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Copywrite Die Busnummer

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06.06.2005
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Die Busnummer

„Wir haben einen neuen Fahrer, das ist vielleicht ne Nulpe, sag ich dir.“
„Was meinst du mit Nulpe, ist der doof, oder was?“
„Ja, ne Nulpe halt. So’n typischer Glotzer, der die ganze Zeit in den Rückspiegel glotzt, als wären wir Außerirdische.“
„Ach so einer. Ist der denn auch Betreuer?“
„Nee, der macht nur den Job, den jeder Idiot machen kann. Der fährt uns zur Werkstatt, zweimal die Woche, wie ich das mitbekommen habe, und holt uns abends wieder ab.“
„Und, wie ist er so?“
„Hab ich doch gesagt, ist ne Nulpe. Der schreit einen immer an, als wäre man schwerhörig. Das geht mir auf den Zeiger.“
„Ja, das kann ich mir vorstellen. So einen hatten wir auch schon mal. Nulpen.“
„Wir haben dann mächtig aufgedreht und die Nummer abgezogen, um zu schauen, wie er reagiert.“
„Welche Nummer?“
„Mann, die Nummer halt. Die ist doch mal so was von bekannt. Wir haben rumgeschrien und die ganze Zeit von Ficken geredet.“
„Vom Ficken, echt? Geil!“
„Der hat vielleicht geglotzt. Hab seine Augen immer im Rückspiegel gesehen. Was für’n Arschloch.“
„Das haben wir auch mal gemacht. Das macht echt Spaß. Wie die immer gucken.“
„Ja, genau. Wir haben dann erzählt, wer mit wem gerne ficken möchte und Kinder machen will.“
„Susi hat jetzt ein Kind gekriegt.“
„Was denn, von wem?“
„Von Michael.“
„Von welchem, dem dicken?“
„Nee, dem Bayern.“
„Ach dem. Ich hab auch schon mit Susi gefickt.“
„Ja, das hat sie mir erzählt, während wir gefickt haben.“
„Ach so. Na ja. Jedenfalls hat der echt dumm aus der Wäsche geschaut.“
„Wer, Michael?“
„Nee, die Nulpe.“
„Ach, der. Ja, das kann ich mir vorstellen.“
„Der Sascha hat dann noch die Rita abgeknutscht.“
„Aber die Rita ist doch seine Schwester.“
„Ja, genau.“
„Iiih, das ist aber nicht schön.“
„Das war doch nur für den Fahrer, du Dummer.“
„Ja trotzdem.“
„Der hat dann, um uns nicht hören zu müssen, das Radio aufgedreht, bis der Sascha ihm das verboten hat.“
„Welcher Sascha denn jetzt schon wieder?“
„Sascha, Mann. Der Betreuer.“
„Ach, der Sascha. Der Melanie als Freundin hat.“
„Hast du die gefickt, oder was?“
„Nee, die will nicht.“
„Die glaubt wohl, sie ist was besseres.“
„Das glauben die doch alle.“
„Nulpen.“
„Hast du schon meinen neuen mp3-Player gesehen?“
„Nee, zeig mal.“
„Hab ich mir von dem Geld gekauft.“
„Nicht schlecht.“

 

Salve krilliam,

eine nette Kopie von Makitas Story lieferst Du. Du hältst dich formal stark an das Original, und auch inhaltlich besteht die einzige Neuerung im Perspektivwechsel. das kann man Werktreue nennen, oder mangelnde Spielwut. Ich bleibe mal bei Werktreue.

Für Deine Story hast Du Dir zwei Behinderte ausgesucht, denen ihre Einchränkung kaum anzumerken ist - sprachlich bewegen sie sich durchaus auf Durchschnittsniveau. Dadurch, dass Du - werktreu eben - konsequent auf Erzähltes zwischen den Dialogen verzichtest, wirkt das behindertsein der Prots für mich unglaubwürdig - das ganze erinnert mich eher an die Psychiatriegeschichten der 70er, in denen der vermeintlich Verrückte eigentlich normal ist, und rational seine Umwelt reflektiert.

Auch in dem Moment, als die beiden tatsächlich übers Ficken reden, ändert sich für mich nchts daran - das bekommt man zu gewissen Uhrzeiten tagtäglich im ÖPNV zu hören, und zwar von "Normalos".

Kurz und gut: mehr Text zwischen der wörtlichen Rede hätte der Story gut getan.

PS: Gruß privaterweise an die Kunstakademie bzw HHU, wenn Du mal dran vorbeikommst. Da hab ich drei Jahre studiert. Aber das nur nebenbei.

Schönen Abend noch,
Pardus

 

Hallo Pardus,

meine Spielwut hat mich in den letzten Runden des Copywrite selber ausgenockt , also habe ich es diesmal mit Werkstreue versucht. Darum auch kein Text zwischen der wörtlichen Rede.

Es hätte natürlich die Möglichkeit gegeben, die Behinderung deutlicher in Ausprache und Formulierung auszuarbeiten. Ich habe mich dagegen entschieden, weils sonst schnell klamaukig geworden wäre. (Die Gefahr besteht bei mir eh verstärkt)

das bekommt man zu gewissen Uhrzeiten tagtäglich im ÖPNV zu hören, und zwar von "Normalos".
So entstand ja soweit ich weiß auch Makitas Original.
PS: Gruß privaterweise an die Kunstakademie bzw HHU, wenn Du mal dran vorbeikommst. Da hab ich drei Jahre studiert. Aber das nur nebenbei.
An der Kunstakademie komme ich tatsächlich häufig vorbei, ist fünf Minütchen von meinem Zuhause entfernt. Ich richte Grüße aus. ;)

Vielen Dank für deine Meinung

Gruß
krilliam

 

Hey Krill!

Ähm. Ja. Das ist Klamauk, weißt Du das?
Nicht daß es mir nicht gefällt. Es ist eine hübsche Entschärfung, ein humoristischer Ausweg, kauf ich sofort. Sich vorzustellen, daß die das mit Absicht machen ... einziges Problem: So würden die Helden in echt nicht reden und denken, das unterstell ich mal so, obwohl ich es auch hauptsächlich vom Hörensagen kenne (davon allerdings zur Genüge).
Andererseits: Es müssen ja keine geistig Behinderten sein. Wenn man die Geschichte unabhängig vom Mongobus liest, könnten das sonstwelche seltsamen (betreuten und gefahrenen) Menschen sein.

Bißchen mager ist das Ding ja schon. Aber der Vorweihnachtsstress ...
Hättest Du statt dieses trockenen Teilchens eine Betroffenheitsoper oder sonstige Seifenkiste geschrieben, es hätte mir das Herz gebrochen.
Ich bin's zufrieden.

Lieben Gruß,
Makita.

 

Hallo Makita,
deinen Mongobus finde ich richtig gut. Mutig ist aber auch, die Perspektive zu wechseln. Natürlich reden derart Behinderte nicht so reflektiert wie bei Bolderson. Das ist klar. Trotzdem habe ich Respekt vor seiner Leistung. Als Anregung für den eignen Schreibprozess also wichtig und völlig O.K.. Aber natürlich nicht wirklich veröffentlichungswürdig. Aber dafür ist hier doch auch der richtige Ort: zum spielerischen Ausprobieren - richtig!
Unbekannterweise Gruß an alle fleißigen Schreiben, die auch mir die Zeit vertreiben...
der papui

 

Hallo ihr,

rueganerin:

Als Gegenentwurf hast mir das ganz gut gefallen.
schön, danke.

Schmunzeln musste ich, als der eine sagt, sie hätten absichtlich um den Fahrer zu nerven übers ficken gesprochen und danach reden sie dann tatsächlich nur darüber
Selbsteinschätzung war noch nie eine Stärke der beiden.

Aaaaaaaber:Reden Menschen mit Trisomie 21 so?
Mit Sicherheit nicht. Obwohl es soweit ich weiß Akademiker mit Trisomie 21 gibt.

Die Szenen sind von zwei professionellen Synchronsprechern nachgestellt worden.


Makita:

Ähm. Ja. Das ist Klamauk, weißt Du das?
Ich hatte eigentlich gehofft, dass es verborgen bleibt.
So würden die Helden in echt nicht reden und denken,
Ja, bestimmt nicht.

Andererseits: Es müssen ja keine geistig Behinderten sein. Wenn man die Geschichte unabhängig vom Mongobus liest, könnten das sonstwelche seltsamen (betreuten und gefahrenen) Menschen sein.
Der Ansatz kommt meinem nah. Wobei ich schon Menschen dieser Art meinte, aber eben zwei ganz besondere, die zum einen reden wie du und ich und zweitens auch nicht so gutmütig sind, wie es die weitläufige Meinung vertritt.

Bißchen mager ist das Ding ja schon.
Mhm, da hast du Recht, aber ich hätte es vor dem neuen Jahr nicht geschafft mein eigentliches Vorhaben in die Tat umzusetzen.

Aber der Vorweihnachtsstress ...
Eben ...

Hättest Du statt dieses trockenen Teilchens eine Betroffenheitsoper oder sonstige Seifenkiste geschrieben, es hätte mir das Herz gebrochen.
das hätte wohl auch bis aufs neue Jahr warten müssen, in diesem Jahr kann ich so etwas gar nicht.

Ich bin's zufrieden.
oky,dann bin ich zumindest halbwegs erleichtert.

Danke und einen möglichst stressfreien Vorweihnachtsstress.

Hallo Makita,

sag dem Papui mal Danke für seine Anerkennung. Er hat ganz richtig erkannt, dass dies ein Ort für spielerisches Ausprobieren ist und ich nicht vorhabe hiermit meine tausendbändige Kurzgeschichtensammlung bei dtv zu eröffnen.

Dann grüß ihn auch gleich von mir

krilliam

 

Hey Krill!

Moan, darf ich lachen, darf ich lachen? Ich lache mal. :) Das ist alles nicht ernst gemeint und in echt würden die ja auch nicht so reden und überhaupt. Also: :lol:
Ich fands witzig, weil eben Klamauk - ich bin eine große Befürworterin des Klamauks!

JoBlack

 

Hallo krilliam,

Hat mir leider weniger gefallen.
Die Geschichte auf diese Art und Weise, vermittels des Perspektivwechsels, zu "kopieren" ist naheliegend, die Übertragung auch geglückt.
Doch für sich betrachtet sehe ich nicht, was mir die Geschichte bieten soll. Ob ich überhaupt durchschaut hätte, auf welche Art die Passagiere des Busses denn nun besonders sind, wenn ich das Original nicht gekannt hätte, wage ich mal zu bezweifeln. Und dann: Amüsant fand ich's nicht, in welche Richtung du sonst gezielt haben könntest, sehe ich nicht.
Du hast hier sehr werktreu gearbeitet, aber den Fehler gemacht, dich allein auf die Vorlage zu verlassen. Was und warum du hier erzählen willst, bleibt ein ungeklärtes Rätsel.


Gruß,
Abdul

 

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