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Tomatensaft
Rentner Karl Weber saß in der Concorde und beobachtete, wie der 30jährige Jurist Klaus Hansen aufgrund einer unerwarteten Flugbewegung der Maschine Tomatensaft auf die graue Hose einer Frau verschüttete.
Weber hatte zufällig ein Stofftaschentuch bereit, und ohne lange zu fragen, nahm er selbiges und versuchte sofort jener Dame den Tomatensaft von der Hose zu wischen.
Ihren lautstarken Protest gegen diese Behandlung ignorierte er.
Hansen, dem das Malheur passiert war, fühlte sich dadurch kaltgestellt, es ärgerte ihn daß der Andere so schnell tätige Hilfsbereitschaft zeigte, während er sich noch in der Phase der Entschuldigungen ob seines ungeschickten Handelns gegenüber der Dame befunden hatte.
Als Jurist überlegte er fieberhaft, ob das Abwischen einer Person gegen deren Willen illegal sei, dann packte er Weber am Arm, um ihn davon abzubringen, die Dame weiter einer gründlichen Reinigung zu unterziehen.
Diese versuchte, sich schreiend in Ihrem Flugsessel zu verkriechen, was ihr wegen des angeschnallten Gurtes nicht gelang.
Unglücklicherweise stieß Hansen aber Webers Arm ruckartig von dessen Körper weg nach außen, wodurch ein bis dahin noch schlafender korpulenter Mann in der Reihe vor der Dame einen kräftigen Schlag durch Webers Hand auf den kahlen Hinterkopf bekam.
Ruckartig kam der glatzköpfige Schläfer hochgeschossen und gab Hansen eine kräftige Ohrfeige, weil er den irrtümlich als Übeltäter vermutete.
Inzwischen rannte nun ein Steward wegen des Lärms herbei, rutschte aber noch im Gang auf einem heruntergefallenen Glas mit Tomatensaft aus.
Der Steward stürzte über einen der Sitze und lag plötzlich auf der schreienden Dame, deren tomatensaftgetränkte Hose seine Uniform ebenfalls rot verschmierte.
Als der Steward sich entschuldigen wollte, griff die schreiende Frau wütend zu einem dicken Buch im Netz vor ihrem Sitz und warf es ihm frontal ins Gesicht.
Das Buch (Titel: "Krieg und Frieden") prallte vom Kopf des Stewards ab und flog auf der anderen Seite des Durchganges im Flugzeug genau in einen Teller mit heisser Erbsensuppe.
Der Mann, der den Teller hielt war schwerhörig und trotz des Lärmes dabei, die Suppe genüsslich zu verzehren.
Die Folge war eine eine hochspritzende Gischt heißer Erbsensuppe, die außer dem Schwerhörigen mindestens zehn weitere Fluggäste mit grünen Pfützen und Sommersprossen auf Haaren, Gesicht und Kleidung verzierte.
Das Geschrei und der Lärm im Fahrgastraum schwollen nun chaotisch an.
Eine Stewardess, die gerade in der Nähe
der Pilotenkabine stand, rannte in die Kanzel zum Piloten und machte diesen in höchsten Tönen auf eine sich mittlerweile prügelnde Menge im Fahrgastraum aufmerksam .
Der Flugkapitän setzte sofort zu einer Notlandung an(1), aber inzwischen war eine wüste Schlägerei zwischen allen Gästen ausgebrochen, in die nun auch der Kapitän und sein Co-Pilot verwickelt wurden.
Der Autopilot war kurz zuvor ausgeschaltet worden, sodass die Concorde ausser Kontrolle geriet und in ein Fabrikgebäude für die Herstellung von Tomatensaft stürzte.
Zwischen den rauchenden Trümmern fanden die Suchmannschaften ein auffallend gut erhaltenes Schild auf dem stand:
"Trinkt mehr Tomatensaft, dann ist die Welt in Ordnung."
©K. Briesemeister/2003
(1)
bisher ging die Geschichte an dieser Stelle wie folgt weiter, aber aufgrund der Zuschriften wurde sie geändert:
...Der Flugkapitän setzte sofort zu einer Notlandung in New York an, die ihm auch ohne weitere Zwischenfälle gelang.
Das FBI verhaftete zunächst alle Fluggäste der Concorde und nahm die Untersuchungen wegen Luftverkehrsgefährdung gegen jeden Einzelnen auf.
Inzwischen sind die meisten Gäste gegen hohe Kautionen freigekommen, nur Hansen, dem das Glas mit Tomatensaft runtergefallen war, verweigerte zunächst jede Aussage und sitzt weiterhin in Untersuchungshaft.
Er bekam noch ein Verfahren wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt an den Hals, weil er - als er während der Vernehmung gefragt wurde, ob er wohl ein Glas Tomatensaft wolle - die fragende Beamtin ohne Erklärung versuchte zu erwürgen.
Drei Beamte konnten ihn mit Mühe daran hindern, diese Tat auch zu vollenden.
Ihm drohen nun bis zu 100.000 Dollar Geldstrafe bzw. eine dreijährige Haft für
diese Tat.
In seiner Hose hat Hansen aber immer noch ein Taschentuch mit einem gestickten "W" welches er Weber während des Streites entrissen hatte.
Hansen träumt jetzt nur noch von Rache nach seiner Freilassung.
Den Fremden, von dem er nur das Taschentuch besitzt, hat er insgeheim für bereits tot erklärt.
In Gedanken ertränkt er ihn seit dem Vorfall im Flugzeug jede Nacht in einem Schwimmbad voller Tomatensaft.
K.B.