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Was im Garten Eden wirklich geschah
Adam raufte sich die Haare. »Der große Onkel hat es uns verboten, kapier das endlich!«
»Ich weiß, was er gesagt hat, aber die Früchte sehen so lecker aus. Außerdem rauchst du doch auch die Blätter.«
Einen Moment lang starrte Adam die qualmende, selbstgemachte Zigarre in seiner Hand an. »Nur das Essen vom Baum ist verboten, das Rauchen nicht.«
Eva stampfte mit dem Fuß auf den Boden.
»Ich will aber mal von diesem Baum probieren.«
Von oben hängte sich plötzlich eine braune Schlange zwischen die Streithähne. Ihr Schuppenmuster erinnerte an eine aufgerollte Damenhandtasche.
»Ssssag mal, kann ich auch mal zzzziehen?«
»Von mir aus«, grummelte Adam und stopfte der Schlange die Zigarre ins Maul. Das sah aus wie Kater Karlo auf Brautschau, nur die Tierart war verkehrt.
»Ich hab dich nicht mehr lieb«, heulte Eva und trollte sich. Dabei wackelte ihr Hintern wie eine Fleisch gewordene Venus von Milo.
Nachdenklich sahen ihr Adam und die paffende Schlange nach. Nach kurzer Zeit war sie zwischen den Obstbäumen verschwunden.
»Ich will meine brave Rippe zurück«, schüttelte Adam die Faust gen Himmel.
Als keine Antwort kam, ließ er den Arm sinken. Die Schlange qualmte genüsslich und sah immer noch Eva hinterher. Allerdings hatte sie Schwierigkeiten, geradeaus zu sehen.
»Hihihi«, kicherte sie plötzlich.
»Was?«, machte Adam.
Das braune Reptil warf ihm einen langen, unscharfen Blick zu. Dann gaffte es wieder zu der Stelle, wo Eva vorhin verschwunden war und zog an der Zigarre. »Hehehehehe.«
Diesmal stampfte Adam mit dem Fuß auf. »Sag gefälligst, weshalb du kicherst.«
»Hehehe. Hihihi. Hat euer Großßßßer Onkel wohl wassss dagegen, wenn ich essss mal mit ... hehehe ... Eva treiben würde?«
Adam verlagerte sein Gewicht von einem Fuß auf den anderen. »Treiben?«, fragte er unsicher.
»Hehehehe ... ja ...«, säuselte die Schlange, »essss tun. Ich glaube, er hat vergesssen, dasss zu verbieten.«
»Worüber redest du eigentlich?«
»Hihihi, sssag bloßßß, du hassst keine Ahnung?«
»Wovon?«
»Wasss du mit deiner Sssüßßßen anssstellen kannssst.«
Adam hob und senkte die Schultern. »Ich weiß nicht, wovon du redest, Schlange.«
Sie erklärte es ihm.
Kurze Zeit später durchkämmte Adam mit dem Reptil um den Hals den ganzen Garten Eden. Er rief: »Eva! Huhu! Wo steckst du, Süße? Ich hab was leckeres für dich! Und was zum spielen!«
Am Ende einer Reihe Apfelbäume kam plötzlich Evas Stimme aus einem Gebüsch: »Was leckeres?«
»Ja«, sagte Adam und grinste, »ein leckeres ... Spiel.«
»Ein Spiel?« Sie kam aus dem Busch hervor. Adam hängte die Schlange in den nächsten Baum und beugte sich vor, um ihren Hinweisen entsprechend seinen Mund auf Evas zu pressen.
»Igitt«, kreischte Eva und wandte sich ab, »du stinkst nach dieser Erkenntnisbaum-Zigarre.« Kurz entschlossen riss sie ein großes Blatt von einem Busch und klebte es Adam auf den Mund.
»Mmmf«, machte Adam, dann wischte er das Blatt beiseite. Er fuhr fort, die Dinge auszuprobieren, die ihm die Schlange geraten hatte.
»Au!«, quiekte Eva.
Adam probierte etwas anderes.
Mit einem »Iiieks« sprang Eva in die Luft.
Er versuchte es ein Stück weiter unten.
Klatsch!
Adam seufzte und hielt sich die Wange.
»Hehehe«, machte die neben ihm baumelnde Schlange. In dem Moment, als Adam sie wütend ansah, fing sie an, zu würgen. Adam sprang zur Seite, während die Schlange sich erbrach.
»Dir ist wohl das Rauchen nicht bekommen«, verzog Adam das Gesicht.
»Eeeeeeööö ...«, machte die Schlange.
Adam ignorierte sie und wandte sich wieder Eva zu, aber die versteckte sich hinter dem nächsten Apfelbaum. Unschlüssig trat Adam von einem Fuß auf den anderen.
»Uuuuuu«, stöhnte die Schlange und übergab sich erneut.
»Evolution«, sprach plötzlich ein dünnes Stimmchen, »wäre doch schlauer gewesen als Schöpfung.« Diese Worte kamen von einem Engel, der an einem nahen Baum lehnte.
»Was?«, entfuhr es Adam.
»Ja«, sagte der Engel grinsend, »dann könntet ihr's oder ihr wärt längst ausgestorben.«
Adam trat einen Schritt vor und ballte die Fäuste.
»Uh-oh«, sagte der Engel und gab Fersengeld. Allerdings war er klein, hatte kurze Beine und Stummelflügel, mit denen er nicht schnell genug war. Genau am Verbotenen Baum holte Adam das Flatterwesen ein, griff zu, legte es sich übers Knie und ließ seine flache Hand mehrmals auf seinen nackten Hintern klatschen.
»Au! Au! Au!«
»Ja! Gib's ihm!«, feuerte Eva ihren Mann an.
Klatsch! Klatsch! Klatsch!
Inzwischen war auch die Schlange eingetrudelt. Sie hing tropfend und leise winselnd in den Ästen wie eine untote Stola ohne Puscheln.
Schließlich ließ Adam von dem Engel ab. Der rieb sich den Hintern und sah unzufrieden zu seinem Peiniger auf. »Ich wollte doch nur zuschauen, um etwas von euch zu lernen.«
Adam grinste. »Dann habe ich was besseres für dich.« Er griff nach einer der saftigen Früchte des Baumes der Erkenntnis, riss sie ab und reichte sie dem Engelchen. »Iss das hier, dann weißt du Bescheid – über alles.«
Die Schlange lallte »Dassssmainnnssssob«, aber niemand hörte ihr zu.
»Hm«, machte der Engel zutraulich, »sieht lecker aus.« Er nahm einen großen Bissen von der Frucht.
Sofort donnerte eine Stimme vom Himmel: »Hier spricht der Große Onkel! Wer hat von meinem Bäumchen gegessen?«
Alle zeigten auf die Schlange, die in diesem Moment zu singen anfing: »Schmeeecket und ssseheeet, wieee freundlicccch deeer Heeeeerrr isssst ... uuurg!« Dann musste sie sich wieder übergeben.
Dem Engel wurde klar, was er gerade gegessen hatte und steckte sich einen Finger in den Hals.
»Ihr könnt mir den Garten doch nicht vollkotzen«, tönte die Stimme des Großen Onkels, und einige Äpfel platschten auf den Boden, »raus hier! Alle!«
»Aber ich hab doch gar nicht ...«, versuchte Eva kleinlaut, sich zu verteidigen.
»RAUS HIER! ALLE!«
»Wir etwa auch?«, fragten die Äpfel.