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Das Wunder am Heiligen Abend

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11.06.2002
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Das Wunder am Heiligen Abend

Das Weihnachtsfest war nahe. In der ganzen Stadt leuchteten die Reklametafeln, die möglichst viele Leute zum Kaufen verschiedener Artikel verleiten sollten. überall sah man bunte Lichter, die Straßen und Geschäfte waren mit Tannenzweigen geschmückt und erweckten in allen Menschen eine feierliche Stimmung. Aus den Musikshops ertönten Weihnachtslieder, und nicht selten blieben Leute davor stehen, um den lieblichen Klängen eine Weile zuzuhören. Äußerlich schienen alle glücklich und zufrieden zu sein, doch nicht in jedem Herzen wohnten dieser Friede und dieses Gefühl des Glücks. Da gab es alte Menschen, für die niemand mehr Zeit hatte, die alleine in einem Altersheim lebten und für die der Weihnachtsabend ein Tag wie jeder andere war; es gab kranke Menschen, die in Spitälern lagen und darüber nachdachten, warum ausgerechnet sie den Heiligen Abend nicht im Kreise ihrer Familie feiern konnten. Andere wiederum waren betrübt oder seelisch nicht ganz auf der Höhe und dachten über den Sinn des Lebens nach. Kinder hofften, dass ihnen das Christkind wohl das Gewünschte bringen würde, während Eltern manchesmal verzweifelt durch die Stadt liefen auf der Suche nach den geeigneten Geschenken. Auf den Straßen herrschte Gedränge, und viele Geschäfte waren überfüllt. Von all dem bekam die kleine Verena nur sehr wenig mit. Sie ging niemals alleine aus dem Haus; sie sah weder Leuchtreklame noch Tannenbäume oder Kerzen. Für sie war Weihnachten immer ein Fest, an dem die Wohnung, in der sie mit ihren Eltern lebte, angenehm roch. Sie wusste, dass dieser Geruch von dem Tannenbaum und von den vielen kleinen Kerzen, die auf ihm brannten, ausging. Sie liebte die schöne Weihnachtsmusik, die aus dem Radio erklang. Was sie besonders gerne mochte, waren die Weihnachtskekse, die ihre Mutter um diese Zeit immer buk. Verena war blind, und das von Geburt an. Doch wie jedes achtjährige Mädchen glaubte sie noch fest an das Christkind, und seit vielen Jahren wünschte sie sich von ganzem Herzen, einen geschmückten Weihnachtsbaum zu sehen. Das war ihr geheimer Wunsch, den sie nur dem Christkind verraten hatte. An jedem Weihnachtsabend stand sie vor dem Christbaum und stellte ihn sich vor. Ihre Eltern hatten ihn ihr oft schon genauestens beschrieben, und Verena hatte immer versucht, sich aus diesen Erklärungen ein Bild zu machen. Aber jedesmal hatte sie das Gefühl, dieser Baum, der da vor ihr stand, war in Wirklichkeit noch viel schöner, als sie ihn sich jemals vorstellen konnte.
Es war in der Nacht zum 24. Dezember, als Verena plötzlich erwachte. Während sie noch darüber nachdachte, was sie wohl geweckt haben mochte und wie spät es war, hörte sie die Kirchturmuhr zwölfmal schlagen. Sie wollte sich gerade wieder umdrehen und weiterschlafen, als sie plötzlich ein Geräusch hörte. Sie lauschte: es war als klopfte jemand ganz sanft an die Wohnungstüre. Leise stand Verena auf und schlich sich aus dem Zimmer. Seltsamerweise hatte sie überhaupt keine Angst, und sie dachte auch gar nicht daran, ihre Eltern zu wecken. Bei der Wohnungstüre angekommen hielt sie einen Augenblick inne: ja, dort draußen war etwas und klopfte ganz leise an die Türe. ”Wer ist da?” flüsterte Verena. Doch sie bekam keine Antwort, und auch das Klopfen verstummte für eine Weile. Dann fing es wieder an, und diesmal war es stärker zu hören. Vorsichtig tastete das Mädchen nach der Türklinke, und ganz leise öffnete es die Türe. Kaum war diese geöffnet, spürte Verena einen starken Luftzug und wich ängstlich zurück. Ähnlich einem warmen Wind traf sie der Luftzug, und sie spürte eine angenehme Wärme. ”Hab’ keine Angst”, flüsterte eine Stimme. Verena musste genau hinhören, um das Gesagte zu verstehen. ”Hab’ keine Angst”, wiederholte die Stimme. Was immer es auch war, es stand direkt vor ihr. ”Ich will dir nichts Böses tun. Ich bin gekommen, weil du mich gerufen hast.” ”Wer bist du?” Ein klein wenig Angst hatte das Mädchen schon bekommen. ”Ich bin das Christkind. Ich bin gekommen, um dir deinen größten Wunsch zu erfüllen. Komm mit!” Die Stimme war sehr dünn, klang aber lieblich. Verena spürte, wie etwas nach ihrer Hand griff. Sie ließ sich von ihrem unbekannten Begleiter ins Wohnzimmer führen, und zwar zu jenem Platz, an dem der Christbaum stand. ”Ich werde dir deinen größten Wunsch erfüllen”, wiederholte das Christkind. ”Aber eines ist wichtig: Dreh dich nicht zu mir um, sieh nicht mich an, sondern nur den Baum. Versprich es mir!” Verena wollte etwas erwidern, kam aber nicht mehr dazu. Von hinten legte ihr das Christkind seine Hand über ihre Augen, und nachdem es sie wieder zurückgezogen hatte, war dem Mädchen, als blickte es direkt in das Paradies: sie sah den Baum in seiner vollen Pracht; er war wunderbar geschmückt mit bunten Kugeln, mit Engeln und Strohsternen, und alle Kerzen waren angezündet. Unter dem Baum reihten sich verschiedene Päckchen. Eingehüllt in buntes Weihnachtspapier lagen sie da, die vielen Geschenke, auf die die Kinder ein ganzes Jahr so hart warteten. Ein Gefühl der Freude machte sich in Verena breit. Sie spürte, Weihnachten war etwas ganz Besonderes, etwas Großes und Schönes. An Weihnachten waren alle Menschen gleich; alle spürten sie den inneren Frieden. Der Baum und die vielen Geschenke waren da nur unbedeutende Symbole. Wichtiger hingegen war, was jeder zum Zeitpunkt des Weihnachtsfestes in seinem eigenen Herzen fühlte, denn nur, wer in sich die Weihnachtsfreude spürt, kann sie am Heiligen Abend auch an andere weitergeben.
Plötzlich fing das Radio an, ein Weihnachtslied zu spielen: Stille Nacht, Heilige Nacht, das Lied, das Verena in der Schule gelernt hatte. Sie konnte nicht mehr anders: sie musste einfach mitsingen. Hell klangen die Worte über ihre Lippen, und hätte jemand neben ihr gestanden, wäre er sich der Fröhlichkeit, die ihre Stimme ausdrückte, sicherlich bewusst gewesen.
Nach etwa zehn Minuten war der ganze Zauber vorbei. Plötzlich hörte das Mädchen, die Wohnungstüre leise zufallen, und im selben Augenblick wurden der Baum und das Wohnzimmer immer durchsichtiger, bis sie schließlich ganz verschwanden. Die ewige Dunkelheit war zurückgekehrt, doch Verena blieb noch eine ganze Stunde lang vor dem Baum stehen. Sie dachte an den geheimnisvollen Gast, doch am meisten freute sie sich darüber, einen Weihnachtsbaum endlich einmal mit eigenen Augen gesehen zu haben. Als Verena am nächsten Morgen erwachte, erinnerte sie sich noch sehr gut an ihr nächtliches Erlebnis, war sich aber nicht ganz sicher, ob sie das alles nicht bloß geträumt hatte. Bis heute hat sie niemandem davon erzählt, nicht einmal ihren Eltern.

 

Hallo Luke,
dies ist noch kein Kommentar zu deiner Geschichte – das optische Durcheinander verhindert ein flüssiges Lesen.
Empfehlung: Nimm alle manuellen Zeilenumbrüche aus deinem Text!

Gruß

Jadro

 

Hey, Jadro, hast Recht. Hoffentlich ist es jetzt besser ...

 

Hallo Luke,

ich habe Deine kleine Weihnachtsgeschichte gerne gelesen, wenn ich es auch schade fand, dass Du so gar keine Absätze gemacht hast. Zum Beispiel bei der wörtlichen Rede würde es sich doch anbieten, jeweils eine neue Zeile zu beginnen. Eine sinnvolle äußerliche Gliederung erhöht das Lesevergnügen sehr :).

Sehr schön beschreibst Du den Wunsch des blinden Kindes, wenigstens einmal den Weihnachtsbaum sehen zu dürfen und auch das nächtliche Erlebnis (Wunder oder Traum - seis drum)gefiel mir. Ich denke, dass Kindern, die diese Geschichte lesen oder denen man sie vorliest, klar wird, dass nicht alles, was sie haben (z.B. das Augenlicht) eine Selbbstverständlichkeit ist, sondern ein Geschenk.

Liebe Grüße
Barbara

 

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