Was ist neu

Reformierte Neue Rechtschreibung

hallo zusammen

Die Freistellung der Kommasetzung wird wieder teilweise zurückgenommen. Um Sinneinheiten leichter ersichtlich zu machen, muss bei selbstständigen sätzen, die mit einem "und" verbunden sind, in Zukunft wieder ein Komma gesetzt werden. ZB: Die Sonne schien, und der Wind wehte.
Da komm ich noch nicht so ganz mit!

Als Beispiel:

Gleichgültig aber doch froh: so kommt er von der Arbeit Heim, duscht den Dreck und Staub von sich und aus seinen Haaren, küsst Mutter, lobt ihr Essen, zieht sich erneut um, und stiefelt in den Keller zu weiteren Arbeiten
bei dem ersten und kein Komma, ist ja klar.

Das andere und soll ich jetzt also auch mit einem Komma absetzen, weil es ein eigenständiger Satz ist, oder wie?

Wie er das nur macht und schafft, frage ich mich, und falle in die Bierpullen vor meinem Bett.

Hier auch?

Um solche Säze zu vereinfachen: Susanne rennt einer Biene hinterher, versucht sie zu fangen, und wird gestochen. Komma oder nicht?

Wäre nett. Ich hab gerade versucht, es selber zu verstehen, aber irgendwie raff ich es nicht.
Bitte nur antworten, wenn ihr es auch sicher wisst, und nicht einfach was vermuten. Danke.

 

Hallo Aris,
bei zweien deiner Beispiele hast du einen Einschub - da wird auf jeden Fall mit Komma getrennt:

Wie er das nur macht und schafft, frage ich mich, und falle in die Bierpullen vor meinem Bett.

Ich neige dazu, es in diesem Falle optional zu sehen. Wenn der nächste Satz es nötig hat, vom vorderen abgetrennt zu werden, dann setze ich das Komma, ansonsten nicht - und ist ne Konjunktion.

Also etwas wie

Ich stand morgens auf, machte mir Frühstück, kochte das Ei hart, wie ich es gern hatte, ging dann ins Bad, um mich zu waschen, und die ganze Zeit über ging es mir dreckig
. In dem Fall benutze ich das Komma als Akzent, damit es beim Vorlesen/normal Lesen stärker auffällt...

soweit verständlich? Nach zwei Reformen ist doch sowieso fast alles richtig, weil keiner das Gegenteil beweisen kann.

 

Ups! Ich fürchte, ich habe hier inigen Unsinn verbreitet.
Das

Die Freistellung der Kommasetzung wird wieder teilweise zurückgenommen. Um Sinneinheiten leichter ersichtlich zu machen, muss bei selbstständigen sätzen, die mit einem "und" verbunden sind, in Zukunft wieder ein Komma gesetzt werden. ZB: Die Sonne schien, und der Wind wehte.

In Sätzen mit erweitertem Infinitiv soll das Komma (wieder) Pflicht sein: Anna hat es nie bereut, diese Entscheidung getroffen zu haben.


ist nämlich falsch. In beiden Fällen darf das Komma weggelassen werden, wird jedoch empfohlen, wenn es die Gliederung des Satzes deutlicher macht oder Mißverständnisse vermeidet.
Allerdigns dachte ich, genau diese Regelung hätte es schon seit der vorigen Reform gegeben. :confused:

 
Zuletzt bearbeitet:

@ Aris:
selbständige sätze sind sätze, die alleine stehen können mit subjekt und prädikat: Wie z. B.: Die Sonne scheint. Der Wind weht. Wenn du sie nun durch ein UND aneinanderhängst, bilden sie eine hauptsatzreihe, die du durch ein komma vor dem UND unterteilen kannst - (früher musstest, dazwischen sinngemäß nach eigenem gutdünken konntest, und jetzt?) -
deine beispiele haben mit der kommasetzung zwischen zwei selbständigen sätzen nichts zu tun: beim ersteren handelt sich um eine aufzählung von handlungen, die von dem selben (getrennt oder zusammmen?)subjekt ausgeführt werden ->beistrich, weil aufzählung - beim zweiteren beispiel handelt es sich um eine apposition, einen einschub, die/der immer zwischen zwei beistriche gesetzt wird -
ganz allgemein:
regeln, so wird vordergründig argumentiert, mögen das zusammenleben in einer gemeinschaft erleichtern - auch rechtschreibregeln, die einer erleichterten oder bessseren verständigung dienen sollten - sowie eine eu-weite regelung über das verfassen von lebensläufen und bewerbungsschreiben - sowie eine eu-weite standardisierung der bildung usw. - mir graut und graust vor so viel regelung -
hintergründig dienen die regeln in erster linie jenen, die sie beherrschen - und standards jenen, die sie erreichen - und diskriminiert die, die sie nicht erlernen können (manche menschen, und nicht wenige, haben einfach nicht die nötigen gehirnfunktionen zur verfügung - die nötigen synapsenkonstellationen aktiviert, trainiert...es braucht deren viele - und wenn nur ein teil nicht gegeben ist, ist das system, das der erlernung der lesefertigkeit und rechtschreibung dient, unvollständig - eine leitung fehlt...) - die chancengleichheit (gleichheit irritiert mich immer - auch in verbindung mit dem wort "chancen"), die die bildungsstandards propagieren, gilt auch nur für die, die die standards erreichen - die anderen, die nicht können - oder mit anderen fähigkeiten - eben nicht kognitiven oder messbaren - aufwarten, werden zu menschen der unterklasse - vorweisbare, nachweisbare bildung, erreichter standard als schlüssel, um ins reich der "gleichen" menschen einzutreten? -
mein vater z. b. ist ein wunderbarer erzähler - er kann nicht rechtschreiben - hat es nie gelernt - er schämt sich dafür - schreibt deswegen, was er zu erzählen weiß, nicht nieder -
oder nochmals anders rum: schlechte/r rechtschreiberIn - > schlechte/r schülerIn -> diskriminerung - scham -> maul halten - > politisch verstummt...
die bildungsstandardisierten rechtschreiberInnen denken, reden, schreiben für die, dies nicht raffen...
ich wär für richtlinien, wobei individuelle abweichungen - je nach können und wollen - nicht als "furchtbarer" oder "peinlicher" fehler geahndet werden -
wär die beherrschung der rechtschreibung für die verständigung wirklich von so großer bedeutung, wären wir noch ärmer dran als wirs eh schon sind(was das gegenseitige verstehen angeht) : Dann würden wir das gesprochene wort nicht verstehen können...
krissy

 

Krissy, Dein Beitrag illustriert beeindruckend, warum Rechtschreibung eine gute Sache sein kann: Mir kommt er nämlich unlesbar vor. Und das hat nichts mit Herrschaftsansprüchen zu tun.

Allerdings: "wär die beherrschung der rechtschreibung für die verständigung wirklich von so großer bedeutung, wären wir noch ärmer dran als wirs eh schon sind" Da stimme ich Dir zu. Eine schlechte Rechtschreibung macht das Lesen nicht unmöglich, es ist bloß ein nicht zu unterschätzendes (und evtl. seitens des Schreibers beabsichtigtes) Hindernis.

 

Du hast recht, Naut, für den Einen (früher schrieb man Indefinitpronomen auf alle Fälle klein, nach der ersten Reform durfte man sie groß schreiben, wenn ein Artikel, eine Präposition oder ein Possesivpronomen davorstand, und jetzt...usw.) ist "schlechte" Rechtschreibung ein Hindernis beim Lesen für den Andern, um überhaupt sich schreibend zu artikulieren...
und kunst sollte meiner meinung nach bestehende regeln, ordnungen immer wieder hinterfragen, an die grenzen bringen, grenzen überschreiten auch und im besonderen im namen von wenigerheiten, um das wort "minder"heiten zu vermeiden...
gruß krissy

 

Ja, Krissy, auch da stimme ich Dir zu. Allerdings finde ich, dass sich in der Kunst die Form dem Inhalt beugen muss, nicht umgekehrt.

Schriebe ich also:
"ab heute seien wir gleich! einer wie der andere, einem jeden ein gleiches an platz und ausdehnung!", sprachen die einen - doch "halt!", sprachen die anderen, "ihr irrt, denn es gibt einige unter uns, die - trotz ihres status - sich mehr in die höhe recken, die anderen überragen, andere wiederum, die in der breite mehr an raum greifen."
Dann wäre das ein Text über das Prinzip demokratischer Gleichheit, der in seiner Form den Inhalt reflektiert.

Schriebe ich aber - in der selben minuskulösen Art - einen Text über - öhm - Terraformung: welchen Sinn sollte da der Leser dieser Form entnehmen?

Dies nur als Beispiel, dass man es mit seinen persönlichen Marotten auch übertreiben kann. Ich akzeptiere auch nicht jede Regel der NR unbesehen, lehne einige schlicht ab. Aber eine Rechtschreibkonvention allein aufgrund ihrer Existenz als Konvention abzulehnen, ist unreflektiert, denn selbiges ließe sich ohne weiteres auf jede Art von Sprache ausdehnen: Kaëter kensä trú iït. Anschlussfähigkeit ist ein zentrales Merkmal von Kommunikation, und damit (nach meiner Auffassung) von Kunst.

 

Wow - stimme deinen Ausführungen voll und ganz zu und mag dich in diesem Sinne lediglich darauf hinweisen, dass ich meinerseits wohl für Richtlinien plädier(t)e, die allerdings individuellen Abweichungen, je nach Können und Wollen (künstlerische Freiheit), Raum lassen, was sich im alltäglichen und besonderen Sprachgebrauch eh auf diese Weise etabliert, wenn da bloß nicht die Gleichsetzung von Rechtschreibschwächen und Dummheit wäre...

 

Gleichsetzung von Rechtschreibschwächen und Dummheit wäre
Das ist wirklich eine Geißel unserer - ich nenn sie jetzt mal - Gesellschaft. Es ist ja sowieso absurd, mit welchen "Methoden" manche Leute meinen "Intelligenz" quantifizieren zu können - man denke nur an den unsäglichen "Intelligenzquotienten".

 

Guten Morgen Naut - wir scheinen hier ein Privatgepräch zu führen, obwohl ich nach wie vor (oder: Nach wie Vor -> das meine ich, solche Details sollten einfach nicht ins Gewicht fallen) Rechtschreibregeln (und nicht nur sie), ihre Handhabung und Auswirkungen für politisch relevant halte...
Ich möchte mich ausdrücklich bei dir bedanken für die Weichenstellung, die für mich als Geschichtenspinnerin geleistet hast, indem du mich darauf aufmerksam gemacht hast, dass "die Anschulussfähigkeit ein zentrales Merkmal von Kommunikation und damit auch von Kunst ist". (hab ich in einer Beantwortung eines Kommentars zu einer meiner [zwei] geposteten Geschichte bereits zitiert). Diese Anschlussfähigkeit habe ich in fast trotzigem Widerstand gegen Konventionen, die ich allzu gern als Machtmittel aufdecke, vernachläsigt. Ich könnte mich als schöpferisch Schreibende ganz dem Eigensinn hingeben (und mich - o, welche Lust - im Schmerz der unverstandenen Künstlerin vergraben) oder spielerisch eigensinnig dem Verstehen der RezipientInnen entgegenkommen.
Aber diese Überlegung führt von der Auseinandersetzung mit der Rechtschreibung und ihrer Regelung weg. Würde mich allerdings schon interessieren, wie andere Schreibende und Lesende dazu stehen, inwieweit der Verfasser/die Verfasserin von Geschichten dem Leserverstehen der RezipientInnen entgegenkommen sollte/könnte...ohne Selbstverrat... Mir fehlt leider das Know How, wie ich so eine Gesprächsrunde eröffnen könnte -
krissy

 

krissy schrieb:
Aber diese Überlegung führt von der Auseinandersetzung mit der Rechtschreibung und ihrer Regelung weg. Würde mich allerdings schon interessieren, wie andere Schreibende und Lesende dazu stehen, inwieweit der Verfasser/die Verfasserin von Geschichten dem Leserverstehen der RezipientInnen entgegenkommen sollte/könnte...ohne Selbstverrat... Mir fehlt leider das Know How, wie ich so eine Gesprächsrunde eröffnen könnte -
krissy
Hallo krissy,
ich fand deine Ausführungen interessant, allerdings kann ich sie nicht ganz teilen. Denn in diesem Forum treffen wir wahrscheinlich nicht sehr häufig auf Schreiber mit Lernschwächen, Legasthenie und ähnlichen Problemen -die wenden sich aus den von dir zitierten Gründen oft gar nicht erst dem Lesen und selbst Schreiben zu.
Wir treffen doch hier viel häufiger auf Leute, deren Geschichte ungefähr folgendes aussagen "Ich möchte, dass ihr Zeit und Mühe in meine Geschichten investiert, aber ich bin selbst nicht bereit, Zeit und Mühe in meine Geschichte zu investieren, um sie formal ansprechend zu gestalten. Ganz einfach, weil ich zu faul dafür bin, mich mal mit den Komma-Regeln auseinanderzusetzen. Das macht mir nämlich keinen Spaß."
Es geht doch nicht um eine ... exaltierte Marotte, wie deine Bindestrich statt Punkt-Nummer, sondern um tatsächliche Fehler, störende Fehler.
Und das ist einfach unhöflich aus meiner Warte und auch sehr arrogant. Zeichensetzung und Rechtschreibung sind einfach Handwerkszeug und eine Geste des Respekts.
Kommt mir hier manchmal so vor, als ginge ein Fußballer auf den Platz und wolle Fallrückzieher vorführen und mit dem Ball jonglieren, aber er ist nicht mal in der Lage, sich die Schuhe richtig zu zubinden.
Wir alle machen Fehler, Flüchtigkeitsfehler, dumme Fehler, das ist ganz normal. Aber wenn ich fest vorhabe "für andere zu schreiben", "ernsthaft zu schreiben", dann muß ich an grundlegenden Problemen arbeiten -auch und zuerst an den formalen.

Gruß
Quinn

 

krissy schrieb:
und kunst sollte meiner meinung nach bestehende regeln, ordnungen immer wieder hinterfragen, an die grenzen bringen, grenzen überschreiten auch und im besonderen im namen von wenigerheiten, um das wort "minder"heiten zu vermeiden...
Natürlich sollte sie das, es ist allerdings die Frage, ob es über die Rechtschreiung da nicht zu einer Metaebene kommt. Ein Text setzt sich im günstigsten Fall schon mit etwas auseinander, hinterfragt, Regeln und Ordnungen, inhaltlich fern ab vor Rechtschreibung. Lese ich also einen Text in ausgesprochner Kleinschreibung, mag für den Autor nur das politische Bekenntnis gegen die Großschreibung dahinterstecken, ich aber suche in der Kleinschreibung einen inhaltlichen Bezug. Die Metaebene lenkt mich also ab, das Bekenntnis kommt nicht an.
die allerdings individuellen Abweichungen, je nach Können und Wollen (künstlerische Freiheit), Raum lassen, was sich im alltäglichen und besonderen Sprachgebrauch eh auf diese Weise etabliert, wenn da bloß nicht die Gleichsetzung von Rechtschreibschwächen und Dummheit wäre...
"Können" sollte dabei keine Rolle spielen, vorausgesetzt, man setzt Rechtschreibschwächen nicht mit Dummheit gleich sondern akzeptiert, dass es auf den Inhalt ankommt. Dann gibt es für das "Können" ja Lektoren, die den Text überarbeiten und dem Wollen anpassen können.
Andererseits habe ich auch ganz häufig das Gefühl, dass "künstlerische Freiheit" als Euphemismus für "Unvermögen im Ausdruck" verwendet wird.
Diese Anschlussfähigkeit habe ich in fast trotzigem Widerstand gegen Konventionen, die ich allzu gern als Machtmittel aufdecke, vernachläsigt.
Die Gefahr, die ich darin sehe ist, dass auf einmal alles Ausdruck von Machtmitteln ist und sich als solches sogar begründen lässt. Das führt oft von wesentlichen Macht- und Unterdrückungsmechanismen weg.
Gerade die Rechtschreibung ist ja bis auf die jetzige seit zehn Jahren umkämpfte Reform eher demokratischen Wandel unterstellt. Der Duden greift die Veränderungen aus dem Alltag auf und aktualisiert danach seine Auflagen.
Gerade was Bildung betrifft, halte ich die Frage des Machtmittels relevant, ziehe aber andere Schlüsse daraus. Bildung ist ein wesentlicher Faktor zur Chancengleichheit. Allen Menschen gleiche Bildung zukommen zu lassen, ist eine Grundlage, um demokratisches oder auch Klassenbewusstsein zu schaffen.
Hier ist die Praxis sicherlich noch weit von Gerechtigkeit entfernt (Pisa rügte ja gerade diesen Punkt in seiner Studie über Deutschland sehr).
Es mag aktuell sehr hilfreich sein, zu sagen, scheißegal, wie jemand schreibt, hauptsache, er hat etwas zu sagen. Es ließe sich aber fragen, ob ich damit nicht einen Zustand determiniere, der auf Dauer nicht wünschenswert ist.
Vor diesem Hintergrund stört mich die neue Rechtschreibung so wenig, wie es die alte getan hat. Es kommt darauf an, allen zu ermöglichen, sie zu erlernen, auch und gerade, um auch auf eigene Bedürfnisse aufmerksam zu machen.

Lieben Gruß, sim

 
Zuletzt bearbeitet:

Gerade was Bildung betrifft, halte ich die Frage des Machtmittels relevant, ziehe aber andere Schlüsse daraus. Bildung ist ein wesentlicher Faktor zur Chancengleichheit. Allen Menschen gleiche Bildung zukommen zu lassen, ist eine Grundlage, um demokratisches oder auch Klassenbewusstsein zu schaffen.
Das ist die eine Seite der Medaille - sim - die andere Seite ist, dass eine große Mehrheit Eine (sic!) richtige Wahrheit über "Gott und die Welt" (und ich habe jetzt absichtlich ein derart abgegriffenes und weitgreifendes Synonym für das, was ich sagen will, verwendet) lernen. Ich erInnere daran, dass das Andere gern als das Böse oder Schlechte hingestellt wird, aus der Perspektive einer anerkannten, weil erlernten Mehrheitswirklichkeit - und sogar - und diesbezüglich läufts mir echt kalt über den Rücken - Kriege rechtfertigt.
Es kommt darauf an, allen zu ermöglichen, sie zu erlernen, auch und gerade, um auch auf eigene Bedürfnisse aufmerksam zu machen.
Die Rechtschreibung und andere Kulturtechniken zu erlernen, darin stimm ich mit dir überein, sollte und ist ja auch ein Grundrecht eines Menschen (wenn auch nicht allerorts umgesetzt), um sich Stimme zu verschaffen. Nur denke ich, muss mann/frau sehr achtsam in der Vermittlung von grundlegenden Kulturtechniken sein. Z. B.: Welche Texte verwende ich, um Rechtschreibung zu vermitteln - welche Subbotschaften transportiert der Übungstext außerdem...
Und wenn jemand die Voraussetzungen nicht mitbringt, Rechtschreibung und andere Kulturtechniken zu erlernen, sollte er oder sie nicht benachteiligt sein...
Wie schon bei anderer Gelegenheit ausgeführt, ist für mich persönlich, die durchgehende Kleinschreibung kein politisches Statement gegen die Großschreibung, aber Ausdrucksmittel. Ich habe damals die Metapher verwendet, dass es für mich sei, als würde ich mit einem Pinsel voller Farbe auf ein nasses Papier tupfen. Die Farbe, das Wort möge in die Breite fließen, sich verweben mit anderen Worten, Namen(wörter), Tätigkeiten, Eigenschaften möchten ineinandergreifen...Obwohl ich, durch die heftige Kritik, die meine durchgehende Kleinschreibung im Text "aufgehoben", bis hin zur Verschiebung ins Korrekturzentrum, wo ich ihn dann ruhen ließ, ausgelöst, mich inzwischen mehr darauf konzentriere, die Kleinschreibung bewusster und gezielter als Ausdrucksmittel zu verwenden.
Auch meine exaltierte Marotte, Quinn, die Bindestrich-statt-Punkte-Nummer, ist Ausdrucksmittel. Ich mach weder beim Schreiben und schon gar nicht in meinem Leben gern einen Punkt. Und in diesem Zusammenhang habe ich mich schon einmal auf Wittgenstein berufen, der meint, dass aus Sätzen Gesetze werden, davor wollt ich mich und "meine" LeserInnen - ganz im obigen Sinne, dass unterschiedliche Wirklichkeiten und Kulturen durch ein UND verbunden sein mögen - bewahren. Trotzdem gefällt es mir, die Bemühung um die richtige Zeichensetzung und Rechtschreibung als Geste des Respekts gegenüber dem/der LeserIn zu sehen, die Bemühung des Schreibenden/der Schreibenden um das Handwerkszeug, um die formale Richtigkeit. Schön hast du das geschrieben, Quinn - nehm ich mir zu Herzen.
Danke für eure Auseinandersetzungen
krissy

 

Rechtschreibbrainstorming

Wie jedem durchaus bekannt sein wird, gehört die deutsche Grammatik mit zu den schwersten der Welt. Das fängt an bei den drei Relativpronomen (die nicht immer ganz logisch angewandt werden, weil es einfach willkürlich ist) und hört dann leider nicht mehr auf. Jetzt gibt es natürlich ein paar Menschen, auch genannt Minister, die sich überlegen, wie man diese schwere Sprache denn vereinfachen könne: es gibt eine Rechtschreibreform. Und die Reform der Reform und dann die Reform der Reform der Reform (die in etwa wieder so ist wie die Reform selbst) und hier und da beschließt, die Reform einfach wieder außer Kraft zu setzen, weil die alte Schreibung irgendwie doch logischer war.
Manche Sachen tun da einfach in Augen und Ohren weh. Gämse zum Beispiel oder Pizzas oder Fotograf oder Stoppschild oder blondfärben und kurzschneiden, wobei bei letzterem die Regel gilt:
„Verbindungen aus einem Adjektiv und einem Verb werden getrennt oder zusammengeschrieben, wenn ein einfaches Adjektiv das Ergebnis eines Vorgans ist.“
Es wäre also genauso erlaubt blond färben zu schreiben. Genauso wie man sowohl Gewinn bringend wie auch gewinnbringend schreiben kann. Oder mit Hilfe und mithilfe.
Selbstverständlich ist dies eine Erleichterung des deutschen Sprachgebrauchs, da es ja egal ist, wie man es macht.
Gleichermaßen tauchen solche nützliche Dinge in der Groß- und Kleinschreibung auf (großschreiben übrigens, nicht groß schreiben, wobei das auch egal ist). Zum Beispiel goldene Hochzeit und Goldene Hochzeit oder schwarze Liste. Aber: erhält das Wort eine neue Bedeutung, wird großgeschrieben, immerhin eine klare Regel. Es heißt Schuld haben, aber ich bin schuld (man achte bitte auf die Groß- und Kleinschreibung des S).
Dann gab es natürlich noch das Hin und Her bei den schönen Anredepronomen. Zuerst schreib man Du ja immer groß. Dann nicht mehr. Jetzt soll man machen, was man will, denn wenn man’s nicht groß schreibt findet es ja vielleicht jemand unhöflich.
Physiker mögen es verzeihen, dass es neuerdings das ohmsche Gesetz heißt, wo es als Eigennahme sonst immer groß geschrieben wurde, doch alles was auch –sch und –isch endet wird kleingeschrieben. Jedenfalls i.d.R.
i.d.R. ist generell sehr beliebt ... nun ja. Und dann sind da ja noch Hawaiiinseln und Teeei und Kaffeeernte. Und st kann ja auch getrennt werden, nee, muss sogar.
Ph ist auch überflüssig, jedenfalls i.d.R. bei phon, phot und graph, z.B Geograf.
Und tial und tiell werden ersetzt durch zial und ziell. Essenziell. Gh, th, rh werden zu g, t, r: Spagetti, Panter, Tunfisch. Doch hier sei wieder zu betonen: es KANN werden. Muss nicht.
Also überlege ich mir jetzt, wenn ich ein Nomen in Verbindung mit einem Possessivpronomen habe, das unter Umständen der Neuwortbildung ein quadriertes Konjunktivadverb bildet, muss ich es groß schreiben oder klein oder zusammen oder getrennt oder mit f oder mit ph.
Und mal ehrlich: das soll jetzt einfacher sein? Aber zum Glück haben wir ja die Dudenhotline, bei der man 10 Stunden am Tag anrufen und nachfragen kann (Nummerinteressenten bitte an mich wenden). Also nehme ich nächste Klausur auf jeden Fall mein Handy mit, man kann ja nie wissen...

 

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