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Sie können uns riechen

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05.12.2001
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Sie können uns riechen

Der Tag begann damit, dass wir unsere Versorgungspakete erhielten. Pro Mann 300 Gramm Brot, 20 Gramm Butter und ein paar Kekse, von denen Schmitt behauptete, sie seien unserer Pak, was das Knacken russischer Panzer betreffe, über. Es war kalt, aber das waren wir gewohnt. Nicht, dass man sich an diese Kälte vollständig gewöhnen könnte, aber man kann sie akzeptieren. Was hätten wir auch sonst machen sollen?
„Das ist typisch“, sagte Dressel. „Erst kürzen sie uns den Sprit und jetzt das Essen.“
„Dass du aber auch immer so pessimistisch sein musst“, sagte Schmitt. Er hatte seinen Helm abgesetzt – was laut Tagesbefehl verboten war – und schlug einen der Kekse auf einen Stein. Es gab ein seltsames Geräusch, aber der Keks zerbrach nicht. Schmitt grinste. „Wir sollten unsere Patronen wegwerfen und damit schießen. Kekse auf Eng-e-land!“
„Halt die Klappe“, sagte Ludwig und ich konnte sehen, dass er sich ein Lächeln verkneifen musste. Es sollte zwanzig Jahre dauern, bevor mir klar wurde, warum er das tat: wer an einem solchen Ort lachen konnte, musste den Verstand verloren haben. Schmitt hatte ihn verloren. Auch das wurde mir erst später bewusst.
„Du bist auch ein Schwarzseher, Ludwig“, sagte Schmitt fröhlich. „Wir sind dreitausend Kilometer von der Heimat entfernt und was bekommen wir? Benzin? Munition? Frauen? Nein. Wir bekommen Kekse. Wenn das mal kein Grund zur Freude ist. Deutsche Kekse für deutsche Soldaten. Wir können den Krieg gar nicht verlieren.“
Es war Krüger, der verhinderte, dass Ludwig die Nerven verlor und so weit ich mich erinnern kann, war es das einzige Mal, dass Leutnant Krüger beruhigend auf eine Situation einwirkte. Er kam um die Ecke des zerbombten Hauses, das uns zur linken Flanke Deckung gab, und wenn in diesem Augenblick ein russischer Artillerist beschlossen hätte, dass das Haus noch eine Granate vertragen könnte und Krüger zusammen mit dem kümmerlichen Rest der Fassade in den kristallklaren Himmel gepustet hätte, wäre keiner von uns auf die Idee gekommen, seiner Familie einen Brief zu schreiben. Wenn es nach Schmitt ging, bestand Krügers Familie ohnehin nur aus dem Führer, auch wenn der das offenbar noch nicht so genau wusste.
„Guten Morgen“, sagte Krüger und dann, ohne unsere Antwort (die aus einem kollektiven Nicken bestand) abzuwarten: „Wenn Sie nicht sofort den Helm aufsezten, werde ich Sie melden, Schmitt.“
„Wollen Sie einen Keks, Herr Leutnant?“, fragte Schmitt, beeilte sich aber, den Helm auf den Kopf zu bekommen.
„Es ist kalt“, sagte Dressel.
„Es ist immer kalt“, meinte Ludwig.
„Ich habe gute Neuigkeiten“, sagte Krüger. „Der Führer hat einen Entsatzangriff befohlen. Die Panzerspitze von Generaloberst Hoth ist nur noch dreißig Kilometer von Stalingrad entfernt.“ Er machte eine bedeutungsvolle Pause. „Der Führer haut uns raus.“
Einen Augenblick lang lag mir der Satz „Der Führer hat uns auch reingehauen“ auf der Zunge, aber ich verbiss mir den Kommentar.
„Was liegt denn heute an, Herr Leutnant?“, fragte Schmitt. Er lehnte immer noch mit dem Rücken an einen Geröllhügel. Wie wir anderen hatte auch er gelernt, dass Stehen in Stalingrad zu den Dingen gehörte, die man nur dann tat, wenn es sich nicht vermeiden ließ. Eine andere goldene Regel lautete: Halte deine Hacken unten. Man konnte es den jungen Rekruten noch so oft einimpfen, sie kapierten es meistens erst dann, wenn einer ihrer Kameraden die Fersen abgeschossen bekam.
„Die Fabrikhalle auf elf Uhr“, sagte Krüger. Keiner von uns machte sich die Mühe, sich umzudrehen. Wir hielten diese Stellung jetzt seit knapp zwei Wochen und während dieser Zeit lernt man die Gebäude kennen, die man – vom Schlafen einmal abgesehen – zwanzig Stunden am Tag im Blickfeld hat. „Strategisch wichtig“, fügte Krüger hinzu und klang dabei wie ein Schuljunge, der ein Gedicht von Goethe auswendig gelernt hat und nicht versteht, auf welche Worte er die Betonung legen muss.
Strategisch wichtig.
Seit ein paar Monaten kämpften wir um Ruinen, die Stadt war ein einziges Trümmerfeld und dieser Idiot faselte etwas von strategisch wichtigen Punkten. Die Schlacht erinnerte mich an zwei kleine Kinder, die sich darüber stritten, wer wessen Sandburg kaputt gemacht hat.
„Jetzt sofort?“, fragte Schmitt. „Oder haben wir noch Zeit für unsere Kekse?“

Wir liefen einzeln von Haus zu Haus. Oder von Ruine zu Ruine. Etliche Jahre später habe ich meinem Enkel bei einem Videospiel zugesehen. Es hieß Space Invaders und man musste dabei kleine Raumschiffe abschießen, die von links nach rechts über den Bildschirm flogen. Es erinnerte mich an Stalingrad.
„Weisst du, worauf ich mich am meisten freue, wenn wir wieder Zuhause sind?“, fragte mich Dressel, als wir hinter einem Berg von Schutt kauerten und auf die anderen warteten. Ich schüttelte den Kopf. „Auf den Eintopf meiner Mutter“, sagte Dressel und lächelte sein schiefes Lächeln. „Sie macht den besten Eintopf der Welt.“
In Stalingrad hatten Entfernungen eine andere Bedeutung. Wir hatten uns keine fünfzig Meter von unserer ursprünglichen Stellung entfernt und dafür eine halbe Stunde gebraucht. Irgendwo hörte ich Artilleriefeuer. Vor uns lag ein ein schmaler Korridor, vielleicht zwei Meter breit, der sich zwischen den zerbombten Schuttmassen hindurch schlängelte. Es klingt verrückt, aber von diesen Korridoren gab es in Stalingrad eine Menge. Als würden die zusammenfallenden Häuser absichtlich einen Durchgang hinterlassen, in dem wir uns weiter bekämpfen konnten.
Ludwig war der nächste. Sein Atem ging stoßweise und pfeifend. Dann kam Krüger und nach ihm Schmitt. Er grinste.
Wir hielten einen Moment inne, während Krüger die Lage prüfte. Oder das tat, was man ihm auf der Offiziersschule beigebracht hatte und von dem er glaubte, es käme der Prüfung einer Lage nahe. Meistens lief es darauf hinaus, dass er uns befahl, zu einem bestimmten Punkt vorzurücken und aus sicherer Entfernung zusah und wartete, ob es irgendwo Heckenschützen gab. So hatten wir Günther und Struck verloren.
„Sehen Sie das Fahrrad, Braun?“, fragte er mich nach einer Weile und ich nickte widerwillig. Zu behaupten, dass das zerbogene Ding ein Fahrrad sei, war in etwa dasselbe, als würde man den Zweiten Weltkrieg ein unbedeutendes Scharmützel nennen. Es war schwarz, hatte weder Sattel noch Lenker und lag in der Mitte des Korridors halb unter einem Fensterrahmen begraben. Dahinter schlossen die Geröllmassen enger zueinander auf und der Durchgang wurde so schmal, dass man ihn bestenfalls im Gänsemarsch durchqueren konnte.
„In Ordnung“, sagte Krüger und atmete tief durch. „Sie rücken bis zu dem Fahrrad vor und schauen, was vor uns liegt. Bei Feindbeobachtung geben Sie ein Zeichen.“
Ich nickte wieder und packte mein Gewehr fester. Dann lief ich los.
Hello darkness my old friend. I’ve come to talk with you again.
Als dieses Lied von Simon and Garfunkel in den 60er Jahren zum ersten Mal hörte, musste ich unwillkürlich an Stalingrad denken. Und an diese kurzen Wege, die man alleine zurücklegen musste und die einem vorkamen, als würden sie eine Ewigkeit dauern. Alles wird unwichtig in diesem Moment, alles, außer der völligen Einsamkeit. Ich wusste, dass meine Kameraden keine zehn Meter hinter mir waren, aber sie hätten sich ebenso gut auf dem Mond befinden können. Man rennt und man wartet auf die Schüsse. Man hofft auf die Schüsse. Denn wissen Sie, Kugeln fliegen schneller als der Schall und wenn man einen Schuss hört, bedeutet das, dass man noch am Leben ist.
Ich warf mich vor dem verbogenen Fahrrad auf den Boden und kniff die Augen zusammen. Der Korridor beschrieb ein paar Meter weiter eine Kurve nach rechts und verlor sich dann irgendwo zwischen den Bergen aus Schutt. Ich wartete und lauschte. Nichts, außer dem Artilleriefeuer, weit entfernt.
„Das gefällt mir gar nicht“, sagte Ludwig, als die anderen aufgeschlossen hatten. „Hinter dieser Biegung könnte weiß der Teufel was stecken.“
„Dann sollten wir doch einfach mal nachschauen“, sagte Krüger. „Darf ich bitten?“
Ludwig warf mir einen kurzen Blick zu und lief dann gebückt in den schmalen Durchgang. Ich bin aus Ludwig, der vor dem Krieg Dorfschullehrer gewesen war und nachts in einer völlig zerfledderten Faust-Ausgabe las, nie richtig schlau geworden. Aber in diesem kurzen Moment, als sich unsere Augen trafen, wusste ich, was in ihm vorging. Er dachte daran, Krüger eine Kugel in den Kopf zu jagen.
Wir warteten, während Ludwig zwischen den Ruinen verschwand und als er endlich wieder auftauchte und uns signalisierte, dass wir vorrücken konnten, lächelte nicht einmal Schmitt.

Die Fabrikhalle hatte sich bemerkenswert gut gehalten. Die meisten Scheiben waren zerbrochen und die beiden oberen Stockwerke hatten unter Granateneinschlägen nachgegeben, aber ansonsten schien das Gebäude intakt. Von einem riesigen Trümmerfeld umgeben, wirkte sie wie die verzweifelt emporgestreckte Hand eines Sterbenden.
„Keine Heckenschützen?“, fragte Dressel verwundert. Wir kauerten hinter einem kleinen Hügel aus löchrigen Rohren und Pumpen und behielten den Eingang im Auge.
„Seltsam“, sagte Ludwig. „Man sollte meinen, die Russen würden das Ding besser schützen.“
„Unser Sperrfeuer hat ihnen zugesetzt“, sagte Krüger bestimmt. „Die sind abgehauen.“
„Glaub ich nicht“, sagte Ludwig. „Die lassen doch die beste Schützenposition im ganzen Umkreis nicht einfach in unsere Hände fallen.“
„Es sind eben Bolschewiken. Die rennen wie die Hasen, wenn man sie nur ordentlich unter Feuer nimmt.“
Ich sah, dass sich Ludwig zusammenreißen musste, um nicht laut zu brüllen. „Wir haben ihnen ihre ganze verdammte Stadt unter dem Arsch weggeschossen, und sie sind trotzdem nicht gerannt. Dann werden sie wegen diesen paar lächerlichen Salven nicht damit anfangen.“
Krüger kniff die Augen zusammen. „Was wollen Sie damit sagen?“
Dressel legte Ludwig eine Hand auf die Schuler, aber er schüttelte sie ab. Sein Gesicht war rot vor Zorn. „Haben Sie keine Augen im Kopf, Mann? Warum glauben Sie eigentlich, dass diese verdammte Halle noch steht? Weil unsere Artillerie keine Munition mehr hat, deshalb. Wie viele Versorgungsflugzeuge sind denn gestern gelandet? Zwei? Und was hatten sie dabei? Hergott, denken Sie doch mal nach.“
Krügers Lippen bebten. „Ich werde Sie melden“, krächzte er. „Dafür werde ich Sie melden.“
Ludwig zuckte mit den Achseln. „Tun Sie, was sie nicht lassen können.“
„Ich werde Sie melden“, wiederholte Krüger. „Ich werde Sie melden, wegen ...“, er suchte nach dem richtigen Wort, „wegen Wehrkraftzersetzung.“
Ich musste lachen. Konnte gar nicht anders.
Ludwig seufzte. Dann schoss seine rechte Hand plötzlich vor und packte Krüger am Kinn. Es dauerte keine Sekunde, dann befand sich Ludwigs Messer am Hals des Leutnants. „Jetzt hören Sie mal zu, Sie verdammter Esel. Irgendwas stimmt hier nicht. Die Fabrik ist viel zu ruhig und ich sehe keine einzige Wache. Bevor wir da reingehen, sollten wir wissen, was da los ist. Geht das in Ihren beschissenen Schädel, oder muss ich es reinprügeln?“
„Lassen Sie mich los“, zischte Krüger, aber seine Augen waren weit aufgerissen und auf seiner Stirn standen trotz der eisigen Kälte Schweissperlen.
„Ludwig, vielleicht solltest du ...“, begann Schmitt.
„Halt die Klappe!“
„Sie sollen mich loslassen.“
„Wir kriegen jede Menge Ärger, wenn ...“, sagte Dressel.
„Schnauze!“, brüllte Ludwig. Ich drehte mich hastig zu den Fenstern der Halle um – wenn es irgendwo Heckenschützen gab, dann hätten wir auch genauso gut vor ihnen rumhüpfen und uns Zielscheiben auf die Stirn malen können. Aber hinter den zersprungenen Scheiben rührte sich nichts.
„Ich will wissen, ob er das kapiert hat“, sagte Ludwig. Seine Stimme klang wieder völlig ruhig und beherrscht, aber das Messer an Krügers Hals zitterte leicht. „Er schickt uns alle in den Tod und er sollte verdammt noch mal wissen, warum er das tut.“
„Bitte“, sagte Krüger leise, fast schluchzend. „Bitte, ich habe alles verstanden, bitte lassen Sie mich los.“
Ludwig sah ihm in die Augen. „In Ordnung“, sagte er schließlich. Er drehte sich zu uns anderen um. „Ich schlage vor, wir schauen uns zunächst ...“
Der Schuss kam mir sehr leise vor. Ludwig riss erstaunt die Augen auf, seine Hände bewegten sich langsam hinter seinen Rücken, dann fiel er vornüber. Die Pistole in Krügers Hand wankte wie ein Schiff in einem schweren Sturm.
„Verdammtes Arschloch“, rief Dressel und sprang auf.
„Zurück!“, schrie Krüger. Er kreischte nicht, aber es fehlte auch nicht viel. „Er hat nur bekommen, was er verdient. Er hat’s doch verdient, oder? Oder?“ Er drehte hektisch den Kopf und suchte nach Zustimmung. Schmitt spuckte auf den Boden.
Ein paar Minuten lang sagte niemand ein Wort. Krüger hielt die Waffe weiter auf uns gerichtet und wiegte den Kopf wie ein kleines Kind hin und her. Ich fühlte mich plötzlich sehr müde.
„Wir gehen rein“, sagte Krüger irgendwann. „Wir haben einen Befehl bekommen und wir werden ihn ausführen.“
„Was ist mit Ludwig?“, fragte ich.
„Ich bleibe hinter euch“, fuhr Krüger fort, als hätte er mich gar nicht gehört. Wer weiß – vielleicht hat er das auch nicht. „Eine Dummheit und ich werde schießen.“
„Drehen Sie mir bloß nicht den Rücken zu, Herr Leutnant“, sagte ich leise. „Drehen Sie mir besser nie wieder den Rücken zu.“
Krüger blinzelte. „Ist das eine Drohung?“
Ich warf einen Blick auf die immer noch zitternde Waffe in seiner Hand.
Dann gingen wir hinein. Gott stehe uns bei, wir gingen wirklich hinein.

Es ist beinahe komisch, dass wir nicht weiter kamen, als bis in den ersten Stock. Irgendwie ironisch, finden Sie nicht auch?
Das Erdgeschoss war wie die ganze Stadt eine einzige Trümmerlandschaft – nur, dass wir hier ein Dach über dem Kopf hatten. Es war nicht mehr zu erkennen, was die Fabrik vor dem Krieg produziert hatte; wenn Sie mich festnageln, würde ich auf Werkzeug tippen, aber sicher bin ich mir nicht. Freiliegende Leitungen, auf denen schon lange kein Strom mehr war, hingen von der Decke herab, der Putz war durch die Einschläge von den Wänden gefallen und die Maschinen hatte man gesprengt. In Stalingrad ließ man nicht mal eine Werkbank in feindliche Hände fallen.
Wir bewegten uns langsam zwischen dem Schrott hindurch, Krüger immer ein Stück hinter uns, die Waffe im Anschlag. Mehr als einmal überlegte ich, ob ich es einfach versuchen sollte, eine schnelle Drehung, ein gezielter Schuss und es wäre vorbei. Aber ich tat es nicht. Um ehrlich zu sein, ich hatte zu viel Angst.
„Das Stockwerk ist sauber“, sagte Dressel schließlich. „Zu sauber. Und viel zu ruhig.“
„Habe ich es nicht gesagt?“, fragte Krüger und grinste triumphierend. „Der Ivan ist getürmt.“
„Fehlen noch vier Stockwerke“, sagte ich.
Von den drei Treppen, die nach oben führten, war nur noch eine intakt. Die beiden anderen sahen aus, als wären sie erst vor ein paar Stunden in die Luft gejagt worden. Das Metall war sogar noch warm. Es gefiel mir gar nicht. Krüger wollte nichts davon hören.
„Klar haben sie die gesprengt. Wollten ja nicht, dass wir sie von da oben unter Feuer nehmen können.“
„Und warum haben sie dann nicht alle Treppen hochgejagt?“
Krüger zuckte mit den Achseln und bedeutete uns mit einer Kopfbewegung weiter zu gehen.
„Vielleicht sind sie ja noch oben“, sagte Dressel leise.
Krüger seufzte. „Und warum sollten sie sich den Rückweg abschneiden?“
„Nicht den Rückweg. Vielleicht wollten sie verhindern, dass jemand zu ihnen nach oben gelangt.“
„Und wer sollte das sein?“
„Eins steht fest“, sagte ich und spürte, wie ich eine Gänsehaut bekam, „wir vier sind es bestimmt nicht.“

Wir hatten die Hälfte des ersten Stockwerks durchkämmt, als es passierte. Gerade waren wir noch alleine, im anderen Moment stand eine Gruppe Russen vor uns.
„Scheiße, wo zum Teufel kommen die denn so plötzlich her?“, zischte Schmitt leise.
„Keine Ahnung“, antwortete Dressel verblüfft.
Einen langen Augenblick starrten wir uns einfach nur völlig perplex an. Die Russen hatten ihre Waffen im Anschlag und wir unsere, aber keiner machte Anstalten, einen Schuss abzugeben. Sie waren zu fünft, einer von ihnen hatte eine klaffende Wunde am rechten Arm, die fast so aussah, als habe ihm ein tollwütiger Hund ein großes Stück Fleisch herausgerissen. Und sie waren alle von Kopf bis Fuß mit Schmieröl eingerieben.
Plötzlich sagte einer von ihnen etwas auf russisch.
„Was hat er gesagt?“, fragte Krüger.
„Willkommen in der Hölle“, übersetzte Dressel. „Das hat er gesagt.“
Hektisch plapperte der Russe weiter. Die Abzeichen auf seiner Schulter ließen darauf schließen, dass er der ranghöchste Offizier war.
„Er will wissen, ob wir über die Treppe gekommen sind“, sagte Dressel.
Die ganze Situation kam mir surreal vor. Sogar Krüger schien zu verstehen, dass hier irgendwas nicht stimmte. Sein Gesicht war ausdruckslos, aber seine Augen wanderten hektisch durch die Halle, als würde er nach einem versteckten Hinweis suchen, der ihm mitteilte, was er als nächstes tun sollte.
Improvisieren hatte man ihm auf der Offiziersschule offensichtlich nicht beigebracht.
„Wir sind über die Treppe gekommen“, sagte ich. „Sag ihm das.“
Dressel tat es und der Russe fluchte. Dafür brauchte ich keine Übersetzung.
„Es könnte eine Falle sein“, murmelte Krüger, mehr zu sich selbst, als zu uns anderen.
Wieder sagte der Russe etwas.
„Riechen“, übersetzte Dressel. „Sie können uns riechen.“
„Wer?“
„Sie.“
„Die Russen?“
Dressel schüttelte den Kopf. „Er sagte nicht wir. Er sagte sie.“
„Wer sind sie?“
Der Russe bekreuzigte sich. Der Mann mit der Wunde am Arm stöhnte leise.
„Die Teufel“, sagte Dressel und dann, wie auf Kommando, brach die Hölle los.
Ein Schatten fiel von der Decke, packte den Kopf des verletzten Russen und schnellte wieder nach oben. Es gab ein widerliches Knacken, eine unglaubliche Blutfontäne. Die anderen Russen brüllten und begannen, ziellos zu feuern. Ich warf mich zu Boden und robbte hinter eine Holzkiste.
„Scheiße!“, hörte ich Dressel schreien.
Ich sah, wie er zwei kurze Feuerstöße abgab und dann langsam zurückwich.
„Runter, verdammt!“, brüllte ich ihm zu, aber er schien mich nicht zu hören.
Etwas senkte sich auf ihn herab, etwas
(bleich wie Knochen)
etwas, das ich nicht genau erkennen konnte und dann war Dressel verschwunden. Es ging so schnell, dass ich einen Augenblick lang dachte, ich hätte es mir nur eingebildet, aber dann hörte ich seine Stimme, schrill, weit entfernt, nicht mehr bei Verstand.
„Oh Gott, meine Augen!“
Zwei Russen waren zu Boden gegangen. Wahrscheinlich durch Dressel. Die beiden anderen schossen weiter wie wild in Richtung Decke. Ihr kopfloser Kamerad stand noch immer zwischen ihnen, die Arme leicht angehoben, während eine unglaubliche Menge Blut aus seinem Hals quoll. Krüger war verschwunden, aber ich sah Schmitt, der zwischen mir und den Russen auf dem Boden hockte und lachte.
Mein Gott, und wie er lachte.
Ich schaute nach oben.
Es waren Dutzende von ihnen, dort im Halbdunkel. Bleiche Gestalten, die sich mit unmenschlicher Geschwindigkeit bewegten. Wie Spinnen.
Sie können uns riechen.
Das Feuer der Russen setzte aus. Hektisch suchten sie in ihren Taschen nach frischen Magazinen. Die Stille war ohrenbetäubend.
Dann hörte ich das Schmatzen. Leise, widerlich, obszön.
Sie fressen uns, schoss es mir durch den Kopf. Gütiger Himmel, sie fressen uns auf. Und wenn ich hierbleibe, werden sie mich auch fressen. Sie holen mich und dann ...
Ich schüttelte den Kopf, aber der Gedanke ließ sich nicht so leicht abschütteln.
„Schmitt“, flüsterte ich und er drehte tatsächlich den Kopf. Sein Gesicht war aufgequollen und seine schwarzen Haare klebten ihm an der Stirn. Er hatte den Mund zu einem schrecklichen Grinsen verzogen.
Er ist wahnsinnig geworden.
„Wir müssen hier raus, Schmitt.“
Er starrte mich an.
„Schmitt, verdammt! Beweg deinen Arsch!“
Die Russen hatten inzwischen neue Magazine eingelegt und ihre Waffen wieder in Anschlag gebracht. Sie schauten nervös nach oben, aber diese ... diese Dinger waren verschwunden. Ihr Kamerad war gnädigerweise zusammengebrochen. Noch immer strömte Blut aus seinem Hals, ergoss sich über den schmutzigen Boden.
Ich robbte langsam auf Schmitt zu.
Verschwinde!, brüllte eine Stimme in meinem Kopf. Lass dieses verfluchte Arschloch hier verrotten und hau ab! Er ist sowieso verrückt geworden, siehst du das denn nicht?
Aber ich würde Schmitt nicht einfach zurücklassen. Ludwig war tot und Dressel war
(Oh Gott, meine Augen!)
war ...
Schmatzen.
Gütiger Gott, bitte nicht, bitte nicht, bitte, bitte
Ich hatte Schmitt beinahe erreicht, als sie auftauchten.
Es ging schnell, so unglaublich schnell.
Es waren fünf von ihnen. Sie fielen über die Russen her wie ausgehungerte Wölfe. Gruben ihre Zähne in warmes Fleisch. Rissen Gliedmaßen aus den Gelenken. Schmatzten.
Ich packte Schmitt am Kragen, wollte ihn fortziehen, brüllte ihn an, aber er hatte sich völlig versteift, starrte mit irrwitziger Faszination auf das obszöne Schauspiel.
Und plötzlich begann er zu singen.
„Maikäfer flieg, der Vater ist im Krieg ...“
Einer von ihnen drehte sich um und ich dachte noch oh Gott, dieses Ding war einmal ein Mensch und dann pisste ich mir in die Hose.
Es war ein uraltes, menschenähnliches Wesen mit blutgefüllten Augen und runzeliger, leichenblasser Haut. Sein Gesicht war so verschrumpelt wie ein alter Luftballon. Der Kiefer lag frei und entblößte lange, ekelhaft gelbe Reißzähne. Es hob eine klauenartig verkrümmte Hand. Winkte. Dann wandte es sich wieder seinem Mahl zu.
Es wurde unaussprechlich.
Ich rannte. Die Pisse lief mir an den Beinen herunter und ich rannte, als sei der Teufel hinter mit her.
„... die Mutter ist in Pommerland, Pommerland ist abgebrannt ...“
Ich erreichte die Treppe, hastete hinunter und stolperte fast über Leutnant Krüger, der am Boden lag und mich aus großen, milchigen Augen anstarrte. Sein rechtes Bein stand in einem abnormen Winkel vom Körper ab.
„Braun, Gott sei Dank! Sie müssen mir helfen. Ich kann mich nicht bewegen. Ich glaube, mein Bein ist gebrochen.“
Ich lief weiter.
„Wo gehen Sie hin? Sie können mich doch nicht einfach hier liegen lassen.“ Er schluchzte jetzt. „Bitte ... es tut mir leid. Bitte, Braun. Helfen Sie mir doch!“
Ich konnte das Tor bereits sehen.
„Braun ... gütiger Himmel, Braun!“
Ja, dachte ich, gütiger Himmel.
Ich taumelte ins Freie.

Drei Wochen später kapitulierte die Sechste Armee. Die Russen trieben uns zusammen und wir marschierten los. Es war ein stummer Marsch. Die meisten überstanden ihn nicht, fielen einfach um und wurden von den Schneewehen verschluckt. Andere setzten sich hin und warteten darauf, erschossen zu werden.
Ich marschierte vierzehn Jahre lang.

Gestern habe ich einen von ihnen gesehen. Im Fernsehen.
Es hatte ein Erdbeben gegeben. Ägypten. Dreitausend Tote. Der Reporter stand vor einem zerstörten Krankenhaus und redete über internationale Hilfsaktionen. Im Hintergrund wurde eine Überlebende aus den Trümmern gezogen, eine alte Frau, die noch immer die Schläuche einer Infusion im Arm hatte. Sie legten ihr eine Decke um die Schultern und suchten weiter. Ein anderer Helfer nahm die alte Frau am Arm und führte sie behutsam zu einem Krankenwagen. Er drehte sich nur einmal in Richtung Kamera und auch nur für einen kurzen Moment, aber es genügte mir.
Diese Augen. Diese uralten, blutgefüllten Augen.
Sie können uns riechen.
Vielleicht können sie das wirklich. Vielleicht riechen sie unsere Angst, unser Ensetzen, unsere Verzweiflung.
Unseren Tod.
Diese Augen. Diese uralten, blutgefüllten Augen.
Sie gehörten Dressel.

 
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hallöchen wendigo!


erstmal das zitierende:

und ein paar Kekse, von denen Schmitt behauptete, sie seien unserer Pak, was das Knacken russischer Panzer betreffe, über.
auch auf die gefahr hin, mich vollkommen lächerlich zu machen: ich war »leider« nicht im bund, kenn zwar Panzerknacker (ja, die Kekse, mein Bruder war mal Militärfreak), kann aber diesen teil des satzes einfach nicht richtig verstehen. liegt aber an mir, weil ich mich da eben kein bisserl auskenne. :shy:

Es sollte zwanzig Jahre dauern, bevor mir klar wurde, warum er das tat: wer an einem solchen Ort lachen konnte, musste den Verstand verloren haben. Schmitt hatte ihn verloren. Auch das wurde mir erst später bewusst.
verdammt cool!

Oder das tat, was man ihm auf der Offiziersschule beigebracht hatte und von dem er glaubte, es käme der Prüfung einer Lage nahe.
auch klasse

„Wir haben ihnen ihre ganze verdammte Stadt unter dem Arsch weggeschossen und sie sind trotzdem nicht gerannt. Dann werden sie wegen diesen paar lächerlichen Salven nicht damit anfangen.“
Ich würde hier vor dem und ein Komma einfügen. liest sich schöner, weil man eine kurze pause macht.
allerdings nur ein vorschlag, der wohl eher auf geschmack als notwendigkeit beruht.

Krüger kniff die Augen zusammen. „Was wollen sie damit sagen?“
Sie

Er kreischte nicht, aber es fehlte auch nicht viel
Das klingt ein bisschen »unbeholfen«. Vielleicht: aber viel fehlte dazu auch nicht.

Ziemlich cool, wie du mit den ersten Sätzen eine tolle Spannung erzeugst.
Und vor allem: klasse geschrieben. Keine unnützen Informationen, stetige Spannung, außerordentlich fehlerfrei und trotz der Namenvielfalt, einprägsame Charaktere.
Und ein verstörendes Ende.

Alles vorhanden für eine klasse Horror-Story. Ganz ehrlich, bin ganz hin und weg.

Eine Frage bleibt natürlich offen: Wer waren diese Monster? Ich meine, wenn Dressel auch zu einem DING geworden ist, ohne von den anderen (lebend) berührt worden zu sein (oder hab ich was überlesen und mach mich jetzt total lächerlich)...wie »vermehren« sie sich dann?
ja ja, ich weiß. bei einer kg nicht soooo wichtig.

Also, seit langem wieder mal eine tolle Geschichte. :thumbsup:

Liebe Grüße
Tama

 

Heyho Tamira,

vielen Dank für die Kritik. Feut mich sehr, dass dir die Story gefallen hat.

auch auf die gefahr hin, mich vollkommen lächerlich zu machen: ich war leider nicht im bund, kenn zwar Panzerknacker (ja, die Kekse, mein Bruder war mal Militärfreak), kann aber diesen teil des satzes einfach nicht richtig verstehen. liegt aber an mir, weil ich mich da eben kein bisserl auskenne.

Kein Problem. "Pak" ist die Abkürzung für "Panzerabwehrkanone" - hätte ich auch gerne irgendwo im Text erklärt, aber ich fand, dass dieser Fachbegriff dem Erzähler besser zu Gesicht steht.

Ich würde hier vor dem und ein Komma einfügen. liest sich schöner, weil man eine kurze pause macht. allerdings nur ein vorschlag, der wohl eher auf geschmack als notwendigkeit beruht.

Hm. Ich bin mir nicht sicher, ob da überhaupt ein Komme stehen darf ... kann uns bitte mal jemand aufklären?

Das klingt ein bisschen »unbeholfen«. Vielleicht: aber viel fehlte dazu auch nicht.

Gefällt mir, ehrlich gesagt, auch nicht besser. Ich werde mal überlegen, was ich mit dem Satz anfange. Auf jeden Fall danke für den Hinweis.

Eine Frage bleibt natürlich offen: Wer waren diese Monster? Ich meine, wenn Dressel auch zu einem DING geworden ist, ohne von den anderen (lebend) berührt worden zu sein (oder hab ich was überlesen und mach mich jetzt total lächerlich)...wie »vermehren« sie sich dann?

Nein, keine Sorge, du machst dich bestimmt nicht lächerlich. Wenn ich mich festlegen müsste, würde ich sagen, dass es sich bei diesen "Dingern" um Vampire handelt - natürlich ohne den romantischen Touch, den sie bei Anne Rice oder Bram Stoker haben.
Wie sie sich vermehren oder was genau sie mit Dressel gemacht haben, weiß ich auch nicht - aber es ist gerade diese Unsicherheit, die mir an der Story gefällt. Sie steigert, wie ich finde, die Obszönität dieser Kreaturen.

Cheers

 

nabend wendigo!

nachdem ich deine geschichte im humor ("Der ganze Schlamassel") gelesen hab, erfreu ich mich hier, im horror, an einer deiner geschichten.

ein kleiner fehler ist mir aufgefallen:

„Es sind eben Bolchewiken. Die rennen wie die Hasen, wenn man sie nur ordentlich unter Feuer nimmt.“

Bolschewiken

wieder tolle metaphern dabei zB:

Zu behaupten, dass das zerbogene Ding ein Fahrrad sei, war in etwa dasselbe, als würde man den Zweiten Weltkrieg ein unbedeutendes Scharmützel nennen.

Ich drehte mich hastig zu den Fenstern der Halle um – wenn es irgendwo Heckenschützen gab, dann hätten wir auch genauso gut vor ihnen rumhüpfen und uns Zielscheiben auf die Stirn malen können

na gut: ich mag deinen stil, ehrlich. Liest sich locker leicht, wunderbar ironische vergleiche bzw. metaphern dabei. selbst in so einem düsteren szenario wie stalingrad.
schon immer mal wollt ich eine geschichte schreiben, die im krieg spielt und bei der eine art monster auftauchen. du hast's gemacht. leider war nur eine "monsterszene", aber die war genial. die stimmung war auch super, schon schlimm, wenn man mehr als nur einen feind im krieg hat.

hat mich sehr gut unterhalten, danke


mfg

 
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Hallo Wendigo!

Pro Mann 300 Gramm Brot, 20 Gramm Butter und ein paar Kekse, von denen Schmitt behauptete, sie seien unserer Pak, was das Knacken russischer Panzer betreffe, über.
Dieser Satz ist sehr verschachtelt und stört den Lesefluss ungemein. Zumindest meinen.
Ich erahne eher, dass du andeuten willst, die Kese seien so hart.
Aber erstens würde ich dann nicht "Pak" schreiben, weil viele (ich eingeschlossen) nicht wissen, was das ist. Ich habs aber dann in deinem Kom nachgelesen. Trotzdem.

die von links nach rechts über den Bildschirm flogen. Es erinnerte mich an Stalingrad
An was genau denn, bitte? Der Zusammenhang wird mir nicht völlig klar.

Ich warf einen Blick auf die immer noch zitternde Waffe in seiner Hand.
„Ja.“
Ich fände es hier besser, wenn er nicht "Ja" sagen würde.

wenn Sie mich festnageln, würde ich auf Werkzeug tippen, aber sicher bin ich mir nicht.
Die direkte Ansprache des Lesers finde ich an dieser Stelle unschön.

Es gab ein widerliches Knacken, eine unglaubliche Blutfontäne.
Ich finde diesen Satz unfertig.

twas senkte sich auf ihn herab, etwas
(bleich wie Knochen)
etwas, das ich nicht genau erkennen konnte und dann war Dressel verschwunden.
King macht das in manchen Texten auch so. Diese Klammern. Ich will dir hier nicht unterstellen, dass du es von ihm geklaut hast... keine Sorge.
Aber ich finde es generell nicht gut. Auch bei King nicht.

meine Auuuuuuuuuugen!
Liest sich lustig. Absicht? Ich denke nicht.

Zwei Russen waren zu Boden gegangen. Wahrscheinlich Dressel. Die beiden anderen schossen weiter wie wild in Richtung Decke.
Was "wahrscheinlich Dressel"?

ber ich würde Schmitt nicht einfach zurücklassen. Ludwig war tot und Dressel war
(Oh Gott, meine Auuuuuuuuuugen!)
war ...
Hier ist es gleich doppelt. Erst die Klammer und dann die Auuuuuuuuuugen...

Es wurde unaussprechlich.
Ja, diese Umschreibungen gefallen mir nie. Unaussprechlich. Unbeschreiblich. Ist es nicht die Aufgabe des Autors genau das zu tun?
Versteh mich nicht falsch, ich bin der letzte der auf blutigsten Horror pocht, aber diese Formulierungen finde ich immer unschön.

Das Ende verstehe ich nicht ganz. Ist nun Dressel einer von denen geworden? Oder war es er schon von Anfang an?

Also:
der Stil deiner Geschichte ist zumeist flüssig. Hin und wieder hast du ein paar Dinge, die ich nicht so schön oder gelungen finde, aber das ist Geschmacksache. Du kannst ja oben nachlesen, was ich damit meine.

Der Kriegsschauplatz ist gut beschrieben und wahrscheinlich auch gut recherchiert. Ich bin da nicht so genau informiert, aber es kommt auf jeden Fall realistisch rüber.
Was mir nicht so toll gefällt, das sind die Figuren deiner Geschichte, da sie mir allesamt sehr blass vorkommen. Auch der Erzähler. Irgendwie habe ich mit keinem so richtig mitgefiebert, weswegen sich die Spannung wahrscheinlich auch ein wenig in Grenzen hielt. Aber das ist ebenfalls subjektiv.

Was mir auch aufgefallen ist: du brauchst für den Höhepunkt ziemlich lange. Die Hinführung bis zu diesen merkwürdigen Wesen dauert mir einfach zu lange, ohne das etwas wesentliches passiert. Und wie gesagt, finde ich, dass du die Zeit fürs Charakterisieren deiner Figuren hier etwas wenig genutzt hast.
Und Krüger ist nun wirklich unglaublich eindimensional geraten.

Diese Wesen beschreibst du interessant. Nur als dann am Ende eines zu winken anfängt, musste ich eher schmunzeln. Ich finde, damit hast du viel der Atmosphäre zerstört.

Das liest sich jetzt wie ein schlimmer Veriss, soll aber bestimmt keiner sein. Denn die Geschichte ist gut. Und auch gut erzählt.
Aber sie ist ausbaufähig - aber mal Hand aufs Herz: welche Geschichte ist das nicht.

In diesem Sinne
c

 

@ one week

Danke für das Lob und die Anmerkungen. Freut mich, dass dich die Geschichte gut unterhalten hat.

@ chazar

Vielen Dank für die ausführliche und enorm hilfreiche Kritik. Ich gehe mal kurz auf die einzelnen Punkte ein:

Dieser Satz ist sehr verschachtelt und stört den Lesefluss ungemein. Zumindest meinen.
Ich erahne eher, dass du andeuten willst, die Kese seien so hart.
Aber erstens würde ich dann nicht "Pak" schreiben, weil viele (ich eingeschlossen) nicht wissen, was das ist. Ich habs aber dann in deinem Kom nachgelesen. Trotzdem.

Okay, das sehe ich ein. Obwohl ich den Satz mag ... mal überlegen, wie ich das löse.

An was genau denn, bitte? Der Zusammenhang wird mir nicht völlig klar.

Kann ich nachvollziehen. Wird geändert.

Ich fände es hier besser, wenn er nicht "Ja" sagen würde.

Ja, ich auch. Fliegt raus.

Die direkte Ansprache des Lesers finde ich an dieser Stelle unschön.

Hm. Ich nicht. Bleibt erst mal drin.

Ich finde diesen Satz unfertig.

Stimmt. Ist in der Tat nicht ganz rund. Wird ebenfalls geändert.

Liest sich lustig. Absicht? Ich denke nicht.

Du hast völlig Recht. Geändert.

Was "wahrscheinlich Dressel"?

Wahrscheinlich war es Dressel, der die beiden Russen erschossen hat. Sollte ich wohl auch in der Story so erklären ...

Ja, diese Umschreibungen gefallen mir nie. Unaussprechlich. Unbeschreiblich. Ist es nicht die Aufgabe des Autors genau das zu tun?

Normalerweise würde ich dir auch hier Recht geben - an dieser Stelle finde ich allerdings, dass gerade das Nicht-Erklären die Obszönität der Szene steigert. Deshalb ist "unaussprechlich" durchaus bewusst gewählt.

Das Ende verstehe ich nicht ganz. Ist nun Dressel einer von denen geworden?

Ich denke schon. Das Ende muss allerdings zwangsläufig offen bleiben, da auch der Erzähler keine Erklärung hat. Und weil man sich in Kurzgeschichten manchmal die Freiheit nehmen darf, nicht alles aufzulösen ...

Was mir auch aufgefallen ist: du brauchst für den Höhepunkt ziemlich lange. Die Hinführung bis zu diesen merkwürdigen Wesen dauert mir einfach zu lange, ohne das etwas wesentliches passiert

Berechtigte Kritik. Die erste Hälfe ist deutlich zu lang geraten. Kann ich jetzt allerdings kaum noch ändern, ohne die gesamte Story umzuschreiben. Danke trotzdem für den Hinweis; werde es für eine spätere Überarbeitung im Hinterkopf behalten.

Und Krüger ist nun wirklich unglaublich eindimensional geraten.

Stimmt natürlich. Auch das werde ich mir für eine Überarbeitung merken.

Diese Wesen beschreibst du interessant. Nur als dann am Ende eines zu winken anfängt, musste ich eher schmunzeln. Ich finde, damit hast du viel der Atmosphäre zerstört.

Ja, das Winken ist zu theatralisch. Raus damit.

Das liest sich jetzt wie ein schlimmer Veriss

Im Gegenteil: Es liest sich wie eine ausführliche und fundierte Kritik, die mir wirklich weiterhilft.

Cheers

 

Hallo Wendigo!

Musste ja Jahre warten, wieder mal was von dir lesen zu dürfen! :D

Doch es hat sich gelohnt. Du hast es drauf, diese locker-flockige Erzählen, dieses Plaudern, dem man gerne folgt und bei dem du geschickt die Spannung erhöhst, indem du nach und nach enthüllst, um was es wirklich geht.

Ich finde allerdings auch, dass der Ton der ganzen Szenerie nicht entsprechend ist. Gerade bei dieser Art Schreibe (wie sie früher auch von King praktiziert wurde) hast du nur eine Form des Grundtenors - das ist das lockere, halbwegs lustige Junggesellenabenteuer. Ich weiß nicht, ob ich mich richtig ausdrücke, ich finde diesen Stil toll, ich kann so nicht schreiben. Doch man muss aufpassen, dass er nicht zur Farce wird.

In der Fabrik wurde es dann doch ziemlich beklemmend. Das hast du gut hingekriegt. Dieses stakkatohafte, nebulöse - so recht werden die Gestalten nicht beschrieben. Das machte sie für mich, tja, gruseliger. Das hier fand ich, im Gegensatz zu Chazar, sehr gelungen:

Es hob eine klauenartig verkrümmte Hand. Winkte. Dann wandte es sich wieder seinem Mahl zu.

Durch diesen leichten Anflug von Slapstick ist der Gesamteindruck des Wesens doch ziemlich beklemmend.

Paar Flüchtigkeitsfehler sind drin, doch nicht der Rede wert. Angenehm zu lesen.

Ich hätte mir allerdings gewünscht, zu Anfang einen kleinen Hinweis auf das Folgende zu bekommen, einen Tipp, der zum Ende hin ein Aha-Erlebnis auslöst.

Soweit, bis zum nächsten Mal.

Viele Grüße von hier!

 

Hallo Hanniball,

long time no see :)

Auch dir vielen Dank für die Kritik.

Kannst du den "unpassenden" Ton vielleicht an einigen Stellen festmachen? Diese Anmerkung ist interessant und wahrscheinlich auch berechtigt - habe für diese Story gerade wegen dem geschichtlichen Hintergrund recht lange gebraucht, weil sie mir in allen früheren Fassungen zu flapsig geraten war.

Durch diesen leichten Anflug von Slapstick ist der Gesamteindruck des Wesens doch ziemlich beklemmend

Oh. Dann hat es also doch funktioniert. Genau das wollte ich erreichen. Würde mich sehr interessieren, was andere von dieser Stelle halten.

Deine "Hinweis-Idee" gefällt mir übrigens ausgesprochen gut. Darüber werde ich nachdenken. Hatte ursprünglich eine Einleitung, die diese Funktion übernommen hat, aber die musste aus mehreren Gründen raus (hätte die Story doch zu sehr aufgebläht). Wenn mir einfällt, wie ich das im ersten Drittel lösen kann, baue ich es noch ein.

 

Hi Wendigo,

so langsam habe ich Angst, dass hier alle denken, Salem würde nur loben. Aber vielleicht bin ich auch relativ leicht zufrieden zu stellen...

Zunächst hat mich deine Geschichte an eine Wehrübung erinnert, die ich vor hundert (?) Jahren mal hatte (Scheiß Bund). Wir saßen in unseren selbst gebastelten Schützengräben und wurden von gespielten Gegnern angegriffen.
Unteroffizier "Krüger" (er hieß in Wirklichkeit anders) wusste tatsächlich nicht, was zu tun war. Er wurde hektisch, was sich auch in seiner Stimme äußerte; sie war beinahe Mädchenhaft. Wir anderen mussten ihm helfen, aus dieser Situation herauszukommen. Ich denke, wenn das Ganze kein "Spiel" gewesen wäre, hätte er auch einen von uns erschossen (nur einfach so, um seine Autorität nicht untergraben zu sehen).
Warum erzähle ich das? Weil ich hier chazar (sorry, chazar) deutlich widersprechen muss. Ich finde, du hast die Charaktere hervorragend ausgearbeitet. Und das, obwohl du nicht viel über sie sagst. Ich finde, das ist schon eine Kunst; Charakter durch Handlung erzeugen.

Anfänglich fiel mir (negativ) auf, dass du häufig "sagte" benutzt. Doch im Nachhinein passt es, da hier zu viele Synonyme den eigentlichen Stil brechen würden.

Der Anfang gehört mMn kein bisschen gestrafft, denn gerade durch diese Länge baust du diese erdrückende Atmosphäre auf. Ich war förmlich dabei, hockte hinter einem dieser Schutthaufen und hatte eine Heidenangst.

Die Szene im Fabrikgebäude hätte dann wieder nicht länger sein dürfen. Hier schreibst du knapp und doch so präziese, dass das Ganze wie ein Film vor meinen Augen ablief. Selbst die "Monster" konnte ich sehen.
Der "Schlusskonflikt" mit Krüger passte auch wieder optimal. Kein langes Rumgeschwafel; dein Prot rennt einfach an ihm vorbei. (gerade diese Szene gibt wieder eine herrliche Charaktertiefe), zumindest für mich.

Das Ende schlägt dem Fass dann den Boden aus, aber im positiven Sinne. Durch den letzten Satz: "Sie gehörten Dressel" lässt du mich mit einem erdrückenden Gefühl in der Brust zurück. Diese "Dinger" leben immer noch.

Zum Schluss noch das Zitat meines Lieblingssatzes:
"Die Stille war ohrenbetäubend." :thumbsup:

Fazit: Ein für mich absolut erdrückendes Charakterspiel. Dichte Atmosphäre, die das ganze Geschehen nicht nur wie einen Film ablaufen lässt, sondern dem Leser das erschreckende Gefühl vermittelt, er sei dabei.

Wenn du gestattest, würde ich die Story gern empfehlen.

Hm. Ich bin mir nicht sicher, ob da überhaupt ein Komme stehen darf ... kann uns bitte mal jemand aufklären?
Wenn nach einem "und" ein eigenständiger Satz steht, muss mEn sogar ein Komma stehen. Das ist ja hier bei dir der Fall.

Gruß! Salem

 

Hallo Wendigo,

ich finde diese KG klasse!

Sie hat mich mitgerissen und ich konnte mir alles bildlich vorstellen und deswegen muss auch ich Chazar da in einigen Punkten widersprechen.

Zitat:
Ich warf einen Blick auf die immer noch zitternde Waffe in seiner Hand.
„Ja.“

Ich fände es hier besser, wenn er nicht "Ja" sagen würde.

Ich fand diese "Ja" ehrlich gesagt total in Ordnung, weil jetzt:
Zitat:
Krüger blinzelte. „Ist das eine Drohung?“
Ich warf einen Blick auf die immer noch zitternde Waffe in seiner Hand.
Dann gingen wir hinein. Gott stehe uns bei, wir gingen wirklich hinein.

sieht es für mich eher so aus, als wenn der Prot das nicht wirklich als Drohung gemeint hat.

Zitat:
Zwei Russen waren zu Boden gegangen. Wahrscheinlich Dressel. Die beiden anderen schossen weiter wie wild in Richtung Decke.

Was "wahrscheinlich Dressel"?

und auch das finde ich eigentlich ziemlich klar.

Ich finde auch nicht, das die Figuren blass bleiben und kann da eigentlich nur Salem zustimmen.

Ebenso wie Salem finde ich das Ende :thumbsup:

Zitat:
Es hob eine klauenartig verkrümmte Hand. Winkte. Dann wandte es sich wieder seinem Mahl zu.

Und auch diesen Teil empfinde ich ebenso wie Hannibal sehr gelungen. Hat auf mich eine beängstigende Wirkung.

Auch die persönliche Anrede empfinde ich nicht als störend, wie ich auch ansonsten nichts wirklich Störendes an deiner Geschichte finden kann:)

Also kann ich nur sagen weiter so und freue mich schon auf die nächste KG :D

Lieben Gruss Melle

 

Hallo Salem, hallo Melle,

vielen Dank für eure ausführliche Kritik.

@Salem

Ich finde, du hast die Charaktere hervorragend ausgearbeitet. Und das, obwohl du nicht viel über sie sagst. Ich finde, das ist schon eine Kunst; Charakter durch Handlung erzeugen.

Das ist mal ein Lob, das mich besonders freut. Weil es genau das ist, was ich im Sinn hatte. Obwohl ich durchaus einsehe, warum chazar das nicht so sieht - insbesondere bei Krüger.

Wenn du gestattest, würde ich die Story gern empfehlen.

Aber natürlich :)

Wenn nach einem "und" ein eigenständiger Satz steht, muss mEn sogar ein Komma stehen. Das ist ja hier bei dir der Fall.

Danke für die Erklärung!

@melle

Ich fand diese "Ja" ehrlich gesagt total in Ordnung

Hm. Das "Ja" ist mir an dieser Stelle zu melodramatisch - da hat chazar schon Recht. Obwohl mir die Änderung nicht wirklich gefällt, da stimme ich dir zu. Mal schauen, wie ich das löse. Auf jeden Fall danke für die Anmerkung!

Was "wahrscheinlich Dressel"?

und auch das finde ich eigentlich ziemlich klar.


Da habe ich jetzt trotzdem ein "durch" eingebaut. Sollte den Bezug deutlich machen und den Lesefluss dabei erhalten. Hoffe ich.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Wendigo!

Ich hab´ mir das jetzt schon seit Tagen vorgenommen, also:

Deine Geschichte ist die Beste, die ich seit längerer Zeit hier gelesen habe, und wenn sie nicht bereits empfohlen worden wäre, dann würde ich dies jetzt tun.

Was ich während des Lesens empfunden habe, lässt sich am besten mit einem Wort ausdrücken: Kopfkino

Wie bereits angemerkt, hauchst du deinen Charakteren mit "Nebenbeisätzen" Leben ein, was wirkliches Talent beweist. Zudem lieferst du viele schöne Metaphern, ohne dabei zu dick aufzutragen.
Der eigentlich Horror kommt dann etwas plötzlich, was aber okay ist, da du ansonsten wohl zu sehr auf die russischen Soldaten hättest eingehen müssen.
Lediglich das Ende kommt - meiner Meinung nach - etwas konstruiert daher.
Somebody hat vor kurzem ebenfalls eine Rückblenden-Geschichte geschrieben (Das Ding aus dem Wald), wobei er den Schluss meines Erachtens ein wenig eleganter gelöst hat.
Aber egal, dieses eine Manko außer Acht lassend, bleibt unterm´ Strich eine tolle Story, bei der handwerklich alles stimmt und vor der sich Einige ein paar Scheiben abschneiden können.

Was die fehlenden Zitate angeht: Meine Ausrede lautet, dass ich den Text auf der Arbeit gelesen habe, und daher nichts rauskopieren konnte.

Beste Grüße

Cerberus


EDIT: Die Sache mit dem winkenden Ungeheuer hat mir übrigens sehr gut gefallen. Sehr subtil.

 

@Cerberus

Der eigentlich Horror kommt dann etwas plötzlich, was aber okay ist, da du ansonsten wohl zu sehr auf die russischen Soldaten hättest eingehen müssen.

Genau erfasst :) Ich hing an dieser Stelle stundenlang fest, weil ich mich mit den Russen nicht lange aufhalten wollte - nur standen die immer im Weg rum. Bis ich auf die Idee kam, sie kurzerhand umzubringen ... Schreiben ist toll ;)

Lediglich das Ende kommt - meiner Meinung nach - etwas konstruiert daher.
Somebody hat vor kurzem ebenfalls eine Rückblenden-Geschichte geschrieben (Das Ding aus dem Wald), wobei er den Schluss meines Erachtens ein wenig eleganter gelöst hat.

Stimmt - der Schluss wird bei Gelegenheit auch noch überarbeitet. Danke für den Hinweis!

@Kris

dieses heyho ist mörderisch ansteckend. Wusstest Du, dass ich das in Deiner Abwesenheit in den letzten eineinhalb Jahren öfter mal benutzt habe und einfach nicht draufkam, wer mich damit infiziert hatte?

*grins* Ich werde sie anstecken. Alle werde ich anstecken. Alle! Hähähä.

Das Schwächste ist der Schluß – das Monster auf einmal als netter Helfer getarnt? Nachdem wir vorhin unbeherrschte, brutal agierende Wesen hatten? Hm.

Diese Kreaturen (so hatte ich mir das jedenfalls vorgestellt) werden von menschlichem Elend angezogen - aber wenn es keinen Krieg gibt, in dem sie sich "austoben" können (wem fällt das da schon auf?), müssen sie etwas subtiler vorgehen. Zudem wollte ich deutlich machen, dass es sich bei ihnen durchaus um intelligente Wesen handelt. Wenn du einen Vorschlag hast, wie man das eleganter lösen kann, immer her damit!

Ich hatte übrigens mal einen Traum, in dem es auch um Augen ging. Er war natürlich unlogisch, wie alle Träume, aber würde im Leben die Logik eines Traumes herrschen, wäre das eine erstklassige Horrorgeschichte geworden. Da dachte ich auch, alles "Böse" (das nämlich ansteckend war) sei ausgelöscht, und genau dann guckte jemand aus einem Autofenster und hatte die roten Augen der Bösen

Hey, die Idee gefällt mir. Mach doch eine Story draus :)

Wenn es nach Schmitt ging, bestand Krügers Familie ohnehin aus dem Führer, auch wenn der das offenbar noch nicht so genau wusste

Wolltest Du hier "ohnehin nur aus dem Führer" schreiben?


Ja, wollte ich. Sollte ich wohl auch.

Der Führer hat einen Entsatzangriff befohlen.

Was ist das?


Ein Angriff, der eine eingeschlossene Armee befreien soll.

Etwas senkte sich auf ihn herab, etwas
(bleich wie Knochen)
etwas, das ich nicht genau erkennen konnte und dann war Dressel verschwunden.

Die Klammer gefällt mir nicht, sieht so pseudo-dramatisch aus. Warum nicht einfache Kommas?


Weil einfache Kommas nicht deutlich machen, dass es sich dabei um einen zusammenhangslosen, unterbewussten Gedanken handelt. Wie es aussieht, macht das aber auch die Klammer nicht deutlich. Hmm ...

Einer von ihnen drehte sich um und ich dachte noch oh Gott, dieses Ding war einmal ein Mensch und dann entleerte sich meine Blase.

So eine feine Ausdrucksweise passt hier nicht – wieso pisst er sich nicht in die Hosen?


Ja, warum eigentlich nicht?

Jo. Ne eher schwächere Kritik, aber ich denke die wertvollsten Hilfestellungen hast Du eh schon von meinen Vorrednern bekommen

Dass du dein Licht aber auch immer unter den Scheffel stellen musst. Deine Anmerkungen waren sehr hilfreich.

Euch beiden vielen Dank fürs Lesen und Kritisieren. Freut mich wirklich, dass euch die Geschichte gefallen hat.

Cheers

 

Heyho Lukas,

erstmal vielen Dank fürs Lesen und Kritisieren.

Aber ich finde Stalingrad eine äußerst ungünstige Wahl, deswegen würde es mich interessieren, warum du gerade diesen Kriegsschauplatz gewählt hast? Sicher ein blöde Frage an einen Autor – aber gerade mit Stalingrad rufst du ja eine Menge und beinahe nicht zu kontrollierende Unmenge von Assoziationen auf.

Nein, das ist überhaupt keine dumme Frage. Ehrlich gesagt hat es mich ein bisschen erstaunt, dass sie nicht schon früher gestellt wurde.
Leider ist die Erklärung entwaffnend banal: diese Geschichte begann mit der Frage "was wäre wenn es in Stalingrad Vampire gegeben hätte?" Stalingrad war als Schauplatz also nicht "bewusst" gewählt, sondern bereits von Beginn an Teil der Story.
Ich will nicht bestreiten, dass ich diesen Ausgangspunkt reizvoll fand (schon alleine deshalb, weil er für eine Horrorstory so unverbraucht war), aber mir war durchaus bewusst, dass ich mich auf verdammt dünnem Eis bewegte. Ich habe in der Tat versucht, den Schauplatz zu verlegen, aber das klappte überhaupt nicht. Es mag sich bescheuert anhören, aber ich habe in dieser Hinsicht keine Kontrolle über meine Stories: entweder schreibe ich sie so wie sie es wollen oder ich lasse es bleiben.

In diesem Zusammenhang finde ich auch die Äußerungen der Personen zum Führer, der Versorgungslage, kurz dem historischen Kontext äußerst zweischneidig. Wie bei den unzähligen Stalingradfilmen offenbaren die Soldaten meist eine merkwürdig politisch korrekte Haltung, die das Kollektivbewußtsein deutscher Zuschauer aufatmen läßt, so daß man letztlich beinahe der Meinung sein kann, in Stalingrad hätten keine Nazi-Soldaten gekämpft, sondern aufrechte Demokraten.

Das war - ehrlich gesagt - so gewollt. Bei allen Assoziationen, die schon der Name Stalingrad hervorruft (wie du völlig richtig angemerkt hast): es ist eine Horrorstory. Natürlich kann ich deinen Standpunkt nachvollziehen - wenn die Geschichte den Eindruck erweckt, ich wolle den Krieg, diese Schlacht oder sogar den Nationalsozialismus verharmlosen, dann habe ich in der Tat ein Problem. Allerdings fände ich es ebenfalls gefährlich, die deutsche Armee kollektiv in den "Nazi-Soldaten"-Topf zu werfen. Wie du selbst bemerkt hast: ich wollte kein politisches Statement abgeben (eine solche Story wäre dazu auch der völlig falsche Rahmen), sondern eine Geschichte erzählen.

Wie gesagt, deine Kulisse überlagert für mich den Text völlig und der Text kann, obwohl gut geschrieben, der Kulisse nicht gerecht werden.
Ich hoffe, du konntest meine Schwierigkeiten nachvollziehen!

Ja, das kann ich.

 

Hallo nochmal von mir!

Der unpassende Ton, den ich ansprach, spielt teilweise in diese Richtung. Der Schauplatz ist ziemlich blutig, mörderisch, höllisch. Ich glaube nicht, dass dieser Grundtenor der Story dem gerecht wird. Es ist also nicht eine Sache von einzelnen Wendungen, sondern eher der Gesamteindruck.

Viele Grüße von hier!

 

Verdammt gut geschrieben.
Mehr gibt es dazu von meiner Seite aus nicht zu sagen. Jedenfalls nicht zu diesem Zeitpunkt.

 

Hallo Wendigo

Ich finde die kg auch gut geschrieben. Das Kriegsszenario kommt gut und plastisch raus. Also schon beeindruckend. Ich glaube nicht, dass viele deutsche Soldaten damals stamme Nazis waren, die waren wohl eher in der SS.

Auch die Charakterisierung fand ich durchaus gelungen. Nicht der Tiefgang, aber das würde ich sagen fände ich hier schon fast deplaziert.

Das einzige Problem, das ich sehe sind die Vampire, die vor dem Hintergrund von KZ und Kriegsgreul fast harmlos anmuten. Hier wär vielleicht ein Erdbeben besser gewesen?

Grüße
Texter

 

Hi Wendigo,

es ist schon soviel zu deiner Geschichte geschrieben worden,( wenn ich auch nur die erste Seite gelesen habe) dass ich eigentlich nur noch das für mich Wichtige sagen kann.

Einfach Klasse :thumbsup:

Auch wenn deine Einleitung seh lang ist, so wartet man doch jede Zeile darauf, dass gleich was passieren wird.
Denn der Titel und das Genre versprechen viel.
Als dann die Russen auftauchten, und sie mit Öl beschmiert waren, hatte dein Titel einen Sinn für mich.

Es hob eine klauenartig verkrümmte Hand. Winkte. Dann wandte es sich wieder seinem Mahl zu.

Als ich das las dachte ich: Ihr kommt gleich dran, wird er wohl gedacht haben.

Das dein Prot an dieser "Schmeißfliege" Krüger vorbei läuft, finde ich sehr realistisch, soll Gott ihm doch vergeben :D

Am Ende erkennt er einen Kumpel wieder, der zu einem Monster geworden ist.
Ich gehe mal davon aus, dass dieser bei dem allgemeinen Durcheinander, den einen oder anderen Verletzten hat verschwinden lassen. So als Notration, oder Vermehrung der Monstergilde? :schiel:

Noch einmal: bin schwer beeindruckt.

lieben Gruß, coleratio

 

Hallo Texter, hallo coleratio,

vielen Dank fürs Lesen und Kritisieren.

@texter

Nicht der Tiefgang, aber das würde ich sagen fände ich hier schon fast deplaziert.

Ja, ich auch.

Das einzige Problem, das ich sehe sind die Vampire, die vor dem Hintergrund von KZ und Kriegsgreul fast harmlos anmuten. Hier wär vielleicht ein Erdbeben besser gewesen?

Hmm. Ich kann diesen Einwand (den ja auch Lukas vorgebracht hat) durchaus nachvollziehen, bin allerdings nicht der Meinung, dass ein Schauplatzwechsel die Geschichte verbessern würde. Kriegsgreuel und KZs werden im Text nicht thematisiert - natürlich ist es legitim, diese mit dem Schauplatz zu assozieren, aber zwingend ist es im Kontext einer Horrostory meiner Ansicht nach nicht.

@coleratio

Ich gehe mal davon aus, dass dieser bei dem allgemeinen Durcheinander, den einen oder anderen Verletzten hat verschwinden lassen. So als Notration, oder Vermehrung der Monstergilde?

So ungefähr hatte ich mir das auch vorgestellt. Wenn die Geschichte deine Fantasie angeregt hat, freut mich das ganz besonders ... und wenn du jetzt noch zwei Wochen lang Alpträume hättest, wäre ich wirklich glücklich ;)

 

Hallo Wendigo,
ich habe mir die anderen Kommentare nicht gelesen. Gut möglich also, dass ich wiederhole, was andere bereits sagten.
Mir gefällt die Story sehr gut. Der Plot ist natürlich 08/15 - aber die Umgebung des Plots wertet diesen sehr auf. Die meisten Storys dieser Art spielen in am. Kleinstädten oder Spukhäusern. Der Hintergrund deiner Geschichte findet an einem Ort statt, wo man ihn für gewöhnlich nicht erwartet! Dafür schon mal einen Pluspunkt.
Stilistisch - wie von dir gewohnt - sehr sicher und sauber formuliert. Angenehm zu lesen und ohne massig Rechtschreibfehler (habe jedenfalls keine gefunden).
Dass du den Prot aus der Gegenwart zurückblicken lässt, eröffnet eine neue Ebene: Etwa, wenn er Stalingrad mit einem Videospiel vergleicht.

Was gäbe es von meiner Seite aus an Verbesserungsvorschlägen: Ich bin mir nicht sicher, ob der Schluss in dieser Form nötig ist. Wenn ich von mir selber ausgehen, hätte ich die Story wohl in der Vergangenheit enden lassen, wie er aus der Fabrik rausrennt, ins Lazarett kommt und ihn der Stabsarzt für durchgeknallt erklärt und zur "Kurierung" nach Hause schickt. Das hätte einen ironischen Unterton: Diese Biester sichern indirekt sein Überleben. :)
Ein bisschen zu überstürzt fand ich die Szenen mit den Wesen selbst: Du lässt dir mit der Story anfangs viel Zeit, beschreibst die Soldaten und die Situation, bringst viele Details ein, schreibst, wie sie in die Fabrik reinkommen und alles absuchen ... Und den eigentlichen Höhepunkt der Story ackerst du dann in - meiner Meinung nach - überhastetem Tempo ab.
Versteh mich nicht falsch: Ich fordere keine rumfliegenden Gedärme und "Doom-Shooter"-Gefechte oder so. Aber irgendwie hatte ich das Gefühl, du hättest Angst bekommen, dass der Monster-Angriff bei detaillierterer Beschreibung den Leser langweilen könnte und hast dich deshalb stark zurückgehalten.

Das sind aber nur meine Eindrücke und sollen den positiven Eindruck der Story nicht schmälern! Tadellose Story, die mir gut gefallen hat und die ich für ausfbaufähig halte. :)

 

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