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Der Sieg des Maximo Leader
Er saß mit dem Rücken zu mir und es trennte uns nur ein alter, braungelber Schreibtisch. Langsam hob er sein Haupt und blickte von seinem Schreibtisch nach draußen. Sein Blick schweifte über die dichten Wälder, die unter ihm lagen als huldigten sie ihm. Sie hatten das schönste Grün, dass ich je gesehen hatte. Es war ein ehrliches Grün. Ganz weit weg ertönte das tiefe Horn eines Schiffes und über mir scheiterte ein heruntergekommener Ventilator bei dem Versuch den Zigarrenqualm des Maximo Leader mit der Schwüle des Raumes zu vermischen. Es war eine himmlische Stille in diesem Raum. Nur das Surren des Ventilators war zu hören. Das knistern der Zigarrenglut durchbrach diese himmlische Stille nicht, sondern gab ihr eine neue, wundervolle Nuance. „Ich bin ein alter Mann.“, fügte sich seine Stimme in Stille des Raumes ein. „Ich werde sterben und das weißt du.“ Er konnte mich nicht sehen, dennoch hatte ich das Gefühl er würde eine Reaktion von mir erwarten. Ich nickte. Fliegendreck rieselte vom Fensterbrett als ein Taube auf dem Sims landete. Er drehte sich zu mir um. Alt war er geworden, aber er hatte noch immer dieses Glühen in den Augen. Dieses Flackern in seiner Iris, gleich dem lodern einer Fackel die mit lautem Geschrei zum nahenden Feind geschleudert wird. Er stand auf um kam, die Hände hinter dem Rücken verschränkt auf mich zu. Das Kabel, mit dem man meine Hände hinter der Stuhllehne festgebunden hatte, begann langsam wieder in mein Bewusstsein zu treten. Es war fest angezogen und hatte wohl weniger die Aufgabe mich festzuhalten, als mir unglaubliche Schmerzen zuzufügen. Weshalb sonst hätte es mit Stacheldraht umwickelt sein sollen?
Er schlug mir ohne Vorwarnung mit der Faust ins Gesicht. Meine Nase krachte laut und ich musste laut aufstöhnen. Blut rann an der glatten Folie herunter, die sich eng um meinen Mund schnürte. Mir wurde einen Augenblick schwarz vor Augen und ich muss gestehen, dass es mir Freude bereitet hätte es ihm mit gleicher Münze heimzuzahlen. Doch dafür waren unsere Ausgangssituationen zu verschieden. „Seit der großen Revolution, die unser Volk befreit und unsere Feinde vernichtet hat, habe ich dich geliebt wie meinen eigenen Sohn!“ Er war außer sich. „Doch ein Sohn der seinen Vater hintergeht ist kein Sohn der es wert ist zu leben!“ Er bebte innerlich und hatte Mühe die Wut unter Kontrolle zu halten.
Er flößte mir etwas von diesem zuckersüßen Wasser ein, nachdem er mir die Folie vom Mund gerissen hatte. Die Trockenheit in meinem Mund und das Kleben des Zuckerwassers führten dazu dass ich zu röcheln begann. Er verstand es mich leiden zu lassen.
„Hör auf damit! Du wirst noch früh genug sterben! Ich möchte nur eines von dir wissen, bevor ich dich aus dieser Welt scheiden lasse!“ Es herrschte wieder eine ganze Weile Stille und mir fiel auf, dass selbst der Ventilator den Atem anzuhalten schien, den ich vernahm auch sein überfordertes Surren nicht mehr.
„Warum???“, durchbrach sein Schrei die Stille, als hätte eine Granate direkt neben einem eingeschlagen, als man weinend im Schützengraben zu schlafen versuchte.
Er starrte mit weit aufgerissen Augen aus dem Fenster und ich glaubte zu spüren wie etwas in ihm starb. Am Horizont erschienen drei Hubschrauber, die sich mit bedrohlichem Knattern der Festung näherten. Er drehte sich zu mir um und schien mir in die Augen zu sehen. Doch sein Blick war so leer wie das Herzen eines Kapitalisten. Er zog seinen Revolver und hielt ihn sich an die Schläfe. Maschinengewehrkugeln zerfetzten seine Hand und seinen Rücken. Er sank langsam in die Knie, verlor dabei das Gleichgewicht und stürzte aus dem Fenster. Er starb beim Aufprall. Er hatte gewonnen.
Revolution, zuckersüß, Fliegendreck, Kabel, glatt. (Set 22)