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Copywrite Pyrrhussieg

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13.07.2005
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Pyrrhussieg

Er war nicht arm. Jedenfalls waren dieser Meinung alle, die mit ihm umgingen, die ihn sahen und erlebten.
Wer ihn kannte – und er hatte es zu einer Perfektion gebracht, daß dieses nur den wenigsten Menschen überhaupt möglich gewesen wäre – wusste, daß er arm war. Nicht im materiellen, er konnte sich alle dort vorhandenen Wünsche bedenkenlos erfüllen, doch in einem metaphysischen Sinne. Er war arm in sich, ohne Kontakt mit der Welt um sich herum. Er war alleine, immer und immer schon.
Diese Armut ließ er sich nicht anmerken, nicht einmal erahnen. Er hatte Erfolg, sogar großen Erfolg in seinem Beruf, dem Handel mit Wertpapieren für eine Privatbank. Er kaufte und verkaufte oft im richtigen Moment, er war es gewohnt, ganz oben zu sein.

Seine Frau sah ebenso zu ihm auf, war ebenso weiter unten wie seine Kollegen und auch sein Chef. Sie war jung und fruchtbar und somit ein guter Deal. Es war keine Liebesheirat gewesen - über ihre Motive war er sich nicht im Klaren, sie interessierten ihn auch nicht wirklich - er hatte sein Leben nur kurz verändern müssen und war bereits seit der Geburt des ersten Kindes wieder dabei, seine eigenen Wege zu gehen und eigene Ziele zu verfolgen.
Mittlerweile hatten sie bereits zwei Kinder, doch er wollte noch mehr Nachwuchs. Ihm gefiel der Gedanke, sich zu vermehren und damit in die Ewigkeit zu manifestieren. Sein Sohn, der Erstgeborene, hatte seine dunklen Augen und seine Nase. Die Kleine hatte – wenn man seiner Frau glauben durfte - seine Ohren und sein Kinn; es war ihm nicht sehr wichtig.

...

Den Club kannte er, seit er dort vor Jahren seine Jungfräulichkeit abgelegt hatte. Es war ein Etablissement, das ihn mit seiner morbiden Ausstrahlung vom ersten Augenblick an fasziniert hatte. Er ging oft hin, abends in der Dunkelheit stellte er seinen Wagen in einer Nebenstraße ab, den Weg zur schwach beleuchteten Tür ging er fast beiläufig. Klopfen, ein Blick durch das Sichtfenster, dann öffnete sich ihm die andere Welt.
Er kannte den Weg im Halbdunkel gut, sein Tisch war immer frei. Ein Tisch, der von einer der überdimensionierten Lampen in ein diffuses Schmutziggelb getaucht wurde. Keiner der Gäste würde auf ihn achten, das wusste er, sie suchten das Dunkel der vorderen Tische und hielten die Blicke starr geradeaus. Doch die Tänzerinnen konnten ihn erkennen, ihn sehen. Seine etwas unförmige Gestalt mit den zu kurzen Beinen, die einen bulligen Oberkörper trugen. Manche von ihnen, die sich neben der Tanzerei auch durch weitergehende Dienstleistungen ihren billigen Lohn verdienten, kannten auch mehr : Seinen Geruch, sein Gesicht in steigender Gier, wenn er für einen kleinen Moment die Kontrolle aufgab und schutzlos wurde, seinen kleinen Penis und seine Ablehnung, wenn er nach diesem Moment wieder seinen Weg einschlug.

Die Tänzerinnen erregten ihn, ihre lasziven Bewegungen auf der Bühne, ihr gespreiztes Fleisch, ihr schlangenhaftes, sündiges Präsentieren zog seine Blicke und Gedanken fort von dem hinter ihm liegenden Tag, weg von dem folgenden. Er sah ihnen zu und ließ sich für diese Augenblicke mitreißen.

Eine Tänzerin war dabei, sie war nicht besonders, sie war nur sehr konsequent. Sie beherrschte ihren Körper und die Zuschauer gut. Sehr gut. Auch ihn.
Als er sie das erste Mal sah, es war Jahre her, da nahm er sich vor, sie zu gewinnen.
Sie war nicht hübsch, nicht hübscher als alle anderen jedenfalls, und doch hatte sie eine Aura, eine Ausstrahlung, der sich wohl keiner der Männer in dem kleinen, verqualmten Raum entziehen konnte. Es war ihr Blick, ihre Art sich zu bewegen, die Erregung der Männer nicht nur zu glauben und mit ihr zu spielen, dabei niemals die Distanz reduzierend.
Diese Unnahbarkeit, dieser Nimbus von Abstand zu sich und den Zusehern war es wohl, was ihn faszinierte. Den er haben und gewinnen wollte. Auf ihre Art und auf ihrem Weg war auch sie ganz oben.

Er wartete immer ihren Auftritt ab, bevor er aufstand und an die Bar ging, wo die Damen mit weitergehenden Dienstleistungen wie im Supermarkt ausgestellt wurden. Er suchte sich eine von ihnen aus, ging mit ihr, rieb sich in ihr nacktes Fleisch. Rieb sich fest und schrie diesen kleinen spitzen Schrei.
So war es beim ersten Mal und so war es immer wieder.

Keine Zigarette danach, keine Grußformel, kein Blick mehr in ihre Augen, er zog sich an und verließ das Zimmer, das Haus. Die Schritte zum Wagen, die ersten Meter fuhr er ohne Licht. Er dachte manchmal an die Tänzerin. Er wusste, jeder Deal hat einen optimalen Zeitpunkt, und dieser Zeitpunkt würde kommen.
Dann schlug er wieder seinen Weg ein.

...

In seinem Blick liegt der leere Glanz des erwarteten Sieges. Der Abschluß ist geglückt, Maler hat den Deal absolviert, damit ist seine Provision gesichert. Er lacht leise und freudlos in sich hinein, im Autoradio läuft belanglose Musik. Langsam fährt er in die Nebenstraße, Scheinwerfer aus, rollt noch ein paar Meter. Maler, er war ein schwaches Opfer gewesen, gierig, berechenbar. Es war kein großer Sieg, wenn auch ein sehr lukrativer.

Er lenkt seine Schritte zum beleuchteten Eingang, klopft. Der Türsteher öffnet ihm, grinst ihn an, er sieht an ihm vorbei. Weiter durch die dumpfe Billigkeit, ausgetretener Teppichboden, kalter Rauch in der Luft. Hinter dem schweren Vorhang der kleine Raum, die Bühne, ein paar Tische sind besetzt.
Er sieht ohne ein Gefühl über sie hinweg, auf die Rücken, die von billigen Stoffen bedeckt werden, die Köpfe glotzen nach vorne, gieren die Tänzerin an, die zu pumpender Musik ihren Körper darbietet. Er weiß, wo ihre Blicke sind, auch wenn er ihre Hinterköpfe überfliegt, die Tänzerin ist fest und nun vollkommen nackt. Sie ist es, in ihrer ganzen Aura der Unnahbarkeit, die alle Aufmerksamkeit aufsaugt, mit ihren Augen.

Sein Tisch ist unbesetzt – natürlich. Er setzt sich, die Tänzerin dreht sich um und sieht zu ihm hin. Er spürt ihren Blick und hält ihn aus. Sieht in sie.
Sie löst ihre trüben Augen, dreht sich um, verdreht ihren Körper. Er sieht in sie hinein. Sieht ihre Hände, ihre Bewegungen. Ist gebannt, seine Augen sind dort, wo alle Augen sind.
Der Vorhang fällt, er atmet durch.

Der Vorhang teilt sich. Sie erscheint, sieht ihn an und kommt zu ihm.
Sie setzt sich auf seinen Schoß, er spürt an seinem kleinen festen Penis ihr Fleisch.
„Na, Mädel ?“
Ein einfacher Sieg.
Sie schlingt ihre glänzenden Arme um ihn, drückt ihren Kopf an seinen Hals.
Für einen kurzen Moment wird er unsicher, sie ist weiter gegangen als geplant.
„Hey, was gibt’s denn da zu schnuppern ?“
Statt einer Antwort legt sie ihre Lippen auf seine, ihre Zunge kommt gierig hervor und sucht seine.
Der Sieg schmeckt fahl.

Sie steht schwankend auf, er hat ihren Goldflitter an den Händen, der im gelben Dunstlicht müde glitzert. Den Kopf wirft sie herum, als wolle sie etwas energisch bekräftigen, dann geht sie zurück auf die Bühne, lässt noch einmal ihren Hintern vibrieren und verschwindet mit einem kurzen Lachen.

An diesem Abend geht er sofort zurück zum Wagen. Im Rückspiegel sieht er sein Glänzen auf dem Revers und Gold am Hals. Ihr Gold. Für einen Moment erkennt er seine Armut, für einen Moment fühlt er sich schwach.
Er fährt nach Hause und wird mit seiner Frau schlafen, zum ersten Mal seit Wochen. Er hat so ein Gefühl, daß heute Abend noch ein Sieg zu erringen ist. Und sein Gefühl trügt ihn nur selten.
Hoffentlich wird es ein Junge.

Er lächelt still in sich hinein. Er ist wieder auf seinem Weg.

 

Hallo C. Seltsem,

Seine Frau und seine junge Familie sah ebenso zu ihm auf, war ebenso weiter unten wie seine Kollegen
2mal Subjekt im Singular verbunden mit „und“ ergibt Subjekt im Plural, also „sahen“ und „waren“:

Doch sie war jung und fruchtbar und somit ein guter Deal.
Musst die Frau wiederholen, denn das Subjekt, auf das sich „sie“ bezieht, ist Seine Frau und seine junge Familie; könntest dir das natürlich alles sparen, wenn du schlicht „seine junge Familie“ streichen würdest.

Es war keine Liebesheirat gewesen - bei ihr sicherlich ebenso –
Ja, bisschen ungelenk so formuliert. Liebe spielte bei der Heirat keine Rolle – für sie sicherlich ebenso wenig für ihn – z.B.

Mittlerweile hatten sie zwei Kinder, doch er wollte noch mehr Nachwuchs. Ihm gefiel der Gedanke sich zu vermehren und damit in die Ewigkeit zu manifestieren. Sein Sohn, der Erstgeborene hatte seine dunklen Augen und seine Nase, und die Kleine hatte – wenn man seiner Frau glauben durfte - seine Ohren und sein Kinn. Es war ihm nicht sehr wichtig.
Komma nach „Erstgeborene“. So wie ich das verstehe interessiert ihn sein Sohn durchaus, seine Tochter nicht. Aber dann würde ich dem Sohn einen Satz gönnen und der Tochter auch einen und nicht beides in einem Abwasch erledigen.

Doch die Tänzerinnen könnte ihn erkennen, ihn sehen.
Seine etwas unförmige Gestalt mit den zu kurzen Beinen, die einen bulligen Oberkörper trugen, und manche von ihnen, die sich neben der Tanzerei auch durch weitergehende Dienstleistungen ihren billigen Lohn verdienten, kannten auch mehr.
Das ist eine komische Formatierung. Das „seine etwas unförmige Gestalt“ gehört ja noch zum Vorabsatz und bezieht sich darauf, was die Tänzerinnen sehen. Während die Auskunft, dass manche Tänzerinnen mehr von ihm kannten, dann eher einen Einschnitt bilden würde. Also die Stelle ist sehr unschön.

Eine Tänzerin war dabei, sie war nicht besonders, sie war nur sehr konsequent. Sie beherrschte ihren Körper und die Zuschauer gut. Sehr gut. Auch ihn.
Statt dass der Zuschauer Bilder bekommt, bekommt er Wertungen. Wie sieht das aus? „Konsequent“.

Diese Unnahbarkeit, dieser Nimbus von Anstand zu sich und den Zusehern, er war es wohl, der ihn faszinierte.
Anstand oder Abstand?

Er wusste, jeder Deal hat einen optimalen Zeitpunkt, und dieser Zeitpunkt würde kommen.
Dann schlug er wieder seinen Weg ein.
Das ist nicht nachvollziehbar. Er kann sie jederzeit haben, er braucht keinen Anlass oder bestimmten Zeitpunkt. Es ist offensichtlich auch kein Erlebnis im Text verankert, er zockt jemanden um viel Geld ab, das scheint für ihn auch alltäglich zu sein. Warum er – als seelenloser Pragmatiker – so lange damit wartet und sich gerade dann entscheidet … es leuchtet mir einfach nicht ein.

Es war kein großer Sieg, wenn auch ein sehr lukrativer.
Das meine ich. Nachvollziehbar wäre es, wenn er so eine Art „Selbst-Belohnungssystem“ hätte. Also: Die da gönne ich mir erst, wenn ich 300Tausend im Jahr mache. So etwas in der Art, das wäre nachvollziehbar.

Er lenkt seine Schritte zum beleuchteten Eingang, klopft. Der Türsteher öffnet ihm, grinst ihn an, er sieht an ihm vorbei. Weiter durch die dumpfe Billigkeit, ausgetretener Teppichboden, kalter Rauch in der Luft. Hinter dem schweren Vorhang der kleine Raum, die Bühne, ein paar Tische sind besetzt.
Das ist so wie wenn es in Romanen bei Beerdigungen immer regnet. Oder dass es ein Gewitter draußen gibt, wenn der Killer den Teenagern im verfallenen Haus nachsteigt. Also die „äußeren Umstände“ stützen hier die Atmosphäre. Aber leider durchgängig. Der ganze Text ist so depressiv schmutzig-kühl. Das ermüdet.

Der Text hat, finde ich, zwei Probleme. Einmal ist sein Protagonist einfach … ja, unsympathisch und noch schlimmer uninteressant, ein Stück weit. Kein Mensch, sondern ein Prototyp, der sinnentleerte, seelenlose Materialist, wenn man so will. Der noch irgendwo trübe einen Funken Biologie in sich hat, die Arterhaltung, aber das war es auch schon fast.
Und dann ist der Text in seinen Bildern und seiner Stimmlage sehr monolithisch. Alles grau in grau. Die Frauen, die glotzenden Männer, selbst die Stripperin. Da gewinnt nichts wirklich Farbe oder Tiefe, wie ein Schattenschnitt durch den nur der Protagonist schreitet.
Das stützt schon alles irgendwo die „Aussage“. Er sehnt sich nach was Besonderem, nach Leben, nach Gold, aber er bekommt auch nur einen Abklatsch davon. Kein Gold, sondern nur Goldstaub. Was sucht er auch nach Leben und Feuer in einem Klub, wo die Frauen dafür bezahlt werden, Leben und Feuer vorzutäuschen? Und die eine, die es besser vortäuscht als die anderen, na ja. So toll ist das alles nicht. So richtig will er es wohl auch selbst nicht.

Ich glaube das ist kein Text, den ich mögen kann, dafür sind mir die Figuren und Bilder einfach zu unsympathisch. Es ist auch ein richtig anti-unterhaltender Text. Das ganze Grau zieht einen runter.

Gruß
Quinn

 

Hallo Quinn,

vielen Dank für Deine Kritik und Auseinandersetzung.
Ich habe fast alle Deine inhaltlichen und stilistischen Anmerkungen übernommen, bei

Zitat:
Er wusste, jeder Deal hat einen optimalen Zeitpunkt, und dieser Zeitpunkt würde kommen.
Dann schlug er wieder seinen Weg ein.

Das ist nicht nachvollziehbar. Er kann sie jederzeit haben, er braucht keinen Anlass oder bestimmten Zeitpunkt. Es ist offensichtlich auch kein Erlebnis im Text verankert, er zockt jemanden um viel Geld ab, das scheint für ihn auch alltäglich zu sein. Warum er – als seelenloser Pragmatiker – so lange damit wartet und sich gerade dann entscheidet … es leuchtet mir einfach nicht ein.

bin ich noch am knobeln, wie ich das hinkriege

Und bei

Statt dass der Zuschauer Bilder bekommt, bekommt er Wertungen. Wie sieht das aus? „Konsequent“.
bin ich ebenfalls am grübeln, wie ich das konkretisieren kann.

Die anderen Anmerkungen zum Text habe ich mit Freude aufge- und übernommen, und auch Deine abschliessende Einschätzung - die ich im übrigen teile, voll und ganz - lässt mich nicht völlig unzufrieden zurück.

Auch wenn es nicht mein Ziel war, einen Text, einen Prot zu schreiben, der glaubwürdig unsympatisch, ein ekelglatter bigotter Yuppie ist, irgendwie zog es den Text, die Bilder, die Szene dahin, immer stärker.
Ich mag ihn auch nicht, finde ihn, seine Lebensplanung und seinen Lebensaufbau unerträglich, und bin zugegeben froh, daß dieser :zensiert: nun endlich im besten Wortsinne niedergeschrieben ist.

Ich glaube das ist kein Text, den ich mögen kann, dafür sind mir die Figuren und Bilder einfach zu unsympathisch. Es ist auch ein richtig anti-unterhaltender Text. Das ganze Grau zieht einen runter.
Das tut mir ehrlich leid, auch wenn ich diese Intensität durchaus gewollt habe, wenn Dreck dann keinen farbigen, keinen mit einem süßlichen Duft, keinen, der an Heimat auch nur im entferntesten erinnert.
Nicht daß ich solche FilmeMusikStückeBücherWasauchuimmer selber mag, mögen würde. Kein American Psycho, kein zweites Mal die 120 Tage von Sodom, keine Weltuntergangsfilme - wie gut sie auch sein mögen, kein Wagner, kein Napalm Death, um mal nur mit mir bekannten Versatzstücken dieser Ausprägung, die ich meine, zu hantieren.

Wenn ich die Wahl habe - und die hat man ja meistens - dann vermeide ich selber diese Ausprägung. Und freue mich über jedes Stück doofer Naivität, das ich noch besitze und das mir hilft, die Welt in den Bonbonfarben zu sehen und zu glauben, statt dem Wissen Raum zu geben, daß solche Menschen, solche Leben wirklich bestehen.
Lieber freundliche Charaktere, die einen Grund liefern zu leben, zu lachen, zuversichtlich zu sein, als den Beweis, daß dieses falsch oder auch nur nicht richtig ist. Lieber Geschichten aus Hoffnung als solche von solchen :zensiert:-Menschen. Doch drüber zu schreiben, die Erfahrung war interessant, ganz egoistisch gesprochen.

So bleibt mir, mich nochmals dafür zu bedanken, daß Du Dich erneut mit einem Text von mir auseinandergesetzt hast, der Dir nicht, vermutlich sogar garnicht, zusagte. Daß du die Zeit genommen hast, Dich dennoch zu melden und mir deutlich - doch nachvollziehbar und fair - Deine Einschätzung zu geben.
Danke Quinn, ich weiß das wirklich sehr zu schätzen !

Und abschliessend : es tut mir leid ! Wirklich !

Grüße
C. Seltsem

PS: der Name entstand, als ich die Geschichte in etwa zu einem Drittel fertig hatte und hat die Schreibe geprägt, massiv sogar.

 

Hallo Herr Seltsem!

Du hast einen eigentümlichen Stil, manchmal scheinst du etwas durch eine zusätzliche Beifügung noch verstärken zu wollen, aber oft wird dadurch nur etwas verunklärt. Es bleibt ein verwischter Eindruck.

Wer ihn kannte – und er hatte es zu einer Perfektion gebracht, daß dieses nur den wenigsten Menschen überhaupt möglich gewesen wäre – wusste, daß er arm war. Nicht im materiellen, er konnte sich alle dort vorhandenen Wünsche bedenkenlos erfüllen, doch in einem metaphysischen Sinne. Er war arm in sich, ohne Kontakt mit der Welt um sich herum. Er war alleine, immer und immer schon.
Was genau hatte er zur Perfektion gebracht? Die innere Armut? Wenn ich es richtig verstanden habe, müsste es also heißen: „ - und er hatte seine innere Armut zu einer derartigen Perfektion gebracht, wie es nur den wenigsten Menschen überhaupt möglich gewesen wäre.“ besser wäre vielleicht sogar noch „Gefühlsarmut“ - So wie du es geschrieben hast, ist man sich unsicher, auf was sich Perfektion eigentlich bezieht. Und was seine innere Armut betrifft: Du behauptest sie, du sagst, er hat keinen Kontakt zur Welt und dass er einsam ist, aber für mich ist das noch keine hinlängliche Erklärung für die innere Leere. Du legst ein Gespinst an Worten um den eigentlichen Sachverhalt, triffst ihn aber nicht wirklich. Und ich fürchte, ich mach das jetzt ebenso, um meine Unzufriedenheit zu erklären. ;)
Er ging oft dorthin, abends in der Dunkelheit stellte er seinen Wagen in einer Nebenstraße ab, schlug den Kragen hoch und ging schnell die Schritte zur schwach beleuchteten Tür.
Das klingt mir eher nach Klischee. Der Typ wird eher so beschrieben, als ob es ihn einen Scheiß kümmern würde, ob ihn hier jemand sieht oder nicht. Er ist ein Machtmensch, er kann alles und er darf alles.
Doch die Tänzerinnen könnte ihn erkennen, ihn sehen
könnten
Die Tänzerinnen erregten ihn, ihre lasziven Bewegungen auf der Bühne, ihr gespreiztes Fleisch faszinierte ihn, ihr schlangenhaftes, sündiges Präsentieren zog seine Blicke und Gedanken fort von dem hinter ihm liegenden Tag, weg von dem Folgenden. Er sah ihnen zu und ließ sich für diese Augenblicke mitreißen.
Das „faszinierte ihn“ kannst du weglassen, finde ich, es stört irgendwie. Sonst eine schöne Stelle. „Folgenden“ - wenn du den folgenden Tag meinst, klein.
Sie war nicht hübsch, nicht hübscher als alle anderen jedenfalls, und doch hatte sie eine Aura, eine Ausstrahlung, der sich wohl niemand der Männer in dem kleinen, verqualmten Raum entziehen konnte. Es war ihr Blick, ihre Art sich zu bewegen, die Erregung der Männer nicht nur zu glauben und mit ihr und mit ihnen zu spielen, dabei niemals die Distanz reduzierend.
Wieder umkreist du hier den Sachverhalt, ihre faszinierende Art, aber du scheinst dir unsicher zu sein, oder es nicht genau zu sehen, worin die denn eigentlich bestehen könnte. Diese Unsicherheit zeigt sich für mich auch darin, dass du Aura noch durch „Ausstrahlung“ verstärken musst.
Diese Unnahbarkeit, dieser Nimbus von Abstand zu sich und den Zusehern, er war es wohl, der ihn faszinierte. Den er haben und gewinnnen wollte. Auf ihre Art und auf ihrem Weg war auch sie ganz Oben.
Das ist gut, das verbindet jetzt viele lose Teile in dem Text.
Er suchte sich eine von ihnen aus, ging mit ihr mit, rieb sich in ihr nacktes Fleisch
das zweite „mit“ kannst du dir sparen.
lässt nocheinmal ihren Hintern pulsieren
space zwischen „noch“ und einmal“ - und das mit pulsieren - für mich klingt das unfreiwillig komisch - ein Hintern, der pulsiert, der naja ... :D
Im Rückspiegel sieht er sein Glänzen auf dem Revers
Warum „sein Glänzen“? Das Glänzen des Wagens?

Du hast in deiner Geschichte versucht, die andere Seite zu zeigen, dir einen Typen vorzustellen, der in ein derartiges Etablissment geht und Gefallen an derartigen Darbietungen findet. Dass ihn die Distanz, die sie ausstrahlt, fasziniert, weil er auch immer Distanz zu den anderen Menschen halten will, diese Idee gefällt mir sehr gut und ich finde es auch plausibel. Ansonsten hast du manchmal einen etwas eigentümlichen Stil. Die Wörter, mit denen du etwas sagen willst, bleiben oft seltsam bedeutungsleer. Auf der anderen Seite schaffst du es durch die knappe Audrucksweise an einigen Stellen, die innere Kälte des Helden zu unterstreichen. Die Geschichte lässt mich also etwas zwiespältig zurück. Ansonsten ist es natürlich sehr interessant, wie jemand anderere die eigene Geschichte interpretiert. :)

Gruß
Andrea

 

Hallo C.,

ich habe die Geschichte von Andrea im letzten Jahr schon gelesen, und ich finde, du hast sie copywrite-mäßig gut umgesetzt. Der Perspektivwechsel zum Mann hin liegt natürlich nahe, und du hast ihm ein stimmiges Innenleben gegeben. Ein Mann, der nur in Sieg und Niederlage denken kann, der innerlich kalt und arm ist, dagegen ihr Gold(!)-flitter. Schön!

Ich finde es schade, dass CW-Geschichten wenig gelesen werden und wünsche dir noch weitere Leser und Kritiker. ;)

Gruß, Elisha

 

Hallo Andrea,

Deine gefundenen Fehler habe ich direkt korrigiert, ebenso den pulsierenden Hintern, bei näherer Betrachtung habe ich da die Lust zu kopieren etwas, nunja, fehlgelenkt.

Was genau hatte er zur Perfektion gebracht? Die innere Armut?
nein, das sich nicht kennenlernen lassen :
Wer ihn kannte – und er hatte es zu einer Perfektion gebracht, daß dieses nur den wenigsten Menschen überhaupt möglich gewesen wäre
Die innere Armut ist damit dann das Produkt dieses Prozesses.
Du behauptest sie, du sagst, er hat keinen Kontakt zur Welt und dass er einsam ist, aber für mich ist das noch keine hinlängliche Erklärung für die innere Leere.
auch nicht in der Gesamtheit der Geschichte ? Die Leere die er in sich hat, woher sie kommt, was sie verursacht hat wollte ich mit dieser Geschichte nicht erzählen, doch glaubwürdig sollte sie sein, vorhanden.
Wieder umkreist du hier den Sachverhalt, ihre faszinierende Art, aber du scheinst dir unsicher zu sein, oder es nicht genau zu sehen, worin die denn eigentlich bestehen könnte. Diese Unsicherheit zeigt sich für mich auch darin, dass du Aura noch durch „Ausstrahlung“ verstärken musst.
nunja, da ich hier dicht am Original schreibe, wollte ich die Situation aus einer anderen Perspektive beschreiben. Bei Dir flirrt die Luft, bei mir kommt davon Aura, das ist eher auf sie direkt bezogen, passiv, und Ausstrahlung, auf die Wirkung bezogen, an.
Warum „sein Glänzen“? Das Glänzen des Wagens?
das Glänzen ihres goldenen Glitters auf seiner Kleidung

Mir hat es Spaß gemacht mich an Deinem Augenblick zu vergreifen, das sehe ich sportlich hedonistisch :D Und das Wort verunklären finde ich sehr schön, wäre ein schöner Geschichtentitel.
Mit Eigentümlich wirst Du vermutlich Recht haben...

Danke für Deine Worte und Kritik.


Hallo Elisha,

vielen lieben Dank für Dein Lob, es freut mich wirklich sehr ! Es war mein Ehrgeiz, dicht an die Vorlage zu kommen. Es scheint für Dich zu funktionieren und das ist schön zu lesen. Danke !

Grüße
C. Seltsem

 

Hi Celtsem

Hab die Geschichte jetzt paar Mal gelesen, aber irgendwie finde ich keinen Anschluss zu der Geschichte. Und ich kann dir nicht mal genau sagen, woran es liegt. Normalerweise mag ich diese Außenseitertype, aber hier funktioniert das nicht so. Er ist mir auch nicht unsympathisch, nein im Gegenteil, irgendwie kann ich den Kerl, der sich in irgendeiner Weise selbst verleugnet, auch verstehen, aber ich kann oft seine Handlungen nicht nachvollziehen. Die ganze Zeit schwebt mir das Wörtchen: 'warum' in den Sinn.

Deinen präzisen Stil mag ich, er ist genau das Gegenteil von der Geschichte. Er täuscht vor, der Typ wüsste, was er will, aber es ist nicht so. Er weiß überhaupt nicht, was er will, denke ich mir dann. Nach außen hin erinnert er mich ein wenig an "der Fremde" von Albert Camus.
Ja, dein Typ ist schwer einzuschätzen, und das ist ja auch sein Ziel, und das hat er auch geschafft und du hast es auch geschafft, das durch deinen Stil darzustellen, von daher muss ich schon sagen, dass dir die Geschichte gelungen ist.

Doch sie war jung und fruchtbar und somit ein guter Deal. Es war keine Liebesheirat gewesen - über ihre Motive war er sich nicht im Klaren, sie interessierten ihn auch nicht wirklich
Hier z.B gibst du dem Leser das GEfühl, dass er eigentlich das totale Opfer seiner Umgebung ist, dass er keine andere Wahl hat, und nur so in diesen Kreisen überleben kann, wenn er sich völlig kalt gibt. Aber er ist schuld an seiner Lage. ABer er scheint auch nicht, was daran ändern zu wollen, also was solls, es geht einfach so weiter, und er geht nach Hause und schläft mit seiner Frau. Und das ist cool, weißt du, es ist egal, was passiert ist, es ist egal, dass diese Stripperin eine gewisse Grenze überschritten hat, das Leben geht weiter, und er macht weiter und ich habe mich dann als Leserin getäuscht, weil ich dachte, er wüsste nicht, was er will, aber der Typ ist sich im Klaren darüber, was er tut, was er tat und was er noch tun wird, und das hast du konsequent durchgehalten und dafür hast du mein Lob.
Und hier finde ich die Parallelen zu Andreas Geschichte. Ich muss noch dazu sagen, dass Andys Geschichte eine meiner Lieblinge ist, und daher war ich wohl am Anfang etwas skeptisch und bisken voreingenommen.

Fazit: Kann fast mit dem Original mithalten, sie könnte auch als zweiter Teil durchgehen. Also: Coole Geschichte.

Cu JoBlack

 

Hallo Jo,

auch mir gefällt das Original sehr, schon beim damaligen Lesen fand ich sie inspirierend, in ihrer trockenen, seltsam distanzierten Art zu ihrer Prot. Das gefiel mir und lies meine Gedanken kreisen um die Szene, die Bühne, den Kerl, insgesamt um die Stimmung des Ganzen.

Darum war mein eigenes Interesse das, eine adäquate Geschichte zuzuschreiben, aus den Reaktionen und aus meinem eigenen Gefühl heraus ist mir das nicht völlig missraten, auch wenn es keine "schöne" Geschichte im romantischen Sinn geworden ist.

Ja, dein Typ ist schwer einzuschätzen, und das ist ja auch sein Ziel, und das hat er auch geschafft und du hast es auch geschafft, das durch deinen Stil darzustellen, von daher muss ich schon sagen, dass dir die Geschichte gelungen ist.
das freut mich sehr zu lesen, hat sie doch damit bei Dir auch so funktioniert wie ich es gewünscht habe; und ich kapiere übrigens den Typen auch nicht, ich hab ihn nur beschrieben (und manches Mal dabei gedacht, wie wenig er mir leid tut, obwohl ich ihn arm, ärmstens finde).

Und das ist cool, weißt du, es ist egal, was passiert ist, es ist egal, dass diese Stripperin eine gewisse Grenze überschritten hat, das Leben geht weiter, und er macht weiter und ich habe mich dann als Leserin getäuscht, weil ich dachte, er wüsste nicht, was er will, aber der Typ ist sich im Klaren darüber, was er tut, was er tat und was er noch tun wird, und das hast du konsequent durchgehalten und dafür hast du mein Lob.
ja, das ist sehr nah an dem, was ich empfinde, empfand, als ich seiner zum ersten Male habhaft wurde, als die ersten Konturen von ihm entstanden, und als dann die konsequente Armut seiner Selbst in den letzten Sätzen gipfelte. Die Täuschung war dabei nicht unbedingt beabsichtigt, sondern entsteht vermutlich daher, daß es einfach kein schöner Gedanke ist, daß jemand wirklich _so_ ist und _so_ bleibt.
Eine Läuterung wäre schöner, ein Hauch von Erkennen, von Anteilnahme, von Empathie, doch dieser Typ _ist_ anders und so täuscht er, enttäuscht. Deswegen freut mich Dein Lob ob der Konsequenz, die notwendig ist, um diese Art von Geschichte glaubwürdig zu erzählen.

Also: Coole Geschichte.
das ist ein schönes Resümee, danke !

Grüße,
Cu Seltsem

 

Hallo C. Seltsem!

Ich hab natürlich erst einmal Andreas Geschichte gelesen und war nun gespannt, was Du draus gemacht hast. Sich dieses Charakters anzunehmen, war ja naheliegend, Du hast einen sehr einsamen Mann aus ihm gemacht, was auf jeden Fall gut paßt, und die Copywrite-Vorgabe ist damit auch erfüllt.
Im Grunde hat mir Deine Version auch gefallen, allerdings ist mir die Sicht des Erzählers zu distanziert. So merkt man, daß Du Dich mit dem Protagonisten nicht so recht anfreunden konntest, er ist hart an der Grenze zur Karikatur. ;)

Wer ihn kannte […] wusste, daß er arm war.
Nach diesem Satz hätte ich mir eigentlich erwartet, daß Du seine innere Armut zeigst, aber dann bleibt doch alles sehr an der Oberfläche, fast, als hättest Du Angst davor, in sein Inneres zu schauen.
und er hatte es zu einer Perfektion gebracht, daß dieses nur den wenigsten Menschen überhaupt möglich gewesen wäre
Da sollte doch der Erzähler dann jemand sein, dem es möglich ist, uns diese Armut aus der Nähe zu zeigen, oder? Schließlich weiß er ja auch, daß er arm ist.

Also ich vermute ja stark, daß er vor allem Angst vor richtiger Nähe hat:
Frau und Kinder sind nur Punkte auf der Materialliste für den Reißbrettlebenslauf; Sex ist eine Ware, die er von Frauen im Vorübergehen kauft, die ihm niemals nah sein werden; und die Frau, die er (vielleicht) liebt, betrachtet er nur aus der Ferne, von ganz hinten, aber wehe, sie kommt ihm zu nah …
Dazu kommt Gefühlskälte und der Drang, oben zu sein, also die anderen unter sich zu wissen. Sowas hat natürlich alles seine Ursachen – die zwar nicht unbedingt in der Geschichte stehen müssen, aber authentischer wird sie meiner Meinung nach, wenn man sich als Autor darüber im Klaren ist.
Wäre ich Deine Lehrerin, würde ich Dir jetzt als Hausübung geben, die Geschichte in Ich-Form zu schreiben … :p

Ich hab sie aber trotzdem gern gelesen, und irgendwie hat mich Dein Sicherheitsabstand ja sogar zum Schmunzeln gebracht. Dein Protagonist wird Dich nicht beißen, wenn Du ein bisschen tiefer in ihn reinschaust. ;)

Der Rest der Reihe nach:

»Wer ihn kannte – und er hatte es zu einer Perfektion gebracht, daß dieses nur den wenigsten Menschen überhaupt möglich gewesen wäre – wusste, daß er arm war.«
– leichter verständlich wäre der Satz schon, wenn das, was er zur Perfektion gebracht hat, aus seiner Perspektive aktiv wäre, also z. B.: zu einer Perfektion gebracht, dieses den wenigsten Menschen überhaupt zu ermöglichen

»Nicht im materiellen, er konnte sich alle dort vorhandenen Wünsche bedenkenlos erfüllen,«
– statt »alle dort vorhandenen« fände ich schöner »alle mit Geld erfüllbaren Wünsche« (dann müßte allerdings statt »erfüllen« »leisten« stehen, damit es sich nicht wiederholt) oder »alle käuflichen Wünsche«

»er war es gewohnt, ganz Oben zu sein.«
oben

»Doch sie war jung und fruchtbar und somit ein guter Deal. […]
Mittlerweile hatten sie zwei Kinder, doch er wollte noch mehr Nachwuchs.«
– Das erste »doch« finde ich dem Sinn nach nicht ganz passen, würde ich ersatzlos streichen, das zweite würde ich durch ein »und« ersetzen, ist ja kein Widerspruch, es sei denn, Du schreibst noch ein »schon« oder »bereits« vor die zwei Kinder.

»Ihm gefiel der Gedanke sich zu vermehren und damit in die Ewigkeit zu manifestieren.«
– Gedanke, sich

»Die Kleine hatte – wenn man seiner Frau glauben durfte - seine Ohren und sein Kinn;«
– den zweiten Gedankenstrich auch lang

»Den Club kannte er, seit er dort vor Jahren seine Jungfräulichkeit abgelegt hatte, es war ein Etablissement, das ihn mit seiner morbiden Ausstrahlung vom ersten Augenblick an fasziniert hatte. Er ging oft dorthin, abends in der Dunkelheit stellte er seinen Wagen in einer Nebenstraße ab, auf dem Weg zur schwach beleuchteten Tür ging er fast beiläufig.«
– Wiederholung dort/dorthin
– nach »abgelegt hatte« würde ich einen Punkt machen
– statt »auf dem Weg« würde ich »den Weg« schreiben
– wie geht man fast beiläufig? Vielleicht »betont unauffällig«?

»Doch die Tänzerinnen könnten ihn erkennen, ihn sehen.«
– konnten

»Seine etwas unförmige Gestalt mit den zu kurzen Beinen, die einen bulligen Oberkörper trugen, und manche von ihnen, die sich neben der Tanzerei auch durch weitergehende Dienstleistungen ihren billigen Lohn verdienten, kannten auch mehr.«
– das ist ein seltsamer und schwer zu lesender Satz, den ich teilen würde, also nach »trugen« einen Punkt machen und das »und« streichen, dann wird das gleich viel verständlicher. ;)

»eine Ausstrahlung, der sich wohl niemand der Männer in dem kleinen, verqualmten Raum entziehen konnte.«
– entweder nur »niemand«, ohne »der Männer«, denn niemand ist niemand, ohne Einschränkung, oder »keiner der Männer«

»Es war ihr Blick, ihre Art sich zu bewegen, die Erregung der Männer nicht nur zu glauben und mit ihr und mit ihnen zu spielen, dabei niemals die Distanz reduzierend.«
– irgendwie fehlt mir da etwas, worauf bezieht sich das »Es war« (das Mehrzahl sein müßte, da Du ja mehrere Dinge aufzählst)?
– »und mit ihnen« kannst Du auf jeden Fall streichen – wenn sie mit ihrer Erregung spielt, mußt Du nicht extra darauf hinweisen, daß sie mit ihnen spielt. Wäre ja gar nicht möglich, einen Mann und seine Erregung irgendwie zu trennen, oder? :D

»Diese Unnahbarkeit, dieser Nimbus von Abstand zu sich und den Zusehern, er war es wohl, der ihn faszinierte.«
– das »er« würde ich streichen, das »der« durch ein »was« ersetzten

»Auf ihre Art und auf ihrem Weg war auch sie ganz Oben
– oben

»Rieb sich fest und schrie, diesen kleinen spitzen Schrei, dieser Moment.«
– den Beistrich nach »schrie« weg
– was »dieser Moment« da verloren hat, ist mir nicht ganz klar, vielleicht »genoss diesen Moment« oder so?

»Es war kein großer Sieg, wenn auch ein sehr lukrativer.«
– »wenn auch« würde ich durch »aber« oder »doch« ersetzen

»Sein Tisch ist – natürlich – unbesetzt.«
– statt »unbesetzt« fände ich »frei« schöner, evt. mit einer kleinen Umstellung: Sein Tisch ist frei – natürlich.

»Sieht in sie.
Sie löst ihre trüben Augen, dreht sich um, verdreht ihren Körper. Er sieht in sie hinein.«
– Einen der beiden Hineinsehen-Sätze würde ich streichen.

»Der Vorhang teilt sich. Sie erscheint, sieht ihn an und kommt zu ihm.
Sie setzt sich auf seinen Schoß, er spürt an seinem kleinen festen Penis ihr Fleisch.
„Na, Mädel ?“«
– da hätte ich noch gern einen kurzen Einblick in seine Gedanken oder Gefühle gehabt, bevor er »Na, Mädel« sagt.

»Sie steht schwankend auf, er hat ihren Goldflitter an den Händen, er glänzt im gelben Dunstlicht müde auf.«
– würde ich kürzen auf »ihr Goldflitter an seinen Händen glänzt im gelben …«

»Im Rückspiegel sieht er sein Glänzen auf dem Revers und am Hals sieht er Gold.«
– das zweite »sieht« könntest Du Dir sparen, und statt dem Glänzen, das Du ja schon mindestens zweimal (Glanz und glänzt) verwendet hast, könnte der Flitter auch aufblitzen (durch die Straßenlaternen).


Liebe Grüße,
Susi :)

 

Hallo Susi,

vielen Dank für Deine sehr hilfreiche Kritik, in vielem habe ich Deine Anmerkungen übernommen und damit feingeschliffen, so daß mir das Ergebnis nun selber besser gefällt.

Andreas Original wollte ich nicht nur in der Handlung spiegeln, sondern auch einen Parallelentwurf zur Stimmung schreiben. Und so war für mich von vorneherein klar, daß es kein sympatischer Prot werden wird, keiner, dem ich traue. Und weil ich ihm nicht traue, traue ich ihm sogar zu, sich schon vollständig zu zeigen, wirklich nicht mehr Tiefe zu besitzen. Das macht ihn - da gebe ich Dir Recht - zu einer Karikatur, doch das gefällt mir in diesem Fall. Ich mag ihn nicht, aus der Ich-Perspektive würde ich ihm Tiefe und echte Stärken andichten, die aber das würde nicht zum Timbre des CW-Originals passen, in meiner Empfindung.

Ich hab sie aber trotzdem gern gelesen, und irgendwie hat mich Dein Sicherheitsabstand ja sogar zum Schmunzeln gebracht. Dein Protagonist wird Dich nicht beißen, wenn Du ein bisschen tiefer in ihn reinschaust.
schmunzeln ist bei dieser Geschichte tatsächlich eine unerwartete Reaktion die mich grinsen lässt, damit hätte ich nicht gerechnet, Quinns Antwort lag mir da schon näher :) Umso mehr freut mich das, zeigt sie doch eine andere Lesweise, Karikatur halt, und mit dieser kann ich selber ihn besser annehmen. Sprich, er wird mir sympatischer, vielleicht lasse ich in einer späteren Geschichte mal einen tieferen Blick in ihn zu. Für dieses CW jedenfalls bleibt er karikativ :D

»Es war ihr Blick, ihre Art sich zu bewegen, die Erregung der Männer nicht nur zu glauben und mit ihr und mit ihnen zu spielen, dabei niemals die Distanz reduzierend.«
– irgendwie fehlt mir da etwas, worauf bezieht sich das »Es war« (das Mehrzahl sein müßte, da Du ja mehrere Dinge aufzählst)?
das bezieht sich auf die Aura vorweg, drum halte ich an diesem Darling fest
Wäre ja gar nicht möglich, einen Mann und seine Erregung irgendwie zu trennen, oder?
wäre ja auch garnicht sinnvoll, ausser aus wissenschaftlichem Interesse :D
»Sieht in sie.
Sie löst ihre trüben Augen, dreht sich um, verdreht ihren Körper. Er sieht in sie hinein.«
– Einen der beiden Hineinsehen-Sätze würde ich streichen.
habe ich nicht, weil das "in sie hineinsehen" nicht eindeutig ist. Beide sind doch Betrüger, er und die Tänzerin, und so könnte er in sie hineinsehen i.S.v. "in ihre Seele, ihre Tiefe", aber halt auch oder eigentlich in ihre präsentierte entblößte Körpermitte.
Was ja nicht nur an ihm liegt, sondern auch an der Tänzerin. Und da diese im Original in ihrer Distanz-Nähe mit ihm auch nicht so eindeutig ist, finde ich diese Uneindeutigkeit stimmig. Auch in der Wiederholung.
»Der Vorhang teilt sich. Sie erscheint, sieht ihn an und kommt zu ihm.
Sie setzt sich auf seinen Schoß, er spürt an seinem kleinen festen Penis ihr Fleisch.
„Na, Mädel ?“«
– da hätte ich noch gern einen kurzen Einblick in seine Gedanken oder Gefühle gehabt, bevor er »Na, Mädel« sagt.
das ist ja eine Parallele zum Original, drum bleibt es hier beim Zitat.

Deine anderen Hinweise habe ich eingebaut, nocheinmal meinen herzlichen Dank für Deine Aufmerksamkeit und Deine Hinweise. Und vielleicht greife ich ihn wirklich nochmal auf, später. Und dann kriegt er vielleicht einen Erzähler, der ihm nicht von Anfang an mit Misstrauen begegnet ;-)

Grüße
Carikaturist Seltsem

 

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