Was ist neu

Wie geht ihr mit real Erlebtem um?

Ich finde, eine Geschichte, die ich real erlebt habe.. ist gefährlich zu schreiben ... schon für mich selbst.
Wenn ich sowas in einem Tagebuch mache, dann kann ich das auf meine eigene Art ausdrücken. Dann schert niemanden der Aufbau oder die Sprache oder die ewigen Wiederholungen oder Auslassungen von ( mir ) Bekanntem.
Aber wenn ich das für "Fremde" schreibe, dann muß ich Personen charakterisieren, Situationen bewerten ... dabei kann man schnell eine "Heldenfigur" aufbauen... aber ich denke, jede Bewertung der Situation und handelnden Personen in Form eine "starren" Geschichte, also einer, die für Publikum geschrieben wurde, birgt die Gefahr, daß man seine eigene Wahrnehmung und Wunschvorstellungen zu sehr in den Vordergrund stellt.

Einmal habe ich eine Geschichte über ein reales Ereignis geschrieben ( den Tod eines Freundes / Bekannten ).. als ich sie fertig hatte, habe ich sie gelesen und war froh, das auf Papier festgehalten zu haben. Nur habe ich es nicht zu meinen KGs geheftet, sondern in mein Tagebuch geklebt...
diese Geschichte werde ich auch wohl nie jemandem zeigen.

Ich bewundere Leute, die erlebte Geschichten 1 zu 1 umsetzen und schreiben können - und das dann gut machen. Aber oft geht es eben daneben.. dann ist der Hauptzweck des Textes, geschrieben zu werden. Nicht gelesen zu werden.
nichts schlechtes! Nur ist dann Veröffentlichung vielleicht der falsche Weg...

Lieben Gruß,
Arc

 

Ich hab mal eine Frage zum Titel. Ist es eigentlich möglich etwas nicht "real" zu erleben? :rolleyes:

 

Zitat: "Aber alles, was darüber hinausgeht, gehört in ein Tagebuch. Das wurde ja durchaus schon weiter oben in diesem Thread geschrieben."

- Wie ist es denn etwa mit dem Tagebuch der Anne Frank? Das war doch ein Bestseller.

Auch meinte ich eher keine Tagebuch-Geschichtchen, sondern aus der Norm fallende Erlebnisse, die durchaus auch für andere interessant sein können.

Ich finde, man kann Reales schreiben - es geht nur darum, ob und vor allem wie man die Reaktionen verkraftet, wenn man es tut, wofür eben die Distanz zum Erlebten wichtig ist, das sagten ja auch die Beiträge auf der ersten Seite aus.

Zur Frage, ob es nicht real Erlebtes gibt: Ja, etwa ein Traum ist nicht real erlebt. ;)

Alles liebe
Susi

[Beitrag editiert von: Häferl am 07.03.2002 um 02:37]

 

@ I3en
Jupp, man kann Horrorgeschichten schreiben, ohne sie erlebt zu haben... :D
Tolkien hat sein "Herr der Ringe" bestimmt auch nicht real erlebt... hihi... Sonst wundert's mich, wie er in unsere Welt hier zurück gefunden hat (ich wär in Mittelerde geblieben)... :D
Man kann ja auch über Dramen schreiben, die man selbst nicht erlebt hat, die einen aber interessieren.

Gruß
stephy

 

Stephy wovon redest du eigentlich?
Ich hab gefragt wo der Unterschied zwischen erleben und "real" erleben liegt. Dass man über alles schreiben kann, ist doch vollkommen klar. :susp:

 

@I3en... Träume vielleicht...? Man erlebt sie und kann das, was man darin erlebt hat, als Basis für eine Geschichte nehmen, aber wirklich real waren sie nicht... Nicht in dem Sinne, dass ich, wenn ich von einem Unfall träume, ihn ja wirklich erlebt habe. Aber vielleicht sind meine Gefühle in dem Traum so intensiv gewesen dass, ich kaum etwas dazudenken muss sondern mich so fühle, als wenn es Realität gewesen wäre...

 

@Ginny

Erst schreibst Du über Träume:

Man erlebt sie...

Und dann:

Nicht in dem Sinne, dass ich, [...] ihn ja wirklich erlebt habe.

Hmm... Also erlebt man Träume jetzt, oder nicht?


Aber egal, ich weiß worauf du hinaus wolltest, und das mit dem Träumen leuchtet mir auch ein. Ich hab halt einfach ein Faible für's dekodieren von sprachlichen Logikfehlern. ;)

 

@ I3en

Sorry, sorry, sorry, sorry.
Ich hab das, was Du geschrieben hast, falsch interpretiert. Sowas liegt mir im Blut... :D

stephy

 

@I3en... Korinthenkacker, wie...? :D Ok...ich erlebe keine Ereignisse in Träumen, aber ich erlebe die gleichen, oder ähnliche, Gefühle wie in der Realität... ;)

 

Also ich denke, alles, was man schreibt, erlebt man auf einer anderen Ebene mit. Die hat aber nicht unbedingt etwas mit Realität zutun.

Gruß
stephy

 

Es ist merkwürdig, aber während ich schreibe, denke ich, dass ich völlige Fiktion verfasse oder zumindest soweit weg von der Realität bin, dass nur ein paar Rahmenbedingungen mit mir zu tun haben.

Wenn ich den Text dann ein paar Tage später durchlese, erschrecke ich mich regelmäßig, wie persönlich das wieder mal geworden ist und wie viel aus meinem Leben da ohne Blabla-Umschweife steht.

Denn eigentlich will ich in den Geschichten Distanz zu meinem Leben haben, aber das Schreiben versaut mir das völlig.

Das hat zur Folge, dass ich soviel bearbeiten muss - und ich finde es wirklich quälend meine Texte zu überarbeiten -, damit ich am Ende nicht vollkommen nackt dastehe.

Einige Sachen lasse ich dann ab einem bestimmten Punkt aus Faulheit drin, weil mir einfach nichts Groteskeres mehr einfällt, das die Realität noch überbieten könnte.

Insgesamt ist das so ein Aufwand, dass ich eigentlich gar keinen Bock mehr zum Schreiben habe, zumal ich danach weder schlafen noch essen kann, aber irgendwie geht's mir gleichzeitig wesentlich besser, wenn ich schreibe.

Wie dem auch sei: ich kann nichts richtig trennen - Reales, Empfundenes, Fiktives - alles ein Brei.

Manchmal klaue ich auch die Geschichten von meinem Freund T, der wirklich seltsame Dinge erlebt und zu faul ist, sie selbst aufzuschreiben. Das ist dann wesentlich einfacher.

:)

 

@Endorphina:
ich kann das gut nachempfinden. Auch für mich gibt es Geschichten, die zu persönlich sind. Die muß ich dann auch entweder bearbeiten, oder "streichen".
Und bearbeiten ist schwierig, weil ich meine Geschichten zwar kritisch sehe, aber nicht gern was an der Urfassung verändere.

ich habe durchaus Geschichten, die etwas mit mir zu tun haben ( Gott sei Dank nicht zu viel )... und bin deshalb froh, daß mich hier niemand kennt. Denn meine Freunde interpretieren oft zu viel hinein... fangen z.B. an, sich Sorgen zu machen...

lieben Gruß,
Arc

 
Zuletzt bearbeitet:

[editiert]

Jetzt stellt sich für mich die Frage (und eigentlich ist es für mich gar nicht wirklich eine Frage):

Macht es Sinn, wenn ich versuche, über Dinge zu schreiben, von denen ich wenig Ahnung habe, wo ich mir das Wissen erst aneignen muß, wenn ich selbst Berichtenswertes hautnah erlebt hab und daher am besten weiß, wie man sich fühlt?

[editiert]

Ich kann doch sowas nicht für mich behalten. Wozu sollte ich es denn für mich aufschreiben - ich weiß es doch!? Und Abstand gewinnen: zu gewissen Dingen kann man nie Abstand gewinnen, die sind nach mehr als zwanzig Jahren im Rückblick noch viel schlimmer, als sie ursprünglich empfunden wurden.

[editiert]

Trotzdem werde ich versuchen, auch anderes zu schreiben. Aber die Wahrheit kann ich nicht verschweigen und unter den Teppich kehren,

liebe Grüße
Susi

 

Hallo Susi,

Also worüber Du letztendlich schreiben solltest kann ich Dir nicht sagen - das liegt ganz an Dir.
Aber ich habe eine Frage. Muss Du Dich denn zwischen einer erfundenen Heroin Geschichte oder der erlebten LSD Geschichte entscheiden? Man könnte das ganze ja unter Umständen auch kombinieren, so dass das Heroin Pärchen auch LSD nimmt, oder, dass sie im Heroinrausch ähnliche Sachen wie bei Deinem LSD Trip erleben, etc.

Ben

 

Also ich hab eigentlich nie eine real erlebte Sache in einer Geschichte verarbeitet. Stelle ich mir auch recht schwer vor. Dafür habe ich allerdings ein Tagebuch, in dem eben drinsteht, was ich erlebt und dabei empfunden habe. Meistens sowieso mehr das Empfinden als das Erleben... Doch das sind bei mir zwei getrennte Welten - und nur ab und zu fließt mal eines von der einen Welt in die andere.

Gruß,
stephy

 

Wenn Dein "privater Müll" spannend geschrieben wäre und Du einen gewissen Abstand zu Deiner "Story" hättest, hätte ich nichts dagegen, diesen Müll zu lesen... ;)

[ 17.06.2002, 22:55: Beitrag editiert von: stephy ]

 

Hi Gérard!

Danke, daß Du Deinen Beitrag hier gepostet hast!

Wie Du vielleicht mittlerweile in diesem Thread gelesen hast, bin auch ich der Meinung, daß real Erlebtes durchaus eine Geschichte sein kann und keinen Müll darstellen muß. - Es kommt nur darauf an, ob das Erlebte wirklich so interessant ist, daß es auch andere mitreißen kann.

Das Wichtigste ist aber, daß man das, was man schreibt, auch verarbeitet hat. Denn wenn man das nicht hat, können einen die Antworten sehr treffen und man ist mitunter nicht in der Lage, die Kritik als Kritik an der Geschichte zu sehen, sondern nimmt sie persönlich.

Ich denke mittlerweile auch, daß es nichts ausmacht, wenn man Details des Realen verändert. Man kann ja etwa für sich selbst die Ur-Form aufheben (~Tagebuch) und um sie für den Leser auch interessant und ansprechend zu gestalten, einiges verändern oder gar eine Handlung drumherum aufbauen. Der Leser weiß ja ohnehin nie, was an Geschichten real und was erfunden ist, außer man sagt es selbst dazu.

Trotzdem bin ich überzeugt, daß jemand, der etwas selbst erlebt hat, die Gefühle die man bei etwas empfindet, wesentlich besser beschreiben kann, als jemand, der sie nur nachempfindet.

Vanessa Redgrave sagte in einem Film (Titel weiß ich nicht mehr) als Schlußsatz:

"Ein Fisch, der in Freiheit schwimmt,
wird niemals fühlen können, (oder "kann niemals fühlen")
was einer empfindet,
der an der Angel hängt."

Ich sehe deshalb mittlerweile das Erlebte wie ein Kapital (die einzige Form, in der ich Kapitalist bin), und das verschwendet man doch eher nicht.

Es gibt irgendwie in mir die Teile des Erlebten, die noch nicht verarbeitet und daher noch nicht reif sind, und die, die bereits verarbeitet sind, die geschrieben werden können.

Nachdem sie verarbeitet sind, fällt es (mir) nicht mehr schwer, nur einen Teil der tatsächlichen Erfahrung in eine andere Handlung einzubauen, da ja das Schreiben der Geschichte nicht mehr die Verarbeitung an sich ist.

Dann tut man sich auch leichter mit Deinem Punkt a, denn wenn ich beim Schreiben nicht von den Emotionen behindert werde, kann ich leichter über Formulierungen usw. nachdenken oder eben auch Teile loslösen und in einer anderen Handlung verarbeiten.

Ich denke, man muß den Leser manchmal betrachten, wie jemanden, den man zu sich nach Hause zum Essen eingeladen hat: Man richtet es dann anders an, als wenn man es "nur" für sich selbst kocht.

Liebe Grüße
Susi

 

Womit Du jetzt alle als debil bezeichnest, die real Erlebtes schreiben? :susp:

(Ich gehe jetzt mal davon aus, daß Du nur das falsche Wort genommen hast...)

 

Debil??? BITTE DEUTSCH MIT MIR REDEN! :heul:

Noch besser; schwäbisch. Damit ich Euch auch verstehe... ;)

Gruß,
stephy

 

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