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Thema des Monats Das Blöken der Lämmer

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Beitritt
06.08.2005
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1.664
Zuletzt bearbeitet:

Das Blöken der Lämmer

Natürlich ahnte ich schon, bevor ich mich zwischen Laken und Oberbett schob, dass es keine gute Idee gewesen war von meinem Arzt. Er hatte die Verschreibung meines Schlafmittels abgesetzt und war plötzlich auf einem Natur-Trip.
„Frau Weber, Sie wollen doch nicht süchtig werden.“
Wollte ich nicht? Auf jeden Fall wollte ich eins: Schlafen. Und diese Idee mit dem Schafe zählen kam mir von Anfang an suspekt vor.
„Eins – zwei – drei – vier – fünf ...“
Na gut, vielleicht war es ja doch nicht so schlecht. Mein Atem wurde ruhiger, meine Muskeln entspannten sich, ich sah nur noch die kuscheligen Wesen vor mir mit dem weichen Fell.
„ ... sechs – sieben – acht – neun – zehn ...“
Zehn Schafe? Ein bisschen voll; schließlich ist meine Kammer auch nicht die größte, und dann die Dachschräge ...
„...elf ...zwölf ... dreizehn ...“
Eigentlich ist es kalt in meinem Zimmer, weil ich es nicht beheizen kann. Aber die Temperatur stieg, es wurde sogar fast schwül und ... was war das für ein Geruch?“
Ich versuchte, mich nicht ablenken zu lassen. Klar, dass mein Geist Ausflüchte suchte! Nur auf einen Aspekt zu konzentrieren war schwierig, sonst hätte ich ja überhaupt keine Schlafprobleme gehabt. Wo war ich noch mal?
„Ach ja, dreizehn. Gut, dann vierzehn ... fünfzehn ...sechzehn ... siebzehn ... achtzehn ...“
Der Gestank wurde schlimmer, und bei näherem Hinsehen waren die Tiere auch gar nicht so niedlich. Braune, festgebackene Dreckreste klebten in ihrem Fell, hingen von ihren Woll-Beinen hinab und drohten, auf meinen neuen Teppich zu fallen. Dazu das Geblöke! Wie sollte ich bei dem Lärm schlafen können? Trotzdem fuhr ein Teil von mir fort, wie in tiefer Trance weiterzuzählen:
„ ... neunzehn ... zwanzig ... einundzwanzig ...“
Im Sekundentakt kamen neue Schafe dazu, glotzten mit großen Augen um sich herum und suchten sich einen Platz. Längst war ich nicht mehr allein in meinem Bett. Anfangs fand ich die Wärme, die ihre Körper an meinem bildeten, ja noch angenehm, aber schon legte sich das erste Schaf auf mich drauf. Uff! Wie schwer doch so ein kleines Tier sein konnte.
„ ...zweiundzwanzig ... dreiundzwanzig ... vierundzwanzig ...“, zählte mein entspannter Geist.
„Helft mir, ach, ihr hohen Mächte!“, setzte ein anderer Teil von mir dagegen, ungehört. Stattdessen ungerührtes Blöken.
Ein wollenes Etwas drückte auf meine Brust, so dass ich nur noch flach atmen konnte. Ein anderes legte sich auf mein Gesicht, und dicke Fussel drangen mir in Nase und Mund und versperrten der Luft den Weg. Ich japste. Ich versuchte, klar zu denken, doch der einzige Teil meines Geistes, der dazu noch in der Lage war, sonderte irgendwo in der Ferne Zahlen ab ...

Flucht! blitzte ein Gedanke auf. Kampf! ein anderer.
Auch mein Arm war nicht frei, aber meine Hand glitt über die Oberfläche meines Nachttisches. Wo war der Stielkamm, den ich sonst dort liegen hatte? Ich ertastete nur ein paar Splitter und erinnerte mich, einige Schafe beim Knabbern gesehen zu haben.

Ich röchelte. Zu der Luftnot in meiner Lunge kam noch eine andere Empfindung, die nicht weniger schlimm auszuhalten war. Die Schafe hatten erst meine linke, dann meine rechte Fußsohle entdeckt, und gleichmäßig und immer wiederkehrend strichen ihre rauen Zungen über meine Sohlen. Mein unfreiwilliges Lachen wurde unter ihren Leibern erstickt, stattdessen ertönte ihr Geblöke.

Aufhören! Nur dieser eine Gedanke. Ich brauche Leere im Kopf, Stille.
Die Geräusche um mich treten in die Ferne, ein Glücksgefühl durchströmt mich. Füße? Sind doch nicht meine?
Wer braucht schon Luft zum Atmen? Doch nicht ich.

Weit entfernt erklingt ein Lied, das ich noch am Nachmittag im Radio gehört habe:

Und ich bette meinen Kopf auf das Kissen ganz sacht.
Denn ich habe die Lämmer zum Schweigen gebracht.
Gute Nacht.

 

@Jobär
Schön, dich hier zu treffen, wo ich ja selbst eher Gast bin. :)

Muss es nicht Schafprobleme heißen?
War das eine Prophezeiung oder Inspiration für Gnoebels Copywrite ? :D


@Megries

Den langsamen Erstickungstod finde ich eigentlich gar nicht so kuschelig, spätestens als sich ein Schaf auf das Gesicht deiner Prot setzt, wurde mir etwas mulmig. Umso mehr hat es mich verwundert, dass die Frau so cool bleibt. Ich hätte mir ein bisschen mehr Panik gewünscht.
Mal sehen, was ich da noch einbauen kann.


@krilliam

finde schon, dass das eine gelungene gruselgeschichte ist.
Ich mag Leute, die nicht mit den Schafen blöken ... ähm ... nicht immer Mainstream denken. :D

und nun wende ich mich der kopie zu
Upps, da war doch was. :shy: Jaaa, ich auch bald ...


Danke für eure Kommentare!

Gruß, Elisha

 

@Jobär
Schön, dich hier zu treffen, wo ich ja selbst eher Gast bin. :)

Muss es nicht Schafprobleme heißen?
War das eine Prophezeiung oder Inspiration für Gnoebels Copywrite ? :D


@Megries

Den langsamen Erstickungstod finde ich eigentlich gar nicht so kuschelig, spätestens als sich ein Schaf auf das Gesicht deiner Prot setzt, wurde mir etwas mulmig. Umso mehr hat es mich verwundert, dass die Frau so cool bleibt. Ich hätte mir ein bisschen mehr Panik gewünscht.
Mal sehen, was ich da noch einbauen kann.


@krilliam

finde schon, dass das eine gelungene gruselgeschichte ist.
Ich mag Leute, die nicht mit den Schafen blöken ... ähm ... nicht immer Mainstream denken. :D

und nun wende ich mich der kopie zu
Upps, da war doch was. :shy: Jaaa, ich auch bald ...


Danke für eure Kommentare!

Gruß, Elisha

 

War das eine Prophezeiung oder Inspiration für Gnoebel
Das habe ich mich auch gefragt. Beide Möglichkeiten sagen mir zu.

Gebauchpinselt

Jo

 

Hi Jobär,

War das eine Prophezeiung oder Inspiration für Gnoebel?
Das habe ich mich auch gefragt. Beide Möglichkeiten sagen mir zu.
Ich habe den Autor pm-mäßig gefragt, aber er hat sich nicht dazu geäußert. Also nicht zu klären. :shy:

Gruß, Elisha

 

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