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Glühende Kälte

Seniors
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07.05.2004
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Glühende Kälte

Ich weiß nicht einmal seinen Namen.
Ich weiß nur, dass er blaue Jeans und einen roten Pullover trug.
War es das, was mich so sehr an Lukas erinnerte? Oder sein Haar, das im Schein des Lichts rötlich schimmerte?

Den fremden Jungen habe ich im Kaufhaus gesehen. Die Menschen drängten an mir vorbei, stöberten hier und dort noch nach einem Weihnachtsgeschenk. Sie schoben und drückten, als ginge es um ihr Leben. Ich lehnte mich an eine Wand, um einen Moment lang auszuruhen und da lief er an mir vorbei, streifte mich mit einem Blick aus seinen blauen Augen, wandte sich seiner Mutter zu und verschwand wieder aus meinem Leben.

Ich weiß nicht mehr genau, wie ich nach Hause gekommen bin. Ich taumelte vorwärts, klammerte mich an einem Kleiderständer fest, der daraufhin umfiel.

Nun bin ich hier, in meiner Wohnung und knie vor meiner „Zeitmaschine“. So nenne ich die große Holzkiste, in der ich Erinnerungen aufbewahre.
Ich atme tief durch, bevor ich sie öffne. Der süßliche Geruch, der daraus hervorsteigt verursacht mir Übelkeit. Ich nehme die getrocknete Rose, die mir mein erster Freund geschenkt hat, heraus. Einen kurzen Moment später ist die Erinnerung nur noch ein Haufen schwarzer Brösel.
Viele Dinge haben sich schon angesammelt. Ein Stapel Briefe meiner ehemaligen Schulfreundinnen. Ein kleines Döschen mit meinen Milchzähnen. Unzählige Fotos, alte Konzert- und Kinokarten. Ich bin eine Sammlerin. Meine Mutter schüttelt immer den Kopf, wenn sie mich in meiner Wohnung besuchen kommt und sieht, was ich alles aufbewahre.
Ich nehme jeden einzelnen Gegenstand aus der Kiste und gönne mir einen Moment der Erinnerung. Die älteren Dinge liegen weiter unten, und so ist es, als würde ich immer weiter in meine Vergangenheit zurückwandern.
Ganz weit unten liegt ein geschlossener Umschlag.
Meine Hände zittern, als ich ihn öffne, um den schlimmsten Geist meiner Vergangenheit daraus zu befreien.

Lukas, mein Zwillingsbruder.
Er kam mit nur einem Bein auf die Welt. Ich hingegen war ein kerngesundes, für ein Zwillingsbaby äußerst kräftiges Kind. Es schien, als hätte ich ihm die Energie, die er gebraucht hätte um sein zweites Bein wachsen zu lassen, entzogen.
Luka, wie ich ihn nannte, war mir eine Last.
Immer, wenn ich sah, wie er sich mit seinem Holzbein abmühte, dann fühlte ich mich schuldig. Hatte tatsächlich ich sein Bein am Wachsen gehindert?
Die alte Agnes, die im Dorf als seltsam verschrien war, hatte mir das im Alter von sechs Jahren gesagt. "Du bist so ein kräftiges Kind. Deinem Bruder hast du die Kraft genommen. Das ist der Grund, warum er nur ein Bein hat. In früheren Zeiten hätten sie dich als Hexe auf dem Scheiterhaufen verbrannt."
Meine Mutter legte großen Wert darauf, Luka so normal wie möglich aufwachsen zu lassen. Sie verstand nie, dass es gerade diese erzwungene Normalität war, die sein Leben unnormal machte.
Sie bestand darauf, dass ich Luka überallhin mitnahm. Selbst, wenn ich eine Freundin besuchte, um zu plaudern, sollte er mit.
Luka merkte natürlich, dass ich das nicht wollte. Er fühlte sich auch nicht wohl damit. Mitgekommen ist er trotzdem fast jedes Mal. Er zog sein und mein Unbehagen der Einsamkeit vor.
Die anderen Kinder wollten nie mit mir spielen, wenn Luka dabei war. Für die wilden Spiele war er viel zu langsam.
So saßen wir oft nur da und sahen den anderen beim Herumtoben zu.
Manchmal ballte Luka die Hände zu Fäusten, weil er so gerne mitmachen wollte und gelegentlich leuchteten seine Augen bei dem Gedanken, er könnte sein wie wir.
An seinen guten Tagen schlug er mir vor, auch mitzuspielen. "Es macht mir nichts, wenn ich hier sitze und zusehe."
Tat ich es, so verfolgten mich seine traurigen Blicke.
Oft hasste ich Luka dafür, dass wir aneinandergekettet waren. Ich schämte mich jedoch meiner Gedanken so sehr, dass ich mich selbst bestrafte. Möglichkeiten fand ich viele. Ich verzichtete auf mein Lieblingsessen, schlug mir selbst ins Gesicht oder setzte mich so lange auf unseren Ofen, bis ich Brandblasen davon bekam. Oft tat mein Hintern so weh, dass ich tagelang nicht richtig sitzen konnte. Letzteres war meine bevorzugte Methode. Es erinnerte mich daran, dass ich in einem anderen Leben als Hexe verbrannt worden wäre.

Luka hasste die Schule. Niemand kann grausamer sein, als Kinder.
"Nimmst du meine Hand?", fragte er mich immer, bevor wir das Schulhaus betraten.
Er krallte seine Fingernägel so fest in meine Hand, dass ich oft blutete.
"Der Krüppel kommt mit seinem Kindermädchen", riefen die anderen. Sie zwickten oder schubsten ihn, verpassten ihm Tritte, so dass er meine schützende Hand loslassen musste.
Oft lag er wehrlos am Boden, während sich die anderen auf ihn stürzten, um ihn weiter zu quälen. Ich stürzte mich auf die Kinder, prügelte wild um mich und trug dabei so manche Schramme davon. Es endete nur, wenn ein Lehrer kam und dem Einhalt gebot.
Der Rektor schlug meinen Eltern vor, Luka auf eine Sonderschule zu schicken, doch dagegen wehrten sie sich immer.
Ja, Luka sollte normal aufwachsen, doch stattdessen erlebte er an jedem einzelnen Tag die Hölle.

Obwohl er litt, wusste Luka genau, wie er seine Schwäche ausnutzen konnte.
Wünsche, die er meinen Eltern gegenüber äußerte, wurden ihm prompt erfüllt, denn Luka hatte es ja schwer genug.
Ein Streit zwischen uns beiden, zu dem meine Mutter als Schiedsrichter gerufen wurde, endete stets zu Lukas Gunsten, während ich in mein Zimmer verbannt wurde.
Natürlich war ich oft eifersüchtig wegen dieser ungerechten Behandlung, doch auch für diese Gefühle bestrafte ich mich selbst. Wie konnte ich Eifersucht empfinden, wenn es mir doch so gut ging?
Auch die Kunst der Erpressung verstand er nur allzu gut. Ein unbedachtes Wort von mir führte oft dazu, dass meine Besitztümer zu seinen wurden.
Wenn ich gelegentlich etwas alleine unternehmen wollte, dann musste ich ihn mit Gegenständen zwingen, meiner Mutter glaubhaft zu machen, dass er tatsächlich nicht mitwollte.

Es war ein kalter Wintertag.
"Ich gehe heute Nachmittag mit Elisabeth Schlitten fahren. Ich mag nicht, dass du mitkommst."
Wir liefen von der Schule nach Hause.
"Ich möchte aber", antwortet Luka mit trotziger Stimme.
"Du weißt doch genau, dass Schlitten fahren zu anstrengend für dich ist."
"Ich möchte mit."
"Du bekommst meinen grünen Leuchtstift, wenn du Mama sagst, dass du nicht mitgehst."
Er legte den Kopf schief: "Den grünen Leuchtstift und deine zwei neuen Fußball-Sammelbilder."
Ich stöhnte. "Meinetwegen"
"Gib mir die Sachen gleich", forderte er.
"Kannst du nicht warten, bis wir zu Hause sind?"
"Nein."

Nachdem wir gemeinsam unsere Hausaufgaben gemacht hatten, spielte ich noch eine Partie Mühle mit Luka.
"Mama, ich gehe Schlitten fahren."
"Luka, möchtest du auch mit?"
Sie bedachte mich mit einem strengen Blick, wie immer, wenn der Verdacht aufkam ich könnte den Bruder ausschließen.
Er nickte.
Wutentbrannt ging ich in den Flur, zog mir meinen Schneeanzug, Mütze, Schal und Schuhe an. Mama folgte mit Luka.
Sie zog ihn an, strich ihm immer wieder über das Haar und funkelte mich aus wütenden Augen an. Sie verabschiedete sich mit einem Kuss von Luka, während sie zu mir kein Wort sagte.

"Danke, Luka", schnauzte ich ihn an, als wir losliefen. "Wir hatten eine Abmachung."
"Mir doch egal. Du kannst deine blöden Sachen wiederbekommen."
"Ich mag die Sachen nicht mehr. Ich wollte einfach nur alleine weg. Ich hasse dich."
Er war Beleidigungen gewöhnt und lief teilnahmslos neben mir her.
"Jetzt komme ich zu spät. Immer musst du mit."
Sein Schweigen forderte einen kleinen Teufel in mir heraus.
"Nie kann ich etwas alleine machen. Wieso kann ich keinen normalen Bruder haben?"
Er sah mich einen kurzen Moment lang verletzt an, ehe er wieder in jene Apathie zurückkehrte, die er sich während seines kurzen Lebens angeeignet hatte.
Es begann zu schneien. Lukas Holzbein verursachte ein schlurfendes Geräusch im Schnee.
Meine Worte begannen, mir Leid zu tun. Ich sann schon über eine passende Bestrafung für mich nach, suchte die richtigen Worte für eine Entschuldigung und wollte gerade dazu ansetzen, als die Kirchenglocken drei Uhr schlugen. Das machte meine guten Vorsätze zunichte.
"Herrgott noch mal! Ich habe Elisabeth versprochen, dass ich um drei Uhr da sein werde. Wegen dir wird natürlich nichts mehr daraus. Es dauert garantiert noch eine halbe Stunde, bis wir ankommen. Ich wollte dich nicht mitnehmen. Ich möchte nur einmal etwas alleine machen und du gönnst es mir nicht! Du bist so egoistisch!"
Ich weiß noch, wie eine kleine Stimme in meinem Kopf mich warnte, weiter zu sprechen. Dinge, die einmal gesagt wurden, kann man nicht mehr aus der Welt schaffen, auch wenn man sich noch so oft entschuldigt.
"Du Krüppel."
Er blieb stehen und starrte auf den Boden. Ich packte ihn unsanft an der Hand und zerrte ihn weiter. Er sträubte sich mit aller Kraft dagegen, doch er kam nicht gegen mich an.
"Wir laufen jetzt über den Bach."
Der Bach war ungefähr drei Meter breit. Früher, als die Winter noch kälter gewesen waren, war er immer mit einer Eisschicht bedeckt gewesen.
"Nein", widersprach Lukas mit tränenerstickter Stimme "Mama erlaubt das nicht".
Ich höhnte: "Kein Wunder, dass dich niemand ausstehen kann. Du bist echt ein Feigling."
Ich genoss das Gefühl ihm Angst zu machen.
Wir gingen das steile Ufer hinab. Lukas verlor den Halt, rutschte ein Stück weit hinunter und landete unsanft mit dem Hintern auf dem Eis.
Ich musste ihm beim Aufstehen helfen. Er streckte mir nur widerwillig seine Hand hin.
"Komm endlich."
Wir liefen vorsichtig. Selbst ich fürchtete mich ein wenig, doch das gute Gefühl, Luka Angst zu machen war stärker.
Plötzlich knackste das Eis. Ich rannte los, hielt Luka an der einen, die Schlittenschnur an der anderen Hand. Luka verlor seinen Schlitten. Er zögerte einen kurzen Moment lang, so dass mir seine Hand entglitt. Das Eis brach. Ich machte einen riesigen Satz in Richtung des rettenden Ufers. Als ich mich umdrehte, war Luka verschwunden.
Ich sah auf das große Loch, das sich im Eis gebildet hatte. Das Wasser sah schwarz aus. Große Blasen stiegen auf. Ich konnte Lukas Hand sehen, die versuchte, irgendwo Halt zu finden. Voller Panik setzte ich einen Fuß auf das Eis, doch es knackste unter meinen Beinen und ich blieb stehen und sah zu, wie er ertrank.
Ich weiß nicht, wie lange ich dort stand und nur auf dieses Loch starrte. Ich weiß nicht einmal mehr, ob ich geweint habe.
Ich hoffte, dass Luka plötzlich unversehrt herausklettern würde.
"Ich habe ihn getötet", fuhr es mir durch den Kopf. "Ich hab ihm sein Bein und nun sein Leben genommen. Ich bin eine Hexe."
Jeder würde wissen, dass ich eine Hexe war. Jeder würde mich hassen, weil ich Luka umgebracht hatte. Ich dachte an die bevorstehende Zeit. Alle würden mich hassen, alle würden mich eine Mörderin nennen.
Ich atmete tief durch, nahm meinen Schlitten und machte mich auf den Weg zu Elisabeth. Mein Herz klopfte so laut in meiner Brust, dass ich fürchtete, jeder könne es hören. Ich blieb stehen und erbrach mich in den Schnee.
Am Rodelberg wartete Elisabeth schon ungeduldig auf mich. Sie war so wütend über meine Verspätung, dass ihr nicht auffiel, dass mich etwas bedrückte.
Um auch keines der anderen Kinder etwas merken zu lassen, rannte ich stets am schnellsten den Berg hinauf und rodelte, am lautesten lachend, wieder hinunter.
Selbst als die anderen schon längst gehen wollten, überredete ich sie immer wieder zu einer weiteren Rodelpartie. Erst als es stockdunkel war und alle Angst hatten, sie könnten zu Hause Ärger bekommen, gingen wir auseinander.

Ich fürchtete mich in der Dunkelheit. Ich erwartete eine dunkle Macht, die mich bestrafen würde. Jemand der so etwas getan hatte, konnte nicht ungeschoren davonkommen. Jedes laute Knacken der Bäume entlockte mir einen Schrei.
Ich lief am Bach vorbei, blieb einen Augenblick stehen, um einen Blick auf Lukas´ Grab zu werfen. Ich stellte mir vor, wie seine Hände nach mir greifen könnten um mich selbst hineinzuziehen.
Ich bekam eine Gänsehaut und begann zu rennen. Den ganzen Weg nach Hause rannte ich, obwohl meine Lungen von der kalten Luft brannten.

Ich blieb lange vor unserer Haustür stehen, ehe ich klingelte.
Mama öffnete. "Seid ihr verrückt geworden? Warum kommt ihr erst so spät?"
"Ist Luka noch nicht hier?"
Sie schüttelte den Kopf: "Warum?"
"Er hat nach der Hälfte des Hinweges umgedreht. Er hatte keine Lust mehr."
Die Lügen kamen mir so glatt über die Lippen. Ich verriet mich nicht durch das geringste Zittern meiner Stimme.
"Lieber Gott, er ist noch nicht da. Wann ist er denn losgelaufen?"
"Weiß nicht mehr genau."
"Warum hast du ihn alleine laufen lassen? Vielleicht ist er gestürzt und liegt irgendwo im Schnee."
Ich zuckte die Schultern: "Vielleicht braucht er einfach noch eine Weile."
Sie ohrfeigte mich.
"Geh in dein Zimmer", befahl sie mir. "Ich hätte dich für vernünftiger gehalten, aber anscheinend ist es zu viel verlangt, dass du dich um deinen Bruder kümmerst."
Langsam lief ich die Treppe zu meinem Zimmer nach oben. Ich hörte, wie Mama aufgeregt im Gang hin und her lief. Sie rief Papa und Oma und Tante Hilde an. Bald war das ganze Haus voller Leute. Die Männer gingen auf die Suche nach Luka und selbst die Polizei wurde eingeschaltet.
Mama kam immer wieder in mein Zimmer und wollte alles genau wissen.
"Wann ist Lukas losgelaufen?", fragte sie wieder und wieder. Jedes Wort, das wir gewechselt hatten, sollte ich wiederholen. Ich erfand eine Geschichte und immer, wenn ich eine ihrer vielen Fragen nicht beantworten konnte, dann schlug sie mir ins Gesicht.
"Nun lass doch das Kind in Ruhe. Sie kann auch nichts dafür", versuchte Tante Hilde sie zu beschwichtigen.
Die Suche nach Lukas blieb lange erfolglos.
Erst im nächsten Frühjahr wurde seine Leiche gefunden.
Obwohl meine Mutter längst mit seinem Tod gerechnet hatte, versetzte ihr das den Rest. Ständig murmelte sie vor sich hin. "Mein armer Junge, mein armer Junge. Wie muss er gefroren haben. Er hat es immer gemocht, wenn es warm war."
Ich weinte viel. Ich weinte um Lukas und um mich selbst.
Mit Lukas ist auch ein Teil meiner Selbst gestorben. Jener Teil meines Herzens, in dem ich meinen Zwillingsbruder mehr liebte, als ich es je für möglich gehalten hatte. Stattdessen war etwas Neues hinzugekommen – etwas, das es mir nie mehr möglich gemacht hat, mir selbst in die Augen zu sehen.
Im Winter schlafe ich oft bei offenem Fester, ziehe mir die Decke weg, um zu frieren. Wenn es so kalt ist, dass ich zu zittern beginne, dann denke ich immer: "Das ist es, was Luka gefühlt hat. Nur noch viel schlimmer."
Ich erinnere mich noch genau an den Blick, den die alte Agnes mir bei Lukas Beerdigung zuwarf. Ich glaube sie wusste, was wirklich geschehen ist.

Auf dem Foto aus dem Umschlag spielen Luka und ich zusammen. Wir sitzen im Sandkasten und bauen eine Burg. Lukas Haar schimmert rötlich in der Sonne. Seine Jeans sind ihm ein wenig zu groß und sein rotes Lieblingshirt klebt vom Schweiß an seinem Körper. Seine blauen Augen strahlen in die Kamera.

 

Hallo Bella,

erst mal ein bisschen Textkram


Meine Mutter legte großen Wert darauf Luka, so normal wie möglich, aufwachsen zu lassen.

Ich glaube, ein Komma kommt nach "darauf", und die anderen beiden kommen weg.


Sie bestand darauf, dass ich Luka überall hin mitnahm. Selbst, wenn ich eine Freundin besuchte, um zu plaudern, sollte er mit

Da fehlt ein Punkt ;)


Er bevorzugte sein und mein Unbehagen gegenüber der Einsamkeit.

Ich glaube: "er zog .... der Einsamkeit vor" würde sich besser lesen.


Es dauert garantiert noch eine halbe Stunde, ehe wir ankommen.

Hmmm... mein Sprachgefühl sagt hier: "bis", aber ich kann mich auch irren


Selbst ich fürchtete mich ein wenig, doch das Gefühl Luka Angst zu machen war größer.

Ich würde das Gefühl vielleicht noch etwas spezifizieren, "das gute Gefühl" oder so. Außerdem fände ich "stärker" statt "größer" glaube ich gut.


Eine sehr traurige Geschichte, besonders, weil sie so menschlich ist. Man kann das Mädchen gut verstehen, das sich nicht immer mit dem Bruder herumschleppen möchte, und auch die Schuldgefühle, die ihr ja vor allem von der Gesellschaft aufgeprägt werden (ich kenne das gut, meine Mutter wollte auch immer, dass ich mit irgendwelchen armen, benachteiligten oder behinderten Kindern spielte, weil die sonst niemanden hatten).
Traurig, dass die Situation so eskalieren musste. Ein bisschen habe ich mich ja gefragt, warum die "Schuld" des Mädchens nicht herauskommt, schließlich wissen ja die Kinder am Schlittenhügel, dass Lukas nicht da war. Aber vielleicht hat die keiner gefragt.
Schrecklich, dass deine Protagopnistin nun mit dem Gefühl leben muss, ihren Bruder umgebracht zu haben, wo ihre Reaktion doch so verständlich ist(zumindest, dass ein Kind so reagiert, ist ja nur natürlich).

Die Geschichte gefällt mir sehr gut. Ich finde, du hast die Protagonistin und ihre Gefühle, aber auch das Verhalten eines solchen behinderten Kindes sehr gut getroffen (es ist oft tatsächlich so, dass sie besonders unverschämt sind).
Textich sehr flüssig zu lesen und gut aufgebaut, finde ich. :thumbsup:

Ein kleines bisschen störe ich mich an den ">>". Warum machst du keine normalen Anführungszeichen?

Liebe Grüße,

Ronja

 

Hallo Ronja,

vielen Dank für´s Lesen und deine Kritik.

Die Anmerkungen zum Text habe ich jetzt mal alle übernommen.

Es freut mich, dass es dir gefallen hat.
Leider muss ich zugeben, dass du mich bezüglich der anderen Kinder eiskalt erwischt hat. Ich habe überhaupt nicht bedacht, dass man die wahrscheinlich auch fragen würde. Da muss ich noch eine Änderung einbauen.

Ich war mir nicht sicher, ob für die Prot. tatsächlich Verständnis aufkommt, insofern bin ich froh, dass mir das gelungen ist.

Vielen Dank für deine lobenden Worte!

LG
Bella

Ach ja, wegen der Anführungszeichen: Ich hatte neuerdings einen Anfall, dass mir solche Anführungszeichen besser gefallen. Vielleicht ändere ich das wieder. Sieht wirklich bissl blöd aus.

 

hi Bella!

Nur mal zu den Satzzeichen: Häferl hat im Koirrekturcenter geschrieben:

1.2. Satzzeichen bei der direkten Rede

Üblicherweise verwendet man für die direkte Rede diese Anführungszeichen: „...“ oder diese: »...«
Verwenden Sie bitte in einer Geschichte jeweils nur eine Art. Wer wann spricht, sollte aus dem Text hervorgehen und nicht durch unterschiedliche Anführungszeichen kenntlich gemacht werden.
» wird mit der Tastenkombination „Alt“ (gedrückt halten) und Eingabe von „0187“ erzeugt, « mit Alt+0171 – bitte nicht die Pfeiltasten der Tastatur („>“ bzw. „<“) verwenden.

Deine Anfürhugnszeichen sind leider also falsch - drum sehen sie auch komisch aus ...

lg
Anne

 

So, jetzt habe ich sie auch ganz gelesen. ;)

Eine mitreißende Geschichte, voller menschlicher Gefühle. Führsorge, Angst, schlechtes Gewissen, Egosimus, Lügen ... Ich finde, Du schilderst die Ich-Erzählerin sehr glaubhaft. Ein Mädel, dass damit aufwachsen muss, nie etwas allein unternehmen zu können, das sich die Schuld an der Behinderung des Bruders gibt, das mit so vielen verschiedenen Gefühlen und Regungen leben muss. Ihre innere Spannung kommt beim Leser gut an. Der Unfall am Eis, die darauffolgenden Lügen ... ein bisschen hätte ich mri eine Altersangabe gewüsncht, um das ganze besser einordnen zu können. Auch Luka schilderst Du gut - einerseits der, der Normalität gezwungen wird, der verlacht und verspottet wird, ausgeschlossen trotz der Schwester, die ihn mitnehmen muss - auf der anderen Seite derjenige, der sie erpresst, der auch ihr das Leben schwer macht. Die Charakterisierung ist Dir wirklich gelungen.

Das weiß nur, dass er blaue Jeans und einen roten Pullover trug.
Ich statt das

schöne Grüße
Anne

 

Hallo nochmal,

Leider muss ich zugeben, dass du mich bezüglich der anderen Kinder eiskalt erwischt hat. Ich habe überhaupt nicht bedacht, dass man die wahrscheinlich auch fragen würde. Da muss ich noch eine Änderung einbauen.

Vorschlag: lass sie ihrer Mutter erzählen, dass sie sich auf dem Weg gestritten haben und Lukas dann nach Hause laufen wollte. Dann können die Kinder am Schlittenhügel ja nichts von ihm gesehen haben. Und die Mutter ist eh sauer auf sie, da kann sie die "Streit"-Lüge wahrscheinlich auch noch verkraften.


Liebe Grüße,

Ronja

 

Hallo Anne,

die Anführungszeichen habe ich ausgebessert.

Dank dir für das Lesen und deinen Kommentar. Es freut mich, dass dir die Geschichte gefallen hat. Ich habe eine Altersangabe absichtlich weggelassen. Ich stelle mir vor, dass sie ca. 10 - 12 Jahre alt sind. Vielleicht ändere ich es aber doch noch ab.

Liebe Grüße,

Nicole

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Bella,

Mich hat deine Geschichte sehr berührt. Du hast sie wunderbar geschrieben. Von einer unscheinbaren Situation im Kaufhaus aus entwickelst du das Geschehen mit einer äußerst geschickten Rückblende sehr wendenreich - und damit spannend. Ich persönlich konnte die Doppelmoral deines Prot. sehr gut nachvollziehen, was u.a. durch die vorbildhafte Charakterisierung der beiden Hauptpersonen begünstigt wurde, und durch den Titel "Glühende Kälte" noch mehr hervortritt.
Die Satzzeichen bei direkter Rede würde ich auch ändern, wie Anne es vorgeschlagen hat. Alternativ, wenn du mit den Zeichen etwas bezwecken wolltest, kannst du bei Lukas die ..>>..>>.. beibehalten, als Ausdruck seiner Behinderung (nur ein Bein), und deinem Prot. lässt du mit ..>>..<<.. sprechen.

Dann noch ein paar Kleinigkeiten im Text :

Manchmal ballte Luka die Hände zu Fäusten, weil er so gerne mitmachen wollte und gelegentlich leuchteten seine Augen bei dem Gedanken, er könnte sein wie wir.

so


Tat ich es, so verfolgten mich seine traurigen Blicke.

trotzdem oder dennoch


Es endete nur, wenn ein Lehrer kam und dem Einhalt gebot.

der Rauferei Einhalt gebot.


Ja, Luka sollte normal aufwachsen, doch stattdessen erlebte er an jedem einzelnen Tag die Hölle.

erlebte er jeden Tag die Hölle.


Sie zog ihn an, strich ihm immer wieder über das Haar und funkelte mich aus wütenden Augen an.

zornigen Augen
Zweimal wütend im selben Absatz. Ferne wird mir nicht klar, warum die Mutter wütend blickt bzw. ist.


>>Danke Luka>>, schnauzte ich ihn an, als wir losliefen.

, fuhr ich ihn an,
Schnauzen ist sehr hart. Aufgrund der Ironie solltest du vielleicht auf jegliche Ausspruchswertung verzichten : , sagte ich ihm,


>>Herrgott noch mal! Ich habe Elisabeth versprochen, dass ich um drei Uhr da sein werde. Wegen dir wird natürlich nichts mehr daraus. Es dauert garantiert noch eine halbe Stunde, bis wir ankommen. Ich wollte dich nicht mitnehmen. Ich möchte nur einmal etwas alleine machen und du gönnst es mir nicht. Du bist so egoistisch.

" wegstreichen und ersetzen.
Hier wird schön diese Doppeldeutigkeit im Ausspruch des Prot. deutlich. Der Leser wird sich im weiteren Verlauf fragen, wer denn nun der Egoist ist - bedingt durch den Bach Unfall.


In Ergänzung noch meine Auslegungen zum Titel :
Der Bruder ist im Eis, in der Kälte, gestorben. Die Schwester hegt Schuldgefühle, die in ihr brennen. Sie denkt an eine mögliche Bestrafung, die sie sich unterziehen könnte. Und da die praktikabelste Lösung ist, sich auf den glühenden Ofen Brandblasen zu holen, ist der Titel eine Verbindung des von der Schwester zu verantwortenen Tod des Bruders, und ihrer daraus resultierenden Schuldgefühle. Weiterhin ist der Gedanke, dass der (noch) warme Körper des Bruders unter dem kalten Eis stirbt auch eine Möglichkeit, "Glühende Kälte" anders zu verstehen.

Herzlichste Grüße,
moonaY

 

hi groper,

vielen Dank für´s Lesen und Kommentieren.

Nein, ich bin nicht beleidigt wegen deines Kommentares.

Du hast schon recht - die Mutter ist der ausschlaggebende Punkt innerhalb der Geschichte, allerdings wollte ich das jetzt so nicht verarbeiten. Ich werde auf jeden Fall über deine Anmerkungen nachdenken, aber im Augenblick bin ich relativ zufrieden mit der Geschichte, so dass ich sie vorerst gar nicht ändern kann. (Das kennste ja sicher...)

Wenn ich in ein oder zwei Monaten noch darüber nachdenke, dann werde ich vielleicht die Geschichte in einer zweiten Version schreiben.

Jedenfalls danke für deine Mühe.

LG
Bella

 

Ciao MonnaY,

vielen Dank für deine ausführliche Kritik.

Ich freue mich sehr, dass dir die Geschichte gefällt. Um ehrlich zu sein habe ich jetzt auch lange genug damit gekämpft. Sie war der Auslöser für diverse Wutanfälle.

Schön fand ich, dass du die Doppelmoral auch in der Überschrift erkannt hast.

Die Satzzeichen bei der direkten Rede habe ich zwischenzeitlich geändert. Sie sahen wirklich doof aus. Im Word hat´s nicht so bescheuert gewirkt.

Über deine Textanmerkungen denke ich noch nach und werde dann gegebenfalls ändern. Danke jedenfalls für´s Heraussuchen.

LG
Bella

 

Hallo Bella!

Diese Worte habe ich nie vergessen.
Finde ich unnötig.

So, meine Textanmerkungen bleiben heute sehr spärlich, ich habe aber eigentlich auch nichts mehr gefunden...

Jedenfalls: sehr flüssig geschrieben, muss ich ehrlich zugeben. Die Charakterisierung des Mädchens ist dir ganz ausgezeichnet gelungen. Auch Luka wird richtig plastisch. Somit hat mir die Idee sehr gut gefallen.
Einzig die Mutter fand ich ein bisschen flach... einseitig vor allem, dass sie Luka besonders liebt und ihre Tochter gar nicht. Das hätte man vielleichte etwas subtiler machen können.

Was mir sehr gut gefallen hat: die Lüge am Schluss. Damit hätte ich nicht mehr gerechnet und gerade weil dies so überraschend ist, gefällt es mir.

Sehr gute Geschichte.

In diesem Sinne
c

 

Hi Bella,

ein Drama!
Ein Drama für Lukas, die Eltern, aber am meisten für deine Prot.
Wie soll sie jemals Ruhe finden? :(

Lukas sollte ein ganz normales Leben führen. So Wollte es die Mutter.
Wie konnte sie nur so blind sein?

Ist es normal für einen Jungen, ständig mit der Schwester zusammen zu sein?
Ihre Freundinnen mit zu besuchen?

Auch ein Junge mit einem Holzbein kann Freunde haben.
Doch die Mutter hat es durch ihre falsche Fürsorge verhindert.
Sie hat Lukas zu einem unselbstständigen Egoisten erzogen.
Das Opfer war deine Prot, die mMn eigentlich einen komplexen psychischen Schaden bekommen haben muß.
Denn Selbstbestrafung, verbunden mit Selbstgeisselung,dazu noch Liebesentzug der Mutter, schädigt die Seele dermaßen, dass es einer Therapie bedarf. Denn oft enden solche Menschen im Suizid. Vor allem, wenn noch, wie bei deiner Prot, ein Todesfall dazu kommt, für den sie sich verantwortlich fühlt.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Mensch das alleine verkraften kann.

Oh Mann, harter Tobak. :hmm:

Es hat mir gefallen, wie du deine Geschichte aufgebaut hast. In einer klaren realitätsnahen Sprache.
Genau so könnte es gewesen sein.
Die Szene, in der Luka im Eisloch verschwand, die Schwester fast teilnahmslos davor stand, die verzweifelte Flucht, immer wieder rodeln zu müssen, um der Realität zu entfliehen, hat mich sehr ergriffen, so wie die ganze Geschchichte. :thumbsup:

ganz lieben Gruß, coleratio

 

Hi Chazar,

ui jetzt fehlen mir fast die Worte. Ich hab ja noch nie eine gute Kritik von dir bekommen. Danke, Danke, Danke! :)

Es sollte nicht so rüber kommen, dass die Mutter ihre Tochter nicht liebt. Das habe ich wohl nicht richtig ausdrücken können. Tatsächlich sollte es so sein, dass zwar eine deutliche Bevorzugung des Sohnes statt findet... Ich seh mal, wie ich das noch ändern kann.

Es freut mich, dass dir die Lüge am Ende gefällt. Damit war ich sehr lange im Zwiespalt, aber jetzt bin ich doch froh, dass ich es so geschrieben habe.

LG
Bella

 

Hallo Coleratio,

danke für deine Kritik. Es freut mich, dass dir die Geschichte gefallen hat.

Du hast richtig erkannt, dass die Mutter der springende Punkt innerhalb der Geschichte ist. Sie hat eigentlich einen Haufen Fehler gemacht.
Ich überlege, ob ich die Geschichte neu, aus der Sicht der Mutter schreibe. Nicht als Ersatz für diese, sondern als Übung für mich selbst.
Denn obwohl die Mutter so wichtig ist, habe ich sie in der Geschichte sehr kurz gehalten.
Das habe ich aus dem gemacht, weil ich die Prot. mit ihren psychischen Schäden darstellen wollte. Die hat sie ja sicherlich.
Wie sie diese verarbeitet, bleibt dem Leser selbst überlassen, aber ich dachte mir, dass sie sehr viel davon verdrängt.

Vielen Dank!

LG
Bella

 

Hallo Noel, (du hast deinen Nick ändern lassen, oder?)

vielen lieben Dank für dein Lob.

Ja, die Prot. wird sich ihr Leben lang Vorwürfe machen. Ich denke, dass es ihr besser gehen würde, wenn sie gleich die Wahrheit gesagt hätte. Als Kind konnte sie das jedoch noch nicht richtig einschätzen und irgendwann ist es vielleicht zu spät noch einen Rückzieher zu machen.

Mehr kann ich zu deiner guten Kritik fast nicht sagen.

LG
Bella

 

So, ich habe länger drüber nachgedacht und glaube nun, dass mir die Geschichte eine Empfehlung wert ist ;)

 

Hi Bella,

herzlichen Glückwunsch zur Empfehlung - jetzt, wo ich ein bisschen Zeit habe, hab ich aber noch eine Menge Textzeugs für dich. Ich fand die Geschichte nämlich auch ziemlich gut, bis auf ein paar Kleinigkeiten ;)

War es das, was mich so sehr an Lukas erinnerte? Oder das Licht, das sein Haar rötlich schimmern ließ?
Es ist wohl kaum das Licht, dass deine Prot an ihren Bruder erinnert, oder?

So nenne ich eine große Holzkiste, in der ich Erinnerungen aufbewahre.
hat sie da mehrere von?

Der süßliche Geruch, der daraus hervorsteigt, verursacht mir Übelkeit
hervorsteigt finde ich etwas seltsam als Wort... klingt ein bisschen komisch

Ich nehme die getrocknete Rose meines ersten Freundes heraus.
Hier würde ich schreiben "die mir mein erster Freund...", weil es sonst ja seine Rose wäre und nicht ihre

Ein Stapel Briefe meiner ehemaligen Brief- und Schulfreundinnen.

Die älteren Dinge liegen weiter unten, und so ist es, als würde ich immer weiter in meine Vergangenheit zurückwandern.
Würde da der stärkeren Wirkung wegen ein Komma setzen

Meine Hände zittern, als ich ihn öffne, um den schlimmsten Geist aus meiner Vergangenheit daraus zu befreien.
würde hier diese Sinndopplung vermeiden. Vielleicht etwas wie "den schlimmsten der vergangenen Geister" oder so..

Es schien, als hätte ich ihm die Energie, sein zweites Bein wachsen zu lassen, entzogen
Hier würde es mir besser gefallen, wenn du ausformulieren würdest: "die Energie, die er gebraucht hätte, um"

Luka, wie ich ihn nannte, war mir eine Last
Finde ich zu beschreibend

Die alte Agnes, die im Dorf als seltsam verschrien war, hatte mir das im Alter von sechs Jahren gesagt:
Hier könntest du den Doppelpunkt durch einen einfachen ersetzen. Damit lenkst du die Aufmerksamkeit weg von der wörtlichen Rede und hin zum "das"

In früheren Zeiten hätten sie dich als Hexe auf dem Scheiterhaufen verbrannt
Ich würde "in früheren Zeiten" durch "früher" ersetzen, das klingt einfach mehr nach wörtlicher Rede.

Meine Mutter legte großen Wert darauf, Luka so normal wie möglich aufwachsen zu lassen. Sie verstand nie, dass es gerade diese erzwungene Normalität war, die sein Leben unnormal machte.

Sie bestand darauf, dass ich Luka überallhin mitnahm.

Selbst er fühlte sich nicht wohl damit.
Das "selbst" klingt hier ein bisschen... seltsam. Vielleicht einfach "Er fühlte sich auch nicht..."

Manchmal ballte Luka die Hände zu Fäusten, weil er so gerne mitmachen wollte, und gelegentlich leuchteten seine Augen bei dem Gedanken, er könnte sein wie wir.
Hier springst du in Lukas' Innensicht

An seinen guten Tagen schlug er mir vor, auch mitzuspielen.
"Es macht mir nichts, wenn ich hier sitze und zusehe."
Würd ich in einer Zeile zusammenziehen

"Nimmst du meine Hand", fragte er mich immer, bevor wir das Schulhaus betraten.
Mut zum Fragezeichen!

Obwohl er litt, wusste Luka genau, wie er seine Schwäche ausnutzen konnte.
Wünsche, die er meinen Eltern gegenüber äußerte, wurden im prompt erfüllt, denn Luka hatte es ja schwer genug.
Ein Streit zwischen uns beiden, zu dem meine Mutter als Schiedsrichter gerufen wurde, endete stets zu Lukas Gunsten, während ich in mein Zimmer verbannt wurde.
Natürlich war ich oft eifersüchtig wegen dieser ungerechten Behandlung, doch auch für diese Gefühle bestrafte ich mich selbst. Wie konnte ich Eifersucht empfinden, wenn es mir doch so gut ging?
Das ist, finde ich, sehr beschreibend, sehr distanziert. Das kannst du besser.

Ein unbedachtes Wort von mir, führte oft dazu dass meine Besitztümer zu seinen wurden.
Nimm das Komma da weg und tu es hinter dazu, dann stimmt's

"Ich möchte aber", antwortete Luka mit der trotzigen Stimme eines Kindes, das die Erfüllung seiner Wünsche gewöhnt ist.
Hier springst du wieder. Die Prot erzählt im Nachhinein, sodass die Beschreibung seiner Stimme so gerechtfertigt ist. Trotzdem versuchst du, den Absatz aus der Perspektive des Kindes zu erzählen. Hier entsteht dabei ein Bruch.

Den grünen Leuchtstift und deine zwei neuen Fußball-Sammelbilder
Zusammengesetzte Nomen entweder gleich als ein Wort oder mit einem Bindestrich

"Kannst du nicht warten, bis wir zu Hause sind."
Lieber ein Fragezeichen als ein Punkt

Mama, ich gehe Schlittenfahren
in dem Fall Schlitten fahren, denk ich

Sie bedachte mich einem strengen Blick, wie immer, wenn der Verdacht aufkam, ich könnte den Bruder ausschließen.

Danke, Luka
Anreden immer mit Komma abtrennen

Du kannst deine blöden Sachen wieder bekommen
Möglich, dass das nach der NR richtig ist, aber ich würde wiederbekommen trotzdem zusammen schreiben.

Es dauert garantiert noch eine halbe Stunde, bis wir ankommen. Ich wollte dich nicht mitnehmen. Ich möchte nur einmal etwas alleine machen und du gönnst es mir nicht.
Hier kannst du ruhig ein oder zwei Ausrufezeichen benutzen, immerhin schreit das Mädchen

Früher, als die Winter noch kälter gewesen waren, war er immer mit einer Eisschicht bedeckt gewesen.
So ist da jetzt eine "gewesen"-Dopplung, trotzdem ist es im Plusquamperfekt richtiger (die Winter sind ja nicht mehr kalt, die Handlung ist vorbei). Formulier den doch um.

Ich stöhnte: "Kein Wunder, dass dich niemand ausstehen kann. Du bist echt ein Feigling."
Ich genoss das Gefühl, ihm Angst zu machen.
Das "ich stöhnte" gefällt mir nicht so. Hier würde ich ein anderes Wort nehmen, sie lacht ihn ja aus.

Selbst ich fürchtete mich ein wenig, doch das gute Gefühl, Luka Angst zu machen, war stärker.
Luka Angst zu machen ist ein Einschub, du kannst ihn auch einfach weglassen.

Ich rannte los, hielt Luka an der einen, meinen Schlitten an der anderen Hand. Luka verlor seinen Schlitten.
hielt den Schlitten an der Hand..?

Ich konnte Lukas Hand sehen, die versuchte, irgendwo Halt zu finden
Hier kann gut noch ein Komma hin, muss nicht, aber kann

Ich hoffte, dass Luka plötzlich unversehrt herausklettern würde.

Ich hab ihm sein Bein und nun sein Leben genommen.
klingt mir nicht so, als ob ein Kind das denken würde

Ich atmete tief durch, nahm meinen Schlitten und ging zur Verabredung mit Elisabeth.
das gefällt mir nicht so ganz hier. Klingt ein wenig unbeholfen - vielleicht besser "und machte mich auf den Weg zu Elisabeth" oder so?

Mein Herz klopfte so laut in meiner Brust, dass ich fürchtete, jeder könne es hören.

Um auch keines der anderen Kinder etwas merken zu lassen, rannte ich stets am schnellsten den Berg hinauf und rodelte, am lautesten lachend, wieder hinunter.

Jemand, der so etwas getan hatte, konnte nicht ungeschoren davonkommen.

Jedes Knacken der Bäume entlockte mir einen Schrei.
dann wäre sie nur am Kreischen. Finde ich ein bisschen übertrieben.

Ich lief am Bach vorbei, blieb einen Augenblick stehen, um einen Blick auf Lukas´ Grab zu werfen.
Infinitive mit zu werden in der Regel mit Komma abgetrennt. Das muss, glaube ich, nach der neuen Rechtschreibung nicht mehr zwingend der Fall sein, aber ich finde es schöner so, weil man an der Stelle ja auch automatisch mit der Stimme hochgeht. Vorlesekommas, sozusagen.

Ich stellte mir vor, wie seine Hände nach mir greifen könnten, um mich selbst hineinzuziehen.

Meine Stimme verriet sich nicht durch das geringste Zittern.
Die Stimme verrät ja nicht sich, sondern sie, oder?

Wann ist er denn losgelaufen?

... befahl sie mir. "Ich hätte dich für vernünftiger gehalten, aber anscheinend ist es zu viel verlangt

"Wann ist Lukas losgelaufen", fragte sie wieder und wieder.
Mach ruhig ein Fragezeichen.

Jedes Wort, dass wir gewechselt hatten, sollte ich wiederholen.
Ist auch wieder ein Einschub

Mit Lukas, ist auch ein Teil meiner Selbst gestorben.
Komma weg

Jener Teil meines Herzens, in dem ich meinen Zwillingsbruder mehr liebte, als ich es je für möglich gehalten hatte.
Würde ich keinen Absatz machen.

Stattdessen war etwas Neues hinzugekommen – etwas, dass es mir nie mehr möglich gemacht hat, mir selbst in die Augen zu sehen.
Das hieße ja, dasselbe würde es ihr vorher ermöglicht haben.

Auf dem Foto aus dem Umschlag, spielen Luka und ich zusammen.
Komma weg

Tja, das war die Korrekturliste. Ich hab die Geschichte wirklich gut gefunden. Ich kenne das Gefühl zu gut, wenn man etwas Schlimmes getan hat und dann am liebsten die Zeit zurückdrehen und es anders machen würde...

gruß
vita
:bounce:

 

Hallo Vita,

vielen Dank für deine ausführliche Korrekturliste. Ich hätte nie gedacht, dass ich noch so viele Fehler im Text habe.
Es freut mich sehr, dass die Geschichte dir gefallen hat.

Die Textanmerkungen habe ich fast alle übernommen. Da ich die Kommaregeln allem Anschein nach sowieso nicht beherrsche, habe ich dir da blind vertraut.
Bein in paar der "Zusammen- oder Getrenntschreibungen" war ich mir nicht ganz sicher, dann Word hat mir ein paar Sachen angemeckert, die ich zuerst zusammen geschrieben habe. Ich habe das jetzt einfach mal so gemacht, wie du es korrigiert hast.

Der süßliche Geruch, der daraus hervorsteigt, verursacht mir Übelkeit

Hier fällt mir im Moment ehrlich gesagt kein besseres Wort ein. Es ist mir selbst auch schon aufgestoßen, aber ich ich habe keine richtige Idee. Du vielleicht?

Meine Mutter legte großen Wert darauf, Luka so normal wie möglich aufwachsen zu lassen. Sie verstand nie, dass es gerade diese erzwungene Normalität war, die sein Leben unnormal machte.

Hier habe ich die häufige Doppelung von "normal" eigentlich bewusst eingesetzt. Ich würde es vorrübergehend gerne so lassen. Das ist sicherlich einer der Sätze, die mir in spätestens einem Monat auch unangenehm auffallen.

Manchmal ballte Luka die Hände zu Fäusten, weil er so gerne mitmachen wollte, und gelegentlich leuchteten seine Augen bei dem Gedanken, er könnte sein wie wir.

Kill your darlings.... Ich weiß schon, aber im Augenblick kann ich es hier noch nicht.

Obwohl er litt, wusste Luka genau, wie er seine Schwäche ausnutzen konnte.
Wünsche, die er meinen Eltern gegenüber äußerte, wurden im prompt erfüllt, denn Luka hatte es ja schwer genug.
Ein Streit zwischen uns beiden, zu dem meine Mutter als Schiedsrichter gerufen wurde, endete stets zu Lukas Gunsten, während ich in mein Zimmer verbannt wurde.
Natürlich war ich oft eifersüchtig wegen dieser ungerechten Behandlung, doch auch für diese Gefühle bestrafte ich mich selbst. Wie konnte ich Eifersucht empfinden, wenn es mir doch so gut ging?

Ja der hier ist wirklich sehr beschreibend. Ich hatte ihn zuerst länger, aber dann habe ich mich wieder in irgendwelchen Details verloren und ich hab versucht es auf diese Art zu lösen. Ich werde ihn nochmal umschreiben.

Wie gesagt: Fast alles andere habe ich übernommen. Einige Wörter oder Formulierungen, die dir nicht so gefallen haben auch.
Deine Liste war mir wirklich eine sehr große Hilfe. Merci.

LG
Bella

 
Zuletzt bearbeitet:

Ich kann mir kaum vorstellen, dass es einem Kind gelingt, mit so einer Schuld zu leben und sie komplett zu verdrängen. Der Aspekt der psychischen Folter, die die Prot in den kommenden Jahren eigentlich durchleben sollte, wäre einen Erweiterungsgedanken wert... die komplette Verdrängung erscheint mir im Anfang stimmig, aber es scheinen ja mittlerweile etwa 10 jahre vergangen zu sein, so dass die komplette Verdrängung etwas unstimmig erscheint...

Ich habe die anderen Kritiken nur überflogen, aber sie scheinen im großen und ganzen recht positiv zu sein - zu recht. Die Geschichte ist gut. Anschaulich erzählt, gut ausformuliert, alles was dazu gehört, daher mach ich jetzt nur noch Anmerkungen, wie du aus dem Rahmen etwas mehr herausholen könntest.

Die Beschreibung der grausamen Kinder fand ich etwas übertrieben. Gewiss, solche Kinder gibt es, aber nicht alle und nicht so. In meiner Grundschulklasse war ebenfalls ein gehbehindertes Kind und alle gaben sich besonders viel Mühe, ihn überall zu integrieren. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass wir so ungemein sozial gewesen wären - wir hatten auch "Schläger" dabei, aber wenn die ihn angerührt hätten, wären sie nicht nur verachtet, sondern auch verpetzt worden - von so ziemlich allen anderen. Ich würde diesen Aspekt aber nicht streichen, sondern kürzen und umformulieren - versteckte Gemeinheiten, spitze Kommentare, gelegentliche Verspottung fände ich angebrachter und auch realistischer - und hätten eventuell einen viel stärkeren, paranoid-machenden Effekt.

Die Rolle der Mutter würde ich mehr herausarbeiten - ihr Einfluss ist mir zu angedeutet, aber da dir diese missglückte Erziehung, die Ignoranz der Behinderung ihres Sohnen vermutlich sehr wichtig ist, würde ich hier ausbauen. Und auch in dem Rahmen die Eifersucht etwas mehr betonen, auch die von Lukas seiner Schwester gegenüber.

Gestört hat mich der Hexenaspekt - er wirkte wie eine unnötige Steigerung eines ohnehin schon dramatischen Stoffes, hier würde ich mir die komplette Streichung überlegen. Der Text ist auch so schon sehr dramatisch, allein durch die Handlung und den immerwährenden Konflikt. Die Schuldgefühle müssen sich nicht in einem bestimmten Bild manifestieren, vage sind sie vielleicht wesentlich effektiver.

Wie schon gesagt, sind dies lediglich Vorschläge zum Erweitern und Überarbeiten - grobe Fehler hat der Text nicht, und Anmerkungen zu einer gelungenen Geschichte zu schreiben erweist sich oft als sehr schwer, wenn man den thumbsup-Smiley nicht mag. Ich hoffe, du kannst etwas damit mit anfangen und dass es dir bei Neuüberarbeitungen hilft.

 

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