Was ist neu

Scheiß auf Recherche - Dichterische Freiheit ist Trumpf.

Hömma, wenn du schon da warst, da schick ich dir heute oder morgen mal kurz ´ne PM - hätte da mal ´ne Frage wegen der Latrinen, hehe.
Also, ob ich noch etwas über die Latrinen wüsste! :schiel:

 

Also ich finde es wichtig, wenn man sich genügend Hintergrundinformationen zu dem beschafft, über das man schreiben möchte. Dann erspart man sich selbst das Herumeiern um die eigene Unwissenheit und dem Leser ein unverständiges Kopfschütteln. Abgesehen davon gehört es für mich dazu, um meinen eigenen Text ernst nehmen zu können. Dazu gehörte dann neulich zum Beispiel auch mal eine Übersetzung einer Grabinschrift ins Tschechische. Ich denke, in Zeiten des Internet ist es nicht besonders schwierig, an Informationen zu gelangen und die eigene Geschichte sollte einem das schon wert sein. Erst recht, wenn man von seinen Lesern ernst genommen werden will.

 

Ich denke, in Zeiten des Internet ist es nicht besonders schwierig, an Informationen zu gelangen.

That's it.

Es ist einfach nicht schwer, sich Informationen zu beschaffen - und abgesehen davon bekommt man durch die Recherche zumeist einen Einblick in das Thema, welcher einen die eigenen kreativen Gedanken in ganz neue Richtungen lenken lässt. Man selbst gewinnt Sicherheit, wenn man weiß, worauf man seine Phantasie aufbaut, deshalb ist Recherche zumeist vernünftig.

 

Felsenkatze schrieb:
weil ich nicht durch einen gut recherchierten Hintergrund von dem ablenken will, worüber ich schreibe,
Ich denke, diese Gefahr besteht nur, wenn man alles was man recherchiert hat oder weiß, dem Leser unbedingt aufs Auge drücken will. Man sollte den Leser natürlich nicht mit Tatsachen erschlagen, sondern sie nur dort einbauen, wo die Geschichte sie verlangt. Das restliche wissen hilft einem aber sehr wohl auch, nämlich dabei, ein Gefühl für die Gegend, die Zeit, das Ereignis, über das man schreibt, zu entwickeln, ohne das diese Informationen wirklich in den Text einfließen, sehr wohl aber in die "Stimmung" des Textes, wenn ihr versteht , was ich meine. Wenn ich eine Geschichte über ein Thema schreibe, von dem ich keine Ahnung habe, bleibt das Ergebnis irgendwie hohl, ich denke, dass man das als Leser merkt. Genauso ist es mit Figuren. Wenn ich alles über sie weiß, auch Dinge, die keinen Bezug zur Geschichte haben, wirken sie wie echte Menschen und nicht wie leblose, uninteressante Abziehbilder.

Übrigens finde ich, dass es einen keineswegs von "Recherche" entbindet, wenn man seine Geschichten in einer erfunden Welt spielen lässt. Erstens wird wohl auch der Autor einer Fantasygeschichte nicht alles vom Brotmesser bis zur Burgmauer neu erfinden, und zweitens muss man gerade bei einer erfundenen Welt darauf achten, dass die Dinge, die man erfindet, auch zusammenpassen, sich nciht widersprechen und eben nicht erfunden wirken, sondern den Anschein erwecken, diese Welt wäre so selbstverständlich wie die Echte. Alles andere würde erst recht von Inhalt, Message, Gefühl der Geschichte ablenken, wie Felsy geschrieben hat.

 

Ich bin auch ein Verfechter der Recherche, wobei ich denke, dass unterschiedliche Texte unterschiedlich starke Recherche benötigen. Will ich einen Text über :schaf:e schreiben, dann sollte ich wissen, dass die Tierchen der Gattung Säugetier angehören, vier Beine haben, zu den Paarhufern gehören, Vegetarier sind, nah verwandt mit Ziegen und vom Menschen schon seit einigen tausend Jahren domestiziert werden, und zwar sowohl zur Wollgewinnung, für Milch und daraus herstellbaren Käse und natürlich auch wegen des Fleisches.

Das meiste davon weiß Otto-Normalmensch schon, weswegen der Autor diese Informationen nicht explizit im Textunterbringen muss. Er muss es aber wissen, um zu vermeiden, dass er plötzlich von Federn spricht, den Schafen Hände verleiht oder sie Regenwürmer fressen lässt.

Ich rege mich regelmäßig auf, wenn ich Büchern oder Filmen schlampig recherchiert wird, und das Argument "Das merkt doch eh keiner" lasse ich nicht gelten, denn ich habe es ja schließlich gemerkt. Und so besonders, dass ich damit die einzige bin, dürfte ich nicht sein.

Ich erwarte nicht, dass jemand, der in seiner Geschichte kurz einen Vogel durchs Bild fliegen lässt, Ornithologe ist, aber ich erwarte, dass er weiß, dass Vögel fliegen können (und auch, dass er weiß, welche es nicht können, zumindest, wenn sie in seiner Geschichte vorkommen).

In einer Fantasygeschichte erwarte ich Stringenz. Wenn es Magie gibt, so muss diese in sich schlüssig sein und immer den gleichen Regeln folgen, sonst wirkt sie willkürlich und nicht überzeugend. Der Autor kann das zwar nicht im eigentlichen Sinne recherchieren, aber er hat vermutlich selber schon einige Fantasygeschichten gelesen und kennt die Grundlagen. In einer Fantasygeschichte darf selbstverständlich ein Handy vorkommen - aber es muss gut begründet sein, sonst wirkt es wie ein Anachronismus (auch wenn das nicht ganz das richtige Wort ist).

Wenn ich eine Geschichte schreibe, die in einem altersheim spielt, reicht es nicht, die allgemeingültigen Klischees zu kennen, denn dann wird meine Geschichte nur ein weiteres Klischee. Ich muss hingehen und es mir ansehen, am besten mehrere, und ich muss mich sowohl mit Personal als auch mit Bewohnern und angehörigen unterhalten.

Wenn Frank Schätzing in seinem Roman "Der Schwarm" eine Szene in Kiel einbaut, freue ich mich, weil ich den Ort gut kenne. Beschreibt er dann aber eine vierspurige Straße auf dem Ostufer direkt am Wasser, die es nicht gibt, dann ärgere ich mich - und frage mich im Extremfall, ob der Rest des Buches vielleicht auch so schlampig recherchiert wurde. Kann ich dem Autor trauen in dem, was er über Kanada schreibt? Zufällig ja, weil ich an den gleichen Orten war. Kann ich ihm trauen in dem, was er über die Kontinentalhänge schreibt? Ich hoffe es, leider habe ich davon keine Ahnung.

Worauf es mir ankommt, ist Glaubwürdigkeit und Plausibilität. Dante hat nicht ganz unrecht, wenn er sagt, man darf sich nicht erwischen lassen, aber das ist eben viel schwieriger, als mal eben ein paar Stunden oder Tage mit vernünftiger Recherche zu verbringen. Denn irgendwer weiß immer Bescheid und legt den Finger auf die Wunde.

Und damit ich keinen Blödsinn schreibe, werde ich demnächst eines der Kieler Forschungsschiffe näher begutachten, Fotos machen und viele, viele Fragen stellen. :)

 

Chaos, ich möchte Dir von ganzem Herzen zustimmen!
Außerdem wird uns doch die Recherche so leicht gemacht wie nie zuvor in der Geschichte: Nicht nur, dass wir Google und Wikipedia zur Verfügung haben, wir haben auch noch KG.de. Hier gibt es den schönen Thread "Was ich schon immer mal wissen wollte ...", wo man all die Fragen an (hoffentlich) Experten weitergeben kann.

 

Hi all,

die meisten hier scheinen in dieser Frage ohnehin einer Meinung zu sein. Hier ist meine Version: Neues zu erfahren ist einer der Gründe, Geschichten zu lesen. Wenn ich das Gefühl habe, da schreibt jemand von Dingen, von denen er (oder sie) nichts versteht, höre ich sofort auf zu lesen.

Man muss kein Experte sein, um über Quantenphysik oder die Neandertaler zu schreiben, aber man muss sich schon mit den Themen beschäftigen. Kluge Beispiele, wie man mit Alltagswissen auch die schwierigsten Fragen angeht, sind die Dialoge in den Werken Platons.

Noch schlimmer als Texte von Ignoranten sind - finde ich - Texte von Klugscheißern, die zu viel "Wissen" hineinpacken.

meint der gelehrte

Fritz

 

Ich informiere mich momentan verstärkt über typisch amerikanische Vorstädte... ist ja glücklicherweise eine ziemlich häufig in Filmen etc eingesezte Location.
Normalerweise mag ich es ja nicht, Geschichten in den USA spielen zu lassen, aber bei meiner nächsten Story lässt sich das leider nicht vermeiden... :D

Ich denke auch, dass Recherche recht wichtig ist... entweder man schreibt über etwas, mit dem man sich auskennt, oder man lässt es bleiben...

 

sim schrieb:
ich empfinde mangelnde Recherche immer als ein Stück Faulheit. Natürlich kommt es auf Fantasie an, wenn ich aber eine realistische Geschichte schreiben will, noch dazu über ein gesellschaftliches Thema und eine gesellschaftliche Organisation, müssen doch auch die Rahmenbedingungen stimmen.
Manche wissen nicht einmal, worüber sie eigentlich schreiben, aber erwarten, daß man sie ernst nimmt. Da ärgert es mich hinterher, daß ich meine Zeit damit vertan habe.

Berg schrieb:
Wenn ich das Gefühl habe, da schreibt jemand von Dingen, von denen er (oder sie) nichts versteht, höre ich sofort auf zu lesen.
Das würd ich gern können! Andererseits sollte man dem Autor das natürlich auch sagen, sonst entsteht der Eindruck, es sei alles gut so, und dann wird er auch die nächsten Geschichten keine Zeit für Recherche aufwenden, weil das Blaue vom Himmel viel leichter zu schreiben ist, und ein paar Leser gibt es ja immer, die trotzdem loben.

 

Ja, und ein paar Leser auch, die selbst nicht recherchiert haben und trotzdem mosern, nicht wahr, Häferl? ;)
Was soll das, Sirius? Fällt dir wirklich nichts Sinnvolleres ein, als immer wieder auf mir herumzuhacken? Dann bist du sehr arm und tust mir leid - ich hielt dich für intelligenter.

 

Was soll das, Sirius? Fällt dir wirklich nichts Sinnvolleres ein, als immer wieder auf mir herumzuhacken? Dann bist du sehr arm und tust mir leid - ich hielt dich für intelligenter.
Das, Häferl,

hat mit meiner (oder deiner) Intelligenz nichts zu tun. Ich habe damit lediglich sagen wollen, dass auch die Kritiker eine Verpflichtung haben zu recherchieren, bevor sie einem Autor eine Ungenauigkeit vorwerfen. Und weil du, Häferl, genau das unlängst getan hast, war mir dein Beitrag als Beispiel gerade willkommen. :D

Aber wenn dich Solches, anders als z.B. Cruzha, stört, nehme ich es zurück und sage allgemein: Eine Recherche ist für einen Autor unabdingbar, für einen Kritiker nur dann, wenn er meint, eine Ungenauigkeit entdeckt zu haben. Dann ist es nur fair, wenn der Kritiker sich der Sache vergewissert, um nicht einfach etwas in Frage zu stellen, ohne es wirklich besser zu wissen.

Sirius

 

dass auch die Kritiker eine Verpflichtung haben zu recherchieren, bevor sie einem Autor eine Ungenauigkeit vorwerfen. Und weil du, Häferl, genau das unlängst getan hast, war mir dein Beitrag als Beispiel gerade willkommen. :D
Ich weiß nicht, was du daran auszusetzen hast, daß ich meistens recherchiere, bevor ich etwas kritisiere.

Und selbst, wenn ich einmal einen Fehler mache: Keine Fehler macht nur, wer nichts tut.
Aber ich kann mir natürlich denken, daß du auf die tolle Geschichte "Handwerkerhimmel" anspielst - tatsächlich war sie mir die Energie nicht wert, deutsche Wasserrohre zu studieren. Jedoch ging meine Recherche soweit, daß ich feststellen konnte, daß es tatsächlich Unterschiede zwischen der DIN und der ÖNORM gibt (daher auch in den Rohren und anzunehmenderweise in deren Haltbarkeit), und deshalb ging ich auf dieses Thema nicht weiter ein.

 

hallo miteinander,
manche geschichten müssen vielleicht weniger recherchiert werden, als genau durchdacht werden. ich denke da an abstrakte geschichten oder fantasy/ sf-geschichten. da kann man bis zu einem gewissen grad doch eine eigene welt aufbauen, deren regeln man selber bestimmen kann. allerdings empfinde ich das genaue durchdenken als ähnlich anstrengend wie das genaue recherchieren. hilft bei faulheit also nicht. :-)
bei anderen kategorien, wie z.b. "gesellschaft" sollte schon genau recherchiert werden. mir stößt es übel auf, wenn sensible themen zur schlichten unterhaltung herangezogen werden. (aufm letzten poe-slam in hamburg molotov eine story über den briefwechsel einer neunjährigen prostituierten in indien mit einem deutschen mann. die autorin strahlte nach dem vortrag wie ein honigkuchenpferd, anscheinend auf begeisterung gefasst.)
kubus

 

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