Was ist neu

Was habt ihr gegen Adjektive?

Hallo Zusammen

Ich habe jetzt nicht alle Komments gelesen. Ich möchte folgendes sagen: Ja zu Adjektiven!

Man sollte weder einzelne Wörter noch Wortkombinationen in Bausch und Bogen verdammen. So hat 'die dunkle Nacht' durchaus ihre Daseinsberechtigung, weil das eben eine schönere Stimmung erzeugt, als nur 'die Nacht'. Mit anderen Worten: man sollte Adjektive nicht nur auf ihren Informationsgehalt reduzieren.

Außerdem finde ich es durchaus legal Adjektive zu Abkürzen zu benutzen. Z. B. ein großartiger Job. Ohne das Adjektiv müsste ich alle Vorzüge des Jobs aufzählen und das wäre stinklangweilig.

Ich würde sagen, es muss die Kunst des Autors sein die Adjektive so zu streuen, dass es passt. Ein Rezept gibt es mMn schlicht und ergreifend nicht.


@relysium: Wow ein echter Verleger unter uns.

Zu deinem Problem: Warum Einschränkungen machen? Veröffentlichen denn andere (größere) Verlage nicht auch sowohl trivial als auch höherwertige Literatur?

Ob man nur mit vielen Adjektiven viel verkauft finde ich eh zweifelhaft, da Steven King kaum Adjektive verwendet und so ziemlich die meisten Bücher überhaupt verkauft.

Ich würde die Finger davon lassen nur Bücher mit hochintellektuellem Anspruch zu verkaufen, deren Inhalt nur schwer verständlich ist.

Grüße
Texter

 

Stephen King verwendet wenig Adjektive, aber er wiederholt sich bis zur Vergasung und spart auch nicht mit Vorgriffen auf das, was gleich passieren wird.

Wir geraten off-topic im Sinne des Titels, aber das ist eventuell nicht falsch, denn das Thema Adjektive sehe ich als ziemlich abgegrast an, und die neu angeschnittene Torte "Trivialiteratur vs. Literatur" ist doch recht spannend.

Noch bin ich von meiner eigenen Theorie nicht recht überzeugt und da sie mich beunruhigt, würde ich sie gerne widerlegt sehen. Also die Frage auf den Punkt gebracht: Wenn man Füllwörter reduziert und den Text minimalisiert, ist das schädlich oder nicht?

Maria lächelte noch einmal besonders freundlich und ging mit beschwingten Schritten hinaus. Ihr hübsches Sommerkleid mit den frechen Punkten wippte dabei um ihre schlanken Beine. Thorsten sah ihr fasziniert nach. Hoffentlich ergab sich eine Gelegenheit, sie bald wiederzusehen!

Wenn ich das lektorieren oder selber schreiben würde, käme dieser Text dabei heraus:

Maria lächelte noch einmal und ging hinaus. Dabei wippte ihr gepunktetes Sommerkleid um diese unbeschreiblich tollen Beine. Thorsten blickte ihr lange hinterher. - Wie konnte er sie wiedersehen?

Ich kann das auch haarklein begründen:
- besonders freundlich
Ein Lächeln ist immer freundlich. Ein "besonders freundliches" Lächeln erwarte ich von jemandem, dessen Lächeln bemüht / unecht ist. Ich unterstelle mal, daß das im Kontext nicht so gemeint ist.

- mit beschwingten Schritten
Damit kann ich wenig anfangen, bzw. beschwingte Schritte hat jemand, der gerade übertrieben gute Laune hat, weil er im Lotto gewonnen oder die wahre Liebe gfeunden hat. Ich glaube nicht, daß das hier der Fall war.

- hübsches Sommerkleid
Ein subjektives Adjektiv. Wie wir gelernt haben, darf man sowas ja verwenden, wenn es paßt. Aber hier paßt es nicht. "Hübsch" sagen Mütter und Tanten (die Zielgruppe des Romans ... verflucht!).
- mit den frechen Punkten
Dito wie oben. Weder ich (als Leser), noch Thorsten, noch Maria würden Punkte mit dem Attribut "frech" assoziieren. Aber möglicherweise die Zielgruppe, die wahrscheinlich auf latente Sexualität steht. Also alles im biederen Rahmen.

- ihre schlanken Beine.
Subjektives Adjektiv. In diesem Falle legitim für die Perspektive Thorstens, Männer gucken auf Beine. "Schlank" ist jedoch kein Begriff, der mir je im Zusammenhang mit Beinen durch den Sinn ging. Schlank ist die ganze Person, nicht einzelne Körperteile. Beine können lang, aufsehenerregend, toll, anziehend etc. sein, aber nicht schlank.

- fasziniert
Hätte ich fast gelassen, aber dann ging mir irgendwie die Regel "Show don't Tell" durch den Kopf.

- Hoffentlich ergab sich eine Gelegenheit, sie bald wiederzusehen!
Das gefiel mir nicht so recht, weil es mir zu passiv klingt. Er will warten, bis sich was ergibt. Kann in manchen Kontexten auch passend sein, z.B. wenn Thorsten sehr schüchtern bzw. antriebsarm ist. Nur wer will Geschichten über solche Leute lesen?

r

 

Nabend,

ich möchte doch einige der Kontrahenten und Kontrahentinnen dieser Diskussion um ein wenig mehr Toleranz bitten. Letztendlich ist alles nur Meinung, Geschmack. Es ist nicht ultimativ. Keine Weltformel, also auch keine deftigen Auswüchse wert. Wie ungern würde ich mich hier intensiver hinein steigern wollen.

Heiggo

 

Maria lächelte noch einmal besonders freundlich und ging mit beschwingten Schritten hinaus. Ihr hübsches Sommerkleid mit den frechen Punkten wippte dabei um ihre schlanken Beine. Thorsten sah ihr fasziniert nach. Hoffentlich ergab sich eine Gelegenheit, sie bald wiederzusehen!

Ich hingegen würde alle Adjektive lassen und etwas umformulieren. Mein Vorschlag:

Maria lächelte noch einmal besonders freundlich. Sie drehte sich und ging mit beschwingten Schritten hinaus. Ihr hübsches Sommerkleid mit den frechen Punkten wippte um ihre schlanken Beine. Fasziniert sah Thorsten ihr nach. Hoffentlich ergab sich bald eine Gelegenheit, sie wiederzusehen!

Das "und" im ersten Satz ist sprachlich zweifelhaft, da die verbundenen Satzteile nichts miteinander zu tun haben. Außerdem fehlt das Handlungselement zwischen dem Lächeln und dem Hinausgehen. Möglich, dass der vorherstehende Text eine Antwort gibt, aber den haben wir hier nicht. Also habe ich die Handlungslücke mit dem Drehen geschlossen und dem "und" einen Sinn gegeben.

Gestrichen: "dabei", weíl überflüssig.
Umgebaut: "Fasziniert" an den Satzanfang, weil sonst zu viele SPO-Konstruktionen.
Verschoben: "bald" - Kann ich nicht richtig begründen, aber mit gefällt 's im ersten Satzteil besser.


Ein Lächeln ist immer freundlich.

Falsch. Es gibt auch besonders gemeines Lächeln.

beschwingte Schritte hat jemand, der gerade übertrieben gute Laune hat, weil er im Lotto gewonnen oder die wahre Liebe gfeunden hat. Ich glaube nicht, daß das hier der Fall war.

Es ist der Fall (oder etwas Ähnliches). Das besonders freundliche Lächeln legitimiert die beschwingten Schritte. Beides deutet an, dass auch in Maria "etwas" vorgeht.

hübsches Sommerkleid. Ein subjektives Adjektiv. Wie wir gelernt haben, darf man sowas ja verwenden, wenn es paßt. Aber hier paßt es nicht.

Es passt. Wegen freundlich und beschwingt.

noch Thorsten, noch Maria würden Punkte mit dem Attribut "frech" assoziieren

Ich schon. Passt ebenfalls wegen freundlich, beschwingt und hübsch. Das Ganze nennt sich übrigens "Klimax".

ihre schlanken Beine. Subjektives Adjektiv. In diesem Falle legitim für die Perspektive Thorstens, Männer gucken auf Beine. "Schlank" ist jedoch kein Begriff, der mir je im Zusammenhang mit Beinen durch den Sinn ging.

Mir schon. Als Gegensatz zu dicken Beinen.

Wenn ich mir relysiums Version angucke - viel von Romantik hält er nicht. Entweder bin ich zu emotional veranlagt - oder relysium zu wenig.

Klaus

 

Maria lächelte noch einmal besonders freundlich und ging mit beschwingten Schritten hinaus. Ihr hübsches Sommerkleid mit den frechen Punkten wippte dabei um ihre schlanken Beine. Thorsten sah ihr fasziniert nach. Hoffentlich ergab sich eine Gelegenheit, sie bald wiederzusehen!
Maria lächelte als sie hinausging. Sie lächelte wie nur eine Frau lächeln kann, die gerade ein paar Stunden mit ihrem Geliebten verbracht hatte. Ihr Gang war beschwingt und ihre Brüste wippten unter dem leichten Sommerkleid, Thorsten sah ihr fasziniert nach, er hoffte, sie würde bald wieder kommen.

Dion

 

Spannend finde ich die unterschiedlichen Möglichkeiten, die Aussage des Satzes darzustellen.
Natürlich werden wir auch bei einem solchen Satz auf der Suche nach dem goldenen Schnitt der Literatur nicht wirklich fündig werden. Das ist auch gut so, denn es zeigt ja auch, dass wir als Leser, wie als Autoren unterschiedliche Vorlieben haben. Das kommt der Abwechslung gut.


Persönlich würde ich mich der Satzinterpretation Sternenkratzers anschließen.

Lieben Gruß, sim

 

Hallo,

interessanter Thread mit teilweise überraschenden Aussagen!
Meiner Meinung nach stören Adjektive und Adverbien, wenn sie ohne Bedeutung sind, und Antworten auf Fragen geben, die niemand stellen würde. Oft lenken sie vom wesentlichen ab: von der geschilderten Situation.
Jemand hat Stephen Kings "On Writing" erwähnt: Er spricht sich nicht grundsätzlich gegen Adjektive aus, sondern gegen zu viele Adjektive. Wolf Schneider, der Ayatollah des deutschen Journalismus, scheint diese Wortgruppe regelrecht zu hassen.
sim verteidigt die "Angeklagten"; dabei schreibt er selbst einen guten und sauberen Stil. MM ist einer der nüchternsten Schreiber, die mir bisher auf dieser Seite begegnet sind. Deshalb hat mich seine Einstellung gewundert...
Ich persönlich stehe zu Leuten, die zu viele Adjektive verwenden, ungefähr so wie zu Leuten, die zu viel Zucker in ihren Tee tun. ;)

lg Fritz

 

Ich persönlich stehe zu Leuten, die zu viele Adjektive verwenden, ungefähr so wie zu Leuten, die zu viel Zucker in ihren Tee tun.
Das ist wieder so eine nichts sagende Aussage, wie zum Beispiel Adjektive schön oder hässlich, denn ich kenne dich nicht, DerGuteFritz, und weiß daher nicht, wie du zu den Leuten stehst, die zuviel Zucker ...

Man kann also auch ohne Adjektive Quark breit treten.

Dion

 

@Fritz: Wenn man das so formuliert, daß du zu den zu vielen Adjektiven so stehst wie zu Leuten, die DIR zuviel Zucker in den Tee tun, verstehe ich die Aussage.

r

 

Wobei der gute Fritz seine Meinung bereits vorher kund tat und der Tee/Zucker-Vergleich das nur unterstreichen sollte
Das meinte ich mit dem Quark breit treten.

Dion

 

Genau das habe ich gemeint, ja.

relysium:
Meinungen sind immer subjektiv. Das heißt nicht, dass alle Meinungen gleichwertig sind. Manche liegen näher an der Wahrheit als andere.

Dion:
Der bildhafte Vergleich war für Leute gedacht, die es nicht auf Anhieb verstehen.

Sue:
Danke, dass Du mich verteidigst, obwohl Du eigentlich anderer Meinung bist. :)

 
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DerGuteFritz schrieb:
Meinungen sind immer subjektiv. Das heißt nicht, dass alle Meinungen gleichwertig sind. Manche liegen näher an der Wahrheit als andere.
Kann mir mal bitte ein jemand sagen, seit wann eine Meinung einen linearen Entfernungsbezug zur Wahrheit hat?
Herr, lass Hirn...

FLoH.


EDIT: Kann es sein, dass Du mal eben Meinung mit Vermutung verwechselst? :shy:

 

Fritz hat recht. Manche Meinungen liegen näher an der Wahrheit als andere.
Nur warum er diese Aussage an mich addressierte, ist mir unklar.

r

 

Heyho,

relysium: Sieht so aus, als wären wir einer Meinung. Es ist natürlich schwierig, nach objektiven Kriterien zu beurteilen, ob zuviel Zucker im Tee ist. Ich glaube trotzdem, dass ein Urteil möglich ist, wenn man gewisse Aspekte (z.B. gesundheitliche, geschmackliche...) ins Auge fasst. Mit Adjektiven in Texten ist es genauso.

floh: Meinungen basieren auf mentalen Modellen, die das sind, was Wittgenstein "Bilder" nennt: Sie haben viel mit der Realität gemeinsam, sonst wären sie keine Abbilder von ihr, sie sind aber nicht dasselbe wie sie. Mit "näher" habe ich ein höheres Ausmaß an Ähnlichkeit gemeint. Verstehste?

Ich hatte eigentlich gar nicht vor, so viel in diesen Thread hineinzuquatschen. :)

Fritz

 

Da dieser Thread hier sicher der falsche Ort ist, Solches zu diskutieren, habe ich mir erlaubt, das Thema Meinung und Wahrheit in dem Thread Was ist Wahrheit? neu zu beginnen.

 

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