Tach auch!
Nu geb ich auch mal meinen Senf dazu. Falls ich bereits Gesagtes wiederhole, weil ich zu unaufmerksam gelesen habe: Entschuldigung. Und noch eine Entschuldigung, falls ich neben Metaphern auch noch auf ein paar andere Dinge eingehe. Aber ich hoffe, daß ich was Konstruktives beitragen kann. Also los:
Bei allem, was ich so gelesen (und geschrieben) habe, ist mir immer wieder eine Sache aufgefallen: Vielen Autoren fällt es unglaublich schwer treffend zu schreiben. Da werden Sätze unnötig aufgebläht, mit Relativsätzen zugehangen und mit holpernden Metaphern vollgestopft – und am Ende hat man so viel gelesen, daß die Wirkung der Wörter schon wieder verpufft ist.
Das Problem sind nicht einmal abgegriffene Metaphern wie: „kalt wie Eis“, sondern die Art und Weise, wie diese in den Text eingeflochten werden. Ein aus dem Ärmel geschütteltes Beispiel:
„Seine Hand, die wie eine stählerne Klaue auf ihrer Schulter lag, war kalt und schwer.“
An der stählernen Klaue ist erst einmal nichts Falsches. Hier wird deutlich, wie die Protagonistin empfindet. Trotzdem holpert das Ganze. Als treffender würde ich es empfinden, könnte man diese Metapher in ein einziges Verb packen:
„Kalt lastete seine Hand auf ihrer Schulter.“
Das gefällt mir zumindest wesentlich besser. Der Satz ist kürzer, liest sich flüssiger, und die Empfindungen werden auch noch transportiert: treffender.
Wer also denkt, daß seine Metapher hinkt, sollte versuchen, sie durch eine entsprechende Verb-Adverb-Combo zu ersetzen. Wie in:
„Die Kreuze am Wegesrand ragen schief und müde aus dem Rasen.“
Das ist von Erich Maria Remarque und wunderschön. Die Kreuze ragen schief und müde – damit ist alles gesagt. Dennoch glaube ich, wären viele Schreiberlinge versucht, noch einen Wie-Irgendwas-Satz dranzuhängen (mich eingeschlossen). „… ragen schief und müde aus dem Rasen, wie stumme Zeugen vergangener Greuel.“ „… ragen schief und müde aus dem Rasen, wie die dürren, knochigen Hände der Toten.“ Und so weiter … Dabei muß das doch gar nicht sein. Schief und müde – das weckt so viele Assoziationen. Wer braucht da noch die stummen Zeugen? Ein guter Schriftsteller ist, wer seine Stimmungen und Bilder dem Leser vermitteln kann, und nicht, wer möglichst lange Sätze baut, in denen immer wieder das Selbe gesagt wird. Treffender …
Dazu paßt ein Zitat aus dem Bestseller „Die Bruderschaft der Runen“ von Michael Peinkofer – ein nettes, aber belangloses Machwerk, wie man schon am Titel erkennen kann.
„Der Himmel war düster und matt wie stumpfes Eisen, das jeden Glanz verloren hat. Die wenigen Fetzen von Blau, die den Tag über zu sehen gewesen waren, hatten sich hinter dichten Wolkenschleiern verborgen, die nun die Senke von Bannockburn mit tristem Grau überzogen.“
Nett? Ja. Treffend? Nö. Warum?
Erstens: „Der Himmel war düster und matt wie stumpfes Eisen, das jeden Glanz verloren hat.“ Stumpfes, mattes Eisen hätte an dieser Stelle gereicht. Was stumpf und matt ist, hat nun einmal jeden Glanz verloren. Das muß man nicht extra erwähnen – es sei denn, man will seinen Text unnötig aufblähen. Wäre nicht eine Verb-Adverb-Combo schöner gewesen: „Der Himmel lastete stumpf und matt auf dem Land.“
Zweitens: „Die wenigen Fetzen von Blau, die den Tag über zu sehen gewesen waren, hatten sich hinter dichten Wolkenschleiern verborgen …“ Die Fetzen von Blau sind nicht mehr zu sehen. Warum werden sie dann erwähnt? Der Autor versucht doch anscheinend, das Bild einer tristen Landschaft zu evozieren; warum schweift er dann ab in Farbtöne, die nicht in dieses Bild passen, und zudem ohne Belang sind?
Um wieviel treffender ist da folgende Landschaftsbeschreibung (diesmal wieder von Remarque):
„Niemand kann genau sagen, wann es beginnt: aber plötzlich verändern sich die sanft gerundeten Linien am Horizon; das Rot und Braun, die leuchtenden, glühenden Farben der Blätter des Waldes nehmen unversehens eine eigenartige Tönung an, die Felder verwelken und verblassen zu Ockertönen, etwas Merkwürdiges, Stilles, Bleiches ist in der Landschaft, und man kann es nicht recht erklären.“
Da sitzt aber auch Alles. Hier sieht man nu wirklich eine in goldenes Licht getauchte Herbstlandschaft vor sich – ganz ohne Wie-Metapher.
„Von den Höhen kommt ein grauer, bleierner Wind herab und verschmilzt mit dem Glühen des Herbstes, seinem hellen Feuer und goldenen Licht.“
Stimmungswechsel. Wieder ohne Wie-Metapher. Natürlich hätte man auch schreiben können:
„Der Wind, der von den Hügeln herabkommt, ist wie ein grauer, bleierner Umhang, der sich nun über das herbstliche Land legt, welches zuvor noch glühte, wie ein helles Feuer.“
Welche Version treffender ist, sollte auf der Hand liegen.
Ich finde es schwer, eine auf alle Situationen zutreffende Regel zu formulieren, dennoch würde ich, so weit dies möglich ist, mit „wie“ eingeleitete Metaphern umschiffen. Ein starkes Verb sagt mehr als drei Vergleiche.
So, Dr. Dummschwätz hat fertig.
Bis denne!