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So, jetzt wird geröncht.

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13.02.2008
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So, jetzt wird geröncht.

Meine Freundin hieß Marilyn. Sie war nicht wie meine anderen Freunde – sie wohnte gegenüber. Wir lebten gemeinsam in der Bärenstraße. Am Ende der Straße war eine Mauer, die uns den Weg zur Wupper versperrte. Auf die Flussseite der Mauer hatte jemand einen schönen Bären gemalt, den man von der Schwebebahn aus sehen konnte. „Damit die Bärenstraßenkinder wissen, wo sie aussteigen müssen“, sagte meine Mutter. Daneben stand „Sonne statt Reagan“, aber das war nicht zum Nachhausefinden gedacht und hatte mit Regen gar nichts zu tun.
Marilyn durfte nicht alleine Schwebebahn fahren. Sie war viel größer als ich und breit mit vielen dunklen Haaren und öligen Augen. Sie hatte nie Ideen, was wir spielen könnten. Daher musste ich immer sagen: „Lass uns Nahrung suchen!“
Nahrungssuche war Teil jeden Spiels, egal ob wir Igel oder Ozelote waren. Der Budenbau kam zuerst, aber dann mussten Vorräte in die Höhle getragen werden.
Bei uns in der Küche konnte man Reiterchen finden – Käsebrote in leckere Würfel geschnitten. Wenn die Reiterchen besonders klein waren, hießen sie Krankenbrot. Und wenn ich sie ganz winzig schnitt, waren sie Totenbrot und guter Vorrat – wie Pemmican. Marilyn verstand die Notwendigkeit der Nahrungssuche niemals wirklich, auch wenn sie mir folgte. In ihrer Wohnung gab es immer die dicke Mutter. Es roch nach Bratfett und Marilyn musste zum Mittagessen hin, selbst wenn sie viele Reiterchen gegessen hatte. Einmal wollte ich sie abholen, um Nahrung in einem Töpfchen für den Winter im Sandkasten zu verbuddeln, aber sie war gerade in die Schule gekommen und musste ein Bild ausmalen, obwohl sie keine Lust dazu hatte.
Marilyn kannte kaum Tierarten und war schlecht im Hüpfen auf Flusssteinen. Trotzdem behandelte sie mich wie ein Baby. Wenn ich aufs Klo ging, kam sie mit, damit sie mir nachher die Unterhose hochziehen und das Unterhemd durch die Beinlöcher zerren konnte. Die Stoffzipfel sahen aus wie Flügel und ich wusste, dass das Rauszerren unsinnig war. Das sagte auch meine Mutter.
Manchmal tat Marilyn Dinge, die mir dumm erschienen. Wann immer wir uns vor meiner Schwester in einem Hauseingang versteckten, musste sie aus dem Eingang auf die Bärenstraße rotzen und verriet uns durch das Schnoddergeräusch und die fliegende Spucke. Sie rotzte immer viel rum und sagte, das könne sie gar nicht verhindern. Es müsse einfach raus.
Zu meinem fünften Geburtstag bekam ich ein Meerschweinchen, weil ich nun alt genug für so eine Art von Tier war. Da konnte ich schon mal auf Katze üben. Mein Vater schlug vor, das Meerschwein Felix zu nennen, und ich hatte keine Einwände.
Viel konnte man mit Felix nicht machen, weil er nie angefasst werden wollte. So war das eben, aber Marilyn beschwerte sich sehr über Felix, weil man nicht gut mit ihm Doktor spielen konnte. Immer wieder streifte er sich die Klopapiergipse von den Stummelbeinen. Da nahm Marilyn ihn um den Bauch, obwohl ich ihr gesagt hatte, dass man ihn so nicht anfassen durfte, und drückte ihn vor sich auf den Boden, damit er nicht wegrennen konnte. Mit der freien Hand nahm sie das Puppenhausdach und sagte: „So, jetzt wird geröncht.“
„Ge-röncht“ sagte sie, weil sie das Dach auf der letzten Silbe mit aller Kraft und ihrem gesamten Gewicht auf mein Meerschweinchen presste. Ich spürte die Reiterchen sauer in meinen Hals steigen und ich wusste, dass das Rönchen nicht zurückgenommen werden konnte. Danach musste Marilyn zum Abendessen. Ich spielte weiter mit Felix.
Als meine Mutter abends von der Arbeit nach Hause kam, zeigte ich ihr, wie gut man jetzt Felix' Zähnchen untersuchen konnte und wie steif die zarten Pfoten in ihren Klopapierverbänden geworden waren.
Am nächsten Morgen holte ich Marilyn ab, um Felix in seinem Schuhkarton zu verbuddeln. Man durfte ihn jetzt nicht mehr anfassen, denn er war tot und hatte Leichengift.
Als mein Vater auszog und meine Mutter uns ein neues Haus mit neuen Nachbarskindern fand, endete meine Bärenstraßenfreundschaft mit Marilyn.

 

Hallo feirefiz!

Mir gefällt deine Geschichte. Ihr Thema - so verstehe ich sie - ist die unschuldige Kindheitsidylle, die aber von Grausamkeit zerstört zu werden droht.

Kindheitsidylle - dazu gehören Tiere. Wie im Paradies, wo der Mensch mit den Tieren friedlich zusammenlebte (bis zum Sündenfall, mit dem die Disharmonie zwischen Natur und Mensch anfing).

In deinem Text wird diese Idylle unter anderem von dem Bären-Motiv, also Name der Straße, Bärenkinder, die dort wohnen, evoziert. Auch von dem gemalten Bären, den man von der Schwebebahn sieht. Auch die Schwebebahn selbst ruft bei mir Gefühle hervor, die in die Kindheitsidylle zurückweisen (ich selbst besuche immer wieder gerne Wuppertal und fahre Schwebebahn, was bei mir eine kindliche Faszination erzeugt, ähnlich der eines Knaben, der mit seiner Eisenbahn spielt).

Nun entsteht aber bei Kindern irgendwann der Wisstrieb, der sie dazu veranlasst, für sich die Welt zu erkunden. Dieser frühe kindliche Forscherdrang gehört zum Drang des Menschen, sich seiner Umwelt zu bemächtigen und ist oft von einer aggressiven Färbung begleitet.

Diese Aggressivität kommt für mich am klarsten im Röntgen des Meerschweinchens zum Ausdruck. Durch Röntgen blickt man in die Eingeweide eines Menschen oder Tieres - es ist ein aggressives Penetrieren. Aber auch schon in den Kinderspielen vorher kommt dieser Wunsch, sich aggressiv die Natur anzueignen, zum Vorsschein, zum Beispiel im Spiel mit dem Pemmican, das ja von einem erjagten, getöteten und zu Essen verarbeiteten Tier stammt. Diese Aggressivität droht die Kindheitsidylle wie früher der Sündenfall Adams und Evas das Paradies zu zerstören.

Grüße gerthans

 

Hallo Susi,

all dem was Du zum Nutzen des Austausches von Leser und Autor und zur Autoritaet sagst, stimme ich zu. Ich versuchte nur zu sagen, dass man als Autor eben nicht bestimmte Lesarten mit dem Argument ausschliessen kann "so habe ich das aber nicht gemeint", wenn der Text sie zulaesst.

Du bist zwar lt. Deinem Profil noch recht jung, aber auch zur Zeit Deiner Kindheit war die Variante, daß die Mutter arbeitet und der Vater zuhause ist, noch recht unüblich, schließlich gab es noch wesentlich weniger gut verdienende Frauen. Entweder es arbeiteten beide oder nur der Vater, anders war es kaum für jemanden finanzierbar. Davon ausgehend, daß Unübliches in Geschichten normalerweise erwähnt wird, nahm ich also das "Normale" an, und daher der Schluß, wenn die Mutter abends von der Arbeit kommt, war das Kind (oder die Kinder) alleine.
Zu meiner Zeit und in meinem Umfeld gab es recht oft das hervorragende "emanzipierte" Modell, dass die Frau arbeiten ging, um dem Mann das Studium zu finanzieren. Wenn sie dann nach Hause kam, durfte sie zusaetzlich noch den Haushalt machen und die Kinder bespassen.
Zum Thema Finanzierung: Ja, man hat dann sehr wenig Geld.
Vielleicht setze ich meinen Vater noch irgendwo ins Wohnzimmer, das waer ja nur ein Halbsatz. Explizit als ungewoehnlich erwaehnen kann ich die Berufstaetigkeit der Mutter aus dieser Erzaehlperspektive ja nicht, weil es fuer das Kind ja normal ist.

Allerdings hat das ja nichts mit einem »Familienmodell« zu tun, ein Kind ist nicht automatisch überbehütet, nur weil ein Elternteil zuhause ist. Ich glaube, Du vermischt Familienmodell und Erziehungsstil.
Schon mal gut, dass Du Marylin so gelesen hast, wie ich sie meinte.
Ausserdem, ja, das stimmt, auch Zuhausemuetter muessen nicht ueberbehueten, nur in diesem Fall fiel eben beides zusammen.

man zeigt dem Kind damit auch eine Achtung vor dem Tier als Lebewesen, dem man eben nicht irgendeinen Namen gibt, sondern sich gemeinsam Gedanken macht, was zu ihm paßt.
Vielleicht ist es tatsaechlich paedagogisch suboptimal, wie es gelaufen ist. Aber manchmal sind Eltern das eben nicht ohne dass sie deshalb gleich voellig schrecklich sein muessen. Ich wuerde meinem Vater dafuer heute jedenfalls keinen Vorwurf machen - da hab ich ganz andere ;)
Deine Lieblosigkeitsthese nehme ich wirklich sehr ernst und kann es auch nachvollziehen, da das Nichterwaehnen liebevollen Miteinanders tatsaechlich so gelesen werden kann. Aber bei der Namensgebung bleibe ich stur, das finde ich uebertrieben. Mit der Meerschweinbehandlung ist es aehnlich. Denn nur Marilyn sagt, dass Felix doof weil nicht bespielbar ist. Es gibt natuerlich keinen expliziten Hinweis darauf, dass die Eltern Ich dazu erzogen haben, Felix zu lieben, aber ob man daraus direkt interpolieren muss, dass es nicht stattgefunden hat?

Anders klingen würde es etwa, wenn Du schreibst: »Mein Vater und ich waren uns sofort einig, dass er Felix heißen muss.« Da kann man nicht viel hineininterpretieren.
Tatsaechlich wurde er Felix genannt, weil mein Vater meinte: "Er hat ja so ein Glueck, zu Dir zu kommen". Har har. Das hoert sich natuerlich liebevoll dem Kind gegenueber an, aber ich habe es rausgelassen, weil es mir doch zu zynisch erschien. Wieder reinsetzen?

Für mich kam es nicht klar im Text rüber, daß die Ich-Erzählerin gern eine Katze gehabt hätte.
Daß das Puppenhaus selbstgemacht war, ist natürlich eine feine Sache, das kam leider bei mir vorher nicht als selbstgebastelt an.
Da hab ich mich im Kommentar wohl missverstaendlich ausgedrueckt. Das war autobiographische Zusatzinformation, die so tatsaechlich nicht im Text steht oder stehen sollte.

Ja, aber stärker in jeweils der Richtung, wie man die Geschichte verstanden hat. So hab ich dabei das Gefühl, daß niemand das Erlebnis mit dem Kind besprochen hat, weshalb die Auslassungen fast schon als traumatisiert rüberkommen.
Wie gesagt, ich finde es nicht schlimm, wenn man die Geschichte so liest und einiges war bestimmt auch nicht ideal, wie in jeder Familie.
Ein bisschen Trauma ist auf jeden Fall geblieben. :D Nur dass da ein total vernachlaessigtes Kind gezeigt wird, sehe ich nicht. Ausserdem fanden es die meisten anderen Leser es ja auch nicht so.
Ich werde wahrscheinlich trotzdem irgendwo ein Fitzelchen Liebe einbauen um meine Eltern nicht voellig zu denunzieren.

Die Ueberarbeitung kann allerdings noch etwas dauern, weil ich dafuer ein bisschen Abstand braucht. Aber kein Kommentar faellt auf fruchtlosen Boden, selbst wenn ich mich erst wehren muss.

Auf jeden Fall vielen Dank, dass Du Dich so ausfuehrlich mit der Geschichte auseinandersetzt.

lg fiz

@ gerthans: Vielen Dank fuer Deinen Kommentar, ich werde ihn spaeter beantworten.

 

So, gerthans,

entschuldige die Verzoegerung. Ich musste in den letzten Tagen viele langweilige Dinge lesen und schreiben.

Kindheitsidylle - dazu gehören Tiere. Wie im Paradies, wo der Mensch mit den Tieren friedlich zusammenlebte (bis zum Sündenfall, mit dem die Disharmonie zwischen Natur und Mensch anfing).
Es kommen tatsaechlich auffaellig viele Tiere in der Geschichte vor. Es ist ja schon seltsam, dass die beiden sich mit Baeren, Ozeloten und so fort identifizieren koennen, aber sich nicht so erfolgreich in Meerschweinlage versetzen koennen. Das fiel mir erst durch Deinen Kommentar wie Schuppen von den Augen.
Es kann bestimmt auch als Geschichte eines Suendenfalls gelesen werden. Das erste Leben auf dem Kindergewissen. Eine Kainstat. Ich muss aber zugeben, dass ich beim Schreiben ausnahmsweise mal nicht an den Suendenfall gedacht habe, was ich sonst staendig tue.
Ich moechte Dir aber jetzt ganz dringend mal meine "Vertreibung aus dem Paradies" ans Herz legen. Denn da harren noch immer viele Symbole der Ausdeutung.

Nun entsteht aber bei Kindern irgendwann der Wisstrieb, der sie dazu veranlasst, für sich die Welt zu erkunden. Dieser frühe kindliche Forscherdrang gehört zum Drang des Menschen, sich seiner Umwelt zu bemächtigen und ist oft von einer aggressiven Färbung begleitet.
Ich kann mich noch so gut daran erinnern, wie toll es war, Felix endlich mal genau untersuchen zu koennen, weil er still hielt. Obwohl ich ihn nicht getoetet habe, ist das wohl, was mir heute die meisten Schuldgefuehle macht, dass ich mit ihm tot mehr Freude hatte.
Ich denke die Forscherdranginterpretation haut aber auch hin und fuer mich ist das sehr interessant, so ein persoenliches Erlebnis aus globalantropologischer Perspektive gelesen zu sehen.

Danke fuer Deinen Kommentar und viele Gruesse,

feirefiz

 

Guten Tag, feirefiz!

Eine fiese kleine Geschichte ist das. Wie da so beiläufig und unerheblich der Tod ins Spiel kommt und erst gar nicht erkannt wird. Und dann weiß man am Ende immer noch nicht, wie und wann er erkannt wurde, denn darüber schweigst Du Dich lautstark aus:

Ich spürte die Reiterchen sauer in meine Kehle steigen und ich wusste, dass das Rönchen nicht zurückgenommen werden konnte. Danach musste Marilyn zum Abendessen. Ich spielte weiter mit Felix.
Als meine Mutter abends von der Arbeit nach Hause kam, zeigte ich ihr, wie gut man jetzt Felix' Zähnchen untersuchen konnte und wie steif die zarten Pfoten in ihren Klopapierverbänden geworden waren.
Am nächsten Morgen holte ich Marilyn ab, um Felix in seinem Schuhkarton zu verbuddeln.
Irgendwo in diesem Absatz muß Ich ja klargeworden sein, daß das Meerschweinchen tot (kaputt) ist. Aber was das genau für sie bedeutet hat (hatte sie Vergleichsmöglichkeiten?), für die Mutter (wie hat die wohl reagiert?) und für Marylin (schämte sie sich? Entschuldigte sie sich?), das bleibt zwischen den Zeilen und so dem armen Leser überlassen.

Mir fiel dazu ein, wie Kinder oft nicht wissen, was sie tun. Dieses unbestimmte Gefühl, etwas schlimm verbockt zu haben, ist schon da, aber es fehlt noch ein Stück Bewußtsein; ich glaube, daß das daher kommt, daß Kinder nur wenig Vergangenheit und wenig Zeitsinn haben und nicht lange Bank denken. Da kann man viel erklären, es fühlt sich einfach noch nicht so wichtig an, das kommt erst, wenn man Begriffe wie "unwiderruflich" richtig erfasst hat.

Das Meerschweinchen wurde als Übungstier gekauft, sozusagen als Übergangswesen, Ersatzding; das muß ja die Beziehung beeinflussen.
Außerdem sind grausam anmutende Motive (das Meerschweinchen hat beim Spiel nicht richtig mitgemacht) bei Kindern keine Seltenheit. Freunde von mir schnitten einen Frosch mit einer Glasscherbe auf, um zu sehen, ob er grünes Blut hat, ein Klassenkamerad warf sein Meerschweinchen gern durch die Luft, weil es dabei immer pinkelte und das so lustig aussah, ich riß unserem Wellensittich, den ich liebhatte, fast alle Schwanzfedern aus, als ich versuchte, ihn im Flug zu fangen. Alle wußten wir natürlich, daß man Tiere nicht quälen darf, vor allem nicht, weil die Eltern es verboten haben. Nachher heißt es gern: Das hat dem Tier nichts ausgemacht!, weil man die Tiersprache nicht verstehen konnte, über das Tier (und die verwickelte Sache mit den Konsequenzen) nicht genug wußte oder dachte, so einer Strafe entgehen zu können.
Kinder bringen es ja auch fertig, nach so einem Meerschweinchentod z.B. ganz cool zu sagen: Dann kaufen wir eben ein neues! Und das heißt noch lange nicht, daß das böse Mörderkinder sind. Kinder unterliegen noch nicht dem Interpretationszwang, und Schuldbewußtsein ist Übungssache.
Ich glaube auch, daß kein Mensch böse auf die Welt kommt und daß Bosheit keine Eigenschaft, sondern ein Mangel ist.

Was fasele ich eigentlich da? Ich wollte sagen, daß mir die Geschichte gefällt, weil sie über solche Dinge nachdenken läßt, schlicht und glaubwürdig erzählt ist und die hübsche und aufregende Frage, wie und wann das Bewußtsein erwacht und wieviel das Wissen um die Sterblichkeit damit zu tun hat, unspektakulär und anekdotenweis in den Raum pflanzt. Das karpatho-ruthenische Fachwort dafür lautet subtil, glaub ich.

Lieben Gruß!
Makita.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Makita,

ich war ein wenig verschollen - innerlich Land unter. Jetzt schaem ich mich, dass ich boeses Tier so lange nicht geantwortet habe und x Geschichten auf der Beantwortungsliste unkommentiert liess.

Irgendwo in diesem Absatz muß Ich ja klargeworden sein, daß das Meerschweinchen tot (kaputt) ist. Aber was das genau für sie bedeutet hat (hatte sie Vergleichsmöglichkeiten?), für die Mutter (wie hat die wohl reagiert?) und für Marylin (schämte sie sich? Entschuldigte sie sich?), das bleibt zwischen den Zeilen und so dem armen Leser überlassen.
Keine Vergleichsmoeglichkeiten, quietschende Mutter, keine Entschuldigung.
Ich werd was kleines aendern, aber der Leser bleibt doch insgesamt arm. Ist das schlimm?

Das Meerschweinchen wurde als Übungstier gekauft, sozusagen als Übergangswesen, Ersatzding; das muß ja die Beziehung beeinflussen.
Ha, genau! Das ist gut, ich hab das erst jetzt erst ganz begriffen.
Er musste sterben, damit mein Kater Maurizio kommen konnte, der dann von meinem Wissen um die Folgen von Roenchen profitierte.

Das karpatho-ruthenische Fachwort dafür lautet subtil, glaub ich.
hehe, Du fiesen Mob

Ich sehe jetzt anhand Deiner Reflexiooonen auch, dass ich mein Freundschaftsthema angesichts der Urfragen, die da mit dem Meerschwein aufgeworfen werden, vergessen kann. Egal, ist es eben eine lange Einleitung.

schoenen Gruss
feirefiz

PS: Hier ist die Ergaenzung zum notduerftigen Lueckenstopf:

Man durfte ihn jetzt nicht mehr anfassen, denn er war tot und hatte Leichengift.

 

Wenn man's einfach nur auf sich wirken läßt, find' ich's unheimlich schön kautzig. Weckt auf 'ne schräge Art Haufenweise eigene Kindheitserinnerungen, die man manchmal fast vergessen hat.
Dankeschön - kleine, nicht hochtrabende Ursache und 'ne große Wirkung.
Was will man mehr?

 

Hallo B Beck,

kautzig ist schoen, gerade in Verbindung mit Kindern, die sind ja manchmal auch sehr alt - mit uralten Morlaaugen.
Freut mich, wenn es Eigenes weckt.

Vielen Dank fuer Deinen Kommentar.

Und ausserdem noch vielen, vielen Dank an Jutta. Die Empfehlung hat mich sehr gefreut. Nicht nur die Tatsache an sich, sondern besonders der Begruendungstext. Baerenstrassenkinder riechen, hehe.
Aber auch das:

Feirefiz behält bei seiner stringenten Erzählung einen humorvoll-ironischen Blick auf die Zeit mit Marilyn bei, an deren Ende eine Trennung steht. So ist es halt im Kinderleben: Da ziehen die Erwachsenen einfach weg und nehmen sie mit!
Das rechtfertigt ja mein abrupt Ende und dass Du Stringenz siehst troestet mich auch sehr. Dafuer darfst Du Felix auch weiter "Hamster" nennen.

Danke, danke,
fiz

 

Wie geil!:-D

Hallo zusammen!

@ feirefiz

Ne, Du bist auch 'ne Wuppertalerin? Und da seh ich den Text erst jetzt.:-)

Das ist ja geil, da kommen viele Erinnerungen hoch. Auch ich habe als Knirps schon gewusst, wer der Reagan war, der einem von der Schwebebahn aus gut erkennbar mit der Sonne zusammen in gelb gesprayten Lettern von der Wand kurz vor der Haltestelle "Landgericht" entgegen lachte.:-D
Und auch später, wenn ich dann ein Mal die Woche zum Berufsschulunterricht in der Schule am Haspel mußte, hatte der Reagan zumindest in diesem Teil der Welt nichts von seiner Bekanntheit verloren.:-)

Auf die Geschichte komm ich später zurück, wenn ich wirklich Zeit habe, mich damit zu beschäftigen. Aber als ich soeben zufällig auf den Text stieß, mußte ich das doch kurz loswerden.

Gruß von einem ehemaligen Heckinghausener.:-)

Auf bald!

Theryn

 

Ahem,

ich schaeme mich zutiefst. Grad hab ich im Rahmen der copywrite Aktion meine eigene Geschichtsliste angeguckt - macht man ja sonst nicht - und bin auf vollkommen unbeantwortete Beitraege gestossen. Das tut mir schrecklich leid. Ich kann es mir nur dadurch erklaeren, dass ich in den letzten Monaten nicht wirklich oft auf kg.de gewesen bin, so dass mir die Beitraege durch die Lappen gegangen sind.

Ich schaeme mich auch zutiefst, dass ich jetzt durch diese Spaetantwort den Text wieder hochspuele.

Hallo Are-Efen,

schoen, was Du da ueber Ratten erzaehlst. Ich selber habe grad zu Ratten allerdings ein sehr entspanntes Verhaeltnis, weil ich mehrere als Haustiere gehabt habe.
Es ist auch sehr interessant, was Du ueber das Verhaeltnis von Mensch und Tier erzaehlst. Tiere als Teil der Menschenwelt sind ja tatsaechlich oft eine recht verkrampfte Angelegenheit, mit der ich mich in meinen Texten auch gern beschaeftige.

Was Felix angeht, finde ich, dass er hier doch einen ganz schoenes virtuelles Grab gefunden hat. Und nach und nach hat sich durch die Kommentare auch das ein oder andere Leidensgenossentier hinzugesellt. Fuer mich war es auf jeden Fall heilsam, mir diesen Suendenfall von der Seele zu schreiben.

Vielen Dank fuer Deinen Beitrag und nochmals Entschuldigung fuer meine Ignoranz.

Hallo Theryn,

freut mich sehr, wenn ich Erinnerungen wecken konnte. Vielleicht schreib ich ja auch mal einen Lokalkrimi "Der Schweinchenwuerger vom Arrenberg".
Auch Dir vielen Dank und eine unterwuerfige Entschuldigung.

lg
fiz

 

Hallo feirefiz,

mir hat die Geschichte gut gefallen. Durch deinen Erzählstil lief sie bei mir ab wie ein kleiner Film. Fast wie eine Doku, ohne Wertung, einfach dargestellt.
Das ist dir mMn durch den kindlichen Erzählton gelungen und kam bei mir super an. Hat mir wirklich gefallen wie so ein Stück Schokolade zwischendurch. Irgendwo habe ich gelesen, dass du den Titel vielleicht ändern möchtest. Auch da kann ich nur sagen, Finger weg, Titel passt prima.

Grüße
Katinka

 

Hallo Katinka,

freut mich, dass Dir die Geschichte gefallen hat, besonders weil Du an ihr magst, was mir besonders wichtig war, naemlich der kindlich-unreflektierte Erzaehlton. Und ja, der Titel bleibt auch. Der ist schon fein.

Danke fuer Deinen Kommentar.

Lieben Gruss

fiz

 

Hallo feirefiz,
mir gefällt der Stil, wie deine Geschichte erzählt ist sehr gut. Die Dinge passieren einfach. Man muss auch nicht alles totdiskutieren.
Wirklich sehr schön, habe die nur wegen des Titels mal angeklickt.
Frohes Schreiben noch!
Minsc

 

Ja,

Bruder Parzivals,

diese Erinnerung(en) gefallen auch mir und weil alles schon gesagt ist

wünsch ich noch'n schönes Wochenende!

Friedel

 

Hallo Minsc und Friedel,

Die Dinge passieren einfach. Man muss auch nicht alles totdiskutieren.
Hach, an mein Herz!

Vielen Dank fuer eure Kommentare und ich wuensche euch einen schoenen Montag.

fiz

 

Hi Feirefiz,

ich habe deine Geschichte heute morgen gelesen, ich fand so schön, und sehr traurig irgendwie. Ich weiß nicht, ob du das beabsichtigt hast, aber die Trennung der Eltern wird durch den Tod des Hamsters potenziert, es ist nicht einfach nur eine Trennungsgeschichte, sondern eben mehr. Mehr Eindrücke gibts beim erneuten Lesen


Grüsse
Arek

 

Hallo Arek,

Tod des Hamsters
meimei, was habt ihr nur alle mit eurem Hamster? Felix war ein astreines Meerschwein, die sind auch viel robuster als Hamster und nicht nachtaktiv, deshalb prima Uebetiere - hehe.

Schoen, dass Du es als Geschichte ueber die Trennung der Eltern gelesen hast, so kann man das naemlich auch machen. Tod und Trennung sind eben so Dinge, die einem als Kind irgendwann begegnen, ohne dass man sie so recht versteht - Verlust der Unschuld vielleicht, wenn man an Schuld glaubt, oder Vetreibung aus dem Paradies, wenn man an Paradiese glaubt. Aber alles nicht so dramatisch, das war mir wichtig.

Danke fuer Deinen Kommentar,
fiz

 

Lieber feirefiz,

ich hoffe, es ist okay wenn ich deine Erzählung kommentiere, auch ohne diese Unzahl an Beiträgen darunter gelesen zu haben.
Die Geschichte finde ich nett, die Pointe sitzt. Auch Marylin hast du recht eindringlich geschildert. Aber bitte: jeder Versuch, etwas aus der Sicht eines Kindes schildern zu wollen, muss fehlschlagen, genauso wie das bei allem fehlschlagen muss, das dümmer ist als man selbst, das gilt für Kinder genauso wie für Robben, Neandertaler und äußerst dumme Menschen - es sei denn man ist ein Genie! Schon gar nicht kann es funktionieren, wenn du im Präteritum die Welt aus der Sicht und innerhalb der sprachlichen Möglichkeiten eines Kindes erzählst; nicht nur weiß der Leser, dass du kein Kind bist, du hältst die Perspektive nicht einmal konsequent ein. Es wirkt halt leider gestelzt.
Versuch es mit innerem Monolog, dann kannst du eine Situation vielleicht einigermaßen glaubwürdig darstellen, aber eben nur zeitdeckend, für deinen Plot wäre darum vielleicht ein extern fokalisierter Erzähler sinnvoll, oder eine Kombination aus beidem.
Oh ist es spät!
Liebe Grüße,
Maria

 

Hallo Maria,

ich hoffe, es ist okay wenn ich deine Erzählung kommentiere, auch ohne diese Unzahl an Beiträgen darunter gelesen zu haben.
Das ist absolut okay.

Aber bitte: jeder Versuch, etwas aus der Sicht eines Kindes schildern zu wollen, muss fehlschlagen, genauso wie das bei allem fehlschlagen muss, das dümmer ist als man selbst, das gilt für Kinder genauso wie für Robben, Neandertaler und äußerst dumme Menschen - es sei denn man ist ein Genie!
Na ich weiss nicht. Klar ist das ne erzaehlerische Herausforderung, aber dass man daran als Nicht-Genie unweigerlich scheitern muss, glaube ich nicht. Und schon gar nicht finde ich, dass man es deswegen gar nicht erst versuchen sollte.

Schon gar nicht kann es funktionieren, wenn du im Präteritum die Welt aus der Sicht und innerhalb der sprachlichen Möglichkeiten eines Kindes erzählst
Ich seh es so, dass mir gerade das Praeteritum erlaubt, die Geschichte so zu erzahlen, wie ich es getan habe, weil ich mich damit naemlich nicht strikt an die Sprache des Kindes halten muss (und es auch nicht getan habe), da eben eine grundsaetzliche Distanz zwischen erlebendem und erzaehlendem Ich besteht, die ich im Einzelnen unterschiedlich modulieren kann. Man kann deshalb wie Kasimir das schon getan hat, von einem erwachsenen Erzaehler ausgehen, der von seinem Erleben als Kind berichtet, ohne viel zu analysieren. Dass er damit nicht mit diesem Kind identisch ist, muss ich Dir als Anhaengerin Genettes nicht erklaeren.
Ein innerer Monolog wuerde m.E. die Problematik des gekuenstelten Kinderbewusstseins, die Du zurecht angesprochen hast, sogar noch verstaerken. Ausserdem waere ein hauptsaechlich in Kindersprache geschriebener Text fuer mich stilistisch nicht ansprechend.
Was "externe Fokalisierung" in diesem Fall bezwecken soll, ist mir uebrigens schleierhaft. Nullfokalisierung, also das Ueberschreiten der Kinderperspektive um die Zeitspruenge zu ueberbruecken, okay. Aber warum soll der Erzaehler weniger als das Kind wissen? Oder arbeitest Du hier mit Mieke Bals Terminologie? Dazu kann ich dann nur sagen, dass die extrem problematisch ist, weil sie die entscheidende Errungenschaft der Trennung von Modus und Stimme wieder ueber den Haufen wirft.

nicht nur weiß der Leser, dass du kein Kind bist, du hältst die Perspektive nicht einmal konsequent ein.
Also was der Leser ueber den Autor zu wissen glaubt, ist tatsaechlich irrelevant. Es wuerde mich allerdings schon interessieren, wo Du findest, dass die Kinderperspektive besonders stark gebrochen wird, wobei der Erzaehler im Praeteritum da wie gesagt grundsaetzlich andere Lizenzen als eine Darstellung als innerer Monolog hat.

Ich hoffe, meine Antwort klingt jetzt nicht zu defensiv. Ich hab mir ueber die Erzaehlperspektive in dieser Geschichte selbst schon viele Gedanken gemacht und ich weiss, dass sie nicht voellig unproblematisch ist. Es ist aber die beste Loesung die mir bisher eingefallen ist und im Moment bin ich mit dem Text so wie er ist zufrieden (das kann sich natuerlich noch aendern).
Vielen Dank fuer Deine Anmerkungen, sie haben mich auf jeden Fall dazu gebracht, nochmal ueber das Arrangement nachzudenken.

Hallo Are-Efen,

Es ist wohl so, dass es zwei Erzählstimmen gibt
Vielleicht kannst Du ja mit dem was ich Maria zur Erzaehlperspektive geantwortet habe, auch was anfangen. Du hast aber Recht, es ist keine Erzaehlung die sich 100 prozentig an den Kinderhorizont haelt, weil das schon sprachlich schwer umzusetzen waere.
Ich muss zugeben, dass mir die Trennung am Ende fast selbst entfallen waere, wenn Arkadius sie mir nicht wieder bewusst gemacht haette. Der Text ist eben intelligenter als ich, wahrscheinlich gerade deshalb, weil er autobiografisch ist.

Danke fuer Deine erneute Rueckmeldung.

lieben Gruss,
fiz

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi,

ich finde es gut, wie du dich in die Personen - in die kleinen Mädchen, - hineinversetzt, so stelle ich mir kleine Kinder und ihre Gedankenwelt vor. Du hast auf jeden Fall an die Details gedacht.

Was mir auffiel - und mein Tipp an dich ist, - wenn du schreibst, dann bring von Anfang an Action rein. Ich weiß das ist keine Actiongeschichte, trotzdem finde ich muss eine Geschichte spannend sein. Ich finde die Geschichte entwickelt sich sehr gut. Am Anfang nur kommt man nicht so leicht rein - und da ja oft der erste Eindruck überzeugen muss, würde ich dir raten schon am Anfang etwas reinzubringen, damit der Leser reinkommt. Vielleicht sogar so weit gehen, dass du den Tod des Meeresschweins vorwegnimmst.

to be continue...

Grüsse
Arek

 

Hallo feirefiz,

wollte ja mal was von dir lesen. Bin jetzt endlich mal dazu gekommen. Ich habe diese Geschichte gewählt, weil ich Kurzgeschichten mag, die auch wirklich kurz sind.
Diese KG scheint mir gelungen. Gerade der Einstieg ist toll, besonders, wenn man Wuppertal kennt.

Weniger gelungen finde ich die Sprache, die nicht immer passt. Der gelobte Satz "Da konnte ich schonmal auf Katze üben" passt nicht zu Formulierungen wie "Ich akzeptierte das" oder "bewegliches Schanier", nur als Beispiel. Auch, wenn die Ich Person hier ein sehr schlaues Kind sein soll, könntest du noch einmal verbessern, die Sprache einheitlich zu halten, also entweder kindlich naiv oder wissend erzählerisch. Das ist natürlich die Schwierigkeit bei einer solchen Geschichte, die es zu meistern gilt.


Aber ich glaube, WEltenläufer hat da schon ähnlich kritisiert.

lieben Gruß

 

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