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Jasmin, lass die Frau in Ruhe.

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02.02.2004
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Jasmin, lass die Frau in Ruhe.

"Dein Bauch ist ganz schön dick."
Karin schaute auf und blickte in ein hübsches, von blonden Zöpfen umrahmtes Gesicht.
Das Mädchen hielt in der einen Hand eine Sandschaufel und deutete mit der anderen auf die Wölbung von Karins Jeanslatzhose. Anfangs hatte sie ja noch diese modischen Umstandskleider getragen, die ihre zunehmenden Rundungen etwas kaschierten. Dann wurde ihr dass zu blöd und sie stieg auf praktischere Kleidung um. Schliesslich machen das andere Frauen auch so.

Jetzt sass sie im Stadtpark auf einer Bank und genoss die Sonne. Seit sie aus ihrem Beruf ausgestiegen war, kam sie bei schönem Wetter oft hierher, um sich die Zeit etwas mit Lesen zu vertreiben. Das Mädchen war unterdessen näher gekommen und legte den Kopf schief.

"Ist da ein Baby drin?"
Sie blickten sich nun direkt in die Augen. Grosse strahlende Augen, zwei grüne Smaragde.
Karin schaute aus den Augenwinkeln zur weiter entfernten Bank, wo zwei Frauen sich angeregt unterhielten. Bisher keine Gefahr, der Abstand war gross genug.
Kinder sind zum Glück so unkompliziert, dachte Karin und spürte einen Stich im Unterleib. Es ging los. Kleine Schweissperlen traten auf ihre Stirn und sie fröstelte. Ihr Unterleib begann zu glühen und im Inneren bewegte sich neues Leben.
"Darf ich mal anfassen?"
Klar darfst du anfassen. Du musst anfassen. Es war ein Glücksfall, ein Zufallstreffer wie sie es nicht erwartet hatte. Genau im richtigen Moment gesellte sich ein Kind zu ihr, und was für eines. Smaragdgrüne Augen. Perfekt. Karin keuchte und ein gewisser Stolz beschlich sie.
"Warum zitterst du?"
Das Mädchen war jetzt ganz nahe. Sie musste handeln, die Frucht war reif, wollte raus aus ihrem Körper. Rasch packte Karin die Hand des Mädchens und legte sie auf ihren prallen Bauch. Jetzt nur keine Panik. Alles schon hundert Mal gehört, ungeschriebene Worte, weitergereicht von Generation zu Generation. Verbindung herstellen, Ruhig bleiben, der Natur ihren Lauf lassen.
Das Mädchen starrte weiterhin in Karins Augen, willenlos, die rechte Hand verbog langsam die gelbe Sandschaufel.
Die linke Hand lag ruhig auf Karins Bauch. Die Geburt begann. Karin legte das Buch auf den Bauch und verdeckte damit die Hand des Mädchens. Ein zufälliger Beobachter könnte das schwache Leuchten unter den Buchseiten erkennen. Doch im Moment waren Karin und das Mädchen für sich alleine. Perfekt.

Sie konnte sich noch gut daran erinnern, wie sie geschlechtslos in den Körper der kleinen Karin gepresst wurde. Wie Instinkte ihr sofort die Richtung zum Gehirn wiesen und sie kurz mit der alten Karin eins war. Sie spürte Verständnislosigkeit, hörte das Blut in den Ohren rauschen und fühlte ihr Herz, das bis im Hals spürbar klopfte. Und dann sah sie den Frühling, hörte die Vögel und roch frisches Gras. Neu Empfindungen und doch so vertraut. Sie war nun Karin.

Ein wohliger Schauer durchfuhr sie, ausgelöst durch das bevorstehende Ereignis. Das Brennen hatte nachgelassen und sie spürte das Pränum bereits durch die Bauchdecke stossen.

"Jasmin!"
Karin erschrak. Ihr Unterleib bebte, das Pränum war unterwegs. Es gab kein Zurück.
"Lass die Frau in Ruhe und geh spielen!"

Himmel, ausgerechnet jetzt. Mutterinstinkt, ganz klar. Was, wenn sie etwas merkt, wenn sie herüberkommt. Das Pränum bahnte sich weiter seinen Weg, das Leuchten nahm zu. Karin presste das Buch noch stärker auf die Hand des Mädchens, die austretende Flüssigkeit tropfte und versickerte schnell im Kies unter ihren Füssen.
In den Augenwinkeln sah sie, wie sich Jasmins Mutter wieder abgewandt hatte. Ein Seufzer der Erleichterung kam über Karins Lippen, nur um im nächsten Moment als Stöhnen hervorgepresst zu werden. Das Pränum war mit solcher Wucht aus Karin herausgeschnellt, dass der Schmerz sie fast ohnmächtig werden liess. Jasmin war vor Schreck umgefallen und sass nun mit zerrissener Hose im Kies. Die gelbe Schaufel lag zerbrochen neben ihr. Blut klebte am Stil und leuchtete rot auf dem Schnitt in ihrer rechten Hand. Die Geburt war vollzogen.

"Hast du dich verletzt, Jasmin?" Karin bückte sich, immer noch keuchend aber glücklich das Gröbste überstanden zu haben. Sie sahen sich erneut in die Augen und was Karin darin sah, liess sie erschauern.
Das strahlende Smaragdgrün war einer tiefen Schwärze gewichen. Ausdruckslos und ohne Leben blickten die Augen von Jasmin zu ihr auf. Doch dann füllten sie sich wieder mit Leben. Die strahlende Farbe kehrte zurück, das Pränum hatte die Kontrolle übernommen. Jasmin erwachte zu neuem Leben.
"Ja, mir geht es gut, ich habe mich wohl geschnitten."
Jasmin schaute auf ihre rechte Hand, auf der sich bereits eine feine Narbe abzeichnete. Gleich würde nur noch das Blut an der Schaufel das einzige Zeugnis dieser wundersamen Begegnung sein.

"Jasmin, komm jetzt endlich." Jasmin lächelte.
"Ich komme. Mama."
Sie hob einen hellen Kiesel auf, hüpfte zu ihrer Mutter und zeigte stolz ihren Schatz.

Karin liess ihr Buch im Schoss liegen und wartete. Sie wollte den Augenblick noch eine Weile geniessen.
Ob Jasmin später auch mal auf dieser Bank sitzen würde, ein Buch im Schoss und bereit, für ihre Art das Richtige zu tun? Wer weiss, dachte Karin und steckte die kaputte Schaufel ein. Ein kleines Andenken an Jasmin.

 

Hallo dotslash,

ich habe deine Geschichte jetzt in Abständen dreimal gelesen. Mein "hhmmm..." bleibt immer noch. Seltsam könnte ich sagen und denke gleichzeitig daran, dass sie doch in Fantasy/Märchen besser aufgehoben wäre. Aber Seltsam ist auch eine Gummirubrik ;) .

Tja, zur Geschichte selber:
Ich fand die Idee mit dieser Übergabe als Geburt nicht so toll. Liegt das daran, dass ich selbst Mutter bin? Da würde ich gerne mal noch eine männliche Stimme hören :D

Dazu weiß man auch gar nichts von der Gebärenden, wieso sie solch ein Wesen in sich hat; wieso sie aber "normal" lebt. Hätte ich mehr Hintergrundinfos, könnte ich diese "Geburt" auch eher annehmen. So ist es einfach ein skuriller Vorgang, dem ich nicht mehr abgewinnen kann als die Weitergabe übernatürlicher Kräfte.

Lieber Gruß
bernadette

 

Hallo dotslash,

deine Geschichte ist prima aufgebaut, der Einstieg mit dem etwas provozierend fragenden Mädchen, seiner kurzen Beschreibung ist, wie das Weitere, gut gelungen.
Das Weitere... gut, eins muss ich noch erwähnen, den Moment der Unterbrechung:

"Jasmin!"
Ein Schreck fuhr durch Karins Körper. Ihr Unterleib bebte, das Pränum war unterwegs. Es gab kein Zurück.
"Lass die Frau in Ruhe und gehe spielen!"

Dramaturgisch sehr gut platziert.

„Das Mädchen starrte weiterhin in Karins Augen, willenlos, die rechte Hand verbog langsam die gelbe Sandschaufel.“

Eine kleine ‚Geste’, sehr viel ausdrückend.

Der Inhalt der Geschichte stellt mich nicht ganz zufrieden, ich bin normalerweise nicht der Vertreter der Meinung Kurzgeschichten müssten über das Wie und Warum, über Hintergründe informieren, aber in diesem Fall möchte ich doch mehr über das Mystische hinaus wissen. (Damit der Text noch eine andere Ebene hat).

L G,

tschüß... Woltochinon

 

@bernadette
Danke, dass du dir trotz dem "hhmmm..." die Zeit genommen hast, die Geschichte in Abständen zu lesen.

Seltsam könnte ich sagen und denke gleichzeitig daran, dass sie doch in Fantasy/Märchen besser aufgehoben wäre.
Ist auch ein Kreuz mit diesen Rubriken. Eine subtile Horrorstory sollte es werden. Unter uns lebt eine Gesellschaft, die uns als Wirt missbraucht, um die eigene Art zu erhalten. Dann wollte ich dies dem Leser nicht zu Anfang auf die Nase binden, sondern als überraschende Erkenntnis im späteren Text vermitteln.
Am Ende war es mir dann doch zuwenig Horror und ich schwankte zwischen Seltsam und Sonstige.

Ich fand die Idee mit dieser Übergabe als Geburt nicht so toll. Liegt das daran, dass ich selbst Mutter bin?
Standest du bei deinen Empfindungen eher näher bei Jasmins Mutter oder bei Karin?

So ist es einfach ein skuriller Vorgang, dem ich nicht mehr abgewinnen kann als die Weitergabe übernatürlicher Kräfte.
Da wird nicht nur weitergegeben, das Pränum löscht ein anderes Leben aus um selber weiter existieren zu können. Kuckucksei-Prinzip sozusagen.


@Woltochinon
Prima, immerhin vom Stil her gut rübergekommen. Jetzt fehlt, wie bereits bernadette angemerkt hat, mehr Hintergrundinfo. Mit der Gefahr, dass der Wendepunkt wegfällt baue ich das ev. noch ein, oder ich verwende den Hinweis für die nächste Story.

Danke noch Mal euch zwei für's Lesen und Kommentieren.
Lieben Gruss
dot/

 

Hallo dotslash,

auch auf die Gefahr hin, dass Du’s nicht mehr hören kannst, aber mir fehlt da auch etwas ;)

Abgesehen von ein paar Sachen, die mir aufgefallen sind und die Crazy Janey aber schon angemerkt hat, war der Text doch sehr angenehm und gut zu lesen. Auch spannend, weil ich darauf gewartet habe, mehr über die Hintergründe dieser "Geburt" zu erfahren. Aber dann war's plötzlich vorbei und das hat mich doch etwas ratlos zurück gelassen.

Wäre natürlich toll, wenn Du Dich dafür entscheiden würdest, noch etwas mehr Hintergrundinformationen einzubauen. Würde ich sehr gerne lesen :)

Liebe Grüße,
gori

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Dotslash,

deine Geschichte hab ich des guten Titels wegen gelesen. Allerdings muss ich sagen: Deine Story ist nicht eben frei von Rächschraibfelern.

Aber ansonsten fand ich sie nicht übel - weil sie spannend war. Bei mir wuchs irgendwie die Unsicherheit, worum es geht. Anfangs dachte ich: Da ist eine ganz normale Geburt im Gange.

Ein paar Details:

Felix hatte sich immer noch nicht an ihre einfachere Kleiderwahl gewöhnt. Gut, sie hätte über das Umstands Deux-Piece aus der Boutique nicht lachen sollen. Aber Felix hatte da einfach andere Massstäbe.
-> Ich fand die Erwähnung von Felix hier verwirrend. Ich habe überlegt, ob ein Mann in der Gegend ist.

Seine Besorgnis kannte zum Teil keine Grenzen.
-> Das ist in sich widersprüchlich. Vielleicht "manchmal"?

Klar und rein wie ein Bergsee.
-> Brrr. Sorry, aber Vergleiche zwischen smaragdgrünen Augen und Bergseen finde ich extreeem klitschig.

"Ist da ein Baby drin?"
-> Die Dialoge sind gut.

... und im inneren begann es sich unaufhörlich zu regen.
"begann sich unaufhörlich zu regen" ist wieder in sich widersprüchlich, finde ich.

Sie konnte sich noch gut daran erinnern, wie sie geschlechtslos in den Körper der kleinen Karin gepresst wurde.... sie spührte das Pränum bereits durch die Bauchdecke stossen.
-> Hier hab ich für einen Moment drei dicke Fragezeichen in die Luft gemalt. Mir wurde klar, dass hier eine SF-Story erzählt wird.

Ein Schreck fuhr durch Karins Körper.
-> Nicht besonders gelungen. Ich finde das komisch.

Zu den Kommentaren:
@dotslash:
Standest du bei deinen Empfindungen eher näher bei Jasmins Mutter oder bei Karin?
->Ich bei Karin.

Jetzt fehlt, wie bereits bernadette angemerkt hat, mehr Hintergrundinfo.
-> Mir nicht. Ich mages, wenn da etwas Geheimnisvolles bleibt. Für mich war die Reproduktion dieses Wesens einfach eine Art Seelenwanderung.

Grüße,
Stefan

 

So, endlich komme ich zum Antworten.

@Crazy Janey

ich hätt es unter SF gepostet, da bräuchtest du gar nichts zu erklären :)
Ich sags ja, die Krux mit er Rubrik.:)

Brauchst du Felix für die Geschichte?
...und tschüss. :D

Ist der Punkt Absicht?
Ja, das sollte eine Kunstpause sein und die Erkenntnis "das ist jeztt meine Mama" der neuen Jasmin darstellen. Klingt das doof?

Ich wüsste gerne mehr über diese Wesen, damit ich entscheiden kann, ob ich sie mögen soll oder fürchten.
Wenn du selber keines bist, musst du sie fürchten. ;)

Danke für's Kommentieren. Deine Anregungen habe ich übernommen.

@gori
Schön, dass es dir grundsätzlich gefallen hat. Und schade, dass es dich etwas ratlos zurücklässt. Mein Ansatz war eben: Sie existieren, sie sind mitten unter uns. Wobei ich es bewusst der Phantasie des Lesers überlasse, wer die sind.

@leixoletti

deine Geschichte hab ich des guten Titels wegen gelesen.
Merci.

Bei mir wuchs irgendwie die Unsicherheit, worum es geht. Anfangs dachte ich: Da ist eine ganz normale Geburt im Gange.
Das war meine Absicht, deshalb auch so wenig Hintergrundinfo.

Ich fand die Erwähnung von Felix hier verwirrend. Ich habe überlegt, ob ein Mann in der Gegend ist.
Ein weiterer Grund. ...und tschüss mit dem ganzen Felixgesülz.

Brrr. Sorry, aber Vergleiche zwischen smaragdgrünen Augen und Bergseen finde ich extreeem klitschig.
Stimmt. Smaragdrün reicht. Bisschen Kitch muss sein. :)

Ein Schreck fuhr durch Karins Körper.
-> Nicht besonders gelungen. Ich finde das komisch
Yep, Schreck is weg.;)

Ich mages, wenn da etwas Geheimnisvolles bleibt.
Ich auch.

Wie bereits bei gori angemerkt, diese Wesen existieren direkt unter uns. Eine Gesellschaft in der Gesellschaft. Illuminati, Freimaurer, Aliens,...

Danke euch allen fürs Lesen und Kommentieren

Lieben Gruss
dot/

 

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