von der Hose zu wischen.
Ihren lautstarken Protest gegen diese Behandlung ignorierte er.

Hansen, dem das Malheur passiert war, fühlte sich dadurch kaltgestellt, es ärgerte ihn daß der Andere so schnell tätige Hilfsbereitschaft zeigte, während er sich noch in der Phase der Entschuldigungen ob seines ungeschickten Handelns gegenüber der Dame befunden hatte.
Als Jurist überlegte er fieberhaft, ob das Abwischen einer Person gegen deren Willen illegal sei, dann packte er Weber am Arm, um ihn davon abzubringen, die Dame weiter einer gründlichen Reinigung zu unterziehen.
Diese versuchte, sich schreiend in Ihrem Flugsessel zu verkriechen, was ihr wegen des angeschnallten Gurtes nicht gelang.

Unglücklicherweise stieß Hansen aber Webers Arm ruckartig von dessen Körper weg nach außen, wodurch ein bis dahin noch schlafender korpulenter Mann in der Reihe vor der Dame einen kräftigen Schlag durch Webers Hand auf den kahlen Hinterkopf bekam.
Ruckartig kam der glatzköpfige Schläfer hochgeschossen und gab Hansen eine kräftige Ohrfeige, weil er den irrtümlich als Übeltäter vermutete.
Inzwischen rannte nun ein Steward wegen des Lärms herbei, rutschte aber noch im Gang auf einem heruntergefallenen Glas mit Tomatensaft aus.
Der Steward stürzte über einen der Sitze und lag plötzlich auf der schreienden Dame, deren tomatensaftgetränkte Hose seine Uniform ebenfalls rot verschmierte.
Als der Steward sich entschuldigen wollte, griff die schreiende Frau wütend zu einem dicken Buch im Netz vor ihrem Sitz und warf es ihm frontal ins Gesicht.

Das Buch (Titel: "Krieg und Frieden") prallte vom Kopf des Stewards ab und flog auf der anderen Seite des Durchganges im Flugzeug genau in einen Teller mit heisser Erbsensuppe.
Der Mann, der den Teller hielt war schwerhörig und trotz des Lärmes dabei, die Suppe genüsslich zu verzehren.

Die Folge war eine eine hochspritzende Gischt heißer Erbsensuppe, die außer dem Schwerhörigen mindestens zehn weitere Fluggäste mit grünen Pfützen und Sommersprossen auf Haaren, Gesicht und Kleidung verzierte.

Das Geschrei und der Lärm im Fahrgastraum schwollen nun chaotisch an.

Eine Stewardess, die gerade in der Nähe
der Pilotenkabine stand, rannte in die Kanzel zum Piloten und machte diesen in höchsten Tönen auf eine sich mittlerweile prügelnde Menge im Fahrgastraum aufmerksam .

Der Flugkapitän setzte sofort zu einer Notlandung an(1), aber inzwischen war eine wüste Schlägerei zwischen allen Gästen ausgebrochen, in die nun auch der Kapitän und sein Co-Pilot verwickelt wurden.

Der Autopilot war kurz zuvor ausgeschaltet worden, sodass die Concorde ausser Kontrolle geriet und in ein Fabrikgebäude für die Herstellung von Tomatensaft stürzte.

Zwischen den rauchenden Trümmern fanden die Suchmannschaften ein auffallend gut erhaltenes Schild auf dem stand:

"Trinkt mehr Tomatensaft, dann ist die Welt in Ordnung."


©K. Briesemeister/2003

(1)
bisher ging die Geschichte an dieser Stelle wie folgt weiter, aber aufgrund der Zuschriften wurde sie geändert:

...Der Flugkapitän setzte sofort zu einer Notlandung in New York an, die ihm auch ohne weitere Zwischenfälle gelang.

Das FBI verhaftete zunächst alle Fluggäste der Concorde und nahm die Untersuchungen wegen Luftverkehrsgefährdung gegen jeden Einzelnen auf.

Inzwischen sind die meisten Gäste gegen hohe Kautionen freigekommen, nur Hansen, dem das Glas mit Tomatensaft runtergefallen war, verweigerte zunächst jede Aussage und sitzt weiterhin in Untersuchungshaft.

Er bekam noch ein Verfahren wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt an den Hals, weil er - als er während der Vernehmung gefragt wurde, ob er wohl ein Glas Tomatensaft wolle - die fragende Beamtin ohne Erklärung versuchte zu erwürgen.
Drei Beamte konnten ihn mit Mühe daran hindern, diese Tat auch zu vollenden.

Ihm drohen nun bis zu 100.000 Dollar Geldstrafe bzw. eine dreijährige Haft für
diese Tat.

In seiner Hose hat Hansen aber immer noch ein Taschentuch mit einem gestickten "W" welches er Weber während des Streites entrissen hatte.

Hansen träumt jetzt nur noch von Rache nach seiner Freilassung.

Den Fremden, von dem er nur das Taschentuch besitzt, hat er insgeheim für bereits tot erklärt.

In Gedanken ertränkt er ihn seit dem Vorfall im Flugzeug jede Nacht in einem Schwimmbad voller Tomatensaft.

K.B.

 

Hallo Klaus,

amüsant fand ich Deine Geschichte durchaus, vor allem die Situationskomik, die ich mir sehr gut vorstellen konnte.

Aber irgendwo fehlte der letzte Pep, die eigentliche Pointe, obwohl der Mordversuch an dem Polizisten nicht schlecht war.

Ich glaube, aus dieser Geschichte könntest Du noch mehr machen!

LG
Aragorn

 

Hallo Klaus!
Hmm...also ich fand deine Geschichte überhaupt nicht komisch...ich konnte noch nicht mal über die Situation schmunzeln.
Vielleicht ist das einfach nicht meine Art Humor.

Du hast in einem lockeren Stil geschrieben, der gut zu der Situation passt.
Außer den Bemerkungen, die existence schon machte, ist mir nichts weiter aufgefallen.

bye und tschö

 

Slapstick, über den ich schon als Kind gelacht habe. Danach allerdings nur noch selten (herzerfrischend: "Verrückt nach Mary").
Hätte auch gern über diese "Mücke", die zum "Elefanten" wird, gelacht. Leider zu trocken, zu bemüht und zu "wasweißichdenn" für mich.

 

Hallo alle, und danke für die vielen Zuschriften.
Sie haben mir zu denken gegeben und deshalb habe ich den Schluss nun drastisch verändert und hoffe, Aragorn's fehlenden Pep damit zu erreichen.

Die berechtigten Korrekturen von Existence habe ich vorgenommen.
Minds Eye: Was ist "Verrückt nach Mary" für eine Geschichte?

Moonshadow, welche Art ist denn dein Humor?

Gruss
Klaus

 

Hallo Klaus,

den neuen Schluss finde ich gelungen - ein Hoch auf die Werbung!

Schade nur, dass dafür der versuchte Polizistenmord wegfallen musste, aber i nsgesamt finde ich es so besser.

LG
Aragorn

 

Hallo Klaus!
Ich weiß selber nicht genau, was meine Art von Humor ist.

Allerdings hast du mir mit dem veränderten Ende doch noch ein Schmunzeln entlockt ;)
Frag mich bitte nicht, wieso ich jetzt schmunzeln musste. Ich weiß es nicht. :D

bye und tschö

 

Servus Klaus!

Fühl dich bitte nicht persönlich angegriffen: Diese Geschichte hat mich weder zum lachen, noch zum schmunzeln gebracht, noch hat sie mir gefallen. Diese Art von Humor (aneinanderreihung von Mißverständnissen und Unfällen) ist eben nicht jederfraus Sache. Davon abgesehen ist mir die Geschichte etwas trocken geraten und lässt sich nur recht holprig lesen. Ich erlaube mir mal eine längere Stelle herauszunehmen und die Satzanfänge anzustreichen damit du siehst was ich meine. (Eine 50/50 Chance besteht, dass es Absicht war die Geschehnisse aneinanderzureihen wie bei einer Einkaufsliste und falls ja, gefällts mir halt ned.)

Das Buch (Titel: "Krieg und Frieden") prallte vom Kopf des Stewards ab und flog auf der anderen Seite des Durchganges im Flugzeug genau in einen Teller mit heisser Erbsensuppe.
Der Mann, der den Teller hielt war schwerhörig und trotz des Lärmes dabei, die Suppe genüsslich zu verzehren.

Die Folge war eine eine hochspritzende Gischt heißer Erbsensuppe, die außer dem Schwerhörigen mindestens zehn weitere Fluggäste mit grünen Pfützen und Sommersprossen auf Haaren, Gesicht und Kleidung verzierte.

Das Geschrei und der Lärm im Fahrgastraum schwollen nun chaotisch an.

Eine Stewardess, die gerade in der Nähe
der Pilotenkabine stand, rannte in die Kanzel zum Piloten und machte diesen in höchsten Tönen auf eine sich mittlerweile prügelnde Menge im Fahrgastraum aufmerksam .

Der Flugkapitän setzte sofort zu einer Notlandung an(1), aber inzwischen war eine wüste Schlägerei zwischen allen Gästen ausgebrochen in die nun auch der Kapitän und sein Co-Pilot verwickelt wurden.

Der Autopilot war kurz zuvor ausgeschaltet worden, sodass die Concorde ausser Kontrolle geriet und in ein Fabrikgebäude für die Herstellung von Tomatensaft stürzte.

Jup. Das wärs fürs erste. Moment, eine Frage noch zu der Stelle:

Als Jurist überlegte er fieberhaft, ob er den übereifrigen Fluggast in seinem Eifer bremsen sollte und ihm mit rechtlichen Hinweisen auf die Folgen seines illegalen Handelns drohen könnte.

Was ist an übereifriger Hilfsbereitschaft illegal? Unpassend, villeicht, aber wenn dann verstösst man allerhöchstens gegen ungeschriebene Gesetze der Etikette. Und wie kann man jemandem mit "rechtlichen Hinweisen" drohen? Mit "rechtlichen Folgen" oder ähnlichem hätte ich weniger Probleme. Aber genug der i-Tüpfelchenreiterei.

Liebe Grüße,
Liusaidh

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Llusaidh,

vielen Dank für Deine Kritik, die ich gerne annehme.


a)Zur Aufzählung
----------------
In der Tat scheinen mir die Aufzählung von Fakten (der Mann, der Autopilot...usw.) der Hauptgrund zu sein, warum die Geschichte einen zu BESCHREIBENDEN Charakter hat - und dass sie eben deshalb trocken (und damit wiederum humorlos)wirkt.

Du hast damit eine genau den Punkt getroffen, der mich selbst beschäftigt hat, den ich aber nicht fand.


b)zu den rechtlichen Hinweisen
------------------------------
Was die Hilfsbereitschaft betrifft, so hatte der Mann ja versucht, von der Frau den Tomatensaft abzuwischen, dass heisst, er ignorierte deren Ablehnung ANGEFASST zu werden.
Das ist m.E. auf alle Fälle eine illegale Handlung.
Niemand kann gegen seinen Willen von anderen berührt werden.
So war es hier gemeint.

Ein rechtlicher Hinweis kann darin bestehen, dass man aif die Folgen einer Handlung hinweist - aber ich neige natürlich jetzt mehr zur direkten Aussage und habe das entsprechend geändert.

Vielen Dank für Deine Kritik, die ich durchaus nicht als i-tüpfelchen-Reiterei
ansehe.

Gruß
Klaus

 

Servus nochmal!

Das freut mich dass es dir ein klein wenig geholfen hat. :cool:
Und die geänderte Version der Stelle finde ich besser, da bleibt man nicht so dran hängen und muss nicht lang überlegen was konkret gemeint ist. Noch dazu hat grübeln bei mir nicht mal geholfen, ich habs erst jetzt überrissen...

 

Tach Leute!
Also echt jetzt!
Bei aller Kritik, die möglicherweise nicht jedermanns Humor trifft ist diese Geschichte sauber, stilistisch klasse und trocken verfasst.
Sie gemahnt quasi eher an Kishon, denn an Douglas Adams, aber sie ist gut!

Ich kann das vollkommen anerkennen und genießen, obwohl mir eher das ganz Schräge liegt.

Jack

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey Jack!
Also gerade von Dir ein solches Lob zu hören - also das geht mir runter wie Öl.

Finde ich doch gerade Deine Art der Erzählweise als mein Vorbild.

Danke, danke, danke!

Insgesamt freue ich mich sowieso über das viele Echo - ich will versuchen, noch besser in Zukunft zu werden.

Gruss
Klaus

PS: Jack, mich würde auch Deine Kritik zu
meiner Geschichte "Die Katastrophe" (Genre: Horror) mal interessieren.

 

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