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Warum fast immer englisch/amerikanisch sprachige Namen und Orte?

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Ich kann mich hier im Prinzip nur dem anschließen, was schon von den meisten hier formuliert worden ist. Im Allgemeinen zuckt mein Mauszeiger ein bisschen, bevor ich englischsprachige Titel anklicke - weil ich mich immer frage, ob der wirklich nötig war. Wenn ich dann die Geschichte lese und feststelle, der Titel wäre auf Deutsch genauso gut zur Geltung gekommen, entfährt mir auch schon mal ein gedankliches Kopfschütteln. Wenn ich das Gefühl kriege, der Schreiberling fühlt sich mit einem englischen Titel einfach grundlos "cool" oder hat mit seinem Text das schriftliche Äquivalent zu irgendwelchem Plastik-Pop eingestellt, dann nervt mich das schon tierisch an.

Letztlich aber gilt doch: Es gibt Dinge, die sind einfach nicht übersetzbar. Das haben andere hier schon gut angeführt. In solchen Fällen ist ein englischer Titel natürlich gerechtfertigt.

Das Problem beim Englischen ist möglicherweise, dass es einfach allgemein so verständlich ist. Warum ein Problem? Wenn ich meinen Titel in Französisch oder Spanisch oder einer exotischen Sprache wähle, weiß ich, dass ich nicht von allen Lesern erwarten kann, dass sie das verstehen. Ich bin also gezwungen, mehr zu reflektieren, warum ich den Titel unbedingt in dieser Sprache haben will und wie er lauten soll. Zumindest ist das mein Denkprozess, wenn ich - was ja durchaus schon vorgekommen ist *hüstel* - eine meiner Geschichten zum Beispiel Spanisch betitle. Dann ist für einen selbst auch klarer, dass der Titel spätestens durch den Text in irgendeiner Art und Weise erklärt und gerechtfertigt wird. Also Beispiel: Ich stelle eine Geschichte mit dem Titel "Ama Sua, Ama Llulla, Ama Quella" ein. Kaum jemand wird damit was anfangen können, das muss mir selbst vorher auch bewusst sein. Also sollte in der Geschichte raus kommen, dass es sich bei dem mysteriösen Titel um die Inka-Sprache Quechua handelt und der Satz die drei Grundprinzipien des Inka-Reichs (Nicht Lügen, Nicht Stehlen, Nicht Faul Sein) beinhaltet. Idealerweise sollte das auch noch mit der Geschichte zu tun haben. Wenn die Geschichte allerdings nicht irgendwo im Andenraum spielt, sondern in den engen Gassen der venezianischen Vorstadt, muss ich mir zu Recht die Frage gefallen lassen, warum ich diesen exotischen Titel gewählt habe. Genauso, wie wenn die Geschichte "Don't Lie, Don't Steal, Don't Be Lazy" heißen würde.

Worauf will ich mit dem Inka-Quark eigentlich wieder hinaus?
Alle verstehen Englisch, also kann ich einen englischen Titel ähnlich wie einen deutschen einfach hinschreiben und mich freuen, dass er irgendwie cooler klingt wie ein Song (bewusst gewählte Vokabel), der die Charts stürmen könnte und trotzdem alle wissen, was der Titel meint.
Nicht alle verstehen Spanisch, Hindi oder diverse afrikanische Dialekte, deswegen kann ich hier den Titel noch gezielter zum Aufmerksamkeit erregen benutzen ("Kamisaraki, was is'n das?"). Ich stell hier einfach mal die These auf, dass fremdsprachige Titel, die nicht auf Englisch sind, öfter als englische Titel vom Autoren gut reflektiert und auf die Geschichte bezogen sind, weil sie öfter weniger breit verständlich sind und der Autor deshalb vielleicht nicht so leicht der Versuchung erliegt, sie zu verwenden, wie bei englischen Titeln.

Umgekehrt ist natürlich auch wahr, dass vermutlich mehr Autoren Englisch beherrschen als irgendwelche weiter entfernten Fremdsprachen. Und manche von denen, die unreflektiert englische Titel verwenden - solche, die auch ohne Weiteres Deutsch hätten sein können -, schauen vielleicht auch weniger gerne über ihren Tellerrand hinaus. Ich weiß es nicht.

Kurz und gut, fremdsprachliche Titel ja, wenn sie ihre Berechtigung haben - was nur irgendwie deutlich werden sollte. Und da schließe ich auch Englisch nicht aus.


P.S. Mir fällt gerade ein, ich wurde in Peru mal gefragt, ob wir denn in Deutschland Spanisch oder Englisch reden :)

 

Hach ja, das leidige Thema Anglizismen. Ich liebe es. *fg* Im Wesentlichen bin ich der Meinung, dass man so viel wie möglich in der Sprache ausdrücken sollte, die der Zielgruppe eines Produkts am geläufigsten ist - hier also Deutsch. Auf der anderen Seite halte ich es nicht für verwerflich, allein des Klangs wegen von dieser Regel abzuweichen. Ich sitze momentan an einer Geschichte, die ich "Avoiding Vienna" nennen werde - einerseits, weil es den Inhalt wiedergibt, aber andererseits auch, weil ich die Form (das A und beide Vs) optisch und klanglich ansprechend finde.

Mario

 
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Eine Untersuchung von englischsprachiger Werbung im deutschen Fernsehen hat gezeigt, dass ein Großteil der Zuschauer damit nichts anfangen konnte. Wer seine Geschichten verkaufen will, sollte ans Zielpublikum denken.

Bezüglich des eigentlichen Themas: Wem deutsche Orte und Namen zu bieder klingen -- mir geht das auch so --, der kann auch ins europäische Ausland abwandern. Eine Horrorstory passt sicher gut in die Bretagne, ins schottische Hochland, oder vielleicht nach Israel. Es müssen nicht immer die Vereinigten Staaten sein.

Ähnlich ist es mit den Namen: Nimmt man einen internationale Figur mit hinein, klingen deutsche Figuren und Orten schon nicht mehr ganz so provinziell, finde ich.

 

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