Überall heißt es, dass man den Leser von Beginn an fesseln muss, sonst ist er wieder weg.
- Im Internet ist die nächste Geschichte nur einen Klick entfernt, die Geschichten stehen in harter Konkurrenz zueinander, was die Aufmerksamkeit des Lesers betrifft. Langweilt schon der Beginn - ein Mausklick ist schnell ausgeführt.
- In der Buchhandlung lesen viele potentielle Käufer ein Buch an, um zu sehen, ob der Stil ihnen zusagt. Die meisten schlagen dazu das Buch am Beginn auf. Die Kaufentscheidung fällt schnell - viel Zeit wird einem Buch hier nicht eingeräumt, um den Leser zu überzeugen. (Natürlich müssen zunächst Cover, Titel und Klappentext den Leser dazu bewogen haben, das Buch in die Hand zu nehmen und aufzuschlagen.)
- Lektoren sind hoffnungslos überarbeitet und werden mit Manuskripten überschwemmt. Wie viel Zeit geben sie einem Manuskript, sie zu überzeugen? Zehn Seiten? Drei Seiten? Es ist meist nur eine halbe Seite!
Klar, in den genannten Beispielen geht es um mehrere Sätze und nicht nur um einen. Aber mit einem fängt es an. Und der spielt eine große Rolle. Er legt oft schon fest, in welcher Stimmung, mit welchem Gefühl der Leser in das Buch startet, das ihn meist eine Weile trägt.
Natürlich ist der erste Satz nur ein winziger Ausschnitt einer Geschichte. Natürlich gibt es ganz viele weitere Dinge, die untersucht werden können und die vielleicht mehr Aussagekraft haben, weil sie einen größeren Rahmen betrachten. Aber ich behaupte, von allen Sätzen einer Geschichte ist der erste der wichtigste. Warum ihn nicht mal unter die Lupe nehmen? Ob aussagekräftige Resultate dabei herausspringen oder nicht - wenn der Thread allein dazu führt, dass die Autoren hier sich des ersten Satzes und seiner Rolle bewusster werden, ihm vielleicht etwas mehr Aufmerksamkeit widmen, ist das sicher nichts Schlechtes. Das heißt natürlich nicht, das man deshalb den Spannungsbogen oder die Figurenführung vernachlässigen darf.