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Vom Chauffeur zum Passagier

Seniors
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09.05.2004
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Vom Chauffeur zum Passagier

Den som går i mot familiens ve og vel blir degradert
frå sjåfør til passasjer
Kaizers Orchestra​


Es ist null Uhr dreißig. Auf die Minute.
Ich sitze in Volkers Wagen, der Motor läuft und die Heizung liebkost stürmisch meine Wangen. Ich habe noch genau siebzehn Minuten, um in die Statistik zu passen. Geht es schneller – Pech gehabt. Doch ich glaube kaum, dass das anschließend noch relevant sein wird.
Ich schalte das Radio ein. Die Musik ist elektronisch und viel zu leise, als dass ich etwas Genaueres heraushören könnte. Ein Radiomoderator säuselt etwas dazwischen und wird von derselben eintönigen Musik wieder abgelöst.
Null Uhr zweiunddreißig. Verdammt.
Ein Seufzen löst sich aus meiner Kehle, und wie auf Befehl fängt in der Nachbarschaft ein Hund an zu bellen. Ich hätte eine Kanone nehmen sollen, dann hätte ich es bereits hinter mir. Das Warten ist schlimmer, als alles andere.
Warum ich hier sitze? Warum ich die letzten Minuten meines Lebens damit verbringe, die Abgase eines zwölf Jahre alten VW Polos einzuatmen, der wohl das einzige Alte ist, was Volker besitzt? Es gibt keinen Grund. Es gibt keinen Grund, weshalb ich sterben möchte, denn es ist nichts übrig geblieben, was mir Grund dazu geben könnte. Ich habe alles verloren, ich habe sie verloren, und wenn ich das geahnt hätte, hätte ich mich geweigert, sie je zu besitzen.
Von selbst schalten meine Finger das Standlicht des VWs ein und aus. Immer wieder, bis meine Augen anfangen zu schmerzen und ich mich zwingen muss, die Hände in den Flusen meiner Jackentaschen zu vergraben.
Ich lehne mich in dem Fahrersitz zurück. Merkwürdig, dass ich die Abgase kaum riechen kann. Viel mehr sind es die Überreste des Duftbaumes, der im Gebläse der Lüftung wie ein Gehängter baumelt, die meine Geruchsnerven herausfordern. Und das einzige Geräusch, das ich höre, ist der laufende Motor. Der Hund ist verstummt, das Radio habe ich wieder ausgeschaltet, und eben ist die Anzeige des Reservetanks angesprungen.
Schon seltsam, dass ich keine Angst habe. Die letzten paar Wochen, die letzten Monate haben mich offensichtlich mehr mitgenommen, als ich es bisher vermutet habe. Das Blut, die Schläge, die Toten. Volker, dieser Scheißkerl. Das ist einfach zu viel für mich gewesen. Ich hätte schon viel früher aussteigen sollen. Vielleicht zu demselben Zeitpunkt wie Sandra. Nur auf eine etwas andere Art und Weise.
Statistisch gesehen begeht in Deutschland alle siebenundvierzig Minuten jemand Selbstmord. Das sind dreißig Menschen am Tag, mal einer mehr, mal weniger. Versuchen jedoch tun es dreihundertdreiundsiebzig. Eigentlich ziemlich viel, stellt man sich die ganzen Betten nebeneinander vor, die diese Leute in einem Krankenhaus belegen würden. Ich sollte aufhören, mich als etwas Besonderes zu sehen.
Langsam lullt mich das monotone Rattern des Motors ein, wie von selbst fallen mir die Augen zu. Sterbe ich jetzt? Fühlt es sich so an? Wo sind die Bilder? Wo die ganzen einundzwanzig Jahre, die ich in dieser Welt verbracht haben? Ich versuche die Erinnerungen an die letzten Monate herauf zu beschwören, die Erinnerungen an Sandra und Volker, die beide doch nur Tod bedeuten und so denke ich an das Sterben, an die Leichen, die wir hinterlassen haben, an das viele Blut, das geflossen ist und die Bilder kommen. Interessant. Wenn ich doch nur etwas hier hätte, um das alles aufzuschreiben. Volker würde sicher gerne wissen, dass meine Gedanken selbst jetzt nicht aufhören können, um ihn zu kreisen. Um die Nächte, die wir gemeinsam durchgestanden haben. Um all die Leichen, die in meinen Erinnerungen bereits unkenntlich zu Mumien vertrocknet sind. Wie er es immer wieder schafft, alles an sich zu reißen.
Und trotzdem … diese Ruhe … das Sterben ... fast ist es schön. Man fühlt sich frei. Man fühlt sich losgelassen, entfesselt, als gäbe es nichts, was einen auf dieser Welt noch halten würde.
Ein Rattern reißt mich aus der Träumerei. Licht flutet Volkers kleine Garage, in der abgesehen von dem Polo nur noch Sandras altes, klappriges Fahrrad Platz hat.
Ich drehe mich langsam um und vor den Scheinwerfern eines Wagens hebt sich die große, breite Silhouette eines Menschen ab. Ihre Hände ruhen auf dem halb geöffneten Garagentor. Ich kann nicht erkennen, um wen es sich handelt, aber das muss ich auch gar nicht.
Ich seufze.
»Du verdammter Scheißkerl!«, brüllt er, »Was bildest du dir eigentlich …« Sein Geschrei geht in Husten über und würgend dreht Volker sich zur Seite. Das Licht der Scheinwerfer spiegelt sich jetzt in den Gläsern seiner Hornbrille. Ich beobachte ihn dabei, wie er sich Schleim aus seinen Mundwinkeln wischt und die Hand an der Hose trocknet, wie er mich anstarrt, auf mich zugeht und die Tür des Polos aufreißt. Seine Augen sind so glasig wie die Brille, auf der sich dutzende kleine Spritzer verschiedener Herkunft niedergelegt haben. Mit seiner viel zu kräftigen Faust packt er den Kragen meines Hemdes und als wöge ich nur halb so viel wie er, was auch fast hinkommt, zieht er mich aus dem Wagen und schleift mich dann hinter sich her aus der Garage, meinem Widerstand, meinen Tritten und Schlägen zum Trotz.
Draußen wirft er mich auf den Boden und starrt mich an. Meine Ellbogen haben sich an den Pflastersteinen blutig gerieben.
Ich sage nichts.
»Na?« Er stößt mich mit der Stiefelspitze an, »Wie erklärst du mir das?«
»Jeden Tag bringen sich dreißig Menschen um.«
»Was? Auf der Welt?« Er geht auf die Knie und sieht mir in die Augen. »Das wären aber ganz schön wenig.« Ja, Leichen kann es für Volker nie genug geben.
»In Deutschland.«
»Und woher weißt du das?«
Ich starre ihn nur an.
»Du und deine bescheuerten Statistiken.«
Er stößt Luft aus, wie ein Vater, der von seinem Kind enttäuscht ist.
»Es ist interessant«, verteidige ich mich und versuche aufzustehen.
»Und du wolltest dich unter sie reihen? Auch mal interessant sein?« Volker fängt an zu lachen, sein lautes, keuchendes Lachen, das sich kaum von den Hustenanfällen unterscheidet. »Hat ja offensichtlich nicht geklappt.« Das Scheinwerferlicht füllt jedes Fältchen seines Gesichts wie Spachtelmasse aus.
»Offensichtlich.«
Ich gehöre jetzt wohl zu den dreihundertdreiundvierzig, die es nur versucht haben. Irgendwo anders muss jemand in die ewigen Jagdgründe eingegangen sein.
Der Glückliche.

*

Ich sitze auf einer gemusterten Couch und verbrenne mir die Zunge am Kräutertee.
»Zu heiß?« Petra hebt die zu einem dünnen Strich gezupften Augenbrauen. Kurz bevor die Oberfläche des Make-ups zu zerbröseln droht, entspannt sich ihr Gesicht wieder.
»Geht schon.« Im Haus riecht es nach Zimt. Wir schreiben den dritten Juni und es riecht nach Zimt. Ich kann mich nicht erinnern, dass es hier jemals anders gerochen hätte – nach Schweiß, Essensresten, oder einfach nur nach nichts. Trotzdem bin ich froh, dass wir seit Petra aufgetaucht ist nicht mehr sooft in Volkers Haus sind. Petras Wohnung hat Wärme, Volkers Haus nicht.
Hinter mir höre ich Volker mit dem Verschluss des Benzinfeuerzeuges schnipsen. Das macht er jetzt bereits länger als eine halbe Stunde. Seit wir hier sind, haben weder Volker noch Petra mit einem Wort meinen gescheiterten Versuch, die Realität gegen etwas anderes einzutauschen, erwähnt. Ich warte auf Anklage, auf Schelte oder Mitgefühl, ich warte auf alles. Aber nichts kommt.
Nachdem weitere Minuten verstrichen sind, in denen Petra mit dem Löffel über den Boden ihrer Teetasse gekratzt und Volker das Feuerzeug geschnipst hat, sage ich: »Und nun?«
»Was nun?«, fragt Petra.
»Wollt ihr denn gar nichts sagen?«
Ich höre Schritte, und trotzdem zucke ich zusammen, als Volker mit seiner Faust so kräftig auf den Couchtisch schlägt, dass zwei Kerzen dabei umfallen. Er fängt nicht sofort an zu sprechen, sieht mir erst einen Augenblick lang in die Augen und unwillkürlich möchte ich meinen Kopf wegdrehen, aber er nimmt ihn zwischen seine beiden Hände, um mich daran zu hindern.
»Ich finde«, sagt er träge und viel leiser, als man es von ihm gewohnt ist, »du bist hier derjenige, der etwas sagen müsste.«
Er pausiert und sieht zu Petra hinüber, die seinem Blick ausweicht und nur in ihre Tasse starrt.
»Oder findest du nicht, Sascha?«
Als ich nicht antworte, fährt er fort.
»Du bist doch hier der Feigling, der kleine Scheißer, der plötzlich nicht mehr mit allem klarkommt, wovon er vor einem Jahr noch regelrecht begeistert war. Der Scheißer mit der großen Klappe, der glaubt, seine unglaubliche Coolness würde ihn schon durchs Leben bringen. Oder et…«, ein Hustenfall, der in Volkers Hals jeden Augenblick explodieren wird, unterbricht ihn und er lässt meinen Kopf los. Alle zehn Sekunden stirbt ein Mensch an den Folgen der Nikotinsucht. Ich ertappe mich bei dem Wunsch, dass genau das jetzt geschehen möge, um mich aus dieser Situation zu befreien. Volker hebt den Kopf, sieht mich an und ich schiebe den Gedanken beiseite.
»Warum bist du zu keinem von uns gekommen, wenn dich die Zweifel so geplagt haben?«, fragt Petra. Petra, die es immer gut meint.
»Zweifel?«, antwortet stattdessen Volker, während er sich ein feuchtes Papiertaschentuch vor den Mund hält.
»Ja, Zweifel.«
»Dein lieber, kleiner Junge hatte keine Zweifel. Er ist ein Feigling, sonst nichts.«
»Sei nicht so streng mit ihm. Hast du kein Mitgefühl?« Petra nimmt einen Schluck Tee. Sie ist ruhig, die Ruhe in Person. Ganz im Gegensatz zu Volker, dessen Gesicht dem Rotlicht einer Ampel gleicht.
Und ich? Ich bin still. Und verlegen. Zu meiner Verteidigung weiß ich nichts zu sagen, ist mir doch mittlerweile klar, wie dumm das Ganze gewesen ist. Der Suizidversuch und der Glaube, damit durchzukommen.
»Streng? Ich bin streng mit ihm?«, und er wird immer lauter, »Irgendjemand muss es wohl sein! Er sitzt nur noch rum, spricht davon, wie schlecht das Leben doch zu ihm armen Kerlchen gewesen ist, und alles, was ihm einfällt, dagegen zu tun, ist es zu beenden.«
Er räuspert sich und atmet mehrmals tief durch. »Und ich dachte immer, du wärst eine Kämpfernatur. Ich dachte immer, du wärst etwas Besonderes.«
Kurz schlägt die Stille wie Wellen über uns zusammen.
»Ich«, fange ich an, ohne recht zu wissen, was ich eigentlich sagen möchte.
»Ich ich ich«, äfft mich Volker nach einigen Sekunden nach. »Ich was?«
Ich halte das alles nicht mehr aus!, will ich brüllen. Ich habe genug vom Töten, genug davon übers Töten zu sprechen, darüber nachzudenken. Genug davon nachts wach zu liegen und an der ganzen Welt zu zweifeln. Und ich habe genug von dir und deiner Allwissenheit. Deinem Mut und deinem verdammten Glauben, das richtige zu tun.
»Nun?«
Ich sage nichts von alledem.

***

Es war bereits eine Minute vergangen, seitdem mein Handy vibriert hatte. Das Display war längst wieder dunkel und nur der Mond spendete etwas Licht, indem er sich in schmutzigen Gläsern und halb vollen Flaschen spiegelte, die um mein Bett herum wie Landmienen auf dem Boden und dem hölzernen, klebrigen Nachttisch verteilt standen. Es musste einundzwanzig Uhr elf sein.
Ich saß vor dem Bett auf den Dielen und starrte, den Kopf in die Hände gestützt, auf das Telefon. Als würde ich darauf warten, dass es mir sagte, was ich tun sollte. Dass es für mich entschied, ob ich jetzt meine Wohnung verlassen sollte, um siebzehn Minuten lang erst die Pinienallee entlang zu gehen, nach der ich einmal links und zweimal rechts abbiegen müsste, bis ich vor einem Häuschen mit der Nummer 81 stehen würde, die aussah wie eine 61.
Ich wartete darauf, dass es mir sagte, nein, dass es mir befahl, dass ich das letzte bisschen Mut zusammenkratzen sollte, das sich in mir befand, um das Messer zu nehmen, das neben dem Handy auf dem Nachttisch lag und in die regnerische Nacht hinauszugehen.
Wie von allein tastete meine Hand über die Beule auf meiner Stirn und das geschwollene rechte Auge erinnerte mich daran, wie der Streifenwagen vor dem Wohnhaus gehalten hatte, um mich in Untersuchungshaft zu bringen und selbst dieses letzte bisschen Mut war Geschichte.
Ich seufzte und stand, mich am Bettrahmen abstützend, auf. Meine Knie pochten und die Waden fingen an zu Schmerzen, als das Blut wieder in sie zurück schoss. Unsicher machte ich einige Schritte, bei denen ich mehrere Flaschen umwarf, auf das Fenster zu und lehnte meine Stirn gegen das kühle Glas. Regentropfen, in denen sich das Licht des Mondes und das der Straßenlaternen zu gleichen Teilen brachen, liefen wie geschmolzener Zucker über die Scheibe.
Richtig oder falsch? Diese Frage stellte ich mir jetzt bereits seit Stunden. Seit Wochen. Ich fragte: Wäre es richtig, dieses Messer zu benutzen? Wäre es richtig, ein Leben zu nehmen, um ein anderes zu schützen?
Aber es war niemand da, der mir hätte antworten können.
Als mein Atem die Fensterscheibe beschlug, begann mein Finger, immer und immer wieder eine Acht zu malen.
Aber wäre es richtig, wenn ich hier bliebe? Wenn ich mich in mein Bett legen würde, die Decke hochgezogen, mich Träumen hingebend, die mich doch nur wieder in dieselbe missliche Lage versetzten, in der ich mich bereits befand?
Ein kurzer, jedoch lauter Schrei unterbrach mich und meine Gedanken, und ich sah, wie drei Jugendliche sich unter meinem Fenster gegenseitig schubsten. Jedoch mit so wenig Kraft, dass man es nur für Spaß halten konnte.
Seufzend drehte ich mich um, schnappte mir das Handy und das Messer, stopfte beides in die Tasche meiner Bomberjacke, die über dem Bürostuhl hing, und schlüpfte, nachdem ich sie abgenommen hatte, in sie hinein.
Einmal würde ich es noch versuchen. Einmal würde ich dieser Welt noch eine Chance geben. Ein einziges Mal.
Dann wäre Schluss.

***

Seit fünf Minuten starre ich abwechselnd an die Decke und die weiß gestrichenen Wände, in deren Ecken bereits der Putz anfängt, sich zu lösen. Der abgestandene Schweiß im Bettlaken steigt mir in die Nase und schmerzhaft wird mir bewusst, dass auch der letzte Geruch von Sandra verschwunden ist.
Seufzend rolle ich mich auf die Seite, ziehe die Schublade des Nachttisches auf und krame Sandras Briefe heraus. Es ist ein dickes Bündel, genau achtunddreißig. Das Papier ist knittrig und weich, die losen Farbreste des Kopierers haben sich längst in meine Finger eingebrannt, und alle Ecken sind eingeknickt.
Achtunddreißig. Und das von einem so zierlichen, kleinen Mädchen.
Lieber Alexander, lese ich, liebe Marion, lieber Gerhard.
Ich weiß nicht, weshalb sie alle kopiert und aufgehoben hat, aber ich bin froh darüber, wenigstens etwas von ihr zu haben, das nur mir gehört. Mir allein und niemandem sonst.

Lieber Emil,
es wird dich sicherlich nicht überraschen von mir zu hören. Vermutlich überrascht dich jetzt überhaupt nichts mehr. Dazu ist es ja auch zu spät.
Ich möchte mich nicht bei dir entschuldigen, dafür gibt es keinen Grund, aber ich will dir immerhin diese letzte Ehre erweisen.
Es ist nicht viel, ich weiß, aber besser als alles, was du jetzt hast.
Ich muss dir nicht erklären, dass nicht ich es war, die dich in diese Situation gebracht hat. Das warst du selbst. Aber da sage ich dir nichts Neues. Sieh es doch so: Ich habe dir die Möglichkeit gegeben, zu bereuen. Auch wenn wir nicht mehr in einer besonders religiösen Welt leben, könnte es doch sein, dass deine Sünden dir verziehen wurden.
Wenn nicht, ist es trotzdem deine eigene Schuld.
Dich interessiert sicher, ob die Polizei mich gefunden hat. Nein, das hat sie nicht. Und sie wird es auch nicht. Das tut sie nie. Vermutlich hat sie besseres zu tun, als den Mörder eines Mörders zu finden, und, seien wir ehrlich, kann man es ihr denn verübeln? Du hast es verdient, dass dein vernarbtes, hässliches Gesicht von Würmer zerfleischt wird, du hast es verdient, dass deine Hände sich zu Vogelkrallen formen und du hast es verdient, dass die Menschen dein Grab nur aufsuchen, um darauf zu spucken.
Wenn man darüber nachdenkt, solltest du eigentlich froh sein, dass ich auf dein Begräbnis gehen werde. Vielleicht macht dich das ja wieder zum Menschen. Zumindest teilweise. Das ist alles, was ich für dich tun kann, und es ist mehr, als du verdienst.
Die Zeitungen sind voll mit dir. An keinem meiner vorherigen Delinquenten wurde so sehr Leichenfledderei begangen wie an dir. Es geht sogar soweit, dass die Medien, ohne überhaupt von meiner Existenz wissen zu können, mich als Racheengel bezeichnen. Engel, abgesehen von Sascha hat mich niem...

Das Beben der Tür reißt mich aus den Gedanken.
»Sascha!«
Ich falte die Briefe wieder zusammen, stopfe sie in die offen stehende Schublade und schließe sie geräuschlos. »Augenblick!«
Ich fahre mir mit einer Hand durchs Haar und gehe dann zur Tür, um Volker herein zu lassen. Er drückt sich an mir vorbei und lässt sich rücklings auf den Bürostuhl fallen, der in meiner Einzimmerwohnung abgesehen von meinem Bett und dem Boden die einzige Sitzmöglichkeit ist.
»Was ist?«, frage ich und sehe ihm dabei zu, wie er die Packung Philip Morris gegen seinen Handballen schlägt, um die dabei herausgerutschte Zigarette zwischen seine Lippen zu schieben.
Er nuschelt irgendetwas.
»Wie bitte?«
»Wie bitte? Haben dir deine Bücher das Gehirn weich geklopft?«
Ich seufze genervt und frage: »Was willst du hier?«
Er verschränkt die Arme auf der Rückenlehne, polstert sein Kinn darauf und senkt den Blick. Seine Wimpern sind lang und dunkel und ruhen auf den Wangen wie Insektenflügel, während der Rauch aus seiner Nase an die Decke steigt und damit fortfährt, das Weiß in Gelb zu verwandeln. »Du hast dich seit Tagen nicht mehr blicken lassen. Ich wollte nur sicher gehen, dass du nicht mit dem Gesicht nach unten in der Badewanne liegst.« Er zieht einen Mundwinkel nach oben, während in dem anderen die Kippe baumelt.
»Du übertreibst.«
»Wohl kaum. Ich mach mir Sorgen.«
Ich lache. »Blödsinn. Du machst dir doch nie Sorgen.« Und dann, leiser, fast flüsternd: »Schon gar nicht um mich.«
Er hebt den Blick und sieht mich an. Unter jeder seiner Bewegungen knarrt der Bürostuhl. »Das glaubst du doch nicht wirklich?« Seine Augen sind rot geädert und sein Gesicht weißer als die Wand hinter ihm.
Ich zucke mit den Schultern und lasse mich auf das Bett fallen.
»Du bist in letzter Zeit ziemlich durch den Wind.« Ich nicke und lege mich hin, die Arme hinter dem Kopf verschränkt, und starre wieder an die Decke.
»Was ist mit dir?« Die Sanftheit in Volkers Stimme bringt mich etwas durcheinander, unterscheidet sie sich doch so sehr von der rauen, wie Eisen klingenden Stimme, mit der er auf die Delinquenten einschlägt.
»Ich …«, beginne ich, nur um den Kopf zu schütteln und wieder innezuhalten.
»Es ist nicht falsch, was wir tun.«
Er nimmt einen tiefen Zug von seiner Zigarette und hält sie dann zwischen zwei Fingern der rechten Hand, die er vor der Lehne baumeln lässt. Der Rauch steigt ihm in die verquollenen Augen, doch es scheint ihn nicht zu stören.
»Aber ich will dir nichts vormachen. Richtig ist es auch nicht.«

***

Ich fror, als ich mit verschränkten Armen die Pinienallee entlang ging. Regen blieb in meinem Haar haften und sammelte sich zu einer Sturzflut in meinem Nacken. Der Wind zerrte an meiner Jacke und versuchte mich daran zu hindern, weiter zu gehen. Ich fragte mich, ob alle Helden es so schwer gehabt hatten oder ob der Regen, der sich von einem Nieseln in einen fast schmerzhaften Niederschlag verwandelt hatte, ein Zeichen war. Wessen Zeichen wusste ich jedoch nicht.
Ich bog das erste Mal rechts ab und ließ die Laternen hinter mir, die mir noch einige Meter ihre langen, knochigen Hände nachstreckten. Hier, in dieser Seitengasse, gab es nur wenig Licht und das meiste davon spendeten die Fernseher, die hinter den Fenstern der oberen Stockwerke liefen. Ich zitterte, und nur zu einem geringen Teil lag es an der Kälte. Die hohen Gebäude hielten den Regen und den Wind fern, doch in all der Finsternis, in der nur so wenig Lichtblitze flackerten, fühlte ich mich jetzt allein. Ja, ich hatte Angst. Ich wusste nicht genau, was vor mir lag.
Ich wusste, dass etwas Schlimmes geschehen würde, wenn ich nicht in der Lage wäre, einzugreifen. Wusste, wo dieses Schlimme stattfinden würde. Wann es passieren würde. Aber ich wusste auch, dass jemand sterben würde. Egal, ob ich eingriff oder nicht. Aber wer, die Frau oder ihr Mann, das lag in meiner Hand. Und, auch wenn ich es mir nicht eingestehen wollte, das Wissen um diese Macht gab mir ein gutes Gefühl. Alles hing allein von mir ab, davon, dass ich rechtzeitig eingriff. Davon, dass ich überhaupt eingriff.
Ich erreichte das Ende der Gasse und als ich wieder rechts abbog und auf die Hauptstraße trat, hörte ich Stimmen. Viele aufgeregt durcheinander sprechende Stimmen und ungefähr fünfzig Meter von mir entfernt standen einige dunkel gekleidete Menschen zwischen drei Polizeiwagen.
Ich ging auf sie zu, bemerkte dabei nur am Rande, dass sich mein Schritt immer mehr beschleunigte und als ich nur noch zehn Meter weit von den Leuten, untern denen, wie ich jetzt erkannte, auch einige in Bademänteln waren, entfernt war, setzte ich mich auf eine glitschige Bank und lauschte, während Wasser durch meine Jeans drang.
Ich konnte nicht viel verstehen, aber das, was ich verstand, genügte, um mir ein Bild machen zu können.
Ja, es war ein Mord geschehen. Ja, er war bestialisch gewesen, überall Blut und Leichenteile, die in nicht nur einem Zimmer sichergestellt worden waren. Aber es war keine Frau gewesen, die ermordet worden war.
Ich musste nur eins und eins zusammen zählen.
Irgendjemand war mir zuvor gekommen.

***

Ich stehe vor den sich vor Flaschen voller Alkohol biegenden Regalen und studiere die Etiketten. Zwölf Prozent, dreizehn Prozent, neun Prozent. Zu wenig.
Einen Gang hinter mir unterhält sich Volker lautstark mit einer Frau und hin und wieder kann ich mir ein Lächeln einfach nicht verkneifen.
»Sie sind also Polizist?«
»Nein, so ähnlich. Nicht ganz, aber so ähnlich. Ich bin in meinem Handeln nicht eingeschränkt.«
»Wie meinen Sie das?«
»Mein Chef lässt mir freie Hand.«
Siebzehn Prozent. Aber das Zeug schmeckt nach Minze.
»Sie sollten mal in meiner Wohnung vorbei schauen.«
In den Gängen des Supermarktes ist es kalt und eine Gänsehaut läuft wie umfallende Dominosteine über meine Arme und meinen Rücken.
»Ah ja?« Ich kann Volkers Belustigung beinah spüren.
»Die Leute«, ihre Stimme wird leiser, »die Leute über mir, die … irgendwas stimmt mit denen nicht.«
»Wieso das?«
»Die nehmen sicher Drogen. Die leben in einer vollkommen anderen Welt.«
Was würde ich geben, um diese Welt kennenlernen zu können.
»Haben Sie dafür Beweise? Ohne Beweise … da kann ich gar nichts machen.«
»Sie haben schreckliche Frisuren und sie stinken.«
»Ich fürchte, das reicht nicht.« Seine Stimme wird höher und ich bin mir sicher, dass es ihm schwer fällt, sich ein Lachen zu verkneifen.
»Und fast jede Nacht sind sie um drei Uhr noch wach. Das ist doch nicht normal.«
»Ver…«, Volker fängt an zu husten und ich kann hören, wie sich Schleim aus seinem Rachen löst. »Vermutlich haben Sie Recht«, sagt er atemlos. »Mit denen kann was nicht stimmen.«
»Sie sehen sich das also an?«
Wie findet er nur immer wieder diese Exemplare?
»Natürlich. Ich muss dazu nur Ihre Adresse aufnehmen.«
Sie gibt sie ihm.
Siebenunddreißigeinhalb Prozent. Das klingt schon besser.
Ich nehme zwei Flaschen Rum, klemme sie mir unter den Arm und marschiere auf die Kasse zu. Volker und seine Gesprächspartnerin sind mittlerweile außer Hörweit, doch ich bin mir sicher, dass ich nichts verpasse, was ich nicht bereits einmal gehört hätte.
Ich stelle mich hinter eine füllige Frau in die Schlange und folge dem Muster auf ihrem Rücken, das der Schweiß gemalt hat. Immer wieder wischt sie sich mit dem Handrücken über die Stirn und ihr Oberkörper wippt bei jedem der viel zu schnell aufeinander folgenden Atemzüge auf und ab. Feuchtes Haar lockt sich in ihrem breiten Nacken und ich frage mich, ob es sehr schlimm wäre, wenn ich bereits jetzt einen Schluck aus einer der Flaschen nehmen würde.
Die Frau vor mir räumt jetzt ihre Lebensmittel auf das Band, und es sind viele Lebensmittel. Das monotone Piepsen lullt mich ein und ich schließe meine Augen zur Hälfte und als ich plötzlich eine Hand auf meiner Schulter spüre, zucke ich zusammen.
»Alles klar?«
»Erschreck mich nicht so.« Ich sehe Volker an, sehe sein Grinsen. »Was war das vorher mit der Schnalle?«
»Och«, und sein Grinsen wird noch eine Spur breiter, »hab nur meinen Charme spielen lassen.«
»Aha«, sage ich und rücke der Schlange wieder zwei Schritte auf. Volker ebenfalls. »Willst du sie etwa besuchen?«
»Besuchen?«, äfft er mich nach und beugt sich dann etwas vor. »Ne, keine Ahnung.«
»Hm.« Die dicke Frau bezahlt. »Wegen Petra, mein ich. Sie wäre davon sicherlich nicht so begeistert.«
»Hey, Mann, ich wollte nur testen, ob sie mir die Adresse überhaupt gibt. Was willst du mit dem Rum?«
»Was soll ich damit schon wollen?«
»Eine für mich?«
»Hättest du wohl gern«, und ich rolle die Flaschen wieder vor mich, halte sie mit den Händen fest, während das Band weiterfährt und die füllige Frau mit mehreren Tüten an jedem Arm klingelnd durch die sich öffnende Tür tritt. Ich frage mich, ob man auch zu schwer für einen Bewegungssensor sein kann.
»Hi«, sagt das Mädchen an der Kasse, hält es jedoch nicht für nötig, den Blick dabei zu heben.
»Hallo.«
Sie trägt das dunkelblonde Haar zu einem unsauberen Zopf gebunden, faserige Strähnen hängen ihr in blaue Augen, die wie Nebel flackern. Sie ist so bleich, dass man kaum erkennen kann, wo der Mantel aufhört und ihre Haut beginnt. Und mit den langen, dunklen Wimpern, den willkürlich wie Farbspritzern platzierten Sommersprossen auf der Nase erinnert sie mich an Sandra.
Neben mir höre ich Volkers Atem. Bilde ich es mir nur ein, oder ist er schneller geworden? Flacher, fast keuchend und pfeifend?
»Achtundzwanzig fünfzig, bitte.«
Sie streckt eine Hand aus, an der abgebissene Fingernägel wachsen.
Während ich meine Geldbörse aus der Gesäßtasche fische, wird Volkers Hand auf meiner Schulter immer schwerer.
»Hey, Mann«, sage ich, ohne ihn anzusehen und versuche meine Schulter aus seinem Griff zu befreien, indem ich sie nach unten drücke. »Alles klar?«
In meinem Geldbeutel befinden sich nur zwei Fünfer. Scheiße.
»Volker?«, sage ich und sehe ihn an.
Schweiß hat sich auf seiner Stirn gebildet und er kaut nervös auf seiner Unterlippe.
»Kannst du mal?«
Er sieht zu mir auf, schüttelt dann den Kopf, als versuche er, einen Gedanken loszuwerden und greift tief in seine Hosentasche.
»Klar.« Seine Stimme ist nur ein Flüstern, ich sehe das Wort mehr als dass ich es höre. Er legt einen Fünfziger auf das Band, drückt sich dann an mir vorbei und geht durch die Tür.
Das Mädchen legt mir das Wechselgeld in die Hand, ich klemme mir die Flaschen wieder unter den Arm und laufe hinaus.

Ich brauche einen Augenblick, um Volker in der anbrechenden Dämmerung zwischen den vielen, dicht nebeneinander gewachsenen Bäumen ausfindig zu machen. Er steht zwischen zwei Eichen und versucht, eine Zigarette anzuzünden.
»Alles in Ordnung mit dir?«, rufe ich, während ich auf ihn zugehe. Er sieht nicht zu mir her.
Als ich vor ihm stehe, stelle ich eine Flasche auf den Boden, die andere drücke ich ihm in die Hand.
»Nimm erst mal nen Schluck.« Das lässt er sich nicht zweimal sagen.
»Alles klar?«, ich versuche, ihm in die Augen zu sehen.
»Ja, es kam bloß überraschend. Das ist alles.«
Eine Vision. »Das Mädchen?«
Er nickt.
»Opfer?«
Er schüttelt den Kopf.
Verdammt. Sie hätte mir gefallen.

***

Der Regen hatte aufgehört. Langsam stand ich von der Bank auf, warf einen letzten Blick auf die Absperrungen der Polizei und machte mich dann daran, nach Hause zu gehen. Es war spät und ich zu müde und aufgeregt, um genau zu verstehen, was hier passiert war.
Eigentlich hätte ich es sein müssen. Eigentlich hätte ich diesen Mann töten sollen. Wie konnte es sein, dass mir jemand zuvor gekommen war? Die Chancen lagen so gering, dass man sie nicht einmal errechnen konnte. Und trotzdem hatte man mich geschlagen.
Ich war nie scharf darauf gewesen, jemanden umzubringen. Aber jetzt, da mir diese Gelegenheit genommen worden war, war ich sauer.
Ich vergrub meine Hände in den Jackentaschen und schüttelte den Kopf. Irgendetwas war hier faul. Hatte jemand, abgesehen von mir, davon gewusst, dass dieser Mann vorgehabt hatte, seine Frau zu töten? Hatte jemand davon gewusst, dass ich es wusste und hatte deshalb, um der Erste zu sein, bereits vor mir gehandelt? Oder war das alles schlicht und ergreifend Zufall? Gab es überhaupt Zufälle? Seit diese Träume angefangen hatten, war ich mir dessen nicht mehr so sicher. Zur richtigen Zeit am richtigen Ort, all das hatte sich verändert. Ich wusste, wann der richtige Zeitpunkt war, ich wusste, wann ich wo sein sollte. Doch, war es jetzt besser als vorher? Das Veilchen in meinem Gesicht widersprach dem.
Diesen Gedanken von wütenden Bullen voller Vorurteile und Tatendrang nachhängend trottete ich unter Bäumen hindurch, von deren Blättern Regen auf meinen Kopf tropfte, ging auf die dunkle Gasse zu und als ich in sie hinein bog, wäre ich beinah über die ausgestreckten Füße einer an der Wand lehnenden Person gestolpert, deren Körper von Schatten an sich gedrückt wurde wie eine verblassende Erinnerung.
»Hey«, sagte ich und drehte mich um. Es musste ein Mann sein, die Schultern waren breit und er war mindestens eins neunzig groß, doch in der Dunkelheit war sein Gesicht schwer auszumachen.
Aufgrund der Größe verkniff ich mir ein: »Pass besser auf, Arschloch«, und machte mich stattdessen wieder daran, den Heimweg anzutreten.
»Nimms mir nicht übel, Junge«, sagte er mit einer so tiefen und rauen, aber leisen Stimme, die mir die Trommelfelle zum Vibrieren brachte. »Dein großer Tag kommt noch.«
Ich blieb stehen und fragte, ohne mich erneut umzudrehen: »Wie bitte?«
»Ich wusste, dass du kommen würdest, aber zu spät. Die Zweifel nagen noch so sehr an dir, dass du unschlüssig bist, ob du das Richtige tust. Ist es nicht so?«
»Wovon sprechen Sie?«
Über mir ging ein Fernseher aus und die Gasse wurde noch ein Stück dunkler.
»Stell dich doch nicht so dumm, Kleiner.«
Ich hörte ein Klicken und als ich mich umdrehte, sammelte sich der schwache Schein der Flamme eines Feuerzeuges auf den Tränensäcken des Mannes.
»Du musst verstehen«, und er klang mit der Kippe zwischen den Lippen noch etwas leiser, »dass ich mich nicht darauf verlassen konnte, dass du die Sache durchziehst.« Er blies Rauch in meine Richtung. »Wär auch zuviel verlangt, in deinem Alter.«
Ich ging einige Schritte auf ihn zu und als ich vor ihm stand, versuchte ich ihm in die Augen zu sehen.
»Wovon sprechen Sie?«, wiederholte ich absichtlich langsam.
»Du wolltest heute Abend ein Held sein.« Als würde er es einem Idioten erklären. »Selbst wenn nur du von deiner Heldentat gewusst hättest.«
»Sie sind verrückt«, flüsterte ich und drehte mich wieder um. »Völlig durchgeknallt.«
»Schon gut«, sagte er und wurde immer leiser, während ich mich weiter von ihm entfernte. »Belüg dich nur selbst. Wenns hilft. Irgendwann hört auch das auf. Und dann …«, er kam mir hinterher, nahm meine Hand, ohne dass ich mich umsah, drückte etwas hinein und schloss meine Finger darum.
»Dann werden wir weitersehen.«
Es war ein Zettel.
Als ich die Schritte hörte und aufsah, war der Mann der Dunkelheit entflohen.

***

Vier Tage nach meinem misslungenen Selbstmord und ich sehe Volker dabei zu, wie er einem Mann, der vielleicht drei Jahre älter ist als ich, in die Rippen tritt. Sein Stöhnen ist kaum mehr wahrzunehmen, es hat bereits soviel an Kraft verloren, dass Volkers angestrengtes Grunzen es fast völlig übertönt. Leise fließen wenige harte Töne der Musik, die eine Zwei-Mann-Band in der Bar hinter uns erzeugt, unter der Türritze hindurch und schleichen sich beinah unbemerkt an.
Das Gesicht, das Volker in den Teer presst, ist eine einzige breiige Masse, die die Kieselsteine wie einen Streuselkuchen garnieren und sein linker Arm sieht aus, als wäre er am Ellbogen in die falsche Richtung geknickt. Mir tut bereits vom Zuschauen alles weh.
Und trotzdem kann ich dem Ganzen eine gewisse Faszination nicht absprechen. Schon mehrere dutzend Male hab ich dabei zugesehen, hab ich es selbst getan, und noch immer bekomme ich dieses Kribbeln, diese Gänsehaut, die mein Rückgrat hinab läuft und sich in meinen Lenden zu einer schwachen Faust formt.
Nein, das Blut macht mich nicht geil, aber diese abstruse Form der Gerechtigkeit, sie macht mich zittrig.
Ich muss mich zwingen, den Blick abzuwenden, als Volker den Mann erst umdreht und ihm dann seinen Absatz zwischen die Augen rammt. Während ich in den finsteren Himmel starre, mit den Augen den wenigen Sternen folgend neue Bilder erfinde, höre ich das Glucksen, das schmerzverzerrte Blubbern, das der Mann von sich gibt.
»Scheißkerl«, stößt Volker zwischen seinen zusammengebissenen Zähnen hervor und ich drehe mich wieder zu ihnen um. »Verreck endlich, du Scheißkerl!« Gelber Schweiß läuft über seine Stirn und tropft auf den heutigen Auserwählten.
»Ich glaubs nicht, dieser Wichser hält echt was aus.«
Cowboystiefel graben sich in Achseln und als nach einem lauten Schmerzensschrei der Typ noch immer nicht das Bewusstsein verloren hat, lässt Volker sich auf den Boden fallen.
»Junge«, sagt er und fischt aus seiner Jackentasche eine Zigarette und das Sturmfeuerzeug, »Junge, Junge.« Er stopft sich die Kippe zwischen die Lippen, schützt die Flamme mit einer Hand vor dem Wind und fängt an zu rauchen.
»Wenn man sieht, welche Schau du hier abziehst, da könnt ich direkt schwach werden.«
Qualm steigt aus Volkers Nase auf und verliert sich in der feuchten Luft über ihm. »Erzähl mir mal, wies war«, und er beugt sich etwas vor. »Komm schon, mich interessiert das wirklich.«
»Ich glaube, der versteht kein Wort.«
»Halt mal einen Augenblick lang die Klappe.«
Ich rolle mit den Augen und lehne mich gegen die kalte Hauswand der Bar. Das bunte Licht der Neonreklame fällt um die Ecke in unsere Gasse.
»Erzähl schon«, sagt Volker wieder und er klingt verständnisvoll, klingt ruhig und klänge sanft, hätten nicht unzählige Schachteln Nikotin versucht seine Stimmbänder zu massakrieren.
Der Mann vor Volkers Knien starrt ihn nur an. Oder starrt mich an. Oder starrt nichts an. Wenn ich ehrlich sein soll, ist es mir ein Rätsel, wie ich überhaupt noch erkennen kann, dass er starrt.
»Macht dich der Gedanke daran geil?«, sagt Volker und setzt sich rittlings auf den Mann, »Geht dir einer dabei ab?«
Der Typ stöhnt und das Glucksen, das in seiner Kehle blubbert, erzeugt Brechreiz in meinem Magen, meinem Hals und mein Speichelfluss beginnt sich zu erhöhen. Kurz vergesse ich die Fotos aus den Zeitungen, die lachenden Gesichter der Mädchen, die in meinem Alter gewesen waren, als sie aus dem Leben gestoßen worden waren, und denke nur an die unerträglichen Schmerzen, die dieser Kerl haben muss.
Volker schlägt ihm ins Gesicht. »Na? War es geil für dich?«
Ein weiterer Schlag und ich drehe mich zur Seite. Ich kann ein gewisses Maß an Blut vertragen, an den Schmerzen anderer, die sich in meinem Magen reflektieren, eine gewisse Menge an gutturalen, quälenden Geräuschen, die sich wie Kreissägen durch meinen Gehörgang in das Gehirn vorarbeiten. Ich kann eine gewisse Menge Leid selbst erzeugen.
»War es so geil für dich, wie das hier für mich?«
Doch das ist zuviel. Dieses Gesicht … es ist keines mehr. Es sind Überreste einer Statue, die ein unbegabter Künstler ins grausame Leben gezogen hat. Das hier ist eine Geburt, und mit jedem Schlag, der in den Erinnerungen an das Gesicht des Mannes fällt, wird der Tod weiter ins Leben gerufen. Das ist keine gute Tat mehr, keine Wohltat an der Menschheit, an der Welt, das ist eine Hinrichtung.
Ich trotte angewidert davon. Volker bemerkt es nicht.

***

Es war vier Uhr morgens. Der Regen flehte wieder an dem Fenster um Einlass und selbst dieses stetige Trommeln half mir nicht einzuschlafen. Stundenlang lag ich bereits auf meinem Bett, das Laken nur um die Hüften gewickelt, und starrte an die Decke, die im Sternenlicht grau wirkte.
Was war passiert? Immer wieder ließ ich den Abend Revue passieren, dachte an die Polizisten, an ihr Gerede, an die Tränen der Witwe, die sich erst als Freudentränen herausstellten, als sie zwischen zwei heftigen Schluchzern die Worte er hat es verdient herausgepresst hatte. Ich dachte an den Mann, der mich in der Gasse abgefangen hatte, an sein Worte, die man als Wissen über mich auslegen konnte.
Doch ich wurde aus all dem nicht schlau.
Konnte es sein, dass nicht nur ich diese Träume hatte? Schließlich, warum sollte ich einzigartig sein? Wenn ich etwas wusste, dann, dass niemand etwas Besonderes war.
Ich setzte mich auf und ließ die Decke auf den Boden fallen. Was passierte mit mir?
Zitternd in der Kälte stieg ich aus dem Bett und ging auf das Fenster zu. Der Regen raubte mir einen Großteil der Sicht. Alles was ich sah, waren die Lichtkegel der Laternen, die wie Irrlichter in der Luft schwebten und sich im Regenguss hin und her bewegten.
Eigentlich sollte ich froh sein. Sollte froh darüber sein, dass mir diese schreckliche Aufgabe jemand anderes abgenommen hatte. Sollte mich freuen, dass nicht ich es sein werde, hinter dem die Polizei her sein wird, um einen der gefährlichsten Psychopaten der Stadtgeschichte hinter Schloss und Riegel zu bringen.
Ich sollte mich freuen, dass mir das Blut erspart geblieben war. Dass die Leute noch immer ohne mein Zutun starben.
Aber ich freute mich nicht.
Es erschreckte mich selbst. Der Gedanke daran, wie es wohl gewesen wäre, dieses Messer, dass jetzt auf meinem Schreibtisch glitzerte, in die Brust eines Mannes zu rammen, der dasselbe bereits mit unzähligen Leuten getan hatte. Unschuldigen Leuten. Es sicherlich noch mehrmals vorgehabt hatte.
Doch gleichzeitig erfüllten mich diese Vorstellungen mit Leben, einem Gefühl, das ich bis jetzt noch nicht gekannt hatte.
Ich nahm den Zettel, den mir der Mann gegeben hatte, aus der Hosentasche, faltete ihn auseinander und las ihn erneut, im Schein der Straßenlaternen.

Ruf mich an & nenn mich Volker. 0171/52356686
Ich warte nicht auf deinen Anruf. Ich weiß, wann er kommt.

Die Schrift war krakelig und kaum zu entziffern, doch nachdem ich fünf Minuten auf die Nummer gestarrt hatte, wusste ich sie auswendig.
Sollte ich ihm glauben? Glauben, dass auch er Träume hatte, dass auch er Dinge wusste, die niemand wissen konnte?
Ich dachte an das Gefühl, das ich gehabt hatte, als ich aus der Gasse auf die Straße gebogen war, kurz bevor ich die Polizisten gesehen hatte und bevor ich mir dessen bewusste wurde, tippte ich schon die Nummer in mein Handy ein.
Es klingelte einmal
Nenn mich Volker.
»Hi Sascha. Ich wusste es.«

*

Sie saß mit ihrem Oberkörper tief nach vorne gebeugt einfach nur da und blies sich immer wieder das dunkelblonde, etwas fettig glänzende Haar aus der Stirn. Sie sprach nicht, bis auf ein »Hallo« hatte sie noch kein Wort gesagt, seit ich angekommen war. Wie berechnet leckte sie sich jede Minute über die Lippen und alle vier Sekunden zwinkert sie zweimal hintereinander mit beiden Augenlidern. So wie sie da saß, wirkte sie nicht besonders attraktiv. Die Augenbrauen waren zu hell, kaum sichtbar, die ziellos verstreuten Sommersprossen leuchteten auf ihrer weißen Haut und die Knochen waren kurz davor, sich durch die fast durchsichtige Haut zu bohren.
Und trotzdem – ich konnte den Blick nicht von ihr abwenden.
Wir waren allein in dem saalähnlichen, sterilen Wohnzimmer und ich kam mir verloren vor, in all dem Weiß. Weiße Wände. Weiß verchromter Fernseher, weiße Ledercouch. Und da das Mädchen sich so wenig bewegte, hatte ich das Gefühl, das einzige Lebewesen hier zu sein. Nirgends ein Windhauch, nirgends ein Geräusch, nicht einmal der leise, pfeifende Atem, den die meisten Menschen durch die Nasenlöcher drücken. Kein Seufzen, kein Räuspern, kein Schlucken. Und kein Wort.
Die Stille war kurz davor mich in den Wahnsinn zu treiben.
Ich räusperte mich. »Und? Was machst du so?«, fragte ich und erschrak, als ich meine Stimme hörte, die viel zu laut war und wie ein Kanonenschuss durch das Zimmer hallte.
»Wie: Was mache ich?«
»Ich meine beruflich.«
»Hotelgewerbe«, und ich versuchte sie mir in einem feinen Hosenanzug vorzustellen, hinter einer altmodischen, frisch polierten Empfangstheke, das Haar fest nach hinten gebunden, die Lippen glänzend und zu einem kaum merklichen Lächeln verzerrt. Und erst, als ich sie mir so vorstellte, so anders als sie mir jetzt gegenüber saß, in den zerrissenen Jeans und dem gebatikten T-Shirt, mit den Nieten an ihrer Hüfte, wurde mir bewusst, dass sie schön war. Dass sie jetzt schön war.
Nur dass es einem schwer fiel, das zu erkennen.
»Klingt interessant.«
»Ist es nicht.«
Wieder Schweigen. Es war schwer, mit diesem Mädchen ein Gespräch anzufangen, sie machte mich nervös, mit ihrer gebrechlichen Gestalt, hinter der sich doch, wie Volker angedeutet hatte, so viel Stärke verbergen musste.
Ich seufzte und angelte mir die Fernbedienung eines Ungeheuers von einem TV von dem zu niedrigen Couchtisch, lehnte mich zurück und drückte wahllos eine Taste. Der Apparat sprang summend an. Ich legte die Fernbedienung zurück. Es war mir egal, was lief, die Stille musste nur verschwinden.
Wir starrten auf den Bildschirm. Man sah die Überreste eines Flugzeugabsturzes.
»Hundertachtundfünfzig Menschen. Und sie alle grundlos tot«, sagte sie und ich bemerkte, wie ihre Augen sich weiteten. Blaue Augen.
»Wusstest du«, begann ich, sammelte mich dann kurz, indem ich leicht meinen Kopf schüttelte und fuhr fort, »dass jährlich weniger Leute durch einen Flugzeugabsturz sterben, als durch Angriffe von Krokodilen?«
»Tatsache?«
»Und ob, zweitausend Menschen landen jedes Jahr im Magen eines Krokodils. Zumindest teilweise.«
Sie lächelte. Es war das erste Mal, dass ich sie lächeln sah. Doch ihre Augen … sie ruhten nicht auf mir. Als blickte sie in die Ferne und ich dachte an das Blut, an die Gliedmaßen, die sich unter reißenden Zähnen vom Körper lösten und mir wurde übel.
Das Bild in den Nachrichten wechselte von verkohlten Wrackteilen auf einen Nachrichtensprecher.
»Wo ist das Badezimmer?«
»Rechts den Gang entlang, hinter der grauen Tür.«
Ich saugte jedes ihrer Worte ein und wurde mir dessen erst bewusst, als ich bereits das Wohnzimmer verlassen hatte. Den großen hellbeigen Fliesen folgend, schlurfte ich durch das Halbfinster des Flurs, das sich mit jedem Schritt weiter verdunkelte. Es war kalt und ich zitterte in meinem dünnen T-Shirt, von dem ich die Ärmel abgeschnitten hatte.
Warum war es hier so finster? Ich blickte nach oben und über den kleinen Dachfenstern schwebten schwarze Regenwolken. Wasserfälle stürzten über die leicht schräg gestellten Scheiben, die einige Meter über mir in der Decke festsaßen. Wie konnte sich Volker nur so ein großes Haus leisten? Was machte er, abgesehen von dem, was auch ich bald machen würde?
Ich war am Ende des Flurs angelangt und stand vor einer grauen Tür. Sie glänzte und in der Düsternis leuchtete sie sogar beinah. Ich war nicht überrascht, dass es sich um Aluminium handelte. Ich legte meine Hand auf den Türknauf und spürte auch hier diese eiserne Kälte, die mich seit ich hier war in kurzen Abständen immer wieder überfiel.
Ich stieß die Tür auf, schlüpfte in das große Badezimmer und schloss sie hinter mir wieder. Es war zu dunkel, um viel erkennen zu können und ich tastete die Wand neben der Tür nach einem Lichtschalter ab. Gleißend sprang eine Neonröhre an und ich musste kurz meine Augen vor der Helligkeit verschließen. Der Boden des Badezimmers war schwarz gekachelt. Die Wände weiß. Und wo man auch hin sah, nirgends Schmutz. Ich fragte mich, ob Volker dieses riesige Haus selbst sauber hielt. Ich konnte es mir nicht vorstellen. Aber andererseits auch nicht, dass er jemand anderes diese Räume anvertraute.
Ich lehnte mich mit den Unterarmen gegen das Waschbecken, drehte den Hahn auf und fühlte das Wasser. Lauwarm. Ich stellte es auf kalt und ließ es einige Sekunden laufen. Das Plätschern des Wassers war ein gutes Geräusch und vertrieb die Einsamkeit. Warum fühlte ich mich hier so allein, obwohl doch auch andere Menschen hier waren? Ich wusste es nicht. Ich hielt meine zu einer Schale geformten Hände unter das laufende Wasser und spritzte es mir dann ins Gesicht. Es fühlte sich gut an. So lebendig.
Als ich meinen Kopf hob, blickte ich in mein Spiegelbild. War ich ihr unangenehm? Ich sah an mir hinunter und erblickte dort nichts, was jemanden hätte abstoßen müssen. Eher im Gegenteil. Ich sah gut aus, besser als ich es in Erinnerung hatte.
Warum interessierte sie sich so wenig für mich? Und was mich noch viel mehr beschäftigte: Warum ich mich so sehr für sie?

Bereits im Flur hörte ich Volkers dröhnendes, tiefes Gelächter. Ich war erleichtert ihn auf der Couch sitzen zu sehen, wissend, dass ich nicht mehr mit diesem Mädchen allein sein musste.
Als ich mich räusperte, dreht sich Volker auf dem weißen Leder um und grinste mich an.
»Kumpel«, sagte er, »gut mit dem Mädchen unterhalten?« Er hob seine dicken Augenbrauen und leckte sich mit der Zunge über die Schneidezähne.
Ich nickte, ging dann auf ihn zu und ließ mich in das Sofa fallen.
Beide sahen mich an. Als sie nichts sagten, frage ich: »Und?«
»Was: Und?«
»Was jetzt?«
»Nun«, Volker hustete und ich fragte mich, wie lange dieser Mann bereits rauchte, »zuerst Mal muss dir klar sein, dass, wenn du mitmachst, es kein Zurück mehr gibt.«
Ich lachte. »Das klingt jetzt aber ziemlich nach Hollywoodgequatsche.«
Sandra lächelte.
»Naja. Für uns steht einiges auf dem Spiel.
»Für mich nicht?«
»Nein, bisher hast du dich noch nicht strafbar gemacht. Zumindest meines Wissens nicht.«
Sein Gesicht glättete sich und nahm einen ernsten Ausdruck an. »Wir schon.«
»Ich werde euch nicht verraten. Siehst du das nicht in deinen Visionen?«
Sie blickten mich nur an und mein Lächeln verschwand.
»Ich bin kein Wahrsager, Sascha. Ich weiß nicht, was du wann tun wirst, zumindest weiß ich es zum größten Teil nicht. Auch für uns ist die Zukunft ein unbeschriebenes Blatt Papier. Meistens.«
»Ich verrate euch nicht.« Und dann: »Ehrlich.«
»Dafür werden wir dir auch keine Chance geben.« Wieder lächelten beide. »Heute Abend, zwei Stunden Fahrzeit von hier.«
»Heu… Heute schon?«
»Klar heute schon. Sandras Vision.«
»Es wird ne einfache Sache«, sagte sie. »Keine Gegenwehr.«
»Ich bin …«
»Du bist dabei«, beendete Volker meinen Satz. »Du bist dabei für immer.«

*

»Es ist nicht schlimm«, sagte Volker, während ich mir den Rotz von der Oberlippe wischte. »Mir gings am Anfang genauso.«
Ich nickte nur, mehr konnte ich in diesem Augenblick nicht. Meine Kehle fühlte sich an, als hätte man sie mit dem Messer bearbeitet, dessen Schaft noch immer aus dem Hals des Mannes ragte, den Sandra nur meine Siebenunddreißig genannt hatte. Ich konnte förmlich das Blut schmecken, das zwischen den Lippen der tiefen Wunde heraus tropfte und sich zu den klebrigen, beinah schon geronnenen Resten auf den mit Astlöchern übersäten Dielen des Dachbodens gesellte. Und dazu der Geschmack von Erbrochenem, die Überreste meiner heutigen Mahlzeiten, die auf einem Haufen neben mir lagen und anfingen zu trocknen. Ich fühlte mich wie ausgewrungen und als wäre danach nur die Hälfte von mir übrig geblieben.
Heiß und pochend lag plötzlich Volkers Hand auf meiner Schulter, wie ein Stück glühende Kohle, und ich konnte den Impuls nicht unterdrücken, sie weg zu schlagen.
»Fass mich nicht an«, sagte ich und wieder fing ich an zu würgen. Fing an, meinen Magen noch einmal auszuwringen.
»Was hat er denn?«, hörte ich Sandras Stimme, leise und angestrengt. Ihr Atem ging schwer und als ich mich aufrichtete und in der Dunkelheit zu ihr hinüber sah, stand sie am Dachfenster. Ihre Arme ruhten auf dem Fensterrahmen und das Haar leuchtete grau, fast silbern, indem es das Licht des Mondes einfing.
»Was ich habe?«, sagte ich und machte einen Schritt auf sie zu, Volker und seine Bemühungen, meine Fußabdrücke in den Blutlachen unkenntlich zu machen, ignorierend. »Das fragst du mich wirklich, während ein mittlerweile eiskalt gewordener Typ hinter mir noch immer vor sich hin blutet?«
Sie drehte sich um und sah mir in die Augen. Ich wollte wütend sein, wollte sie anschreien, und, bei Gott, ich wollte irgendjemanden schlagen. Dafür, dass sie mich hierher gelockt hatten. Dafür schlagen, dass ich so blind voller Vertrauen mitgegangen war. Doch ich konnte es nicht. Nicht, weil sie eine Frau war, nein, sondern weil mir in diesem Augenblick klar wurde, in dem sie sich das Haar mit einer blutigen Hand aus der Stirn strich, dass sie für mich nicht nur irgendeine Frau war.
Ich wusste nichts über sie. Weder ihren Nachnamen, noch ihr Alter. Nur eines wusste ich: Dass sie etwas hatte, wofür es sich für sie zu leben lohnte.
Und damit besaß sie mehr als ich.

***

»Du denkst noch oft an sie, nicht wahr?«, sagt Volker, und einmal mehr frage ich mich, wie er es schafft, trotz seiner Reibeisenstimme so gefühlvoll zu klingen.
»Mmh«, nicke ich und verschränke meine Arme vor der Brust. Die Nacht ist kalt und dampfend tragen wir unseren Atem wie einen Schild vor uns her, während wir durch die engen Gassen schlendern.
»Kann ich dich was fragen?«
»Klar, Kumpel«, antwortet Volker und legt seinen Arm kameradschaftlich um meine Schultern. »Immer doch.«
»Wie hast du Sandra kennen gelernt?«
Er seufzt. »Müssen wir die alten Geschichten wieder aufwärmen?« Er nimmt den Arm wieder von mir und aus seiner Stimme ist jede Wärme verschwunden. »Die meisten davon sind blutig.«
»Ich weiß so wenig über sie«, und ich fühle, wie meine Augen anfangen zu brennen. »Entschuldige.«
»Schon gut.« Erneut seufzt er. »Willst du es wirklich hören?«
»Ja.«, und als er nicht fortfährt: »Ja, wirklich.«
Er schiebt seine Hände in die Manteltaschen, verlangsamt seinen Schritt und sagt: »Sie wollte mich umbringen.«
»Sie … was?«
»Ich warte schon lange darauf, dass du mich das fragst«, ist seine Antwort. »Ich dachte, es wäre besser, gleich mit der Tür ins Haus zu fallen.«
Einen Augenblick lang gehen wir schweigend nebeneinander her. Dann bleibe ich stehen und erst einige Schritte später bemerkt mich Volker und dreht sich um.
»Was ist?«
»Sandra wollte dich töten?«, ich sage es mehr zu mir selbst als zu Volker.
»Ja. Ich meine … komm schon. Überrascht?« Er lacht und hustet gleichzeitig. »Sandra wollte doch so gut wie jeden umbringen.«
Empört hole ich Luft. »Was?«
Volker zuckt zusammen, wirft dann einen Blick auf die Fenster, die über uns liegen und uns sanft in das Licht der darin reflektierten Sterne tauchen. »Nicht so laut, du Vollidiot«, sagt er selbst viel zu schrill. »Die Bullen fehlen uns gerade noch.«
Ich lege meinen Kopf in den Nacken, starre in den klaren Himmel, auf dem Sterne unkoordiniert wie Streusel kleben und denke nach.
»Sandra wollte dich umbringen?«
Ein Lachen als Antwort.

***

»Es gibt Dinge, die stillen den Hunger.«
Sie leckte sich den letzten Rest Zuckerguss von den kaugummifarbenen, rosa Lippen.
»Es gibt Dinge, die stillen den Durst.« Und sie nahm die Flasche Rum, setzte sie sich an diesen Mund, der sich anfühlte, als wäre er eine Wolke. Die Muskeln an ihrem dünnen Hals bewegten sich zuckend und als sie die Flasche zurück auf meinen Nachttisch stellte, verzog sie das Gesicht. »Naja, Rum löscht den Durst vielleicht nicht.« Und dann eines ihrer spärlich gesäten Lächeln, zu denen sich immer meines gesellte.
»Es gibt Dinge, die stillen den Hunger nach Gesellschaft. Den Hunger nach Menschen, nach ihrer Zuneigung.«
Sie sah mich an.
»Und dann gibt es Dinge, die verstärken all das.«
Sie kratzte mit dem Füllfederhalter krakelige Worte so tief in das Papier, dass man sie Seiten dahinter noch immer erahnen konnte.
»Was meinst du?«, fragte ich und strich ihr eine Haarsträhne aus der Stirn. Sie stieß meine Hand beiseite. »Was wäre gut daran, mehr Hunger zu haben? Alle vier Sekunden stirbt ein Mensch an Hunger. Ich bezweifle, dass das in deren Ab…«
»Wenn du lange nichts isst, tagelang, bis du das Gefühl hast, dass dein Magen, deine Eingeweide sich selbst verzehren, dann weißt du zumindest teilweise, was Hunger bedeutet.«
Wieder schrieb sie. Es mag sein, dass du dich ungerecht behandelt fühlst, doch
»Und dann? Du quälst dich damit selbst, weiter nichts.«
»Natürlich quälst du dich.«
»Was redest du da eigentlich?«
»Du quälst dich. Und dann?«
Ich sah sie an. »Was: Und dann?«
»Na, was tust du, wenn du glaubst, dich genug gequält zu haben?«
»Ich würde mich nicht einmal quälen.«
Ein Lachen. Ihr Lachen konnte so grausam sein. »Man quält sich doch immer.«
»Ich nicht.«
»Warst du schon einmal verliebt?«
Ich wandte den Blick ab, fühlte, wie meine Wangen anfingen zu erröten, ohne zu wissen, weshalb, und nickte.
»Na also.« Als wäre das genug an Antwort für sie, schrieb sie weiter ihren Brief. glaub nicht, dass ich es war, die dich so behandelt hat. Das war deine eigene
»Was?«
Sie sah mich an. »Denk doch mal nach. Wenn ich dich so ansehe, glaube ich kaum, dass dieses Verliebtsein erwidert wurde.«
Ich schloss die Augen und atmete tief ein. »Wenn du irgendetwas in Bezug auf uns sagen willst, dann sag es.«
»Es hat dich gequält.« Ich fühlte ihre Hand unter meinem Kinn und sah sie an. »So wie dich jetzt etwas anderes quält.« Sie ließ mich los und schrieb weiter. Schuld. Wer bin ich, um über Leben und Tod entscheiden zu dürfen? So arro
»Ich quäle mich nicht selbst, nicht absichtlich«, beharrte ich und rutschte einige Zentimeter von ihr weg. »Glaubst du ich kann es mir aussuchen, in wen ich mich verliebe?« Und meine Stimme klang schnippischer, als ich es gewollt hatte.
»Nein, das kannst du nicht. Und genauso wenig kannst du dir das hier aussuchen.«
Ich legte mich zurück, verschränkte die Arme hinter meinen Kopf und starrte an die bereits etwas gelblich gewordene Decke meiner Wohnung.
»Das ist etwas anderes. Das hier will ich nicht. Ich war nie gewalttätig und ich hatte eigentlich auch nicht vor, jetzt damit anzufangen.«
»Doch, das hattest du.«
Ich sah zu ihr auf, doch sie kratzte nur weiter Buchstaben in den linierten Block.
»Du hast am vierzehnten September deine Wohnung verlassen, um gewalttätig zu werden. Willst du das etwa abstreiten?«
Ich wandte mich wieder ab, sagte nichts, starrte nur und überlegte, wie ich dieses unangenehme Gespräch beenden könnte.
»Dacht ich mir. Du hast lange durchgehalten, hast lange die Gene in dir zurückgehalten, die Gene, die töten wollten, die es mussten. Ist es nicht so?«
Ich nickte. Ich konnte es nicht steuern, meine Muskeln bewegten sich von selbst.
»Nun?«
»Ja«, sagte ich und warf wieder einen Blick auf ihren Brief. Sie näherte sich dem Ende.
gant bin ich nicht. Nein, ich halte mich nicht für unschuldig. Denn ich müsste lügen, wenn ich sagen würde, es hätte mir keinen Spaß gemacht, dich winselnd auf den Boden vor mir knien zu sehen, weinend, flehend. Zu sehen, wie die Todesangst diesmal von dir Besitz ergriff, nicht von einem deiner Opfer. Es war
»Und war es nicht eine Erlösung, nach dieser langen Durststrecke, nach der fast ewigen Hungernot, zu trinken, zu essen? War es nicht genau das, worauf du dich so lange gefreut hast? Diesem Mann ein Messer in den Hals zu rammen?«
»Hm.« Mehr wusste ich nicht zu sagen. Ich erinnerte mich daran, wie warm dieses Messer gewesen war, als hätte es in meinen Händen geglüht. Und wie leicht es in ihn geglitten war, als wäre es genau der Platz, an den es gehörte.
»Und war es nicht um so vieles besser als erwartet? Weil du solange darauf hast verzichten müssen?«
wie die Erfüllung all meiner Träume. Es war eine Erlösung, obwohl ich weiß, dass ich für dieses Gefühl, dieses wundervolle Gefühl der Wonne, noch bezahlen
»War es nicht, als wärst du kurz vorm Verhungern und er, dieser dreckige Scheißkerl, als wäre er dein Brot gewesen?«
Ich dachte an seine Stimme, wie sie sich bei den Worten Bitte, ich gebe Ihnen was Sie wollen, Sie bekommen alles von mir, wenn sie mich nur leben lassen überschlagen hatte. Und ja, es war eine Erlösung gewesen, diesem Winseln ein Ende zu bereiten, diesen Feigling über den Rand der Welt zu schubsen, wohl wissend, ihn seiner gerechten Strafe auszusetzen.
»Wir sind uns unglaublich ähnlich, Sascha. Wir beide haben gedurstet, um den einen Tropfen Wasser noch schmackhafter zu machen.«
werde müssen. Denn wenn ich etwas gelernt habe, ist es, dass man der Welt alle Schulden begleichen muss. Mehrfach, wenn sie es will.
In Liebe

Wieder nickte ich.
Und dann küssten mich die Wolken. So zart, dass ich mir nie sicher sein konnte, dass sie mich tatsächlich berührt hatten.

***

Schweigend gehen wir weiter. Ich versuche mich daran zu erinnern, ob Sandra je etwas Derartiges erwähnt hat. Ob ich sie je danach gefragt habe, wie, wann und wo sie Volker kennen gelernt hat. Doch wenn ich an Sandra denke, denke ich an ihre Lippen, ihre Augen, an die Stunden, die ich mit ihr verbracht habe. Nicht an Volker. Ihn habe ich schließlich in der Gegenwart.
»Und warum wollte sie dich töten?«
Er zuckt mit den Schultern. »Eine Vision? Weiß nicht, keine Ahnung.«
»Wenn es eine Vision gewesen wäre, dann wärst du jetzt tatsächlich tot.«
Er seufzt. »Mensch, Sascha, hattest du noch keine Vision, die sich als falsch erwiesen hat? Von jemanden, den du kennst? Zum Beispiel.«
Er bleibt stehen, packt mich an den Schultern und sieht mich an. »Aber was viel wichtiger ist: Ist es nicht völlig egal, weshalb Sandra mich töten wollte? Es ist Vergangenheit, nichts kann man daran ändern. Sandra ist tot und irgendwann, früher oder später, werden wir uns zu ihr gesellen. Irgendwann werden wir alle in der Hölle brennen, ob heller als die, die wir bereits dort hin befördert haben, weiß ich nicht. Nur Gott kann über die Schwere unserer Verbrechen entscheiden.«
Tränen in seinen Augen, die Stimme tief, aber zittrig, und ich frage mich, was Volker so aufgewühlt hat. Weshalb er in den letzten Tagen, seit meinem Selbstmordversuch, in der Lage ist, so viel Gefühl zu zeigen. Und weshalb sich seine Stimmungen so schnell ändern.
»Schon gut«, sage ich und stütze ihn, als ich merke, dass seine Beine unter ihm nachzugeben drohen, »Schon gut, Mann, ich war nur … überrascht.«
Er senkt den Kopf, seine Brust hebt und senkt sich, sein Atem pfeift durch meine Gedanken und wie er so vor mir steht, zur Hälfte an mich gelehnt, bekomme ich Mitleid mit ihm.
Volker sagt etwas, so leise, dass ich ihn nicht verstehen kann.
»Wie bitte?«
»Es tut mir leid.« Nur wenig lauter.
Ich verziehe hilflos das Gesicht. »Das muss es nicht, ehrlich. Es ist nicht deine Schuld, dass Sandra tot ist. Sie hat Tabletten geschluckt.« Ich pausiere kurz, denke an ihr Gesicht, an das bleiche Gesicht, das im Tod mehr Farbe als im Leben gehabt zu haben schien. »Es war niemandes Schuld.«
Er nimmt meine Hand, drückt etwas hinein, sagt: »Es tut mir leid«, und trottet eilig davon.
Ich starre kurz auf den zusammengefalteten Zettel, stopfe ihn dann in meine Hosentasche und folge Volker, der dabei ist, durch die Tür des einstöckigen Wohnhauses zu verschwinden. Der Lichtstreifen faltet sich fächerartig zusammen, und gerade, als die Eisentür wieder ins Schloss fallen möchte, stoße ich sie auf.
»Hey, hey, nicht so schnell«, keuche ich und springe die hell beleuchtete Treppe hinauf, deren Ende Volker beinah schon erreicht hat. »Was hast du mir gegeben? Was ist das?«
Ich klopfe ihm auf die Schulter, als ich bei ihm angelange und stütze mich mit einer Hand an der Wand ab. »Wir haben doch noch genug Zeit.«
Plötzlich geht das Licht aus.
»Zeitschaltung«, sagt Volker und ich höre ihn seufzen. »Warte hier«, und er steigt die paar letzten Stufen stolpernd im Dunkeln hinauf. »Lass es mich heute allein machen.«
Flimmernd geht das Licht wieder an. Volker steht, eine Hand auf dem Lichtschalter ruhend, vor mir und versucht zu lächeln, scheitert jedoch dabei. »Nur noch heute.«
Langsam und widerwillig, als würde ihn jemand an Schnüren ziehen, dreht er sich um und verschwindet um die Ecke. Einige Schritte seiner Doc Martens knallen wie Kanonenschüsse durch die Gänge. Dann nichts mehr, nur das leise Flüstern der Wasserrohre und Fernseher hinter den Wänden.
Ich lehne mich mit der Schulter gegen die Wand und folge den Rissen, die den Putz in Falten legen. Weshalb will er es heute allein machen? Natürlich ist mir seine Rührseligkeit aufgefallen und es ist auch nicht das erste Mal, dass wir nicht alle zur Stelle sind. Petra ist schließlich auch nicht hier. Vermutlich weiß sie nicht einmal, wo Volker heute ist.
Ich setze mich auf eine Treppenstufe und hole ihn aus der Tasche. Ich falte ihn auseinander und in dem Augenblick, in dem ich zu lesen anfangen möchte, geht das Licht aus. Übertrieben seufzend stehe ich auf, nehme die beiden letzten Stufen auf einmal und suche die Wände nach dem Schalter ab. Er leuchtet gelb im Dunkeln und wieder springt das Licht an, als ich ihn betätige und ich lese weiter.
Und mit jeder Zeile, über die meine Augen huschen, wird mein Griff um das Blatt Papier fester, bis ich kurz davor bin, es in zwei Teile zu reißen. Als ich bei dem letzten Satz angekommen bin, lese ich alles erneut, um mir auch wirklich sicher sein zu können, dass mir meine Einbildung nicht nur einen Streich gespielt hat. Doch auch beim wiederholten Lesen stehen dort dieselben Worte, dieselben Sätze.
Plötzlich höre ich einen leisen weiblichen Schrei, in dem mehr Wut als Entsetzen mitschwingt. Und ich denke an Volkers Vision im Supermarkt, denke an den Brief in meinen Händen und frage mich, ob er mir wirklich die Wahrheit in Bezug auf das heutige Mädchen gesagt hat.
Langsam setze ich mich in Bewegung und mit jedem Schritte höre ich die Stimmen deutlicher, und als ich vor der Wohnungstür des Mädchens stehe, kann ich fast die Worte dahinter verstehen.
Tu es und schnell, bevor er kommt.
Es ist Volker, der das sagt.
Ich hämmere mit der Faust gegen die Tür und bereits beim ersten Schlag schwingt sie auf, so langsam, als würde sie sich durch Wasser arbeiten müssen.
Es ist dunkel in der Wohnung, nur der Fernseher wirft buntes Licht auf Volker und das Mädchen. Explosionen blitzen in Volkers Brillengläsern auf, als er sich zu mir umdreht.
»Sascha«, sagt er und die Tränen, die über seine Wangen fließen sind orange. Und wieder: »Sascha.«
»Halt die Klappe«, sage ich, aber schärfer, als ich gedacht hätte, dazu in der Lage zu sein. »Ich will keine Lügen mehr hören.«
Ich schließe die Tür hinter mir und mache einige Schritte auf Volker zu. Erst jetzt sehe ich das Messer in der Hand des Mädchens, dessen Klinge fast so lang ist wie ihr Unterarm. Ich ignoriere es. Mit ihrem Zittern macht sie nicht den Anschein, dass sie mir würde gefährlich werden können.
»Sascha«, sagt Volker wieder und breitet seine Arme etwas aus. »Es musste geschehen. Es musste einfach.«
Die Tränen irritieren mich etwas, doch ich bin zu wütend, um mich von ihnen ablenken zu lassen.
»Sie hatte Spaß daran. Sie hatte Spaß daran, Menschen leiden zu sehen. Sie hatte Spaß am Morden, Sascha. Sie hat es nicht nur getan, um zu schützen.«
Ich bleibe vor Volker stehen.
»Sie hat es getan, weil es ihr ein gutes Gefühl gegeben hat, es zu tun.«
Ich lache. »Und jetzt? Soll ich dir das durchgehen lassen?« Mein Lächeln verschwindet eher, als ich es registriere. »Ich liebe sie. Noch immer.« Und im selben Augenblick wird mir klar, wie billig sich diese Worte anhören. Wie oft ich sie schon gehört habe, in Film und Fernsehen. Und erst jetzt weiß ich, dass sie zwar abgenutzt, jedoch nicht weniger wahr sind.
»Sascha, nein«, sagt Volker, zieht sich Rotz wimmernd die Nase hoch und wischt sich die Tränen von den Wangen. »Es passiert mit mir.«
»Was?« Der Fernseher wird plötzlich lauter und mit einem kurzen Blick registriere ich eine Waschmittelwerbung. »Was passiert mit dir?«
»Ich habe Spaß daran. Wenn ich Blut an den Händen … ich habe Spaß am morden.« Er fängt an zu schluchzen und mit seinen breiten Schultern wirkt er damit fast lächerlich. »Ich bin zu einem von ihnen geworden.«
Ein Räuspern und ich drehe mich zu dem Mädchen um. »Gib mir das Messer«, und ich klinge dabei fast wie Volker früher geklungen hat, »ein bisschen schneller.«
Ich weiß nicht, ob es an ihrer Angst liegt oder ob sie weiß, dass ich auch ohne dieses Messer tätig werden würde, aber sie legt mir den Griff in die Hand, ohne den Hauch eines Widerstandes.
»Wir werden brennen«, sagt Volker, unterbrochen von Schluchzern.
Und als ich das Messer hebe, habe ich das Gefühl, in mein eigenes Fleisch zu schneiden.

***

Sandra.
Ich weiß, wie viel Wert du darauf legst. Ich kann es nicht nachvollziehen, aber wenn es dir so viel bedeutet, werde ich mich daran versuchen.
Sascha wird wütend sein. Mein Gott, er wird ausrasten, wenn er das erfährt. Trotz seiner Statistiken, trotz der Tatsache, dass Kleinwaffen weltweit jede Minute einen Menschen töten.
Er wird kommen und auf mich spucken. Er wird auf das, was dann noch von mir übrig sein wird, pissen. Ich weiß, dass er die Grabrede halten und kein gutes Haar an mir lassen wird.
Ich kann es ihm nicht verübeln.
Und es ist ja nicht so, dass ich nicht damit gerechnet hätte. Dass ich es nicht gewusst hätte. Seien wir ehrlich: Dass wir zu einem kurzen, guten Leben verdammt sind, das wissen wir alle. Du wusstest das, als du das trübe Wasser getrunken hast. Ich weiß es, seit ich Sascha das erste Mal gesehen habe. Und Sascha wird es wissen, wenn es für ihn zu spät ist.
Ein kurzes, gutes Leben, ein langer, schmerzhafter Tod. So haben wir alle, was wir verdienen.
Ich muss dir ja nicht sagen, dass es gerecht war, dass zu verreckt bist, entschuldige die Wortwahl, da es wohl niemanden gibt, der das besser versteht, als du selbst.
Der Traum von dir … er hat mich wirklich getroffen. Scheiße, er hat mich fertig gemacht. Nicht nur deinetwegen. Sascha ist ein Weichei, er kommt weder mit dem Leben klar, noch mit dem Tod. Ich glaube, für ihn ist das hier, dein Ableben, das Ende und ab jetzt beginnt die Ewigkeit für ihn. Ganz egal, ob er noch atmet oder nicht.
Und für mich? Für mich beginnt die Zeit des Wartens. Die Uhr tickt und nähert sich dem Ende, zu dem Sascha mir verhelfen wird.
Ich weiß nicht alles, aber in einem bin ich mir sicher: Es gibt immer einen Grund zu sterben.
Und meiner … er rückt immer näher.
Die Uhr tickt.

***

Das Blut trocknet auf meinen Armen, während ich eine von Volkers Zigaretten rauche. Sie brennt in meiner Brust und ich muss mich zu jedem Zug zwingen. Der Mond scheint hell und knöchern und ich frage mich, wie es sich wohl anfühlt, die Hände in seinem Staub zu vergraben. Diese Hände. Diese blutigen, dürren Hände.
Was werde ich Petra erzählen? Ob ich genauso lügen werde, wie Volker gelogen hat? Und wie lange wird es dauern, dass genau dieses Lügen mich auffrisst? So wie es Volker gefressen hat? Werde auch ich mich letztendlich selbst umbringen, wie er?
»Ich hab ihn nicht umgebracht. Es war seine Vision, ein Kerl, doppelt so schwer wie er.« Eigentlich geht es ganz leicht über meine Lippen.
Ich frage mich, wie Petra es anstellen wird, sobald sie weiß, dass ich es war, der Volker getötet hat. Heimlich? Überraschend? Hinterlistig? Oder wird sie sich darauf verlassen, dass ich es kaum erwarten kann, auf Sandras Seite zu wechseln?
Ich klemme die Zigarette zwischen die Lippen und lasse sie vor sich hinqualmen. Das Brückengeländer, auf dem ich sitze, ist kalt und glitschig und ich merke, wie die Nässe durch meinen Hosenboden dringt. Ich fühle mich schlapp, als hätte jemand meine Fäden durchtrennt wie die einer Marionette. Die ausgewaschenen Knie meiner Jeans sind hart von getrocknetem Lehm, nur weiß ich nicht, wann ich in Matsch gefallen bin. Dunkle Spritzer überziehen meinen Pullover.
Blut? Ist das alles Blut? Zusammen mit dem auf dem Boden, dem auf der Couch, zusammen mit dem, was sich noch in Volker befunden haben muss … kann ein einziger Mensch, ein einziger Körper soviel Blut überhaupt verlieren?
Ich frage mich, ob ich Petra eigentlich belügen kann.
Unter mir verschlingt sich das Wasser des Flusses selbst. Spitze Felsen brechen immer wieder durch die Oberfläche wie Haiflossen und Dank des Regens reicht das Flusswasser bis einen Meter unter die Brücke. Der Mond schwimmt wie ein Papierboot auf den Wellen, taucht unter, taucht auf, treibt vor und zurück und der Zigarettenqualm brennt sich in meine Augen.
Als ich mich etwas aufrichte, rutscht meine linke Hand von dem Geländer und kurz weckt mich der Adrenalinschub auf und bringt mein Herz zum Hämmern. Alle sechs Sekunden passiert ein Heim- und Freizeitunfall. Und während ich rückwärts über das Geländer klettere, um wieder festen Boden unter den Füßen zu haben, frage ich mich, wie viele Menschen es auf der Welt geben muss, damit all diese Statistiken ihren Tribut fordern können.
Ich lehne mich mit dem Oberkörper gegen die Brüstung, nehme die Zigarette aus meinem Mund und werfe sie in das krachende Wasser.
»Du solltest bei Regen nicht auf Brücken herum turnen.«
Ich drehe mich um und sehe die Silhouette an, die sich wie ein Schattenspiel vor dem Mond bewegt. Ihr Haar weht feucht im Wind.
»Das sollte ich nicht, wenn ich leben wollte.«
Sie geht auf mich zu und erst als ihr Gesicht nur noch Zentimeter von meinem entfernt ist, kann ich ihre Augen sehen. Wie sich das gesamte Licht dieser Nacht in ihnen spiegelt.
»Tamara«, sagt sie und für einen kurzen Augenblick bin ich davon überzeugt, dass der Wind, der die Stimme trägt, Sandras Atem ist. Warm, leicht, zart, wie er mir durch Haar streicht, mich an der Wange kitzelt.
»Sascha.«
Sie nickt, stellt sich neben mich und starrt in den Fluss. »Ich wusste, ihr würdet kommen. Ich wusste, was er vorhatte.« Sie hält inne und ich lehne mich wieder an das Geländer. »Ich nehms euch nicht übel.«
Und als ich meine Hand auf Tamaras lege, ihre Wärme fühle, frage ich mich, was sie wohl mit Petra machen wird.
Die Uhr tickt.

© Tamira Samir

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo zusammen.


Ein kleines Nachwort zu einer, selbst für meine Verhältnisse, etwas längeren Story, die auch über einen längeren Zeitraum (fast sechs Monate) entstand. Ich bin mir bei dieser Geschichte einfach nicht sicher, ob sie funktioniert. Vor allem, was die Charakterisierung Volkers betrifft. Er kam mir teilweise nicht real vor ... er kam mir mehr vor, wie ein Phantasiegespinst des Prots. :)
Ist also Volkers letzte Szene realistisch? Nachvollziehbar? Das würde mich sehr interessieren.

So, ich hoffe doch, dass ich mit dieser Story von meinen Serienkillern erstmal losgekommen bin.

Danke für die Aufmerksamkeit.

Tamira


Das vorangestellte Zitat bedeutet in etwa:

Der, der gegen das Wohl und Wehe der Familie verstößt,
wird vom Chauffeur zum Passagier degradiert
Es ist ein Ausdruck aus dem Mafia-Mileu. Wenn jemandem Fehler unterlaufen, wird man "degradiert" - soll heißen man bekommt Schuhe aus Beton.

 

Hi Tamira,

schön, mal wieder was von dir zu lesen. Und gleich so einen Hammer. Um es vorweg zu nehmen: die Story hat mir sehr gut gefallen.
Eine Gruppe von mit dem "Sechsten Sinn" ausgestatteten Menschen, die Mörder umbringen, dabei aber selbst zu Mördern werden und sich irgendwann nicht mehr von denen unterscheiden, die sie jagen. Wenn es soweit ist, scheiden die Mitglieder aus (um es mal verharmlost zu sagen) und machen Platz für Neue. Fast wie ein sich selbst regulierendes, sich selbst erhaltendes System.

Die Charakteresierung ist der sehr gut gelungen. Auch Volker ist lebendig geworden und seine letzte Szene ist meiner Meinung nach nachvollziehbar.
Stilistisch großartig, schöne, gut eigesetzte Bilder, atmosphärische Beschreibungen (mir hat zum Beispiel die Wohnung von Volker sehr gut gefallen), glaubwürdige Dialoge usw. Ich bin wirklich begeistert und denke, die Geschichte ist eine Empfehlung wert. :thumbsup:


Bei meinem Glück ändert sich der Aggregatzustand des Benzins früher als der meines Lebens.

Das Bild ist irgendwie schief. Der Aggregatszustand von Benzin ändert sich ja nicht, wenn der Tank leer ist (er würde sich ja nur ändern, wenn das Benzin plötzlich gasförmig werden würde und das geschieht soweit ich weiß noch nicht einmal im Motor. Der Vergaser zerstäubt Benzin nur). Außerdem bin ich mir nicht sicher, ob "Aggregatszustand" zu "Leben" passt.

Ihre Hände ruhen auf der halb geöffneten Garage.

Vielleicht besser "auf dem halb geöffneten Garagentor"?

Ich ging auf sie zu, bemerkte dabei nur am Rande, dass sich mein Schritt immer mehr beschleunigte und als ich nur noch zehn Meter weit von den Leuten, untern denen, wie ich jetzt erkannte, auch einige in Bademänteln waren, weg war, setzte ich mich auf eine glitschige Bank und lauschte, während Wasser durch meine Jeans drang.

"Weg" würde ich vielleicht durch "entfernt" ersetzen.

Langsam und widerwillig, als würde ihn jemand an Schnüren ziehen

Sie hatte Spaß am Morden, Sascha. Sie hat es nicht nur getan, um zu schützen.

Er fängt an zu schluchzen und mit seinen Breiten wirkt er damit fast lächerlich.

Seinen Breiten?


LG,

Tobias

 

Hi Potato!

Erstmal vielen Dank fürs schnelle und ausführliche Kommentieren, dass das Ganze noch positiv war, freut mich besonders und den Stein, der mir vom Herzen gefallen ist, hat man bei dir noch hören müssen. :)
Ich hatte beim Schreiben dieser Geschichte einige Probleme, weshalb es auch so lange dauerte, sie fertig zu stellen.
Warum ich mir nicht sicher war, ob Volkers Reaktion, sein Weinen, realistisch genug ist, war, weil ich diese Szene ganz zum Schluss geschrieben habe und bei den letzten Seiten weiß ich nie, ob sie passen.
Ich freu mich also riesig!

Eine Gruppe von mit dem "Sechsten Sinn" ausgestatteten Menschen, die Mörder umbringen, dabei aber selbst zu Mördern werden und sich irgendwann nicht mehr von denen unterscheiden, die sie jagen. Wenn es soweit ist, scheiden die Mitglieder aus (um es mal verharmlost zu sagen) und machen Platz für Neue. Fast wie ein sich selbst regulierendes, sich selbst erhaltendes System.
Auch, dass das so gut rüber gekommen ist. :)
Genau, wie beabsichtigt.

Stilistisch großartig, schöne, gut eigesetzte Bilder, atmosphärische Beschreibungen (mir hat zum Beispiel die Wohnung von Volker sehr gut gefallen), glaubwürdige Dialoge usw. Ich bin wirklich begeistert und denke, die Geschichte ist eine Empfehlung wert.
:shy:


Deine Anmerkungen werd ich alle übernehmen (Breiten sollte eigentlich breiten Schultern heißen *g*)


Vielen Dank!


Liebe Grüße
Tamira

 
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Hallo tamira

Textzeug

Ganz im Gegensatz zu Volker, dessen Gesicht einer roten Ampelphase gleicht.

Liest sich komisch, Vorschlag
dessen Gesicht dem Rotlicht einer Ampel gleicht

Das Veilchen in meinem Gesicht widersprach dem.

deren Körper von Schatten an sich gedrückt wurde wie eine verblassende Erinnerung.

Ich konnte mir bildhaft nix vorstellen


aber leisen Stimme, die mir die Trommelfelle zum Vibrieren brachte.

Liest sich holprig
Vorschlag ... die trotzdem noch das Trommelfell der Ohren in Schwingungen versetzen konnte


Leise fließen wenige harte Töne der Musik, die eine Zwei-Mann-Band in der Bar hinter uns erzeugt, unter der Türritze hindurch und schleichen sich beinah unbemerkt an.

Die Töne schleichen sich unbemerkt an?


Das Gesicht, das der Kerl in den Teer presst, ist eine einzige breiige Masse, die die Kieselsteine wie einen Streuselkuchen garnieren und sein linker Arm sieht aus, als wäre er am Ellbogen in die falsche Richtung geknickt.

Da fehlt noch was


seine Kniescheiben auf den Teer knallen, muss ich an Ostern denken. Daran, wie man Eier gegeneinander schlägt.

Die Kniescheiben doch wohl eher nicht ;) Nur die Knie
Auf den Asphalt statt Teer

Das bunte Licht der Neonreklame fällt um die Ecke in unsere

Eine physikalische Sensation :D

Kurz vergesse ich die Fotos aus den Zeitungen, die lachenden Gesichter der Mädchen, die in meinem Alter gewesen waren, als sie aus dem Leben gestoßen worden waren,

Tempus

Der Regen flehte wieder an dem Fenster um Einlass und selbst dieses stetige Trommeln half mir nicht einzuschlafen.
:thumbsup:

wurde mir bewusst, dass sie schön war. Dass sie jetzt schön war.
Nur dass es einem schwer fiel, das zu bemerken.
:thumbsup:
Ich seufzte und angelte mir die Fernbedienung eines Ungeheuers von einem TV von dem zu niedrigen Couchtisch,

Wasserfälle stürzten über die leicht schräg gestellten Scheiben, die einige Meter über mir in der Decke festsaßen.
Ein "schiefes"Bild
Schräg sind die Dachfenster, daher würde ich es streichen ,nichtschräge Fenster sind Dachgaubenfenster und Wasserfälle sehen anders aus, als der Regen der über die Scheibe des Dachfensters rinnt. (Ich stand schon mal hinter einem und unter einem ;)


Ich hielt meine zu einer Schale geformten Hände unter das laufende Wasser und spritzte es mir dann ins Gesicht.
Irgendwie zu gespreizt für eine alltägliche Bewegung
Meine Kehle fühlte sich an,

Die Nacht ist kalt und dampfend tragen wir unseren Atem wie einen Schild

Hier würde ich der Schild gebrauchen und nicht das Schild

Sie leckte sich den letzten Rest Zuckerguss von den kaugummifarbenen Lippen.
Und welche Farbe hat das Kaugummi?

tief in das Papier, dass man sie Seiten dahinter noch immer erahnen konnte.
Etwas ungelenk formuliert
Vorschlag
tief in das Papier, dass man sie auf den Seiten dahinter auch noch lesen konnte
ich und streifte ihr eine Haarsträhne aus der Stirn.
strich
und folge den Rissen, die den Putz in Falten legen.

Die Stirn in Falten legen ist eine gebräuchliche Formulierung, die ich mir bei einer Wand nicht so vorstellen kann.


Ich muss dir ja nicht sagen, dass es gerecht war, dass du verreckt bist, entschuldige die Wortwahl, da es wohl niemanden gibt, der das besser versteht, als du selbst.
Tempus

dass genau dieses Lügen mich auffrisst? So wie sie Volker gefressen hat?
ungelenk


werfe sie in das krachende Wasser
krachendschäumende?

Sie pausiert und ich lehne mich wieder an das Geländer.
hält inne?


So mir hat sie gefallen. Sehr gut finde ich die Charaktere. Nur Petra blieb farblos. So weiß ich auch nicht, wie ich den Schluss einordnen soll.


Lieben Gruß

Goldene Dame

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Goldene Dame


Auch dir schon mal vielen Dank fürs Lesen und Kommentieren dieser etwas längeren Geschichte. Schön, wenn es dir größten Teils gefallen hat. :)

Hm, mit Petra hast du Recht. Sie ist irgendwie eher das Mittel zum Zweck, damit der Schluss funktioniert. Jeder wird von einem neuen "Mitglied" aus dem Weg geräumt, sobald dieses erfährt, was der andere mit zB Volker gemacht hat.
Hier muss ich vermutlich nochmal drüber.


Danke auch für die Anmerkungen (das Veilchen ist ja peinlich *g*), werd den größten Teil übernehmen. :)
Teils hab ich es auch schon geändert.

Liebe Grüße
Tamira

 

Hallo Tamara ... ähm ... Tamira*g*,

trotz meiner Scheu vor längeren Geschichten habe ich deine jetzt durchgelesen, und sie hat mich ziemlich gefesselt. Schon die erste Szene im Auto ist toll geschrieben, das Bild mit der Statistik, das sich durchzieht ... Feine Beobachtungen, Kleinigkeiten, die Simmung machen, wirklich eindrucksvoll.(<---hier würde ich bei anderen ein ! setzen *g*)

Den Plot hast du auch gut aufgezogen, die Andeutung mit den Leichen, Sandra, ... machen neugierig, das Ganze zu verstehen. Interessant, wie du erst später beschreibst, wie Sascha den schon vorher eingeführten Volker kennen lernt.

Textkram:

Ich ging auf sie zu, bemerkte dabei nur am Rande, dass sich mein Schritt immer mehr beschleunigte und als ich nur noch zehn Meter weit von den Leuten, untern denen, wie ich jetzt erkannte, auch einige in Bademänteln waren, entfernt war, setzte ich mich auf eine glitschige Bank und lauschte, während Wasser durch meine Jeans drang.
zu lang und verwirrend; mach mehrere Sätze draus

Was ist mit Rainers Haus? Der taucht außer bei der Einführung von Petra nicht mehr auf. Soll das ein Ehemaliger sein, oder ist das ein Fehler?

Gruß, Elisha

 

Hallo Tamira,

eigentlich wollte ich die Geschichte lesen. Dann blieb ich an der Einleitung hängen. Warum bitteschön norwegisch? Was willst Du mir damit sagen? Dass Du eine Sprache beherrschst, die ich nicht verstehe? Warum soll ich deiner Meinung nach etwas lesen, was ich beim besten Willen nicht verstehen kann? So erzeugst du nur den Eindruck, superschlau zu wirken und ich als Leser stehe da wie ein Idiot. Und das gleich zum Einstieg. Ne danke.

Muss man Kaizers Orchestra kennen? Ich habe rumgeggoogelt. Ich denke nicht. Ok, vielleicht als Fan von Rockmusik. Ist aber ein eingeschränkter Kreis.

Vielleicht lese ich die Geschichte ja doch mal irgendwann. Ich bin nicht der Typ, der einfach aufgibt, aber für den Moment ist die Stimmung raus.

Nichts für ungut und besten Gruß
nic

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Elisha


Schön, dass dir die Geschichte gefallen hat und heißen Dank fürs Lesen und Kommentieren. :)
Hab ich etwa einmal Rainer geschrieben?
Großer Gott, Rainer ist ein Prot aus einer anderen Story. Keine Ahnung, wie der da reinkommt. Schnell weg machen ... *lösch*

(<---hier würde ich bei anderen ein ! setzen *g*)
Hier würde aber nun wirklich mal keines hin passen. :D

Den Plot hast du auch gut aufgezogen, die Andeutung mit den Leichen, Sandra, ... machen neugierig, das Ganze zu verstehen. Interessant, wie du erst später beschreibst, wie Sascha den schon vorher eingeführten Volker kennen lernt.
Naja, ich verwende gern Rückblenden, sie erhöhen die Spannung, vor allem bei einen Icherzähler, denn der denkt ja nicht, während irgendetwas anderes passiert, mal einen Satz lang darüber nach, wie er Volker kennengelernt hat.
Super, wenns funktioniert hat.


Also, dankesehr fürs Lesen und Gutfinden! (Ausrufezeichen :D )

Hi nictita

Ich verstehe ehrlich gesagt nicht wirklich, wo hier das Problem liegt.
Warum sollte ich dieses Zitat nicht voranstellen, wenn es mich zu einem Teil der Handlung, sowie des Titels inspiriert hat? Und ist es nur schlimm, dass es da steht, weil es norwegisch ist?
Ne, ich kann kein norwegisch, hab aber nachgelesen, was die Texte auf deutsch oder englisch heißen, weil ich 1. diese Band liebe und wissen wollte, wovon sie singen und 2. mich dieses Lied auch instrumental beeinflusst hätte, was die Stimmung dieser Story betrifft, es klingt irgendwie verzweifelt.
Wäre es besser, hier stünde Aerosmith, Green Day, Metallica, die Ärzte oder Pink? Nur, weil diese englisch bzw. deutsch singen?

So erzeugst du nur den Eindruck, superschlau zu wirken und ich als Leser stehe da wie ein Idiot.
Sorry, aber diese Unterstellung ist nicht nur Blödsinn, sondern auch unfair, denn in meinem Kommentar unter der Story steht die Übersetzung dieser beiden Zeilen. Und mE hab ich erläutert, weshalb dieses Zitat überhaupt dort steht, da sonst der Titel (Vom Chauffeur zum Passagier = frå sjåfør til passasjer) nur für mich nachvollziehbar ist. Und ich kann leider nicht das Zitat auf deutsch voranstellen, wenn die Band nunmal norwegisch singt.

edit: Ich habe das Zitat, auch wenn es mir viel bedeutet, gelöscht. Bevor ich hier als "superschlau" wirke, will ja niemanden verärgern. :)

Dafür werd ich jetzt von Zitaten Abstand nehmen und sie nur noch für mich ins Worddokument schreiben. Scheinbar stößt das einigen Leuten schlecht auf.


Ich danke dir trotzdem für deine Meinung. :)


Liebe Grüße
Tamira

 

edit: Ich habe das Zitat, auch wenn es mir viel bedeutet, gelöscht. Bevor ich hier als "superschlau" wirke, will ja niemanden verärgern.

Dafür werd ich jetzt von Zitaten Abstand nehmen und sie nur noch für mich ins Worddokument schreiben. Scheinbar stößt das einigen Leuten schlecht auf.


Tamira, das Zitat gleich zu löschen, wegen einer Lesermeinung halte ich für überzogen.

Ich finde es übrigens gut, wenn man Zitate voranstellt. Immerhin sind sie auch eine Quelle der Inspiration.

 

Hallo Tamira

Ich verstehe ehrlich gesagt nicht wirklich, wo hier das Problem liegt.
Ganz einfach: ich will zumindest die Chance haben, das zu verstehen, was ich lese.

Sorry, aber diese Unterstellung ist nicht nur Blödsinn, sondern auch unfair, denn in meinem Kommentar unter der Story steht die Übersetzung dieser beiden Zeilen.
Bitte verlange nicht von mir, dass ich erst das Ende lesen soll, um zu kapieren, was der Einstieg bedeuten soll. So lese ich keine Geschichten. Ich scrolle nie gleich nach unten.

Ich habe das Zitat, auch wenn es mir viel bedeutet, gelöscht.
Jetzt bedaure ich meine Kritik. Ja, ich habe in der Tat ein schlechtes Gewissen! Wenn Dir etwas an dem Zitat liegt, dann setze Dich bitte über meine Kritik hinweg und lass es stehen. Ich habe ja nun gelesen, warum Du das Zitat verwendet hast.

Ich poste wieder, sobald ich die Geschichte gelesen habe.

Besten Gruß
nic

 

Tach Tamira!

Ich kann eigentlich nur Eines sagen: Ich wünschte, ich hätte diese Geschichte geschrieben. Oh ja ... :)

Ich hoffe, das sagt genug.

Bis denne! :thumbsup:

 

Die längste Geschichte, die ich hier bisher gelesen habe: Spannend erzählt; was mir positiv auffällt, sind die zahlreichen Vergleiche und Metaphern, die du verwendest und die fast alle gut bis sehr gut sitzen. Das gibt dem Text viel Atmosphäre. Außerdem erfährt man erst spät, worum es eigentlich geht, warum Sascha Selbstmord begehen wollte: Das baut natürlich Spannung auf - wie geht es weiter?

Gewühle (beim ersten Lesen angestrichen):

Ich ging auf sie zu, bemerkte dabei nur am Rande, dass sich mein Schritt immer mehr beschleunigte und als ich nur noch zehn Meter weit von den Leuten, untern denen, wie ich jetzt erkannte, auch einige in Bademänteln waren, entfernt war, setzte ich mich auf eine glitschige Bank und lauschte, während Wasser durch meine Jeans drang.

den Leuten, ..., entfernt war: Hier reißt der Einschub den Leser etwas aus dem Lesefluss. Außerdem: waren .. war

Wenns hilft.
Wenn's hilft

die in meinem Alter gewesen waren, als sie aus dem Leben gestoßen worden waren, und denke
Klingt nicht so schön.

Ich seufzte und angelte mir die Fernbedienung eines Ungeheuers von einem TV von dem zu
Dito

Ferner würde ich mich freuen, wenn du dem Text wieder das Zitat voranstellst. Auch - oder gerade - Dinge, die man als Leser nicht sofort versteht, können zur Atmosphäre beitragen.

Abschließend: Deine Geschichte hat mir wirklich gut gefallen.

 

So, da bin ich wieder. Wegen der Länge der Geschichte dachte ich zuerst, ich fang mal an und lese dann später weiter. Du hast einen so fesselnden Schreibstil, dass ich nicht unterbrechen konnte und im Moment sogar einen Strafzettel riskiere, weil die Parkzeit draußen abgelaufen ist.

Zunächst zu Deiner Frage: ja, ich finde Volkers Charakter bis zum Schluss konsequent durchgezogen. Warum hast Du Zweifel daran?

Ich bewundere Deine Beschreibungen der Szenen, Deinen Einfallsreichtum bei den Bildern, die Du verwendest. Nur eines von vielen Beispielen:

Während ich in den finsteren Himmel starre, mit den Augen den wenigen Sternen folgend neue Bilder erfinde, höre ich das Glucksen, das schmerzverzerrte Blubbern, das der Mann von sich gibt.

Ein paar kritische Anmerkungen: Du lässt Dir Zeit zu erklären, in welcher Beziehung Sascha und Volker zu einander stehen. Gut, es kam spät, aber es kam.

Du verwendest unglaublich viel Mühe, alles exakt zu beschreiben - nur die Hauptfiguren nicht. Gut, Sascha ist wohl so alt wie Du, aber die anderen? Ich kann sie mir auch äußerlich nicht vorstellen. Athletische Typen? leicht untersetzt? Ich hätte sie gerne auch äußerlich etwas näher kennengelernt. Aber: das tut der Geschichte alles keinen Abbruch. Sie ist toll!

Dies noch:

"...hölzernen, klebrigen Nachttisch verteilt standen. Es musste einundzwanzig Uhr elf sein."

Auch wenn Sascha einen ausgeprägten Faible für Statistiken und genaue Zahlen hat - eine Uhrzeit kann auch er nur grob schätzen...oder nicht?

Beste Grüße
nic

P.S.: Was spricht dagegen, Dein gelöschtes Einstiegszitat wieder oben zu platzieren? Ich meine als deutsche Übersetzung. Das Norwegische würde mich weiterhin stören und glauben lassen, die Geschichte soll einen Bezug zu Norwegen haben.

 

Hi Tamira!

Ich denke, dass du an einer ehrlichen Meinung interessiert bist, deshalb schon mal vorab (und ansatzweise poetisch formuliert): Es gibt in deiner Geschichte Licht aber auch viel Schatten. Fangen wir mit dem Licht an. :)

Der Anfang mit dem missglückten Selbstmord ist spannend beschrieben und macht neugierig, warum sich der Prot überhaupt umbringen wollte.

Volker ist zwar überwiegend als fieses Arschloch charakterisiert, hat aber auch seine "guten" Seiten und ist dementsprechend nicht eindimensional.

Die meisten, von dir erdachten Metaphern sind anschaulich und insgesamt gerät der Lesefluss nur an einigen wenigen Stellen ins Stocken. Insgesamt ist die Handlung wirklich originell und dabei alles andere als Schnee von gestern. :thumbsup:

So, jetzt aber zum unangenehmen Teil.

Es gibt ein paar (kleine) Rechschreibfehler, aber in einer derart langen Geschichte stören mich diese nicht sonderlich. Was mich wirklich gestört hat, der Hauptkritikpunkt sozusagen, waren die ständigen Handlungssprünge.

Jeder neue Textabschnitt ist ja quasi ein neuer Handlungsort, chronologisch baust du ebenfalls nicht auf dem vorhergehenden Abschitt auf. Dadurch erzeugst du natürlich eine gewisse Spannung, indem du z.B. den ersten Kontakt mit Volker erst spät beschreibst, aber für mich als Leser war es nicht gerade leicht, das Geschehen vernünftig einzuordnen.

Man erfährt leider erst nach mehreren Sätzen (meist nur beiläufig) wo sich Sascha momentan befindet und ob das Ganze jetzt vor oder nach seinem Selbstmordversuch spielt. Es macht fast den Eindruck, als würdest du instinktiv davon ausgehen, dass man als Leser sofort weis, wie der Hase läuft.

Außerdem erfährt man erstaunlich wenig über die Charaktere, Volker ist dabei noch am besten herausgearbeitet. Er ist Brillenträger, Raucher und wohnt in einem großen (sauberen) Haus. Mich hätte noch interessiert, was er beruflich macht, wie alt er ist und welche Konsequenzen seine Visionen für sein Leben hatten. Sandra ist, wahrscheinlich gewollt, ein sehr mysteriöser und widersprüchlicher Mensch. Warum der Prot sich in sie verliebt ist mir auch entgangen, schließlich zeichnet sie sich nicht gerade durch Höflichkeit und Schönheit, sondern eher durch übertriebene Grausamkeit aus.

Ebenfalls ärgerlich ist, dass du komplett darauf verzichtest, die Visionen der "Gerechtigkeitsliga" zu beschreiben und ihre Opfer meist erst dann erwähnt werden, wenn sie schon tot sind bzw. gerade umgebracht werden. Dadurch empfindet man weder Mitgefühl noch Abscheu sondern nur Ratlosigkeit.

Am Ende bleiben viele Fragen offen :confused: und ich bin ehrlich überrascht, dass meine Vor-Kommentatoren anscheinend alles wunderbar verstanden haben. Wer genau ist Petra (vielleicht Saschas Mutter, Volkers Frau ???), wie genau wurde Volker ermordet und wer ist diese Tamara am Schluss, Tamira?

Okay, soviel fürs erste. Es gäbe sicher noch (viel) mehr zu sagen ...

MfG, Marvin

 

Hi zusammen! (Ausrufezeichen, Elisha. Sieh nur!) *g*


Erstmal: Vielen, vielen Dank fürs Lesen und Kommentieren.


Fischstäbchen:

Danke fürs bedinungslose Loben!

Ramujan:

Wir hatten bisher noch nicht das Vergnügen, umso mehr freut es mich natürlich, wenn die Geschichte keine Enttäuschung oder vergeudete Zeit war.

Spannend erzählt; was mir positiv auffällt, sind die zahlreichen Vergleiche und Metaphern, die du verwendest und die fast alle gut bis sehr gut sitzen.
hehe, das war nicht immer so. Glaub mir. Ich war selbst überrascht, dass ich mich so einfach zurückhalten konnte.

Das gibt dem Text viel Atmosphäre. Außerdem erfährt man erst spät, worum es eigentlich geht, warum Sascha Selbstmord begehen wollte: Das baut natürlich Spannung auf - wie geht es weiter?
In meinen längeren Geschichten mache ich es immer so und ich bin mir sicher, dass ein gewisser Kollege das noch, zurecht, bekriteln wird. *g*

Wenns hilft.
Wenn's hilft
Da es sich um wörtliche Rede handelt, ist es nicht zwingend notwendig, ein Apostroph zu setzen. ;)
Mir gefällt es ohne besser. Man merkt das Apostroph ja nicht beim sprechen, ein Komma oder einen Punkt schon.


nictica:

Du hast einen so fesselnden Schreibstil, dass ich nicht unterbrechen konnte und im Moment sogar einen Strafzettel riskiere, weil die Parkzeit draußen abgelaufen ist.
*freu*

Zunächst zu Deiner Frage: ja, ich finde Volkers Charakter bis zum Schluss konsequent durchgezogen. Warum hast Du Zweifel daran?
Es kam mir vor, als wäre er anfangs zu sehr das Arschloch und als käme seine grüblerische Phase etwas zu überraschend.
Wenn man so lange einen Prot begleitet, verliert man irgendwann die Distanz und misstraut jeder falschen Bewegung. *g*

Ein paar kritische Anmerkungen: Du lässt Dir Zeit zu erklären, in welcher Beziehung Sascha und Volker zu einander stehen. Gut, es kam spät, aber es kam.
Ja, das ist teilweise unfair vom Autor, ich weiß, aber dadurch lässt sich am leichtesten Spannung erzeugen.
Hier muss ich noch was lernen.
"...hölzernen, klebrigen Nachttisch verteilt standen. Es musste einundzwanzig Uhr elf sein."

Auch wenn Sascha einen ausgeprägten Faible für Statistiken und genaue Zahlen hat - eine Uhrzeit kann auch er nur grob schätzen...oder nicht?
Hehe, in diesem Fall kann er genau wissen wie spät es ist: Er hat sich eine Erinnerung ins Handy eingespeichert (das Vibrieren, das leuchtende Display) und da das genau eine Minute her ist, weiß er, dass es einundzwanzig Uhr elf ist. :)

P.S.: Was spricht dagegen, Dein gelöschtes Einstiegszitat wieder oben zu platzieren? Ich meine als deutsche Übersetzung. Das Norwegische würde mich weiterhin stören und glauben lassen, die Geschichte soll einen Bezug zu Norwegen haben.
Ich denk drüber nach. ;)
Ein schlechtes Gewissen brauchst du aber wirklich nicht zu haben. :)

Marv:

Die meisten, von dir erdachten Metaphern sind anschaulich und insgesamt gerät der Lesefluss nur an einigen wenigen Stellen ins Stocken. Insgesamt ist die Handlung wirklich originell und dabei alles andere als Schnee von gestern.
Das überrascht mich irgendwie. *g*
Jaja, diese Metapher-Schweine... :D

Es gibt ein paar (kleine) Rechschreibfehler, aber in einer derart langen Geschichte stören mich diese nicht sonderlich. Was mich wirklich gestört hat, der Hauptkritikpunkt sozusagen, waren die ständigen Handlungssprünge.
Das Blöde: Ich hab die Story ungefähr zehn Mal nach Fertigstellung gelesen und konnte keine Fehler mehr finden. Auch das Word hat nichts mehr angekreidet... :(


Man erfährt leider erst nach mehreren Sätzen (meist nur beiläufig) wo sich Sascha momentan befindet und ob das Ganze jetzt vor oder nach seinem Selbstmordversuch spielt. Es macht fast den Eindruck, als würdest du instinktiv davon ausgehen, dass man als Leser sofort weis, wie der Hase läuft.

Außerdem erfährt man erstaunlich wenig über die Charaktere
Naja, Sandra ist für den Prot nicht interessant, weil sie so schön ist, weil sie so nett ist, oder liebenwürdig. Eher im Gegenteil.
Sie ist interessant, weil sie anders ist und von ihrem "Werk", ihrem Lebensstil überzeugt.
Nicht, weil sie eine Frau war, nein, sondern weil mir in diesem Augenblick klar wurde, in dem sie sich das Haar mit einer blutigen Hand aus der Stirn strich, dass sie für mich nicht nur irgendeine Frau war.
Ich wusste nichts über sie. Weder ihren Nachnamen, noch ihr Alter. Nur eines wusste ich: Dass sie etwas hatte, wofür es sich für sie zu leben lohnte.
Und damit besaß sie mehr als ich.
Er hängt sich an sie, weil sie so sicher ist, in allem was sie tut, wohin dagegen der Prot ein unsicheres Kerlchen ist, von nichts wirklich überzeugt:
Ich wartete darauf, dass es mir sagte, nein, dass es mir befahl, dass ich das letzte bisschen Mut zusammenkratzen sollte, das sich in mir befand, um das Messer zu nehmen, das neben dem Handy auf dem Nachttisch lag und in die regnerische Nacht hinauszugehen.
Wie von allein tastete meine Hand über die Beule auf meiner Stirn und das geschwollene rechte Auge erinnerte mich daran, wie der Streifenwagen vor dem Wohnhaus gehalten hatte, um mich in Untersuchungshaft zu bringen und selbst dieses letzte bisschen Mut war Geschichte.
Er ist bisher immer gescheitert. Der Versuch, der Polizei zu sagen: Dort wird ein Mord geschen, der verhindert werden muss, schlägt fehl und alles, was er damit erreicht, ist Untersuchungshaft.
Er wohnt allein, Alkoholflaschen und -gläser stapeln sich in seiner winzigen Einzimmerwohnung und selbst diese Träume, die ihm die Möglichkeit geben, etws richtiges zu tun, helfen ihm nicht dabei, sein Leben unter Kontrolle zu bringen.

Mich hätte noch interessiert, was er beruflich macht, wie alt er ist und welche Konsequenzen seine Visionen für sein Leben hatten.
Das Problem bei einem Icherzähler ist immer das, dass er nur das erzählt, was wichtig ist. Heißt: Wenn ich mich mit jemandem unterhalte, den ich bereits kennengelernt habe, einen Freund, einen Bekannten, dann denke ich nicht:
Volker arbeitet in einer Tankstelle. Ich weiß noch, als ich ihn das erste Mal dort besuchte, den schmalen Gängen wie einem Labyrinth folgend.
Ich denke:
Er zieht fast angewidert an seiner Zigarette und die Glut spiegelt sich schwach in seinen Brillengläsern. Er raucht immer. Ich kann mich nicht daran erinnern, ihn jemals ohne eine Kippe zwischen den Lippen gesehen zu haben. Selbst bei der Arbeit raucht er, der Qualm steigt wie Rauchzeichen eines Indianerstammes an die mit Neonröhren übersähten Decke der Tankstelle, um sich dort am rauen Putz abzulegen.

Das Problem ist nur, dass ein Icherzähler im Präsens (also, während alles in diesem Augenblick passiert, er erzählt ja die Geschichte niemandem, er schreibt oder nimmt sie nicht auf, sie passiert in diesem Augenblick) nunmal Dinge nicht beschreibt, die er selbst bereits schon Wochen zuvor bemerkt hat, weil sie für ihn nicht erwähnenswert scheinen. Deshalb überhaupt die Rückblenden - Sätze wie: Er ist sehr durchtrainniert oder ihre Haut ist schrecklich bleich verwendet ein Icherzähler eben nur, wenn er in diesem Augenblick jemanden als erstes sieht. Sich selbst beschreiben kann er nicht, es sei denn, eine krasse Veränderung würde stattfinden und er sähe sich selbst im Spiegel: Das Veilchen scheint immer dunkler zu werden, je länger ich darauf starre.
Ich dachte außerdem, es wäre unwichtig, was Volker beruflich macht. (Tankstelle ist jetzt irgendwie Blödsinn, wennman sein großes Haus betrachtet.)
Ich dachte eigentlich, er ist arbeitslos. Das Haus ein Erbe, aber ich habe den Gedanken nicht weiter ausgeführt. (Irgendwie sind meine Prots fast alle immer Arbeitslos. *g*)
Dass Sandras Beruf erwähnt wird, ist ja nur drauf zurückzuführen, dass der Prot irgendein Gespräch führen will. Und die Frage nach dem Beruf ist ja eigentlich immer die erste, die wir stellen. :)

Ebenfalls ärgerlich ist, dass du komplett darauf verzichtest, die Visionen der "Gerechtigkeitsliga" zu beschreiben und ihre Opfer meist erst dann erwähnt werden, wenn sie schon tot sind bzw. gerade umgebracht werden. Dadurch empfindet man weder Mitgefühl noch Abscheu sondern nur Ratlosigkeit.
Das kann ein Schwachpunkt sein, da stimm ich dir zu.
Wäre es sinnvoll, eine Vision einzufügen? (Ich meine, abgesehen von Volkers.)
Bloß: Wie schreibt man Träume? Mit sowas hab ich überhaupt keine Erfahrung.
Träume sind in Horror immer so ein Tabu-Thema. *g*
Da denk ich auf jeden Fall nochmal drüber nach.


Wer genau ist Petra (vielleicht Saschas Mutter, Volkers Frau ???), wie genau wurde Volker ermordet und wer ist diese Tamara am Schluss, Tamira?
Ok, zu Petra:
»Zu heiß?« Petra hebt die zu einem dünnen Strich gezupften Augenbrauen auf ihrer faltigen Stirn. Kurz bevor die Oberfläche des Make-ups zu zerbröseln droht, entspannt sich ihr Gesicht wieder.
»Was war das vorher mit der Schnalle?«
»Och«, und sein Grinsen wird noch eine Spur breiter, »hab nur meinen Charme spielen lassen.«
»Aha«, sage ich und rücke der Schlange wieder zwei Schritte auf. Volker ebenfalls. »Willst du sie etwa besuchen?«
»Besuchen?«, äfft er mich nach und beugt sich dann etwas vor. »Ne, keine Ahnung.«
»Hm.« Die dicke Frau bezahlt. »Wegen Petra, mein ich.«
»Hey, Mann, ich wollte nur testen, ob sie mir die Adresse überhaupt gibt. Was willst du mit dem Rum?«
Volkers Freundin.
Es ist nur unrealistisch, dass Sascha zu Volker sagt: »Ich meine, wegen Petra, deiner Freundin.«
Das ist sicher deutlicher, aber eben nicht realistisch. :(

Volkers Tod:

»Ich habe Spaß daran. Es geht mir einer dabei … wenn ich Blut an den Händen … ich habe Spaß am morden.« Er fängt an zu schluchzen und mit seinen breiten Schultern wirkt er damit fast lächerlich. »Ich bin zu einem von ihnen geworden.«
Ein Räuspern und ich drehe mich zu dem Mädchen um. »Gib mir das Messer«, und ich klinge dabei fast wie Volker früher geklungen hat, »ein bisschen schneller.«
Ich weiß nicht, ob es an ihrer Angst liegt oder ob sie weiß, dass ich auch ohne dieses Messer tätig werden würde, aber sie legt mir den Griff in die Hand, ohne den Hauch eines Widerstandes.
»Wir werden brennen«, sagt Volker, unterbrochen von Schluchzern.
Und als ich das Messer hebe, habe ich das Gefühl, in mein eigenes Fleisch zu schneiden.
Als er Volker tötet, hat er das Gefühl, etwas von sich selbst zu töten. Ab jetzt (er sinniert auf der Brücke darüber) kann er nur noch auf den Tod warten.
Auf einen Tod, zu dem Petra ihm verhelfen wird, so bald sie herausfindet, dass Volker nicht von einem "Visionisten" *g* getötet wurde, sondern von Sascha, von jemandem, der Petras Freund ist, Volkers Freund war.
GEnauso, wie es mit Sandra geschah. Sandra wurde von Volker ermordet (das trübe Wasser in dem Glas im Abschiedsbrief an Sandra von Volker), und dasselbe passierte jetzt mit Volker. Und Sascha ist davon überzeugt, dass auch irgendwann dasselbe mit ihm passieren wird.

Tamara:

»Hi«, sagt das Mädchen an der Kasse, hält es jedoch nicht für nötig, den Blick dabei zu heben.
»Hallo.«
Sie trägt das dunkelblonde Haar zu einem unsauberen Zopf gebunden, faserige Strähnen hängen ihr in blaue Augen, die wie Nebel flackern. Sie ist so bleich, dass man kaum erkennen kann, wo der Mantel aufhört und ihre Haut beginnt. Und mit den langen, dunklen Wimpern, den willkürlich wie Farbspritzern platzierten Sommersprossen auf der Nase erinnert sie mich an Sandra.
Neben mir höre ich Volkers Atem. Bilde ich es mir nur ein, oder ist er schneller geworden? Flacher, fast keuchend und pfeifend?

»Ja, es kam bloß überraschend. Das ist alles.«
Eine Vision.
»Das Mädchen?«
Er nickt.
»Opfer?«
Er schüttelt den Kopf.
Verdammt. Sie hätte mir gefallen.

Erst jetzt sehe ich das Messer in der Hand des Mädchens, dessen Klinge fast so lang ist wie ihr Unterarm. Ich ignoriere es. Mit ihrem Zittern macht sie nicht den Anschein, dass sie mir würde gefährlich werden können.
Noch weiß er ja nicht ihren Namen.

»Tamara«, sagt sie und für einen kurzen Augenblick bin ich davon überzeugt, dass der Wind, der die Stimme trägt, Sandras Atem ist. Warm, leicht, zart, wie er mir durch Haar streicht, mich an der Wange kitzelt.
»Sascha.«
Sie nickt, stellt sich neben mich und starrt in den Fluss. »Ich wusste, ihr würdet kommen. Ich wusste, was er vorhatte.« Sie hält inne und ich lehne mich wieder an das Geländer. »Ich nehms euch nicht übel.«
Und als ich meine Hand auf Tamaras lege, ihre Wärme fühle, frage ich mich, was sie wohl mit Petra machen wird.
Die Uhr tickt.
Sie ist das Mädchen, von dem Volker die Vision im Supermarkt hatte - der Prot weiß ja nicht, dass Volker seinen eigenen Tod gesehen hat und nicht den, jemand anderes.
Deshalb ist das Mädchen auch kein Opfer.

Ich drehe mich um und sehe die Silhouette an, die sich wie ein Schattenspiel vor dem Mond bewegt. Ihr Haar weht feucht im Wind.
Vielleicht sollte ich zum Schluss noch einen Satz ala:
Sie ist das Mädchen von vorhin.
hinzufügen.
Wäre das dann deutlicher?

Dir auch nochmal vielen, vielen Dank fürs Auseinandersetzen mit meiner Story!

Liebe Grüße
Tamira

P.S.: Eure Anmerkungen werd ich bald möglichst umsetzen. Danke dafür!

 

Liebe Tamira Sameier,

da sich mit Good Fellas und Carlito’s Way gleich zwei Gangsterepen unter den Top Fünf meiner Lieblingsfilme befinden, musste ich mir deine Schtory nach dem Hinweis auf den Bedeutungshintergrund des Titels natürlich juste mal reinziehen.

Etwas enttäuscht war ich dann schon, als das Ganze wider Erwarten nichts mit dem Mob zu tun hatte. Eine stilistisch professionell erzählte, gute Geschichte gab’s zu lesen aber ... eine Horrorstory?


Flusen

Ich kenne das Wort. Muss aber nichts heißen. Was ich meine ist ... Gibt’s das offiziell?

Statistisch gesehen begeht alle siebenundvierzig Minuten in Deutschland jemand Selbstmord.

Statistisch gesehen begeht in Deutschland alle siebenundvierzig Minuten jemand Selbstmord. Finde ich schöner.


»Du solltest doch der Bücherei fern bleiben, Sascha.«

Klingt nicht nach Volker nach dem, was die Figur sonst so sagt.

Irgendwo anders muss jemand in die ewigen Jagdgründe eingegangen sein.
Der Glückliche.

:)

zu ihm armen Kerlchen gewesen ist

"armen Kerlchen" würde ich rausschmeißen. Klingt albern.

»Die nehmen sicher Drogen. Die leben in einer vollkommen anderen Welt.«
Die Glücklichen.

Nochmal :) . Gag-Wiederholung. Absicht?

Das monotone Piepsen lullt mich ein und ich schließe meine Augen zur Hälfte und als ich plötzlich eine Hand auf meiner Schulter spüre, zucke ich zusammen.

Würde ich zwei Sätze draus machen, um den „und“-Überschuss los zu werden.

Über mir ging ein Fernseher aus und die Gasse wurde noch ein Stück dunkler.

Super Beschreibung der Umgebung!

sein linker Arm sieht aus, als wäre er am Ellbogen in die falsche Richtung geknickt.

Ist er doch wohl. Wie kann es denn nur so aussehen? Ungünstiger Winkel?

Trotz seiner Statistiken, trotz der Tatsache, dass Kleinwaffen weltweit jede Minute einen Menschen töten

Hab auch gerade letzte Woche Lord of War gesehen :D .

Wie gesagt, Super-Geschichte, aber ich bin mir nicht sicher, ob die Sparte so glücklich gewählt ist. Oder hab’ ich was überlesen? Erinnert mich irgendwie an die Geschichten aus der Gruft, die nicht unmittelbar mit Vampiren, Werwölfen & Co. zu tun haben. Viele davon sind tolle Geschichten, aber man ist trotzdem enttäuscht, weil die Verpackung halt gewisse Erwartungen schürt.


Viele Grüße,

Jan-Christoph

 

Hi Proof


Natürlich zuerst mal: Wieder vielen Dank fürs Lesen und Kommentieren. Bei so einer langen Story hab ich immer den Wunsch, mich für die vielen Seiten zu entschuldigen ... *g*

Etwas enttäuscht war ich dann schon, als das Ganze wider Erwarten nichts mit dem Mob zu tun hatte. Eine stilistisch professionell erzählte, gute Geschichte gab’s zu lesen aber ... eine Horrorstory?
Ich denke schon.
Ich persönlich denke, dass gerade das Horrorgenre heutzutage sehr dehnbar ist und dass man es auch anders definieren kann, als darin, den Leser zu erschrecken.
Vielleicht liegt es mir eher, den Leser ein bisschen zu schockieren, auch wenn es ihm nicht bewusst wird (oder ich es gar nicht schaffe *g*).
Mir geht es eher darum, dass selbst Mörder, Serienkiller wie hier, menschlich sein können, und dass man meist gar nicht so weit davon entfernt ist, selbst zu einem zu werden, als man denkt. :)
Ich meine, Sascha hatte ja immer das Gefühl, das richtige zu tun. Wie falsch es ist, wird ihm ja erst klar, als es jemanden trifft, als jemand zum Opfer wird, an dem Sascha etwas liegt.
*sülz*
:D

Eigentlich gebe ich dir ja Recht. Richtiger Horror ist es nicht, und das liegt vermutlich vor allem an der gewählten Perspektive. Schließlich habe ich aus der Sicht des Täters geschrieben, nicht aus der Sicht des Opfers. (Irgendwie mache ich das meistens so.)


Zum Kleinkram:
Flusen > Also, zumindest mein Word kennt das Wort. Ich hab leider keinen Duden zuhause (*schäm*), weshalb ich es nicht nachschlagen kann. :shy:

Klingt nicht nach Volker nach dem, was die Figur sonst so sagt.
Genau das meinte ich, als ich den ersten Kommentar unter die Story geschrieben habe. Teilweise hatte ich das Gefühl, Volker ist manchmal nicht er selbst und tut nur das, was ich will, das er tut. Und das darf er natürlich nicht, weil seine Persönlichkeit darunter leidet.
Danke. :)

Nochmal . Gag-Wiederholung. Absicht?
Irgendwie schon. Ich hatte es ein drittes Mal auch drin, aber das dann rausgeschmissen.
Und zweimal liest sich blöd. Werd ich ändern.

sein linker Arm sieht aus, als wäre er am Ellbogen in die falsche Richtung geknickt.
Ist er doch wohl. Wie kann es denn nur so aussehen? Ungünstiger Winkel?
Naja, ich weiß nicht. Er sieht halt nur so aus. Der Prot ist sich ja nicht sicher, ob er am Ellbogen in die falsche Richtung geknickt ist.
Aber ich werds trotzdem ändern.

Trotz seiner Statistiken, trotz der Tatsache, dass Kleinwaffen weltweit jede Minute einen Menschen töten

Hab auch gerade letzte Woche Lord of War gesehen
Hehe, ich hab allerdings alle Statistiken ausm Internet. :D
Ich hätte noch unzählige mehr, aber die wollten nicht passen.

Wie gesagt, Super-Geschichte, aber ich bin mir nicht sicher, ob die Sparte so glücklich gewählt ist. Oder hab’ ich was überlesen? Erinnert mich irgendwie an die Geschichten aus der Gruft, die nicht unmittelbar mit Vampiren, Werwölfen & Co. zu tun haben. Viele davon sind tolle Geschichten, aber man ist trotzdem enttäuscht, weil die Verpackung halt gewisse Erwartungen schürt.
Schön, wenn es dir trotz der falschen Erwartungen gefallen konnte.
Wie gesagt, ich denke, die Rubrik passt schon. Sonst müssten fast alle meine Geschichten nach Sonstige.
Und in der Rubriken-Info steht ja auch: Abgründe menschlicher Psyche.
Ich bin mal so angeberisch und behaupte: Das wäre es. :D

Dank dir fürs lesen und gutfinden!


Tamira

 

Hi Tamira,

lass dich nicht von der langen Liste erschrecken. Mir hat deine Geschichte gefallen, auch, wenn ich viele Anmerkungen dazu habe.
Manchmal konnte ich nicht ganz folgen. Ich weiß nicht, ob das daran liegt, dass ich relativ lange und mit Unterbrechungen gelesen habe. Am Ende war ich jedenfalls sehr verwirrt.
Die Aufteilung der Handlungsstränge und den Spannungsaufbau finde ich gelungen. Den Einstieg über den Suizidversuch schon fast ironisch, jedenfalls hat er mein Interesse geweckt.
Details

Lieben Gruß, sim

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi sim


Dir dank ich wirklich besonders, fürs Lesen und wirklich sehr, sehr ausführliche Kommentieren.
Auch, wenn es von dir nicht beabsichtigt war: Die Kinnlade ist mir doch runtergeklappt. Ich werd am Wochenende mich nochmal auf die Story stürzen und so viel ausbessern, wie ich kann. :)
Über die "Verwirrung" (ging nicht nur dir so) werde ich auch nochmal drüber sehen. (Offensichtlich muss ich noch einiges lernen ...)

Aber wenn sie dir trotz der vielen Stolpersteine gefallen hat, freut mich das sehr. :)

en Einstieg über den Suizidversuch schon fast ironisch, jedenfalls hat er mein Interesse geweckt.
Frag mich nicht wieso, aber in fast allen meinen Storys, zumindest in denen, in denen wirklich viel arbeit steckt, kommt ein Suizidversuch vor. Ich muss mich davon mal lösen, denn alle meine Prots sind so verzweifelt, dass sie keinen anderen Ausweg mehr sehen, aber zu feige, es durchzuziehen.
Ich meine, da Sascha es ja nicht noch einmal versucht, darf man davon ausgehen, dass er das Ganze vielleicht selbst dann nicht durchgezogen hätte, wäre Volker nicht erschienen.

Liebe Grüße
Tamira

 

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