Was ist neu

Die Qual mit der Qualität

@bernadette:

... und lese ihn dann nochmal so fremd wie möglich durch.
Wie machst du das? Du kannst ja nicht aus deiner eigenen Haut schlüpfen. Welche "mentalen Vorbereitungen" triffst du, dass das überhaupt ansatzweise funktioniert?

FLoH.

 

Lieber FloH,

Wie machst du das? Du kannst ja nicht aus deiner eigenen Haut schlüpfen. Welche "mentalen Vorbereitungen" triffst du, dass das überhaupt ansatzweise funktioniert?
FLoH.

Deswegen schrieb ich das "fremd" ja kursiv. Natürlich hast du mit deinem Einwand recht - ich kenne die Geschichte leider schon :D -.

Aber durch den zeitlichen Abstand bekomme ich noch etwas Distanz.
Ich setze mich so vor die Geschichte, wie wenn ich sie auf Teufel komm raus negativ kritisieren wollte.
Aber im Grunde hast du recht :), richtig funktionieren kann das vielleicht, wenn die Geschichte mal ein viertel- oder halbes Jahr alt ist und man vielleicht durch die Kritiken in KG.de schon weitergekommen ist.
Am Anfang ist das noch viel leichter, weil man grundsätzliche Sachen eher berücksichtigt. Wenn es dann um die Nuancen geht, wird es schwieriger und man trifft ja dann oft auch den Geschmack von vielen nicht.

Lieber Gruß
bernadette

 

Inhaltliche Qualität

Aus meiner Sicht fragst Du also nicht allgemein nach der Qualität des Textes, sondern schon nach der inhaltlichen Qualität.

Also die Themenwahl. Warum schreiben wir einen Text?

Ja und das wäre in der Tat mal ne Sache, die zu diskutieren wäre. Ich denke, man geht dann automatisch weiter zurück und fragt sich: Warum schreibe ich?

- Um zu unterhalten? ->wen unterhalten (mich, bestimmte Personen, alle)
- Um etwas zu zeigen? -> was zu zeigen und wem?
- Um zu berichten, um zu erzählen?

Schreiben wir um zu lehren (eben etwas neues aufzuzeigen, einen Blickwinkel, eine Ansicht, eine Begebenheit, die die wenigsten erleben) oder selber etwas zu lernen (erfahren) also um seine Gedanken zu ordnen.

Das führt aus meiner Sicht zu einer Aufteilung der Autoren, die ich schon einmal versucht habe zu diskutieren, die auch auf brennendes Interesse gestoßen ist :hmm:

Ich will´s nicht alles noch mal kopieren, darum hier der Link

Als Fazit könnte man draus ziehen:
Jeder hat seine Gründe dafür, daß er schreibt.

Die einen wollen sich profilieren, die anderen weiterentwickeln, andere wollen mit etwas fertig werden, wieder andere etwas erleben.

Dementsprechend ist dann häufig auch der Inhalt, den man erleben will:
Warum lesen wir eine Geschichte

Aber man kann hier sowieso keine allgemeinen Maßstäbe und Kriterien festlegen.
Denn selbst wenn ich persönlich möglicherweise einer Suizidgeschichte nichts abgewinnen kann, liegen für andere wichtige Informationen drin, die ihnen weiterhelfen.

Insofern kann man also nur die Kriterien für sich definieren und die richten sich meiner Meinung nach (gerade für uns, die wir selber schreiben) wieder nachdem, wie wir selber schreiben.
Insofern ist für mich wichtig:

- in der Geschichte muß etwas passieren/ eine Entwicklung stattfinden
- ich möchte vom Autor eine Lösung für ein vorher angesprochenes/ gezeigtes Problem sehen ohne mit dem Holzhammer erschlagen zu werden
- ich möchte alltägliche Dinge aus einer anderen Perspektive erleben, als ich das das täglich sowieso mache
- ich möchte mich nach Möglichkeit auch unterhalten oder gefesselt werden
- ich möchte ausgefallene/ kreative Charaktere erleben
- ich möchte berührt werden, denn dann hält es mich länger in seinem Bann und wirkt länger, als wenn es mir egal wäre

Die technischen Anforderungen an eine Geschichte sind dann schon eher gleich, aber hier wohl nicht das Thema.

tschüß
mac

 

Hallo Malinche,

beinahe hätte ich deinen Beitrag übersehen. Ich schreibe immer offline, wahrscheinlich habe ich deine Anmerkung beim Kopieren nicht ‚erwischt’.

Du schreibst:

„6. Kurze Besinnung: Stehe ich eigentlich irgendwie hinter meiner Geschichte?“

Für die inhaltliche Qualität ist dies sicher sehr wichtig. Nur wenn man hinter dem Inhalt steht, wird man auch überzeugend schreiben. (Wahrscheinlich kennt man sich auch nur dann genug in der behandelten Thematik aus).

Was das Liegen lassen angeht, bin ich viel extremer als du, eine Geschichte liegt bei mir durchaus ein halbes Jahr, bis ich sie veröffentliche. (Manchmal entdecke ich deshalb Geschichten in meinem Ordner, deren Inhalt ich auf Anhieb nicht kenne).

Meine Kriterien sind z.B. (Originalität habe ich schon genannt):

1.Was will ich aussagen? (Testfrage: Kann ich die Hauptaussage in einem kurzen Satz beschreiben?)

2.Ist es wert, gesagt zu werden? (Testfragen hierfür wären u.a.: Wie oft ist die Thematik schon aufgetreten, habe ich einen neuen Aspekt ...)

3. Was ist die Aussage? (Habe ich wirklich das dargestellt, was ich sagen wollte? Kann ich die Aussage mit Textstellen belegen? - Ich schreibe das oft unter meine Geschichten, auch die Entschlüsselung von Symbolen etc.).

4. Passt die Darstellung der Aussage zur Aussage? (Ist der geschilderte Rahmen plausibel, passen die Stilmittel, ist das Verhalten der Personen glaubwürdig; geht wohl in Richtung Motivik).


L G,

tschüß... Woltochinon

 

@ bernadette

„wenn die Geschichte mal ein viertel- oder halbes Jahr alt ist“ und man sich dann beim Lesen fragt ‚huch, wie ist das gemeint, für was soll denn diese Metapher stehen ...’ - dann ist es Zeit für eine Überarbeitung (oder Tipps aus dem Forum).

@ macsoja

Ich frage tatsächlich „nach der inhaltlichen Qualität“ - aber nicht danach, warum wir schreiben (natürlich könnte man jetzt sagen: Weil ich Texte mit inhaltlicher Qualität schreiben will).

Meine Frage setzt voraus, dass der Entschluss zu schreiben - warum auch immer - bereits gefallen ist. Aber: Wenn ich schon schreibe, dann doch auch mit einem Qualitätsanspruch - welche Strategien helfen mir, diesem Anspruch zu genügen?

Du hast einige wichtige Punkte genannt, ich bin nun am Überlegen, wie man überprüft, ob man die Vorgaben erfüllt. Es ist oft so (auch in wissenschaftlichen Sendungen), dass man auf der deskriptiven Ebene bleibt (also das Ergebnis nennt), aber nicht den Weg zum Ergebnis beschreibt. Beispiel:

„- ich möchte ausgefallene/ kreative Charaktere erleben“

Woran sehe ich als Autor, ob ich einen ausgefallenen Charakter erschaffen habe?

„Aber man kann hier sowieso keine allgemeinen Maßstäbe und Kriterien festlegen.
Denn selbst wenn ich persönlich möglicherweise einer Suizidgeschichte nichts abgewinnen kann, liegen für andere wichtige Informationen drin, die ihnen weiterhelfen.“

D´accord - hieraus ergibt sich auch die Frage, inwieweit sich ein Autor bei der Festlegung (inhaltlicher) Qualität nach dem Leser richtet, der potentielle Leser also so eine Art Über-Ich darstellt.

L G,

tschüß... Woltochinon

 

Hi Woltochinon,

schön, daß Du Dich der Sache annimmst :-).

Das "Warum" ist wichtig, weil es eben den Weg dazu ebnet, was der Autor vom Schreiben erwartet und entsprechend auch die qualitativen Kriterien festlegt.

Das heißt also:
Jeder Leser oder eine Gruppe von Lesern mit gleichem Interesse erwartet etwas von einer Geschichte und die Erwartungen sind unterschiedlich.

Und die Schreibenden hatte ich eben schon mal versucht, auseinanderzudefinieren (siehe Link).

Da aber alles subjektiv ist, kann man nicht sagen, was ein kreativer/ausgefallener Charakter ist. Für die meisten wohl jemand, der sowohl Parallelen mit dem Leser (zur Identifikation) aber auch bedeutende Unterschiede aufweist.
Insofern hängt es vom Leser ab. Also für die einen ist schon ein Typ interessant, der den ganzen Tag in der Fußgängerzone nach Zigarettenstummeln sucht, für andere ein Abenteurer im Wilden Westen.
Für subtilere ist der Mensch äußerlich egal, hier interessieren dann seine Gedanken und Ansichten z.B. jemand, der versucht anhand der Art, wie jemand die Schnürsenkel bindet auf dessen Fähigkeiten beim Sex zu schließen.

Also mit dem WARUM meinte ich nicht den generellen Entschluß, daß man schreibt, sondern eben warum und damit eng verknüpft auch auch das Worüber und natürlich Für Wen.

Insofern habe ich die Frage, ob sich die Festlegung der inhaltlichen Qualität nach dem Leser richtet, schon beantwortet.
Es kommt nämlich drauf an, welcher "Fraktion" er zuzuordnen ist.

Alle, die etwas erzählen wollen oder etwas aufarbeiten wollen, die werden die Ansprüche nicht so hoch schrauben, wie andere, die dem Leser etwas mitgeben wollen.

Insofern richtet sich also die Qualität wieder nach dem "Warum" bzw. der Intention des Autoren.
Ein Autor, der mit seinem Schreiben neben der Unterhaltung noch einen anderen Zweck verfolgt, wird sich also eher sekundär Gedanken über die Ausgefallenheit von Charakteren machen, sondern hauptsächlich das Ziel seiner Arbeit festlegen und darauf hinarbeiten.

Und zumindest ich versuche, daß dies dann auch noch interessant zu lesen ist, damit möglichst viele Leute bis zum Ende kommen.

Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, daß ich einen Zielleser bzw. eine Zielleserschaft im Auge habe und auf deren Interesse die Geschichte zuschneide, um das zu transportieren, was ich transportieren will.
Darum ist mir hier das Feedback wichtig, was und wieviel beim Leser ankam.

Damit sind wir bei einem anderen Posting, was sich damit auseinandersetzt, was ich mir von einer Kritik erwarte, aber das ist wohl dann doch ein anderes Thema.

Kurzes Fazit:
Die Qualitätskriterien hängen davon ab, was ich mit meinem Schreiben erreichen will und wen ich erreichen will. Das ist individuell.
Es gibt generelle Kriterien für den Aufbau von Kurzgeschichten, aber bei der Qualität kann man ewig diskutieren.

tschüß
mac

 

Hallo Mac,
ja, über Qualität in der Literatur kann man sich genauso gut streiten wie über den Geschmack beim Essen. Entscheidend ist wirklich, was der Autor erreichen und was der Leser erfahren will, also wo man den Bezugsrahmen für Qualität steckt. Das sieht man auch in den beiden Reihen, in denen zwei sehr unterschiedliche Verlage die großen Bücher des 20. Jahrhunderts für schlappe 5 € neu auflegen. Die eine gilt als "hohe Literatur", ich bevorzuge das, was lesbar ist.
Du bringst mich dazu, darüber nachzudenken, warum ich selber schreibe. Gut Frage! Danke!

 

Hallo macsoja,

„Es gibt generelle Kriterien für den Aufbau von Kurzgeschichten, aber bei der Qualität kann man ewig diskutieren.“


Ach - über ‚Was ist eine Kurzgeschichte?’ oder ‚Wie ausgeschmückt darf eine Satzkonstruktion sein?’, lässt sich auch „ewig diskutieren“.

Bei der Qualität gibt es doch objektive Kriterien, z.B. den Anspruch der allgemeinen Logik oder der Logik innerhalb der fiktiven Welt der Geschichte. Man kann zwar nicht sagen, welche Aussagen Qualität bringen (das ist subjektiv) aber feststellen, dass das Kriterium ‚Aussage’ der Qualität dient (usw.).

Trotzdem - da stimme ich dir zu, das subjektive Element ist immer gegeben:

“Jeder Leser oder eine Gruppe von Lesern mit gleichem Interesse erwartet etwas von einer Geschichte und die Erwartungen sind unterschiedlich.“

Mir ist aber wichtig, ganz allgemein gesprochen, dass man sich nicht auf das ‚alles ist subjektiv’ wie auf eine Ausrede zurückzieht (oft hört man auch ‚alles ist relativ’), sondern ein - durchaus allgemeines - Gerüst aus Qualitätsstreben definiert, aus dem man dann individuell wählt, bzw. mit dessen Hilfe man einen Text auf grundlegende Qualität prüft. Deine Beispiele in Bezug auf Charaktere und

„Ein Autor, der mit seinem Schreiben neben der Unterhaltung noch einen anderen Zweck verfolgt, wird sich also eher sekundär Gedanken über die Ausgefallenheit von Charakteren machen, sondern hauptsächlich das Ziel seiner Arbeit festlegen und darauf hinarbeiten“

weisen in diese Richtung: Wenn ich mir bewusst mache, welche Möglichkeiten der Gestaltung es gibt, werde ich (mehr oder weniger gekonnt) aus ihnen auswählen und so meine Qualität steigern. Das war ja einer meiner Kritikpunkte im Eingangstext, dass bei der Thematik oft keine Variabilität besteht, was zu Langeweile führt.

Danke, dass du noch einmal vorbeigeschaut hast,

tschüß... Woltochinon

 

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